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Leseplan: Isaak und Jakob
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Geburt und Jugend der Zwillinge

Auch in der Ehe von Isaak und Rebekka gab es eine Not. Sie bekamen keine Kinder. Doch der Glaubende weiss, wohin er sich wenden kann: im Gebet an seinen Gott. So bat Isaak den Herrn für seine Frau und Dieser erhörte ihn: Rebekka wurde schwanger, und zwar mit Zwillingen.

Nun sehen wir, wie auch sie zum Herrn betete und eine Antwort von Ihm bekam. Als der souveräne und allwissende Gott erklärte Er ihr, was aus ihren beiden Kindern werden würde. Wenn der allwissende Gott solche Aussagen macht, heisst dies nicht, dass der Mensch für sein Verhalten nicht mehr verantwortlich wäre. Die Bibel unterstreicht sowohl die Souveränität Gottes als auch die Verantwortung des Menschen. Beides läuft parallel nebeneinander und ist hundertprozentig wahr.

Die beiden Söhne waren in ihrem Wesen ganz verschieden. Leider entstand dadurch eine gewisse Entfremdung zwischen den Eheleuten, denn Isaak zog Esau vor, während Rebekka Jakob liebte. Dabei liessen sie sich von ihren natürlichen Neigungen leiten.

Sicher wusste Jakob, was Gott über ihn zu seiner Mutter gesagt hatte. Er glaubte dem Wort des Herrn. Doch er meinte, Gott nachhelfen zu müssen. So versuchte er auf menschlich schlaue Weise in den Besitz des Erstgeburtsrechts zu kommen.

Esau war ein Ungläubiger, der das Erstgeburtsrecht und den damit verbundenen Segen des Herrn gering achtete. Er wollte nur seinen Hunger stillen. Göttliche Dinge interessierten ihn nicht. Leichtsinnig verkaufte er sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht (Hebräer 12,16).

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Isaak in Gerar

Im Leben Isaaks finden wir Parallelen zum Leben seines Vaters Abraham. Das wird in unserem Abschnitt besonders deutlich. Wie zur Zeit Abrahams gab es auch zur Zeit Isaaks eine Hungersnot. Solche Prüfungszeiten erproben unseren Glauben.

Was tun wir, wenn wir in den Zusammenkünften der Gläubigen einen Mangel an geistlicher Nahrung empfinden, wenn das Wort Gottes nur sehr dürftig verkündigt wird? Wie leicht schlagen wir dann den Weg des geringsten Widerstands ein. Es besteht die Gefahr, dass wir uns der Welt zuwenden in der Meinung, dort unseren inneren Hunger stillen zu können. So wie Gott Isaak warnte, nach Ägypten (= Welt) zu ziehen, so warnt Er auch uns. Wir wollen auf Gottes Stimme hören und Ihm gehorchen. Nur dann kann Er uns segnen.

Isaak zog also nicht nach Ägypten, sondern nur zum König von Gerar. Er blieb zwar im Land, ging aber zu den Philistern. Sie sind in der Bibel oft ein Bild von religiösen Bekennern, die kein Leben aus Gott haben. Wenn wir engen Kontakt mit Menschen suchen, die sich zwar Christen nennen, aber keine wahren Gläubigen sind, werden wir negativ beeinflusst.

Isaak fürchtete sich vor jenen Leuten und griff zu einer Lüge. Wie Abraham verleugnete er seine Frau und behauptete, sie sei seine Schwester. Da musste ihn der heidnische König zurechtweisen. Sind wir besser als Isaak? Haben wir nicht schon unter dem Einfluss von religiösen Menschen unsere himmlische Stellung oder die Zugehörigkeit zu den Gläubigen verleugnet, die sich einfach zum Herrn Jesus hin versammeln?

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Brunnen graben

Isaak erfuhr den Segen des Herrn. Da beneideten ihn die Philister, unter denen er wohnte. Schliesslich wurde die Feindschaft so gross, dass Isaak und seinen Herden die Lebensgrundlage entzogen wurde. Als Folge davon musste er wegziehen. Vielleicht erleben auch wir Neid und Widerstand von unseren Mitmenschen, so dass wir nachgeben und ausweichen müssen. Aber prüfen wir uns, ob diese Feindschaft nicht eine Folge unseres verkehrten Verhaltens ist! Bei Isaak war es Gottes Güte in seinem Leben, die zu solchen Reaktionen führte.

Wovon reden die Wasserbrunnen, die Isaak wieder aufgrub? Sie sind ein Bild des Wortes Gottes, wie es durch den Heiligen Geist lebendig vor die Herzen gestellt wird. Was bedeuten dann die verstopften Brunnen? In der Vergangenheit hat der Herr treuen Männern Gottes viel Verständnis und Licht über die biblische Wahrheit gegeben. Leider wird heute vieles aus dem Dienst dieser Glaubensmänner herabgewürdigt, wenn nicht sogar verworfen. An uns liegt es nun, die Wahrheit des Wortes Gottes, die unsere geistlichen Vorfahren gekannt und verkündigt haben, für uns zu erfassen und sie dann verständlich weiterzugeben. Aber ebenso nötig ist es, dass wir die Bibel selbst erforschen, denn Isaak grub auch neue Brunnen.

Auf seinen Zügen kam Isaak schliesslich nach Beerseba. Dort bekam er wunderbare Zusagen seines Gottes und dort baute er auch einen Altar. Als Anbeter rief er den Namen des Herrn an und wohnte als Fremder in einem Zelt. Auch der Brunnen – das Wort Gottes –, aus dem er täglich schöpfte, fehlte nicht.

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Abimelech besucht Isaak

Nun bekam Isaak hohen Besuch aus dem Volk der Philister. Zu Dritt kamen sie zu dem, den sie einst weggetrieben hatten. Wir verstehen die verwunderte Frage Isaaks. Was führten diese Männer im Schild?

