Hanna betet
Konnte Elkana wirklich nachempfinden, wie betrübt Hanna war? Warum hatte er eine zweite Frau genommen? Geschah es, um nicht kinderlos zu bleiben?
Hanna scheint niemand gehabt zu haben, der sie verstand und ihr helfen konnte. Doch sie konnte ihre Zuflucht zu Gott nehmen. So stand sie nach dem Essen auf und schüttete ihre Not vor dem Herrn aus. «Sie betete zu dem Herrn und weinte sehr.»
Der Wunsch Hannas nach einem Sohn war überaus gross. Doch sie wünschte sich nicht einfach ein Kind für sich selbst, sondern einen Sohn, der ein brauchbares Werkzeug in der Hand Gottes werden konnte. Darum wollte sie ihn ganz dem Herrn weihen.
Der Hohepriester Eli beobachtete Hanna beim Gebet. Obwohl er Priester Gottes war, fehlte ihm das nötige Unterscheidungsvermögen. Er meinte, Hanna sei betrunken. Warum übersah er die Betrübtheit dieser Frau?
Eli war ein Vater, der seiner eigenen Familie schlecht vorstand. Er wusste um das böse, gottlose Tun seiner beiden Söhne, wehrte ihnen aber nicht. Er richtete nur einige ermahnende Worte an sie, mehr nicht (1. Samuel 2,17.22-25). Sein Mangel an Entschiedenheit für Gott und seine Rechte nahm ihm das gesunde Urteilsvermögen.
Trotzdem blieb Eli der Hohepriester, durch den Gott einer Hanna die Erhörung ihres Flehens ankündigen konnte, nachdem ihm sein Irrtum bewusst geworden war. Welch eine Gnade vonseiten Gottes, der das Vertrauen der Seinen nie enttäuscht (Psalm 34,5)!
Samuel wird geboren
Der Trost Gottes war ins Herz von Hanna gefallen. Man konnte es ihr am Gesicht ablesen (Vers 18). Dann kehrte Elkana mit seiner Familie nach Rama zurück.
Nun heisst es so schön: «Der Herr gedachte ihrer.» Der Sohn, den Hanna gebar, war wirklich die Antwort auf ihre Gebete. Darum gab sie ihm den Namen Samuel (= von Gott erhört).
Während einigen Jahren machte Hanna die jährliche Reise der Familie nach Silo nicht mehr mit. Sie blieb mit dem kleinen Samuel zu Hause. Elkana war damit einverstanden. Nur hoffte er, dass seine Frau ihr Versprechen gegenüber Gott auch einhalten würde.
Dann kam die Zeit, da Hanna ihr Gelübde einlöste. Sie brachte ihren noch kleinen Jungen nach Silo zu Eli. Den Sohn, den sie einst vom Herrn erbeten hatte, wollte sie Ihm nun zurückgeben. «Alle Tage, die er lebt, ist er dem Herrn geliehen.» Die grosse Opfergabe, die sie bei dieser Gelegenheit mitbrachte, zeugt sicher von der grossen Dankbarkeit ihres Herzens. Wie glücklich muss Hanna gewesen sein! Das Kapitel endet damit, dass sie den Herrn anbeteten.
In den kommenden Kapiteln werden wir nun den Werdegang Samuels vom Knaben zum Propheten und Fürsprecher des Volkes Gottes verfolgen können. Wenn wir dabei bedenken, wie gottlos die Söhne Elis waren, in deren Nähe er jetzt lebte, dann müssen wir sagen: Der Einfluss einer gottesfürchtigen Mutter und ihre Gebete sind von unschätzbarem Wert für die Kinder.
Buchtipp: Samuel – der Mann Gottes
Hanna lobt
Wir wissen nicht, was Hanna zum Herrn gesagt hat, als sie ihre Seele vor Ihm ausschüttete und weinte. Aber jetzt hat der Geist Gottes uns ihre Worte des Dankes und des Lobes, die sie zu Gott betete, in ihrem Wortlaut aufbewahrt. Ihr Gebet ist ein herrliches Zeugnis ihres Glaubens.
Dabei rühmt sie nicht nur die Hilfe und Rettung, die sie erfahren hat. Sie denkt auch daran, wer Gott ist, der sich zu ihr geneigt hat. Er ist heilig, d. h. Er verabscheut das Böse (Habakuk 1,13). Er ist ein Fels, der durch die Umstände der Menschen und durch alles, was auf der Erde geschieht, nicht erschüttert wird. Wer sich auf Ihn stützt, ist wirklich in Sicherheit. Aber Er ist auch ein Gott des Wissens, dem nichts entgeht und der all unser Tun und Lassen beurteilt.
Der achte Vers findet eine wunderbare Erfüllung in der Zeit, in der wir leben. Denken wir doch daran, was wir vor unserer Bekehrung waren und aus welchem Kot der Sünde uns der Heiland errettet hat (Epheser 2,1-8; Titus 3,3-7)! Zu welch einer herrlichen Höhe sind wir nun erhöht. Wir sind Kinder und Söhne Gottes, mit jeder geistlichen Segnung überschüttet, und das Ziel vor uns ist das Vaterhaus droben.
Vers 10 weist prophetisch auf den Herrn Jesus hin. Er ist der Gesalbte Gottes, wie dies in den Worten «Messias» (hebräisch Gesalbter) und «Christus» (griechisch Gesalbter) ausgedrückt wird.
Hophni und Pinehas
Als Elkana mit seiner Familie nach Rama zurückkehrte, blieb der Knabe Samuel allein bei Eli, dem Hohenpriester, zurück. Sein Dienst für den Herrn begann vor Eli, dem Priester. Obwohl bei Eli die Gottesfurcht sehr zu wünschen übrig liess, versuchte der junge Samuel zunächst vom alten Priester zu lernen und im Dienst von ihm unterwiesen zu werden.
In der Umgebung, in der dieser Knabe nun lebte, wurden schlimme Sünden verübt. Die Söhne Elis, die Priester Gottes hätten sein sollen, werden vom Heiligen Geist als «Söhne Belials» bezeichnet. Belial bedeutet Nichtswürdigkeit, Bosheit. «Sie kannten den Herrn nicht.»
Das Gesetz bestimmte, welche Teile der verschiedenen Opfer dem Priester gehörten. Aber diese beiden Männer, Hophni und Pinehas, stellten sich über Gottes Wort, missbrauchten ihre Autoritätsstellung als Priester und nahmen sich, was sie wollten. Sie bestahlen nicht nur das Volk, sondern auch Gott. Noch bevor das Fett, das Gott allein gehörte, geräuchert wurde, nahmen sie die besten Teile des Opfers für sich. Welch eine Beleidigung Gottes!
Die Folgen eines solch respektlosen und sündigen Verhaltens blieben nicht aus. «Die Leute verachteten die Opfergabe des Herrn.» Sie fragten sich wohl: Wozu sollen wir überhaupt noch Opfer bringen?
Wenn heute ein Diener des Herrn sündigt oder es mit dem, was gegen Gottes Wort ist, nicht so genau nimmt, wird es verheerende Folgen für das Volk Gottes haben (vergleiche 1. Timotheus 5,19.20).
Samuel dient vor dem Herrn
Wie schön ist das geistliche Wachstum Samuels! Im Gegensatz zu Vers 11 heisst es jetzt: «Samuel diente vor dem Herrn.» Er muss wohl gemerkt haben, dass es in der Familie Elis manches Verkehrte gab. Für Samuel wurden die Anweisungen Gottes entscheidend. Nach ihnen wollte er sich richten. Eine solche Haltung führt zu weiterem Wachstum, wie dies die Verse 21 und 26 beschreiben. Das registrierten auch die Menschen.
Gott bleibt nie unser Schuldner. Wenn wir Ihm etwas weihen – z. B. unser Leben –, wird Er es uns reich vergelten. Das sehen wir auch bei Hanna. Nachdem sie ihren Erstgeborenen Gott geweiht hatte, schenkte Er ihr noch drei Söhne und zwei Töchter.
Die Verse 22-25 sind eine ernste Warnung an alle gottesfürchtigen Väter. Wir haben eine Verantwortung vor Gott. Er möchte, dass wir entschieden gegen das Böse, das in unsere Familien eindringen will oder vielleicht schon eingedrungen ist, vorgehen.
Das Verhalten der Söhne Elis war bereits so gravierend, dass ermahnende Worte nicht mehr genügten. Zudem sagte Eli nur: «Nicht so, meine Söhne! Denn nicht gut ist das Gerücht, das ich höre.» Als Hoherpriester und Vater hätte er die Sünden seiner Söhne klar beim Namen nennen und ihr Tun eindeutig verurteilen müssen. In diesem schweren Fall wären sogar weitere Massnahmen nötig gewesen. Eli unterliess sie.
Eine Gerichtsankündigung
Nun kommt ein Mann Gottes zu Eli, um ihm eine ernste Botschaft des Herrn zu überbringen und das Gericht über seine Familie anzukündigen. Gott erinnert ihn zuerst an die Gnade und Gunst, die Er dem Stamm und der Familie Elis erwiesen hatte (Levi, Aaron). Er und seine Söhne aber hatten diese Vorrechte verachtet und die Opfer Gottes mit Füssen getreten. Die ganz persönliche Schuld Elis vor dem Herrn wird mit den Worten ausgedrückt: «Du ehrst deine Söhne mehr als mich!»
Ab Vers 30 haben wir das göttliche Gericht, das der Mann Gottes über die Priesterfamilie aussprechen musste. Es betraf nicht nur Eli und seine Söhne, sondern seine ganze Nachkommenschaft. Es sollte keinen Greis mehr in seinem Haus geben. Sie würden alle vor der Zeit sterben (siehe 1. Samuel 4,11; 22,11-23; 1. Könige 2,26.27).
Eli gehörte zur priesterlichen Linie Ithamars, des einen der beiden übrig gebliebenen Söhne Aarons. Doch diese Linie würde durch die Linie Eleasars, des anderen Sohnes Aarons, ersetzt werden. Gott wollte sich einen treuen Priester erwecken, der vor seinem Gesalbten stehen würde. Der 35. Vers erfüllte sich, als Zadok aus der Linie von Eleasar unter der Regierung Salomos Hoherpriester wurde (1. Chronika 29,22). Doch die Prophezeiung geht bis zum Tausendjährigen Reich. Dann wird Christus der Gesalbte des Herrn sein, und die Söhne Zadoks werden den Priesterdienst in jenem zukünftigen Tempel ausüben (Hesekiel 44,15).
Der Herr ruft Samuel
Das dritte Kapitel beginnt mit einer positiven und einer negativen Bemerkung. Von einer Reaktion Elis auf die ernsten Worte des Mannes Gottes lesen wir leider nichts. Wenn der alte Priester versagte, so diente doch der junge Samuel in Treue weiter dem Herrn. Weil aber das Priestertum in seinem Mittlerdienst zwischen Gott und dem Volk versagt hatte (Maleachi 2,7), war das Wort des Herrn selten in jenen Tagen.
Der Mensch in seiner Verantwortung hat versagt. Aber Gott in seiner Gnade steht im Begriff, einen gewissen Neuanfang zu machen. Weil das Priestertum versagt hat, will Gott nun durch Propheten zu seinem Volk reden. Samuel, zu dem Gott hier zum ersten Mal direkt spricht, soll Prophet einer langen Reihe von Propheten werden, durch die Gott die Verbindung mit seinem Volk aufrechterhalten will (Vers 20; Apostelgeschichte 3,24; 13,20).
Nicht zum alten Priester, sondern zum jungen Samuel, der Gott in Treue diente, wollte der Herr reden. Doch der Knabe kannte Ihn noch nicht so nah, und Eli war träge im Verstehen, dass Gott redete. Wie langmütig ist der Herr! Wie viel Geduld hat Er mit uns, wenn wir träge im Hören und Verstehen sind!
Dreimal hört Samuel seinen Namen rufen, steht auf und läuft zu Eli, um ihm zu dienen. Erst beim dritten Mal merkt der alte Mann, dass Gott den Knaben ruft. Nun unterweist er ihn über das weitere Verhalten, sollte die Stimme noch einmal ertönen.
Der Herr spricht zu Samuel
Ein viertes Mal hört Samuel seinen Namen rufen. Dieses Mal wiederholt ihn Gott sogar: «Samuel, Samuel!» Bereit, auf Gott zu hören und Ihm zu gehorchen, antwortet der Knabe: «Rede, denn dein Knecht hört!»
In den Versen 1 und 8 wird Samuel zum letzten Mal als Knabe bezeichnet. In Vers 15 heisst es: «Samuel blieb bis zum Morgen liegen.» Die Botschaft, die Gott ihm mitteilte, war fast zu schwer für sein junges Alter. Aber der Ernst der Lage liess ihn geistlich reifer werden. So sagt Vers 19: «Und Samuel wurde gross.» Da war er geistlich erwachsen.
Die Mitteilung, die Samuel in jener Nacht erhielt, zeigt, dass das Gericht über Eli und seine Familie fest beschlossen war. Er hatte alles gewusst und doch seinen Söhnen nicht gewehrt. Nun gab es keine Sühnung mehr für ihr Verhalten. Vater und Söhne konnten dem Gericht nicht mehr entfliehen. Die tragischen Begleitumstände würden das ganze Volk erschrecken.
Wir verstehen, dass Samuel über das Gehörte lieber nicht gesprochen hätte. Aber Eli wollte alles wissen. Dann beugte sich der Priester demütig unter Gott und sein Tun. Er lehnte sich nicht dagegen auf. Besser wäre gewesen, er hätte vorher Energie und Entschiedenheit des Glaubens gezeigt.
Nun wird Samuel zum Propheten des Herrn für das Volk, indem Gott fortfährt, ihm zu erscheinen und sich ihm durch sein Wort zu offenbaren. So wird Samuel zum Sprachrohr Gottes für das Volk. Seine Worte bekommen durch die Tatsache: «Der Herr war mit ihm», das nötige Gewicht.
Niederlage gegen die Philister
Unter Simson, dem letzten Richter im Buch der Richter, hatte Gott sein Volk in die Hand der Philister gegeben. Diese Feinde scheinen unter Eli immer noch stark gewesen zu sein. Jedenfalls zieht Israel zur Zeit, da Samuel seinen Prophetendienst unter dem Volk beginnt, in den Krieg gegen sie. Aber Israel erleidet eine empfindliche Niederlage. 4000 Israeliten verlieren ihr Leben.
Die Führer des Volkes halten Kriegsrat und fragen: «Warum hat der Herr uns heute vor den Philistern geschlagen?» Doch wir hören und sehen nichts von einer Selbstprüfung vor Gott. Keiner kommt auf die Idee zu fragen: Liegt der Grund für die Niederlage vielleicht bei unserem Verhalten gegenüber Gott? Konnte Er uns keinen Sieg schenken, weil es bei uns ungerichtete Sünden gibt?
Ohne eine Antwort abzuwarten, beschliessen sie, die Bundeslade ins Lager zu holen. Dann wird Gott bei ihnen sein, und es kann nichts mehr schief gehen. Das ist reiner Aberglaube!
Als die Lade ins Lager kommt, ist der Jubel so gross, dass die Erde dröhnt. Der Himmel aber bleibt still. Die ebenfalls abergläubischen Philister werden durch diese Wendung der Dinge bestärkt, noch mutiger und tapferer zu kämpfen. Dann folgt Gottes Antwort: Es gibt eine noch empfindlichere Niederlage, die beiden Priester werden getötet und die Bundeslade fällt in die Hände der Feinde.
Eli stirbt
Ein Mann kann aus der Schlacht fliehen. Er bringt die Nachricht der Niederlage Israels nach Silo. Der 98-jährige Eli sitzt auf einem Stuhl am Wegrand und wartet mit grosser Sorge auf Nachricht. «Sein Herz war bange wegen der Lade Gottes.»
Der Bote kommt auch zu ihm und berichtet ihm von der Niederlage Israels, vom Tod seiner beiden Söhne und vom Verlust der Bundeslade. Was der Mann als Letztes erwähnt, ist für Eli das Wichtigste. Am Ende seines Lebens ist ihm die Ehre Gottes doch wichtiger als seine Söhne, denn diese letzte Mitteilung trifft ihn am härtesten. Das Schicksal der Lade nimmt ihn so her, dass er vom Stuhl fällt, das Genick bricht und stirbt.
Noch eine Person wird erwähnt, die die Nachricht von der gestohlenen Lade besonders schwer nimmt: die Frau von Pinehas. So wie der Geist Gottes von ihr berichtet, bekommt man den Eindruck, dass sie im Gegensatz zu ihrem gottlosen Mann gottesfürchtig war.
Sowohl in Vers 19 als auch in Vers 21 wird die Lade Gottes zuerst erwähnt und der Tod ihres Mannes an letzter Stelle. Der Schock löst bei ihr die Wehen aus. Sie gebar einen Sohn, konnte sich darüber aber nicht freuen. Zu gross scheint der Schmerz über den Verlust der Bundeslade gewesen zu sein. Sie starb an den Folgen der Geburt. Der Name ihres Sohnes, Ikabod (= Nicht-Herrlichkeit), erinnerte stets an jenen traurigen Tag, als die Herrlichkeit Gottes von Israel gewichen war.
Die Bundeslade bei den Philistern (1)
Wenn die Philister meinten, mit dem Sieg über Israel und der Erbeutung der Bundeslade auch den Gott Israels bezwungen zu haben, täuschten sie sich gewaltig. Der einzig wahre Gott gibt seine Ehre keinem anderen (Jesaja 48,11). Wer es mit Ihm aufnimmt, wird immer den Kürzeren ziehen. Auch wenn Gott sein Bundesvolk wegen dessen Untreue in die Hand seiner Feinde gab, durften diese sich doch nicht über Ihn erheben (vergleiche Daniel 4,25-30; 6,27.28).
Die siegreichen Philister stellten ihre Trophäe in den Götzentempel neben ihren Götzen Dagon. In der Nacht wurde das Götzenbild von unsichtbarer Hand umgeworfen. Da lag Dagon auf seinem Gesicht vor der Bundeslade, als beuge er sich vor dem Gott Israels. In der zweiten Nacht geschah noch Schlimmeres: Dem Götzenbild, das erneut auf der Erde lag, waren Kopf und Hände abgehauen worden. Nun begann sich der Triumph der Philister in eine Niederlage zu verwandeln. Aus ihrem Hochmut wurde eine Schmach.
Diese Ereignisse hätten jenen Heiden klar machen müssen, wie nichtig Götzenbilder sind, die von Menschen hergestellt werden (Jesaja 40,18-20; 1. Korinther 8,4; 10,19.20). Aber hinter diesen Götzen verbergen sich Dämonen, d. h. satanische Mächte. Sie haben die Menschen, die Götzenkult betreiben, in ihrer Gewalt. Nur so können wir Vers 5 verstehen. Anstatt sich vor dem wahren Gott zu beugen, verstrickten sich jene Götzenpriester noch mehr in ihrem Aberglauben.
Die Bundeslade bei den Philistern (2)
Gott schlug nicht nur Dagon, den Gott der Philister. Er schlug auch die Menschen mit einer tödlichen Krankheit und verdarb ihr Land durch eine Mäuseplage (1. Samuel 6,5). Die Bewohner von Asdod versuchten zunächst, die Unheil bringende Lade des Gottes Israels nach Gat abzuschieben. Doch die Hand des Herrn kam auch über jene Stadt. Schliesslich wollte niemand mehr die Lade haben, die nur Unheil brachte.
Die Bestürzung unter den Philistern war so gross, dass die Menschen ihre Fürsten aufforderten, die Lade Gottes nach Israel zurückzuschicken. Gezwungenermassen beugten sich diese dem wahren Gott, dem Gott Israels. Das Geschrei der leidenden Bevölkerung – es war ein Notschrei – stieg zum Himmel empor. Aber Gott konnte sie erst erhören, nachdem sie die für sie demütigende Tat auch ausführten und die Lade nach Israel zurücksandten (1. Samuel 6,3).
Können wir hier nicht eine Parallele zu unserer Zeit ziehen? Gott lässt im Leben eines Menschen manchmal äussere Not zu, um ihn zum Bewusstsein seiner Sünden und zur Umkehr zu bringen. Denken wir an den verlorenen Sohn im Gleichnis von Lukas 15. Nachdem er sein Vermögen vergeudet hatte, liess Gott eine Hungersnot zu, die ihn bis an den Schweinetrog brachte. Da kam er zur Besinnung. Doch der Einsicht über seine Sünden musste die Umkehr zum Vater folgen, sonst hätte sich seine Situation nicht geändert.
Der Plan zur Rückführung
Es ist klar, dass die Philister den Gott Israels nicht für sich anerkennen wollten. Nach siebenmonatiger Leidenszeit der Bevölkerung waren sie bereit, die Lade nach Israel zurückzuschicken, um endlich der Hand des Herrn zu entrinnen. Sie erinnern uns an die Gadarener, die den Herrn Jesus einst baten, aus ihrem Gebiet wegzugehen. Seine Anwesenheit war ihnen äusserst unangenehm (Markus 5,17).
Die politischen Führer berieten sich mit den Götzenpriestern und Wahrsagern. Gemäss ihren heidnischen Vorstellungen dachten sie, sie müssten Gott mit einem Opfer beschwichtigen. Sie empfahlen den Fürsten der Philister, fünf goldene Beulen und fünf goldene Mäuse, die an ihre Plagen erinnerten, mit der Lade zurückzuschicken. «Und gebt dem Gott Israels Ehre.» Das war das Wichtigste.
Da diese Heiden Gottes Anordnung nicht kannten, hatte Er Nachsicht mit ihnen, als sie die Lade auf einen neuen Wagen luden. Dieser wurde von zwei säugenden Kühen gezogen, deren Kälber sie zu Hause einsperrten. Wenn diese Kühe sich von ihren Kälbern trennen liessen und den Weg zur Grenze Israels gehen würden, war dies für die Philister die Bestätigung, dass die ganze Not von Gott kam.
Mit den Unwissenden konnte der Herr Nachsicht haben. Als aber David, der die Anweisung Gottes hätte kennen müssen, die Lade auf einen neuen Wagen lud, griff Gott mit Gericht ein (2. Samuel 6,3-7).
Die Lade kommt nach Beth-Semes
Die ganze Not, unter der das Volk der Philister während Monaten zu leiden hatte, war kein Zufall. Die Hand Gottes hatte sie geschlagen. Das wurde klar, als die Kühe geradewegs zur Grenze liefen und weder nach rechts noch nach links abwichen.
Noch einmal wurden die Philister Zeugen eines klaren Zeichens Gottes, denn die säugenden Kühe wären nach ihrem Instinkt, den sie vom Schöpfer bekommen hatten, zu ihren Kälbern zurückgekehrt.
Die Rückkehr der Bundeslade nach Israel löste bei den Bewohnern von Beth-Semes Freude aus. War das Eintreffen der Bundeslade nicht ein grosser Beweis der Gnade Gottes? Ohne dass wir von einer Veränderung im Volk Gottes oder von Buße lesen, kam Gott gewissermassen zurück.
Die Dankbarkeit der Bewohner von Beth-Semes über die erfahrene Barmherzigkeit des Herrn zeigte sich in der spontanen Opferung der Kühe. Indem sie an jenem Tag dem Herrn Brandopfer opferten und Schlachtopfer schlachteten, priesen sie Ihn für seine Gnade.
Die Fürsten der Philister betrachteten dies alles. Doch dann kehrten sie zu ihrem Gott Dagon zurück. Alle Erfahrungen, die sie mit dem einzig wahren Gott gemacht hatten, brachten sie nicht dazu, sich vor Ihm zu beugen und an Ihn zu glauben. Vermutlich waren sie froh, als sie die Bundeslade und damit den Gott Israels endlich los waren.
Bestrafung der Leute von Beth-Semes
Warum gab es unter den Leuten von Beth-Semes solche, die in die Bundeslade schauen wollten? Wir wissen es nicht mit Bestimmtheit. Jedenfalls waren sie neugierig, ja, verwegen und missachteten die Heiligkeit Gottes, der ihnen in Gnade begegnet war. Das göttliche Gericht traf 70 Mann von ihnen, die auf der Stelle starben.
Die Bundeslade ist ein Bild von unserem Erlöser, der in einer Person wahrer Gott und wirklicher, aber sündloser Mensch ist. Der Sühndeckel spricht mehr von seinem Erlösungswerk. Wenn wir Menschen versuchen, diese einzigartige Person und ihr Werk verstandesmässig zu erfassen, handeln wir gegen Gottes Wort. Dann wollen wir in die Bundeslade schauen. Aber «niemand erkennt den Sohn als nur der Vater» (Matthäus 11,27).
Anstatt ihre Sünde einzusehen, sagten die Leute von Beth-Semes: «Wer vermag vor dem Herrn, diesem heiligen Gott, zu bestehen?» Nun handelten sie ähnlich wie die Philister: Sie sandten die Bundeslade weiter nach Kirjat-Jearim. Wieder müssen wir an jene Gadarener denken, die den Herrn Jesus aus ihrem Gebiet vertrieben. Warum? Das Wunder der Heilung jenes Besessenen führte für sie zum Verlust von 2000 Schweinen. Die unreinen Geister, von denen der Herr Jesus den armen Mann befreite, fuhren in die Schweine, sodass die ganze Herde sich in den See stürzte und ertrank. Für jene Leute als Juden waren dies zwar unreine Tiere. Aber mit den Römern und anderen Fremden konnten sie damit gute Geschäfte machen. Darum fanden sie es besser, wenn der Herr ihre Gegend wieder verliess!
Umkehr zu Gott
Die Bundeslade kam nicht mehr nach Silo zurück. Wegen der Untreue des Volkes scheint Gott jenen Ort, wo das Zelt der Zusammenkunft gestanden hatte, aufgegeben zu haben (Psalm 78,60). Die Lade blieb 20 Jahre im Haus von Abinadab in Kirjat-Jearim.
Und wie sah der geistliche Zustand des Volkes aus? Die Mehrheit von ihnen hatte sich von ihrem Gott abgekehrt und sich den sichtbaren Götzen zugewendet. Darum liess der Herr zu, dass die Philister stark wurden und das Volk bedrückten. Und Samuel? Er selbst konnte das Herz des Volkes nicht zu Gott zurückführen, aber er konnte für die Menschen beten (Verse 5.8; Psalm 99,6).
Nach 20 Jahren kam Israel endlich zur Einsicht seiner verkehrten Wege und seines sündigen Verhaltens. «Das ganze Haus Israel wehklagte dem Herrn nach.» Auf diesen Moment hatte Samuel wohl schon lange gewartet. Jedenfalls war er als Prophet und Richter sofort zur Stelle, um den Menschen zu sagen, was sie tun sollten.
Daraufhin gab es eine Umkehr der Leute zum Herrn. Sie schafften die Götzen ab, dienten dem Herrn allein und versammelten sich in echter Buße nach Mizpa. Durch das Wasser, das sie schöpften und vor dem Herrn ausgossen, bezeugten sie ihre Kraftlosigkeit. Das Fasten zeigt, dass ihre Herzen über die geschehenen Sünden betrübt waren. Schliesslich lesen wir auch von einem Bekenntnis ihrer Sünden. Nun konnte sich Gott ihnen wieder zuwenden.
Sieg über die Philister
Als Israel sich in Mizpa zur Buße versammelte, vermuteten die Philister kriegerische Absichten. Diesen wollten sie zuvorkommen und zogen sofort mit ihrer Armee nach Mizpa. Solange Israel den Götzen diente, wurde es in Ruhe gelassen. Aber jetzt, da sich eine echte Umkehr zu Gott zeigte, griff Satan an.
Wir können die Angst der Israeliten verstehen, die sich doch zur Buße und nicht zum Kampf versammelt hatten, und nun angegriffen wurden. Sie bitten Samuel, den Propheten, für sie als Mittler und Fürsprecher vor Gott einzustehen. Er verbindet seine Fürbitte mit der Opferung eines Brandopfers. Dieses erinnert an die Tatsache, dass eine Beziehung zwischen uns Menschen und Gott nur aufgrund eines Opfers überhaupt möglich ist. Welch ein schöner Hinweis auf den Herrn Jesus, der sowohl Mittler als auch Opfer geworden ist (1. Timotheus 2,5.6)!
Gott erhörte seinen Knecht und kämpfte selbst gegen die Feinde seines Volkes, sodass die Männer von Israel die Philister nur noch verfolgen konnten. Ein Gedenkstein mit Namen Eben-Eser (= Stein der Hilfe) erinnerte fortan an Gottes wunderbares Eingreifen. Der Herr schenkte seinem Volk einen vollständigen Sieg. Welch eine gnädige Antwort auf ihre Herzensumkehr!
Die Verse 15-17 zeigen, dass Samuel nicht nur Prophet war, sondern auch als letzter Richter amtete, und zwar in Bethel, Gilgal, Mizpa und Rama. Aber zu Hause in Rama baute er dem Herrn einen Altar, was von seiner Gemeinschaft mit Gott redet.
Israel wünscht einen König
Die Jahre, in denen Samuel das Volk Israel richtete, waren eine Zeit des Friedens für die Menschen (1. Samuel 7,14). Nun macht die biblische Berichterstattung einen Sprung. In Kapitel 8 sehen wir einen alt gewordenen Samuel. Als seine Kräfte nachliessen, setzte er, ohne den Herrn zu fragen, seine Söhne als Richter über Israel ein. Wenn Gott uns einen Dienst anvertraut, ist dieser Auftrag auf unsere Person begrenzt. Der Herr will nicht, dass wir unsere Nachfolger bestimmen. Das tut Er.
Die Söhne Samuels lebten nicht in der Gottesfurcht ihres Vaters. «Sie wandten sich dem Gewinn zu» und liessen sich bestechen. Der Glaube und die Gottseligkeit sind etwas Persönliches. Wir können sie nicht an unsere Kinder weitervererben.
Als Folge des schlechten Verhaltens der Söhne Samuels fordern die Ältesten Israels einen König «gleich allen Nationen». Tief betrübt über diese Worte bringt Samuel seine Not vor den Herrn. Dieser macht ihm keine Vorwürfe über sein eigenes Fehlverhalten, sondern erklärt ihm: «Nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen, dass ich nicht König über sie sein soll.»
Gott kannte das Herz seines Volkes durch und durch. Die Menschen wollten eine sichtbare Autorität über sich haben. Um an einer unsichtbaren Autorität (Gott) festzuhalten, wäre Glauben nötig gewesen. Und dieser fehlte ihnen. Samuel sollte trotz seiner Bedenken auf ihre Stimme hören.
Die Weise des Königs
In der Forderung des Volkes nach einem König ihrer Wünsche kommt ihre Undankbarkeit gegenüber Gott, ihr Verlangen nach Unabhängigkeit von Ihm und das Streben nach menschlicher Sicherheit anstelle von Gottvertrauen zum Ausdruck. Samuel sollte auf ihre Stimme hören, aber ihnen auch die Weise des Königs vorstellen. Er tut dies in den Versen 10-18.
Dabei sagt Samuel sechsmal: «Er wird nehmen.» Auch heute glaubt der Mensch, er würde freier sein, wenn er die Autorität Gottes verwirft. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Der Mensch ist ein Sklave seiner sündigen Natur. Wenn er Gott verwirft, kommt er unter das Diktat der Welt, hinter der Satan steht. Wie ernst sind die Schlussworte in Vers 18.
Doch das Volk ist entschlossen, seine Forderung nicht aufzugeben. Es «weigerte sich, auf die Stimme Samuels zu hören». Sie wollen sich als Volk Gottes ganz der Welt anpassen. Welch eine Gefahr auch für uns Christen!
Samuel bringt die Worte des Volkes im Gebet vor Gott. Was soll er den Leuten antworten? Der Herr weist ihn an: «Höre auf ihre Stimme und setze einen König über sie ein.» Und Samuel gehorcht.
Einige Jahrhunderte später kommt der Prophet Hosea auf die Zeit zurück, da das Volk einen König forderte, und sagt, dass Gott ihnen in seinem Zorn einen König gegeben habe (Hosea 13,10.11).
Saul sucht die Eselinnen
Nun wird der Mann eingeführt, der der erste König in Israel werden soll. Er weist alle Vorzüge auf, die man sich von einem König nur wünschen kann. Er ist der Sohn eines reichen Mannes, ist jung und ausnehmend schön, zudem gross gewachsen, sodass er «alles Volk überragte», und trägt den Namen Saul (= Erbetener). Wie dieser Mann aber persönlich zu Gott steht, darüber schweigt die Bibel an dieser Stelle.
Die Geschichte selbst beginnt mit den Eselinnen von Kis, dem Vater Sauls, die verloren gegangen waren. Zusammen mit einem Knecht sollte Saul die verirrten Tiere suchen. Doch die Suchaktion blieb erfolglos. Als Saul unverrichteter Dinge umkehren wollte, machte sein Begleiter den Vorschlag, zu Samuel, dem Mann Gottes, zu gehen und ihn um Auskunft zu bitten.
Es befremdet, dass nicht Saul auf die Idee kam. Kannte er Samuel überhaupt? Jedenfalls scheint Saul bis dahin kein Verlangen nach Gott gehabt zu haben. Aber jetzt, wo es darum geht, einen Gefallen vom Propheten und damit von Gott zu erbitten, denkt er an Bezahlung. Wie viele Menschen denken heute ähnlich! Man will Gott für die Gnade, die Er einem erweisen soll, mit guten Werken, einem anständigen Leben usw. entschädigen. Doch der Mensch muss einsehen, dass er vor Gott ein armer, mittelloser Sünder ist. Die Gnade, die Gott anbietet, ist unverdient und umsonst (Römer 3,22-24). Aber das zu akzeptieren und im Glauben anzunehmen, fällt dem stolzen Herzen des Menschen überaus schwer.
Saul trifft mit Samuel zusammen
Die Mädchen, die aus der Stadt herauskommen, um Wasser zu schöpfen, können Saul und seinem Knaben eine gute Antwort geben. Samuel ist an jenem Tag in die Stadt gekommen. Sie würden ihn direkt treffen. Alles klappt wunderbar.
Diese Mädchen sind ein Bild von freudigen Zeugen für den Herrn Jesus. Möchten wir ihnen nacheifern.
- Sie schöpften das Wasser, was auf das Wasser des Lebens hinweist, das uns erfrischt.
- Sie kennen den Mann Gottes sehr gut. Sie wissen, wo er ist, was er macht und was er vorhat. Wie gut kennen wir den Herrn Jesus?
- Wenn sie nach dem Mann Gottes gefragt werden, freuen sie sich, von ihm zu reden. Möchten auch wir unseren Herrn und Heiland freudig bekennen.
- Sie weisen den Weg zu ihm. So dürfen auch wir Wegweiser zum Herrn Jesus und zum Himmel sein.
Der Herr hatte Samuel gesagt: «Setze einen König über sie ein» (1. Samuel 8,22). Nun zeigt Er seinem Diener, welchen Mann er zum Fürsten über das Volk Israel salben soll. Er informiert Samuel einen Tag zuvor über das Eintreffen von Saul, einem Mann aus Benjamin.
Obwohl Gott sagen muss: «Sie haben mich verworfen» (1. Samuel 8,7), zieht Er seine Gnade nicht zurück. Er spricht von meinem Volk. Und der König, den das Volk verlangte, sollte die Menschen, die unter der Bedrückung der Philister litten und dieserhalb zum Herrn schrien, aus der Hand der Feinde retten. Wie gross ist Gottes Liebe zu seinem Volk (5. Mose 7,7.8)!
Saul isst mit Samuel
Im Tor der Stadt trifft Saul auf Samuel. Er weiss nicht, wer dieser Mann ist und fragt ihn nach dem Seher. Samuel, der wohl weiss, wen er vor sich hat, antwortet nicht nur: «Ich bin der Seher.» Er ladet Saul zum Opferfest ein und erklärt ihm: «Morgen werde ich dich entlassen; und alles, was in deinem Herzen ist, werde ich dir kundtun.» Trug wohl Saul den geheimen Wunsch im Herzen, König zu werden? Weiter beruhigt Samuel den Sohn von Kis über die verirrten Eselinnen: «Sie sind gefunden.»
Die Antwort Sauls zeugt von einem edlen Charakter und von menschlicher Demut. Doch auf eine Herzensbeziehung zu Gott lassen seine Worte nicht schliessen. Saul nahm einen Ehrenplatz unter den 30 Geladenen ein, ohne dass diese wussten warum.
Der Schlusssatz von Vers 24 und Vers 25 deuten auf den Anfang einer Beziehung zwischen Samuel und Saul hin. Sie dauerte lange, verlief jedoch nicht sehr glücklich. Es war für Samuel ein grosser Schmerz, dass der erste König in Israel auf einem Weg des Eigenwillens verharrte, sodass Gott ihn verwerfen musste (1. Samuel 15,35; 16,1).
Am nächsten Morgen wurde Saul früh geweckt. Samuel wollte ihn ein Stück weit begleiten. Als sie die Stadt hinter sich hatten und der Begleiter Sauls vorausgeschickt worden war, sprach Samuel das bemerkenswerte Wort zu Saul: «Du aber steh jetzt still, dass ich dich das Wort Gottes hören lasse.» Wie wichtig ist dies auch für uns! Möchten wir vor jeder Entscheidung zuerst auf Gottes Wort hören.
Samuel salbt Saul zum König
Saul wurde aus einer Ölflasche zum König gesalbt. Als Samuel David zum König salben sollte, sagte der Herr zu ihm: «Fülle dein Horn mit Öl.» Die Flasche ist zerbrechlich, und so zerbrach auch das Königtum Sauls. Das Horn hingegen spricht von Bestand. Als der Engel Gabriel die Geburt von Jesus Christus, dem wahren Sohn Davids, ankündigte, sagte er zu Maria: «Der Herr, Gott, wird ihm den Thron seines Vaters David geben … und sein Reich wird kein Ende haben.»
Was der Prophet für den Heimweg von Saul voraussagte, sollte diesem beweisen, dass Samuel wirklich ein Mann Gottes war und das Wort des Herrn weitergab. Die vorausgesagten Ereignisse waren aber auch eine Bestätigung für Saul, dass das Wort Samuels eintreffen und er König werden würde.
König über das Volk Gottes zu werden und zu sein, war eine grosse Ehre und ein grosses Vorrecht. Doch die Königswürde brachte auch eine sehr grosse Verantwortung mit sich. Ob Saul dieser auch nachkommen wird? Auf jeden Fall sagte Samuel: «Gott ist mit dir», und fügte dann einen Test an, durch den der Glaube Sauls erprobt werden sollte.
Gott kann nur mit dem sein, der auch sein Vertrauen auf Ihn setzt. Er kann sich unmöglich zu jemand bekennen, der im Eigenwillen seinen Weg geht und nicht bereit ist, auf Ihn zu warten und seine Anweisungen zu befolgen. «Sieben Tage sollst du warten, bis ich zu dir komme, und ich werde dir mitteilen, was du tun sollst.» Würde Saul diesen Test bestehen?
Die drei Zeichen treffen ein
Als sich Samuel und Saul trennten und der frisch gesalbte König mit seinem Knaben auf dem Weg nach Hause weiterzog, traf alles ein, wie Samuel es vorausgesagt hatte. Eine Bestätigung des Wortes des Herrn!
Was bedeutet der Ausdruck in Vers 9: «Da verwandelte Gott sein Herz.»? Durch diese Veränderung, die Gott bewirkte, befähigte Er ihn, als König zu regieren. Das bedeutet aber nicht, dass Saul neues Leben empfangen hätte. Eine geistliche Veränderung ist im Leben Sauls nicht zu erkennen. Vielmehr heisst es, dass er wegen seiner Treulosigkeit starb, ohne Vergebung (1. Chronika 10,13.14).
Als ihnen die Schar der Propheten entgegenkam, geriet der Geist Gottes tatsächlich über Saul, aber nur für eine begrenzte Zeit (Vers 13). Doch die Veränderung, die sich in jenen Augenblicken zeigte, war für die, die ihn von früher kannten, verblüffend. So kannten sie Saul nicht. Er scheint allem Göttlichen fremd gegenüber gewesen zu sein. Sein Leben muss völlig losgelöst von Gott verlaufen sein. Anders kann man sich die ungläubig tönende Frage: «Ist auch Saul unter den Propheten?» nicht erklären.
Das Neue Testament erwähnt in Hebräer 6,4 Menschen, die «geschmeckt haben die himmlische Gabe und teilhaftig geworden sind des Heiligen Geistes» und doch kein Leben aus Gott hatten. Sie kamen unter den Einfluss des Christentums, genossen seine Vorrechte, glaubten aber nie persönlich an Christus.
Saul wird König
Nun sollte der König, den Gott bestimmt und den Samuel gesalbt hatte, dem Volk vorgestellt werden. Zu diesem Zweck berief Samuel die Menschen aus Israel nach Mizpa. In der Nähe jenes Ortes stand der Stein Eben-Eser, der von der beständigen Treue Gottes für das Volk zeugte (1. Samuel 7,12). Jetzt wurde dieser Ort zum Zeugen für ihre Verwerfung des treuen Gottes. Noch einmal hielt Samuel durch das Wort des Herrn dem Volk seine Untreue vor: «Ihr aber habt heute euren Gott verworfen, der euch aus all eurem Unglück und euren Drangsalen gerettet hat.»
Dann wurde der König durch das Los bestimmt. Im Alten Testament war das Losen vor dem Herrn der Weg, um seinen Willen zu erfahren (Sprüche 16,33). Im Christentum tut Gott seinen Willen durch sein geschriebenes Wort und durch den Heiligen Geist kund. Vor Beginn unserer Zeitperiode wurde das Los ein letztes Mal für die Wahl des zwölften Apostels anstelle von Judas Iskariot benutzt (Apostelgeschichte 1,26).
Das Los fällt auf Saul, den Sohn des Kis, aus Benjamin. Warum versteckte er sich? Wollte er seine Demut zeigen? Die Bibel teilt uns den Grund nicht mit. Die Freude über den König, den der Herr erwählt hat, ist gross, denn er ist wirklich eine imponierende Persönlichkeit.
Samuel schrieb das Recht des Königtums in ein Buch. Es beinhaltete wohl die Worte aus Kapitel 8,11-17. Vielleicht hat er auch noch den Text aus 5. Mose 17,14-20 dazu geschrieben.
Der Angriff der Ammoniter
Obwohl Israel nun einen König hatte, änderte sich vorläufig noch nichts. Das ganze Volk und auch Saul gingen nach Hause und lebten weiter wie bisher (1. Samuel 10,26). Dann aber wurde Jabes-Gilead, eine Stadt auf der Ostseite des Jordan – sie lag vermutlich im Stammesgebiet von Gad –, von den Ammonitern angegriffen und belagert.
Angesichts dieser Bedrohung waren die Bewohner von Jabes bereit, mit dem Feind einen Bund zu schliessen. Wie traurig! Wo blieb das Vertrauen auf ihren Gott?
Als die Belagerer jedoch übermässige Forderungen stellten und eine Schmach auf das ganze Volk Israel bringen wollten, erbaten sich die Führer von Jabes eine siebentägige Schonfrist. In dieser Zeit wollten sie sehen, ob ihnen nicht irgendjemand aus Israel zu Hilfe käme.
Jetzt war der neue König gefordert, und er reagierte sofort. Er weinte nicht mit dem Volk, sondern handelte in der Energie des Geistes Gottes, der für diese Tat über ihn gekommen war. Aber zeugten solche Drohungen, die das Volk in Schrecken versetzten, von einer weisen Regierung? Der Befehl entsprang dem menschlichen Zorn dieses Mannes.
Um seinen Worten zusätzliches Gewicht zu geben, verband er seinen Namen mit dem Namen Samuels, von dem er wusste, dass das Volk ihn schätzte. Daraufhin zog Israel aus wie ein Mann. Ein Heer von 330 000 Mann war in Kürze beisammen.
Saul besiegt die Feinde
Die Boten aus Jabes brachten eine gute Botschaft zurück, sodass sich die eingeschlossenen Bewohner freuten und neuen Mut schöpften. Durch einen taktisch klugen Überraschungsangriff in den frühen Morgenstunden des nächsten Tages errang Saul einen Sieg über Ammon.
Der militärische Erfolg des neuen Königs beeindruckte das Volk. Nun wollten sie jene bestrafen, die sich in Mizpa verächtlich über den neuen König geäussert hatten. Aber Saul, der die Rettung an jenem Tag Gott zuschrieb, liess nicht zu, dass Rache geübt wurde.
Bemerkenswert ist, dass in Vers 12 das Volk zu Samuel kam und dass er die Menschen aufforderte, nach Gilgal zu gehen, um das Königtum zu erneuern. Das bedeutet, dass der Prophet, der die Verbindung zwischen Gott und dem Volk darstellte, die höchste moralische Autorität war.
Aus dem Buch Josua lernen wir, dass Gilgal der Ort des Selbstgerichts und des Urteils über das Fleisch in uns ist (Josua 4,19.20; 5,2-9). Die Friedensopfer, die sie dort schlachteten, reden von der Gemeinschaft mit Gott und untereinander, denn von diesem Opfer bekam sowohl Gott als auch der Priester und der Opfernde und jeder Reine in Israel seinen Teil. Friedensopfer in Gilgal bedeuten: Wahre Gemeinschaft mit Gott ist nur nach vorausgegangenem Selbstgericht möglich. Ob Saul dies damals erfasste?
Ein treuer Mann
Samuel war der letzte Richter. Aber er war auch Prophet, und zwar im Sinn eines Mittlers zwischen Gott und dem Volk, wie es in der Folge die übrigen Propheten unter den Königen in Israel und Juda waren. Jetzt stand ein König an der Spitze des Volkes. Das Richteramt Samuels war zu Ende. Nun hält er seine Abschiedsrede als Richter, während er weiter als Prophet Gottes unter dem Volk lebt.
Wie schön sind die Worte von Vers 2 im Blick auf seine Söhne! Früher hatte er sie, ohne den Herrn zu fragen, als Richter über Israel eingesetzt (1. Samuel 8,1). Er hat seinen Fehler vor Gott eingesehen und korrigiert, denn jetzt sagt er: «Meine Söhne, siehe, sie sind bei euch.»