Was Isaak erlebte, kann auch uns passieren: Ungläubige Menschen äussern sich uns gegenüber anerkennend. Dabei übertreiben sie vielleicht sogar. Wie verhalten wir uns dann? Von Isaak wollen wir lernen, zurückhaltend und vorsichtig, aber ebenso freundlich und grosszügig zu sein. Wir wollen uns bemühen, mit der Hilfe des Herrn Römer 12,18 zu verwirklichen: «Wenn möglich, so viel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden.» Gleichzeitig wollen wir jedoch nicht vergessen, dass die Schmeichelei der Welt eine grosse Gefahr für uns ist. Die Bibel gibt uns in Hiskia ein warnendes Beispiel. Dieser gottesfürchtige Mann erkannte diese Gefahr nicht und tappte in die Falle Satans. Die Folgen waren für ihn und andere verheerend (Jesaja 39).

Am gleichen Tag, da Isaak seinen hohen weltlichen Besuch wieder entlassen hatte, berichteten ihm seine Knechte von einem neuen Brunnen. Es scheint, als ob Gott damit das Verhalten Isaaks gegenüber den ungläubigen Besuchern anerkennen und belohnen wollte.

Esau heiratete zwei heidnischen Frauen. Diese Entscheidung offenbarte seine innere Haltung. Er war ein Ungläubiger, der sich auch in der Frage der Ehe nicht um Gott und seine Gedanken kümmerte. Welch ein Herzeleid waren diese Frauen für seine gläubigen Eltern!

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Ein schmackhaftes Gericht

Diese Verse zeigen uns in Isaak einen Gläubigen, der in seinem Alter nicht mehr in Abhängigkeit von Gott lebte und handelte. Hatte er vergessen, dass der Herr zu Rebekka gesagt hatte: «Der Ältere wird dem Jüngeren dienen»? Weil seine Gemeinschaft mit Gott getrübt war, stand er im Begriff, gegen den offenbarten göttlichen Willen zu handeln. Und Gott? Ihm gleitet nichts aus den Händen, auch wenn die Menschen – und sogar die Glaubenden – versagen.

Rebekka, die Frau Isaaks, sah, dass sich die Dinge in die verkehrte Richtung entwickelten. Leider stand auch sie nicht auf der Höhe des Glaubens. Warum sprach sie nicht mit ihrem Mann über die Sache und erwähnte seinen Fehler? Es scheint, dass das Miteinander in ihrer Ehe zu einem Nebeneinander geworden war. Wie schade! Rebekka brachte die Sache auch nicht vertrauensvoll im Gebet vor Gott, sondern reagierte auf das fleischliche Verhalten Isaaks ebenso eigenwillig, ja, sogar betrügerisch.

Und Jakob? Auch bei ihm sehen wir keinen tätigen Glauben. Wohl zögerte er, den Vorschlag seiner Mutter auszuführen und seinen Vater zu betrügen. Doch nicht Gottesfurcht, sondern die Angst vor den Konsequenzen beim Scheitern des Plans bewog ihn, Einwände zu machen. Schliesslich überwog der Einfluss der Mutter. Sie wollte die Folgen eines allfälligen Misslingens auf sich nehmen. Nun war der Sohn zur bösen Tat bereit.

Zwar gelang der Plan, aber wie tragisch waren die Folgen für alle Beteiligten!

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Jakob erschleicht sich den Segen

Das Wort Gottes berichtet uns nicht, mit welchen Empfindungen Jakob seinen Vater hinterging. Wir wissen nicht, wie sehr ihn sein Gewissen bei diesem Verhalten anklagte. Aber die Bibel sagt uns, wie oft Jakob gelogen und wie er sogar den Namen Gottes missbraucht hat (Verse 19.20.24).

Obwohl Isaak aufgrund der Stimme, die er als Jakobs Stimme erkannte, Verdacht schöpfte, gelang der Plan. Jakob erlangte den begehrten Segen. Mit List und Betrug erreichten Rebekka und Jakob ihr Ziel. Das alles spielte sich nicht in einer weltlichen Familie, sondern unter Gläubigen ab. Wie traurig! Diese Geschichte zeigt einmal mehr, dass die alte Natur im Gläubigen zu allem Bösen fähig ist. Wir wollen uns dieser Tatsache bewusst sein und uns nahe beim Herrn aufhalten.

Bevor Jakob geboren worden war, hatte der souveräne und allwissende Gott gesagt: «Der Ältere wird dem Jüngeren dienen.» Jakob glaubte diesem göttlichen Ausspruch. Zudem anerkannte und wertschätzte er den Segen, der mit dem Erstgeburtsrecht verbunden war. Diesen Glauben Jakobs beantwortete Gott dadurch, dass sein Vater ihn tatsächlich segnete. Aber weil Jakob nicht auf Gott warten konnte und meinte, er müsse Ihm nachhelfen, erfuhr er Gottes Erziehung. Wie bitter waren die Folgen seines eigenwilligen, betrügerischen Tuns! Wir wollen aus dieser Geschichte für uns lernen, beständig in Abhängigkeit vom Herrn zu leben. Anstatt Ihm durch eigenwillige Handlungen vorzugreifen, gilt es, Schritt für Schritt mit Ihm zu gehen.

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Esau hasst Jakob

Nun hatte Jakob den erwünschten Segen. Doch es musste ihm klar gewesen sein, dass sein Betrug ans Licht kommen würde. So geschah es auch, als der wahre Esau mit seinem zubereiteten Essen zu Isaak trat.

In den Versen 30-40 fallen uns zwei Reaktionen der beteiligten Personen auf: der grosse Schrecken, den das Herz Isaak durchzog (Vers 33), und das grosse, bitterliche Geschrei und die Tränen Esaus (Verse 34.38). Der Schrecken Isaaks macht deutlich, dass er seinen grossen Fehler erkannt haben muss. Wenn der Herr es nicht verhindert hätte, hätte er gegen den göttlichen Willen gehandelt und den älteren Sohn gesegnet. Isaak sah dies ein und stellte sich nun im Glauben ganz auf Gottes Seite. Er erklärte Esau: «Ich habe ihn gesegnet; und er wird auch gesegnet sein.»

Esaus grosse Enttäuschung ist verständlich. Doch sein ungläubiges Herz zeigte keine Reue über die frühere Missachtung des Erstgeburtsrechts. Er trauerte nur dem Segen nach, der ihm entgangen war (Hebräer 12,16.17). Nun wollte er Rache üben und seinen Bruder umbringen, um als Haupterbe doch noch zum gewünschten Segen zu kommen. Aber Gott verhinderte dies.

Rebekka plante, Jakob zu ihrem Bruder Laban zu senden. Mit ihren Bemerkungen über die heidnischen Frauen Esaus, brachte sie ihren Mann dazu, über die Heirat Jakobs nachzudenken und seinen Sohn schliesslich nach Paddan-Aram zu senden (Kapitel 28). In jener Zeit fragte in der Familie Isaaks leider niemand nach Gott und seinem Willen. Wir sehen keine Abhängigkeit von Ihm, sondern ein Handeln nach eigenen Überlegungen.

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Jakob verlässt das Elternhaus

Das Leben Jakobs kann in drei Teile gegliedert werden, die prophetisch auf die Geschichte Israels hinweisen:

  1. Sein Leben in Kanaan bis zur Flucht vor Esau spricht von der Zeit des Segens Gottes unter David und Salomo.
  2. Sein Wegzug nach Paddan-Aram und sein harter Dienst bei Laban veranschaulichen die Zeit, da Israel unter die Nationen zerstreut ist.
  3. Seine Rückkehr in das verheissene Land deutet die Zeit an, da Israel wieder in seinem Land wohnt.

Mit dem vorliegenden Kapitel beginnt der zweite Teil der Geschichte Jakobs.

Bereits in Kapitel 27,46 hatte Rebekka mit ihrem Mann darüber gesprochen, wie schlimm es wäre, wenn Jakob eine heidnische Frau aus der Umgebung heiraten würde. Nun sehen wir, wie Isaak seinen Sohn nach Paddan-Aram zu den Angehörigen von Rebekka sandte. Obwohl Jakob mit diesem Wegzug vor Esau und seinem Hass fliehen musste, gab ihm sein Vater einen Segen mit auf den Weg. Isaaks Worte zeigen, dass er die Gemeinschaft mit seinem Gott wieder gefunden hatte. Was er aussprach, lag ganz auf der Linie der Gedanken Gottes.

Der Segen Isaaks und sein Gebot an Jakob, keine heidnische Frau aus Kanaan zu nehmen, sowie der Gehorsam Jakobs, blieben nicht ohne Einfluss auf Esau. Um seinen Eltern entgegenzukommen, nahm er zu seinen bisherigen Frauen noch eine Tochter Ismaels hinzu. Doch dies war nur eine äussere Geste gegenüber seinen Eltern. Sie zeigt etwas vom sympathischen Charakter Esaus. Sein Herz änderte sich leider nicht. Er blieb ungläubig.

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Jakob in Bethel

Nun war Jakob auf der Flucht vor Esau. Er begann zu ernten, was er gesät hatte. In seinem Leben sah es tatsächlich nicht erfreulich aus. «Die Sonne war untergegangen.» Er übernachtete als mittelloser Flüchtling im Freien und musste seinen Kopf auf ein steinhartes «Kissen» legen.

Aber Gott erbarmte sich über ihn und gab ihn nicht auf. Er erschien ihm in einem eindrücklichen Traum und machte ihm herrliche Verheissungen über seine Nachkommen und über das Land, das er aus eigener Schuld für eine Zeit verlassen musste. Für die Gegenwart, in der die Aussichten alles andere als günstig waren, verhiess ihm Gott: «Ich bin mit dir.» Er wollte ihn schliesslich zurückbringen.

Welch ein Trost sind solche Worte Gottes für uns, die wir wie Jakob manchmal versagen. Unser Gott und Vater gibt uns, die wir Ihm angehören, wegen unserer Fehltritte nicht auf. Er will uns vielmehr wieder zurechtbringen. Oft kann Er uns jedoch – wie bei Jakob – seine Wege der Erziehung nicht ersparen.

Jakob fürchtete sich nach dieser Begegnung mit Gott, weil sein Herz noch nicht im Reinen mit Ihm war. Anstatt die angebotene Gnade dankbar anzunehmen, tat er ein Gelübde: «Wenn Gott mit mir ist … so soll der Herr mein Gott sein.» Jakob machte Ihm sogar Versprechungen. Er wollte Ihm seine Durchhilfe mit dem Zehnten entschädigen. Jakob meinte es aufrichtig. Doch wie weit war er von den Wegen und Gedanken Gottes entfernt! Wie vieles musste er noch lernen.

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Jakob kommt nach Haran

Schliesslich erreichte Jakob den Wohnort seiner Verwandten. Wir erinnern uns an Kapitel 24, als der Knecht Abrahams diesen Ort aufsuchte, um von dort eine Frau für den Sohn seines Herrn zu nehmen. Welch ein Unterschied zu Jakob! Damals kam der Knecht Abrahams mit «allerlei Gütern seines Herrn» und betete zu Gott, damit Er ihm die richtige Frau für Isaak zeige. Jetzt sehen wir Jakob als heimatlosen Flüchtling, der nicht einmal betete, sondern sich von seinen Gefühlen gegenüber Rahel leiten liess. Doch Gott benutzte die Umstände, um seine Pläne mit Jakob zu erfüllen.