Samuel hatte ein gutes Gewissen vor Gott und Menschen (vergleiche Apostelgeschichte 24,16). Er hatte niemand übervorteilt und seine amtliche Autorität als Richter in keiner Weise missbraucht. Auf seine diesbezügliche Frage an das Volk stellten sie ihm ein gutes Zeugnis vor Gott aus. Dieses korrekte Verhalten gab nicht nur seiner amtlichen Autorität das nötige Gewicht. Dadurch wurde er auch zu einer sittlichen Autorität.
So ist es heute noch. Wenn der Herr einen Gläubigen in einen bestimmten Dienst ruft, z. B. als Evangelist oder als Lehrer, der das Wort verkündigt, dann ist es überaus wichtig, dass er sich in den täglichen Umständen richtig verhält. Erst sein Verhalten gibt seinen Worten das nötige Gewicht.
Ein klarer Rückblick
In der Fortsetzung seiner Abschiedsrede als Richter nimmt Samuel nun das Wort für Gott. Er erinnert das Volk an die wunderbare Errettung aus Ägypten unter Mose und Aaron. Aber er spricht auch von ihrem Abweichen vom Herrn, nachdem sie ins verheissene Land gekommen waren.
Doch Gott in seiner Barmherzigkeit liess nicht nur zu, dass die Feinde sie bedrückten. Sobald sie sich demütigten und zu Ihm um Hilfe schrien, sandte Er ihnen Richter, die sie aus der Hand ihrer Feinde erretteten.
Drei Feinde werden besonders erwähnt: Sisera, der Heeroberste von Hazor, die Philister und der König von Moab. Diese drei symbolisieren die drei Feinde, mit denen wir es als Glaubende zu tun haben: Satan (Sisera), die Sünde in uns (die Philister) und die Welt (Moab). Doch der Herr will uns helfen, ein sieghaftes Christenleben zu führen. Dem Teufel müssen wir widerstehen, der Sünde sollen wir uns für tot halten und wenn die Versuchung von aussen an uns herantritt, gilt es zu fliehen (Jakobus 4,7; 1. Petrus 5,8.9; Römer 6,11; 1. Korinther 6,18; 1. Timotheus 6,11; 2. Timotheus 2,22).
Als die Bedrohung durch Nahas, den König der Ammoniter, auftauchte, hätten sie an Gottes Rettungen denken und ganz auf Ihn vertrauen sollen. Doch es fehlte ihnen an Gottvertrauen, und so forderten sie einen König, den Gott ihnen auch gab. Doch sowohl der König als auch das Volk wahren verantwortlich, dem Herrn nachzufolgen.
Ein letzter Appell
Die ernsten Worte Samuels, die er in seiner Abschiedsrede als Richter dem Volk mitteilte, fanden die Bestätigung Gottes. Das geschah durch den Donner und den Regen, den Gott auf das Gebet Samuels hin gab (vergleiche Markus 16,20).
Diese Zeichen bewirkten, dass die Worte Samuels das Gewissen der Menschen wirklich erreichten. Nun fürchteten sie sich vor dem Herrn, weil ihnen ihre Sünde – die Forderung nach einem König – bewusst wurde. Daraufhin konnte Samuel sie wohl mit einem «Fürchtet euch nicht!» beruhigen. Doch die Sache selbst war nicht mehr rückgängig zu machen. Das Einzige, wozu das Volk jetzt aufgefordert wurde, war, auf dem gottgemässen Weg dem Herrn nachzufolgen und Ihm mit ganzem Herzen zu dienen.
Wie sehr kam Gott ihnen in der neuen Situation entgegen! Er würde sein Volk nicht verlassen (Vers 22). Das ist seine Gnade. Samuel wollte als Prophet niemals aufhören, für sie zu bitten. Wie wertvoll war die Fürbitte eines solchen Mannes Gottes! Zudem wollte er sie den guten und richtigen Weg lehren. Sie hatten also das Wort Gottes als Wegweisung.
Die letzten Verse des Kapitels zeigen die geheime Sorge des Propheten. Aufgrund der negativen Erfahrungen, die er schon mit dem Volk gemacht hatte, warnte er sie: «Wenn ihr aber dennoch Böses tut, so werdet sowohl ihr als auch euer König weggerafft werden.»
Die Philister greifen an
Nun ist Saul als König etabliert. Nach dem Sieg über Nahas behält er eine persönliche Garde von 3000 Mann für sich. Die übrigen Soldaten werden nach Hause entlassen. Rein zahlenmässig gesehen ist diese Garde reichlich gross für den persönlichen Schutz des Königs, aber viel zu klein, um den Feind zu schlagen.
Jonathan, der Sohn Sauls, hat im Gegensatz zu seinem Vater einen echten Glauben. Das wird im nächsten Kapitel noch deutlicher erkennbar. Doch auch hier sehen wir, wie er mit einer begrenzten Zahl Soldaten im Glauben gegen den Feind vorgeht, der sich im Land befindet, und einen Sieg erringt.
Saul, der keinen Glauben hat, versucht den Erfolg seines Sohnes zu seinem Vorteil auszunützen. Auf einmal heisst es: «Saul hat die Aufstellung der Philister geschlagen.» Ohne Gott zu fragen, ohne Gebet versucht der ungläubige Saul den Kampf gegen die Philister aufzunehmen. Es wird ein Misserfolg.
Angesichts des riesigen Heeres, das die Feinde auf die Beine stellen, bekommen es die Israeliten, die ohne Glauben einem König folgen wollen, der ebenfalls kein Gottvertrauen hat, mit der Angst zu tun. Sie verstecken sich vor dem Feind.
Und Saul? Er ist in Gilgal mit einem zitternden Volk, von dem schliesslich noch 600 Mann übrig bleiben (Verse 7.15). Dort muss er auf Samuel warten, der kommen und ihm mitteilen würde, was er tun soll. Wird er den Test bestehen?
Saul kann nicht warten
Menschlich gesehen war die Lage für Saul nicht einfach: Das Volk lief ihm davon und das Heer der Philister stand zum Angreifen bereit. Aber Gott lässt manchmal solch extreme Situationen zu, bei denen jede Hoffnung auf menschliche Stützen schwindet. Er möchte dadurch unser Gottvertrauen wecken und unseren Glauben dahin führen, sich auf Ihn, den unsichtbaren Gott, und auf sein Wort zu stützen. «Es ist gut, dass man still warte auf die Rettung des Herrn» (Klagelieder 3,26).
Doch Saul kann nicht warten. Er verliert die Geduld und begeht eine Sünde. Er, der weder Priester noch Levit ist, nimmt das Opfern vor. Nachdem er das Brandopfer geopfert hat, erscheint Samuel. Als ob nichts geschehen wäre, geht Saul ihm entgegen, um ihn zu begrüssen. Der König hat in der von Gott bewirkten Erprobung völlig versagt.
Die Entschuldigungen, mit denen er sein Tun rechtfertigen möchte, gelten vor Gott nicht. Sein Ungehorsam besiegelt sein Königtum. Ja, so ernst beurteilt Gott den Ungehorsam gegenüber seinen Geboten. Ist uns das immer bewusst?
Der Nachfolger Sauls als König über Israel wird ein Mann nach dem Herzen Gottes sein, im Gegensatz zu Saul, der den Vorstellungen der Menschen entsprach, aber ungläubig war. Dann trennten sich die Wege von Samuel und Saul wieder. Wie schwer muss es für den Propheten gewesen sein, die negative Entwicklung im Leben Sauls zu sehen!
Eine traurige Situation in Israel
Saul gibt uns in seiner Geschichte bis zu diesem Punkt das Bild eines Mannes, bei dem nichts auf einen echten Glauben hindeutet. Bei ihm hat die alte Natur die Oberhand, denn er hat keine andere. Ihm fehlt das Unterscheidungsvermögen. Er handelt in Unabhängigkeit von Gott, und das führt schliesslich zu Ungehorsam gegenüber den klaren Geboten Gottes.
Und das Volk? Unter einem solchen Führer konnte es den Menschen nicht gut gehen. So sehen wir, wie die Philister die Oberhand gewannen. Ihre Vernichtungszüge bewegten sich in alle Richtungen, sodass sie schliesslich das ganze Land Israel im Griff hatten. Zudem sorgten sie dafür, dass es im ganzen Gebiet von Israel keinen Schmied mehr gab. Eine erneute Aufrüstung und Bewaffnung war damit unterbunden. Welch eine raffinierte Taktik des Feindes!
Bis heute wirkt der Teufel in dieser Richtung. Denken wir z. B. an das Mittelalter. Da brachte er es fertig, dass es nur noch in den Klöstern Bibeln gab. Dem Volk war das Schwert des Geistes weggenommen worden. Und heute gehen seine Bestrebungen dahin, das geschriebene Wort Gottes abzuschwächen, zu verwässern und auszuhöhlen, bis es keine Kraft mehr hat und die Herzen und Gewissen unberührt lässt.
Lassen wir uns das reine, untrügliche Wort Gottes nicht nehmen! Halten wir es fest! Wie? Indem wir uns auf eine möglichst grundtextgenaue Übersetzung stützen.
Jonathan besiegt die Philister
Während Saul sich mit dieser demütigenden Situation abzufinden scheint, dachte sein Sohn Jonathan anders. Für ihn waren die Philister die Feinde des Volkes Gottes, die es im Glauben zu überwinden galt. Und wenn er und sein Waffenträger die einzigen waren, die sich auf Gott stützten und auf Ihn vertrauten, dann wollten sie es eben allein wagen. Hätte er seinem ungläubigen Vater von seinem Vorhaben erzählt, dann hätte ihm dieser abgeraten, so etwas Gewagtes zu unternehmen.
Wenn wir an die damalige Situation denken, dann hatte der Feind alle Vorteile auf seiner Seite. Die Philister befanden sich in der Höhe; sie waren gut bewaffnet und zahlreich. Aber Jonathan und sein Waffenträger stützten sich auf den Herrn. Sie waren überzeugt, dass es für Ihn keinen Unterschied machte, durch viele oder durch wenige zu retten. Der Glaube schaut einfach auf Gott.
Dann suchten sie den Willen des Herrn zu erfahren, denn sie wussten noch nicht genau, wie sie nach seinen Gedanken vorgehen sollten. Sobald sie jedoch vom Weg des Herrn überzeugt waren, zogen sie im festen Glauben los: «Steige hinauf, mir nach; denn der Herr hat sie in die Hand Israels gegeben.»
Gott gibt eine wunderbare Rettung
Aus diesen Versen wollen wir uns zwei Punkte merken. Der erste betrifft König Saul. Nachdem seine Wächter im Lager der Philister eine grosse Unruhe und ein Durcheinander feststellten, liess der König untersuchen, wer von seinen Soldaten fehlte. Jonathan und sein Waffenträger wurden vermisst. Was hatte dies zu bedeuten? Saul beschloss, Gott zu fragen. Aber während er mit dem Priester redete, verstärkte sich das Getümmel im Lager der Philister. Nun änderte Saul seine Meinung. Eine Antwort von Gott schien überflüssig zu sein. Er meinte, die Situation hätte sich geklärt, und es sei jetzt wichtig, so schnell wie möglich den Feind zu verfolgen. Saul hatte tatsächlich keine Beziehung zu Gott und suchte sie auch nicht wirklich.
In diesem Abschnitt sehen wir aber auch die Ergebnisse des Glaubens von Jonathan und seinem Gefährten. Das ist der zweite Punkt, den wir nicht übersehen wollen. Sobald sich bei den Philistern eine Niederlage abzeichnete, hervorgerufen durch die mutige Tat Jonathans, verliessen die zum Feind übergelaufenen Israeliten ihren Platz und stellten sich auf die Seite ihres Volkes. Und all die furchtsamen Männer, die sich vor dem Feind versteckt hatten, kamen nun hervor und verfolgten die fliehenden Philister ebenfalls.
Ein mutiger Glaube wirkt auch heute ansteckend auf solche, die verzagt sind oder die es aufgegeben haben, für die Wahrheit Gottes einzustehen. Möchten wir unseren Mitchristen auf dem Glaubensweg ein Ansporn sein!
Jonathan isst vom Honig
In Vers 24 finden wir den tragischen und folgenschweren Befehl eines egoistischen Königs. Saul auferlegte seinen Soldaten etwas völlig Unvernünftiges. Sie durften nichts essen, «bis ich mich an meinen Feinden gerächt habe». So lautete seine Begründung. Gesetzlichkeit und Selbstsucht behindern das Werk und den Sieg Gottes.
Die Verse 25 und 26 machen die Tragik der Lage deutlich. In seiner Gnade liess Gott sein Volk zur Stärkung Honig finden. Doch die Menschen fürchteten den Schwur des Königs und gingen an der Fürsorge Gottes vorbei.
Jonathan, der vom Befehl seines Vaters nichts wusste, aber ein Leben des Glaubens mit dem Herrn führte, ass von dem Honig und wurde neu belebt. Als er von der törichten Anordnung seines Vaters hörte, reagierte er entrüstet. Aber es schmerzte ihn auch, dass dem Feind nicht die Niederlage beigefügt werden konnte, die Gott eigentlich schenken wollte.
Noch schlimmer aber war die Folge des unsinnigen Befehls des Königs für das Volk: Weil die Menschen derart ausgehungert waren, fielen sie über die Beute her und assen das Fleisch mit dem Blut. Der König hatte das Volk zur Sünde verleitet (1. Mose 9,4).
Der 35. Vers erinnert an Vers 18. Der religiöse Saul wollte wieder einen Anfang mit Gott machen. Doch es blieb erneut ein Anfang, der im Sand verlief. Es gab in seinem Leben nie eine ganze Entscheidung für Gott.
Das Volk rettet Jonathan
Bevor Saul die Philister weiterverfolgte, sollte Gott befragt werden. Doch Er gab dem König keine Antwort. Wie hätte der Herr antworten können, wo doch so vieles ungeregelt war? Der König hatte einen törichten Befehl gegeben. Das Volk hatte Blut gegessen. Weder die eine noch die andere Sünde war vor Gott eingesehen und bekannt worden.
Wie reagierte Saul auf das Schweigen Gottes? Er dachte nur an die Übertretung seines Befehls und verdächtigte wohl bereits seinen Sohn (Vers 39). Gott bewirkte, dass das Los auf Jonathan fiel. Sollte dieser treue Glaubensmann nun sterben? Saul zeigte überhaupt keine Einsicht über seine eigene Schuld. Er hätte Jonathan umgebracht, wenn das Volk nicht Partei für den Sohn des Königs ergriffen hätte. Das Volk hatte mehr Einsicht als der ungläubige König. Sie sagten von Jonathan: «Er hat mit Gott gehandelt an diesem Tag.» Dafür hatte er wirklich nicht den Tod verdient!
In den Schlussversen 47-52 haben wir eine Zusammenfassung des Königtums von Saul. Mit Vers 52 endet die Geschichte seiner Regierung. Das nächste Kapitel beschreibt eine Sache im Detail, die in Vers 48 kurz angetönt wird: sein militärisches Vorgehen gegen Amalek. Mit dieser Erzählung als Anhang zur Zusammenfassung des Königtums wird gezeigt, dass Saul auch den letzten Test von Gott nicht bestanden hat und darum von Ihm endgültig als König über Israel verworfen wurde.
Der Kampf gegen Amalek
Der von Gott bestimmte und durch Samuel gesalbte König bekommt einen klaren Auftrag. Er soll die Amalekiter schlagen und völlig ausrotten. Dieses Volk hatte Israel einst in der Wüste angegriffen, besonders die Schwachen unter ihnen. Nachdem Josua Amalek siegreich bekämpft hatte, redete der Herr bereits von einer Vernichtung dieses Volkes (2. Mose 17,14; 4. Mose 24,20; 5. Mose 25,17-19).
Amalek ist ein Bild von Satan, der durch das Fleisch (die alte Natur) in uns wirkt, um dem Geist zu widerstehen. Das Neue Testament zeigt uns, dass es im Gläubigen kein friedliches Nebeneinander vom Fleisch (der alten Natur) und dem Geist gibt (Galater 5,17). Wir werden aufgefordert, gegen alle Auswüchse der alten Natur radikal vorzugehen (Kolosser 3,5-11). Das wird uns in dieser Begebenheit bildlich vorgestellt.
Obwohl der Auftrag klar war, führte ihn Saul nicht konsequent aus. Er nahm den König der Amalekiter lebend gefangen. Das war die Sünde des Königs. Weil er mit dem schlechten Beispiel voranging, verwundert es nicht, dass auch das Volk ungehorsam war. Sie wollten das Beste vom Vieh nicht verbannen.
Wie ernst redet dies zu uns! Obwohl das Neue Testament sagt: «Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind», stehen wir in Gefahr, gewisse Neigungen der alten Natur zu tolerieren. Kommt es nicht vor, dass wir gegen gewisse «Lieblingssünden» in unserem Leben nicht so radikal vorgehen, wie wir eigentlich sollten? (Römer 13,14).
Gehorchen ist besser als Schlachtopfer
Gott konnte diesen Ungehorsam des Königs nicht tolerieren. Wenn Er zu Samuel sagte: «Es reut mich, dass ich Saul zum König gemacht habe», dann bedeutet das nicht, dass Gott seine Meinung änderte (vergleiche Vers 29). Diese Aussage drückt vielmehr die Trauer Gottes über den Ungehorsam des gesalbten Königs aus. Wenn es heisst: «Er hat meine Worte nicht erfüllt», dann wird klar, dass vor Gott ein halber Gehorsam ein ganzer Ungehorsam ist.
Samuel ist so erschüttert, dass er die ganze Nacht zu Gott schreit. Doch dann steht er auf, um dem fehlbaren König entgegenzutreten und ihm das Urteil des Herrn mitzuteilen.
Und Saul? Nachdem er zu seinem eigenen Ruhm ein Denkmal aufgestellt hat, begegnet er Samuel mit einem frommen Gruss und den Worten: «Ich habe das Wort des Herrn erfüllt.» Auf die Frage Samuels bezüglich der lebenden Tiere schiebt er die Schuld dem Volk zu. Er will die Sache beschönigen, indem er von Opfern für Gott spricht.
Nun teilt Samuel ihm die ernsten Worte des Herrn mit. Doch Saul pocht immer noch auf seinen Gehorsam und schiebt dem Volk die Schuld zu. Aber Gottes Urteil lautet: «Weil du das Wort des Herrn verworfen hast, so hat er dich verworfen, dass du nicht mehr König sein sollst.» – Die Verse 22 und 23 wollen wir auch auf unsere Gewissen wirken lassen. Gott schätzt den Gehorsam der Seinen über alles, aber Er verurteilt jeden Eigenwillen. Wir können Ihn niemals mit Opfern beschwichtigen, wenn wir nicht gehorchen wollen.
Kein aufrichtiges Bekenntnis
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als habe Saul seine Sünde eingesehen. Betrachtet man aber die Sache etwas genauer, dann wird klar, dass Saul erst unter dem Druck der Umstände seine Sünde bekannte. Als er realisierte, welch weitreichende Folgen sein Ungehorsam hatte, sagte er: «Ich habe gesündigt.» Aber er hängte dem Bekenntnis noch eine Entschuldigung an, um seine Schuld abzuschwächen. So etwas gilt vor Gott nicht. Weiter bat er Samuel, mit ihm umzukehren, um anzubeten. Doch jetzt ging es nicht um Anbetung, sondern um das Ordnen der Schuld vor Gott. Das ist aber nur durch ein aufrichtiges, schonungsloses Bekenntnis möglich, nicht durch Worte, wie Saul sie äusserte.
In Vers 30 macht Saul nochmals einen Versuch und wiederholt: «Ich habe gesündigt.» Doch es wird klar, dass er mit seinem Bekenntnis der Strafe entgehen wollte und die Folgen seines Fehltritts zu mindern suchte. Ein solches Bekenntnis ist vor Gott wertlos. Ebenso nutzlos war die Anbetung Sauls in Vers 31. Wie kann man anbeten, wenn ungerichtete Schuld vorliegt? Das akzeptiert Gott nicht.
Das Gericht über den König der Amalekiter, das Saul hätte ausführen müssen, vollstreckte nun Samuel. Dann trennten sich die Wege des Propheten und des Königs endgültig. So weit wird es immer kommen, wenn der eine Gottes Willen tun möchte und der andere dem eigenen Willen folgen will. Für Samuel war es ein tiefer Schmerz, dass Gott so handeln musste. Er trauerte mit dem Herrn über den ungehorsamen König.
Einleitung
In seinen beiden Briefen hat der Apostel Petrus vorwiegend die christliche Lebenspraxis vor Augen.
- Im ersten Brief unterweist er uns zu einem Verhalten, das Gott ehrt. Er stellt uns Jesus Christus als das vollkommene Beispiel vor und fordert uns auf, seinen Fussspuren zu folgen.
- Im zweiten Brief warnt uns Petrus vor Verführern in der Christenheit. Ein lebendiges Glaubensleben in Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus bewahrt uns vor ihrem schädlichen Einfluss.
Das himmlische Erbteil
Der Apostel Petrus schrieb diesen Brief an gläubige Christen mit jüdischer Herkunft, die als Fremde in verschiedenen Provinzen des Römischen Reiches lebten. Als Teil des inspirierten Wortes Gottes ist dieser Brief auch für uns verbindlich. Sind wir als Himmelsbürger nicht auch Fremde in dieser Welt? Wir sind jedoch Auserwählte Gottes, die durch den Heiligen Geist in eine Beziehung zu Gott gekommen sind. Als Erlöste, deren Sünden durch das Blut des Herrn Jesus abgewaschen sind, leben wir jetzt für Gott und gehorchen Ihm, und zwar nach dem Vorbild des Herrn Jesus, der uns diesen Gehorsam vorgelebt hat.
Nach der Anrede beginnt Petrus seinen Brief mit einem Lobpreis, in dem er die grosse Barmherzigkeit Gottes rühmt. Unser Gott und Vater hat uns durch die Neugeburt ein neues Leben geschenkt und gleichzeitig eine lebendige Hoffnung gegeben. Wir gehen als Pilger einer herrlichen Zukunft entgegen, wo unser himmlisches Erbteil – der ganze christliche Segen – für uns aufbewahrt ist. Wir geniessen heute schon «die Zinsen» davon, indem wir uns an diesem geistlichen Reichtum freuen.
Vers 5 zeigt, dass Gott nicht nur das Erbteil im Himmel für uns aufbewahrt, Er wird auch uns ans himmlische Ziel bringen. Wie? Durch seine Macht. Unser Glaube ergreift diese Tatsache, so dass wir mit Gottvertrauen dem Ziel entgegengehen.
Die Errettung der Seele
Zu wissen, dass wir durch Gottes Barmherzigkeit das Ziel sicher erreichen werden, macht uns froh, selbst wenn die gegenwärtigen Umstände nicht immer angenehm sind. Aber Gott schickt uns diese Erprobungen des Glaubens, weil sie nötig sind. Er verfolgt mit ihnen ein Ziel. Unser Gottvertrauen soll sich als echt erweisen, damit alles zur Verherrlichung des Herrn Jesus ausschlägt. Ja, wenn Er in Herrlichkeit wiederkommen wird, wird Er in all denen bewundert werden, die ihr ganzes Vertrauen auf Ihn gesetzt haben (2. Thessalonicher 1,10).
Unseren Herrn und Heiland haben wir noch nie gesehen. Trotzdem vertrauen wir auf Ihn, ja, wir lieben Ihn, der uns erlöst hat und jetzt in seiner Güte für uns sorgt. Weil wir in einer Glaubensbeziehung zu Ihm leben, freuen wir uns an Ihm.
Das Ende oder Ziel unseres Glaubens ist die Errettung unserer Seele. Jeder Erlöste der Gnadenzeit besitzt sie seit seiner Bekehrung. Die Propheten des Alten Testaments haben diese Errettung angekündigt. Aber sie kannten das volle Heil, das wir seit dem Kreuz besitzen, noch nicht. Doch sie wiesen auf Christus und seine Leiden hin (Psalm 22; Jesaja 53), prophezeiten aber auch seine zukünftige Herrlichkeit als König Israels und Universalherrscher (Psalm 2; Psalm 8). Heute, in der Zeit der Gnade, wird das volle Evangelium in der Kraft des Heiligen Geistes den Menschen auf der ganzen Welt gepredigt.
Der heilige Wandel
Jeder Mensch, der an den Herrn Jesus als seinen Erlöser glaubt, ist für die Ewigkeit gerettet. Während er noch hier lebt und auf dem Weg zur Herrlichkeit ist, soll er sich als Kind des Gehorsams erweisen. Gehorsam ist die Antwort der Liebe, die wir Gott und unserem Herrn und Heiland geben dürfen (Johannes 14,15.21.23).
Doch wir werden nicht nur zum Gehorsam aufgefordert, Gottes Wort gibt uns in diesen Versen auch drei Motive, die uns anspornen, Gott zu gehorchen:
Der erste Beweggrund ist seine Heiligkeit. Weil Gott heilig ist, sollen auch wir, die Ihm angehören, uns von allem Bösen trennen und nicht sündigen – und zwar «in allem Wandel», d. h. in jedem Bereich unseres Lebens.
Das zweite Motiv finden wir in Vers 17. Gott, unser Vater, beurteilt unser Verhalten während unseres Lebens hier und handelt entsprechend mit uns: Wir werden ernten, was wir säen. Befolgen wir sein Wort, so ernten wir Segen. Wenn wir Ihm aber nicht gehorchen, erfahren wir seine Erziehung. Deshalb wollen wir uns als Fremde von der Welt trennen und in Gottesfurcht leben.
Das dritte Motiv zum Gehorsam ist das kostbare Blut des Herrn Jesus, durch das wir erlöst worden sind. Weder Silber noch Gold genügten zu unserer Erlösung. Ein unendlich höherer Preis war dazu nötig: das Blut des vollkommenen Lammes Gottes. Unser Heiland hat ihn mit seinem Tod bezahlt.
Der Glaube an Gott
Dieses Lamm, das zu unserer Erlösung am Kreuz gestorben ist, ist «zuvor erkannt vor Grundlegung der Welt». In der Ewigkeit vor der Zeit wusste Gott schon, dass sein geliebter Sohn einst als Mensch für andere sterben würde. So konnte die Erfüllung seines ewigen Vorsatzes nicht durch den Sündenfall verhindert werden. Der Tod des Lammes Gottes geschah «am Ende der Zeiten», d. h. als die Zeit der Erprobung des Menschen mit dem Kommen von Jesus Christus zu Ende ging. Er kam wegen uns und starb für uns.
Ab Vers 22 bis Kapitel 2,10 behandelt der Apostel die gemeinsame Bestimmung der Christen. Er beginnt wieder bei der Bekehrung. Damals haben wir persönlich an den Heiland geglaubt. Doch als bekehrte Menschen gehören wir zum himmlischen Volk Gottes. Und was prägt das gemeinsame Leben der Glaubenden? Die Bruderliebe. Sie soll herzlich sein und aus reinem Herzen kommen, d. h. sich im göttlichen Licht entfalten.
Bei unserer Bekehrung, als wir Buße taten und an den Erlöser glaubten, geschah in uns ein Werk der Gnade Gottes: Wir wurden von neuem geboren, und zwar durch die Wirkung des Wortes Gottes (Vers 23). Vor unserer Bekehrung waren wir wie Gras und Blumen. Unser Leben hatte keinen Wert für die Ewigkeit. Doch seitdem wir unser Herz dem Herrn Jesus geöffnet haben, besitzen wir ewiges Leben. Wir haben es durch den Glauben an das ewige Wort Gottes empfangen und werden es nie verlieren. Es hat Ewigkeitswert.
Die heilige Priesterschaft
Auf die Bekehrung (1. Petrus 1,22-25) folgt das praktische Glaubensleben im Volk Gottes. In den ersten drei Versen von Kapitel 2 werden wir aufgefordert, uns einerseits von allem in Vers 1 aufgezählten Bösen abzuwenden. Anderseits sollen wir uns mit dem Wort Gottes beschäftigen und uns durch nichts davon abhalten lassen, diese geistliche Nahrung regelmässig aufzunehmen. Dadurch werden wir innerlich wachsen und unseren gütigen Herrn immer besser kennen lernen.
Die Verse 4 und 5 beschreiben unseren Platz und unseren Dienst im Haus Gottes. Einerseits ist jeder Erlöste ein lebendiger Stein am geistlichen Haus Gottes, das von allen Gläubigen zusammen gebildet wird. Anderseits ist jeder Mensch, der sich bekehrt hat, auch ein heiliger Priester. Gemeinsam bilden wir die priesterliche Familie und bringen Gott geistliche Schlachtopfer in Form von Lob, Dank und Anbetung dar, die aus unseren Herzen zu Ihm aufsteigen.
Die königliche Priesterschaft
Als Eckstein ist der Herr Jesus das Mass und die Grenze von allem, sowohl in unserem persönlichen Leben als auch im gemeinsamen der Kinder Gottes (Epheser 2,20). Für die ungläubigen Menschen aber, die Ihn und das Evangelium ablehnen, wird Er zum Stein des Anstosses und zum Fels des Ärgernisses.
Als königliche Priester sind wir vor den Menschen, die uns umgeben, durch unser Verhalten und Reden ein Licht und ein Zeugnis für den Herrn. Wir dürfen durch ein Leben, in dem wir Jesus Christus nachahmen, den Menschen zeigen, dass Gott Licht und Liebe ist.
Das Verhalten als Staatsbürger
Ab Kapitel 2,11 beginnt im ersten Petrus-Brief ein neuer Abschnitt. Nun erklärt der Apostel, wie wir in unserem täglichen Leben für die Mitmenschen ein Zeugnis vom Herrn Jesus sein können (königliche Priesterschaft). Er zeigt, dass wir dies in jeder Stellung, in der wir uns befinden, in jeder Lebenssituation und in jedem Lebensbereich verwirklichen sollen.
Zuerst ermahnt er uns als Fremde auf der Erde. Weil wir Himmelsbürger sind, engagieren wir uns in der Welt nur so weit es nötig ist. Zudem enthalten wir uns der fleischlichen Begierden, die in der Welt in jeder Hinsicht angeregt werden. Den ungläubigen Mitmenschen gegenüber gilt es, korrekt zu sein, damit sie keinen berechtigten Grund haben, gegen uns zu reden. Weil sie uns nicht verstehen, werden sie manchmal trotzdem schlecht über uns reden. Aber Gott wird dies einmal klarstellen.
Zur königlichen Priesterschaft gehört auch, dass wir uns als Staatsbürger gegenüber der Regierung korrekt verhalten. Die «Unwissenheit der unverständigen Menschen» äussert sich oft in der Kritik über die gewählten oder eingesetzten Amtspersonen. Als Glaubende wollen wir uns nicht gegen die von Gott gegebene Regierung auflehnen. Beachten wir die vier Aufforderungen in Vers 17 und verwirklichen wir sie! Dann steht unser Verhalten in der Welt in einem guten Gleichgewicht.
Das Verhalten am Arbeitsplatz
Was können wir aus dem, was zu den Hausknechten gesagt wird, für uns ableiten? Einerseits finden wir hier Anweisungen für unser Verhalten am Arbeitsplatz, anderseits allgemeine Belehrungen für unser Verhalten in schwierigen Situationen. Nicht jeder von uns hat einen angenehmen Chef. Doch als Glaubende sollen wir uns auch den «verkehrten» Vorgesetzten unterordnen. Es kann vorkommen, dass wir ungerecht behandelt werden, weil wir dem Herrn Jesus treu bleiben wollen. Bitten wir Ihn um Kraft, dies geduldig zu ertragen. Gott übersieht eine solche Haltung nicht und gibt seine Zustimmung dazu.
Hatte unser Herr und Heiland ein leichtes Leben, als Er hier war? Nein. Sein Weg des Gehorsams zu Gott war ein Weg vielfältiger Leiden. Er ist unser grosses Vorbild. Im «Sand der Wüste» dieser Erde hat Er uns seine Fussspuren hinterlassen. Ihnen dürfen wir nun nachfolgen. Er tat keine Sünde. Seine Worte waren ohne Trug. Wenn Er ungerecht getadelt wurde, schwieg Er. Als die Menschen Ihn quälten und Ihm viele Schmerzen zufügten, drohte Er nicht mit dem Gericht. Alles erfahrene Unrecht übergab der Herr Jesus als Mensch seinem Gott.
Den Weg zum Kreuz, wo Er unsere Sünden sühnte, ging Er ganz allein. Darin können und müssen wir Ihm nicht nachfolgen. Aber sein Erlösungswerk hat Konsequenzen für unser Glaubensleben: Es bewahrt uns davor, leichtfertig zu sündigen (Vers 24).
Das Verhalten in der Ehe
Petrus gibt in diesen Versen Anweisungen zum Verhalten im Eheleben. Das ist der engste Bereich, in dem verheiratete Christen etwas von den Eigenschaften Gottes verwirklichen können.
Zuerst wird die Ehefrau angesprochen. Sie soll sich ihrem eigenen Mann unterordnen und ein Leben führen, das von Gottesfurcht und Reinheit statt von vielen Worten geprägt ist. Das wird nicht ohne Einfluss auf den Ehemann bleiben. Ein bis dahin noch ungläubiger Mann kann dadurch für den christlichen Glauben gewonnen werden.
Frauen schmücken sich gern. Gott möchte aber nicht, dass sie durch äusseren Schmuck die Aufmerksamkeit der Männer auf sich ziehen. Für Ihn ist der innere Schmuck – der durch den Heiligen Geist gewirkte sanfte und stille Geist – bedeutsam und wertvoll.
In Vers 7 geht es um das Verhalten des Ehemannes. Er wird aufgefordert, so viel wie möglich bei seiner Ehefrau zu sein und sie mit Verständnis zu behandeln. Die Frau ist das schwächere Gefäss. Darum erwartet Gott vom Mann, dass er seiner Frau mehr gibt, als er von ihr bekommt. Verwirklichen wir dies? Bringen wir Männer unseren Ehefrauen immer die nötige Achtung und Ehre entgegen? Das unkorrekte Verhalten der gläubigen Ehemänner zieht ernste Folgen nach sich: Ihre Gebete werden nicht erhört.
Das Verhalten unter den Gläubigen
Die Verse 8-12 beziehen sich auf unser Verhalten unter den Gläubigen. Es soll durch Wohlwollen geprägt sein. Dies zeigt sich anhand der folgenden fünf Merkmale: Seid gleichgesinnt; seid mitleidig; seid voll brüderlicher Liebe; seid barmherzig; seid demütig. Die Briefempfänger wussten, dass es unter dem Gesetz hiess: Auge um Auge, Zahn um Zahn (Matthäus 5,38; 2. Mose 21,24). Jetzt gilt es, nach dem Grundsatz der Gnade zu handeln und Böses nicht mit Bösem zu vergelten.
Die Verse 10-12 sind ein Zitat aus Psalm 34. Sie zeigen uns, wie wir als Christen leben sollen und wie wir auf der Erde gute Tage haben können. Dabei müssen wir Folgendes beachten: Die Zunge im Zaum halten, Gutes statt Böses tun und Energie für Frieden aufwenden. Die Augen des Herrn sehen und begleiten uns. Wenn wir das tun, was in seinen Augen recht ist (praktische Gerechtigkeit), wird Er uns segnen und uns seine Güte erweisen. Verüben wir als Christen aber Böses, wird Er uns widerstehen.
Das Verhalten in der Welt
Ab Vers 13 geht es um unser Verhalten in der Welt. Normalerweise sind die Leute recht mit uns, wenn wir uns für das Gute einsetzen und es auch tun. Aber es kann vorkommen, dass wir um der Gerechtigkeit willen zu leiden haben, wenn Ungläubige etwas von uns wünschen, was gegen Gottes Wort ist, und wir es nicht tun.
In solchen Situationen kann es vorkommen, dass Menschen Rechenschaft von uns fordern. Sie möchten wissen, weshalb wir so fromm leben und nichts Unrechtes tun wollen. Dann lasst uns den Mut, aber auch die Sanftmut haben, für unseren Herrn zu zeugen.
Christus – das stärkste Argument
Das Wörtchen «denn» am Anfang von Vers 18 verbindet seine Aussage mit dem, was in den vorangehenden Versen steht. Weil der Herr Jesus einst für unsere Sünden gelitten hat und am Kreuz gestorben ist, wollen wir als Glaubende nicht mehr Böses tun und sündigen, sondern ein Gott wohlgefälliges Leben führen.
Christus ist als Mensch von anderen umgebracht worden. Doch Er blieb nicht im Tod. Er ist auferweckt worden und lebt jetzt in der Herrlichkeit. Obwohl Er nicht mehr auf der Erde lebt, ist der Herr Jesus für uns eine Realität. Wenn wir das Wort Gottes lesen, macht der Geist Gottes Ihn in unseren Herzen lebendig. Wir glauben an Ihn und lieben Ihn, obwohl wir Ihn mit unseren natürlichen Augen nicht sehen (1. Petrus 1,8).
Dass der Herr durch den Geist auf der Erde ist und wirkt, ist nicht neu. Schon vor der Flut predigte Er durch den Geist zu den damals lebenden Menschen, als Noah sie vor der kommenden Flut warnte. Gott hatte lange Geduld. Doch die meisten hörten nicht auf seine Warnung. Dann kam die Flut und brachte sie um. Nur Noah und die Seinen wurden durch die Wasser, in denen die Gottlosen umkamen, gerettet. Noah und seine Familie waren nicht besser als die übrigen Menschen. Auch sie hatten das Gericht verdient. Aber sie nahmen im Glauben in der Arche Zuflucht und überlebten. Uns ging es ebenso. Wir hatten das Gericht verdient. Aber durch den Glauben an Jesus Christus, der für uns ins Gericht ging, wurden wir gerettet.
Gott ehren
Der erste Vers knüpft an 1. Petrus 3,18 an. Christus hat für uns gelitten, denn als Sündloser lebte Er in einer sündigen Welt. Lieber wollte Er sterben, als Gott ungehorsam sein. Doch diese Entschiedenheit brachte Ihm Leiden bis zum Tod am Kreuz ein. Nun sollen auch wir ein Leben führen, in dem wir lieber leiden als sündigen. Es geht darum, den Forderungen der in uns wohnenden Sünde nicht nachzugeben. Das bedeutet zwar zu leiden, aber dann ruhen wir von der Sünde.
Die «im Fleisch noch übrige Zeit» ist das Leben nach unserer Bekehrung. Die «vergangene Zeit» ist die Zeit, bevor wir an den Herrn Jesus glaubten. In unserem Leben als gläubige Christen soll der Wille Gottes massgebend sein. Das alte Leben, das wir vor der Bekehrung geführt haben, sollen wir ganz aufgeben. Das werden unsere ungläubigen Mitmenschen nicht nachvollziehen können. Vielleicht klagen sie uns sogar an, wir wollten besser sein als sie, nähmen aber die gesellschaftliche Verantwortung in der Welt nicht wahr. Sie lästern uns, indem sie uns falsche Beweggründe unterschieben.
Ungläubige Menschen, die sich den Glaubenden gegenüber so verhalten, müssen einmal dem Herrn Jesus dafür Rechenschaft ablegen.
Den Toten in Vers 6 wurde zu ihren Lebzeiten die gute Botschaft verkündigt, wie sie heute noch gepredigt wird. Wer sie im Glauben annimmt, empfängt neues Leben und damit die Fähigkeit, Gott gemäss zu leben. Wer sie ablehnt, wird von Gott gerichtet.
Einander dienen
Diese Verse spornen uns an, im Kreis der Glaubenden das Gute zu wirken. Das Erste, was wir dabei bedenken müssen, ist, dass alles Sichtbare und Materielle vergehen wird, vielleicht schon sehr bald. Das hilft uns, die richtige Einstellung zum Irdischen zu bekommen. Weil alles vergehen wird, sollen wir durch das Gebet den Kontakt mit dem Himmel suchen und pflegen. Wir dürfen zu unserem himmlischen Vater und zum Herrn Jesus beten.
Diese Gebetsgemeinschaft mit Gott wird unsere Liebe zu den Mitgläubigen fördern. – «Die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden» bedeutet nicht Toleranz gegenüber dem Bösen. Wenn Böses unter den Gläubigen vorkommt, muss es Gott gemäss verurteilt und geordnet werden, aber es soll uns nicht auseinander bringen. Gott möchte uns helfen, unsere Glaubensgeschwister trotz Versagen und fleischlichem Benehmen zu lieben.
Die Gastfreundschaft fördert die Bruderliebe. Aber sie bringt Aufwand und Verzicht mit sich. Daher: «Seid gastfrei ohne Murren!»
Jeder Erlöste hat vom Herrn eine Gnadengabe empfangen, mit der er den anderen dienen darf. Wichtig ist, dass wir diesen Dienst in Abhängigkeit vom Herrn tun. Dann werden wir gute Verwalter sein. In Vers 11 werden zwei Aufgabenbereiche unterschieden: das Reden und das Dienen. Das Reden soll unter der Leitung des Heiligen Geistes geschehen. Weil das Dienen viel Geduld und Selbstverleugnung erfordert, kann es nur in der Kraft, die Gott gibt, ausgeübt werden.
Verschiedene Leiden
Durch den ganzen Brief hindurch macht Petrus klar, dass das Glaubensleben Leiden mit sich bringt: Leiden um der Gerechtigkeit und um des Gewissens willen, Leiden für Gutestun und für Bösestun. Leiden, weil wir nicht sündigen wollen, Leiden in der Nachfolge und Leiden als Christ. Wie verhalten wir uns in den verschiedenen Leiden, in die wir kommen können?
Einst sagte der Herr Jesus zu seinen Jüngern: «Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen.» So erfahren wir Verachtung, Spott, vielleicht sogar Verfolgung, wenn wir uns klar zu Ihm bekennen. Doch das soll uns nicht niederdrücken. Denken wir daran, dass wir bald mit unserem geliebten Heiland verherrlicht werden, und freuen wir uns auf diese Zukunft!
Vers 15 spricht von Leiden, die wir uns durch ein verkehrtes Verhalten selbst einbrocken. Der Herr zeigt uns, dass wir zu solchen Handlungen fähig sind, aber Er möchte nicht, dass sie bei uns vorkommen.
In den Schlussversen finden wir das richterliche Handeln Gottes mit uns Menschen. Es fängt bei denen an, die Ihm am nächsten stehen, wird aber auch die Ungläubigen treffen. Doch es gibt einen grossen Unterschied:
- Der Glaubende erfährt die Wege Gottes mit sich in seinem irdischen Leben, wenn Gott ihn erzieht.
- Der Ungläubige, der das Evangelium Gottes in seinem Leben ablehnt, wird von Gott ewig gerichtet werden und in die Hölle kommen.
Ältere und Jüngere
In diesen Versen geht es um die Beziehung zwischen älteren und jüngeren Gläubigen. Petrus wendet sich zuerst an die Älteren. Sie haben die grössere Verantwortung als die Jüngeren. Darum hat er ihnen mehr zu sagen.
Die älteren Brüder werden – weil sie in ihrem Glaubensleben viele Erfahrungen gesammelt haben – beauftragt, die Herde Gottes zu hüten. Es ist nicht ihre, sondern Gottes Herde. Hüten beinhaltet ernähren, beschützen und führen. Die Glaubenden brauchen geistliche Nahrung. Sie müssen vor Gefahren gewarnt und den rechten Weg gewiesen werden. Wie sollen die Ältesten ihre Aufgabe wahrnehmen? Freiwillig, ohne Zwang, nicht um Geld oder Ehre zu erlangen, nicht als Herrscher, sondern als Vorbilder. Ihre Aufgabe ist nicht einfach, aber Gott hat ihnen eine besondere Belohnung zugedacht: die Krone der Herrlichkeit.
In Vers 5 spricht Petrus die Jüngeren an. Sie werden einfach ermahnt: Ordnet euch den Älteren unter! Mehr nicht. Aber denken wir daran: Unterordnung heilt, Rebellion hingegen zerstört!
Der zweite Teil von Vers 5 richtet sich an alle Christen. Uns alle soll in den gegenseitigen Kontakten Demut kennzeichnen. Dadurch erschliessen wir die Gnadenquellen Gottes für uns.
Und wenn es Schwierigkeiten gibt, wenn sich das alles nicht so leicht verwirklichen lässt? Dann wollen wir uns demütig unter Gottes Hand beugen und alle Nöte und Sorgen im Gebet vor Ihn bringen.
Der Gott aller Gnade
Die Probleme im Glaubensleben wollen uns mutlos machen. Wie gut, dass wir alle unsere Sorge auf Gott werfen dürfen, der ein Interesse an uns hat (Verse 6.7)!
Was ist das Ziel des Feindes, wenn er als brüllender Löwe auftritt? Er will uns einschüchtern. Doch wir werden aufgefordert, ihm im Glauben zu widerstehen. Denken wir daran: Er ist ein besiegter Feind, und der Herr möchte uns beistehen, wenn Satan uns einschüchtern will (2. Timotheus 4,17).
Zum Schluss richtet Petrus unseren Blick auf Gott selbst. Er ist der Gott aller Gnade. Das bedeutet, dass der Umfang seiner Gnade unerschöpflich ist und dass Gott für jede Situation und jede Not der Seinen eine besondere Art von Gnade bereit hat.
Dieser wunderbare Gott hat uns zu seiner ewigen Herrlichkeit berufen. Unser Ziel ist das Haus des Vaters, der ewige Wohnort Gottes. Wenn wir das vor Augen haben, werden wir ermutigt, trotz Schwierigkeiten vorwärts zu gehen, und zwar mit einem Herzen voll Lob und Dank (Vers 11).
Silvanus war der Überbringer dieses Briefes. Die Miterwählte in Babylon ist wohl die Frau von Petrus, denn wir wissen, dass er verheiratet war (1. Korinther 9,5). Markus nennt er seinen Sohn. Wie schön, wenn Alt und Jung in einer guten geistlichen Beziehung miteinander leben. Der Brief endet mit Liebe und Frieden.
Merkmale des Glaubenslebens
Wie der erste Brief des Petrus so ist auch sein zweiter ein Hirtenbrief. Der inspirierte Schreiber ist für das Wohl der Schafe des Herrn Jesus besorgt. Er gibt ihnen Hilfestellungen für das tägliche Glaubensleben und warnt sie vor den drohenden Gefahren. Der Apostel Petrus richtete seine beiden Briefe an die gleichen Empfänger (2. Petrus 3,1). Es waren Menschen mit jüdischer Herkunft, die durch den Glauben an den Herrn Jesus das christliche Glaubensgut empfangen hatten.
Gott hat uns bei unserer Bekehrung alles geschenkt, was wir nötig haben, um als Christen in Gottesfurcht zu leben. Er möchte, dass wir hier zu seiner Ehre sind. Weil wir dies nicht aus uns selbst vermögen, hat Er uns mit allem Nötigen ausgestattet. Bei unserer Bekehrung haben wir durch die Neugeburt ewiges Leben empfangen und besitzen seither den Heiligen Geist, der die Kraft des neuen Lebens ist.
Ab Vers 5 bis Vers 7 spricht Petrus unsere Verantwortung an. Als reich Beschenkte sollen wir nun allen Fleiss anwenden, um mit Gottes Hilfe täglich ein reines Leben, getrennt von der Welt, zu führen. Dieser geistliche Fleiss soll durch acht Merkmale gekennzeichnet sein: Am Anfang steht die Glaubensbeziehung zu Gott und dem Herrn Jesus und am Schluss die göttliche Liebe, die sich in unserem Leben entfalten soll. Doch es gilt, alle acht Merkmale zu beachten und zu verwirklichen, damit unser Glaubensleben ausgewogen bleibt.
Erinnern und befestigen
Die in den Versen 8 bis 10 erwähnten «Dinge» sind die acht Merkmale, die unseren geistlichen Fleiss kennzeichnen sollen: Glauben, Tugend (Entschiedenheit), Erkenntnis, Enthaltsamkeit, Ausharren, Gottseligkeit, Bruderliebe, Liebe. Wenn sie sich in unserem praktischen Leben zeigen und zunehmen, sind wir im Glauben gesund. Wo sie fehlen, offenbart sich bei einem Gläubigen ein schlechter geistlicher Zustand. Jener Christ hat sowohl den Herrn Jesus als auch das Erlösungswerk aus den Augen verloren. Darum fordert Petrus uns in Vers 10 auf, «diese Dinge» zu tun. Je konsequenter wir im Alltag für Gott leben, umso eher werden wir vor einem Fall bewahrt. Ist es nicht unser aller Wunsch, als Christen zu leben und nicht zu sündigen?
In den Versen 12 und 15 erwähnt Petrus noch zweimal «diese Dinge». Wieder sind es die acht Merkmale, die in den Versen 5-7 erwähnt werden. Er erinnert die Briefempfänger an das, was ihr praktisches Glaubensleben auszeichnen soll, und ermuntert sie, dies zu verwirklichen anstatt geistlich einzuschlafen.
Der Märtyrertod von Petrus stand nahe bevor. Doch er wollte bis zuletzt für seinen Herrn arbeiten. Es lag ihm vor allem am Herzen, dass die Schafe der Herde des Herrn Jesus geistlich auf eigenen Füssen standen, wenn er, Petrus, als Hirte nicht mehr da war. – Dazu ist es nötig, dass wir regelmässig die Bibel lesen, um uns so die Glaubenstatsachen in Erinnerung zu rufen.
Der Blick in die Zukunft
Petrus war zusammen mit Jakobus und Johannes auf dem heiligen Berg gewesen, wo die drei einen Blick auf die zukünftige Herrlichkeit des Herrn Jesus werfen durften. Damals hörten sie aus der Wolke, die hier die prachtvolle Herrlichkeit genannt wird, die Stimme Gottes, des Vaters, der bezeugte: «Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.» So wurden diese drei Jünger sowohl Augen- als auch Ohrenzeugen von dem, was die Propheten des Alten Testaments angekündigt hatten. Alles, was die Jünger den Glaubenden über die Macht und Ankunft des Herrn Jesus und über die weitere Prophetie sagten, waren bestätigte Mitteilungen. Sie selbst hatten es gesehen und gehört.
Das prophetische Wort gleicht einer Lampe, die an einem dunklen Ort leuchtet. So zeigt uns die Prophetie der Bibel den tatsächlichen Zustand der uns umgebenden Welt. Sie zeigt uns aber auch einen gangbaren Weg, den wir im Glauben gehen können. Das prophetische Wort beleuchtet zudem das Ziel, das vor uns liegt. Es ist einerseits der Herr Jesus selbst, den wir als Morgenstern erwarten, aber anderseits auch der Tag des Herrn, der mit seiner Erscheinung anbrechen wird.
Wie wichtig ist Vers 21! Alles, was in der Bibel steht, wurde durch den Geist Gottes inspiriert, und zwar wörtlich (2. Samuel 23,2; 1. Korinther 2,12.13). Die Bibel ist göttlichen Ursprungs, auch wenn Menschen ihre Worte niedergeschrieben haben.
Falsche Lehrer
So wie es zur Zeit des Alten Testaments falsche Propheten gab, so treten auch in der christlichen Zeitperiode falsche Lehrer auf. Sie verkünden verkehrte Lehren und verführen damit viele Menschen. Unmoral und Habsucht kennzeichnen ihr Leben. Doch Gott wird diese Verführer einmal richten.
Petrus beweist das soeben Gesagte mit drei Beispielen aus dem Alten Testament. Zuerst nennt er Engel, die gesündigt haben. Sie haben ihren Zustand in der Schöpfung verlassen und sich mit den Menschen verbunden (1. Mose 6,1.2; Judas 6). Gott hat sie in den tiefsten Abgrund hinabgestürzt, wo sie für das endgültige Gericht aufbewahrt werden. Das zweite Beispiel ist die Sintflut, in der die alte Welt untergegangen ist. Nur Noah und seine Familie überlebten in der Arche. Das dritte Gericht ist der Untergang von Sodom und Gomorra. Lot – als einziger Gerechter in jenen gottlosen Städten – wurde mit knapper Not, zusammen mit zwei Töchtern, gerettet.
Gott bewahrt die Seinen, wenn Er das Gericht bringt. Aber welch ein Unterschied zwischen Noah und Lot! Noah war gerecht und gottesfürchtig, so dass sein Leben eine Predigt an seine Mitmenschen war. Lot hingegen lebte in Sodom und passte sich äusserlich der Welt an. Er quälte zwar seine gerechte Seele durch das, was er jeden Tag sah. Doch er trennte sich nicht von der Welt und konnte daher kein Zeugnis für Gott sein (1. Mose 19,14).
Merkmale der Gottlosen
Petrus beschreibt nun die Merkmale der falschen Lehrer in der Christenheit, damit wir diese Verführer erkennen können. Sie sind verwegen und verachten jede Form von Autorität. Ist das nicht ein Merkmal unserer Tage? Im Weiteren sind diese Menschen hemmungslos. Sie sündigen, ohne sich irgendwie zu schämen. Petrus vergleicht sie mit unvernünftigen Tieren. Damit unterstreicht er, dass diese Menschen keine Gläubigen sind, auch wenn sie sich zu den Christen halten und mit ihnen Feste feiern. Sie versuchen, unbefestigte Seelen anzulocken, um sie zum gleichen sündigen Treiben zu verführen. Zudem lieben diese Verführer das Geld.
Petrus vergleicht die falschen Lehrer in der Christenheit mit Bileam, diesem falschen Propheten, der das Volk Israel hätte verfluchen sollen (4. Mose 22 – 24):
- Der Weg Bileams war eigenwillig und krumm und führte schliesslich ins Gericht (4. Mose 31,8). So ist es auch mit den Verführern heute.
- Der Lohn der Ungerechtigkeit weist auf die Habsucht Bileams hin, der sich für seine Weisheit bezahlen liess. Dieser Beweggrund leitet auch die falschen Lehrer (2. Petrus 2,3.13.14).
- Der Esel, der mit Menschenstimme redete, erinnert an die Torheit Bileams. Der falsche Prophet glaubte, Gott für seine habsüchtigen Ziele gewinnen zu können. Da wies ihn seine Eselin zurecht. Sie machte ihm klar, dass er auf diesem eigenwilligen Weg Gott gegen sich hatte. So wird Gott auch die Verkehrtheit der Verführer in der Christenheit entlarven (2. Timotheus 3,9).
Verführen und verführt werden
Mit einigen Vergleichen beschreibt Petrus in Vers 17 den Charakter der falschen Lehrer. Sie versprechen etwas, aber der Durst der Seelen wird nicht gestillt. Der Nebel deutet an, dass man bei ihnen nicht weiss, woran man ist. Das Dunkel der Finsternis weist darauf hin, dass für sie, die ungläubig sind, das Gericht aufbewahrt ist.
Die Verse 18 und 19 beschreiben die Tätigkeit dieser Verführer. Ihre Reden sind beeindruckend, aber sie nähren die Herzen der Glaubenden nicht. Sie verführen andere zur Sünde. Sie versprechen Freiheit, indem sie sagen: Sündigen ist erlaubt. Aber sie und ihre Anhänger sind Sklaven der Sünde (Johannes 8,34).
Die Verse 20 und 21 machen klar, um was für Menschen es sich hier handelt. Es sind solche, die einmal mit dem christlichen Glauben in Kontakt gekommen sind. Sie haben etwas von Jesus Christus erkannt. Sie sind äusserlich den Befleckungen der Welt entflohen, d. h. sie unterlassen die groben Sünden und übernehmen manches Gute, das sie im Leben des Herrn Jesus sehen. Aber durch die Verführung fallen sie wieder in ihr früheres sündiges Leben zurück. Weil sie sich nie bekehrt haben und nicht aus Gott geboren sind, werden sie aufs Neue von der Macht der Sünde überwältigt. Jetzt sind sie schlimmer dran als vorher, denn sie kennen den richtigen Weg und gehen doch den falschen.
Mit einem Sprichwort macht Petrus das Verhalten dieser ungläubigen Menschen deutlich. Weil sie sich nur äusserlich angepasst haben, aber kein neues Leben besitzen, bleiben sie, was sie waren.
Der Wert des Wortes Gottes
In diesem Kapitel redet Petrus die Briefempfänger viermal mit «Geliebte» an. Als Hirte der Schafe des Herrn Jesus hat er ihnen noch Wichtiges zu sagen. In den ersten sieben Versen will er den «Geliebten» den Wert des Wortes Gottes gross machen. Mit den «von den heiligen Propheten zuvor gesprochenen Worten» ist das Alte Testament gemeint. «Das Gebot des Herrn und Heilandes durch eure Apostel» verweist auf das Neue Testament. Beide Teile der Bibel sind für uns Christen wichtig.
Doch es wird immer Spötter geben, die das Wort Gottes infrage stellen und lächerlich machen wollen. Unter ihnen sind viele, die mit wissenschaftlichen Argumenten und intellektuellen Schlussfolgerungen die Bibel angreifen. Doch wegen ihres Eigenwillens bekommen diese Menschen keine Klarheit über Gottes Gedanken (Vers 5). Wie entscheidend ist doch die innere Einstellung, mit der wir die Bibel lesen!
Zur Zeit Noahs ging die Welt im Wasser unter. In der Zukunft wird das Gericht in Form von Feuer über die jetzige Schöpfung kommen. Es wird auch die gottlosen Spötter treffen.
Gott ist treu
Doch den «Geliebten» sagt Petrus weiter, dass Gott treu ist und zu seinem Wort steht. Nur ist seine Zeitrechnung eine andere als die unsere (Vers 8). In seiner Langmut hat Er bis heute das Gericht noch zurückgehalten. Er möchte nicht, dass Angehörige der Seinen verloren gehen.
Ab Vers 10 spricht der Apostel vom Tag des Herrn. Dieser beginnt mit dem Erscheinen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit. Er endet, wenn alles im Brand aufgelöst werden wird (Vers 12). Für die ungläubigen Menschen wird dieser Tag überraschend kommen. Sie werden alles verlieren, wofür sie gelebt haben. Uns soll das Wissen um den bevorstehenden Tag des Herrn und die Aussicht auf den ewigen Zustand (Vers 13) heute zu einem Leben in Absonderung von der Welt und in Gottesfurcht anspornen. Täglich dürfen wir unseren Herrn erwarten. Wie sehr wird diese Hoffnung die Entscheidungen in unserem Leben beeinflussen!
Der in Vers 13 beschriebene ewige Zustand weist einen Unterschied zum Tausendjährigen Reich auf. Unter der Regierung des Herrn wird Gerechtigkeit herrschen (vergleiche Jesaja 32,1), im ewigen Zustand wird Gerechtigkeit wohnen, weil es dann keinen inneren Widerstand gegen Gott mehr geben wird.
Letzte Appelle
Noch zweimal werden die Briefempfänger als Geliebte angeredet. Vers 14 fordert uns auf, mit Fleiss ein gottgefälliges Leben zu führen. Durch die praktische Gemeinschaft mit Gott realisieren wir, wie langmütig Er gegenüber den noch unerretteten Menschen ist. Das spornt uns an, das Evangelium zu verbreiten.
In den Versen 17 und 18 geht es nochmals um eine Warnung vor dem Bösen. Aber dann werden unsere Blicke auf unseren Herrn und Heiland gerichtet. Mit Ihm sollen wir uns beschäftigen. Ihn möchten wir immer besser kennen lernen. Ihm gebührt alle Ehre.
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Einleitung
Lukas schreibt, wie der Heiland in Bethlehem geboren wurde. Er erzählt auch, dass Jesus Christus den Menschen in Gnade begegnet ist und unzählige Kranke geheilt hat. Beim Lesen seines Evangeliums begleiten wir den Herrn, wie Er in Israel durch die Städte und Dörfer zog, um zu suchen und zu erretten, was verloren ist. Leider lehnten Ihn viele Menschen ab. Aber es gab einige, die an Ihn glaubten und Ihm nachfolgten.
Von Anfang an
Lukas war unter den von Gott inspirierten Schreibern des Neuen Testaments der einzige Nichtjude. Er durfte den Herrn Jesus als den Sohn des Menschen, der die Gnade Gottes allen Menschen offenbarte, beschreiben. Der Kernvers dieses Evangeliums steht in Lukas 19,10: «Der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist.» Zu diesen Verlorenen zählen alle Menschen von Natur. Auch das Heil, das Jesus Christus am Kreuz von Golgatha erwirkt hat, wird nun allen angeboten (Lukas 24,46.47). Welch eine herrliche Botschaft!
Lukas, von Beruf Arzt, schrieb seinen Bericht an Theophilus, einen gläubigen Griechen. Zu Beginn der christlichen Zeitperiode kursierten manche Erzählungen über das Leben unseres Erlösers. Aber nur vier Berichte sind von Gott inspiriert. Einer davon ist die Arbeit von Lukas, der allem von Anfang an genau gefolgt war. Was wir vor uns haben, ist ein göttlicher Bericht über Jesus Christus. Gott liess ihn durch einen von Ihm ausgewählten Diener niederschreiben.
Als Arzt durfte Lukas ausführlich über die Menschwerdung des Sohnes Gottes berichten (seine Geburt, seine Kindheit, sein Wachstum). Weiter stellt er Ihn als den sündlosen Menschen vor, der Tag für Tag im Gehorsam und in Abhängigkeit von seinem Gott hier lebte. Wie zutreffend war das Zeugnis des römischen Hauptmanns, nachdem Jesus am Kreuz gestorben war: «Wahrhaftig, dieser Mensch war gerecht!»
Gabriel bringt Zacharias eine Botschaft
Es war eine traurige Zeit in Israel. Herodes, ein Edomiter, regierte als König in Judäa. Das Volk Gottes lebte unter fremder Herrschaft. Zudem hatte sich Gott während 400 Jahren nicht mehr direkt bezeugt. Maleachi war der letzte Prophet gewesen, den Gott als seinen Boten zu Israel gesandt hatte. Aber so, wie es zur Zeit Maleachis einige gab, die inmitten des ungläubigen Volkes den Herrn fürchteten, so finden wir es auch zu Beginn des Lukas-Evangeliums. Es gab noch eine geringe Zahl Gottesfürchtiger in Israel, die in Treue vor Gott lebten und den Messias erwarteten. Zu ihnen gehörte das alte Priesterehepaar Zacharias und Elisabeth.
Vermutlich hatten die beiden während längerer Zeit um ein Kind gebetet. Doch ihre Bitte war bis dahin nicht erhört worden. Wir können die Bestürzung und die Furcht von Zacharias verstehen, als plötzlich, während seines Priesterdienstes im Tempel, ein Engel vor ihm stand und ihm mitteilte, seine Frau würde einen Sohn bekommen. Er nannte ihm weiter den Namen des Kindes und erklärte ihm, was für eine besondere Person dieser Sohn werden würde: Johannes durfte der Vorläufer des Messias sein, auf den das Volk schon so lange wartete. Die in Vers 14 angekündigte Freude können wir gut verstehen. Wenn der Herold erschien, würde auch der Messias folgen.
Johannes sollte von Mutterleib an ein Nasir, ein Gottgeweihter sein (4. Mose 6). Sein Dienst für Gott würde darin bestehen, die Menschen und ihre Herzen für das Kommen des Messias vorzubereiten.
Zacharias ist kleingläubig
Anstatt sich über diese Nachricht zu freuen, zweifelte Zacharias an der Erfüllung der göttlichen Zusage. Ungläubig fragte er: Wie soll das gehen, da wir ein altes Ehepaar sind? Aus Vers 19 spürt man förmlich die Entrüstung des Engels über den Unglauben von Zacharias, nachdem Gabriel ihm eine so gute Nachricht überbracht hatte. Eine zeitlich begrenzte Strafe war die Antwort auf die Haltung des Priesters. – Zweifeln nicht auch wir manchmal, anstatt dem Wort Gottes einfach zu vertrauen?
Die Menschen, die lange auf den diensttuenden Priester warten mussten, merkten, dass im Tempel etwas Besonderes geschehen war. Sie wussten aber nicht was, und Zacharias konnte es ihnen nicht sagen. Als stummer Mann kehrte er nach Ablauf seiner Dienstzeit nach Hause zurück.
Und was geschah weiter? Elisabeth wurde schwanger, wie es der Engel angekündigt hatte. Die Worte von Vers 25 lassen erkennen, was für eine grosse Freude diese Gebetserhörung für sie war.
Der stumme Priester ist ein Bild des Volkes Israel heute. Die Juden haben ihren Messias im Unglauben abgelehnt und sind daher unfähig, Gott für sein Erbarmen zu loben.
Aber ist nicht jeder, der noch nicht an den Herrn Jesus als seinen Erlöser glaubt, ebenso stumm, wenn es um das Lob Gottes geht? Nur der Erlöste kann wirklich loben.
Gabriel bringt Maria eine Botschaft
Einige Monate später wurde der Engel Gabriel wieder mit einer Botschaft Gottes auf die Erde gesandt, dieses Mal zu einer jungen, gottesfürchtigen Frau. Die Jungfrau Maria, zu der Gabriel kam, war aus dem Stamm Juda und wie Joseph, ihr Verlobter, aus der Nachkommenschaft Davids.
Der Engel begrüsste sie mit der Anrede «Begnadete». Welch eine grosse, einmalige Gnade wurde dieser jungen Frau zuteil: Sie durfte die Mutter unseres Erlösers werden. Ihrer Bestürzung begegnete der Engel mit dem tröstlichen «Fürchte dich nicht!» Sie, die von Natur aus auch eine Sünderin war wie alle Menschen, hatte bei Gott Gnade gefunden. Sie war eine Gläubige, die wusste, dass auch sie einen Heiland nötig hatte (Lukas 1,47).
Dann hörte sie die herrlichste Botschaft, die je einer Frau mitgeteilt worden ist. Sie durfte die Mutter des Messias werden. Ihren Sohn sollte sie Jesus (= der Herr ist Rettung) nennen. Weil sie nicht wusste, wie dies gehen sollte, stellte sie die Frage in Vers 34. Das war nicht Unglaube wie bei Zacharias (Lukas 1,18).
Aus der Antwort des Engels wird klar, dass Jesus Christus nicht nur wahrer, sündloser Mensch (das Heilige) war. Infolge der Zeugung durch den Heiligen Geist war Er auch der Sohn Gottes. Der ewige Sohn Gottes, wie Johannes Ihn uns vorstellt (Johannes 1,1.14) wurde Mensch, blieb aber Gott. Gott und Mensch in einer Person – ein für uns unergründliches Geheimnis! – Demütig, aber voll Vertrauen sagte Maria schliesslich: «Mir geschehe nach deinem Wort.»
Maria besucht Elisabeth
Als Maria vom Engel erfahren hatte, dass Elisabeth, ihre Verwandte, ebenfalls schwanger war, machte sie sich auf den Weg zu ihr. Als sie dort ankam und Elisabeth begrüsste, zeigte Gott der Frau des Priesters auf besondere Weise, wen sie vor sich hatte: die Mutter ihres Herrn! Diese beiden im Alter so unterschiedlichen Frauen hatten die gleiche gottesfürchtige Herzenseinstellung. Voll Vertrauen freuten sie sich über das, was Gott im Begriff stand, für sein irdisches Volk und im Weiteren für alle Menschen zu tun. Ist ihre Freude, die von einem festen Glauben genährt wurde, nicht nachahmenswert?
In einem Gedicht oder Lied rühmte Maria Gott, den Herrn. Sie blieb demütig, erkannte aber die grosse Gunst und Barmherzigkeit, die Gott ihr erwies. Doch sie rühmte nicht nur die Barmherzigkeit und Gnade Gottes, sie vergass auch seine Heiligkeit nicht.
Barmherzigkeit, die in diesem Kapitel fünfmal erwähnt wird (Lukas 1,50.54.58.72.78), und Gnade werden uns in diesem Evangelium auf jeder Seite begegnen, aber nie auf Kosten der Heiligkeit. Das Leben Jesu in Gnade gegenüber den Menschen trägt die Überschrift: «Ausgenommen die Sünde» (Hebräer 4,15).
Nachdem diese beiden frommen Frauen einander im Glauben gestärkt hatten, trennten sie sich wieder, damit jede ihre Aufgabe an dem Platz erfüllen konnte, wo Gott sie haben wollte.
Johannes wird geboren
Dann kam für Elisabeth der Zeitpunkt der Geburt. Sie gebar einen Sohn, wie der Engel es ihrem Mann vorausgesagt hatte. Alle Nachbarn und Verwandten freuten sich mit Elisabeth und rühmten die Barmherzigkeit des Herrn, die Er diesem alten, treuen Ehepaar erwiesen hatte.
Es scheint, dass man in jener Zeit im Zusammenhang mit der Beschneidung, die nach dem Gesetz am achten Tag nach der Geburt zu erfolgen hatte, dem Neugeborenen den Namen gab (Vers 59; Lukas 2,21; 3. Mose 12,3). Dabei war es gebräuchlich, dass der Sohn den Namen des Vaters bekam. Doch hier lag die Sache anders. Der Engel hatte Zacharias klar gesagt: «Du sollst seinen Namen Johannes (= der Herr ist gütig) nennen (Lukas 1,13). Das wusste auch Elisabeth, und sie verlangte es so. Doch die Verwandten waren nicht einverstanden. Als der stumme Vater Zacharias die Sache schriftlich bestätigte: Johannes ist sein Name, wurde seine Zunge gelöst. Die zeitlich begrenzte Züchtigung Gottes war vorüber.
Nun konnte er mit Worten den Willen Gottes bekräftigen. Aber dann öffnete er seinen monatelang stummen Mund zum Lob Gottes. Aus dem zweifelnden Priester war ein Anbeter geworden, der Gott lobte.
Das alles blieb nicht ohne Wirkung auf die Menschen, die davon hörten. Herzen wurden aufgerüttelt. Sie merkten, dass Gott am Werk war. So klein wie Johannes war – erst ein neugeborenes Baby –, so heisst es doch: «Die Hand des Herrn war mit ihm.» Wirklich, ein aussergewöhnliches Kind!
Zacharias lobt Gott
Nachdem die zeitliche Züchtigung Zacharias vorüber war, konnte Gott ihn als Werkzeug für eine prophetische Aussage benutzen. Dazu wurde er mit Heiligem Geist erfüllt. Mit seinen Worten lobte er Gott, der im Begriff stand, seinem irdischen Volk die früher gemachten Verheissungen über den Messias wahr zu machen.
Das Kommen von Christus (= Messias) beinhaltete Erlösung, Heil und Rettung für Israel. Dass dies aber nur durch den Kreuzestod des Heilands möglich wurde, wird hier nicht erwähnt. Warum wohl nicht? Weil der Tod des Herrn Jesus auch eine Folge der Ablehnung, des Hasses und der Verwerfung durch sein Volk war, und dies zeigte sich erst im Lauf seines Lebens.
Was Zacharias unter der Leitung des Geistes Gottes prophezeite, wird sich aber vollständig erfüllen. Rettung von ihren Feinden erlebten die Juden damals nicht. Aber sie werden es in der Endzeit erfahren. Die Erkenntnis des Heils in Vergebung ihrer Sünden blieb auf eine kleine Anzahl aus dem Volk beschränkt: nur die, die an den Herrn Jesus glaubten. Am Anfang der Apostelgeschichte ist von 120 Personen die Rede. Das Volk als Ganzes war nicht bereit, den Sohn des Höchsten zu empfangen. Sie merkten nicht, wie sehr sie in Finsternis und Todesschatten sassen und dieses Licht aus der Höhe so nötig gehabt hätten.
Johannes wurde ein Prophet des Höchsten. Die Zeit bis zu seinem öffentlichen Auftreten verbrachte er in den Wüsteneien. Als Nasir lebte er abgesondert von allen, erstarkte aber im Geist.
Jesus wird geboren
Ein halbes Jahr nach der Geburt von Johannes wurde der Heiland geboren. Die Anfangsverse zeigen uns etwas vom Wirken Gottes, der im Verborgenen alle Fäden in seiner Hand hält – für jeden Glaubenden ein überaus tröstlicher Gedanke!
Der Prophet Micha hatte vorausgesagt, dass der Messias in Bethlehem geboren werden sollte. Aber Maria lebte mit Joseph, ihrem Verlobten, in Galiläa. Nun lenkte allmächtige Gott die Weltereignisse so, dass der römische Kaiser eine Verordnung erliess, die von jedem seiner Untertanen verlangte, sich in seiner Herkunftsstadt einschreiben zu lassen (vermutlich in ein Steuerregister oder in eine ähnliche Liste). Diese äusseren Umstände zwangen Joseph mit seiner verlobten Frau, die schwanger war, nach Bethlehem zu reisen. Als sie dort waren, kam der Geburtstermin. Der Geist Gottes beschreibt die Geburt unseres Herrn Jesus Christus mit einfachen Worten. Für die damalige Welt war dieses Ereignis nichts Besonderes, eher etwas Nebensächliches. Aber für Gott war «die Fülle der Zeit» gekommen, in der sein Sohn als Mensch von einer Frau geboren wurde (Galater 4,4).
Im Weiteren unterstreicht der Heilige Geist die Armut der Eltern Jesu. Sie fanden keinen Raum in der Herberge. Kein Platz für so arme Leute! Nun musste Maria ihren erstgeborenen Sohn irgendwo in einem Tierunterstand zur Welt bringen. Da lag der Schöpfer und Erhalter des Universums in Windeln gewickelt in einer Krippe! Wie arm ist Er, der doch unendlich reich war, für uns geworden (2. Korinther 8,9)!
Die Engel bei den Hirten
Wem teilte Gott zuerst mit, dass sein Sohn als Mensch in diese Welt hineingeboren worden war? Einfachen Hirten, die in jener Nacht auf freiem Feld über ihre Herden Wache hielten! Bestimmt gehörten sie zu den wenigen Gottesfürchtigen in Israel, die bewusst auf den Messias warteten.
Aber als der Engel des Herrn zu ihnen trat und die Herrlichkeit des Herrn sie umleuchtete, da fürchteten sie sich doch mit grosser Furcht. Doch der Engel hatte eine frohe Botschaft für sie, die sich ihres Zustands vor Gott bewusst waren. Christus, der Heiland, der Erretter und Helfer, war geboren. Darum brauchten sie sich nicht zu fürchten. Sie durften Ihn im Glauben annehmen.
Die Menge des himmlischen Heeres, die plötzlich bei dem Engel erschien, rühmte die Folgen des Kommens von Christus in diese Welt. Durch Ihn sollte Gott verherrlicht werden und schliesslich Frieden auf der Erde herrschen. Doch dazu musste Jesus Christus am Kreuz sterben (Kolosser 1,19.20). Nur auf der Grundlage dieses Opfers können sündige Menschen mit Gott versöhnt werden, und nur auf dieser Basis wird Christus sein Friedensreich errichten können.
Die Hirten sehen das Kind in der Krippe
Die Hirten glaubten dem Wort des Engels, machten sich auf den Weg und fanden alles bestätigt. Doch sie behielten die Sache nicht für sich. Mit glücklichen, dankbaren Herzen lobten sie Gott und erzählten weiter, was sie vom Heiland wussten.
Acht Tage nach der Geburt wurde der Sohn der Maria beschnitten, wie es das Gesetz vorschrieb. «Da wurde sein Name Jesus genannt.» Jesus: ein Name, der das Herz jedes Glaubenden froh macht! Was bedeutet er für dich?
In Vers 22 geht es um die Reinigung der Maria, wie dies in 3. Mose 12 vorgeschrieben war. Doch Maria und Joseph konnten kein Lamm aufbringen. So brachten sie das dar, was Gott im Gesetz für die Armen vorgesehen hatte: zwei Tauben (3. Mose 12,8). Unser Heiland war ein Kind armer Eltern!
Simeon und Anna
Um alles zu erfüllen, was das Gesetz verlangte, mussten Maria und Joseph mit ihrem einige Wochen alten Kind in den Tempel nach Jerusalem gehen. Dort wartete ein alter gottesfürchtiger Mann auf den Trost Israels. Gott hatte ihm durch den Heiligen Geist bezeugt, dass er vor seinem Tod den verheissenen Christus sehen würde. Welch eine Freude muss es für Simeon bedeutet haben, dieses Kind auf die Arme nehmen zu dürfen! Doch er wusste, dass sich die Menschen an dieser Person scheiden würden: Die einen glauben an Ihn, die andern – leider sehr viele – verwerfen Ihn.
In Jerusalem gab es noch andere Herzen, die vom verheissenen Erlöser erfüllt waren. Zu ihnen gehörte die Prophetin Anna, eine alte Witwe. Der Tempel war sozusagen ihr Wohnort geworden. Auch sie durfte Dem begegnen, auf den sie wartete. Dafür lobte sie Gott für seine Gnade. Dann aber redete sie von Ihm zu all denen, die wie sie zu den Wartenden gehörten.
Jesus als Zwölfjähriger im Tempel
Seine Kindheit verbrachte Jesus in Nazareth. Der Geist Gottes bezeichnet diesen Ort als «ihre Stadt», d. h. die Stadt Josephs und Marias. Von dort reiste dieses gottesfürchtige Ehepaar alljährlich zum Passahfest nach Jerusalem. Als ihr erstgeborener Sohn zwölf Jahre alt war, nahmen sie Ihn mit.
Nach dem Fest kehrten die Eltern zusammen mit vielen anderen nach Galiläa zurück und merkten nicht, dass ihr Junge in Jerusalem geblieben war. Am Abend des ersten Reisetages suchten sie Ihn erfolglos unter den Verwandten und Bekannten. Wo war Er? Nach dreitägigem Suchen in Jerusalem fanden sie Ihn, «wie er inmitten der Lehrer sass und ihnen zuhörte und sie befragte».
Welch ein schönes Bild: Jesus Christus – die Hauptperson – aber noch ein Junge, der demütig zuhörte und mit Interesse Fragen stellte! Der nächste Vers zeigt, wer Er wirklich war: der Gott seines Wortes. Als solcher war Er allen Lehrern überlegen (Psalm 119,99.100).
Die Worte Marias beweisen, dass sie noch nicht wirklich erkannt hatte, wer ihr Sohn war – der Sohn Gottes, der im Haus seines Vaters sein wollte, ja, sein musste, denn Er war gekommen, um Gottes Wohlgefallen zu tun (Psalm 40,8.9).
Doch wie schön sind die Schlussverse! Obwohl Er der Sohn Gottes war, blieb Er der unterwürfige Mensch, der sich in seinem jungen Alter seinen menschlichen Eltern unterordnete. Zudem erkennen wir, wie Er als Mensch ein ganz normales Wachstum aufwies. Er war in jeder Hinsicht der Mensch nach Gottes Gedanken.
Johannes ruft zur Buße auf
Die Verse 1 und 2 illustrieren den traurigen äusseren und inneren Zustand des irdischen Volkes Gottes. Das Land Israel war nicht frei, sondern in verschiedene Herrschaftsgebiete aufgeteilt. Regenten aus den Nationen bestimmten über die Juden. Über allem stand der römische Kaiser. Auch um das von Gott eingesetzte Priestertum stand es nicht gut. Es gab zwei Hohepriester statt nur einen!
Unter diesen Umständen sandte Gott den letzten Propheten des Alten Bundes zu seinem Volk. Dieser rief die Menschen nicht zum Gehorsam gegenüber den Geboten Gottes auf – das war der Dienst seiner Vorgänger gewesen –, sondern zur Buße. Buße ist eine tiefgehende Herzenssache, die zum Bekennen der Sünden und zur Vergebung (Markus 1,5), aber auch zu einer Umkehr im Leben führt. Die Predigt von Johannes hatte zum Ziel, die Herzen für das Kommen des Messias bereit zu machen.
Johannes musste seinen Zuhörern ernst ins Gewissen reden, denn viele dachten, ihre Abstammung von Abraham genüge vor Gott. Nein, die äussere Zugehörigkeit zum Volk Gottes genügte nicht. Mit dieser Einstellung gingen sie dem Gericht entgegen (Vers 9).
Auf die Fragen der Menschen erklärte ihnen Johannes, wie sich echte Buße zeigt. Durch die der Buße würdige Frucht sollte die Umkehr sichtbar werden. Wer mehr besass als andere, sollte den Armen helfen. Die Zöllner sollten nicht mehr fordern, als festgesetzt war. Und die Söldner sollten sich mit ihrem Sold begnügen und sich nicht gewaltsam bereichern.
Johannes kündigt Christus an
Wenn Johanns der Täufer in seiner Predigt Jesaja 40,3-5 zitierte, sprach er auch vom Kommen des Messias (Vers 6). Wir können daher die Überlegungen seiner Zuhörer verstehen, wenn sie sich fragten, ob er wohl der Christus sei. Der Prophet verneinte diesen Gedanken klar und zeigte dann, wie viel grösser und stärker der nach ihm Kommende war. Verglichen mit Jesus Christus war Johannes nicht einmal wert, Ihm den geringsten Sklavendienst zu tun (Vers 16). Welch eine demütige Gesinnung offenbarte dieser Mann!
Vom Messias, der nach ihm kommen würde, sagte er: Er wird euch mit Heiligem Geist und mit Feuer taufen. Die Taufe mit Heiligem Geist war die Folge der Rückkehr des Herrn Jesus in den Himmel und geschah damals zu Pfingsten (Apostelgeschichte 2). Die Taufe mit Feuer spricht von Gericht, wie Vers 17 deutlich macht. Sie findet statt, wenn Christus zum zweiten Mal auf die Erde kommt, dann nicht mehr in Niedrigkeit, sondern in Macht und Herrlichkeit.
Die Verse 18-20 behandeln das Ende des Dienstes von Johannes. Sie geben auch die Gründe an, warum Herodes ihn ins Gefängnis einschloss und später enthaupten liess (Markus 6,17-29). Er hatte den gottlosen König wegen der unrechtmässigen Heirat der Frau seines Bruders und wegen alles Bösen zurechtgewiesen. Das Ende des Dienstes des Vorläufers des Messias wird hier vorweggenommen, weil mit dem nächsten Vers der Dienst des Herrn Jesus beginnt. Dieser war ein Dienst der Gnade.
Jesus wird getauft
Unter den vielen Menschen, die zu Johannes kamen, um Buße zu tun und sich taufen zu lassen, war auch Jesus. Als sündloser Mensch hatte Er nicht nötig, Buße zu tun. Doch in seiner Gnade stellte Er sich neben seine Landsleute, die die Taufe zur Buße brauchten. Da öffnete Gott den Himmel über Ihm. Mit einer für Menschen verständlichen Stimme bezeugte Er, dass dieser demütige Mensch, der durch das Gebet seine Abhängigkeit von Ihm ausdrückte, sein geliebter Sohn war. An Ihm fand Er sein Wohlgefallen. In der Ewigkeit hatte Gott, der Vater, seine Wonne am Sohn seiner Liebe. Nun ruhte sein Wohlgefallen auch auf dem Sohn des Menschen, der gekommen war, um Gottes ewige Ratschlüsse auszuführen.
Bei der Taufe Jesu geschah noch etwas anderes: Der Heilige Geist fuhr in leiblicher Gestalt wie eine Taube auf Ihn hernieder. Dadurch wurde Er für seinen öffentlichen Dienst gesalbt, den Er unter der Leitung und in der Kraft dieses Geistes ausübte (Lukas 4,1; Apostelgeschichte 10,38).
Warum steht das Geschlechtsregister in diesem Evangelium am Anfang seines öffentlichen Dienstes und nicht am Anfang seines Erdenlebens? Hier geht es nicht um den Beweis, dass der Herr Jesus in Wahrheit der Messias ist, sondern dass Der, den Gott soeben als seinen Sohn bekannte, wahrer Mensch ist. Es ist eigentlich das Geschlechtsregister der Maria. Er war, «wie man meinte», ein Sohn Josephs. In Wahrheit war Er Mensch, nicht aufgrund seiner Beziehung zu Joseph, sondern zu Maria.
Jesus in der Wüste
Bevor der Herr Jesus öffentlich auftrat (Lukas 4,14.15), führte Ihn der Geist in die Wüste, wo Er vom Teufel versucht wurde. Diese Zeit der Erprobung oder Versuchung dauerte 40 Tage und brachte seine Vollkommenheit auf besondere Weise zum Vorschein.
Zunächst müssen wir festhalten, dass unser Heiland nicht versucht wurde, um zu sehen, ob Er standhaft bleiben würde. Er konnte nicht sündigen. Diese Zeit erbrachte vielmehr den Beweis, dass der Teufel bei Ihm keinen Anknüpfungspunkt finden konnte (Johannes 14,30). Vergleichen wir den Herrn mit Adam, dem ersten Menschen, dann sehen wir einen grossen Unterschied. Adam lebte unter den günstigsten Umständen. Als er von Satan versucht wurde, fiel er. Jesus, der zweite Mensch vom Himmel, blieb unter den schwierigsten Umständen (Wüste, Hunger) siegreich.
Der Teufel versuchte den Herrn durch natürliches Verlangen, durch weltliche Begierden und durch geistliche Versuchungen zu Fall zu bringen. Doch der von Gott abhängige Mensch liess sich in keine Diskussion mit dem Teufel ein. Seine Antworten stützten sich immer auf das geschriebene Wort Gottes. Da wich der Teufel für eine Zeit von Ihm. In Gethsemane war er wieder da, um den Heiland durch die Schrecken des Kreuzestodes, die vor seiner Seele standen, vom Weg des Gehorsams und der Hingabe an Gott abzubringen (Lukas 22,40-46). Doch der Herr blieb Sieger, sowohl in Gethsemane als auch am Kreuz (Hebräer 2,14.15).
In der Synagoge von Nazareth
Der Herr Jesus begann seinen öffentlichen Dienst in Galiläa, indem Er in den Synagogen lehrte. Dabei kam Er auch nach Nazareth, wo Er auferzogen worden war und wo Ihn daher alle gut kannten. Er las eine Stelle aus dem Propheten Jesaja vor (Jesaja 61,1.2), hielt aber mitten im Satz inne. In Jesaja 61 werden das Jahr des Wohlgefallens des Herrn und der Tag der Rache unseres Gottes zusammen genannt. Jesus sprach aber nur vom angenehmen Jahr des Herrn. Das war die Zeit damals. Er, von dem diese Jesajastelle redet, war gekommen, um seinem Volk die Gnade zu bringen.
Obwohl sie sich über seine Worte der Gnade verwunderten, regte sich Widerstand. War dieser nicht der Sohn von Joseph, den sie alle kannten? Er konnte doch nicht der Messias sein! Die Wunder, die Er an anderen Orten gewirkt hatte, hätten sie angenommen, wenn Er sie auch in Nazareth getan hätte. Aber als Messias lehnten sie Ihn ab.
Der Herr Jesus war nicht der erste Prophet, der von seinen nächsten Landsleuten abgelehnt wurde. Aber diese Ablehnung im Unglauben würde dazu führen, dass Gott seine Gnade anderen zukommen liess.
Beispiele aus dem Alten Testament zeigten, dass dies mehr als einmal der Fall war. Doch das wollten die Leute von Nazareth nicht hören. Ihre Wut gegen Ihn steigerte sich so weit, dass sie Ihn vom Berg hinunter zu Tode gestossen hätten, wenn es ihnen gelungen wäre. Aber die Stunde seines Todes war noch nicht gekommen.
In Vollmacht lehren und wirken
Auch in Kapernaum, einer Stadt am See Genezareth, lehrte Er an den Sabbaten. Er sprach anders als die Schriftgelehrten. Das merkten seine Zuhörer bald. Sein Wort predigte Er mit Vollmacht. Wie hätte es anders sein können, wenn Gott selbst, in der Person seines Sohnes, der Mensch geworden war, sein Wort verkündigte?
In der Synagoge war ein Mensch, der einen Geist eines unreinen Dämons hatte. Vermutlich hatte er sich bis dahin ruhig verhalten. Aber als der Herr Jesus in die Synagoge kam, regte sich der Dämon. Er wusste, dass der Sohn Gottes den bösen Geistern befehlen konnte und sie gehorchen mussten. Er konnte sie sogar verderben. Wenn die Menschen den demütigen Mann aus Nazareth verkannten, die Dämonen wussten ganz genau, mit wem sie es zu tun hatten.
Mit der gleichen göttlichen Vollmacht, mit der Jesus Christus das Wort verkündigte, gebot Er dem bösen Geist zu schweigen und von dem Menschen auszufahren. Der Dämon musste gehorchen. Erschreckt fragten die Anwesenden: «Was ist dies für ein Wort? Denn mit Vollmacht und Kraft gebietet er den unreinen Geistern, und sie fahren aus.»
Die Menschen waren erstaunt und beeindruckt. Sie erzählten das Erlebte weiter. Aber glaubten sie auch an Ihn? Erkannten sie die Person, die unter ihnen lebte und wirkte? Es war ihr Messias (= Christus), Gott, der Sohn, als wahrer, vollkommener Mensch.
Der Herr heilt Kranke
Von der Synagoge kam der Herr Jesus in das Haus von Simon. Dieser Mann hatte Christus bereits kennengelernt (Johannes 1,41.42). Damals hatte der Heiland ihm einen zweiten Namen gegeben: Kephas oder Petrus. Der Herr hatte ihn auch schon in seine Nachfolge gerufen, wie wir dies aus Markus 1,16.17 erkennen können. Nun war der Heiland zu Gast im Haus von Petrus, dessen Schwiegermutter aber von einem starken Fieber befallen war. Auf die Bitte der Anwesenden heilte Er sie. – Die fieberkranke Frau gibt uns das Bild eines unbekehrten Menschen. Er hat keinen Frieden, ist beunruhigt durch sein belastetes Gewissen. Ruhelos lebt er in einer Welt voll Unruhe, Hast und Eile. Nur Einer kann ihm Ruhe und Frieden geben: der Heiland, der für sündige Menschen am Kreuz gestorben ist. Und was ist die Folge, wenn jemand Frieden und Ruhe beim Herrn Jesus gefunden hat? Er darf Ihm dienen (Vers 39).
Das Elend im Volk Gottes war gross. Es gab nicht nur viele Kranke; manche waren auch in den Bann Satans geraten und von Dämonen besessen. Aber Christus, der Sohn Gottes, heilte in seiner Gnade alle, die zu Ihm gebracht wurden.
Als wahrer, abhängiger Mensch brauchte auch der Herr Jesus das Alleinsein mit Gott. Daher suchte Er einen öden Ort auf. Doch die Menschen liessen Ihn nicht in Ruhe. Sie wollten Ihn bei sich behalten. Er aber war für das ganze Volk gekommen. Darum zog Er weiter.
Ein wunderbarer Fischfang
Viele Menschen drängten sich um den Herrn Jesus, um seine Worte zu hören. Um von allen besser gehört zu werden, bat Er Simon (Petrus), Ihn mit seinem Schiff ein wenig hinauszufahren. Von hier aus lehrte Er dann die am Ufer stehende Menge.
Warum war der Herr gerade in das Schiff von Petrus gestiegen? Er wollte auch sein Herz erreichen. Wäre Simon weiter mit seinen Netzen beschäftigt geblieben, hätte er wohl nicht so aufmerksam zugehört, wie jetzt, wo er untätig beim Herrn im Schiff sass.
Der Herr verlangt von den Seinen nichts, ohne es in reichem Mass zu erstatten. Das sehen wir auch hier. Für die Zeit und das Schiff, die Petrus dem Herrn zur Verfügung stellte, wurde er reich entschädigt. Dabei lernte er sowohl seinen Herrn und Meister als auch sich selbst besser kennen.
Der wunderbare Fischfang zeigte Petrus, dass Der, den er Meister nannte, auch Herr über die Fische, also Gott, der Schöpfer, ist. Doch im gleichen Moment erkannte Petrus sich auch im Licht Gottes. Ihm wurde seine ganze Sündhaftigkeit bewusst. Da dachte er: Wir zwei – der Heilige Gottes und ich –, wir passen nicht zusammen. Doch wie wunderbar lautet die Antwort des Herrn: «Fürchte dich nicht!» Das konnte Er Petrus sagen, weil Er an seinen eigenen Tod am Kreuz dachte. Dann würde Er nicht nur für die Sünden von Petrus, sondern auch für dessen sündige Natur sterben. Als Glaubender, der dem Wort des Herrn vertraute, konnte Petrus nun ein Menschenfischer werden.
Heilung des Aussätzigen und des Gelähmten
Der Aussätzige, der vor Jesus auf sein Angesicht fiel, glaubte, dass der Herr ihn heilen könne, aber er wusste nicht, ob die Gnade sich auch ihm zuwenden würde. Er wurde in seinem Vertrauen nicht enttäuscht.