Jakob war bereits ein erfahrener Hirte. Das merkt man aus dem Gespräch, das er mit den Hirten aus Haran führte (Vers 7). Als er dann Rahel, die Tochter Labans, sah, wälzte er den Stein von der Brunnenöffnung und tränkte die Schafe.

Danach konnte er seine Tränen nicht mehr zurückhalten. «Jakob küsste Rahel und erhob seine Stimme und weinte.» Wie froh war er, dass er endlich bei seiner Verwandtschaft angekommen war. Ob er hier eine Bleibe finden konnte?

Auch wenn Jakob im Gegensatz zum Knecht Abrahams nichts mitbrachte, wurde er im Haus von Laban als Neffe doch freundlich aufgenommen. Einen Monat lang blieb Jakob bei seinem Onkel. In dieser Zeit leistete er bereits gute Arbeit, so dass Laban erkannte, wie wertvoll und nützlich ihm sein Neffe als Viehhirte werden könnte. Deshalb versuchte er, ihn bei sich zu behalten (Vers 15).

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Jakob wird betrogen

Nachdem der erste Monat bei Laban vergangen war, wurde die Lohnfrage zwischen dem Onkel und seinem Neffen geregelt. Für Jakob war klar: «Ich will dir sieben Jahre dienen um Rahel, deine jüngere Tochter.» Weil er sie liebte, vergingen ihm diese Jahre wie im Flug (Verse 18.20). Laban aber wollte diesen guten Knecht, der sozusagen ohne materiellen Lohn bei ihm arbeitete, noch weitere sieben Jahre an sich binden. Deshalb betrog er Jakob am Hochzeitstag, indem er ihm Lea statt Rahel zur Frau gab. Und Jakob? Auch wenn Laban für sein betrügerisches Tun verantwortlich war, stand doch Gott hinter allem. In seiner Erziehung mit Jakob liess Er ihn das ernten, was er selbst gesät hatte. Er, der seinen Vater betrogen hatte, wurde nun selbst hintergangen.

Nach einer Woche Hochzeitsfeier gab Laban seinem Neffen auch die gewünschte Tochter zur Frau: die von ihm geliebte Rahel. Doch Jakob musste bei Laban nochmals sieben Jahre arbeiten (Verse 27.30). Nun hatte Jakob zwei Frauen! Die Folge war, dass die eine geliebt und die andere gehasst war. Wie traurig! Doch der Herr dachte in seiner Gnade an Lea und schenkte der ungeliebten Frau Jakobs einige Söhne, während Rahel unfruchtbar war.

Die beiden Frauen Jakobs zeigen uns ein prophetisches Bild. Rahel stellt das Volk Israel dar, wie es vom Herrn geliebt war, aber zunächst keine Frucht brachte. Lea spricht von den Menschen aus den Nationen, die in der Zeit der Gnade durch den Glauben an das Evangelium Frucht für Gott bringen.

Stammbaum der Nachkommen Abrahams

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Jakob und seine Familie

Gott duldete in der Zeit des Alten Testaments die Vielehe (Polygamie), aber sie war nie nach seinen Gedanken. Er hatte noch vor dem Sündenfall des Menschen die Einehe eingesetzt. Alle Beispiele im Alten Testament über Familien, in denen ein Mann mehr als eine Frau hatte, sind negativ. Immer gab es Schwierigkeiten und Nöte, so auch in der Familie von Jakob.

Ähnlich wie einst Sara versuchte Rahel ihre Unfruchtbarkeit zu umgehen, indem sie Jakob ihre Magd Bilha zur Frau gab. Als Lea aufhörte zu gebären, beschritt sie den gleichen Weg wie Rahel und gab Jakob ihre Magd Silpa zur Frau. Nun hatte Jakob vier Frauen. Wie sehr wurde sein Eheleben dadurch belastet! In einer Vielehe kann es niemals Harmonie geben. Das ist nur in der Einehe nach Gottes Gedanken möglich.

Auch wenn wir Menschen oft versagen, hört der souveräne Gott doch nicht auf, gnädig und barmherzig zu sein. Das sehen wir auch in der Geschichte der Familie Jakobs. Gott sah das schwierige Los von Lea und erhörte sie, indem Er ihr weitere Kinder schenkte (Verse 17-21). Aber Er dachte auch an Rahel. Als Gottes Zeit gekommen war, schenkte Er auch ihr einen Sohn: Joseph. Zuerst hatte Rahel von Jakob Kinder gefordert (Vers 1). Doch das konnte er nicht erfüllen. Später lernte sie, die Not im Gebet vor Gott zu bringen – und Er erhörte sie (Vers 22). So sorgte Gott trotz allen menschlichen Überlegungen und Handlungen dafür, dass Jakob der Stammvater aller 12 Stämme des Volkes Israel wurde.

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Jakob und seine Arbeit

Nun wünschte Jakob, in das Land der Verheissung zurückzukehren. Er stellte sein Vorhaben dem Schwiegervater vor. Doch der schlaue Laban war nicht so schnell bereit, seinen hervorragenden Arbeiter ziehen zu lassen. Er bekannte: «Ich habe gespürt, dass der Herr mich um deinetwillen gesegnet hat.» Es gelang ihm, seinen Neffen zum Bleiben zu überreden, indem er ihm einen Lohn anbot.