Dadurch, dass er die Reinigungsvorschriften eines geheilten Aussätzigen erfüllte, musste der Priester erkennen, dass Gott unter ihnen war, denn der Aussatz war aus der Sicht der Menschen unheilbar.
Wenn die Gnade sich bei der Heilung des Aussätzigen in ihrer reinigenden Wirkung zeigte, so sehen wir bei dem Gelähmten, wie die Gnade vergibt. Das war die Antwort des Herrn Jesus auf die grossen Bemühungen des Glaubens dieser vier Männer. Trotz der Hindernisse brachten sie ihren kranken Freund, der ebenfalls glaubte, vor Ihn.
Nicht alle hörten dem Herrn Jesus aufrichtig zu. Pharisäer und Gesetzeslehrer waren mit kritischer Einstellung aus Jerusalem gekommen, um zu hören, was dieser unbekannte Lehrer zu sagen hatte. Als Er von Sündenvergebung sprach, fragten sie sofort: «Wer kann Sünden vergeben, ausser Gott allein?» Darin hatten sie recht. Aber als der Herr Jesus ihnen durch die Heilung des Gelähmten bewies, dass Er Gott, der Herr, war, wie Ihn Psalm 103,3 beschreibt, wollten sie nicht an Ihn glauben. Der Geheilte aber hatte nicht nur die Vergebung seiner Sünden empfangen, sondern auch die Kraft, um aufzustehen und nach Hause zu gehen. Diese wunderbare Entfaltung der Gnade führte zur Verherrlichung Gottes durch den Geheilten und all jene, die das Ganze mit Staunen verfolgt hatten.
Gnade kontra Gesetz
In der nächsten Begebenheit sehen wir, wie der Herr Jesus in seiner Gnade zum Anziehungspunkt für Levi wurde. Die Aufforderung: «Folge mir nach!», beantwortete der Zöllner sofort, indem er alles verliess, aufstand und dem Herrn nachfolgte.
«Alles verlassen» heisst hier nicht, dass er nicht mehr in sein Haus zurückkehrte. Es bedeutet, dass Levi nun alles, was er war und besass, seinem Herrn und Meister zur Verfügung stellte. In diesem Sinn gehörte es nicht mehr ihm. Er hatte es verlassen.
Dass er seinen Besitz in den Dienst Jesu stellte, sehen wir aus Vers 29. Levi nahm die Gelegenheit wahr, ein grosses Mahl zu machen und viele Kollegen und andere einzuladen, damit auch sie den Herrn Jesus kennenlernten. Wieder regte sich der Widerstand der religiösen Führer der Juden, die den Jüngern Jesu vorwarfen, mit Sündern zu essen. Wie schön ist die Antwort des Herrn! Er war für die gekommen, die wussten, dass sie einen Heiland brauchten. Die Selbstgerechten standen sich selbst im Weg.
Der Schluss des Kapitels zeigt, dass die Zeitperiode des Gesetzes ihrem Ende zuging und etwas Neues begann: die Zeit der Gnade. Gesetz, das vom Menschen nur fordert, und Gnade, die unverdientermassen gibt, sind unvereinbar. Das wollte der Herr mit den Illustrationen in den Versen 36-38 deutlich machen.
Warum wird der alte Wein (das Gesetz) von vielen vorgezogen? Weil das Gesetz vom natürlichen Menschen etwas fordert und er sich lieber bemühen will, als zuzugeben, dass er Gott nicht gefallen kann.
Die Sabbatfrage
Als die Jünger am Sabbat Ähren abpflückten und die Körner im Gehen assen, betrachteten die streng religiösen Leute dies als Übertretung des Sabbatgebots. Der Herr musste ihnen klarmachen, dass es nicht um das peinlich genaue Einhalten unbiblischer Sabbatgebote ging, sondern um die Anerkennung des Sohnes des Menschen. Er, der vor ihnen stand, war auch Herr des Sabbats. Doch sie verwarfen Ihn, von dem David ein schwaches Vorausbild war. Obwohl dieser zum König über Israel gesalbt war, wurde er verworfen und verfolgt.
Ein weiteres Mal suchten die Feinde Jesu eine Anschuldigung gegen Ihn, als sie Ihn am Sabbat in der Synagoge belauerten. Jesus Christus, der wirklicher Mensch geworden ist, hat seine Gottheit nie aufgegeben. Das ist das Geheimnis seiner Person: Gott und Mensch in einer Person. Deshalb kannte Er auch die Überlegungen der Schriftgelehrten und Pharisäer.
Er forderte den Mann auf, den die Feinde als Testobjekt betrachteten, in die Mitte zu treten. Dann fragte Er sie, ob es erlaubt sei, am Sabbat Gutes oder Böses zu tun. Keine Antwort, obwohl Er sie alle anschaute! Da heilte Er den Mann mit der verdorrten Hand.
Welche Wirkung hatte diese Heilung auf die Anwesenden? «Sie aber wurden mit Unverstand erfüllt und besprachen sich untereinander, was sie Jesus tun sollten.» Miteinander gegen Ihn! Und das alles, weil Gott in einer Welt, die durch die Sünde des Menschen und die Listen Satans ruiniert war, Gutes tun wollte!
Berufung der Apostel
Als Mensch stand der Herr hier vor einer grossen Aufgabe: die Berufung seiner zwölf Jünger, die Er auch Apostel nannte. Seine Abhängigkeit von Gott und seine Unterordnung unter dessen Willen kommt hier sehr schön zum Ausdruck: «Er verharrte die Nacht im Gebet.»
Am andern Tag rief Er dann die Zwölf herzu, die seine Apostel werden sollten. Der letzte Name erstaunt uns vielleicht: Judas Iskariot, der auch sein Verräter wurde. Hatte der Herr bei der Berufung von Judas einen Fehler gemacht? Nein, unmöglich! Als Mensch beging Er nach einer Nacht des Gebets keinen Fehler, und als Gott wusste Er, wer Judas war. Doch Er gab ihm eine einmalige Chance. Die ganze Zeit des Dienstes des Heilands durfte dieser Mann in seiner Nähe sein und alles direkt miterleben. Leider verharrte Judas im Unglauben.
Als der Herr vom Berg herunterkam, war Er sogleich wieder der Mittelpunkt des Interesses von vielen. Sogar aus dem Ausland waren die Menschen mit ihren Bedürfnissen nach Körper und Seele zu Ihm gekommen. Keiner wurde enttäuscht. Er heilte alle.
Aber diesen zentralen Platz unter den Menschen gönnten Ihm die Obersten des Volkes nicht. In ihrer Eifersucht versuchten sie Ihn zu beseitigen. Auch heute will man dem Herrn Jesus nicht den Platz geben, der Ihm zusteht. Aber welchen Platz geben wir Ihm in unserem persönlichen Leben? Hat Er da wirklich den ersten und zentralen Platz?
Die Feinde lieben
Die Belehrungen des Herrn Jesus in diesem Abschnitt richten sich ausdrücklich an seine Jünger, nicht nur an die Zwölf, sondern an alle Glaubenden, die Ihm nachfolgen wollen. Vergleicht man diese Verse mit den ähnlich lautenden Aussagen in der Bergpredigt (Matthäus 5 – 7), fällt auf, dass sie hier viel direkter sind. Der Herr spricht im Lukas-Evangelium seine Zuhörer persönlich an. Im Weiteren werden hier nicht Juden, Zöllner und Nationen unterschieden. Es geht einfach um Menschen, um Sünder. Wir dürfen diese Verse direkt auf uns anwenden. Möchten wir sie beherzigen und ausleben!
Als Glaubende, die den Fussstapfen unseres Herrn nachfolgen wollen, sollen wir uns nicht wie die Allgemeinheit verhalten. Sie möchte für ihr Gutestun entschädigt werden. Wir sollen etwas von der empfangenen Gnade ausleben. Alles, was wir von Gott bekommen haben, war unverdient. Und so sollen wir barmherzig sein, «wie auch unser Vater barmherzig ist» und sogar unsere Feinde lieben. Auf diese Weise zeigen wir, zu welcher Familie wir gehören. Unser Verhalten wird uns als Söhne des Höchsten kennzeichnen.
Es wird nicht immer leicht sein, die Gnade in dieser Weise auszuleben, d. h. zu lieben, Gutes zu tun, zu leihen, nicht zu richten, nicht zu verurteilen, loszulassen, zu geben. Doch der Gott aller Gnade will uns dafür reich belohnen, d. h. ein gutes, gedrücktes, gerütteltes und überlaufendes Mass geben. Was wollen wir noch mehr?
Demut und Gehorsam
Die Grundsätze, die der Herr Jesus in diesen Versen vorstellt, gelten auch für die Zeit, in der wir leben, und für uns persönlich. Gibt es in der Christenheit nicht manche Menschen, die anderen auf religiösem oder seelsorgerlichem Gebiet helfen wollen, ohne dass sie eine persönliche Glaubensbeziehung zum Herrn Jesus haben? (Vers 39).
Wir alle neigen dazu, die Fehler beim anderen zu sehen. Bei uns aber übersehen wir sie. Und wenn wir zugeben, dass auch wir Fehler machen, sehen wir sie dann wirklich als Balken gegenüber dem Splitter im Auge des Nächsten? Ohne ernstes Selbstgericht werden wir dem Bruder nicht helfen können.
Die Äusserungen im Leben zeigen, wie es in unserem Inneren aussieht. Aus unseren Taten (Früchte) und Worten können die Menschen auf unseren Herzenszustand schliessen. Der «gute» Mensch ist einer, der an den Herrn Jesus als seinen Heiland glaubt. Erkennen die Menschen, dass wir Dem gehorchen wollen, der für uns gestorben ist und den wir als unseren Erlöser, aber auch als unseren Herrn bekennen?
Das Hören erfolgt meistens ohne grosse Anstrengung; aber das Tun verlangt einiges an Energie. Der Mann, der sein Haus auf die Erde baute, ohne Grundlage, wählte den Weg des geringsten Aufwandes. Sein Haus hielt den Fluten nicht stand. Wie viel geistliche Energie wenden wir auf, um das, was wir aus der Bibel gelernt haben, auch zu tun? Lasst uns unser Lebenshaus auf Felsengrund bauen!
Der Hauptmann und sein Knecht
Der Hauptmann, dessen Sklave so schwer krank war und im Sterben lag, war ein römischer Offizier, also kein Jude von Geburt. Aber er glaubte an den Gott Israels, denn er hatte den Juden eine Synagoge erbaut. Und er setzte sein Vertrauen auf Den, der von Gott gekommen war und als wahrer Mensch hier lebte und die Gnade Gottes offenbarte.
Aber welch eine Demut zeigte er! Er fand sich nicht würdig genug, selbst zum Heiland zu gehen. So sandte er zunächst Älteste der Juden zu Ihm mit der Bitte, seinen Knecht gesund zu machen. Als der Herr unterwegs zu seinem Haus war, sandte er Freunde zu Ihm, um Ihm sagen zu lassen, er sei nicht würdig, dass Er unter sein Dach trete. Er war von der Autorität des Herrn überzeugt. Ein Wort von Ihm würde genügen, um seinen Sklaven zu heilen. Er wusste, wovon er sprach, denn er selbst hatte einen kleinen Autoritätsbereich, in dem sein Wort Macht hatte.
Der Herr Jesus bezeichnet den Glauben dieses Römers als gross, ja, er war grösser als das, was Er in Israel gefunden hatte. Können auch wir einen grossen Glauben haben? Ja, wenn wir den Herrn einfach bei seinem Wort nehmen, ohne Rücksicht auf Urteile, Gefühle oder Erfahrungen.
Wir hören nicht, dass der Herr ein besonderes Wort gesprochen hätte. Doch der grosse Glaube des Hauptmanns wurde beantwortet: Die Abgesandten fanden zu Hause einen gesunden Knecht vor.
Ein Toter wird auferweckt
Die Verse 11-17 zeichnen uns ein anderes Bild der Gnade, die der Herr Jesus offenbart hat. Hier sehen wir keinen tätigen Glauben, sondern göttliches Mitleid und göttliche Vollmacht. Die Gnade zeigt sich auch auf diese Weise. Der Herr Jesus, umringt von einer grossen Volksmenge, nähert sich der Stadt Nain. Aus der Stadt kommt ebenfalls eine zahlreiche Volksmenge. Sie begleitet eine Witwe, die ihren einzigen Sohn zu Grabe trägt. Die eine Volksmenge hatte das Leben in ihrer Mitte, die andere den Tod.
Ohne Bitte, ohne irgendeine äussere Veranlassung übernimmt der Herr die Initiative. Voll tief empfundenem Mitleid tröstet Er die Witwe mit den Worten: «Weine nicht!» Dann ruft Er mit göttlicher Autorität den jungen Mann ins Leben zurück und gibt ihn der trauernden Mutter. Welch einen gütigen und gnädigen Herrn haben wir doch!
Wir können die Frage des im Gefängnis schmachtenden Johannes verstehen. So viele Wunderwerke geschahen durch die Hand des Herrn Jesus, aber er blieb im Gefängnis. Warum? War der nach ihm Gekommene wirklich der Messias? Er war es. Vor den Augen aller erfüllten sich die Verheissungen des Alten Testaments, die den Messias und sein Tun ankündigten. Aber Er konnte seine öffentliche Herrschaft noch nicht antreten. Das Volk, vor allem die Führer, nahmen Ihn nicht an, sondern lehnten Ihn ab und verwarfen Ihn. Sein Weg führte daher nicht zum Thron, sondern zum Kreuz. Glückselig, wer trotzdem an Ihn glaubte!
Johannes der Täufer und Christus
Nachdem die Boten des Johannes weggegangen waren, sprach der Herr Jesus über seinen Vorläufer. Er war der grösste Prophet des alten Bundes, denn er sah den Messias, den er ankündigte. Dieses Vorrecht hatte keiner der Propheten des Alten Testaments.
Aber dann sprach der Herr von einer neuen Zeitperiode, vom Reich Gottes. Es ist die Zeit, in der wir leben. Wir stehen in einer viel engeren Beziehung zu Gott als die Glaubenden unter dem Gesetz. Wir sind Kinder und Söhne Gottes. Darum sagte der Herr: «Der Kleinste aber im Reich Gottes ist grösser als er» – nicht in moralischer Hinsicht, aber in seiner Stellung vor Gott.
Nachdem der Herr von Johannes dem Täufer gesprochen hatte, redete Er auch von der Reaktion der Menschen auf die Predigt zur Buße. Viele waren sich ihres Zustands vor Gott bewusst, taten Buße und liessen sich taufen. Die selbstgerechten Pharisäer und Gesetzgelehrten verwarfen dieses Zeugnis. Indem sie meinten, nicht Buße tun zu müssen, entzogen sie sich dem, was Gott auch für sie bereitet hatte: das Heil, das der Erlöser brachte. Jene aber, die auf die Predigt von Johannes reagierten, waren auch offen für den Herrn Jesus, der für sie gekommen war (Lukas 5,31.32).
Die Verse 31-35 sind eine gleichnishafte Beschreibung der ungläubigen Menschen damals. Sie beugten sich weder unter den herzerforschenden Dienst von Johannes, noch freuten sie sich über die Gnade in Jesus Christus. – Die wenigen, die beide Zeugnisse annahmen, waren die Kinder der Weisheit.
Die weinende Sünderin
Ein Pharisäer, der eigentlich zu den Gegnern des Herrn Jesus gehörte, lud Ihn zum Essen ein. Obwohl der Herr wusste, dass Er nicht herzlich empfangen würde, nahm Er in seiner Gnade die Einladung an.
Eine Frau, die das Wort eine Sünderin nennt, benutzte die Gelegenheit für eine Begegnung mit dem Heiland. In ihrem Herzen war eine tiefe Reue über ihr sündiges Leben. Das zeigen ihre Tränen. Sie war überzeugt, dass der Herr Jesus ihr helfen könne. Darum war sie gekommen. Ja, sie hatte bereits eine brennende Liebe zu Ihm. Das sehen wir an dem kostbaren Salböl, mit dem sie seine Füsse salbte, und an den vielen Küssen, mit denen sie seine Füsse küsste. Was ihr fehlte, war die Heilsgewissheit.
Der Gastgeber betrachtete die Szene und machte sich seine Gedanken. «Wenn dieser ein Prophet wäre …» Er war mehr: der Erlöser. Gerade für solche wie diese sündige Frau war Er auf die Erde gekommen. Doch Er vergass auch seinen Gastgeber nicht. In Liebe und Gnade versuchte Er das Herz des selbstgerechten Mannes zu erreichen, der seine Gnade ebenso nötig hatte (Verse 41.42). Ob er den Herrn Jesus und sein Angebot angenommen hat, wissen wir nicht.
Aber die Frau durfte vom Heiland die Zusicherung hören: «Deine Sünden sind vergeben. Dein Glaube hat dich gerettet; geh hin in Frieden.» Nicht der Kummer und die Tränen hatten sie gerettet, sondern ihr Glaube an den Erlöser. Nun hatte sie sein Wort, was ihr absolute Sicherheit des Heils gab. Darauf konnte sie sich stützen und mit innerer Ruhe weitergehen.
Der Sämann sät das Wort
Auf seinem Weg durch Stadt und Dorf begleiteten auch einige Frauen den Herrn Jesus. Sie hatten Ihm so viel zu verdanken, denn Er hatte sie von bösen Geistern und Krankheiten geheilt. Nun stellten sie sich ihrem Retter und Wohltäter zur Verfügung, indem sie Ihm mit ihrer Habe dienten.
Das Gleichnis vom Sämann zeigt, dass das verkündigte Wort bei den Menschen, die es hören, auf sehr unterschiedliche Herzenszustände trifft. Das war damals so, und das ist heute nicht anders.
Da gibt es solche, deren Herz so hart wie ein festgetretener Weg ist. Wenn das Evangelium sie erreicht, ist der Teufel sofort zur Stelle, um das Wort wegzunehmen, damit sie es nicht glauben und errettet werden. – Andere stimmen der göttlichen Botschaft freudig zu. Aber das Wort Gottes kann bei ihnen nicht wirklich in Herz und Gewissen dringen. Oberflächliche Menschen haben keinen Bestand. Wenn es schwierig wird, geben sie alles wieder auf. – Der dritte Herzenszustand zeigt, dass sowohl die Sorgen als auch der Reichtum oder die Vergnügungen des Lebens das Herz derart erfüllen können, dass das gehörte Wort erstickt wird. Man ist so von anderem erfüllt, dass das Wort Gottes richtiggehend verdrängt wird.
Wer aber das gehörte Wort aufrichtig und bereitwillig aufnimmt und bewahrt, bei dem kann der Same aufgehen und Frucht bringen, und dies mit Ausharren. Das bedeutet wohl, dass es im Leben eines Glaubenden Schwierigkeiten und Erprobungen geben kann. Doch das soll kein Hindernis für das Fruchtbringen sein.
Mit dem Herrn im Sturm
Die Verse 16 und 17 schliessen direkt an Vers 15 an. Der Herr Jesus möchte, dass alle, die sein Wort in einem redlichen und guten Herzen aufgenommen haben und bewahren, auch ein Zeugnis gegenüber anderen Menschen sind. Sehen meine Mitmenschen zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, dass ich an den Herrn Jesus glaube?
Wie ernst ist Vers 18! Die Menschen, deren Herz dem felsigen oder dornigen Ackerboden gleicht, meinen etwas zu haben. Doch es fehlt ihnen das wahre Leben. Sie werden schliesslich alles verlieren.
Die Mutter Jesu und seine Brüder sind hier ein Bild des jüdischen Volkes. Der Herr löst sich von denen, die Ihn nicht annehmen wollen und wendet sich denen zu, die das Wort Gottes hören und befolgen. Diese bilden nun seine Familie. Seine Mutter gehörte damals schon dazu, und später glaubten auch seine Brüder an Ihn (1. Korinther 9,5; Galater 1,19).
In der Nachfolge des Herrn Jesus läuft nicht immer alles glatt. Das erfuhren auch die Jünger bei ihrer Überfahrt. Zwar hatten sie ihren Meister mit im Boot. Doch Er schlief, auch als der Sturm aufkam und das Schiff voll Wasser lief. – Wir können die Not der Jünger nachvollziehen. Aber lasst uns bedenken: Der Herr hatte sie aufgefordert, ans jenseitige Ufer zu fahren. Sie waren also auf einem gottgewollten Weg. Zudem war Er mit im Schiff. Sie brauchten wirklich nicht zu verzweifeln. Doch sie hätten vertrauen sollen. Daran fehlt es auch bei uns oft. Trotz des Mangels an Glauben lässt Er uns in seiner Gnade nicht im Stich.
Befreiung aus der Macht Satans
Der Mann, der dem Herrn Jesus entgegenkam, war ein Sklave Satans und der Sünde – das eindrückliche Bild eines nicht erlösten Menschen. Die ungläubigen Menschen meinen zwar, sie seien frei, sie könnten tun und lassen, was sie wollten. Dass dies nicht stimmt, illustriert Vers 29. Wie viele versuchten den Menschen zu kultivieren und zu verbessern. Alle Bemühungen sind zum Scheitern verurteilt. Es gibt für uns Menschen nur ein Heilmittel, um aus der Macht Satans, die durch die gefallene Natur des Menschen wirkt, befreit zu werden: den Herrn Jesus im Glauben als Heiland annehmen.
Die Veränderung, die mit einem Menschen geschieht, der an den Herrn Jesus glaubt, illustriert Vers 35. Der Mann, der nackt in den Grabstätten lebte, sitzt bekleidet und vernünftig zu den Füssen Jesu. Auf die Bekehrung übertragen können wir sagen: Befreit von der Knechtschaft der Sünde, mit Kleidern des Heils und dem Mantel der Gerechtigkeit bekleidet (Jesaja 61,10; Lukas 15,22), vernünftig, d. h. fähig zu denken, wie Gott denkt, und beim Heiland zur Ruhe gekommen (sitzend).
Dass der Geheilte wünschte, bei seinem Retter zu bleiben, verstehen wir gut. Doch der Herr hatte eine Aufgabe für ihn. Da die Bewohner jener Gegend Jesus wegwiesen, sollte er als sein Zeuge dort bleiben. Was er zu tun hatte, war einfach: «Erzähle, wie viel Gott an dir getan hat.» Heute sind wir Glaubende in einer Welt zurückgelassen, die den Herrn Jesus hinausgeworfen und gekreuzigt hat. Wir dürfen den Menschen ebenfalls weitersagen, was wir in Ihm gefunden haben.
Heilung vom Blutfluss
Von Jairus, dem Synagogenvorsteher, lernen wir, dass wir mit jeder Not zum Herrn Jesus kommen dürfen. Es gibt nichts, was wir Ihm im Gebet nicht sagen könnten. Aber manchmal kommt die Hilfe, die wir so dringend nötig haben, nicht so schnell. Dann wird unser Glaube und unser Vertrauen zum Herrn auf eine harte Probe gestellt, wie dies bei Jairus der Fall war.
In dieser Volksmenge, die den Herrn auf dem Weg zum Haus von Jairus umdrängte, gab es noch jemand anders, der eine grosse Not hatte. Zwölf Jahre litt diese Frau an ihrer Krankheit, und kein Arzt konnte ihr helfen. Aber wie es in einem Lied heisst: «Wo der Menschen Hilf zu Ende, bleiben mächtig seine Hände», so war es auch hier. Im festen Glauben, dass der Heiland ihr helfen könne, und mit dem Gedanken, dass es genüge, die Quaste seines Gewands anzurühren, kam sie von hinten zu Jesus. Ihr Glaube wurde herrlich belohnt.
Doch warum wollte der Herr wissen, wer Ihn angerührt hatte? Als der Allwissende wusste Er es doch! Es ging Ihm um diese Frau. Sie sollte zu wirklicher Heilsgewissheit kommen. In Römer 10,9 werden der Glaube des Herzens und das Bekenntnis mit dem Mund als Voraussetzungen genannt, um errettet zu werden. So war es hier. Nachdem die Frau alles bekannt hatte, durfte sie mit der Zusicherung des Herrn: «Dein Glaube hat dich geheilt; geh hin in Frieden», nach Hause gehen. Nun konnte sie sich auf sein Wort stützen und musste sich nicht auf ihre gemachte Erfahrung verlassen.
Auferweckung aus dem Tod
Über die Nöte und Ängste im Herzen von Jairus als der Gang des Herrn Jesus zu seinem Haus verzögert wurde, wird uns nichts gesagt. Doch nun kam das Schwerste. Einer brachte ihm die niederschmetternde Nachricht vom eingetretenen Tod seiner Tochter. Für die Menschen war jetzt jede Hoffnung dahin. Nicht aber für den Herrn Jesus, der das Leben ist. Als Erstes tröstet und beruhigt Er das Herz des schwergeprüften Vaters. So handelt Er auch uns gegenüber. Wenn wir Ihm unsere Nöte und Probleme vorbringen, will Er zuerst unsere Herzen mit dem Frieden Gottes erfüllen und uns ruhig machen (Philipper 4,6.7). Welch eine Gnade!
Unabhängig davon, wie die Menschen die Lage beurteilten, ging der Herr den Weg weiter bis zum Haus von Jairus. Dort erlaubte Er nur drei seiner Jünger, dem Vater und der Mutter des Mädchens ins Haus einzutreten, wo die verstorbene Tochter lag. Zu den Klagenden und Weinenden, die nicht dabei sein durften, sagte Er: «Weint nicht, denn sie ist nicht gestorben, sondern sie schläft.» Als Herr über Leben und Tod wusste Er, was Er tun wollte. Für Ihn schlief sie. Doch Er wurde von denen verlacht, die Ihn nicht als den Sohn Gottes anerkannten.
Dann rief Er das Mädchen ins Leben zurück und wies die Eltern an, ihr zu essen zu geben. Wie wichtig ist diese Aufforderung für alle, die mit Neubekehrten zu tun haben! Diese brauchen dringend die nötige, ihrem geistlichen Zustand angepasste, geistliche Nahrung, damit ihr neues Leben gedeihen kann.
Der Herr senden zwölf Jünger aus
In Lukas 6, wo der Herr die Zwölf erwählt, werden sie Apostel genannt, was «Gesandte» bedeutet. Jetzt war der Augenblick gekommen, da Er sie als seine Gesandten ausschickte, um das Reich Gottes zu predigen und die Kranken zu heilen. Zu diesem Dienst, der seinem eigenen glich (Lukas 9,11; 8,1.2), rüstete Er sie mit der nötigen Vollmacht aus. Auch heute beruft der Herr Jesus keinen der Seinen in einen Dienst, ohne ihn nicht mit allem dazu Nötigen auszurüsten. Wir haben wirklich den besten Herrn und Meister, dem wir dienen dürfen!
Als Gesandte des Messias, der bei ihnen auf der Erde lebte, brauchten sie sich nicht um die äusseren Belange zu kümmern. Er versorgte sie mit allem. Es fehlte ihnen nichts (Lukas 22,35).
Die Nachricht über das, was durch die Apostel geschah, kam bis an den Hof von König Herodes. Das weckte sein Gewissen auf, weil er Johannes den Täufer enthauptet hatte. War dieser vielleicht auferstanden und drohte ihm nun die Strafe für den begangenen Mord?
Um Klarheit zu bekommen, hätte er gern Näheres über Jesus Christus gewusst. «Er suchte ihn zu sehen.» Er bekam Ihn tatsächlich zu sehen, und zwar als Gefangener der Juden und der Römer (Lukas 23,6-12). Seine Neugier wurde aber nicht gestillt. Weder wirkte der Herr ein Zeichen vor ihm, noch gab Er ihm eine Antwort auf seine vielen Fragen. An jenem Tag regte sich das Gewissen von Herodes nicht mehr. Nun hatte er nur noch Hohn und Spott für Jesus übrig.
Die Speisung der Volksmenge
Jeder Diener des Herrn darf seine im Dienst gemachten Erfahrungen mit seinem Meister besprechen. Wie wichtig und nötig ist dies für jeden von uns! So kamen auch die Apostel zurück und erzählten Ihm alles, was sie getan hatten. Vermutlich waren sie ganz erfüllt von allem, was sie erlebt hatten. Nun nahm der Herr sie mit und zog sich mit ihnen in die Stille zurück.
Dieses Sich-Zurückziehen dauerte nicht lange. Bald war Er wieder von Volksmengen umgeben, die Ihm nachgelaufen waren. In seiner Gnade war der Herr sofort wieder bereit, sie aufzunehmen und ihren geistlichen und körperlichen Bedürfnissen zu entsprechen. Nie dachte Er an sich, immer nur an die anderen!
Gegen Abend sorgten sich die Jünger um das leibliche Wohl der vielen Zuhörer, denn diese waren ihnen an einen öden Ort nachgefolgt. Wie gut, dass sie ihre Sorge ihrem Herrn vorlegen konnten! Doch nun prüfte Er sie. «Gebt ihr – die kurz vorher mit Vollmachten von Ihm ausgestattet worden waren – ihnen zu essen.» Sie bestanden den Test nicht. Anstatt sich auf Ihn, die Quelle aller Kraft, zu stützen, schauten sie auf das Sichtbare; und dieses war völlig unzureichend für den Hunger der grossen Menge. Wie oft machen auch wir diese Erfahrung!
Die Gnade des Herrn aber nahm das vorhandene Wenige und segnete es so, dass alle mehr als genug zu essen bekamen. Und die Jünger, die soeben versagt hatten, durften die Kanäle des Segens werden, der vom Herrn zu allen ausging! Wie gross ist seine Barmherzigkeit!
Dem abgelehnten Herrn nachfolgen
Im Lukas-Evangelium stossen wir immer wieder auf Bibelstellen, die ausdrücklich sagen, dass der Herr betete. Er war wirklicher Mensch, der sich seiner Abhängigkeit von Gott bewusst war und Tag für Tag darin lebte. Welch ein Vorbild für uns alle!
Die Meinungen über seine Person gingen schon damals auseinander. Auch heute kursieren die verschiedensten Ansichten über Jesus Christus. Nur der Glaube erkennt, wer Er wirklich ist. Dieser demütige Mensch, der damals lebte und auf dem Weg zum Kreuz war, wo Er zur Erlösung sündiger Menschen sterben wollte, war und ist der Christus Gottes, d. h. der Messias und der Sohn Gottes (Lukas 1,32.35). Da im Lukas-Evangelium die Betonung auf seiner Menschheit liegt, fährt der Herr fort, von sich als dem Sohn des Menschen zu reden. Gleichzeitig zeigt Er den Jüngern, wohin sein Weg der Leiden und der Verwerfung führen würde: zum Tod am Kreuz von Golgatha. Doch am dritten Tag würde Er auferstehen.
Die Jünger mussten lernen, ihre Hoffnungen nicht länger auf den Messias zu setzen, sondern bereit zu sein, einem von der Welt verworfenen Herrn nachzufolgen. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Doch eine solche Nachfolge verlangt Selbstverleugnung. Aber sie lohnt sich! Denn wer Ihm heute in Treue und Selbstverleugnung nachfolgt, wird dereinst seine Herrlichkeit als Sohn des Menschen mit Ihm teilen. Einige der anwesenden Jünger durften noch vor ihrem Tod einen Blick auf jene Herrlichkeit werfen (Lukas 9,28-36).
Ein Blick in die herrliche Zukunft
Aufs Neue heisst es vom Herrn Jesus, wie Er betete – dort auf dem Berg der Verklärung. Nun sahen die drei Jünger, die Er mitgenommen hatte, wie sich sein Aussehen veränderte. Das war nicht mehr der demütige Sohn des Menschen, den sie bis dahin kennengelernt hatten, sondern eine strahlend herrliche Person.
Die ganze Szene, die sich dort auf dem Berg abspielte, zeigt ein eindrückliches Bild der zukünftigen Herrlichkeit des Reiches Gottes. Mose und Elia, die mit dem Herrn in Herrlichkeit erscheinen, stellen Gläubige dar: Mose die gestorbenen und auferweckten, Elia die entrückten himmlischen. Das Gesprächsthema dieser drei Personen ist der Tod des Herrn in Jerusalem, eine Sache, die die Gedanken von Himmel und Erde beschäftigen. Die drei Jünger stellen den gläubigen Überrest des Volkes Israel in der Zukunft dar. Dieser wird dann unter der Herrschaft des Herrn Jesus auf der Erde leben.
Die zentrale Stellung gehört allein dem Herrn Jesus. Als Petrus einen Vorschlag machte und damit seinen Meister mit Mose und Elia auf die gleiche Stufe stellen wollte, kam die Wolke der Gegenwart Gottes über sie und eine Stimme – es war die Stimme Gottes, des Vaters – bezeugte die Einzigartigkeit seines geliebten Sohnes. Auf diesen Sohn sollten sie und sollen wir hören. Dann verschwanden Mose und Elia. «Jesus wurde allein gefunden.» Vor dieser einmaligen herrlichen Person müssen das Gesetz (Mose) und die Propheten (Elia) zurücktreten.
Hilf meinem Sohn!
Welch ein Gegensatz zur Szene auf dem Berg! Nun befinden wir uns wieder mitten in der Welt, die noch nicht unter der Herrschaft des Herrn Jesus, sondern unter der Macht Satans steht. Aber hatte der Herr seine Apostel nicht mit Vollmacht und Kraft ausgesandt? (Lukas 9,1.2). Wo blieb die «Kraft und Gewalt über alle Dämonen»? Überstieg der Zustand dieses armen Jungen ihre Möglichkeiten? Nein, aber es fehlte ihnen der feste Glaube an die Kraft Gottes, und das betrübte den Herrn sehr. Er stand im Begriff, am Kreuz zu sterben und dann die Jünger zu verlassen, aber es gab noch so viel Unglauben bei ihnen.
Es genügt nicht, mit Jesus zu sein und seine Gaben zu besitzen. Glauben ist nötig, um sie anzuwenden. Der Knabe ist ein Bild der Macht Satans über den Menschen. Nur Gott kann sein Geschöpf davon befreien. Aber die Macht Gottes fand sich im Herrn Jesus und stand dem Glauben derer zur Verfügung, die Er zum Austreiben von Dämonen befähigt hatte.
Und was können wir von diesem Vater lernen? Wir dürfen all unsere Schwierigkeiten und Nöte – ob sie uns persönlich, unsere Familie oder unsere Mitglaubenden betreffen – zum Herrn Jesus bringen und sie Ihm im Gebet sagen. Wenn wir dies im Vertrauen tun, werden wir die Antwort bekommen, die seine Liebe uns zugedacht hat. Lasst uns beim glaubensvollen Gebet nie vergessen: Unsere Schwierigkeiten sind für Gott absolut kein Problem!
Unverständnis und Hochmut
Wenn wir gestern Mangel an Glauben bei den Jüngern gesehen haben, so kommt jetzt noch ein Mangel an Verständnis dazu. Als der Herr Jesus zum zweiten Mal von seinem Tod sprach (vergleiche Lukas 9,22), sagt der inspirierte Text: «Sie aber verstanden dieses Wort nicht, und es war vor ihnen verborgen, damit sie es nicht begriffen.» Warum fanden die einfachen Worte ihres Meisters über das, was Ihn erwartete, keinen Eingang in ihre Herzen? Weil sie von den Vorstellungen über die Herrlichkeit des kommenden Reiches derart erfüllt waren, dass sie keinen anderen Gedanken zulassen wollten. Sie waren nicht bereit, sich mit dem Gedanken seiner Verwerfung zu beschäftigen, denn dann hätten sie ihre eigenen hochtrabenden Vorstellungen begraben müssen.
Die Apostel dachten wohl alle, dass sie im Reich des Messias eine wichtige Position einnehmen würden. Aber wer von ihnen würde der Grösste sein? – Der Herr, der ihre Überlegung sah, belehrte sie anhand eines Kindes, das keine Ansprüche in dieser Welt hat und in der Bewertung der Menschen keinen besonderen Platz einnimmt. Das war eigentlich seine Lage, als sein Volk Ihn verwarf. Nun ging es darum, dass die Jünger Ihn als den Verworfenen aufnahmen. Dann würden sie auch klein in den Augen der Welt, aber gross vor Gott sein.
Die Antwort des Herrn auf den Einwand von Johannes ist bedeutsam. Es zeigte sich damals schon, dass eigentlich die ganze Welt gegen Christus war (sie ist es heute noch). Wer daher etwas im Namen Jesu tat, stellte sich unweigerlich auf seine Seite.
Unterweisungen für Jünger
Ab Vers 51 beginnt in diesem Evangelium der letzte Weg des Herrn Jesus nach Jerusalem, wo Er am Kreuz sterben sollte. Als Er mit Entschiedenheit und ohne sich durch irgendetwas hindern zu lassen, diesen schweren Weg des Willens Gottes ging, musste Er auch die Ablehnung der Samariter erfahren. Jakobus und Johannes, die noch kaum etwas von der Sanftmut und Gnade ihres Meisters gelernt hatten, wollten diese mit Gericht bestrafen.
In den Versen 57-62 wird das Thema der Nachfolge des Herrn Jesus behandelt. Da dieser Abschnitt nach Vers 51 steht, geht es um die Nachfolge eines von den Menschen verworfenen und gekreuzigten Herrn und Meisters. Der Erste, der Ihm nachfolgen wollte, scheint die Kosten der Nachfolge nicht überschlagen zu haben. Wenn er für diese Erde einen Vorteil erwartete, musste der Herr ihm klarmachen: Du folgst einem Meister, der hier kein Zuhause, nicht einmal einen Ort hat, wo Er sein Haupt in Ruhe hinlegen kann. Der Zweite, den der Herr in seine Nachfolge rief, wollte zuerst seinen Verpflichtungen in den natürlichen Beziehungen nachkommen. Der Dritte wollte zuvor in angemessener Weise von seinen Angehörigen Abschied nehmen. Echte Jüngerschaft ist aber nur möglich, wenn der Herr in jeder Hinsicht zuerst kommt, wenn seine Rechte über alles andere gestellt werden. Wer nur mit halbem Herzen nachfolgt, gleicht dem Pflüger, der ständig zurückblickt. Er wird keine gerade Furche ziehen können. Halbherzige sind für das Reich Gottes untauglich. Haben wir das auch schon bedacht?
Buchtipp: Bibel-Auslegung zum Lukas-Evangelium
Einleitung
In den Psalmen 41 – 72 lesen wir von Erfahrungen, die einzelne Gläubige in notvollen Zeiten mit dem Herrn gemacht haben. Ihr Beispiel ermutigt uns, in Schwierigkeiten auf Gott zu vertrauen. Zugleich reden diese Psalmen prophetisch von den Gläubigen aus dem Volk Israel in der Zukunft. Sie werden in grosser Bedrängnis zu Gott rufen und seine Rettung erfahren. Christus wird sie in das Friedensreich einführen.
Der Gläubige sehnt sich nach Gott
Obwohl die Psalmen vorwiegend prophetisch sind, enthalten sie auch für uns Christen praktische Unterweisungen, denn wie jene Gläubigen des Alten Testaments stehen auch wir unter der Regierung Gottes. Zudem ist ihr Gott auch unser Gott, den wir durch den Glauben an Jesus Christus jetzt als unseren Vater kennen dürfen.
Die Psalmen 42 und 43 gehören zusammen und bilden die Einleitung oder das Vorwort zum zweiten Psalmbuch (Psalmen 42 – 72). Der Psalmdichter ist sehr niedergeschlagen und sehnt sich nach Gott, nach Gemeinschaft mit Ihm im Haus des Herrn. Wenn er an früher Erlebtes denkt, als er mit vielen zusammen voll Jubel und Lob zum Tempel zog, dann wird er erst recht niedergeschlagen.
Wir wollen aber vom Gläubigen, der hier spricht, lernen, auch in schweren Zeiten nicht zu verzweifeln. Der Mann nahm seine Zuflucht zu Gott im Gebet und sagte Ihm alle Not, die ihn niederbeugte. Auch den Spott derer, die ihn höhnend fragten: «Wo ist dein Gott?», brachte er im Gebet vor den Herrn.
Dann ermutigte er seine niedergebeugte Seele mit den Worten: «Harre auf Gott!» Weiter blickte er hoffnungsvoll vorwärts und wusste: «Ich werde ihn noch preisen, der die Rettung meines Angesichts und mein Gott ist.» Jemand hat gesagt: «Die dunkelste Nacht hat ihren Stern und die längste Nacht ihren Morgen.» Das gilt auch für dich und für mich.
Der Gläubige wird getröstet
Nehmen wir die beiden Psalmen 42 und 43 zusammen, dann finden wir trotz der spottenden Frage der Feinde: «Wo ist dein Gott?», viele bemerkenswerte Bezeichnungen unseres Gottes. Er ist der lebendige Gott, nach dem sich der Dichter sehnt. Der Mann hat aber auch eine persönliche Beziehung zu Ihm und nennt Ihn den Gott meines Lebens.
Auch wenn er den Eindruck hat, Gott habe ihn vergessen, hält er an Ihm fest und nennt Ihn: Gott, mein Fels (Psalm 42,10); Gott meiner Stärke (Psalm 43,2). Er denkt an zukünftige Tage, wo er erneut zum Altar Gottes kommen wird. In der Vorfreude auf jenen Moment spricht er vom Gott, der meine Jubelfreude ist und nennt Ihn: Gott, mein Gott.
Warum-Fragen (Psalm 42,10; 43,2) tauchen manchmal auch in unserem Leben auf. Hoch und tief gehende Empfindungen, wie wir sie in diesen zwei Psalmen ausgedrückt finden, kennen auch wir: Ängstliche Furcht und Vertrauen, Zweifel und Hingabe, Bedrückung und freudiger Jubel.
Alles dürfen wir im Gebet vor den Herrn bringen. Aber lasst uns nicht bei den Fragen, den Zweifeln und den Schwierigkeiten stehen bleiben. Sie könnten uns auf einmal überwältigen. Nein, wir wollen vom Psalmisten lernen, vertrauensvoll auf Gott zu warten, und dabei von uns und unseren Umständen wegschauen und auf den Herrn blicken. Er wird uns nicht im Stich lassen.
Der Gläubige erinnert sich an Gott
Die Sprache dieses Psalms ist die Sprache des treuen Überrests der Juden in der Endzeit. Sie erinnern sich an die Grosstaten Gottes gegenüber ihren Vorvätern. Doch ihre eigenen Erfahrungen sind ganz anderer Art. Ihre Feinde bedrücken und verhöhnen sie. Sie sind unter den Völkern zum Sprichwort geworden.
Trotz allem halten sie im Glauben an Gott fest und anerkennen seine Autorität als König. Sie bezeugen, dass seine Hand hinter allem steht, was sie erfahren, und sie beugen sich unter Gottes Züchtigung. Doch es ist nicht einfach, in der Züchtigung auf Gott zu vertrauen, besonders dann nicht, wenn man Gottes Wege nicht versteht (Verse 18-20).
Aus Hebräer 12 wissen wir, dass Gott all die Seinen auf die eine oder andere Weise erzieht. Dabei ist seine Züchtigung nie angenehm und bereitet keine Freude, wenn man mitten drin steckt. Doch die Liebe des Vaters verfolgt mit der Erziehung seiner Kinder ein wichtiges Ziel: Wir sollen Ihm ähnlicher werden.
Und wie sollen wir uns verhalten, wenn seine Erziehungswege mit uns unverständlich sind? Dann lasst uns sowohl seine Souveränität anerkennen als auch die Tatsache, dass Er uns nicht alles erklären kann. Dabei wollen wir aber nicht vergessen, dass Er es gut mit uns meint. Seine Wege werden schliesslich zu seiner Ehre und zu unserem Segen ausschlagen.
Der Gläubige ruft zu Gott
Die bedrängten Gläubigen fragen sich, warum dies alles über sie gekommen ist, da sie doch Gott nicht vergessen haben. Sie sind auch nicht von Ihm abgewichen und haben sich nicht zu einem fremden Gott gewandt. Diese Fragen und Argumentationen berühren einen wichtigen Punkt in den Erziehungswegen Gottes mit den Seinen. Die Wege Gottes, die Er uns führt, sollten wir niemals als Strafe oder Vergeltung auffassen. Wir lernen dies aus dem Buch Hiob. Die Strafe für unsere Sünden trug der Heiland am Kreuz. Und Gott straft nicht zweimal. Aber Er erzieht uns. Manchmal legt Er uns etwas Schweres auf, um uns vor Überheblichkeit, vor Hochmut und Eigendünkel zu bewahren. Immer entspringen seine Wege der Erziehung oder Züchtigung seinem liebenden Herzen, das nur das Beste für uns im Sinn hat.
Vers 23 zeigt, dass die Leiden jener Juden mit denen eines Märtyrers vergleichbar sind, die für den Namen des Herrn Jesus Christus verfolgt werden (vergleiche das Zitat aus Römer 8,36).
Die Fragen in den Versen 24 und 25 verstehen wir alle sehr gut. Auch unser Leben verläuft nicht immer im Stillsein und im Vertrauen auf den Herrn. Sobald wir auf die Umstände statt auf den Herrn blicken, besteht die Gefahr, dass die herrschende Situation uns niederdrückt. Verzweifelt fragen wir dann: «Warum schläfst du, Herr?» Aber Er schläft nicht und vergisst uns nicht (Psalm 121,4).
Christus regiert als König
Sozusagen als Antwort auf das Rufen des bedrängten gläubigen Überrests der Juden in den vorherigen Psalmen, wird jetzt der Messias (Christus) vorgestellt. Es geht um sein Kommen in Herrlichkeit und wie Er sich mit dem treuen Überrest verbindet, was durch die Vermählung mit der Königin vorgestellt wird.
Der inspirierte Psalmdichter freut sich, die Herrlichkeit des kommenden Königs zu beschreiben (Vers 2). Es ist die gleiche Person, die einst als abhängiger Sohn des Menschen in Demut einen Dienst der Gnade ausgeübt hat. Die Holdseligkeit seiner Lippen erinnert an seine Worte der Gnade, über die sich seine Landsleute einst verwunderten (Lukas 4,22).
In diesem Psalm wird Er aber als einer beschrieben, der «Krieg führt in Gerechtigkeit». Nach der Unterwerfung seiner Feinde richtet Er ein Reich auf, das durch nichts erschüttert werden kann und in dem Gerechtigkeit herrscht.
Vers 7 wird in Hebräer 1 zitiert und macht deutlich, dass der König, der einmal über Israel und alle Nationen regieren wird, niemand anders als der ewige Sohn Gottes ist. Darum ist sein Thron ein ewig bleibender.
Die Königin, die zur Rechten des Messias-Königs steht, ist die irdische Braut des Herrn Jesus. Wir denken an das irdische Jerusalem im Gegensatz zum himmlischen, das von der Versammlung Gottes spricht (Offenbarung 21,9-11). Wenn Christus in Herrlichkeit erscheinen wird, wird Er sich mit dem gottesfürchtigen Überrest der Juden verbinden und diese Treuen als sein Volk anerkennen.
Die Königin zur Rechten des Königs
In den Versen 11 und 12 wird die Königin angesprochen. Warum soll sie ihr Volk und das Haus ihres Vaters vergessen? In der Zukunft wird die Beziehung zwischen Christus und seinem Volk eine ganz andere sein als die Beziehung, die zwischen Gott und seinem Volk auf der Grundlage des Gesetzes bestand. Im neuen Bund wird Gott alle Verpflichtungen übernehmen und nichts mehr vom Menschen verlangen. Alles Versagen des Menschen unter Verantwortung wird dann vorüber sein. Christus wird in seiner irdischen Braut die Schönheit sehen, die seine Gnade ihr verleiht. Sie wird aufgefordert, Ihm, der auch ihr Herr ist, zu huldigen oder Ihn anzubeten.
Vers 13 deutet an, dass auch die Nationen ihren Platz im Friedensreich des Herrn Jesus haben werden. Alle werden Christus als König der Könige und Israel als sein Volk anerkennen und mit Geschenken ihre Gunst suchen.
Welch eine Freude für den Herrn Jesus, wenn Israel, seine irdische Braut, als herrliche Königin vor Ihm stehen wird! Auch diese wunderbare Szene (Verse 14-16) gehört zur Frucht der Mühsal seiner Seele, an der Er sich sättigen wird. Denn die Wiederherstellung seines irdischen Volkes und seine Einführung in den Segen des Tausendjährigen Reiches gründen sich auf das Werk, das Christus am Kreuz vollbracht hat. Ohne das Kreuz könnte Psalm 45 nicht in Erfüllung gehen. Darum wird Er, der einst das Lamm Gottes in Niedrigkeit war und dann der König in Herrlichkeit sein wird, immer und ewig gepriesen werden.
Gott ist Zuflucht und Stärke
Dieser Psalm spricht vom Vertrauen des gläubigen Überrests aus Israel und von der Befreiung Jerusalems beim Kommen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit. Wenn Gott durch Christus zugunsten seines Volkes und der Stadt Jerusalem eingreifen wird, dann werden alle Feinde besiegt werden. Die gottesfürchtigen Juden werden die Hilfe und den Beistand ihres Gottes auf wunderbare Weise erfahren.
Doch die Worte dieses Psalms ermuntern auch jeden gläubigen Christen. In einer Gott feindlichen Welt bleibt Er unsere Zuflucht und Stärke. Bei Ihm finden wir jede nötige Hilfe. Wir brauchen uns wirklich nicht zu fürchten. Die Frage ist nur: Vertrauen wir Ihm auch von ganzem Herzen?
Ströme und Bäche reden in der Bibel oft von Segen (Psalm 36,9; Offenbarung 22,1). Wo entspringen diese Wasser, die die Stadt und das Heiligtum Gottes erfreuen? In Offenbarung 22,1 fliesst der Strom von Wasser des Lebens aus dem Thron Gottes und des Lammes hervor. Der Fluss, den Hesekiel sieht, entspringt im Tempel Gottes (Hesekiel 47). Wahrer Segen hat seine Quelle in der Gegenwart Gottes. Haben wir das nicht schon erfahren, wenn wir als Glaubende im Namen des Herrn versammelt waren und Er mit seinem Segen in unserer Mitte war? (Matthäus 18,20).
Vers 10 deutet an, dass einmal alle Kriege zu Ende sein werden. Wenn Christus in Gerechtigkeit und Frieden 1000 Jahren regieren wird, wird man den Krieg nicht mehr lernen. Die vorhandenen Waffen werden zerstört oder umfunktioniert werden (Jesaja 2,4).
Gott herrscht als König
Dieser Psalm ist gewissermassen die Fortsetzung von Psalm 46. Christus wird in Macht und Herrlichkeit erscheinen und dem treuen Überrest seines Volkes zu Hilfe kommen. Er wird Jerusalem, die Stadt Gottes, befreien und dann seine Herrschaft antreten. Das wird einen weltweiten Jubel auslösen. Nicht nur das irdische Volk Gottes wird zum Lob aufgerufen. Auch die übrigen Völker der Erde, die ebenfalls in den Genuss der segensreichen Regierung des Herrn Jesus Christus kommen, sollen dem König der ganzen Erde Psalmen singen. Es wird eine unvorstellbar herrliche Zeit für die Erde sein.
Der fünfte Vers erinnert an die Auserwählung Israels auf Grund der Liebe und Gnade Gottes. «Nicht weil ihr mehr wäret als alle Völker, hat der Herr sich euch zugeneigt und euch erwählt; denn ihr seid das geringste unter allen Völkern; sondern wegen der Liebe des Herrn zu euch» (5. Mose 7,7.8).
Wenn schon das Volk Israel und mit ihm die Nationen zu Beginn des Tausendjährigen Reiches so viel Grund zum Jubeln und zum Lobpreis Gottes haben, wie viel mehr wir Christen! Sind wir nicht auserwählt vor Grundlegung der Welt, um Kinder und Söhne Gottes zu sein? Ist der allmächtige, grosse Gott nicht unser Vater geworden, der uns als seine Kinder liebt und in dessen ewigem Haus wir einmal für immer zu Hause sein werden? Ja, gepriesen und angebetet sei Er, der uns so sehr geliebt hat, dass Er seinen eingeborenen Sohn auf die Erde und in den Tod gab, damit jeder Glaubende ewiges Leben habe und sein Kind werde.
Die Stadt des grossen Königs
Thematisch gehört dieser Psalm zu den zwei vorangegangenen. Er handelt ebenfalls vom Lob Gottes zu Beginn des Tausendjährigen Reiches. Jerusalem wird das Zentrum der Regierung des Herrn Jesus sein. Sie wird genannt: Stadt des grossen Königs, Stadt des Herrn und Stadt unseres Gottes. Eng verbunden mit der Stadt Jerusalem ist der Berg Zion. Zion spricht von Gnade. Grundlage des zukünftigen Segens für Israel und die Welt ist nicht das Verdienst der Menschen, sondern die unumschränkte Gnade Gottes. Und so ist der Berg Zion der Sitz der königlichen Macht in Gnade (Hebräer 12,22).
«Wie wir gehört hatten, so haben wir es gesehen.» So reden die gläubigen Juden, die in das Reich eingegangen sind. Mit Bewunderung werden sie bekennen, dass alle Verheissungen Gottes sich erfüllt haben. Im Innern des Tempels, in der Gegenwart Gottes, denken sie über all seine Güte nach. Die Folge wird Lob und Freude sein.
Der letzte Vers ist von allgemeiner Bedeutung und trifft auch auf uns zu. Was Gott für das Volk zu Beginn des Reiches war, das wird Er auch während 1000 Jahren sein. «Dieser Gott ist unser Gott.» Die Beziehung, in die wir bei unserer Bekehrung zu Ihm kamen, bleibt für ewig. Wir sind und bleiben seine geliebten Kinder. Er ist und bleibt unser Gott und Vater. Gestützt auf diese Tatsache können wir mit vollem Vertrauen sagen: Er wird uns leiten bis ans Ziel. Kein Gläubiger braucht sich zu fürchten. Der Herr selbst ist die Garantie dafür, dass all die Seinen das Ziel erreichen werden.
Reichtum kann nicht erretten
Die Aussagen, die wir in diesem Psalm finden, gelten für alle Zeitalter. Und weil diese Worte für uns Menschen so bedeutungsvoll sind, hat dieser Psalm eine besonders lange Einleitung (Verse 2-5). Jeder ist angesprochen, jeder soll hinhören, wenn der von Gott inspirierte Psalmdichter spricht.
Es geht um Menschen, die auf ihr Vermögen vertrauen, die sich ihres materiellen Reichtums rühmen. Der Glaubende braucht sich vor ihrem Einfluss nicht zu fürchten, denn er weiss, dass sie mit all ihrem Reichtum ihre Seele nicht erlösen können. Kein Mensch kann sich einen Platz im Himmel erkaufen. Die Erlösung sündiger Menschen hat viel mehr gekostet als aller Reichtum dieser Welt. Der Apostel Petrus schreibt, dass die Glaubenden nicht mit Silber oder Gold erlöst worden sind, sondern mit dem kostbaren Blut des Lammes Gottes (1. Petrus 1,18-21). Gott hat seinen eigenen Sohn als Mensch auf diese Erde und in den Tod gegeben. Am Kreuz ist Jesus Christus für alle die gestorben, die je an Ihn glauben. Nur aufgrund dieses Sühnungstodes kann Gott Glaubende begnadigen und erlösen. Einen anderen Weg gibt es nicht.
Eine weitere wichtige Wahrheit finden wir in Vers 11. Der Psalmist erkannte, dass alle Menschen sterben müssen, ob sie nun weise oder unvernünftig gelebt haben. Und von ihrem materiellen Besitz kann keiner etwas mitnehmen. Das letzte Hemd hat keine Taschen. Und doch nehmen die Menschen etwas in die Ewigkeit mit: alle ihre unvergebenen Sünden.
Reichtum besteht nicht ewig
Ab Vers 12 kommt der Psalmist wieder auf die Reichen dieser Welt zu sprechen. Vielleicht weil sie merken, dass der Tod auch für sie eine Realität ist, versuchen sie, ihren Namen und ihre Häuser auf dieser Erde möglichst zu verewigen. Aber was nützt dies, wenn der Mensch selbst nicht bleibt? «Wenn er stirbt, nimmt er das alles nicht mit; nicht folgt ihm hinab seine Herrlichkeit.» Aber etwas anderes folgt dem, der nur für das Diesseits gelebt und sich nicht um die Rettung seiner Seele gekümmert hat. Wir haben bereits gestern daran gedacht: seine vielen Sünden. Wenn er einmal zum Gericht auferstehen wird, werden all die ungesühnten Sünden auch noch da sein.
Der Psalmdichter aber kennt Gott als seinen Erlöser. Deshalb kann er zuversichtlich sagen: «Gott aber wird meine Seele erlösen von der Gewalt des Scheols; denn er wird mich aufnehmen.» Obwohl er die Belehrung des Neuen Testaments über die Auferstehung zum Leben und die Entrückung nicht kannte, wusste er, dass Gott ihn aufnehmen würde.
Aus den Versen 15 und 21 haben gewisse Menschen den falschen Schluss gezogen, der Ungläubige würde nach dem Tod vernichtet, d. h. er höre auf zu existieren. Aber das ist eine Lüge des Teufels, mit der er die ungläubigen Menschen zu beruhigen sucht. Tatsache ist, dass der Herr Jesus selbst von einer Auferstehung zum Gericht spricht und in der Offenbarung das Gericht aller Ungläubigen klar beschrieben wird (Johannes 5,28.29; Offenbarung 20,11-15).
Gott richtet sein Volk (1)
In diesem Psalm tritt Gott als Richter gegen sein eigenes Volk auf. Worin machte es sich schuldig? Die Menschen aus Israel hatten Gott viele Opfer gebracht.
Aber wie sah es in ihrem Herzen aus? Sie meinten, mit den Tieropfern Gott zufrieden zu stellen. Er aber schaute aufs Herz, und darin fand Er weder wahres Lob noch ein ernsthaftes Beten zu Ihm. Er, dem ohnehin alle Tiere, ja, überhaupt alles gehört, brauchte die Opfertiere der Israeliten nicht. Vielmehr wartete Er auf Opfer des Lobes und Dankes von ihnen.
Gott sieht in seinem Volk, dem Er als Richter gegenübertreten muss, auch einen gläubigen Überrest, «die Frommen». Wodurch zeichnen sie sich aus? «Sie haben meinen Bund beim Opfer geschlossen», sagt Er von ihnen. Ist das nicht eine schöne Bezeichnung für Glaubende, die sich als Sünder nicht auf eigene Bemühungen oder religiöse Übungen stützen, sondern nur auf das Blut und das Opfer des Heilands?
Der 15. Vers ist vielen Gläubigen gut bekannt. Man hat im Blick auf seinen Inhalt auch schon von der Telefon-Nummer des Himmels gesprochen: 5015. Ja, in der Not darf jeder Erlöste seinen Gott anrufen und auf seine Rettung warten. Er verheisst jedem aufrichtig Rufenden: «Ich will dich erretten.» Und wenn wir Gottes Durchhilfe erfahren haben, dann lasst uns das Danken nicht vergessen: «Und du wirst mich verherrlichen.»
Gott richtet sein Volk (2)
Ab Vers 16 hat Gott als Richter seines Volkes ein ernstes Wort an die Gottlosen. Es sind die Ungläubigen, die die Worte der Bibel wohl im Mund führen, aber nicht nach den Anweisungen des Wortes Gottes leben. Er sagt zu ihnen: «Du hast meine Worte hinter dich geworfen» und führst ein sündiges Leben.
Gott wartet oft sehr lange, auch heute. Wenn aber jemand nur ein äusseres Bekenntnis zum Christentum hat, daneben aber ein Leben führt wie die ungläubigen Menschen dieser Welt, die nichts von Gott wissen wollen, wird er einmal ewig verloren gehen. Wenn seine Stunde der Verantwortung kommt, wird kein Retter da sein, denn er hat sich nie in Buße und Glauben zum Heiland gewandt.
Im letzten Vers werden zwei wichtige Sphären aufgezeigt, in denen der Gläubige sich bewegt. Er darf in die Gegenwart Gottes treten und Ihm das Lob und den Dank seines Herzens darbringen.
Anderseits befindet er sich in der Welt, umgeben von Ungläubigen. Hier soll er täglich in praktischer Gerechtigkeit leben, d. h. seinen Lebensweg so einrichten, dass er Gottes Anerkennung findet. Das ist kein einfacher Weg. Da begegnen uns manche Schwierigkeiten. Doch dann dürfen wir uns an Vers 15 erinnern und am «Tag der Bedrängnis» zu Gott rufen. Er wird nach seiner Weisheit und wie es am besten für uns ist antworten.
Das Ziel dieses Weges ist das Heil oder die Errettung nach Geist, Seele und Körper, wenn der Herr kommt, um uns zu sich zu holen.
Sündenbekenntnis
David war ein gläubiger Mann. Doch er fiel als König Israels in eine schwere Sünde. Er hatte Ehebruch betrieben und wollte diese Sünde mit einem Mord vertuschen. Aber Gott sandte den Propheten Nathan zu ihm, um ihn von seiner bösen Tat zu überführen (2. Samuel 11,1 – 12,15). Dieser Psalm zeigt uns, wie David durch ein aufrichtiges, schonungsloses Bekenntnis gegenüber Gott wieder zurechtkam. Auch wenn wir als Gläubige keine so schwere Sünde wie David verübt haben, wollen wir doch die in diesem Psalm enthaltenen Grundsätze auch für uns nehmen. Wenn wir als Kinder Gottes sündigen, dürfen wir dies jederzeit aufrichtig unserem Vater bekennen. Dann wird Er uns vergeben. Aber vielleicht ist uns nicht immer bewusst, dass jede Sünde, die wir verüben, ein Vergehen gegen Gott ist (Vers 6)!
Eine weitere Erkenntnis liegt in Vers 7. Unsere alte Natur ist durch und durch verdorben. Jeder von uns hat die Sünde als Wurzel in sich, und dies solange wir hier leben. In unserem Fleisch wohnt nichts Gutes. Es kann auch nicht verbessert werden.
Vers 8 warnt uns vor Unaufrichtigkeit. Wie leicht reden wir uns ein, es sei nicht so schlimm. Wir bemühen uns, die Sache in einem möglichst guten Licht darzustellen. Doch im Innersten wissen wir: Es ist eine Sünde, die bekannt werden muss, sonst kann Gott nicht vergeben. Froh können wir erst wieder werden, wenn die Sache vor Gott und wenn nötig vor Menschen wieder in Ordnung gekommen ist (Vers 10).
Wiederherstellung
David betete: «Verwirf mich nicht von deinem Angesicht.» Wird Gott, der Vater, eines seiner Kinder verwerfen, wenn es in Sünde fällt? Nein! Vom Herrn Jesus lesen wir, dass Er unser Sachwalter oder Fürsprecher ist, «wenn jemand gesündigt hat» (1. Johannes 2,1). Er übernimmt unseren Fall und gibt ihn nicht einfach auf. Welch ein Trost für jeden, der über die Sünde trauert, die in seinem Leben als Kind Gottes vorgekommen ist!
Aber die Sünde stört die Gemeinschaft zwischen uns und Gott. Und damit verschwindet auch die Freude (Vers 14). Sie kehrt erst wieder zurück, wenn wir zu Gott zurückgefunden haben, und zwar mit einem zerbrochenen und zerschlagenen Herzen. Dann wird Gott vergeben und wir dürfen aufs Neue die Freude der Gemeinschaft mit Ihm geniessen.
Als solche, die Gottes Barmherzigkeit und Vergebung erfahren haben, dürfen wir unsere Erfahrungen weitergeben (Vers 15). Um uns her leben noch so viele Menschen unversöhnt mit Gott. Sagen wir ihnen doch, dass Gott auch ihnen alle Schuld und jede Sünde vergeben will, wenn sie mit einem aufrichtigen Bekenntnis zu Ihm umkehren! Dann wird die Freude des Heils auch in ihr Herz einkehren.
Der Psalmist schliesst mit Opfern als einem Ausdruck von Lob und Dank. Das ist die Antwort eines Herzens, das sich der Vergebung Gottes gewiss ist und sich darum wieder uneingeschränkt freuen kann.
Der Gottlose und der Gerechte
Die Anfangsverse beschreiben die Begleitumstände, unter denen dieser Psalm gedichtet wurde. Es war die Anfangszeit der Flucht Davids vor Saul. Da kam er ins Haus des Priesters Ahimelech und bat um Brot für seine Leute. Aber Doeg, der Edomiter, der sich zu jener Zeit in Silo aufhielt, verriet die priesterliche Familie, sodass König Saul alle töten liess (1. Samuel 22 und 23).
Die ernsten Worte, die David in diesem Psalm an den gewalttätigen Doeg richtete, haben eine prophetische Bedeutung. Dieser Gewaltige, der das Böse mehr geliebt hat als das Gute, deutet auf den Antichristen in der Endzeit hin. Dieser Mensch der Sünde plant und führt auch Verderben gegen die gottesfürchtigen Juden aus, die ihn nicht als Messias anerkennen. Aber Gott wird ihn zerstören. Wenn Christus in Macht und Herrlichkeit erscheinen wird, werden das Tier (der Herrscher des Römischen Reiches) und der falsche Prophet (der Antichrist) auf der Stelle in den Feuersee geworfen werden (Offenbarung 19,20).
In den Versen 10 und 11 äussert David prophetisch die Worte des treuen Überrests, den der Herr Jesus bei seinem Kommen befreien wird. Sie haben vertraut und wurden nicht beschämt. Nun preisen sie Den in Ewigkeit, der alles für sie so wunderbar ausgeführt hat.
Nie beschämt Gott das Vertrauen der Seinen. Darum lasst auch uns auf seine Güte vertrauen und auf seinen Namen harren.
Der Abfall der Gottlosen
Interessanterweise ist dieser Psalm bis auf wenige Worte eine Wiederholung von Psalm 14. Es ist sicher nicht von ungefähr, wenn Gott in seinem ewigen Wort etwas wörtlich wiederholt. Betrachten wir den Inhalt der Verse genauer, dann müssen wir sagen: Er ist zeitlos aktuell.
Der Mensch hat Gott, seinem Schöpfer, nicht nur den Rücken zugekehrt (1. Mose 4,16). Manch einer versteigt sich sogar zur Behauptung: «Es ist kein Gott!» Aber Gott ist da, und Er sieht alle Menschen. Ja, Er schaut nach Verständigen aus, nach solchen, die nach Ihm fragen. Doch da ist kein Einziger, der, gemessen am Massstab Gottes, Gutes tut. Als seine Geschöpfe haben wir alle versagt.
Die Verse 5-7 beziehen sich zwar auf das irdische Volk Gottes und wie Er den Gottesfürchtigen zu Hilfe kommt und sich gegen ihre Feinde wendet. Allgemein gesehen, deuten sie aber darauf hin, dass Gott das gottlose Verhalten der Menschen nicht einfach übergeht. Die Zeit wird kommen, da Er jeden zur Rechenschaft ziehen wird, der nicht umgekehrt ist, der Gott nicht gesucht und den Heiland, Jesus Christus, nicht im Glauben angenommen hat. Am grossen weissen Thron des Weltenrichters wird kein Ungläubiger vorbeikommen (Offenbarung 20,11-15).
Warum aber muss der Tor es in seinem Herzen beteuern: «Es ist kein Gott!»? Weil sein Gewissen, solange es sich noch regt, das Gegenteil sagt. Ist nicht die Schöpfung einer der Beweise dafür, dass es einen Gott gibt? (Römer 1,19.20).
Der Gottesfürchtige ruft um Rettung
Zweimal heisst es, dass die Siphiter David an Saul verrieten, als er sich auf der Flucht vor dessen Nachstellungen in ihrer Gegend aufhielt (1. Samuel 23,19; 26,1).
Beide Male versuchte der König mit seinen Soldaten, David zu verhaften. Das erste Mal gelang es Saul, David und seine Männer zu umzingeln. Da blieb dem tapferen, gottesfürchtigen David wirklich nur noch der Ausweg nach oben. Der Psalm zeigt uns etwas von seinem Rufen nach Rettung. Im geschichtlichen Bericht finden wir, wie Gott auf seine Weise eingegriffen hat: Die Philister fielen ins Land ein, sodass Saul die Verfolgung Davids für den Moment aufgeben und den Feinden entgegenziehen musste. So konnte David dem Würgegriff Sauls entschlüpfen (1. Samuel 23,26-28).
In der zweiten Hälfte des Psalms sehen wir etwas vom Gottvertrauen Davids. Auch als die Lage menschlich gesehen ausweglos war, hielt er am Herrn fest: «Gott ist mein Helfer.» Er wurde nicht enttäuscht.
Und so endet der Psalm mit Lob und Dank und mit dem Zeugnis: «Aus aller Bedrängnis hat er mich errettet.» Wie gut ist der Herr!
Der Gott Davids ist auch unser Gott. Darum lasst uns Ihm ebenso vertrauen, und wenn wir im Leben in eine Situation kommen, die für uns ausweglos aussieht, dann wollen wir unser Vertrauen auf Gott nicht aufgeben, sondern wie David sagen: «Gott ist mein Helfer», und uns einfach auf Ihn stützen.
Der Gläubige wird bedrängt
David fleht hier in grosser Bedrängnis und Angst zu Gott. Seine Worte lassen uns an die Zeit denken, da er vor seinem Sohn Absalom fliehen musste.
Prophetisch drücken die von David geäusserten Worte die grosse Not aus, in der sich der gläubige Überrest in der Endzeit befinden wird.
Aber manchmal werden die Angriffe der Menschen auch für einen gläubigen Christen so schlimm, dass er am liebsten weit fort fliehen würde. David wünschte sich Flügel einer Taube, um wegzufliegen. Aber dieses Gebet erhört Gott nicht immer. Oft können wir den Umständen einfach nicht entfliehen. Dann möchte der Herr, dass wir auf Ihn harren und auf Ihn vertrauen. Er wird uns nach seiner Verheissung neue Kraft schenken, damit wir uns mit unseren Flügeln des Glaubens aufschwingen können und nicht von den Umständen erdrückt werden (Jesaja 40,31).
Was David in diesem Psalm beschreibt, erlebte der Herr Jesus in besonderer Weise. Er kam als Mensch auf diese Erde und erfuhr sehr viel Feindschaft von den Menschen. Wie haben sie Den gehasst, der ihnen nur Liebe erwies! Wo fand Er einen Zufluchts- und Ruheort für seine Seele? Nur in seinem Gott. Darum suchte Er frühmorgens einen öden Ort auf, um zu beten, oder verharrte eine ganze Nacht im Gebet auf dem Berg (Markus 1,35; Lukas 6,12).
So dürfen auch wir immer wieder im Gebet unsere Zuflucht zu unserem Gott und Vater nehmen und bei Ihm zur Ruhe kommen.
Der Gläubige hofft auf Gott
Wer war diese Person, von der David in den Versen 13-15 spricht? Wer war dieser Freund und Vertraute, der zu seinem Widersacher wurde? Wir können an seinen Sohn Absalom denken, der sich gegen ihn erhob, um das Königtum an sich zu reissen. Aber da war auch Ahitophel, einer seiner weisen Berater, der den König verliess und zu seinem rebellischen Sohn hielt (2. Samuel 15 – 17).
Hat der Herr Jesus mit seinem Jünger Judas Iskariot nicht Ähnliches erleben müssen? Jahrelang genoss dieser Mann die Nähe eines Meisters, wie es keinen zweiten gibt. Am Ende dieser Zeit «verkaufte» er Ihn an seine Feinde für den lächerlichen Preis von 30 Silberstücken und verriet Ihn in der Dunkelheit des Gartens Gethsemane mit einem Kuss. Welch ein Schmerz für das Herz unseres Herrn!
Ahitophel und Judas fanden beide ein schreckliches Ende, indem sie in der Verzweiflung Selbstmord begingen.
Prophetisch reden die Worte dieses Psalms vom Antichristen. Dieser Mann der Sünde wird sich als sehr religiös ausgeben. Aber er wird schlimm gegen alle die vorgehen, die ihn nicht als Messias anerkennen werden, und das werden die Gottesfürchtigen des Überrests sein.
Der 23. Vers ist eine Ermunterung für jeden geprüften Gläubigen. Wenn wir alles im Gebet auf den Herrn werfen, wird Er uns erhalten und nicht zulassen, dass wir wanken oder einknicken.
Vertrauen auf Gottes Treue
Vers 1 erinnert an die Situation, in der David diesen Psalm dichtete. Wieder war er in Not. Dieses Mal hielt er sich in Gat auf, da er hoffte, im Land der Philister Ruhe vor Sauls zu finden. Doch da gab es neue Bedrohungen (1. Samuel 21,11-16).
Auch dieser Psalm spricht prophetisch von dem, was die treuen Juden des Überrests in der zukünftigen Drangsalszeit durchmachen werden. Doch wir wollen uns heute auf die Verse konzentrieren, die für die Gläubigen aller Zeitperioden gültig sind:
Vers 5. Wohl jedes Kind Gottes hatte schon einmal Angst. Kennst du das nicht aus eigener Erfahrung? Dann dürfen wir diese Worte für uns nehmen und unser ganzes Vertrauen auf den Herrn setzen.
Vers 9. Nichts in unserem Leben entgeht Gott. Er nimmt Kenntnis von unserem Weg und weiss um jeden Fehltritt. Keine unserer Tränen übersieht Er. Und einmal wird der herrliche Augenblick kommen, da alle Schwierigkeiten, Nöte und alles Versagen hinter uns liegen werden. Dann wird Er selbst jede Träne von unseren Augen abwischen und damit jede Erinnerung an vergangenes Leid wegnehmen. Wie herrlich wird das sein!
Vers 10. «Dies weiss ich, dass Gott für mich ist.» Das sagt Paulus auch in Römer 8,31 und fügt hinzu: «Er, der doch seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat: wie wird er uns mit ihm nicht auch alles schenken?»
Verse 5.11. Das Wort Gottes nimmt hier einen wichtigen Platz ein. Der Glaube empfängt es, stützt sich darauf und freut sich darüber.
Vertrauen auf Gottes Rettung
Die Überschriften mancher Psalmen Davids zeigen, dass er sie vor allem in Zeiten der Verfolgung und Bedrängnis gedichtet hat. So hat er diesen Psalm vermutlich damals geschrieben, als er sich mit seinen Männern in einer Höhle versteckte und Saul ein Stück weit in die gleiche Höhle hineinging (1. Samuel 24,1-8). Was wäre geschehen, wenn David entdeckt worden wäre?
In seiner Not und Bedrängnis nahm er Zuflucht zum Schatten der Flügel Gottes, «bis das Verderben vorübergezogen ist». Die Flügel der göttlichen Liebe sind besser als die Flügel der Taube, um den Umständen zu entrinnen (Psalm 55,7). Unter ihnen findet der Gläubige sowohl Ruhe als auch Schutz. Zudem erwartete David die Rettung von oben, von Gott, der es für ihn vollendet. So wird auch in der Zukunft der Herr Jesus als «König der Könige und Herr der Herren» aus dem Himmel herniederkommen, um seine Feinde zu vertilgen und den treuen Überrest der Juden zu befreien (Offenbarung 19,11-21).
«Befestigt ist mein Herz, o Gott.» Das ist die Sprache eines Gläubigen, der sich völlig auf Gott stützt. Er weiss: Der Herr wird es für mich vollenden (Vers 3). In diesem Vertrauen kann er ruhen und Gott loben und preisen.
Es fällt auf, wie oft in den Psalmen, in denen David sein Gottvertrauen ausdrückt, von Lob und Dank die Rede ist. David konnte singen, bevor die Antwort auf seine Bitte eintraf. Und wir? Loben wir auch im Vertrauen, bevor die Antwort da ist?
Gott zeigt sich im Gericht
Die Fragen des zweiten Verses richten sich an die Richter, d. h. an die, deren Aufgabe es ist, für Gerechtigkeit zu sorgen. Doch die weiteren Verse sind eine Anklage gegen alle, die Unrecht tun und das Böse fördern. Es ist eigentlich der Weg des Menschen, der ohne Gott lebt. Von den Gottlosen heisst es in Vers 4: Sie sind von Geburt an abgewichen. Ja, der Mensch wird als Sünder geboren und solange er nicht Buße tut und an den Erlöser glaubt, lebt er als Sünder. Daher sucht man auf dieser Welt vergeblich nach echter Gerechtigkeit.
Erst wenn Gott selbst, in der Person des Herrn Jesus als Sohn des Menschen, als Richter auftreten wird, wird es auf dieser Erde wahre Gerechtigkeit geben (Vers 12b; Johannes 5,22.27; Matthäus 25,31.32). Vorher nicht.
Heute sind diese Verse, die nach Rache des Gerechten rufen, noch zukünftig. Jetzt leben wir im Zeitalter der Gnade, da der Herr Jesus den Menschen, bevor Er als Richter auftritt, als Heiland und Erlöser begegnen möchte. An uns liegt es, die Rettung, die Gott anbietet, im Glauben anzunehmen. Wer sein Gebot der Gnade zurückweist, wird seine Gerechtigkeit im Gericht erfahren müssen.
Der letzte Vers spricht vom Lohn für den Glaubenden. Gott wird einmal jede Treue im Leben der Seinen und jeden Einsatz für Ihn und seine Sache belohnen. Diese Anerkennung kommt mit der Regierung im Tausendjährigen Reich, die wir mit dem Herrn Jesus ausüben werden, zum Tragen (Lukas 19,16-19).
Bitte um Rettung von den Feinden
Dieser Psalm Davids entstand zu Beginn der langen Zeit, in der er von Saul mit tödlichem Hass verfolgt wurde. Nachdem eindeutig klar geworden war, dass sein Schwiegervater ihn töten wollte, gab es für David nur einen Ausweg: die Flucht (1. Samuel 19,10-12).
Warum wollte Saul ihn umbringen? Lag eine todeswürdige Schuld vor? Nein, überhaupt nicht. Gott hatte dem ungehorsamen König Saul erklärt, dass Er ihn verworfen habe. Das Königtum sollte sein Nächster bekommen, der besser war als er. Schon bald nach dem Sieg Davids über Goliath wurde Saul klar, wer dieser andere war: David (1. Samuel 18,8-11). Keine Schuld vonseiten Davids, sondern böser Neid und Hass machten Saul zum Feind Davids (Verse 4.5).
Diese schwere Zeit der Verfolgung gehörte zur Lebensschule Gottes für David. Da bereitete Er ihn für das wichtige Amt eines Richters und Königs in Israel vor. In diesen Jahren der Prüfung lernte David, sein Vertrauen allein auf Gott zu setzen, Hilfe nur von Ihm zu erwarten und nur bei Ihm Zuflucht in der Not zu suchen.
Vers 9 erinnert an Psalm 2, wo die Nationen gegen den Herrn und seinen Gesalbten auftreten und sich von Gott lossagen möchten. Die erste Reaktion Gottes auf diese Überhebung des Menschen ist ein spöttisches Lachen. Ja, der Mensch meint, er sei gross und mächtig, und ist doch so verschwindend klein in den Augen seines Schöpfers (Jesaja 40,12-17). Auch wir als Gläubige wollen nicht vergessen, wie gering und klein wir sind, und stets demütig vor Gott sein.
Bitte um Rache an den Feinden
In den notvollen Umständen, durch die Gott seinen Knecht David führte, machte dieser ganz persönliche Erfahrungen mit dem Allmächtigen. Nun konnte er sagen: Mein Gott, meine Stärke, meine hohe Festung, Gott meiner Güte (Verse 10.11.18). In Psalm 18, den David geschrieben hat, nachdem der Herr ihn aus der Hand aller seiner Feinde gerettet hatte, finden wir ähnliche persönliche Aussagen über Gott. Es gab für ihn keine unüberwindbaren Hindernisse mehr: «Mit meinem Gott werde ich eine Mauer überspringen» (Psalm 18,30).
Wenn wir uns ganz auf den Herrn stützen, werden wir ähnliche Erfahrungen wie David machen und unser Vertrauen zum Herrn wird gestärkt.
Vers 13 erinnert an Sünden, die wohl am häufigsten vorkommen. Wie schnell haben wir mit Worten gesündigt! Darum sollte das Gebet in Psalm 141,3 auch unsere Bitte sein: «Setze, Herr, meinem Mund eine Wache, behüte die Tür meiner Lippen!»
Auch dieser Psalm endet ähnlich wie Psalm 57 mit einem Lobgesang. David hat das Bedürfnis, seinen Gott, der ihm eine so starke Zuflucht ist, jubelnd zu preisen. Er will dem Gott seiner Güte Psalmen singen. Haben wir auch den Wunsch, Gott trotz den Schwierigkeiten, in denen wir uns befinden, zu loben und Ihm zu singen? Grund genug dafür hätten wir, wenn wir an seine Güte und Durchhilfe in vergangenen Tagen denken. Auch für uns bleibt wahr: Danken schützt vor Wanken; Loben zieht nach oben.
In grosser Bedrängnis
Die Überschrift lässt an schwere kriegerische Auseinandersetzungen denken. Aber aus den Versen 3-5 muss man doch schliessen, dass diese Angriffe verschiedener Feinde auf sein Volk eine Züchtigung Gottes waren. Irgendein Abweichen des Volkes führte dazu, dass Gott das Land erschüttern musste. Aber nun bittet der König David: «Führe uns wieder zurück!»
Auch in unserem Leben kann es vorkommen, dass Gott eingreifen muss, weil wir vom Weg abgekommen sind oder sonst versagt haben. Wie kann die Sache wieder in Ordnung kommen? Indem wir auf Gott blicken und auf Ihn hören. Er «hat geredet in seiner Heiligkeit». Sobald wir die Sache im Licht seiner Heiligkeit erkennen, dürfen wir sie bekennen und Er wird vergeben (1. Johannes 1,9).
Nachdem in den Versen 8-10 Gott gesprochen hat, fragt König David in Vers 11: «Wer wird mich … führen?» Wie schön ist die Antwort in Vers 12: «Nicht du, Gott, der du uns verworfen hast?» Der Herr, der sein Volk gezüchtigt hat, wird sein sicherer und treuer Retter und seine Kraft sein. Durch Ihn und mit Ihm werden die, die ohne Kraft sind, tapfere Taten tun.
Welch eine Ermunterung auch für uns! Der Gott Davids und Israels ist auch unser Gott. So wollen wir aus diesem Psalm lernen, die Züchtigung Gottes anzunehmen, das in Ordnung zu bringen, worauf Er allenfalls den Finger legt, und durch alles hindurch im Glauben auf Ihn zu blicken. Dann gilt auch für uns: «Mit Gott werden wir Mächtiges tun.»
Gebet
Die drei Psalmen 61, 62 und 63 stellen einen zusammenhängenden Gedanken vor. In Psalm 61 finden wir das Gebet des Glaubenden, in Psalm 62 sein Gottvertrauen und in Psalm 63 seine Gemeinschaft mit Gott.
David schreit hier im Gebet zu Gott. Haben wir nicht auch schon erlebt, dass Not beten lehrt? Und wenn wir zu Gott rufen, erfahren wir, dass Er uns auf einen Felsen leitet. Dieser Fels sind die Zusagen Gottes für uns in der Bibel – ein unerschütterliches Fundament für uns als Glaubende.
In Vers 4 blickt der Beter zurück und denkt an die erfahrene Hilfe Gottes in der Vergangenheit. Aber er schaut auch nach vorn und weiss: Mag passieren, was will, Gott wird mich ans Ziel bringen. Für uns Christen ist dies das Vaterhaus droben. Doch der Schutz seiner Flügel redet davon, dass wir als Gläubige schon auf dieser Erde Geborgenheit bei Gott finden.
Der erste Teil von Vers 7 hat sich bei David erfüllt, als er, nachdem er vor Absalom fliehen musste, wieder nach Jerusalem zurückkam. Aber der zweite Teil von Vers 7 und Vers 8 reden prophetisch vom Herrn Jesus. Er ist Mensch geworden und als Mann im Alter von ungefähr 33 Jahren gestorben. Doch Er ist auferstanden und lebt als Mensch in alle Ewigkeit vor Gott (obwohl Er gleichzeitig der ewige Sohn Gottes ist, der nie aufgehört hat, Gott zu sein).
Der Psalm endet mit dem Gedanken der ewigen Anbetung der Erlösten.
Gottvertrauen
Dieser Psalm spricht von echtem Gottvertrauen. Was ist darunter zu verstehen? Es ist ein Leben des Glaubens in Gemeinschaft mit Gott. David stützte sich nur auf seinen Gott (Verse 2.3.6.7). Er suchte keine Alternativen. Nur zu Ihm nahm er in allen Lebenslagen Zuflucht. Sein Gottvertrauen war eine Sache des Herzens. Er vertraute still.
In Vers 2 sagt er: «Von ihm kommt meine Rettung.» Aber Gott greift nicht immer sofort ein. Das müssen auch wir lernen und können dann mit David sagen: «Von ihm kommt meine Erwartung» (Vers 6) und den Zeitpunkt seines Eingreifens Gott überlassen.
Die Verse 4 und 5 deuten an, dass der Feind unserer Seelen sich bemüht, unser Gottvertrauen zu zerstören. Sowohl durch seine Macht (Vers 4) als auch durch seine Listen (Vers 5) versucht er, unseren Glauben an Gott zu erschüttern. Dazu bedient er sich Menschen, die sich gegen uns stellen. Mögen die Verse 6-8 auch unsere Antwort auf diese Angriffe sein!
David gab seine Erfahrungen weiter, indem er andere ermunterte, ebenfalls auf Gott zu vertrauen und dabei alles im Gebet vor Ihm auszuschütten (Philipper 4,6.7).
Die Verse 10 und 11 warnen davor, weder auf Menschen noch auf sich selbst zu vertrauen. Wir werden vielmehr aufgefordert, uns auf das Wort Gottes zu stützen, auf alles, was Er geredet hat und in der Bibel aufschreiben liess.
Gemeinschaft
In diesem Psalm spricht David nun von Gott selbst. Es geht ihm jetzt um Den, zu dem er gebetet und auf den er vertraut hat. Er hat eine persönliche Beziehung zu Ihm, denn er sagt von Ihm: «Du bist mein Gott!»
Den zweiten Teil von Vers 2 können wir gut auf die Zeit des Neuen Testaments übertragen, in der wir leben. Bei unserer Bekehrung empfingen wir das Heil unserer Seele, neues Leben; aber unser Körper ist noch nicht erlöst. Darum «schmachtet unser Fleisch» nach dem Tag der Erlösung. Darum erwarten wir den Herrn Jesus als Heiland, der kommen und uns zu sich entrücken wird (Philipper 3,20.21). Auch wir dürfen, während wir in dieser Welt (Wüste) leben, im Heiligtum die Macht Gottes, seine Herrlichkeit, aber auch seine Güte betrachten. Alles dies erkennen wir in unserem Herrn, der als verherrlichter Mensch zur Rechten Gottes thront und bald in Macht erscheinen wird.
Wenn David über all das nachdenkt, was sein Gott ihm bedeutet, dann kann er nur jubeln und preisen. Nicht nur seine Lippen sollen loben, auch sein Leben, sein ganzes Verhalten, soll zur Ehre Gottes sein.
Um die Gemeinschaft mit Gott geniessen zu können, müssen wir zur Ruhe kommen. Davon spricht Vers 7. Und Vers 8 erwähnt nochmals die erfahrene Hilfe und den Schutz, den wir bei Gott finden. Was ist die Schlussfolgerung von allem, was dieser Psalm uns vorstellt? Nachdem wir den Herrn und seine Herrlichkeit gesehen haben, möchten wir Ihm unmittelbar nachfolgen (Vers 9 Fussnote).
Schutz vor listigen Angriffen
Solange wir Gläubige in dieser Welt leben, sind wir von ungläubigen Menschen umgeben. Manchmal lassen sie uns ihre Feindschaft, die sich auch gegen unseren Herrn Jesus richtet, offen spüren. Dann dürfen wir uns im Gebet an Gott wenden, Ihm alles sagen und uns seinem Schutz und seiner Bewahrung anbefehlen.
Ungläubige Menschen denken oft, niemand würde sie sehen. Sie könnten ihre Pläne ohne Weiteres ausführen. Aber sie vergessen Gott. Ihm entgeht nichts. Manchmal greift Er plötzlich ein und lässt sie ernten, was sie gesät haben. Und wenn Er in der heutigen Zeit der Gnade den Dingen oft lange Zeit den Lauf lässt, bedeutet dies keineswegs, dass Er sie übersieht oder dass Ihm irgendetwas aus den Händen gleiten würde. In der Zukunft, wenn die Gläubigen entrückt sind, wird Gott wieder direkter in die Ereignisse eingreifen. Die Menschen werden dies erkennen und sich fürchten. Doch es wird für sie dann zu spät sein, noch Buße zu tun. Die Zeit der Gnade wird dann vorbei sein.
Als Glaubende wollen wir uns durch Vers 11 trösten und ermuntern lassen. Die tiefe Ursache unserer Freude sind nicht die Umstände – die oft sehr notvoll sein können –, sondern der Herr. Bei Ihm finden wir unsere Zuflucht. Und wir dürfen uns freuen, dass unserem Herrn und Heiland, der viel mehr als wir die Angriffe böser Menschen erfahren hat, einmal alle Ehre zuteil wird, die Ihm gebührt.
Gottes Segen im Friedensreich
Welch ein schöner Titel gibt David hier seinem Gott. Er nennt Ihn: Hörer des Gebets. Zu Ihm dürfen wir jederzeit und mit allem im Gebet kommen. Das gilt auch, wenn eine Sünde in unserem Leben vorgefallen ist. Dann wollen wir sie Ihm aufrichtig bekennen – und Er wird vergeben.
Wir denken bei diesen Versen vor allem an das Volk der Juden. Obwohl viele Juden in ihr Land zurückgekehrt sind, schweigt im Augenblick der Lobgesang in Zion. Er wird erst wieder zu Gottes Ehre ertönen, wenn dieses Volk im Glauben zu Ihm umgekehrt sein wird, d. h. wenn der gläubige Überrest die Schuld der Verwerfung von Christus einsehen, Buße tun und Vergebung erlangen wird. Sie werden in den Segen des Tausendjährigen Reiches eingehen. In jener Zeit wird Gott sich in wunderbarer Weise der Erde annehmen und alle dann lebenden Menschen werden es gut haben wie noch nie (Verse 5.10-14).
«Glückselig der, den du erwählst und herzunahen lässt!» Auch jeder gläubige Christ ist auserwählt, aber zu einer weit höheren und herrlicheren Bestimmung als die Israeliten. Wir sind auserwählt in Christus vor Grundlegung der Welt, um Söhne des himmlischen Vaters zu sein (Epheser 1,3-7). Als solche dürfen wir einmal ewig bei Ihm in seinem Haus weilen, da, wo der Herr Jesus selbst ist (Johannes 14,2.3; 17,24). Freust du dich über diese herrliche Stellung? Weilst du in Gedanken oft im Himmel, wo wir bald auch dem Körper nach sein werden?
Gott hilft seinem Volk
Diese Verse sind ein Psalm-Lied, das zum Lob Gottes und zur Bewunderung seiner Grosstaten aufruft. Zu Beginn des Tausendjährigen Reiches wird das wiederhergestellte Volk Israel die Menschen an die Grösse Gottes und an die Herrlichkeit seiner Werke erinnern und die ganze Erde zum Lob und zur Anbetung Gottes auffordern.
Dem Herrn Jesus als König der Könige und Herr der Herren werden sich alle unterwerfen müssen. Während seines Friedensreiches wird das geringste Anzeichen von Auflehnung sofort mit dem Tod bestraft werden. Seine gerechte Regierung wird den Frieden garantieren. Doch die Menschen, die dann nicht von neuem geboren sind, werden Ihm Gehorsam heucheln und sich Ihm mit Schmeichelei unterwerfen (Vers 3). Am Ende der tausend Jahre wird der Teufel für kurze Zeit losgelassen. Dann wird sich zeigen, dass die besten äusseren Voraussetzungen, wie sie während des Tausendjährigen Reiches herrschen werden, das Herz des Menschen nicht verändern können. Es wird zu einer letzten Rebellion gegen Jesus Christus kommen (Offenbarung 20,7-10).