Die Verhandlungen zwischen Onkel und Neffe sowie ihr Verhalten zeigen, dass diese beiden Männer in ihrer Schlauheit, aber auch in ihrem gewieften Handeln einander ebenbürtig waren. Trotz den Vorkehrungen Labans konnte Jakob als erfahrener Tierzüchter durch geschickte Massnahmen den Lohn zu seinen Gunsten beeinflussen. Das Resultat war, dass der materielle Reichtum Jakobs überaus wuchs. Aber stand nicht Gott hinter allem, der Jakob segnen wollte (Kapitel 31,42)?

Mit der Geburt von Joseph kam bei Jakob das Verlangen auf, nach Kanaan zurückzukehren. Es scheint, dass er sich ins Land der Verheissung zurücksehnte, wo seine Vorfahren gelebt und an ihren Altären mit Gott Gemeinschaft hatten. In Haran besass Jakob keinen Altar. Hätte er dort überhaupt einen haben können?

Aus der Tatsache, dass Jakob nach der Geburt von Joseph in sein Land zurückziehen wollte (Vers 25), können wir etwas lernen. Joseph ist hier ein Bild vom Herrn Jesus. Wenn Er vor unseren Glaubensblicken steht, sehen wir klar, welchen Weg wir nach Gottes Gedanken gehen sollen. Wichtig ist aber, dass wir uns nicht abhalten lassen, sondern diesen Weg auch gehen.

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Jakob macht sich auf den Heimweg

Durch den schnell wachsenden Reichtum Jakobs verschlechterte sich das Verhältnis zwischen ihm und seinem Schwiegervater. Die Söhne Labans wurden neidisch auf ihren Cousin. Da griff Gott ein und forderte Jakob zur Rückkehr in das Land seiner Väter auf. Er versicherte ihm seinen Beistand: «Ich will mit dir sein.» Seitdem der Herr damals in Bethel mit ihm gesprochen hatte, war es nun das erste Mal, dass Jakob wieder die Stimme Gottes hörte.

Zuerst besprach Jakob die Sache mit seinen Frauen. Aus seinen Worten an Rahel und Lea erfahren wir, wie der Herr sich trotz des betrügerischen Verhaltens von Laban zu Jakob bekannt und ihn gesegnet hatte. Was für einen gnädigen Gott haben wir doch! Auch wenn Er uns wie einst Jakob erziehen muss, ist Er nicht gegen uns, sondern für uns.

Ohne sich von Laban zu verabschieden, machte sich Jakob mit seiner grossen Familie und allem, was er besass, auf den Weg nach Kanaan. Er befolgte Gottes Anweisung, aber er fürchtete sich vor Laban. Deshalb hinterging er ihn und floh während der Abwesenheit seines Onkels. Trotz der Zusage Gottes in Vers 3 sehen wir nicht, dass Jakob auf Ihn vertraut hätte. Obwohl der Herr zu ihm gesprochen hatte, ruhte er noch nicht in seinem Gott.

Doch sein Verhalten gegenüber seinen Frauen und Kindern zeugt von seiner Liebe und Sorge für seine Familie (Vers 17). Er kümmerte sich darum, dass sie möglichst bequem reisen konnten.

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Jakob wird von Laban verfolgt

Sobald Laban von der Flucht Jakobs hörte, jagte er ihm nach. Aus Vers 29 kann man entnehmen, dass er keine guten Absichten hatte. Doch Gott verhinderte jedes böse Vorhaben, indem Er ihn in einem Traum deutlich warnte: «Hüte dich, dass du mit Jakob weder Gutes noch Böses redest!» So sehen wir, wie Gott – als seine Zeit gekommen war – selbst dafür sorgte, dass Jakob sich von Laban trennen konnte.

Vers 27 zeigt nochmals, wie unaufrichtig Laban war. Nach all dem, was die Bibel bis dahin über ihn berichtet hat, glaubt wohl niemand, dass er Jakob bei seinem Wegzug mit Freude und Musik begleitet hätte! Es waren schöne, aber unwahre Worte.

Neben der Habsucht hatte Laban noch einen weiteren Grund, um Jakob zu verfolgen: der Verlust seiner Hausgötzen (Vers 30). Laban war ein Götzendiener! Der Gott Jakobs war nicht sein Gott. Gegenüber Jakob nannte er Ihn «den Gott eures Vaters» (Vers 29).

Vers 32 macht klar, dass Jakob nicht alles wusste, was in seiner grossen Familie vorging. Er war ehrlich davon überzeugt, dass niemand von den Seinen Labans Götzen gestohlen hatte. Doch er täuschte sich: «Rahel aber hatte die Teraphim genommen und sie in den Kamelsattel gelegt und sich darauf gesetzt» (Vers 34). Zudem erwies sich Rahel als eine echte Tochter Labans. Ihre List war so gut, dass ihr Vater seine Götzen trotz intensiver Suche in keinem der Zelte Jakobs finden konnte. «Er durchsuchte alles und fand die Teraphim nicht.»

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Jakob auf dem Gebirge Gilead

Wir verstehen den Zorn Jakobs in Vers 36. Dennoch war es ein Ausbruch seiner alten Natur. Nun leerte er seinen Kropf und sagte seinem Onkel die Meinung. Doch was nützte es? Eigentlich nichts. Laban liess sich nicht beeindrucken und änderte sich nicht (Vers 43). Er blieb, was er war.

Wie lehrreich sind die Worte Jakobs für uns! Sie offenbaren etwas von der Härte und Schwere seines 20-jährigen Dienstes bei Laban, aber auch von der Treue, in der Jakob als Hirte arbeitete. Sie zeigen weiter, wie er wusste, dass Gott in dieser Zeit mit ihm gewesen war und seine Arbeit gesegnet hatte. Er war in seinem Elend nicht allein gewesen. So ist es heute noch. Wenn Gott uns in seiner Erziehung Wege führen muss, die wir als schwer empfinden, ist Er doch für uns und mit uns. Das wollen wir nicht vergessen.