In der Anwendung für uns sind die beiden Psalmen 65 und 66 eine Illustration von Jakobus 5,13: «Leidet jemand unter euch Trübsal? Er bete» (Psalm 65). «Ist jemand guten Mutes? Er singe Psalmen» (Psalm 66). Diese Reihenfolge sollte auch unser Leben prägen. Mit jeder Not dürfen wir im Gebet zu Gott kommen. Aber nachdem Er unser Flehen erhört hat, sollten wir das Loben und Danken auf keinen Fall vergessen.
Das Volk betet Gott an
In den Versen 10-12 denken die Gottesfürchtigen aus Israel an die Wege Gottes mit ihnen während der Drangsalszeit. Diese Prüfung und Läuterung, diese Bedrängnisse und Nöte (Feuer und Wasser) sind nötig, um die gläubigen Juden zur Buße und zur Einsicht über ihre Sünde der Verwerfung ihres Messias zu führen. Dann wird Gott aufgrund des Erlösungswerks von Golgatha vergeben und eine völlige Wiederherstellung schenken.
Nach der Wiederherstellung der Beziehung zwischen Gott und seinem irdischen Volk wird es wieder Opfer geben, die Gott wohlgefällig sind.
Wenn es um die Grosstaten Gottes, um seine auf der Erde offenbarten Werke geht, sagt der Psalmist: «Kommt und seht!» Wenn es sich aber um das Werk Gottes im Innern eines Menschen handelt, das niemand sieht, dann heisst es: «Kommt und hört!» Erst durch das mündliche Zeugnis und das veränderte Verhalten eines Menschen können andere erkennen, wenn ein Werk Gottes an Herz und Gewissen stattgefunden hat und jemand errettet ist (vergleiche Römer 10,9.10).
Vers 12b gilt auch für uns. Jedes Kind Gottes wird in der Schule Gottes erzogen. Dabei möchte der Vater, der uns liebt, uns von allem befreien, was nicht zu Ihm passt (Vers 10). Prüfungen sind nicht angenehm. Aber lasst uns ans Ziel denken: Er wird uns herausführen zu überströmender Erquickung.
Vers 18 erinnert uns daran, dass Gott die Beweggründe sieht, die unseren Gebeten zugrunde liegen. Er wird nur aufrichtige Bitten erhören.
Bitte um Segen
Dieser Psalm spricht von der herrlichen Zeit des Tausendjährigen Reiches. Dann werden alle Völker Gott preisen. Welch ein Gegensatz zu heute, da in unseren einst christlichen Ländern die Gottesfurcht immer mehr schwindet! Andere Nationen verehren entweder einen falschen Gott oder falsche Götter oder der Gedanke an einen allmächtigen Schöpfer-Gott wird überhaupt abgelehnt.
Bis der in diesen Versen beschriebene Zustand eintritt, muss die Welt noch zwei wichtige Lektionen lernen. Die erste ist Gerechtigkeit. Gott wird all das Böse nicht einfach übersehen. «Wenn deine Gerichte die Erde treffen, so lernen die Bewohner des Erdkreises Gerechtigkeit» (Jesaja 26,9). Das zweite ist Gnade. Darum die Bitte: «Gott sei uns gnädig … damit man auf der Erde deinen Weg erkenne.» Das Handeln Gottes mit seinem Volk Israel wird eine Demonstration seiner göttlichen Güte sein. «Jerusalem soll mir zum Freudennamen, zum Ruhm und zum Schmuck sein bei allen Nationen der Erde, die all das Gute hören werden, das ich ihnen tue» (Jeremia 33,9). Die Wiederannahme des irdischen Volkes Gottes, das wegen der Verwerfung seines Messias so lange Zeit auf die Seite gestellt wurde, wird für die Welt «Leben aus den Toten» bedeuten (Römer 11,15).
Die Aussicht dieses Psalms ist herrlich. Doch er geht nicht über die Erkenntnis Gottes hinaus. Wir aber dürfen Ihn als Vater kennen und sind als seine geliebten Kinder in seine unmittelbare Nähe gebracht.
Gott segnet sein Volk
Der Grundton dieses Psalms ist prophetisch. David als inspirierter Schreiber denkt an eine zukünftige Zeit und beschreibt das Kommen Gottes in der Person des Messias als ein mächtiger Monarch. Wir denken an das Erscheinen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit auf dieser Erde. Niemand wird Ihn auf diesem Weg hindern und Ihm entgegentreten können. Alle seine Feinde werden wie Wachs vor dem Feuer zerschmelzen (Offenbarung 19,19-21). Gleichzeitig blickt David zurück auf die Wege Gottes mit seinem Volk. Er beginnt den Lied-Psalm mit den gleichen Worten, die Mose einst äusserte, als die Bundeslade vom Sinai aufbrach, um weiterzuziehen (4. Mose 10,35).
Gott ist ein Vater der Waisen und ein Richter der Witwen. Bis heute will Er denen, die keine menschliche Stütze haben, ein liebender und fürsorgender Vater sein. Er übernimmt die Rechtssache derer, die leicht übervorteilt und ausgenützt werden, weil sie die Schwächeren sind. Welch ein Trost für alle einsamen und benachteiligten unter den Seinen!
«Gott lässt Einsame oder einzeln Zerstreute in einem Haus oder einer Familie wohnen, führt Gefangene hinaus ins Glück.» Menschen, die den Herrn Jesus noch nicht als ihren Heiland angenommen haben, sind oft innerlich einsam und gefangen in ihrem Leben als Sünder. Wer aber in Buße und Glauben zu Ihm gekommen ist und Ihm nachfolgt, hat eine grosse Familie, die Familie Gottes, gefunden. Er gehört als Kind des himmlischen Vaters nun auch dazu und erlebt das Glück und die Freiheit der Kinder Gottes.
Gott richtet die Feinde seines Volkes
Die Bibel berichtet uns von verschiedenen Bergen, die für Gott und sein Volk von Bedeutung sind. Vers 18 erinnert uns an den Berg Sinai. Er steht als Symbol für die Heiligkeit Gottes da. Dort hatte Israel sich freiwillig allen Forderungen Gottes unterstellt und musste dann erleben, wie furchtbar, ja, grauenerregend seine Heiligkeit für den natürlichen, nicht von neuem geborenen Menschen ist. Doch der Sinai ist nicht der Berg, den Gott zu seinem Wohnsitz begehrt hat (Vers 17). Das ist der Berg Zion (Psalm 132,13). Im Tausendjährigen Reich wird Zion der Sitz der königlichen Macht in Gnade sein. Und worauf gründet sich diese Gnade? Auf den Sühnungstod von Christus am Kreuz und auf seine siegreiche Auferstehung, die in Vers 19 angedeutet wird (vergleiche Epheser 4,8-10).
«Gepriesen sei der Herr!» Das gilt sowohl für das, was in Vers 19 steht, als auch für das, was in Vers 20 folgt. Wenn wir an den Herrn Jesus denken, der am Kreuz Satan besiegt und «die Gefangenschaft gefangen geführt» hat, dann haben wir als Erlöste und Befreite allen Grund, Ihn in alle Ewigkeit zu loben und zu preisen. Aber wir dürfen Ihn auch preisen für das, was wir jeden Tag erfahren: seine Durchhilfe und seine Rettung in den Umständen. «Tag für Tag trägt er unsere Last.» Nie wird Er müde, nie überlässt Er das, was Er uns auferlegt hat, einfach uns selbst. Jeden Tag ist Er mit seiner Kraft und seiner Gnade da. Gepriesen sei Er dafür!
Die Nationen anerkennen Israel
Bei der Beschreibung «der Züge meines Gottes» dachte David sicher an den triumphalen Einzug der Bundeslade in Jerusalem (1. Chronika 15). Die Bundeslade ist ein eindrückliches Bild von Christus selbst – wahrer Gott und wahrer, sündloser Mensch in einer Person. Wenn Er in der Zukunft in Jerusalem einziehen wird, wird nicht nur sein Volk Ihm zujauchzen, sondern alle Völker werden Ihn ehren (Psalm 66,8). Die Könige werden Geschenke bringen und sich der Oberherrschaft des Herrn Jesus unterwerfen. Alles wird sich auf Jerusalem konzentrieren; denn in dieser Stadt wird im Reich von Christus der Sitz der Zentralregierung der ganzen Erde sein.
Vers 32 erinnert an die Prophezeiung Jesajas über Ägypten und Assyrien, in der es heisst, dass Israel mit Ägypten und Assyrien ein Segen inmitten der Erde sein wird (Jesaja 19,23-25).
Obwohl im Tausendjährigen Reich die Universalherrschaft des Herrn Jesus von allen anerkannt werden muss und auch anerkannt wird, herrscht nicht einfach sklavische Unterwerfung, sondern Freude. Zu gross und herrlich ist der weltweite Segen jener Zeit, als dass sich jemand beklagen könnte oder es anders wünschte. So löst der Segen, unter dem dann alle Menschen auf der Erde stehen werden, in den Herzen Lob und Dank gegenüber dem Geber aus. «Singt Gott, besingt den Herrn … Gepriesen sei Gott!» Alle Ehre gebührt Dem, der hier einst der Verworfene und Gekreuzigte war.
Christus leidet
Dieser Psalm wird im Neuen Testament öfters zitiert. Immer geht es um die Erfüllung seiner Aussagen im Blick auf unseren Herrn. Im Zentrum stehen die Leiden unseres Erlösers in seinem Leben und am Kreuz. Wenn wir an seinen Tod denken, zeigt uns dieser Psalm besonders die Seite des Schuldopfers. Durch seinen Sühnungstod hat Er unsere Schuld, die wir vor Gott aufgehäuft haben, bezahlt (Vers 5b).
Die Verse 1-7 drücken prophetisch die Empfindungen des Heilands aus, als Er am Kreuz hing. Da ergoss sich der ganze Hass seiner Feinde über Ihn, obwohl sie überhaupt keine Ursache hatten, Ihn so zu behandeln. Und wie schwer war es für Ihn, die drei Stunden der Finsternis vor sich zu haben! Die Verse 2-4 drücken etwas von dieser Seelennot aus.
Die Verse 8-13 sind ein Rückblick auf sein Leben. Diese Worte zeigen uns seine Leiden um der Gerechtigkeit willen. Seine Brüder, die Söhne seiner Mutter, glaubten nicht an Ihn und lehnten Ihn damals noch ab (Johannes 7,5).
Auch die Tränen des Herrn Jesus drücken seine Leiden aus. Er weinte über Jerusalem. Er weinte am Grab von Lazarus, und auch im Garten Gethsemane hat Er «mit starkem Schreien und Tränen» zu Gott gebetet.
«Die im Tor sitzen» – das waren die Männer der Justiz und Verwaltung. Die Zecher sind die Leute in den Gaststätten. Beide Gruppen von Menschen – die hochgestellten und die gewöhnlichen Leute – lachten über Ihn. Wie furchtbar musste das alles den Herrn getroffen haben!
Christus betet
Diese Verse zeigen uns den Herrn Jesus am Kreuz. Wie gross war die Schmach, die Er da empfand! Sein Gebet ging zu Gott, der im Begriff stand, Ihn in den drei Stunden der Finsternis für uns zu schlagen. Obwohl Er um Erlösung und Errettung flehte, konnte Gott Ihm jene Wasser des Gerichts und jene Tiefen des völligen Verlassenseins nicht ersparen.
Wenn wir in Schwierigkeiten und Nöte kommen, in denen wir meinen, den Boden unter den Füssen zu verlieren, dann dürfen wir zu Gott rufen. Er vermag uns aus dem Schlamm zu ziehen und vor dem Ertrinken zu bewahren (Matthäus 14,30.31). Aber unser Herr bekam in den drei Stunden der Finsternis keine Antwort von Gott, zu dem Er schrie (Psalm 88,2.3.14-19).
Dreimal erwähnt der Herr in diesem Psalm den Hohn der Menschen. Er wurde für seine Treue und Hingabe an Gott in seinem Leben verhöhnt (Vers 8). Doch am Kreuz brach der Hohn sein Herz (Verse 20.21). Der Herr Jesus wartete gewissermassen auf irgendeine Liebes- und Mitleidsbezeugung vonseiten der Menschen. Doch Er fand nichts dergleichen (vergleiche dazu Psalm 22,7-9).
Die gottesfürchtigen Frauen, deren Herz für Ihn schlug, sahen von weitem zu (Matthäus 27,55). Sie waren selber so erschüttert. Wie hätten sie trösten können?
Vers 22b erfüllte sich, als nach dem Ausruf des Erlösers: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?», Ihm jemand mit einem Schwamm, den er mit Essig gefüllt hatte, zu trinken gab.
Gericht, Rettung, Lob
Um die Verse 23-29 dieses Psalms zu verstehen, müssen wir bedenken, dass wir die Anfangsverse auch auf den treuen Überrest aus dem irdischen Volk Gottes in der zukünftigen Drangsalszeit anwenden können. Auch sie werden angefeindet und verhöhnt und gehen durch die Wasser der Trübsal. Es ist ihre Stimme, die nach Gericht über ihre Feinde ruft. Wenn der Herr Jesus zu ihrer Befreiung erscheinen wird, wird dies für die Ungläubigen Gericht bedeuten.
Doch die letzten Verse des Psalms lassen uns noch einmal an den Herrn Jesus denken und an den Sieg, den Er am Kreuz errungen hat. Er wurde doch noch erhört. Gott hat Ihn nach vollbrachtem Erlösungswerk aus den Toten auferweckt.
Nun liegen alle Leiden für immer hinter Ihm. An die Stelle der Not und der Leiden ist jetzt Freude getreten. Davon spürt man etwas in diesen Versen. Die «Sanftmütigen» sind seine Erlösten, die in die Freude Dessen eintreten, der so viel für sie gelitten hat.
Die Wiederherstellung des Volkes Israel (Gott wird Zion retten) und die Segnungen des Tausendjährigen Reiches gründen sich auf das am Kreuz vollbrachte Erlösungswerk. Darum werden schliesslich Himmel und Erde und das Meer aufgefordert, Gott zu loben. Es wird ein universelles Lob zur Ehre Dessen sein, der einst am Kreuz unsäglich gelitten hat.
Hilferuf in der Bedrängnis
Diese Verse entsprechen im Wesentlichen den letzten Versen von Psalm 40. Auch jener Psalm weist prophetisch auf unseren Herrn hin. In Vers 1 heisst es, dass dieser Psalm «zum Gedächtnis» sei. Liegt hier vielleicht der Grund dafür, dass David diese Zeilen wiederholen musste? Wir wollen, wenn wir geprüft werden, an unseren Herrn denken und an das, was Er durchgemacht hat! Er wandte sich mit allem im Gebet an seinen Gott und klammerte sich an Ihn. Lasst uns Ihn nachahmen!
Das Lachen der Spötter beim Unglück der Gläubigen verletzt tief. Auch die Seele des Heilands wurde auf diese Art verwundet (Markus 15,29.30). Manchmal haben auch wir als Gläubige ein vorschnelles Urteil, wenn es einem anderen schlecht geht. Wir meinen, den Grund für die Prüfung zu kennen und reden offen davon. Dabei merken wir nicht, wie sehr wir damit den anderen verletzen.
Der 5. Vers zeigt uns einen Menschen, der nicht an sich, sondern an das Wohl der anderen denkt: «Lass fröhlich sein und in dir sich freuen alle, die dich suchen!» Wie gut für uns, wenn wir in der Prüfung von uns wegblicken und für andere besorgt sein können!
Der Herr Jesus ist uns auch darin ein einzigartiges Vorbild. Selbst in den grössten Leiden, als Er am Kreuz hing, war Er noch für andere – für seine Mutter – besorgt (Johannes 19,26.27). Nie hat Er an sich, immer nur an die anderen gedacht.
Gott hilft in der Jugend und im Alter (1)
Aus verschiedenen Versen dieses Psalms wird deutlich, dass der inspirierte Schreiber ein alter Mann war, der aber von Jugend an mit seinem Gott gelebt hat. Auf Ihn hatte er sich in jungen Jahren im Vertrauen gestützt. Diesem seinem Gott gehörte aber auch sein Lob und sein Dank. So sollte es auch bei uns sein. Denn das, was wir durch den Glauben erleben durften, ist doch ein Wunder der Gnade: Einst waren wir Feinde Gottes, jetzt sind wir seine geliebten Kinder!
Aber nun spürt der Psalmschreiber, wie die Kräfte abnehmen. Da klammert er sich umso fester an Gott (Vers 9). Er bittet: «Sei mir ein Fels zur Wohnung, zu dem ich stets gehen kann!» – auch im Alter.
Doch er hat noch ein anderes Problem. Als alt werdender gläubiger Mann empfindet er die Welt der Ungläubigen, die ihn umgibt. Er hat den Eindruck, dass die Menschen jetzt besonders auf ihn schauen und sehen möchten, ob sein Gott ihm in der Zeit des Altwerdens und des Abnehmens der Kräfte hilft. Seine ungläubigen Feinde sagen bereits: «Gott hat ihn verlassen.»
Doch wir haben einen grossen, gütigen und gnädigen Gott und Vater, der die Seinen auch im Alter nicht verlässt. Eine Antwort auf die Bitte des Psalmisten in den Versen 10-12 finden wir z. B. in Jesaja 46,4: «Bis in euer Greisenalter bin ich derselbe, und bis zu eurem grauen Haar werde ich euch tragen; ich habe es getan, und ich werde heben, und ich werde tragen und erretten.»
Gott hilft in der Jugend und im Alter (2)
Voll Zuversicht auf den Gott, der ihn auch im Alter nicht verlassen wird, sagt der Psalmdichter: «Ich aber will beständig harren und all dein Lob vermehren.» Aber er tut noch etwas. Nachdem der grösste Teil seines Lebens mit Gott hinter ihm liegt, will er seine Erfahrungen weitergeben, anderen von der Durchhilfe seines Gottes erzählen, damit auch sie auf Ihn vertrauen. – Wenn er weiter sagt: «Gott, du hast mich gelehrt von meiner Jugend an», dann bezeugt er, dass er in der Schule Gottes war. Gott erzieht jedes seiner Kinder. Möchten wir an den Bemühungen seiner Liebe nicht achtlos vorbeigehen, sondern bereit sein, seine Lektionen zu lernen. Es wird nicht immer einfach sein. Aber unser Vater erzieht uns, damit die Wesenszüge seines Sohnes in unserem Leben vermehrt sichtbar werden.
«Bis ich deinen Arm dem künftigen Geschlecht verkünde.» Wie schön ist es, wenn gläubige Grossväter und Grossmütter oder andere ältere Gläubige den Kindern und Heranwachsenden nicht von sich erzählen, sondern vom Arm und von der Macht des Herrn, die sie erleben durften.
Jede Prüfung in unserem Leben sollte am Ende zweierlei bewirken: dass wir Gott besser kennenlernen («Gott, wer ist wie du?») und Ihn dafür loben, dass Er alles zu seinem Ziel gebracht hat (Verse 20-24). Es wird nach seiner Gerechtigkeit sein (Verse 2.16.19.24). Bei Gott ist nichts zufällig. Alles, was Er tut, stimmt mit dem überein, was Er ist: gerecht, allmächtig und treu. Ihm wollen wir vertrauen.
Christus wird herrlich regieren
Obwohl dieser Psalm «für Salomo» war, weist er doch auf einen grösseren als den direkten Sohn Davids hin: auf Jesus Christus, den König der Könige. Diese Verse beschreiben den Wohlstand in Israel und auf der Erde unter der Regierung des Friedefürsten. Alles hängt von Christus ab, der in Gerechtigkeit regieren wird. Er wird sich denen besonders annehmen, die unter der ungerechten Regierung der Menschen so oft benachteiligt wurden. Es sind die Elenden, die Armen, die Geringen. In jener Zeit wird sich Sacharja 14,9 erfüllen: «Der Herr wird König sein über die ganze Erde, an jenem Tag wird der Herr einer sein und sein Name einer.»
Als König wird der Herr Jesus alle Richter der Erde übertreffen. Sein Urteil wird immer gerecht und göttlich weise sein, wie wir dies bei Salomo nur angedeutet finden (1. Könige 3,16-28). Die Folge dieser göttlich gerechten Herrschaft wird Frieden, Glück und Wohlergehen für die Menschen sein (Vers 3). Vers 6 illustriert den Segen jener Zeit. Er wird wie Regen auf die gemähte Flur sein. Die gemähte Wiese weist wohl auf den schwer geprüften treuen Überrest des Volkes Israel sowie auf die durch Gerichte heimgesuchte Erde hin.
Dann wird es keine Bedrückung der Gläubigen mehr geben wie heute (Vers 7). Die Unterwerfung unter die Herrschaft des Herrn Jesus wird global sein. Alle werden sich Ihm beugen. Wie in Vers 11 lesen wir auch in Offenbarung 21,24.26 von Königen und Nationen, die den Herrn ehren werden.
Christus wird retten und segnen
Die Verse 12-14 erinnern an das erste Kommen des Herrn Jesus auf diese Erde. Wie sehr hat Er sich damals um die Elenden und Armen gekümmert! Nicht die Selbstgerechten, sondern alle, die sich ihrer Not und ihrer Sünden bewusst waren, haben seine Gnade erfahren.
Im Tausendjährigen Reich wird es für alle dann lebenden Menschen genug zu essen geben; keinen Hunger mehr auf dieser Erde! Der zweite Teil von Vers 16 lässt daran denken, dass die Bevölkerung der Erde durch die Gerichte in der Drangsalszeit sehr stark dezimiert werden wird. Im Tausendjährigen Reich aber werden die Menschen aufs Neue «hervorblühen».
«Sein Name wird ewig sein.» Es ist der Name unseres Erlösers, von dem es in Philipper 2,9 heisst: «Darum (weil er bis zum Tod am Kreuz gehorsam wurde) hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den Namen gegeben, der über jeden Namen ist.» Als Antwort auf den Segen, den alle Völker dann geniessen werden, werden alle Nationen Ihn glücklich preisen. Alles wird zur Verherrlichung Gottes, des Vaters, ausschlagen (Verse 18.19; Philipper 2,11).
Mit der Aufrichtung des Königreichs von Christus enden alle Wünsche und Bitten und jedes Verlangen des Volkes Israel. Deshalb schliesst der Psalm und damit das zweite Psalmbuch mit den Worten: «Die Gebete Davids, des Sohnes Isais, sind zu Ende.» Alle finden im Reich und in seinen Segnungen ihre Antwort.
Einleitung
Als viele Menschen weder lesen noch schreiben konnten, war das Erlernen und die Kenntnis weiser Sprüche eine besondere Form der Unterweisung. Gott hat dem Rechnung getragen und in sein ewiges Wort auch eine solche Sammlung aufgenommen: das Buch der Sprüche.
Salomo, der Sohn Davids, von dem es heisst, dass er weiser war als alle Menschen, ist der von Gott inspirierte Verfasser dieses Bibelbuchs (Sprüche 1,1).
Das Buch der Sprüche zeigt, was der gottesfürchtige Mensch in dieser Welt suchen und was er meiden soll. Es lehrt, dass jeder Mensch – auch der gläubige – unter der Regierung Gottes das erntet, was er gesät hat. Es enthält die Ratschläge göttlicher Weisheit für das tägliche Leben eines gottesfürchtigen Menschen in allen Schwierigkeiten, Prüfungen, Gefahren und Freuden seines Erdenweges.
Dieses von Salomo, dem König des Friedens, geschriebene Buch weist auch gewisse Parallelen zu den Grundsätzen des Reiches Gottes auf, wie sie der Herr Jesus in Matthäus 5 – 7 (Bergpredigt) dargelegt hat.
Die in den Sprüchen häufig erwähnte göttliche Weisheit, die in den Kapiteln 8 und 9 sogar als Person spricht, findet im Neuen Testament ihren vollkommenen Ausdruck in Christus, dem Sohn Gottes (1. Korinther 1,30).
Die Furcht des Herrn ist das Schlüsselwort dieses Buchs. Sie ist der Anfang der Erkenntnis und Weisheit und vieles mehr. Achte beim Lesen besonders auf die Verse, in denen die Furcht des Herrn erwähnt wird.
Zweck des Buches
Gott hatte Salomo, den König von Israel, mit besonderer Weisheit ausgestattet (1. Könige 3,12; 5,9-14). Als inspirierter Schreiber erteilt er im Buch der Sprüche Ratschläge göttlicher Weisheit für ein Leben in Gottesfurcht. Gott hat uns dieses Buch als Teil seines ewigen Wortes geschenkt, damit wir in der Welt, die von Ihm und seinen Grundsätzen nichts wissen will, den rechten Weg gehen können. Es zeigt, wonach wir als Gläubige streben und was wir meiden sollen. Wir lernen auch, dass jeder Mensch erntet, was er gesät hat. Das gilt auch für den Gottesfürchtigen.
Nach den einleitenden Worten stellt Salomo das Schlüsselwort dieses Buches vor: die Furcht des Herrn. Sie wird in verschiedenen Zusammenhängen erwähnt. In Vers 7 wird sie als Anfang der Erkenntnis vorgestellt (vergleiche auch Sprüche 9,10; 15,33). Doch im gleichen Vers wird auch gesagt, dass längst nicht jeder bereit ist, auf die Ratschläge der göttlichen Weisheit zu hören. Als Narr wird der unvernünftige, eigenwillige Mensch bezeichnet, der diese Weisheit und Unterweisung verachtet.
Mit der Anrede «mein Sohn», der wir im ersten Teil der Sprüche immer wieder begegnen, werden Gläubige angesprochen. Weil sie neues Leben besitzen, können sie die Ratschläge der Weisheit befolgen. Als Erstes wird ein solcher die Autorität seiner Eltern respektieren und sich ihr unterstellen (Epheser 6,1-3). Damit anerkennt er die Ordnung, die Gott für die Beziehung in der Familie gegeben hat.
Warnung vor Sündern
Die Welt, in der wir uns als Gläubige bewegen müssen, ist voller Gefahren für uns. Im vorliegenden Abschnitt geht es um die Versuchung durch ungläubige Mitmenschen, die uns zum Mitmachen verleiten wollen. Sie schmieden Pläne, um sich unrechtmässig zu bereichern, und wir sollen uns an ihren Machenschaften beteiligen. Auch in unserem Herzen sitzt die Wurzel der Habsucht. Darum dürfen wir die uns drohende Gefahr nicht unterschätzen. Lasst uns die Empfehlung des Wortes beherzigen und praktizieren!
Durch Salomo sagt Gott: «Wenn Sünder dich locken, so willige nicht ein … Mein Sohn, geh nicht mit ihnen auf dem Weg.» Und der Herr Jesus sagte zu seinen Jüngern – und damit auch zu uns: «Gebt Acht und hütet euch vor aller Habsucht» (Lukas 12,15).
Wenn Paulus an Timotheus von der Geldliebe als einer Wurzel alles Bösen schreibt, fügt er hinzu: «Du aber, o Mensch Gottes, fliehe diese Dinge!» (1. Timotheus 6,10.11).
Wohin führt die Habsucht? Vers 19 sagt: «Sie nimmt ihrem eigenen Herrn das Leben.» Der Apostel Paulus warnt: «Die aber, die reich werden wollen, fallen in Versuchung und Fallstrick und in viele unvernünftige und schädliche Begierden, die die Menschen versenken in Verderben und Untergang» (1. Timotheus 6,9).
Wir wollen diese praktischen Ratschläge der Weisheit zu Herzen nehmen und uns vor aller Habsucht hüten.
Die Botschaft der Weisheit
Wir haben gesehen, dass durch die Anrede «mein Sohn» erlöste Menschen angesprochen werden, die in Gottesfurcht ihren Weg gehen möchten. In Vers 22 spricht die göttliche Weisheit die Einfältigen, die Spötter und Toren an. Wen meint sie damit?
Die Einfältigen sind die Unerfahrenen. Ihnen fehlt das Unterscheidungsvermögen. Sie sind offen für alles und daher auf Verführung besonders anfällig. Auch Gläubige können zu den Einfältigen zählen.
Der Spötter verhöhnt Gott und sein Wort. Für die Anweisungen der Bibel hat er nur ein Lächeln übrig. Sie sind für ihn wertlos, und er meint, sie gingen ihn nichts an.
Der Tor ist unwissend über Gott und seine Gedanken. Er will auch nichts mit Ihm zu tun haben: Er ist ein gottloser Mensch (Psalm 14,1).
Die Weisheit gibt sich alle Mühe, auch diese Personen zu erreichen, um ihnen zu raten und zu helfen. Doch sie verschweigt die Folgen nicht, die jene treffen, die sich weigern, auf ihren Rat zu hören. Wir wollen bei diesen Worten der Weisheit daran denken, dass unser Herr Jesus Christus die personifizierte Weisheit ist (1. Korinther 1,24.30). Im Licht des Neuen Testaments betrachtet, ist Er es, der all jene warnt, die nicht auf Ihn hören wollen. Aber welch eine Ruhe und Sicherheit verspricht Er denen, die auf Ihn hören und Ihm gehorchen! Ähnliches sagt Er in Johannes 5,24. Wer auf Ihn vertraut, braucht sich nicht zu fürchten.
Der Weg der Weisheit
In diesem Kapitel wird uns gezeigt, wie wir in der uns umgebenden gefahrvollen Welt bewahrt bleiben können. Es ist nötig, dass wir uns unter die Autorität des Wortes Gottes beugen, indem wir es annehmen und ihm gehorchen. Die Verse 2-4 reden von der geistlichen Energie, mit der wir die Bibel lesen sollen, um Gottes Willen immer besser kennen zu lernen. Der Herr wird sich zu einem solchen Einsatz bekennen und das Verständnis öffnen.
Und was wird die Folge sein? «Dann wirst du die Furcht des Herrn verstehen und die Erkenntnis Gottes finden.» Ein vertieftes Verständnis von dem, was in den Augen des Herrn recht und gut ist, wird uns bewahren. Es wird uns sowohl von dem Mann, der Verkehrtes redet, als auch von der fremden Frau, die ihre Worte glättet, erretten. Unter diesem Mann und dieser Frau können wir physische Personen sehen, die eine Gefahr für uns bilden. Heute wird in der Welt viel Verkehrtes propagiert und praktiziert, ohne dass man es böse oder anstössig findet. Das beeinflusst auch uns Gläubige.
Die Verse 21 und 22 zeigen zwei ganz unterschiedliche Ziele auf: Die Aufrichtigen werden das Land bewohnen, die Gottlosen werden aus dem Land ausgerottet werden. In der Sprache des Neuen Testaments heisst das: Die Glaubenden werden in Ewigkeit eine ungetrübte Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus geniessen, während die Ungläubigen in der ewigen Gottesferne enden werden.
Vom Segen der Weisheit
In Vers 3 werden Güte und Wahrheit miteinander verbunden. Das erinnert uns an Johannes 1,17, wo es heisst: «Die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.» In seinem Leben gab es stets eine vollkommene Ausgewogenheit zwischen Gnade (Güte) und Wahrheit. Wie leicht überwiegt bei uns die Güte auf Kosten der Wahrheit, oder wir vergessen beim entschiedenen Festhalten der Wahrheit die Gnade!
Den 5. Vers wollen wir uns für alle Zeiten merken, und auch dann auf den Herrn vertrauen, wenn wir Mühe haben, unsere Lebenssituationen als seine Wege zu erkennen. Er wird unser Vertrauen bestimmt nicht enttäuschen (Vers 6b).
2. Korinther 9,6-11 zeigt, dass der Grundsatz der Verse 9 und 10 auch in der Zeit des Neuen Testaments gültig ist. «Wer segensreich sät, wird auch segensreich ernten.» In Hebräer 13,15.16 finden wir, dass unser materielles Opfer ebenso zum Wohlgefallen Gottes ist wie unser Lobopfer.
Die Verse 11 und 12 unseres Abschnitts werden in Hebräer 12,5.6 zitiert. Dort spricht der Schreiber von der Erziehung Gottes. Wir alle, die wir durch den Glauben an den Herrn Jesus zur Familie Gottes gehören und Kinder des himmlischen Vaters sind, haben Erziehung nötig. Oft schätzen wir das nicht. Aber lasst uns daran denken: Alles, was der Vater uns auferlegt, kommt aus seinem liebenden Herzen. Seine Züchtigung hat immer den Zweck, uns Ihm ähnlicher zu machen und unsere Gemeinschaft mit Ihm zu vertiefen.
Weisheit finden
In den Versen 13-18 werden Vorzüge der göttlichen Weisheit gerühmt. Wer sie gefunden hat und wer sie festhält, wird glückselig gepriesen (Verse 13 und 18). Wir können diese Verse am besten verstehen, wenn wir anstelle der Weisheit den Namen des Herrn Jesus einsetzen. Er personifiziert sie ja! Es gibt auf der Erde tatsächlich nichts Besseres, als dass ein Mensch den Herrn Jesus als seinen persönlichen Retter findet, durch den Glauben an Ihn neues Leben empfängt und ein Kind Gottes wird (Johannes 1,11-13). Wer als ein Erlöster Ihm nachfolgt, befindet sich auf einem «lieblichen Weg» und einem «Pfad des Friedens» (Vers 17).
Die Verse 19 und 20 erinnern an Gottes Weisheit in der Schöpfung. Wie wunderbar hat Er alles gemacht! Alles Geschaffene zeugt von seiner Herrlichkeit (Psalm 19,2).
Damit die göttliche Weisheit unser praktisches Leben als Gläubige zum Guten beeinflussen kann, müssen wir uns an die Anweisungen des Wortes Gottes halten (Psalm 119,105). Im Weiteren hat uns Christus in seinem Leben hier ein Beispiel hinterlassen (1. Petrus 2,21). Wenn wir im Vertrauen zu Gott und im Gehorsam zu seinem Wort den Fussstapfen unseres Herrn folgen, sind wir in Sicherheit. Wir brauchen uns vor nichts in dieser Welt zu fürchten. Wir befinden uns ja in den Händen unseres guten Hirten. Nichts und niemand kann uns aus diesem sicheren Platz vertreiben (Johannes 10,28).
Gerecht leben
Die praktischen Ermahnungen in den Versen 27 und 28 werden im Neuen Testament bestätigt. Jakobus schreibt, dass wir unseren Glauben vor den Menschen dadurch beweisen können, dass wir unserem bedürftigen Nächsten Gutes tun (Jakobus 2,15-17). Der Apostel Johannes fragt sich, wie die Liebe Gottes in einem Gläubigen bleiben kann, wenn er sein Herz (und seine Hand) gegenüber dem Bruder verschliesst, der Mangel leidet (1. Johannes 3,17).
Was wir in Vers 29 haben, ist ein grober Missbrauch des Vertrauens, das jemand zu uns hat. Die Ermahnungen der Verse 30 und 31 erinnern daran, dass die Wurzel zu Streit, Missgunst und Neid auch in der alten Natur jedes Gläubigen noch vorhanden ist. Wenn wir nicht wachsam sind, treiben diese Wurzeln ihre Schosse. Darum sagt Kolosser 3,5.8: «Tötet nun eure Glieder, die auf der Erde sind … Jetzt aber legt auch ihr das alles ab.»
Die Verse 32-35 zeigen uns göttliche Gegensätze auf, damit es uns leichter fällt, das Gute zu wählen. Was der Herr verabscheut und verurteilt, sollten auch wir meiden. Der 34. Vers wird im Neuen Testament wie folgt wiedergegeben: «Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt er Gnade» (Jakobus 4,6; 1. Petrus 5,5). Denken wir an unseren Herrn, der von sich sagen konnte: «Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig» (Matthäus 11,29) und treten wir in seine Fussstapfen!
Weisheit annehmen
Salomo unterweist nicht nur als Vater seine Söhne. Er stellt sich selbst als ein Sohn vor, der von seinem Vater Belehrung empfangen hat. Das, was er von ihm gelernt hat, gibt er nun seinem Sohn weiter. Wie schön, wenn dies auch heute noch vorkommt! Was für ein grosses Vorrecht hat ein gläubiger Mensch, wenn seine Eltern und Grosseltern gottesfürchtig und gläubig sind. Mögen wir, wenn der Herr uns dies gewährt hat, ein solches Geschenk schätzen und von Herzen dafür dankbar sein!
Im Neuen Testament lesen wir von Timotheus, der zwar einen griechischen Vater, aber sowohl eine gläubige Mutter als auch eine gläubige Grossmutter hatte. Dadurch lernte er die heiligen Schriften von Kind auf kennen (2. Timotheus 1,5; 3,15).
In den Versen 10-13 betont Salomo den Weg der Weisheit. Sein Sohn sollte die Weisheit nicht nur verstandesmässig erfassen, sondern sie in seinem täglichen Leben praktisch verwirklichen. Es genügt nicht, das Wort Gottes zu kennen – obwohl dies die Voraussetzung für ein gottesfürchtiges Leben ist –, man muss das aus der Bibel Gelernte auch ausleben. Diese Reihenfolge finden wir z. B. im 2. Timotheus-Brief, wo der Apostel zuerst von seiner Lehre, dann aber auch von seinem Betragen schreibt (2. Timotheus 3,10).
Vers 13 erinnert an 2. Timotheus 1,13.14, wo der Apostel seinen jüngeren Mitarbeiter Timotheus ermahnt: «Halte fest das Bild gesunder Worte … bewahre das schöne anvertraute Gut.»
Weisheit umsetzen
Das Festhalten und Verwirklichen der Anweisungen des Wortes Gottes ist eine Sache. Eine zweite ebenso wichtige Sache ist die klare Trennung von denen, die diesen Weg nicht gehen wollen. Die Gefahr ist gross, dass wir mit Menschen Kompromisse schliessen, die nicht bereit sind, sich in allem unter die Autorität des Wortes Gottes zu stellen und es zu befolgen. Doch ein solcher Weg führt in die Irre, ins Dunkel. Wie viel herrlicher ist der Weg einer entschiedenen Nachfolge des Herrn Jesus, indem man in seine Fussstapfen tritt! «Der Pfad der Gerechten ist wie das glänzende Morgenlicht, das stets heller leuchtet bis zur Tageshöhe.»
In den Versen 20-27 werden verschiedene Körperteile erwähnt, auf die wir Acht haben und die wir bewahren müssen:
- Die Ohren sollen offen sein, um das verkündete Wort Gottes aufzunehmen.
- Das Herz ist der Sitz unserer Persönlichkeit. Dort treffen wir unsere Entscheidungen.
- Der Mund und die Lippen sind schnell dabei, Verkehrtes zu sagen. Darum betete David: «Setze, Herr, meinem Mund eine Wache, behüte die Tür meiner Lippen» (Psalm 141,3).
- Die Augen schweifen gern umher, und sehen dann manches Ungute, das aber anziehend ist. Hiob machte einen Bund mit seinen Augen, um nicht zu sündigen (Hiob 31,1).
- Die Füsse sind in Gefahr, vom Weg Gottes abzubiegen. Auch sie müssen behütet werden.
Leben in Reinheit
In diesen Versen werden wir zunächst vor einer Verbindung mit dem anderen Geschlecht ausserhalb der von Gott gegebenen Verbindung – der Ehe – gewarnt. Wir wollen diese Verse als Warnung vor jeder Verführung des Fleisches zu Herzen nehmen. Gott möchte, dass wir als Gläubige ein reines Leben führen.
Wie können wir uns vor dieser Gefahr schützen? Unsere Bewahrung liegt in der konsequenten Trennung von diesen Verführungen. Entsprechend der Warnung von Vers 8 sagt Römer 13,14: «Treibt nicht Vorsorge für das Fleisch zur Befriedigung seiner Begierden.» 1. Korinther 6,18 wird noch eindringlicher: «Flieht die Hurerei!»
Wie manch einer, der nicht vorsichtig genug war und mit der Sünde gespielt hat, musste die bitteren Folgen seines Weges tragen, wie die Verse 9-11 es schildern. Es ist sehr gefährlich, diese Warnungen in den Wind zu schlagen. Mit Selbstvorwürfen (Verse 12.13)kann man keine Sünde ungeschehen machen.
Glücklicherweise gibt es aber immer einen Weg zurück. Er führt über echte Buße und ein aufrichtiges Bekenntnis der vorgefallenen Sünden vor Gott. Dann ist Er treu und gerecht, dass Er uns vergibt und uns von aller Ungerechtigkeit reinigt (1. Johannes 1,9).
Das durfte auch König David nach seinem tiefen Fall (Hurerei mit Bathseba und Ermordung Urijas, des Ehemanns von Bathseba) erfahren. Gott vergab ihm alles, doch die Folgen seines Fehltritts blieben (2. Samuel 12,13.14).
Leben in ehelicher Treue
Als Gott den Menschen als Mann und Frau schuf und sie in der Ehe miteinander verband, da hatte Er das Wohl und Glück für beide im Auge. Wir wissen, dass durch den Sündenfall auch die Ehe in Mitleidenschaft gezogen wurde. Und doch bleibt die eheliche Liebe, die zwei Menschen – ein Mann und eine Frau – in der Ehe miteinander geniessen dürfen, ein Geschenk unseres Schöpfers. Doch sie muss ständig gepflegt werden. Der Herr Jesus will jedem gläubigen Ehemann und jeder gläubigen Ehefrau täglich helfen, dies zu verwirklichen. Die Verse 15-20 sind Ansporn dazu. Gleichzeitig wird der Sohn davor gewarnt, sich mit einer fremden Frau einzulassen. Wir werden nur bewahrt, wenn wir auch als Verheiratete dem anderen Geschlecht gegenüber den nötigen Abstand einhalten.
Die Augen des Herrn sehen unser ganzes Leben, und Er beurteilt es. In Hebräer 13,4 heisst es: «Die Ehe sei geehrt in allem und das Ehebett unbefleckt; denn Hurer und Ehebrecher wird Gott richten.» Er sieht auch die Sünden, die im Verborgenen verübt werden. Oft richtet Gott die Sünden der Menschen nicht sofort. Doch dadurch verschwinden sie nicht einfach. Spätestens beim Endgericht vor dem grossen weissen Thron wird der Ungläubige realisieren, dass seine eigenen Ungerechtigkeiten ihn fangen (Vers 22; Offenbarung 20,11-15). Er wird verloren gehen, weil er nicht auf Gott und sein Wort gehört und nicht an den Herrn Jesus als seinen Erlöser geglaubt hat.
Warnung vor Bürgschaft und Faulheit
In diesem Buch werden wir mehrfach davor gewarnt, Bürge zu werden. Warum sollen wir das nicht tun? Wer Bürgschaft leistet, verspricht etwas im Blick auf die Zukunft, die er weder kennt noch in der Hand hat. Wir sind nicht Gott, der etwas versprechen kann und es auch einlösen wird. Die göttliche Weisheit sagt uns daher: Werde niemals Bürge für einen anderen. Falls du diese Torheit bereits begangen hast, setze alles daran, dich davon zu befreien.
Die zweite Warnung der Weisheit in diesen Versen richtet sich an den Faulen. Ehrlicherweise müssen wir zugeben, dass in uns allen der Wunsch vorhanden ist, mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel zu verdienen. Die Bibel aber fordert uns Gläubige zum Fleiss bei der Arbeit auf. Unabhängig davon, wie die Menschen unsere Arbeit honorieren, wollen wir uns 100-prozentig einsetzen und dabei Kolosser 3,23.24 verwirklichen: «Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen, als dem Herrn und nicht den Menschen, da ihr wisst, dass ihr vom Herrn die Vergeltung des Erbes empfangen werdet; ihr dient dem Herrn Christus.» Welch ein Adel verleiht es unserer Berufsarbeit, wenn wir sie für unseren Erlöser tun! Zudem spornt uns dieser Gedanke zu grösstem Fleiss an.
Die Folgen der Faulheit bei der Arbeit werden nicht ausbleiben. Wie mancher hat seine Arbeitsstelle aus eigener Schuld verloren. Hätte er das Wort Gottes zu Herzen genommen und sich angestrengt, wäre er nicht in Armut geraten. Diese Worte sind heute so aktuell wie zur Zeit Salomos.
Warnung vor einem bösen Herzen
Der in den Versen 12-15 beschriebene Mensch wird als ein heilloser Mann bezeichnet. Gottes Wort spricht von einem Menschen als von einem hoffnungslosen Fall, wenn er nur Böses schmiedet und zu aller Zeit Zwietracht ausstreut. Wie kommt es so weit, dass Gott, dessen Gnade und Barmherzigkeit uns gegenüber unendlich gross sind, über einen solchen Menschen derart ernst urteilt?
Eine Antwort auf diese Frage findet sich nicht so leicht. Vielleicht liegt sie in der Tatsache, dass in diesem Abschnitt der Mund, die Augen, die Füsse, die Finger und das Herz erwähnt werden. Doch die Ohren fehlen. Wenn ein Mensch nicht mehr auf Gott und sein Wort hören will, wird er zu einem hoffnungslosen Fall.
Die Wurzel zu all dem, was der Herr hasst, findet sich auch in unserem Herzen, in unserer alten Natur. Deshalb wollen wir die ernsten Warnungen dieser Verse keineswegs übergehen. Wir sind in grösster Gefahr, wenn wir meinen, so etwas könne bei uns nicht vorkommen. Konkret werden wir vor Hochmut, Lüge, Gewalttätigkeit, bösen Absichten, bösen Taten, falschen Aussagen und vor dem Säen von Zwietracht gewarnt. An erster Stelle steht der Hochmut. Er zeigt sich in verschiedenen Formen. Der eine bildet sich etwas auf seinen Reichtum ein, ein anderer ist stolz auf seine Bildung. Gläubige können sogar auf die geistliche Gabe stolz werden, die der Herr ihnen geschenkt hat! In ihrem Hochmut stellen sie sich dann über die anderen Gläubigen. Wie traurig!
Warnung vor Ehebruch
Es ist ein grosses Vorrecht, gläubige Eltern zu haben, die ihre Kinder nicht nur erziehen, sondern ihnen auch biblische Unterweisung und Belehrung geben. Ihre Zurechtweisungen sind nicht nur nötig, sondern auch eine Hilfe, um auf dem rechten Weg zu bleiben (Vers 23).
Die Warnungen der gottesfürchtigen Eltern decken sich mit denen des Geistes Gottes in diesen Versen. Es geht um die Sünde des Ehebruchs und der sexuellen Verbindung mit einer fremden Frau.
Heute sind die Verführungen in dieser Hinsicht enorm. Lasst uns davor fliehen, wie man vor Feuer flieht! Wer Feuer in die Hand nimmt oder über glühende Kohlen geht, wird Brandwunden erleiden. Sich mit einer fremden Frau einzulassen, wird zu ähnlich schlimmen Folgen führen. Sowohl unser Zeugnis nach aussen (Kleider) als auch unser Lebenswandel (Füsse) werden massiv beeinträchtigt.
Ein Dieb kann das Gestohlene erstatten und damit den Schaden beheben. Wer aber mit einer verheirateten Frau Ehebruch begeht, «dessen Schande wird nicht ausgelöscht werden». Der Schaden ist irreparabel. Denken wir nur an die Eifersucht des Ehepartners! (Vers 34). Es gibt keine Sühne, keine Genugtuung für den Ehebruch. Das stellen uns diese Verse mit aller Deutlichkeit vor. Denken wir ja nicht: Das kann einem Kind Gottes nicht passieren! Gottes Warnung richtet sich an uns alle, ob wir gläubige Männer oder gläubige Frauen sind.
Warnung vor Hurerei
Das ganze Kapitel ist eine einzige Warnung vor der fremden Frau. Diese ist keine Prostituierte, sondern eine verheiratete Frau, die während der Abwesenheit ihres Mannes mit einem anderen Mann Verkehr hat (Verse 19.20). Anhand einer eindrücklichen Beschreibung, wie ein unverständiger Jüngling den Verlockungen dieser Frau erliegt und zur Sünde verleitet wird, unterstreicht der Heilige Geist seine Warnung.
Warum blieb dieser Sohn ein einfältiger, dem die Erfahrung und das Unterscheidungsvermögen fehlten? Er beachtete die Empfehlungen der göttlichen Weisheit nicht und nahm sie nicht zu Herzen. Wie eindringlich bittet die Weisheit zu Beginn des Kapitels jeden aufrichtigen Bibelleser: «Bewahre meine Worte und birg bei dir meine Gebote … Binde sie um deine Finger, schreibe sie auf die Tafel deines Herzens.» Der inspirierte Dichter von Psalm 119,9 fragt: «Wodurch wird ein Jüngling seinen Pfad in Reinheit wandeln?» Die göttliche Antwort folgt unmittelbar darauf: «Indem er sich bewahrt nach deinem Wort».
Von der in diesem Kapitel beschriebenen Sünde bleiben wir als Glaubende nur dann bewahrt, wenn wir uns konsequent an das Wort Gottes halten. Wir wollen seine Hinweise und Warnungen beachten und die Gefahrenzonen möglichst meiden (Verse 8.9.25). Sollten wir einmal unvermittelt in grosse Gefahr kommen wie einst Joseph, dann lasst uns vor der Sünde fliehen (1. Mose 39,10-12; 1. Korinther 6,17). Bei allem wollen wir uns auf die bewahrende Gnade des Herrn stützen.
Der Charakter der Weisheit
Die göttliche Weisheit bleibt nicht untätig. Gott möchte, dass wir seine Gedanken kennen lernen. Darum ladet uns die Weisheit ein, auf sie zu hören. Auf uns übertragen können wir sagen, dass Gott die Bibel in viele Sprachen in der ganzen Welt verbreiten lässt. In unseren Ländern kann jeder Mensch für wenig Geld in den Besitz einer guten und genauen Bibel-Übersetzung kommen. Doch Gott möchte, dass die Menschen sein Wort auch lesen. Darum dieser Appell der Weisheit.
Die Weisheit Gottes wird auch in einer Person verkörpert: in Jesus Christus, dem Sohn Gottes, der Mensch geworden ist. Er hat alle Gedanken Gottes in seinem Leben hier verwirklicht. Von Ihm darf jeder Gläubige lernen und Ihm in seinen Fussstapfen nachfolgen.
Drei Grundsätze kennzeichnen die Weisheit Gottes:
- Besonnenheit oder Einsicht. Dadurch sieht man die Umstände im richtigen Licht. Anstatt dem Eigenwillen zu folgen, erwägt man die Umstände vor Gott.
- Das Böse hassen. Diese Haltung ist ein Beweis der vorhandenen Gottesfurcht.
- Abscheu gegen den Stolz, den Hochmut und die Heuchelei im Menschen. Wie sehr hat unser Herr diese Grundsätze ausgelebt!
Vers 17 dürfen wir als ein Wort unseres Erlösers betrachten. Wenn wir Ihm unsere Liebe durch den Gehorsam zu seinem Wort zeigen (Johannes 14,21.23), gilt diese Ermunterung auch uns. Er enttäuscht keinen, der Ihn eifrig sucht.
Die Weisheit als Person
Wenn die Weisheit ab Vers 22 auf ihre ewige Existenz hinweist, dann werden unsere Blicke unwillkürlich auf Christus, den ewigen Sohn Gottes, gelenkt. Die ewige, nie endende Weisheit Gottes ist in Ihm offenbart und entfaltet worden. War Er nicht der Ausführende, als Gott die Schöpfung ins Dasein rief? Doch gleichzeitig war Er die Person des Wohlgefallens Gottes: der Sohn seiner Liebe.
Weiter heisst es von Ihm, dass seine Wonne bei den Menschenkindern war. Als diese herrliche Person Mensch wurde und als Sohn der Maria in Bethlehem geboren wurde, lobten die Engel Gott und sagten: «Herrlichkeit Gott in der Höhe und Friede auf der Erde, an den Menschen ein Wohlgefallen!» (Lukas 2,14). Damals wurde Christus von seinen Geschöpfen verworfen und umgebracht. Eine Beziehung zu Ihm und zu Gott gibt es nur für Menschen, die an Ihn glauben. Ihnen erklärt Er: «Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott» (Johannes 20,17). Erst im ewigen Zustand wird Gott seine ungetrübte Wonne an den Menschen finden können (Offenbarung 21,1-4).
Heute gilt Vers 35 für jeden, der sich in Buße und Glauben zum Heiland wendet. Wer an den Herrn Jesus glaubt, hat ewiges Leben. Er wird nicht verloren gehen. Er hat «Wohlgefallen erlangt von dem Herrn», d. h. der Glaubende wird ein von Gott geliebtes Kind. Er darf wissen, dass er eine ewige Heimat im Haus seines himmlischen Vaters hat (Johannes 14,2.3). Wer aber nicht an Ihn glauben will, wird ewig verloren gehen (Vers 36; Johannes 3,36).
Weisheit oder Torheit
Wir haben früher gesehen, dass in den Sprüchen mit den Einfältigen solche gemeint sind, die unerfahren sind und kein gutes Urteilsvermögen haben. Die Weisheit Gottes ladet solche ein, zu ihr zu kommen, um weise zu werden.
Im Neuen Testament finden wir, dass der Herr Jesus wünscht, dass die an Ihn Glaubenden geistlich wachsen. Wir, die auf Ihn vertraut haben, sollen vollkommen, d. h. geistlich erwachsen werden. Er möchte, dass Er uns alles bedeutet und dass der Wille Gottes zur Richtschnur unseres Lebens wird (Kolosser 4,12). Doch am Anfang jedes Wachstums in geistlicher Hinsicht steht die Gottesfurcht. Ohne sie kann es niemals einen gesunden Fortschritt in unserem Leben geben.
Der Schluss des Kapitels zeigt, dass es in dieser Welt neben der Einladung Gottes durch sein Wort noch eine andere Stimme gibt. Sie kommt von unten. Hinter den Worten von Frau Torheit müssen wir den Widersacher Gottes sehen. Im Gegensatz zu unserem Herrn sucht er nie das Gute des Menschen. Lasst uns daran denken und es nicht vergessen, wenn wir geneigt sind, auf die Stimmen zu hören, die in dieser Welt an unser Ohr dringen. Sie tönen vielleicht angenehm, versprechen manches Gute, aber sie führen von Gott weg. Darum: «Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist», und mag es noch so anziehend sein! Denn «die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit» (1. Johannes 2,15.17).
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Das Buch der Sprüche Vers für Vers praxisnah erklärt.
Das Hauptthema des Kolosser-Briefs
Jesus Christus, unser Lebensinhalt
Jeder Mensch, der Buße tut und an das Erlösungswerk des Herrn Jesus glaubt, bekommt durch die Neugeburt ein neues Leben, das Christus selbst ist. Dadurch besitzt er einen neuen Lebensinhalt: Alles dreht sich um Jesus Christus, der für ihn gestorben ist und jetzt als seine Hoffnung im Himmel zur Rechten Gottes sitzt. Diese Tatsache spricht Paulus im Kolosser-Brief an, wenn er sagt: «Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit» (Kolosser 1,27).
Doch solange wir noch auf der Erde leben, versucht der Feind unser Herz von Christus abzuziehen und mit dem zu füllen, was die Welt bietet. Vor dieser Gefahr warnt uns der Apostel auch in diesem Brief: «Gebt Acht, dass nicht jemand da sei, der euch als Beute wegführt durch die Philosophie und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht nach Christus» (Kolosser 2,8).
Aber bevor Paulus diese Warnung ausspricht, entfaltet er in Kapitel 1 die ganze Herrlichkeit von Jesus Christus. Er stellt den Sohn Gottes in seiner Grösse vor, um unsere Herzen neu für Ihn zu erwärmen. Denn der Apostel weiss: Neben der Würde und Bedeutsamkeit des Herrn Jesus verblasst jede Philosophie der Welt und jede menschliche Weltanschauung.
Deshalb wollen wir uns beim Lesen dieses Briefs die Aufforderung aus Kolosser 3,16 zu Herzen nehmen: «Lasst das Wort des Christus reichlich in euch wohnen.»
Was das Evangelium bewirkt
In den Versen 1 und 2 werden die Absender und Empfänger des Briefs erwähnt. Paulus nennt sich Apostel und deutet damit die Autorität an, die er von Gott für seinen Dienst bekommen hat. Gleichzeitig verbindet er sich mit Timotheus, der jahrelang mit ihm an dem Evangelium gedient hat (Philipper 2,22).
Den Glaubenden in Kolossä wünscht er Gnade und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Mit diesem Gruss erinnert er uns an unsere christlichen Beziehungen: Wir sind Kinder des himmlischen Vaters und Schafe des guten Hirten.
In Vers 3 beginnt der Apostel mit einem Dankgebet für die gläubigen Kolosser. Er kannte sie nicht persönlich, hatte aber von ihrem Glauben an Christus Jesus und von ihrer Liebe zu den Erlösten gehört. Diese beiden Früchte des neuen Lebens wurden in ihrem Verhalten sichtbar: Sie pflegten eine Glaubensbeziehung zum Herrn und übten praktische Bruderliebe aus. Die Kraftquelle für dieses gesunde Christenleben war ihre Hoffnung auf die zukünftige, uneingeschränkte Gemeinschaft mit Christus und den Seinen im Himmel.
Vers 6 zeigt uns die Wirkungen des Evangeliums: Einerseits bringt es in der ganzen Welt für Gott Frucht, indem es Menschen rettet und ihnen neues Leben gibt. Anderseits stellt es die Glaubenden auf den Boden der Gnade. Weil sie die Errettung geschenkt bekommen haben, führen sie nun aus Dankbarkeit ein Leben zur Ehre Gottes. Aus Vers 7 entnehmen wir, dass die Kolosser durch den Dienst von Epaphras zum Glauben an Jesus Christus gekommen waren.
Geistliches Wachstum
Die Verse 9-11 zeigen uns, wie wir als Glaubende zur Ehre Gottes leben können. Die erste Voraussetzung dafür ist, dass wir seinen Willen kennen. In der Bibel hat Er uns seine Gedanken für unser Leben mitgeteilt. Wenn wir sie lesen, brauchen wir einerseits Weisheit, um die Gedanken Gottes ins Herz aufzunehmen, und anderseits Einsicht, um die Grundsätze des Wortes richtig in unsere aktuelle Lebenssituation zu übertragen. Beides dürfen wir von Gott erbitten.
Die zweite Voraussetzung für ein Verhalten, das dem Herrn gefällt, finden wir in Vers 11: Wir brauchen geistliche Kraft, um den Willen Gottes in unserem Leben zu tun. Wir bekommen sie jeden Tag von Christus, der im Himmel verherrlicht ist.
Die Verse 12-14 beschreiben die christliche Stellung, die uns grundsätzlich fähig macht, nach dem Willen Gottes und zur Freude des Herrn zu leben:
- Wir besitzen ein Anteil am Erbe der Heiligen im Licht. Das bedeutet, dass wir ein Recht haben, als geliebte Kinder vor unserem Gott und Vater zu stehen. Obwohl wir uns in seiner heiligen Gegenwart befinden, fürchten wir uns nicht, weil Er uns in Christus angenommen hat.
- Wir sind in das Reich des Sohnes seiner Liebe versetzt. Das bedeutet, dass wir auch im Reich Gottes einen Platz haben. Dort anerkennen wir die Autorität des Herrn Jesus, der als Sohn vom Vater geliebt ist.
Damit wir in diese herrliche Stellung kommen konnten, war ein Werk Gottes nötig: Er hat uns aus der Macht Satans errettet und uns unsere Sünden vergeben.
Christus – eine herrliche Person
In diesen Versen werden uns vielfältige Herrlichkeiten von Jesus Christus vorgestellt, um uns innerlich ganz auf Ihn auszurichten:
- Er ist das Bild des unsichtbaren Gottes, denn als Sohn hat Er uns Menschen gezeigt, wer Gott ist.
- Er ist der Erstgeborene aller Schöpfung. Als der Sohn Gottes Mensch wurde, lag Er als Kind armer Eltern in einer Krippe. Trotzdem war Er in der Schöpfung der Ranghöchste.
- Durch Jesus Christus sind alle Dinge geschaffen worden, denn Er ist der Schöpfer von Himmel und Erde.
- Er ist vor allen Dingen. Das weist auf seine ewige Existenz hin (Johannes 1,1-3). Bevor es die Schöpfung gab, war Er da.
- Alle Dinge bestehen durch Ihn. Er erhält das Universum, damit kein Chaos entsteht, sondern alles nach den festgelegten Gesetzmässigkeiten abläuft.
- Christus ist das Haupt des Leibes, der Versammlung. Als Mensch im Himmel steht Er als Haupt in einer lebendigen Beziehung zur Versammlung, die hier auf der Erde gebildet wird.
- Er ist der Anfang, der Erstgeborene aus den Toten. Jetzt weist Paulus auf die neue Schöpfung hin, in der Christus durch seine Auferstehung den Anfang bildet und der Vornehmste von allen ist, die durch den Glauben zu diesem neuen Bereich gehören.
Bei Gott hat Jesus Christus in allem den Vorrang. Welchen Platz geben wir Ihm? Möge die Herrlichkeit seiner Person unser Herz erfüllen und unserem Leben die richtige Ausrichtung geben.
Eine zweifache Versöhnung
Als der Herr Jesus als Mensch auf der Erde lebte, war es das Wohlgefallen der ganzen Fülle der Gottheit in Ihm zu wohnen. Gott, der Vater, Gott, der Sohn, und Gott, der Heilige Geist, fanden in Jesus Christus einen Wohnort. So konnte das Wesen Gottes – sein Licht und seine Liebe – in Ihm völlig zum Ausdruck kommen.
Die Verse 20-22 zeigen uns die beiden Seiten der Versöhnung, die Jesus Christus durch seinen Kreuzestod bewirkt hat:
- Die Versöhnung der Dinge in Vers 20 ist noch zukünftig und betrifft weder Engel noch Menschen, sondern die unintelligente Schöpfung. Als die Sünde in die Welt kam, entstand in der Schöpfung eine Entfremdung von Gott. Aber der Herr Jesus hat am Kreuz durch sein Blut Frieden gemacht. So werden auf der Grundlage seines Erlösungswerks die Dinge im Himmel und auf der Erde wieder in Übereinstimmung mit Gott gebracht werden.
- Die Versöhnung der Glaubenden in Vers 22 ist eine gegenwärtige Tatsache. Einst lebten wir auf Distanz zu Gott. Wir waren seine Feinde und wollten nichts mit Ihm zu tun haben. Aber als wir unsere Rebellion eingesehen und unser Vertrauen auf Jesus Christus gesetzt haben, hat Er uns mit Gott versöhnt. Der Heiland musste am Kreuz sterben, damit wir jetzt heilig, untadelig und unsträflich vor Gott stehen können.
Das Evangelium macht klar: Unsere jetzige Stellung und unsere zukünftige Hoffnung haben wir einzig und allein unserem Erlöser zu verdanken. Diese Tatsache wollen wir im Glauben festhalten.
Das Geheimnis ist offenbart
In den Versen 23-25 werden die beiden Dienste des Apostels vorgestellt:
- Er war ein Diener des Evangeliums, indem Er den Menschen z. B. verkündete, wie sie Vergebung der Sünden und Befreiung von der Macht der Sünde empfangen konnten.
- Als Diener der Versammlung erklärte er den Glaubenden ihre neue Stellung in Christus. Sie sind z. B. Kinder Gottes, Erben Gottes und gehören gemeinsam zur Versammlung des Herrn Jesus.
Seine Aufgabe im Blick auf die Versammlung brachte Paulus von Seiten der Juden viele Leiden ein. Denn er machte klar, dass es in der Versammlung Gottes keine nationalen Unterschiede gibt. Alle Erlösten besitzen die gleichen Vorrechte als Glieder am Leib des Christus.
Diese Wahrheit war im Alten Testament nicht bekannt. Jetzt aber hat Gott dieses Geheimnis offenbart und durch den Apostel Paulus niederschreiben lassen, damit das Wort Gottes thematisch vollendet werde. Johannes hat zwar nach Paulus noch manches Bibelbuch verfasst, aber er hat darin keine grundsätzlich neuen Wahrheiten mitgeteilt.
Dieser Reichtum, den der Apostel Paulus offenbart hat, hat einen grossen Mittelpunkt: Christus (Vers 27). Seine Person macht jetzt und ewig unser ganzes Glück aus. Darum war Christus auch das grosse Themader Verkündigung von Paulus (Vers 28). Denn er verfolgte in seinem Dienst ein grosses Ziel: Er wollte alle Glaubenden vollkommen in Christus darstellen, damit sie sich nur an Ihm freuen.
Das Geheimnis verstehen
Vers 1 knüpft an die letzten Gedanken von Kapitel 1 an und zeigt uns, was für einen grossen Kampf der Apostel für die Gläubigen in Kolossä und Laodizea hatte. Er setzte sich voll für sie ein, indem er für sie betete und sie über die christliche Wahrheit belehrte. Vers 2 stellt uns drei Wirkungen einer guten, biblischen Unterweisung vor:
- Wenn das Wort Gottes vorgestellt und erklärt wird, kommen unsere Herzen zur Ruhe. Sie werden getröstet, weil wir uns auf ein stabiles Glaubensfundament stützen können.
- Die christliche Lehre verbindet uns als Erlöste in Liebe miteinander, weil uns bewusst wird, was für ein herrliches Glaubensgut wir gemeinsam besitzen.
- Durch gute Belehrung werden wir zur vollen Gewissheit des Verständnisses und zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes geführt. Wir erfassen die christliche Wahrheit in unseren Herzen und bekommen eine innere Überzeugung dafür.
Das Geheimnis Gottes enthält viele reiche Schätze. Wenn wir uns anhand des Wortes Gottes mit Jesus Christus und der Versammlung beschäftigen, entdecken wir diese Schätze und werden glücklich. Als Folge davon verliert die Verführung, die durch überredende Worte an unsere Ohren dringt, ihre Anziehungskraft. Dieses grosse Bewahrungsmittel stellt der Apostel vor, ehe er konkret auf die Gefahren eingeht (Vers 8).
Der äussere Zustand der Kolosser war gut. Sie standen fest im Glauben und es herrschte Ordnung in der Versammlung.
In Christus vollendet sein
Bei unserer Bekehrung haben wir Jesus Christus als unseren Erlöser angenommen. Nun soll unser ganzes Glaubensleben in Ihm verankert sein. Wie ist das möglich? Durch ein Leben der Gemeinschaft mit Ihm, in dem wir alle Einflüsse ablehnen, die uns als Christen schaden. In Vers 8 werden wir vor zwei solchen Gefahren gewarnt:
- Die «Philosophie» versucht menschliche Antworten auf die elementaren Fragen des Lebens zu geben. Sie steht jedoch oft im Widerspruch zu dem, was Gott sagt, der immer die Wahrheit spricht. Darum müssen wir alle menschlichen philosophischen Gedanken bewusst ablehnen.
- Mit den «Überlieferungen der Menschen» sind die religiösen Traditionen gemeint. Sie sprechen die menschlichen Gefühle an, können aber die echten Bedürfnisse nicht befriedigen.
Beide Punkte sind Elemente der Welt und ziehen uns von Christus weg. Aber es gibt für uns Christen nichts Grösseres und Besseres als unseren Herrn. In Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit, und wir sind in Ihm vollendet, d. h. wir besitzen in Christus eine herrliche und sichere Stellung vor Gott.
Die Verse 11-15 beschreiben die Auswirkungen des Erlösungswerks des Herrn Jesus für uns Glaubende. Die «Beschneidung des Christus» spricht vom Tod unseres Erlösers. Sein Tod wurde uns bei der Bekehrung angerechnet, so dass wir mit Ihm der Sünde, der Welt und den Forderungen des Gesetzes gestorben sind. Aber wir sind auch mit Ihm auferweckt und dadurch in die christliche Stellung eingesetzt worden.
Warnung vor dem Gesetz und der Welt
In Vers 16 spricht Paulus nochmals die Gefahr der jüdischen Überlieferungen an. Sie gründeten sich auf die Anordnungen des Gesetzes, gingen aber über jene Anweisungen hinaus. Sie fanden deshalb nicht die Zustimmung Gottes.
Vers 17 macht zudem deutlich, dass alle Verordnungen im Alten Testament auf den Herrn Jesus hinweisen. Sie waren ein Schatten, die Wirklichkeit ist Christus. So ziehen wir heute einen grossen Nutzen aus dem Alten Testament, wenn wir in den göttlichen Vorschriften an Israel Bilder von unserem Erlöser entdecken.
In Vers 18 stellt der Apostel die menschlichen Vorstellungen und Praktiken bloss. Was so beeindruckend erscheinen mag, sind in Wirklichkeit eigenwillige und hochmütige Überlegungen von Menschen, die sich nicht unter Gottes Autorität beugen wollen.
In starkem Kontrast dazu stehen die Gedanken Gottes über Christus und seine Versammlung (Vers 19). Der Herr Jesus ist das Haupt, die Erlösten bilden den Leib. Jeder hat eine Funktion, die er zum Wohl und Wachstum des ganzen Leibes ausüben soll.
Weil wir mit Christus der Welt gestorben sind, ist es uns als Glaubende möglich, nicht auf ihre Einflüsse zu reagieren (Vers 20). So brauchen wir uns nicht an Essens-Vorschriften zu halten, die über die biblischen Anweisungen hinausgehen (Apostelgeschichte 15,20). Wenn Paulus hier die Gefahr der Askese anspricht, macht er deutlich, welches Ziel dabei verfolgt wird: Man will dabei selbst gross herauskommen!
Sucht was droben ist!
Durch die Tatsache, dass wir mit Christus gestorben sind (Kolosser 2,20), haben wir unsere Beziehung zur alten Welt abgebrochen. In Vers 1 lernen wir nun die Auswirkung davon kennen, dass wir mit Christus auferweckt worden sind: Wir stehen in Beziehung zur neuen, himmlischen Welt, in der unser Herr der Mittelpunkt ist. Allerdings leben wir noch auf der Erde. Doch wir blicken im Glauben zum Himmel hinauf und stehen so mit dem verherrlichten Christus in Verbindung. Nun werden wir zu zweierlei aufgefordert:
- «Sucht, was droben ist, wo der Christus ist.» Wir sollen uns für die himmlischen Gedanken des Herrn Jesus über unser Christenleben auf der Erde interessieren. Er will uns die Sichtweise der neuen Welt für unsere Lebenspraxis zeigen, damit wir hier als himmlische Menschen leben.
- «Sinnt auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist.» Je mehr wir uns mit den himmlischen Gedanken über unser Leben beschäftigen, desto weniger werden uns die menschlichen Ideen und Philosophien, die ihren Ursprung auf der Erde haben, beeinflussen können.
Die Verse 3 und 4 zeigen uns unsere innige Beziehung zu Jesus Christus. Jetzt besitzen wir das gleiche Leben wie Er, der im Himmel bei Gott ist. So sind wir im Glauben – wenn auch unsichtbar – mit Ihm verbunden. In der Zukunft werden wir mit Ihm öffentlich erscheinen. Dann wird jeder erkennen, dass wir Ihm gehören.
Das spornt uns an, hier als himmlische Menschen nach dem Willen unseres himmlischen Herrn zu leben.
Verurteilt die Sünde!
Als Erlöste haben wir die Erbsünde noch in uns, die uns zu sündigen Gedanken, Worten und Taten verleiten will. Wenn wir nicht wachsam sind, kommen wir zu Fall. Darum werden wir in unserem Abschnitt aufgefordert, die Auswüchse der alten Natur zu verurteilen. «Töten» beginnt damit, dass wir das Böse in unserem Leben so wie Gott verurteilen. Es beinhaltet auch das vorbeugende Bewusstsein: Ich habe die Sünde noch in mir und bin zu jedem Fehltritt fähig. «Töten» bedeutet aber auch, die begangene Sünde Gott zu bekennen und die Ursache dafür zu erkennen und zu verurteilen. Wie ernst Gott es mit diesem Selbstgericht meint, machen die Verse 6 und 7 klar. Menschen, die keine Beziehung zu Ihm haben und die Sünde verharmlosen, anstatt sie zu verurteilen, kommen ins Gericht.
In Vers 8 werden wir aufgefordert, alle Sünden, die wir mit dem Mund begehen, abzulegen. Einst lebten wir in der Sünde, aber jetzt sollen uns die alten, sündigen Gewohnheiten nicht mehr prägen.
Der Grund dafür wird uns in den Versen 9 und 10 angegeben. Bei unserer Bekehrung hat eine grundlegende Veränderung stattgefunden. Wir haben den alten Menschen abgelegt, d. h. wir stehen vor Gott nicht mehr in unserem sündigen Zustand. Zudem haben wir den neuen Menschen angezogen und sind nun fähig, nach dem Vorbild unseres Herrn Jesus zur Ehre Gottes zu leben.
In der neuen, himmlischen Welt bestehen die alten Unterschiede nicht mehr. Alle Glaubenden haben nur ein Ziel und einen Lebensinhalt: Jesus Christus!
Verhaltet euch wie Christus!
Diese Verse bilden das Gegenstück zum vorherigen Abschnitt. Wir werden jetzt aufgefordert, im Zusammenleben der Christen die Wesenszüge des neuen Menschen zu offenbaren. Der Herr Jesus ist unser grosses Vorbild dazu.
Doch zuerst werden wir an unsere Stellung erinnert. Wir sind Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte! Als solche sind wir in der Lage, barmherzig, gütig, demütig, sanftmütig und geduldig zu sein.
Die Schwachstellen unserer Mitchristen sollen wir ertragen und immer bereit sein, einander die Sünden zu vergeben. Die wichtigste Eigenschaft ist die göttliche Liebe. Sie motiviert uns, allen Glaubenden in der Gesinnung von Jesus Christus zu begegnen.
Als der Herr Jesus hier lebte, genoss Er immer – sogar in den schwierigsten Situationen – einen inneren Frieden. Diesen Frieden möchte Er uns schenken (Johannes 14,27), damit wir alle Entscheidungen aus dieser inneren Ruhe heraus fällen.
Das Wort des Christus ist die ganze christliche Wahrheit, wie sie uns im Neuen Testament vorgestellt wird. Wenn wir die Bibel lesen und auf unser Herz und Gewissen anwenden, wird dieses Wort in uns wohnen und segensreiche Auswirkungen haben:
- Wir werden uns als Christen gegenseitig lehren und ermahnen.
- Wir werden zur Ehre Gottes und zu unserer Freude gemeinsam Loblieder singen.
- Wir werden alles in unserem Leben so tun wollen, wie es der Herr Jesus tun würde.
Ehe, Familie, Beruf
In diesem Abschnitt spricht der Apostel unser Verhalten in der Ehe, in der Familie und am Arbeitsplatz an. Was das Letztere betrifft, so dürfen wir seine Anweisungen an die Sklaven seiner Zeit auf das Verhältnis der Arbeitsnehmer unserer Tage übertragen. Es fällt uns auf, dass Paulus immer wieder den Herrn erwähnt, um den konkreten Anordnungen für das Alltagsleben einen hohen Wert beizumessen.
Zuerst werden die Ehefrauen angesprochen. Sie sollen sich ihren Männern unterordnen. Der Schöpfer hat ihnen diesen Platz in der Ehe gegeben. Wenn die Frauen ihn bereitwillig einnehmen, erleben sie den Segen und die Zustimmung des Herrn.
Die Ehemänner werden aufgefordert, ihre Frauen zu lieben. Sie sollen ihnen Zeit und Zuwendung schenken. Zudem werden die Männer davor gewarnt, bitter gegen ihre Frauen zu sein. Denken wir daran: Bitterkeit verletzt das Herz und führt zur Verhärtung!
Der Appell an die Kinder ist ganz einfach: Gehorcht euren Eltern! Doch wie freut sich der Herr, wenn sie es tun! Die Väter haben die Hauptverantwortung in der Erziehung. Sie stehen in Gefahr, ihre Kinder ungerecht zu behandeln oder zu überfordern.
Als Arbeitnehmer werden wir aufgefordert, dem Chef zu gehorchen und die Arbeit in erster Linie für den Herrn Jesus zu tun. Das motiviert uns, auch langweilige oder schwierige Aufgaben möglichst gut zu erledigen. Vers 24 enthält eine Ermutigung, Vers 25 eine Warnung. Der Herr beurteilt unser Verhalten am Arbeitsplatz. Wir werden ernten, was wir säen (Galater 6,7.8).
Wachen und beten
In Vers 1 werden alle Christen angesprochen, die im Beruf eine Kaderfunktion einnehmen. Sie sollen zu den Untergebenen gerecht sein und ihnen das geben, was ihnen an Lohn, Urlaub usw. zusteht. Der Gedanke, dass sie selbst einen Herrn im Himmel haben, hilft ihnen, sich als Vorgesetzte richtig zu verhalten. So wie Er mit ihnen handelt, sollen auch sie mit ihren Angestellten umgehen.
Ab Vers 2 bis zum Schluss des Kapitels lernen wir einige Lektionen über die Arbeit im Werk des Herrn. Zuerst stellt der Apostel uns in den Versen 2-6 drei allgemeine Voraussetzungen dazu vor: das ausdauernde Gebet, das korrekte Verhalten und das angemessene Reden. Anschliessend erwähnt Paulus in den Versen 7-17 verschiedene Mitarbeiter – ermutigende und warnende Beispiele für uns!
Die Verse 2-4 fordern uns alle zu einem lebendigen Gebetsleben auf. Zuerst lernen wir, wie wir beten sollen und anschliessend, wofür wir beten dürfen. Regelmässiges Beten erfordert geistliche Kraft und Ausdauer. Darum ist es gut, wenn wir wie Daniel feste Gebetszeiten kennen (Daniel 6,11). Vergessen wir beim Beten das Danken nicht! Wie viel Gutes bekommen wir jeden Tag von unserem Gott.
In den Versen 3 und 4 folgen zwei konkrete Gebetsanliegen: Erstens dürfen wir den Herrn bitten, dass Er seinen Dienern eine offene Tür zur Ausübung ihrer Aufgabe gibt. Zweitens dürfen wir dafür beten, dass sie bei der Verkündigung des Wortes den richtigen Ton finden, damit die Botschaft aufgenommen wird.
Weise leben und dienen
Wie wichtig ist unser Verhalten im Alltag! Unsere Mitmenschen beobachten uns an der Arbeit, in der Freizeit, in der Nachbarschaft. Wir haben Weisheit nötig, um uns als Christen in den einzelnen Situationen des Lebens korrekt zu benehmen. Gott möchte uns dieses Feingefühl geben, damit wir im Alltag die Anweisungen des Wortes Gottes zur rechten Zeit und in der richtigen Weise umsetzen.
Im Kontakt mit denen, die draussen sind – d. h. mit den Ungläubigen – schenkt der Herr uns Gelegenheiten, von Ihm und unserem Glauben an Ihn zu reden. Vielleicht ist unser gottesfürchtiges Verhalten der Anlass dazu. Wir wollen solche Möglichkeiten zum Zeugnis nutzen und den Herrn Jesus bitten, dass Er uns dazu das rechte Wort schenkt.
Ab Vers 7 spricht Paulus von seinen Mitarbeitern. Tychikus hatte als sein vertrauter Reisebegleiter die Aufgabe, die Kolosser über die persönlichen Umstände des gefangenen Apostels zu informieren. Gleichzeitig sollte Tychikus ihm bei seiner Rückkehr über die Situation der Kolosser berichten. Auch heute ist Gott gemässe und vertrauenswürdige Information für das Werk des Herrn förderlich. Onesimus begleitete Tychikus und konnte als zweiter Zeuge dessen Aussagen bestätigen.
Aristarchus, der Mitgefangene von Paulus, Markus, der wiederhergestellte Diener, und Jesus, genannt Justus, waren weitere Mitarbeiter des Apostels. Ihre treue Arbeit im Reich Gottes und ihre Verbundenheit mit Paulus waren eine grosse Ermutigung für ihn.
Mitarbeit im Werk des Herrn
Paulus fährt mit seinen Grüssen fort und erwähnt nochmals Epaphras. Von ihm haben die Menschen in Kolossä das Evangelium von Jesus Christus gehört (Kolosser 1,7). Nun wird die andere Seite dieses treuen Dieners gezeigt. Er war ein fleissiger Beter! Wenn er in den Gebeten für die Kolosser rang, hatte er zwei Bitten für sie auf dem Herzen:
- Er wünschte, dass sie vollkommen in allem Willen Gottes standen. Das ist dann der Fall, wenn wir die ganze christliche Wahrheit kennen und verwirklichen.
- Es war sein Anliegen, dass sie völlig überzeugt im Willen Gottes standen. Diese Herzensüberzeugung für die christliche Wahrheit bekommen wir, wenn wir das Wort Gottes im Herzen erfassen und bewahren.
Der Apostel richtete auch Grüsse von Lukas, dem geliebten Arzt, und von Demas aus. Im zweiten Timotheus-Brief werden diese beiden Mitarbeiter nochmals erwähnt. Dort kann Paulus die Treue des Ersten hervorheben: «Lukas allein ist bei mir.» Leider muss er auch von der Untreue des Zweiten berichten: «Demas hat mich verlassen, da er den jetzigen Zeitlauf lieb gewonnen hat.»
Nymphas erhielt einen speziellen Gruss. Hatte er diese Ermutigung besonders nötig, weil er Aufwand und Verzicht auf sich nahm, damit die Versammlung in seinem Haus zusammenkommen konnte? Archippus empfing von Paulus eine persönliche Ermahnung. War er in seinem Dienst träge geworden oder stand er in Gefahr, sich in andere Aufgaben einzumischen?
Buchtipp: Christus in uns – die Hoffnung der Herrlichkeit.
Den Kolosser-Brief besser verstehen.
Geburt und Jugend der Zwillinge
Auch in der Ehe von Isaak und Rebekka gab es eine Not. Sie bekamen keine Kinder. Doch der Glaubende weiss, wohin er sich wenden kann: im Gebet an seinen Gott. So bat Isaak den Herrn für seine Frau und Dieser erhörte ihn: Rebekka wurde schwanger, und zwar mit Zwillingen.
Nun sehen wir, wie auch sie zum Herrn betete und eine Antwort von Ihm bekam. Als der souveräne und allwissende Gott erklärte Er ihr, was aus ihren beiden Kindern werden würde. Wenn der allwissende Gott solche Aussagen macht, heisst dies nicht, dass der Mensch für sein Verhalten nicht mehr verantwortlich wäre. Die Bibel unterstreicht sowohl die Souveränität Gottes als auch die Verantwortung des Menschen. Beides läuft parallel nebeneinander und ist hundertprozentig wahr.
Die beiden Söhne waren in ihrem Wesen ganz verschieden. Leider entstand dadurch eine gewisse Entfremdung zwischen den Eheleuten, denn Isaak zog Esau vor, während Rebekka Jakob liebte. Dabei liessen sie sich von ihren natürlichen Neigungen leiten.
Sicher wusste Jakob, was Gott über ihn zu seiner Mutter gesagt hatte. Er glaubte dem Wort des Herrn. Doch er meinte, Gott nachhelfen zu müssen. So versuchte er auf menschlich schlaue Weise in den Besitz des Erstgeburtsrechts zu kommen.
Esau war ein Ungläubiger, der das Erstgeburtsrecht und den damit verbundenen Segen des Herrn gering achtete. Er wollte nur seinen Hunger stillen. Göttliche Dinge interessierten ihn nicht. Leichtsinnig verkaufte er sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht (Hebräer 12,16).
Buchtipp: Gott erfahren – ganz persönlich.
Isaak in Gerar
Im Leben Isaaks finden wir Parallelen zum Leben seines Vaters Abraham. Das wird in unserem Abschnitt besonders deutlich. Wie zur Zeit Abrahams gab es auch zur Zeit Isaaks eine Hungersnot. Solche Prüfungszeiten erproben unseren Glauben.
Was tun wir, wenn wir in den Zusammenkünften der Gläubigen einen Mangel an geistlicher Nahrung empfinden, wenn das Wort Gottes nur sehr dürftig verkündigt wird? Wie leicht schlagen wir dann den Weg des geringsten Widerstands ein. Es besteht die Gefahr, dass wir uns der Welt zuwenden in der Meinung, dort unseren inneren Hunger stillen zu können. So wie Gott Isaak warnte, nach Ägypten (= Welt) zu ziehen, so warnt Er auch uns. Wir wollen auf Gottes Stimme hören und Ihm gehorchen. Nur dann kann Er uns segnen.
Isaak zog also nicht nach Ägypten, sondern nur zum König von Gerar. Er blieb zwar im Land, ging aber zu den Philistern. Sie sind in der Bibel oft ein Bild von religiösen Bekennern, die kein Leben aus Gott haben. Wenn wir engen Kontakt mit Menschen suchen, die sich zwar Christen nennen, aber keine wahren Gläubigen sind, werden wir negativ beeinflusst.
Isaak fürchtete sich vor jenen Leuten und griff zu einer Lüge. Wie Abraham verleugnete er seine Frau und behauptete, sie sei seine Schwester. Da musste ihn der heidnische König zurechtweisen. Sind wir besser als Isaak? Haben wir nicht schon unter dem Einfluss von religiösen Menschen unsere himmlische Stellung oder die Zugehörigkeit zu den Gläubigen verleugnet, die sich einfach zum Herrn Jesus hin versammeln?
Brunnen graben
Isaak erfuhr den Segen des Herrn. Da beneideten ihn die Philister, unter denen er wohnte. Schliesslich wurde die Feindschaft so gross, dass Isaak und seinen Herden die Lebensgrundlage entzogen wurde. Als Folge davon musste er wegziehen. Vielleicht erleben auch wir Neid und Widerstand von unseren Mitmenschen, so dass wir nachgeben und ausweichen müssen. Aber prüfen wir uns, ob diese Feindschaft nicht eine Folge unseres verkehrten Verhaltens ist! Bei Isaak war es Gottes Güte in seinem Leben, die zu solchen Reaktionen führte.
Wovon reden die Wasserbrunnen, die Isaak wieder aufgrub? Sie sind ein Bild des Wortes Gottes, wie es durch den Heiligen Geist lebendig vor die Herzen gestellt wird. Was bedeuten dann die verstopften Brunnen? In der Vergangenheit hat der Herr treuen Männern Gottes viel Verständnis und Licht über die biblische Wahrheit gegeben. Leider wird heute vieles aus dem Dienst dieser Glaubensmänner herabgewürdigt, wenn nicht sogar verworfen. An uns liegt es nun, die Wahrheit des Wortes Gottes, die unsere geistlichen Vorfahren gekannt und verkündigt haben, für uns zu erfassen und sie dann verständlich weiterzugeben. Aber ebenso nötig ist es, dass wir die Bibel selbst erforschen, denn Isaak grub auch neue Brunnen.
Auf seinen Zügen kam Isaak schliesslich nach Beerseba. Dort bekam er wunderbare Zusagen seines Gottes und dort baute er auch einen Altar. Als Anbeter rief er den Namen des Herrn an und wohnte als Fremder in einem Zelt. Auch der Brunnen – das Wort Gottes –, aus dem er täglich schöpfte, fehlte nicht.
Abimelech besucht Isaak
Nun bekam Isaak hohen Besuch aus dem Volk der Philister. Zu Dritt kamen sie zu dem, den sie einst weggetrieben hatten. Wir verstehen die verwunderte Frage Isaaks. Was führten diese Männer im Schild?
Was Isaak erlebte, kann auch uns passieren: Ungläubige Menschen äussern sich uns gegenüber anerkennend. Dabei übertreiben sie vielleicht sogar. Wie verhalten wir uns dann? Von Isaak wollen wir lernen, zurückhaltend und vorsichtig, aber ebenso freundlich und grosszügig zu sein. Wir wollen uns bemühen, mit der Hilfe des Herrn Römer 12,18 zu verwirklichen: «Wenn möglich, so viel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden.» Gleichzeitig wollen wir jedoch nicht vergessen, dass die Schmeichelei der Welt eine grosse Gefahr für uns ist. Die Bibel gibt uns in Hiskia ein warnendes Beispiel. Dieser gottesfürchtige Mann erkannte diese Gefahr nicht und tappte in die Falle Satans. Die Folgen waren für ihn und andere verheerend (Jesaja 39).
Am gleichen Tag, da Isaak seinen hohen weltlichen Besuch wieder entlassen hatte, berichteten ihm seine Knechte von einem neuen Brunnen. Es scheint, als ob Gott damit das Verhalten Isaaks gegenüber den ungläubigen Besuchern anerkennen und belohnen wollte.
Esau heiratete zwei heidnischen Frauen. Diese Entscheidung offenbarte seine innere Haltung. Er war ein Ungläubiger, der sich auch in der Frage der Ehe nicht um Gott und seine Gedanken kümmerte. Welch ein Herzeleid waren diese Frauen für seine gläubigen Eltern!
Ein schmackhaftes Gericht
Diese Verse zeigen uns in Isaak einen Gläubigen, der in seinem Alter nicht mehr in Abhängigkeit von Gott lebte und handelte. Hatte er vergessen, dass der Herr zu Rebekka gesagt hatte: «Der Ältere wird dem Jüngeren dienen»? Weil seine Gemeinschaft mit Gott getrübt war, stand er im Begriff, gegen den offenbarten göttlichen Willen zu handeln. Und Gott? Ihm gleitet nichts aus den Händen, auch wenn die Menschen – und sogar die Glaubenden – versagen.
Rebekka, die Frau Isaaks, sah, dass sich die Dinge in die verkehrte Richtung entwickelten. Leider stand auch sie nicht auf der Höhe des Glaubens. Warum sprach sie nicht mit ihrem Mann über die Sache und erwähnte seinen Fehler? Es scheint, dass das Miteinander in ihrer Ehe zu einem Nebeneinander geworden war. Wie schade! Rebekka brachte die Sache auch nicht vertrauensvoll im Gebet vor Gott, sondern reagierte auf das fleischliche Verhalten Isaaks ebenso eigenwillig, ja, sogar betrügerisch.
Und Jakob? Auch bei ihm sehen wir keinen tätigen Glauben. Wohl zögerte er, den Vorschlag seiner Mutter auszuführen und seinen Vater zu betrügen. Doch nicht Gottesfurcht, sondern die Angst vor den Konsequenzen beim Scheitern des Plans bewog ihn, Einwände zu machen. Schliesslich überwog der Einfluss der Mutter. Sie wollte die Folgen eines allfälligen Misslingens auf sich nehmen. Nun war der Sohn zur bösen Tat bereit.
Zwar gelang der Plan, aber wie tragisch waren die Folgen für alle Beteiligten!
Jakob erschleicht sich den Segen
Das Wort Gottes berichtet uns nicht, mit welchen Empfindungen Jakob seinen Vater hinterging. Wir wissen nicht, wie sehr ihn sein Gewissen bei diesem Verhalten anklagte. Aber die Bibel sagt uns, wie oft Jakob gelogen und wie er sogar den Namen Gottes missbraucht hat (Verse 19.20.24).
Obwohl Isaak aufgrund der Stimme, die er als Jakobs Stimme erkannte, Verdacht schöpfte, gelang der Plan. Jakob erlangte den begehrten Segen. Mit List und Betrug erreichten Rebekka und Jakob ihr Ziel. Das alles spielte sich nicht in einer weltlichen Familie, sondern unter Gläubigen ab. Wie traurig! Diese Geschichte zeigt einmal mehr, dass die alte Natur im Gläubigen zu allem Bösen fähig ist. Wir wollen uns dieser Tatsache bewusst sein und uns nahe beim Herrn aufhalten.
Bevor Jakob geboren worden war, hatte der souveräne und allwissende Gott gesagt: «Der Ältere wird dem Jüngeren dienen.» Jakob glaubte diesem göttlichen Ausspruch. Zudem anerkannte und wertschätzte er den Segen, der mit dem Erstgeburtsrecht verbunden war. Diesen Glauben Jakobs beantwortete Gott dadurch, dass sein Vater ihn tatsächlich segnete. Aber weil Jakob nicht auf Gott warten konnte und meinte, er müsse Ihm nachhelfen, erfuhr er Gottes Erziehung. Wie bitter waren die Folgen seines eigenwilligen, betrügerischen Tuns! Wir wollen aus dieser Geschichte für uns lernen, beständig in Abhängigkeit vom Herrn zu leben. Anstatt Ihm durch eigenwillige Handlungen vorzugreifen, gilt es, Schritt für Schritt mit Ihm zu gehen.
Esau hasst Jakob
Nun hatte Jakob den erwünschten Segen. Doch es musste ihm klar gewesen sein, dass sein Betrug ans Licht kommen würde. So geschah es auch, als der wahre Esau mit seinem zubereiteten Essen zu Isaak trat.