Der errichtete Steinhaufen markierte eine klare Trennung zwischen Jakob und Laban. Der eine zog als Glaubender weiter, während der andere in der Welt blieb.

Dann schlossen beide Männer einen Bund. Die Worte Labans zeigen, welch ein Rechthaber und Besserwisser er war. Er meinte auch jetzt noch, er könne bestimmen. Doch es war Jakob, der eigentlich in allem die Initiative übernahm. Er opferte ein Schlachtopfer und lud seine Brüder zum Essen ein. Laban war und blieb ein Weltmensch. Aber Jakob versuchte als ein Gläubiger die Würde zu behalten. Er stand auf der Seite des Allmächtigen und wusste, dass Gott für ihn war.

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Jakob fürchtet sich vor Esau

Nach der endgültigen Trennung von Laban kam Jakob ins verheissene Land zurück. Da begegneten ihm Engel Gottes, die ihn sozusagen willkommen hiessen. Doch es war auch das Heerlager Gottes. Wollte der Herr ihm damit nicht zeigen, dass Er ihn beschützen konnte, wenn er seinem Bruder Esau begegnete, vor dessen Hass er einst geflohen war? Jakob gab dem Ort den Namen «Machanaim», was Doppellager bedeutet. Möglicherweise erschienen ihm die Engel in zwei Zügen, die einen zum Schutz gegen die Gefahr von hinten (Laban) und die anderen zum Schutz gegen die Bedrohung von vorn (Esau).

Die bevorstehende Begegnung mit Esau machte Jakob grosse Sorge. Ja, er fürchtete sich, als er hörte, dass dieser ihm mit 400 Mann entgegenkam. Wo blieb das Gottvertrauen Jakobs? Ach, er handelte, wie auch wir oft reagieren. Wir unternehmen alles Menschenmögliche, um einer Schwierigkeit zu begegnen. Erst dann beten wir und bitten Gott um seine Hilfe und Rettung.

Es war ein schönes Gebet, das Jakob zu seinem Gott betete. Aber er war noch nicht bereit, mit ganzem Herzen auf Den zu vertrauen, mit dem er geredet hatte. Er bereitete ein Geschenk für Esau vor, das er vor sich her sandte, um ihn zu versöhnen (Vers 21). Sollte dieses Geschenk – das übrigens keine Kleinigkeit war – eine materielle Wiedergutmachung gegenüber Esau sein, den er einst betrogen hatte?

Dann heisst es: «Er übernachtete in jener Nacht im Lager.» Jene Nacht sollte die bedeutungsvollste im Leben Jakobs werden. Das zeigen uns die nächsten Verse.

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Jakob in Pniel

In jener Nacht überquerte Jakob mit seiner Familie und seinem Besitz den Jabbok. Als er alles über die Furt des Flusses geführt hatte, blieb er allein am anderen Ufer zurück. Da rang ein Mann in der Dunkelheit mit ihm. Aus Hosea 12,4 wissen wir, dass es Gott war, mit dem Jakob kämpfte.

Zunächst schien es, als ob Jakob die Oberhand behielt. Doch als der geheimnisvolle Mann das Hüftgelenk Jakobs anrührte und dieses verrenkt wurde, war der Kampf entschieden. Nun war Jakob körperlich behindert und unfähig, weiter zu kämpfen.

Was bedeutete das alles? Bis zu diesem Ereignis hatte Jakob sehr vieles im Selbstvertrauen getan. Er hatte sich auf seine Kraft und Klugheit gestützt, aber dabei die tägliche Gemeinschaft mit Gott vernachlässigt. Alles, was Gott ihm auf seinem Lebensweg begegnen liess, konnte an dieser Einstellung nichts ändern. Darum griff der Herr nun selbst ein und brach seine Kraft für den Rest des Lebens. Sobald Jakob sich seiner bleibenden Schwachheit bewusst wurde, klammerte er sich an den Kämpfenden, um unbedingt von Ihm gesegnet zu werden. Jakob wollte jetzt alles nur noch von Gott bekommen. Damit hatte der Herr sein Ziel mit ihm erreicht.

Als Bestätigung der Sinnesänderung, die bei Jakob in dieser Nacht eingetreten war, gab Gott ihm einen neuen Namen: Israel (= Kämpfer Gottes). Nach dieser Begegnung mit Gott ging ihm die Sonne wieder auf (vergleiche Vers 32 mit Kapitel 28,11).

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Jakob trifft mit Esau zusammen

Obwohl Jakobs Kraft gebrochen und er ein hinkender Mann war, versuchte er noch einmal, mit Hilfe seiner eigenen Pläne Esau zu begegnen. Doch er musste lernen, dass alle seine Massnahmen völlig überflüssig waren. Sein Bruder begegnete ihm trotz seines früheren Betrugs mit grosser Herzlichkeit (Vers 4). Wir sehen darin, dass auch die Ungläubigen grossherzig sein können.

Auf die Frage Esaus antwortete Jakob als ein Gläubiger: Er rühmte die Gnade Gottes, die er in seinem Leben erfahren hatte. Das Geschenk, das er Esau bereits gemacht hatte, war ebenfalls ein Beweis davon (Verse 5.11). Als Esau seinen Bruder auf der Reise begleiten wollte, lehnte Jakob dankend ab. Es war ihm klar, dass ein Gläubiger niemals einen gemeinsamen Weg mit einem Ungläubigen gehen kann. Doch seine Begründung war schwach und unwahr. Er hätte seinem Bruder einfach sagen sollen, dass er ein anderes Ziel verfolgte. Er wollte doch nicht nach Seir, sondern nach Kanaan!

Als Jakob in Sukkot ein Haus baute und später in Sichem einen Altar errichtete, hatte er da das Ziel noch nicht erreicht. Wohl war er im Land Kanaan angekommen, aber noch nicht bis Hebron gelangt (Kapitel 35,27).

Der Altar in Sichem redet vom persönlichen Gebetskontakt des Glaubenden mit Gott. Obwohl es nun im Leben Jakobs einen Altar gab, stimmte sein innerer Zustand noch nicht mit dem Allmächtigen überein. Es standen ihm noch demütigende und beschämende Erfahrungen bevor, bis sein Herz wirklich auf Gott ausgerichtet war.

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Unmoral in Sichem

Bevor wir uns mit den traurigen Ereignissen in Kapitel 34 beschäftigen, wollen wir uns zweierlei fragen:

  • Hätten diese schlimmen Sünden nicht vermieden werden können, wenn Jakob von Pniel direkt nach Bethel gezogen wäre?
  • Hatte er durch den Bau eines Hauses in Sukkot und den Kauf eines Feldes in Sichem nicht einen Teil seines Charakters als Fremder in der Welt aufgegeben und so seine Familie einer zusätzlichen Versuchung ausgesetzt?

Dina, die Tochter Leas, suchte den Kontakt zu ungläubigen jungen Frauen. Leider blieb es nicht dabei. Der Sohn eines Fürsten der Hewiter verliebte sich in sie und nahm sie, wie die Welt gewohnt ist zu nehmen. Er beging die Sünde der Hurerei mit ihr und entehrte sie. Daran änderte sich auch nichts, als der Vater dieses Mannes zu Jakob kam und um Dina als Frau für seinen Sohn bat.

Über diese Schandtat, die in Israel verübt worden war, ergrimmten die Söhne Jakobs sehr. Als dann Hemor zu Jakob und seinen Söhnen kam und ihnen vorschlug, sich mit den Bewohnern des Landes zu verschwägern, redeten sie betrügerisch. Sie wollten sich an ihnen rächen.

Warum schwieg Jakob, als er hörte, was mit seiner Tochter passiert war? Weil er wohl gemerkt haben muss, dass auch er daran schuld war: Anstatt nach Bethel zu ziehen, war er in Sichem geblieben. Doch nun konnte er an der Sache nichts mehr ändern. Er musste die Folgen ernten. Da er ein gläubiger Mann war, demütigte er sich unter die erziehende Hand Gottes – und schwieg.

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Gewalttat in Sichem

Hemor und Sichem schöpften überhaupt keinen Verdacht, als die Söhne Jakobs, die vorher gekränkt und wütend reagiert hatten, nun einen Vorschlag machten. Jedenfalls brachten sie die gestellten Bedingungen der Söhne Jakobs vor die führenden Männer der Stadt. Schliesslich war man bereit, darauf einzugehen. So wurden alle Männlichen von Sichem beschnitten.

Was dann am dritten Tag geschah, als die Leute in Schmerzen waren, ist überaus verwerflich und abscheulich. Simeon und Levi ermordeten alle Männer der Stadt und holten Dina aus dem Haus Sichems. Dann kamen die übrigen Söhne Jakobs und plünderten die Stadt. Man ist geneigt zu sagen: Menschen zu töten, denen man die Möglichkeit genommen hat, sich zu verteidigen, ist eine weitaus schlimmere Sünde als die Schandtat Sichems. Doch Gott muss uns allen, die wir diesen Bericht lesen, zeigen, wozu wir Menschen fähig sind (Markus 7,21.22).

Jakob hatte das böse Tun seiner Söhne nicht verhindern können. Jetzt fürchtete er sich vor den Folgen. Er sagte: «Ihr habt mich in Trübsal gebracht, indem ihr mich stinkend macht unter den Bewohnern des Landes.» Warum dachte er nicht daran, wie sehr sein Gott, dem er in Sichem einen Altar gebaut hatte, durch das Verhalten Dinas und das Tun seiner Söhne verunehrt worden war?

In dieser Notsituation griff der Herr selbst ein. Er beschützte Jakob und die Seinen vor der Rache der Bewohner des Landes (Kapitel 35,5). Was für einen gütigen und gnädigen Gott haben wir doch!

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Jakob zieht nach Bethel hinauf

Obwohl Jakob demütigende Erfahrungen machen musste (Kapitel 34), gab Gott ihn nicht auf. Er forderte jetzt den Patriarchen auf, nach Bethel hinaufzuziehen, wo er auf seiner Flucht vor Esau den Traum mit der Leiter vom Himmel auf die Erde gehabt hatte (Kapitel 28,11-22). Dort sollte er wohnen und seinem Gott einen Altar bauen.

Der Altar in Bethel spricht von der Gemeinschaft mit Gott. Auf dem Weg dorthin merkte Jakob, dass in seiner Familie nicht alles in Übereinstimmung mit Gott war. Er ordnete deshalb an, dass sie alle Götzen wegtun sollten, was sie auch befolgten. Dann vergrub Jakob alle fremden Götter und die Amulette unter der Terebinthe bei Sichem. Weiter forderte er die Seinen auf, sich zu reinigen und ihre Kleidung zu wechseln. Die Reinigung spricht vom Selbstgericht, das wir nötig haben, um die Gemeinschaft mit Gott geniessen zu können. Das Wechseln der Kleidung spricht von der würdigen Weise, in der wir vor Gott erscheinen sollen (vergleiche 1. Korinther 11,27-34).

In Bethel baute Jakob einen Altar und nannte den Ort: Gott des Hauses Gottes. Damit verwirklichten er und seine Familie gottesdienstliche Gemeinschaft.

Nun war Jakob innerlich so weit, dass Gott ihm wieder erscheinen konnte. Dabei bestätigte Er seinen neuen Namen: Israel. Zudem stellte sich Gott ihm als der Allmächtige vor, ähnlich wie Er es einst Abraham gegenüber getan hatte (Kapitel 17,1). Er verhiess Jakob sowohl eine grosse Nachkommenschaft als auch das Land Kanaan zum Besitztum.

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Jakob kommt zu seinem Vater

Bei der Geburt ihres zweiten Sohnes starb Rahel. Für Jakob muss es ein sehr grosser Schmerz gewesen sein, als er seine geliebte Rahel durch den Tod verlor. Viele Jahre später, kurz vor seinem eigenen Tod, sprach er zu seinem Sohn Joseph mit ergreifenden Worten von Rahel: «Als ich aus Paddan kam, starb Rahel bei mir im Land Kanaan … und ich begrub sie dort auf dem Weg nach Ephrat, das ist Bethlehem» (Kapitel 48,7).

Wir hören nicht, dass Israel etwas zur Sünde seines Erstgeborenen sagte. Doch aus seinen letzten Worten an seine Söhne wird deutlich, wie sehr er diese Verfehlung verurteilte (Kapitel 49,4). Als Folge seiner Sünde verlor Ruben sein Erstgeburtsrecht (1. Chronika 5,1).

Mit der Geburt von Benjamin hatte Jakob nun zwölf Söhne (Verse 23-26). Sie wurden die Stammväter des Volkes Israel.

Schliesslich kam Jakob mit seinem ganzen Zug bis nach Mamre, wo sein alter Vater Isaak noch lebte. Von Rebekka wird nach Kapitel 28 nichts mehr berichtet. Vermutlich war sie in der Zwischenzeit gestorben. Sie konnte Jakob nicht mehr aus Haran holen lassen, wie sie es geplant hatte (Kapitel 27,45).

Im Alter von 180 Jahren verstarb Isaak. Jakob lebte zwar abgesondert von seinem ungläubigen Bruder Esau. Doch als es um das Begräbnis von Isaak ging, handelten beide Söhne miteinander. Der Tod eines Vaters ist ein Familienereignis, das alle Kinder betrifft – ob gläubig oder ungläubig. Wie schön, wenn sie den Vater gemeinsam beerdigen.

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Die Nachkommen Esaus (1)

Warum hat uns Gott in seinem Wort ein ganzes Kapitel über die Familie Esaus und ihre Entwicklung hinterlassen? Es waren doch ungläubige, gottlose Menschen! Weil wir bei Esau und seinen Nachkommen die gleichen Merkmale finden, die auch die uns umgebende Welt prägt. So zeigt uns dieses Kapitel das Verhalten von ungläubigen und oft gottlosen Menschen, damit wir als gläubige Christen die Gefahren erkennen, die durch ihren Einfluss auf uns drohen.

Esau hatte wie Jakob einen zweiten Namen. Doch er hatte ihn nicht von Gott bekommen. Weil er das Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht verkauft hatte, wurde er Edom genannt (Kapitel 25,30). Dieser Name erinnert an seine Gleichgültigkeit und sein Desinteresse an Gott. Immer wieder wird in diesem Kapitel auf diesen Namen Esaus hingewiesen.

Aus Vers 6 erfahren wir, dass Esau mit seiner Familie und seiner Habe von Jakob weg auf das Gebirge Seir zog. Von den Menschen, die dort wohnten, hatte Esau seine zweite Frau: Oholibama, die Tochter Anas und Enkeltochter Zibeons (Verse 2.24.25). So suchte er sein Glück in der Welt. Als Gläubige werden wir zu einer klaren Absonderung von der Welt aufgerufen (2. Korinther 6,14 – 7,1). Wir leben zwar in der Welt, sind aber nicht mehr von ihr (Johannes 17,14-16).

Die Aufzählung der Fürsten oder Stammeshäupter in den Versen 15-19 zeigen, dass die Nachkommen Esaus nicht nur zahlreich, sondern auch mächtig wurden. Das Streben nach Macht, Ehre und Reichtum ist bis heute ein Kennzeichen der Welt.

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Die Nachkommen Esaus (2)

Die Söhne Seirs waren die Bewohner jenes Landes bevor Esau mit seiner Sippe dorthin zog. Aus ihrer Auflistung erfahren wir etwas über die Verwandtschaft der zweiten Frau Esaus. Zudem erkennen wir, dass er bereits vor seinem Umzug dorthin eine Verbindung zu Seir hatte. Auch unter den Bewohnern Seirs gab es Fürsten, so dass sich zwei ähnlich mächtige Sippen zusammenfanden.

Ab Vers 31 wird das Land Seir, wo die Nachkommen Esaus lebten, als Edom bezeichnet. Vermutlich war die Nachkommenschaft Esaus zahlenmässig stärker als die Sippe von Seir. Wichtig für uns aber ist die Bemerkung aus 5. Mose 2,5. Dort erklärte Gott dem Volk Israel, das auf dem Weg von Ägypten nach Kanaan war, dass das Land Seir nicht zu ihrem Erbteil gehörte: «Das Gebirge Seir habe ich Esau als Besitztum gegeben.»

Vom Schwiegervater Esaus wird in Vers 24 gesagt, dass er die warmen Quellen in der Wüste fand. Sind sie nicht ein Bild der Freuden der Welt? Oft sprechen sie die Gefühle der Menschen an. Aber ihre Wirkung verfliegt schnell wieder – so wie warmes Wasser in der Hitze der Wüste den Durst nicht wirklich stillen kann.

Die Erwähnung der Könige, die in Edom regiert hatten, bevor in Israel ein König herrschte, spricht sicher von Regierungsgewalt. Wie oft wird diese Herrschaft in der Welt selbstsüchtig und ungerecht ausgeübt.

Am Ende des Kapitels erwähnt der Geist Gottes nochmals den Namen Edom. Das Irdische erfüllte das Herz Esaus. Für Gott gab es da keinen Platz.

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