In den Versen 30-40 fallen uns zwei Reaktionen der beteiligten Personen auf: der grosse Schrecken, den das Herz Isaak durchzog (Vers 33), und das grosse, bitterliche Geschrei und die Tränen Esaus (Verse 34.38). Der Schrecken Isaaks macht deutlich, dass er seinen grossen Fehler erkannt haben muss. Wenn der Herr es nicht verhindert hätte, hätte er gegen den göttlichen Willen gehandelt und den älteren Sohn gesegnet. Isaak sah dies ein und stellte sich nun im Glauben ganz auf Gottes Seite. Er erklärte Esau: «Ich habe ihn gesegnet; und er wird auch gesegnet sein.»
Esaus grosse Enttäuschung ist verständlich. Doch sein ungläubiges Herz zeigte keine Reue über die frühere Missachtung des Erstgeburtsrechts. Er trauerte nur dem Segen nach, der ihm entgangen war (Hebräer 12,16.17). Nun wollte er Rache üben und seinen Bruder umbringen, um als Haupterbe doch noch zum gewünschten Segen zu kommen. Aber Gott verhinderte dies.
Rebekka plante, Jakob zu ihrem Bruder Laban zu senden. Mit ihren Bemerkungen über die heidnischen Frauen Esaus, brachte sie ihren Mann dazu, über die Heirat Jakobs nachzudenken und seinen Sohn schliesslich nach Paddan-Aram zu senden (Kapitel 28). In jener Zeit fragte in der Familie Isaaks leider niemand nach Gott und seinem Willen. Wir sehen keine Abhängigkeit von Ihm, sondern ein Handeln nach eigenen Überlegungen.
Jakob verlässt das Elternhaus
Das Leben Jakobs kann in drei Teile gegliedert werden, die prophetisch auf die Geschichte Israels hinweisen:
- Sein Leben in Kanaan bis zur Flucht vor Esau spricht von der Zeit des Segens Gottes unter David und Salomo.
- Sein Wegzug nach Paddan-Aram und sein harter Dienst bei Laban veranschaulichen die Zeit, da Israel unter die Nationen zerstreut ist.
- Seine Rückkehr in das verheissene Land deutet die Zeit an, da Israel wieder in seinem Land wohnt.
Mit dem vorliegenden Kapitel beginnt der zweite Teil der Geschichte Jakobs.
Bereits in Kapitel 27,46 hatte Rebekka mit ihrem Mann darüber gesprochen, wie schlimm es wäre, wenn Jakob eine heidnische Frau aus der Umgebung heiraten würde. Nun sehen wir, wie Isaak seinen Sohn nach Paddan-Aram zu den Angehörigen von Rebekka sandte. Obwohl Jakob mit diesem Wegzug vor Esau und seinem Hass fliehen musste, gab ihm sein Vater einen Segen mit auf den Weg. Isaaks Worte zeigen, dass er die Gemeinschaft mit seinem Gott wieder gefunden hatte. Was er aussprach, lag ganz auf der Linie der Gedanken Gottes.
Der Segen Isaaks und sein Gebot an Jakob, keine heidnische Frau aus Kanaan zu nehmen, sowie der Gehorsam Jakobs, blieben nicht ohne Einfluss auf Esau. Um seinen Eltern entgegenzukommen, nahm er zu seinen bisherigen Frauen noch eine Tochter Ismaels hinzu. Doch dies war nur eine äussere Geste gegenüber seinen Eltern. Sie zeigt etwas vom sympathischen Charakter Esaus. Sein Herz änderte sich leider nicht. Er blieb ungläubig.
Jakob in Bethel
Nun war Jakob auf der Flucht vor Esau. Er begann zu ernten, was er gesät hatte. In seinem Leben sah es tatsächlich nicht erfreulich aus. «Die Sonne war untergegangen.» Er übernachtete als mittelloser Flüchtling im Freien und musste seinen Kopf auf ein steinhartes «Kissen» legen.
Aber Gott erbarmte sich über ihn und gab ihn nicht auf. Er erschien ihm in einem eindrücklichen Traum und machte ihm herrliche Verheissungen über seine Nachkommen und über das Land, das er aus eigener Schuld für eine Zeit verlassen musste. Für die Gegenwart, in der die Aussichten alles andere als günstig waren, verhiess ihm Gott: «Ich bin mit dir.» Er wollte ihn schliesslich zurückbringen.
Welch ein Trost sind solche Worte Gottes für uns, die wir wie Jakob manchmal versagen. Unser Gott und Vater gibt uns, die wir Ihm angehören, wegen unserer Fehltritte nicht auf. Er will uns vielmehr wieder zurechtbringen. Oft kann Er uns jedoch – wie bei Jakob – seine Wege der Erziehung nicht ersparen.
Jakob fürchtete sich nach dieser Begegnung mit Gott, weil sein Herz noch nicht im Reinen mit Ihm war. Anstatt die angebotene Gnade dankbar anzunehmen, tat er ein Gelübde: «Wenn Gott mit mir ist … so soll der Herr mein Gott sein.» Jakob machte Ihm sogar Versprechungen. Er wollte Ihm seine Durchhilfe mit dem Zehnten entschädigen. Jakob meinte es aufrichtig. Doch wie weit war er von den Wegen und Gedanken Gottes entfernt! Wie vieles musste er noch lernen.
Jakob kommt nach Haran
Schliesslich erreichte Jakob den Wohnort seiner Verwandten. Wir erinnern uns an Kapitel 24, als der Knecht Abrahams diesen Ort aufsuchte, um von dort eine Frau für den Sohn seines Herrn zu nehmen. Welch ein Unterschied zu Jakob! Damals kam der Knecht Abrahams mit «allerlei Gütern seines Herrn» und betete zu Gott, damit Er ihm die richtige Frau für Isaak zeige. Jetzt sehen wir Jakob als heimatlosen Flüchtling, der nicht einmal betete, sondern sich von seinen Gefühlen gegenüber Rahel leiten liess. Doch Gott benutzte die Umstände, um seine Pläne mit Jakob zu erfüllen.
Jakob war bereits ein erfahrener Hirte. Das merkt man aus dem Gespräch, das er mit den Hirten aus Haran führte (Vers 7). Als er dann Rahel, die Tochter Labans, sah, wälzte er den Stein von der Brunnenöffnung und tränkte die Schafe.
Danach konnte er seine Tränen nicht mehr zurückhalten. «Jakob küsste Rahel und erhob seine Stimme und weinte.» Wie froh war er, dass er endlich bei seiner Verwandtschaft angekommen war. Ob er hier eine Bleibe finden konnte?
Auch wenn Jakob im Gegensatz zum Knecht Abrahams nichts mitbrachte, wurde er im Haus von Laban als Neffe doch freundlich aufgenommen. Einen Monat lang blieb Jakob bei seinem Onkel. In dieser Zeit leistete er bereits gute Arbeit, so dass Laban erkannte, wie wertvoll und nützlich ihm sein Neffe als Viehhirte werden könnte. Deshalb versuchte er, ihn bei sich zu behalten (Vers 15).
Jakob wird betrogen
Nachdem der erste Monat bei Laban vergangen war, wurde die Lohnfrage zwischen dem Onkel und seinem Neffen geregelt. Für Jakob war klar: «Ich will dir sieben Jahre dienen um Rahel, deine jüngere Tochter.» Weil er sie liebte, vergingen ihm diese Jahre wie im Flug (Verse 18.20). Laban aber wollte diesen guten Knecht, der sozusagen ohne materiellen Lohn bei ihm arbeitete, noch weitere sieben Jahre an sich binden. Deshalb betrog er Jakob am Hochzeitstag, indem er ihm Lea statt Rahel zur Frau gab. Und Jakob? Auch wenn Laban für sein betrügerisches Tun verantwortlich war, stand doch Gott hinter allem. In seiner Erziehung mit Jakob liess Er ihn das ernten, was er selbst gesät hatte. Er, der seinen Vater betrogen hatte, wurde nun selbst hintergangen.
Nach einer Woche Hochzeitsfeier gab Laban seinem Neffen auch die gewünschte Tochter zur Frau: die von ihm geliebte Rahel. Doch Jakob musste bei Laban nochmals sieben Jahre arbeiten (Verse 27.30). Nun hatte Jakob zwei Frauen! Die Folge war, dass die eine geliebt und die andere gehasst war. Wie traurig! Doch der Herr dachte in seiner Gnade an Lea und schenkte der ungeliebten Frau Jakobs einige Söhne, während Rahel unfruchtbar war.
Die beiden Frauen Jakobs zeigen uns ein prophetisches Bild. Rahel stellt das Volk Israel dar, wie es vom Herrn geliebt war, aber zunächst keine Frucht brachte. Lea spricht von den Menschen aus den Nationen, die in der Zeit der Gnade durch den Glauben an das Evangelium Frucht für Gott bringen.
Stammbaum der Nachkommen Abrahams
Jakob und seine Familie
Gott duldete in der Zeit des Alten Testaments die Vielehe (Polygamie), aber sie war nie nach seinen Gedanken. Er hatte noch vor dem Sündenfall des Menschen die Einehe eingesetzt. Alle Beispiele im Alten Testament über Familien, in denen ein Mann mehr als eine Frau hatte, sind negativ. Immer gab es Schwierigkeiten und Nöte, so auch in der Familie von Jakob.
Ähnlich wie einst Sara versuchte Rahel ihre Unfruchtbarkeit zu umgehen, indem sie Jakob ihre Magd Bilha zur Frau gab. Als Lea aufhörte zu gebären, beschritt sie den gleichen Weg wie Rahel und gab Jakob ihre Magd Silpa zur Frau. Nun hatte Jakob vier Frauen. Wie sehr wurde sein Eheleben dadurch belastet! In einer Vielehe kann es niemals Harmonie geben. Das ist nur in der Einehe nach Gottes Gedanken möglich.
Auch wenn wir Menschen oft versagen, hört der souveräne Gott doch nicht auf, gnädig und barmherzig zu sein. Das sehen wir auch in der Geschichte der Familie Jakobs. Gott sah das schwierige Los von Lea und erhörte sie, indem Er ihr weitere Kinder schenkte (Verse 17-21). Aber Er dachte auch an Rahel. Als Gottes Zeit gekommen war, schenkte Er auch ihr einen Sohn: Joseph. Zuerst hatte Rahel von Jakob Kinder gefordert (Vers 1). Doch das konnte er nicht erfüllen. Später lernte sie, die Not im Gebet vor Gott zu bringen – und Er erhörte sie (Vers 22). So sorgte Gott trotz allen menschlichen Überlegungen und Handlungen dafür, dass Jakob der Stammvater aller 12 Stämme des Volkes Israel wurde.
Jakob und seine Arbeit
Nun wünschte Jakob, in das Land der Verheissung zurückzukehren. Er stellte sein Vorhaben dem Schwiegervater vor. Doch der schlaue Laban war nicht so schnell bereit, seinen hervorragenden Arbeiter ziehen zu lassen. Er bekannte: «Ich habe gespürt, dass der Herr mich um deinetwillen gesegnet hat.» Es gelang ihm, seinen Neffen zum Bleiben zu überreden, indem er ihm einen Lohn anbot.
Die Verhandlungen zwischen Onkel und Neffe sowie ihr Verhalten zeigen, dass diese beiden Männer in ihrer Schlauheit, aber auch in ihrem gewieften Handeln einander ebenbürtig waren. Trotz den Vorkehrungen Labans konnte Jakob als erfahrener Tierzüchter durch geschickte Massnahmen den Lohn zu seinen Gunsten beeinflussen. Das Resultat war, dass der materielle Reichtum Jakobs überaus wuchs. Aber stand nicht Gott hinter allem, der Jakob segnen wollte (Kapitel 31,42)?
Mit der Geburt von Joseph kam bei Jakob das Verlangen auf, nach Kanaan zurückzukehren. Es scheint, dass er sich ins Land der Verheissung zurücksehnte, wo seine Vorfahren gelebt und an ihren Altären mit Gott Gemeinschaft hatten. In Haran besass Jakob keinen Altar. Hätte er dort überhaupt einen haben können?
Aus der Tatsache, dass Jakob nach der Geburt von Joseph in sein Land zurückziehen wollte (Vers 25), können wir etwas lernen. Joseph ist hier ein Bild vom Herrn Jesus. Wenn Er vor unseren Glaubensblicken steht, sehen wir klar, welchen Weg wir nach Gottes Gedanken gehen sollen. Wichtig ist aber, dass wir uns nicht abhalten lassen, sondern diesen Weg auch gehen.
Jakob macht sich auf den Heimweg
Durch den schnell wachsenden Reichtum Jakobs verschlechterte sich das Verhältnis zwischen ihm und seinem Schwiegervater. Die Söhne Labans wurden neidisch auf ihren Cousin. Da griff Gott ein und forderte Jakob zur Rückkehr in das Land seiner Väter auf. Er versicherte ihm seinen Beistand: «Ich will mit dir sein.» Seitdem der Herr damals in Bethel mit ihm gesprochen hatte, war es nun das erste Mal, dass Jakob wieder die Stimme Gottes hörte.
Zuerst besprach Jakob die Sache mit seinen Frauen. Aus seinen Worten an Rahel und Lea erfahren wir, wie der Herr sich trotz des betrügerischen Verhaltens von Laban zu Jakob bekannt und ihn gesegnet hatte. Was für einen gnädigen Gott haben wir doch! Auch wenn Er uns wie einst Jakob erziehen muss, ist Er nicht gegen uns, sondern für uns.
Ohne sich von Laban zu verabschieden, machte sich Jakob mit seiner grossen Familie und allem, was er besass, auf den Weg nach Kanaan. Er befolgte Gottes Anweisung, aber er fürchtete sich vor Laban. Deshalb hinterging er ihn und floh während der Abwesenheit seines Onkels. Trotz der Zusage Gottes in Vers 3 sehen wir nicht, dass Jakob auf Ihn vertraut hätte. Obwohl der Herr zu ihm gesprochen hatte, ruhte er noch nicht in seinem Gott.
Doch sein Verhalten gegenüber seinen Frauen und Kindern zeugt von seiner Liebe und Sorge für seine Familie (Vers 17). Er kümmerte sich darum, dass sie möglichst bequem reisen konnten.
Jakob wird von Laban verfolgt
Sobald Laban von der Flucht Jakobs hörte, jagte er ihm nach. Aus Vers 29 kann man entnehmen, dass er keine guten Absichten hatte. Doch Gott verhinderte jedes böse Vorhaben, indem Er ihn in einem Traum deutlich warnte: «Hüte dich, dass du mit Jakob weder Gutes noch Böses redest!» So sehen wir, wie Gott – als seine Zeit gekommen war – selbst dafür sorgte, dass Jakob sich von Laban trennen konnte.
Vers 27 zeigt nochmals, wie unaufrichtig Laban war. Nach all dem, was die Bibel bis dahin über ihn berichtet hat, glaubt wohl niemand, dass er Jakob bei seinem Wegzug mit Freude und Musik begleitet hätte! Es waren schöne, aber unwahre Worte.
Neben der Habsucht hatte Laban noch einen weiteren Grund, um Jakob zu verfolgen: der Verlust seiner Hausgötzen (Vers 30). Laban war ein Götzendiener! Der Gott Jakobs war nicht sein Gott. Gegenüber Jakob nannte er Ihn «den Gott eures Vaters» (Vers 29).
Vers 32 macht klar, dass Jakob nicht alles wusste, was in seiner grossen Familie vorging. Er war ehrlich davon überzeugt, dass niemand von den Seinen Labans Götzen gestohlen hatte. Doch er täuschte sich: «Rahel aber hatte die Teraphim genommen und sie in den Kamelsattel gelegt und sich darauf gesetzt» (Vers 34). Zudem erwies sich Rahel als eine echte Tochter Labans. Ihre List war so gut, dass ihr Vater seine Götzen trotz intensiver Suche in keinem der Zelte Jakobs finden konnte. «Er durchsuchte alles und fand die Teraphim nicht.»
Jakob auf dem Gebirge Gilead
Wir verstehen den Zorn Jakobs in Vers 36. Dennoch war es ein Ausbruch seiner alten Natur. Nun leerte er seinen Kropf und sagte seinem Onkel die Meinung. Doch was nützte es? Eigentlich nichts. Laban liess sich nicht beeindrucken und änderte sich nicht (Vers 43). Er blieb, was er war.
Wie lehrreich sind die Worte Jakobs für uns! Sie offenbaren etwas von der Härte und Schwere seines 20-jährigen Dienstes bei Laban, aber auch von der Treue, in der Jakob als Hirte arbeitete. Sie zeigen weiter, wie er wusste, dass Gott in dieser Zeit mit ihm gewesen war und seine Arbeit gesegnet hatte. Er war in seinem Elend nicht allein gewesen. So ist es heute noch. Wenn Gott uns in seiner Erziehung Wege führen muss, die wir als schwer empfinden, ist Er doch für uns und mit uns. Das wollen wir nicht vergessen.
Der errichtete Steinhaufen markierte eine klare Trennung zwischen Jakob und Laban. Der eine zog als Glaubender weiter, während der andere in der Welt blieb.
Dann schlossen beide Männer einen Bund. Die Worte Labans zeigen, welch ein Rechthaber und Besserwisser er war. Er meinte auch jetzt noch, er könne bestimmen. Doch es war Jakob, der eigentlich in allem die Initiative übernahm. Er opferte ein Schlachtopfer und lud seine Brüder zum Essen ein. Laban war und blieb ein Weltmensch. Aber Jakob versuchte als ein Gläubiger die Würde zu behalten. Er stand auf der Seite des Allmächtigen und wusste, dass Gott für ihn war.
Jakob fürchtet sich vor Esau
Nach der endgültigen Trennung von Laban kam Jakob ins verheissene Land zurück. Da begegneten ihm Engel Gottes, die ihn sozusagen willkommen hiessen. Doch es war auch das Heerlager Gottes. Wollte der Herr ihm damit nicht zeigen, dass Er ihn beschützen konnte, wenn er seinem Bruder Esau begegnete, vor dessen Hass er einst geflohen war? Jakob gab dem Ort den Namen «Machanaim», was Doppellager bedeutet. Möglicherweise erschienen ihm die Engel in zwei Zügen, die einen zum Schutz gegen die Gefahr von hinten (Laban) und die anderen zum Schutz gegen die Bedrohung von vorn (Esau).
Die bevorstehende Begegnung mit Esau machte Jakob grosse Sorge. Ja, er fürchtete sich, als er hörte, dass dieser ihm mit 400 Mann entgegenkam. Wo blieb das Gottvertrauen Jakobs? Ach, er handelte, wie auch wir oft reagieren. Wir unternehmen alles Menschenmögliche, um einer Schwierigkeit zu begegnen. Erst dann beten wir und bitten Gott um seine Hilfe und Rettung.
Es war ein schönes Gebet, das Jakob zu seinem Gott betete. Aber er war noch nicht bereit, mit ganzem Herzen auf Den zu vertrauen, mit dem er geredet hatte. Er bereitete ein Geschenk für Esau vor, das er vor sich her sandte, um ihn zu versöhnen (Vers 21). Sollte dieses Geschenk – das übrigens keine Kleinigkeit war – eine materielle Wiedergutmachung gegenüber Esau sein, den er einst betrogen hatte?
Dann heisst es: «Er übernachtete in jener Nacht im Lager.» Jene Nacht sollte die bedeutungsvollste im Leben Jakobs werden. Das zeigen uns die nächsten Verse.
Jakob in Pniel
In jener Nacht überquerte Jakob mit seiner Familie und seinem Besitz den Jabbok. Als er alles über die Furt des Flusses geführt hatte, blieb er allein am anderen Ufer zurück. Da rang ein Mann in der Dunkelheit mit ihm. Aus Hosea 12,4 wissen wir, dass es Gott war, mit dem Jakob kämpfte.
Zunächst schien es, als ob Jakob die Oberhand behielt. Doch als der geheimnisvolle Mann das Hüftgelenk Jakobs anrührte und dieses verrenkt wurde, war der Kampf entschieden. Nun war Jakob körperlich behindert und unfähig, weiter zu kämpfen.
Was bedeutete das alles? Bis zu diesem Ereignis hatte Jakob sehr vieles im Selbstvertrauen getan. Er hatte sich auf seine Kraft und Klugheit gestützt, aber dabei die tägliche Gemeinschaft mit Gott vernachlässigt. Alles, was Gott ihm auf seinem Lebensweg begegnen liess, konnte an dieser Einstellung nichts ändern. Darum griff der Herr nun selbst ein und brach seine Kraft für den Rest des Lebens. Sobald Jakob sich seiner bleibenden Schwachheit bewusst wurde, klammerte er sich an den Kämpfenden, um unbedingt von Ihm gesegnet zu werden. Jakob wollte jetzt alles nur noch von Gott bekommen. Damit hatte der Herr sein Ziel mit ihm erreicht.
Als Bestätigung der Sinnesänderung, die bei Jakob in dieser Nacht eingetreten war, gab Gott ihm einen neuen Namen: Israel (= Kämpfer Gottes). Nach dieser Begegnung mit Gott ging ihm die Sonne wieder auf (vergleiche Vers 32 mit Kapitel 28,11).
Jakob trifft mit Esau zusammen
Obwohl Jakobs Kraft gebrochen und er ein hinkender Mann war, versuchte er noch einmal, mit Hilfe seiner eigenen Pläne Esau zu begegnen. Doch er musste lernen, dass alle seine Massnahmen völlig überflüssig waren. Sein Bruder begegnete ihm trotz seines früheren Betrugs mit grosser Herzlichkeit (Vers 4). Wir sehen darin, dass auch die Ungläubigen grossherzig sein können.
Auf die Frage Esaus antwortete Jakob als ein Gläubiger: Er rühmte die Gnade Gottes, die er in seinem Leben erfahren hatte. Das Geschenk, das er Esau bereits gemacht hatte, war ebenfalls ein Beweis davon (Verse 5.11). Als Esau seinen Bruder auf der Reise begleiten wollte, lehnte Jakob dankend ab. Es war ihm klar, dass ein Gläubiger niemals einen gemeinsamen Weg mit einem Ungläubigen gehen kann. Doch seine Begründung war schwach und unwahr. Er hätte seinem Bruder einfach sagen sollen, dass er ein anderes Ziel verfolgte. Er wollte doch nicht nach Seir, sondern nach Kanaan!
Als Jakob in Sukkot ein Haus baute und später in Sichem einen Altar errichtete, hatte er da das Ziel noch nicht erreicht. Wohl war er im Land Kanaan angekommen, aber noch nicht bis Hebron gelangt (Kapitel 35,27).
Der Altar in Sichem redet vom persönlichen Gebetskontakt des Glaubenden mit Gott. Obwohl es nun im Leben Jakobs einen Altar gab, stimmte sein innerer Zustand noch nicht mit dem Allmächtigen überein. Es standen ihm noch demütigende und beschämende Erfahrungen bevor, bis sein Herz wirklich auf Gott ausgerichtet war.
Unmoral in Sichem
Bevor wir uns mit den traurigen Ereignissen in Kapitel 34 beschäftigen, wollen wir uns zweierlei fragen:
- Hätten diese schlimmen Sünden nicht vermieden werden können, wenn Jakob von Pniel direkt nach Bethel gezogen wäre?
- Hatte er durch den Bau eines Hauses in Sukkot und den Kauf eines Feldes in Sichem nicht einen Teil seines Charakters als Fremder in der Welt aufgegeben und so seine Familie einer zusätzlichen Versuchung ausgesetzt?
Dina, die Tochter Leas, suchte den Kontakt zu ungläubigen jungen Frauen. Leider blieb es nicht dabei. Der Sohn eines Fürsten der Hewiter verliebte sich in sie und nahm sie, wie die Welt gewohnt ist zu nehmen. Er beging die Sünde der Hurerei mit ihr und entehrte sie. Daran änderte sich auch nichts, als der Vater dieses Mannes zu Jakob kam und um Dina als Frau für seinen Sohn bat.
Über diese Schandtat, die in Israel verübt worden war, ergrimmten die Söhne Jakobs sehr. Als dann Hemor zu Jakob und seinen Söhnen kam und ihnen vorschlug, sich mit den Bewohnern des Landes zu verschwägern, redeten sie betrügerisch. Sie wollten sich an ihnen rächen.
Warum schwieg Jakob, als er hörte, was mit seiner Tochter passiert war? Weil er wohl gemerkt haben muss, dass auch er daran schuld war: Anstatt nach Bethel zu ziehen, war er in Sichem geblieben. Doch nun konnte er an der Sache nichts mehr ändern. Er musste die Folgen ernten. Da er ein gläubiger Mann war, demütigte er sich unter die erziehende Hand Gottes – und schwieg.
Gewalttat in Sichem
Hemor und Sichem schöpften überhaupt keinen Verdacht, als die Söhne Jakobs, die vorher gekränkt und wütend reagiert hatten, nun einen Vorschlag machten. Jedenfalls brachten sie die gestellten Bedingungen der Söhne Jakobs vor die führenden Männer der Stadt. Schliesslich war man bereit, darauf einzugehen. So wurden alle Männlichen von Sichem beschnitten.
Was dann am dritten Tag geschah, als die Leute in Schmerzen waren, ist überaus verwerflich und abscheulich. Simeon und Levi ermordeten alle Männer der Stadt und holten Dina aus dem Haus Sichems. Dann kamen die übrigen Söhne Jakobs und plünderten die Stadt. Man ist geneigt zu sagen: Menschen zu töten, denen man die Möglichkeit genommen hat, sich zu verteidigen, ist eine weitaus schlimmere Sünde als die Schandtat Sichems. Doch Gott muss uns allen, die wir diesen Bericht lesen, zeigen, wozu wir Menschen fähig sind (Markus 7,21.22).
Jakob hatte das böse Tun seiner Söhne nicht verhindern können. Jetzt fürchtete er sich vor den Folgen. Er sagte: «Ihr habt mich in Trübsal gebracht, indem ihr mich stinkend macht unter den Bewohnern des Landes.» Warum dachte er nicht daran, wie sehr sein Gott, dem er in Sichem einen Altar gebaut hatte, durch das Verhalten Dinas und das Tun seiner Söhne verunehrt worden war?
In dieser Notsituation griff der Herr selbst ein. Er beschützte Jakob und die Seinen vor der Rache der Bewohner des Landes (Kapitel 35,5). Was für einen gütigen und gnädigen Gott haben wir doch!
Jakob zieht nach Bethel hinauf
Obwohl Jakob demütigende Erfahrungen machen musste (Kapitel 34), gab Gott ihn nicht auf. Er forderte jetzt den Patriarchen auf, nach Bethel hinaufzuziehen, wo er auf seiner Flucht vor Esau den Traum mit der Leiter vom Himmel auf die Erde gehabt hatte (Kapitel 28,11-22). Dort sollte er wohnen und seinem Gott einen Altar bauen.
Der Altar in Bethel spricht von der Gemeinschaft mit Gott. Auf dem Weg dorthin merkte Jakob, dass in seiner Familie nicht alles in Übereinstimmung mit Gott war. Er ordnete deshalb an, dass sie alle Götzen wegtun sollten, was sie auch befolgten. Dann vergrub Jakob alle fremden Götter und die Amulette unter der Terebinthe bei Sichem. Weiter forderte er die Seinen auf, sich zu reinigen und ihre Kleidung zu wechseln. Die Reinigung spricht vom Selbstgericht, das wir nötig haben, um die Gemeinschaft mit Gott geniessen zu können. Das Wechseln der Kleidung spricht von der würdigen Weise, in der wir vor Gott erscheinen sollen (vergleiche 1. Korinther 11,27-34).
In Bethel baute Jakob einen Altar und nannte den Ort: Gott des Hauses Gottes. Damit verwirklichten er und seine Familie gottesdienstliche Gemeinschaft.
Nun war Jakob innerlich so weit, dass Gott ihm wieder erscheinen konnte. Dabei bestätigte Er seinen neuen Namen: Israel. Zudem stellte sich Gott ihm als der Allmächtige vor, ähnlich wie Er es einst Abraham gegenüber getan hatte (Kapitel 17,1). Er verhiess Jakob sowohl eine grosse Nachkommenschaft als auch das Land Kanaan zum Besitztum.
Jakob kommt zu seinem Vater
Bei der Geburt ihres zweiten Sohnes starb Rahel. Für Jakob muss es ein sehr grosser Schmerz gewesen sein, als er seine geliebte Rahel durch den Tod verlor. Viele Jahre später, kurz vor seinem eigenen Tod, sprach er zu seinem Sohn Joseph mit ergreifenden Worten von Rahel: «Als ich aus Paddan kam, starb Rahel bei mir im Land Kanaan … und ich begrub sie dort auf dem Weg nach Ephrat, das ist Bethlehem» (Kapitel 48,7).
Wir hören nicht, dass Israel etwas zur Sünde seines Erstgeborenen sagte. Doch aus seinen letzten Worten an seine Söhne wird deutlich, wie sehr er diese Verfehlung verurteilte (Kapitel 49,4). Als Folge seiner Sünde verlor Ruben sein Erstgeburtsrecht (1. Chronika 5,1).
Mit der Geburt von Benjamin hatte Jakob nun zwölf Söhne (Verse 23-26). Sie wurden die Stammväter des Volkes Israel.
Schliesslich kam Jakob mit seinem ganzen Zug bis nach Mamre, wo sein alter Vater Isaak noch lebte. Von Rebekka wird nach Kapitel 28 nichts mehr berichtet. Vermutlich war sie in der Zwischenzeit gestorben. Sie konnte Jakob nicht mehr aus Haran holen lassen, wie sie es geplant hatte (Kapitel 27,45).
Im Alter von 180 Jahren verstarb Isaak. Jakob lebte zwar abgesondert von seinem ungläubigen Bruder Esau. Doch als es um das Begräbnis von Isaak ging, handelten beide Söhne miteinander. Der Tod eines Vaters ist ein Familienereignis, das alle Kinder betrifft – ob gläubig oder ungläubig. Wie schön, wenn sie den Vater gemeinsam beerdigen.
Die Nachkommen Esaus (1)
Warum hat uns Gott in seinem Wort ein ganzes Kapitel über die Familie Esaus und ihre Entwicklung hinterlassen? Es waren doch ungläubige, gottlose Menschen! Weil wir bei Esau und seinen Nachkommen die gleichen Merkmale finden, die auch die uns umgebende Welt prägt. So zeigt uns dieses Kapitel das Verhalten von ungläubigen und oft gottlosen Menschen, damit wir als gläubige Christen die Gefahren erkennen, die durch ihren Einfluss auf uns drohen.
Esau hatte wie Jakob einen zweiten Namen. Doch er hatte ihn nicht von Gott bekommen. Weil er das Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht verkauft hatte, wurde er Edom genannt (Kapitel 25,30). Dieser Name erinnert an seine Gleichgültigkeit und sein Desinteresse an Gott. Immer wieder wird in diesem Kapitel auf diesen Namen Esaus hingewiesen.
Aus Vers 6 erfahren wir, dass Esau mit seiner Familie und seiner Habe von Jakob weg auf das Gebirge Seir zog. Von den Menschen, die dort wohnten, hatte Esau seine zweite Frau: Oholibama, die Tochter Anas und Enkeltochter Zibeons (Verse 2.24.25). So suchte er sein Glück in der Welt. Als Gläubige werden wir zu einer klaren Absonderung von der Welt aufgerufen (2. Korinther 6,14 – 7,1). Wir leben zwar in der Welt, sind aber nicht mehr von ihr (Johannes 17,14-16).
Die Aufzählung der Fürsten oder Stammeshäupter in den Versen 15-19 zeigen, dass die Nachkommen Esaus nicht nur zahlreich, sondern auch mächtig wurden. Das Streben nach Macht, Ehre und Reichtum ist bis heute ein Kennzeichen der Welt.
Die Nachkommen Esaus (2)
Die Söhne Seirs waren die Bewohner jenes Landes bevor Esau mit seiner Sippe dorthin zog. Aus ihrer Auflistung erfahren wir etwas über die Verwandtschaft der zweiten Frau Esaus. Zudem erkennen wir, dass er bereits vor seinem Umzug dorthin eine Verbindung zu Seir hatte. Auch unter den Bewohnern Seirs gab es Fürsten, so dass sich zwei ähnlich mächtige Sippen zusammenfanden.
Ab Vers 31 wird das Land Seir, wo die Nachkommen Esaus lebten, als Edom bezeichnet. Vermutlich war die Nachkommenschaft Esaus zahlenmässig stärker als die Sippe von Seir. Wichtig für uns aber ist die Bemerkung aus 5. Mose 2,5. Dort erklärte Gott dem Volk Israel, das auf dem Weg von Ägypten nach Kanaan war, dass das Land Seir nicht zu ihrem Erbteil gehörte: «Das Gebirge Seir habe ich Esau als Besitztum gegeben.»
Vom Schwiegervater Esaus wird in Vers 24 gesagt, dass er die warmen Quellen in der Wüste fand. Sind sie nicht ein Bild der Freuden der Welt? Oft sprechen sie die Gefühle der Menschen an. Aber ihre Wirkung verfliegt schnell wieder – so wie warmes Wasser in der Hitze der Wüste den Durst nicht wirklich stillen kann.
Die Erwähnung der Könige, die in Edom regiert hatten, bevor in Israel ein König herrschte, spricht sicher von Regierungsgewalt. Wie oft wird diese Herrschaft in der Welt selbstsüchtig und ungerecht ausgeübt.
Am Ende des Kapitels erwähnt der Geist Gottes nochmals den Namen Edom. Das Irdische erfüllte das Herz Esaus. Für Gott gab es da keinen Platz.
Einleitung
Im ersten Timotheus-Brief bekommen wir Anweisungen für ein angemessenes Verhalten im Haus Gottes.
Kapitel 1: Gesetz und Gnade
Kapitel 2: Gebet und Demut
Kapitel 3: Aufseher und Diener
Kapitel 4: Falsche und richtige Lehre
Kapitel 5: Witwen und Älteste
Kapitel 6: Genügsamkeit und Reichtum
Im zweiten Timotheus-Brief finden wir viele Hinweise zum Dienst für die Zeit des Niedergangs in der Christenheit.
Kapitel 1: Die Leiden des Dieners
Kapitel 2: Die Aufgaben des Dieners
Kapitel 3: Die Hilfsmittel des Dieners
Kapitel 4: Der treue Herr des Dieners
Das Gebot der Gnade
Der erste Brief an Timotheus ist einer der vier Briefe, die der Apostel Paulus an Einzelpersonen geschrieben hat. Der vorliegende legt das Schwergewicht auf die Gottseligkeit oder Gottesfurcht. Das geht auch uns an, die wir am Ende der christlichen Zeitepoche leben. Und der Charakter Gottes, wie er in den Briefen an Timotheus und Titus vorgestellt wird, hat sich bis heute nicht verändert: Er ist ein Heiland-Gott, ein Gott der Liebe.
Timotheus war ein enger und treuer Mitarbeiter des Apostels der Nationen. Als Paulus von Ephesus nach Mazedonien weiterreiste, liess er Timotheus mit einem Auftrag in Ephesus zurück (Verse 3.5). Den Gläubigen in jener Stadt drohten zwei Gefahren.
- Der Feind versuchte die christliche Lehre mit menschlichen, philosophischen Ideen zu vermischen (Verse 3.4).
- Es gab Menschen aus dem Judentum, die die Gläubigen unter das Gesetz bringen wollten, das Gott am Sinai dem Volk Israel gegeben hatte.
Der Apostel behandelt vor allem den zweiten Punkt. Er zeigt, dass Gott das Gesetz gab, damit der Mensch erkennt, was vor Gott böse ist. Das Gesetz ist nicht die Lebensregel der Christen (Verse 8-10).
Vers 5 zeigt, was uns kennzeichnen sollte: Liebe aus reinem (aufrichtigem) Herzen, ein gutes Gewissen, das uns nicht anklagt, und einfältiges Gottvertrauen. Das wird uns auf dem guten Weg bewahren.
Barmherzigkeit und Gnade
Das Gesetz vom Sinai konnte nur zeigen, wie böse und sündig wir Menschen in Gottes Augen sind. Es konnte keinem helfen, die Situation zu ändern. Wie anders ist da die Gnade Gottes!
In den Versen 12-17 stellt sich Paulus selbst vor, um klarzumachen, was die unumschränkte Gnade auf der Grundlage des Erlösungswerks des Herrn Jesus zustande bringt. Paulus war vor seiner Bekehrung ein Lästerer, Verfolger und Gewalttäter. Doch der Herr Jesus, den er verfolgte, trat ihm in den Weg, führte ihn zur Einsicht und zur Buße über sein böses Leben und zum Glauben an Ihn und sein Erlösungswerk. Nach seiner Bekehrung betrachtete sich Paulus als den ersten oder grössten Sünder, für den Jesus Christus in die Welt gekommen war. Wenn Er ihn errettet hat, wird Er auch jeden anderen, der aufrichtig Buße tut und an Ihn glaubt, erretten. Welch eine Barmherzigkeit Gottes hat dieser Mann erfahren! Ja, er spricht von überströmender Gnade, weil Gott ihn nicht nur errettet, sondern auch in seinen Dienst gestellt hat. Er kann nicht anders, als in Vers 17 einen Lobpreis anstimmen.
In Vers 18 kommt Paulus auf den besonderen Auftrag zurück, den er Timotheus gegeben hatte (vergleiche Verse 3 und 5). Er ermuntert ihn, den guten Kampf des Glaubens zu kämpfen und sich im persönlichen Gottvertrauen nicht erschüttern zu lassen. Es gab einige, die der Apostel mit Namen nennt, die über die Stimme ihres Gewissens hinweggingen. Dabei kamen sie so weit von der Wahrheit ab, dass Paulus mit apostolischer Autorität gegen sie handeln musste.
Unser Heiland-Gott
Unser Gott ist ein Heiland-Gott, der an alle Menschen denkt. Es ist sein Verlangen, dass sie alle errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit über sich selbst und über Gott kommen. Unsere Aufgabe ist, für alle Menschen zu beten. Unser Reden mit Gott kann dabei verschiedene Formen annehmen je nach der Situation, die wir Ihm vorbringen. Manchmal wird das Gebet zu einem intensiven Flehen. Oft denken wir dabei an die anderen (Fürbitte), und für wie vieles können wir Gott danken!
Neben allen Menschen wird die Kategorie von Königen und hochgestellten Personen besonders hervorgehoben. Möchten wir mehr für die Verantwortlichen in der Regierung beten, damit wir bis zum baldigen Kommen unseres Herrn ein Leben in Gottesfurcht führen können. Ruhig und still bedeutet, dass wir uns in keiner Weise auffallend benehmen sollten.
Die Verse 5 und 6 zeigen die Grundlage, auf der alle Menschen errettet werden können. Jesus Christus ist auf die Erde gekommen und am Kreuz gestorben. Dabei hat Er alle gerechten Ansprüche Gottes erfüllt und ein Lösegeld bezahlt, das für alle Menschen ausreicht. Aber es kommt nicht automatisch allen zugut. Die Bibel kennt keine Allversöhnung. In den Genuss des Lösegeldes und damit der Errettung kommen nur die Menschen, die Buße tun und an Jesus Christus glauben. Die anderen gehen verloren. – Wichtig ist, dass wir die Botschaft des Heils verkündigen. Paulus hat es getan. Heute sollten wir das Evangelium den Menschen weitersagen.
Männer und Frauen
Um diese Verse zu verstehen, müssen wir an die Aussage in Kapitel 3,15 denken. Dort erwähnt der Apostel den Grund für diesen Brief: «Damit du weisst, wie man sich verhalten soll im Haus Gottes, das die Versammlung des lebendigen Gottes ist.» Es geht in unseren Versen um das Verhalten von gläubigen Männern und Frauen.
Vers 8: Wenn irgendwo (an jedem Ort) unter Menschen gebetet wird, sollen dies Männer tun. Da wo Verantwortung übernommen werden muss, sind die Männer angesprochen. Doch sie sollen «heilige Hände aufheben». Um in der Öffentlichkeit zu beten, z.B. in einer Zusammenkunft der Gläubigen, muss der persönliche Zustand des Beters vor Gott in Ordnung sein.
Der gläubigen Frau wird gesagt, dass sie sich in ihrem Äusseren so verhalten soll, wie es «Frauen geziemt, die sich zur Gottesfurcht bekennen». Die Gottesfurcht hilft uns, praktische Fragen, z.B. über Mode und Kleidung, zu lösen. Diese Verse stimmen ganz mit anderen Stellen überein, die vom Platz der Unterordnung der Frau reden, den Gott ihr gegeben hat. Sie soll also nicht öffentlich eine Führung übernehmen, sei es im Gebet oder im Lehren. Zwei Gründe werden für diesen Platz der Unterordnung, den eine christliche Frau einnehmen sollte, angegeben. Erstens entspricht er der Schöpfungsordnung. Zweitens wird der Sündenfall erwähnt. Zwar sehen wir in 1. Mose 3, wie sowohl Adam als auch Eva in Sünde fielen, und Gott die erste Verantwortung auf Adam legt. Doch Adam fiel nicht, indem er wie Eva durch die Schlange betrogen wurde.
Der Aufseherdienst
Gott möchte, dass in seinem geistlichen Haus – in der Versammlung – alles «anständig und in Ordnung» abläuft (1. Korinther 14,40). Damit dies auch praktisch verwirklicht wird, hat Er das Amt des Aufsehers oder Ältesten und das Amt des Dieners gegeben. Da wir heute keine Apostel und keine von Aposteln autorisierte Personen haben, die Älteste anstellen können, kennen wir keine amtlichen Aufseher mehr. Doch bis heute gibt es unter den Gläubigen in den örtlichen Versammlungen Männer, auf die die Beschreibung der Verse 2-7 zutreffen. Solche können den Dienst eines Aufsehers ausüben. An uns liegt es, diese Brüder und ihren Dienst anzuerkennen (1. Thessalonicher 5,12.13).
Man könnte den Aufseherdienst als eine Art von örtlich begrenztem Hirtendienst bezeichnen. Gläubige Männer, die an einem Ort einen solchen Dienst tun, haben ein fürsorgliches Auge für ihre Mitgläubigen und kümmern sich um sie (1. Petrus 5,1-3).
Wenn wir die Voraussetzungen sorgfältig lesen, fallen uns einige wichtige Punkte auf. Wer einen Dienst als Aufseher ausüben möchte, muss verheiratet sein und im persönlichen Leben bewiesen haben, dass er seiner Verantwortung als Familienoberhaupt nachgekommen ist. Unmöglich kann ein Neuling, d.h. ein Mensch, der erst vor Kurzem gläubig geworden ist, einen solchen Dienst ausführen. Und wie beurteilen aussenstehende Mitmenschen einen solchen Mann? Wer kein gutes Zeugnis von ungläubigen Nachbarn oder Arbeitskollegen hat, ist für einen Aufseherdienst ungeeignet.
Diener und die Versammlung
Die Aufgabe eines Dieners umfasst nicht den geistlichen Zustand der Glaubenden, sondern die materiellen Belange der örtlichen Versammlung (z.B. die Verwaltung der materiellen Gaben oder die Betreuung und den Unterhalt des Versammlungsraums). Diener wurden nicht von Aposteln, sondern von den Gläubigen erwählt und bestimmt. Das gilt bis heute. Wer eine solche Aufgabe wahrnehmen möchte, muss die in den Versen 8-12 gegebenen Voraussetzungen erfüllen. Ein Beispiel von Dienern finden wir in Apostelgeschichte 6,1-6 (siehe auch 1. Korinther 16,3; 2. Korinther 8,18-22).
Eine schöne Illustration von Vers 13 ist das Leben von Philippus. Er war einer der sieben Dienern, die in Apostelgeschichte 6 erwählt wurden, um die Tische zu bedienen. Später wurde er ein Evangelist, der in vielen Städten die frohe Botschaft verkündete (Apostelgeschichte 8,5.40; 21,8).
Der 15. Vers ist ein Kernvers des ganzen Briefes. Aus diesem Brief lernen wir, wie wir uns als Gläubige, die zusammen die Versammlung Gottes bilden, zu verhalten haben, und zwar jeder an dem Platz, wo der Herr ihn hingestellt hat. – Der letzte Vers des Kapitels zeigt uns das Geheimnis der Gottseligkeit. Bei diesem Geheimnis geht es um die geheimnisvolle Kraft eines Lebens in Gottesfurcht. Diese verborgene Quelle liegt in der Offenbarung Gottes, wie Er sich in seinem Sohn Jesus Christus gezeigt hat. Wie wichtig ist es, diese wunderbare Person – es ist unser Erlöser – immer besser kennen zu lernen. Er ist die Kraftquelle für das richtige Verhalten im Haus Gottes.
Warnung vor falschen Lehren
Gott wohnt durch den Heiligen Geist in der Versammlung. Dieser Geist warnt jetzt in Vers 1 vor religiösen Verirrungen unter den Christen, die schon bald nach dem Heimgang der Apostel auftreten würden. Doch die hier aufgeführten irrigen Ansichten findet man auch heute noch in der Christenheit.
Das Abfallen vom Glauben bedeutet das Aufgeben der Wahrheit, wie sie uns in der Bibel mitgeteilt ist. Man gibt die Grundwahrheiten des christlichen Glaubens auf und glaubt dafür an Lehren, deren Quelle Dämonen sind. Diese bösen Lehren haben praktische Auswirkungen auf das Leben der Menschen, wie Vers 3 zeigt. Da wird das, was der Schöpfer-Gott eingerichtet und gegeben hat, verboten. Tatsache aber ist, dass Gott uns alles schenken möchte, was wir in seiner Schöpfung finden. Wir dürfen es dankbar von Ihm annehmen und geniessen.
Timotheus hatte die Aufgabe, den Gläubigen in Ephesus diese ernsten Warnungen klar vorzustellen. Wenn er dies tat, war er ein guter Diener des Herrn.
Die Worte des Glaubens sind der Inhalt und die Worte der Lehre die Form der Wahrheit Gottes, d.h. was Gott uns mitgeteilt hat und wie Er es getan hat.
Die Gottseligkeit oder wahre Gottesfurcht wirkt sich sowohl im gegenwärtigen Leben als auch in der Zukunft aus. Heute darf der Gläubige mit ruhigem Gottvertrauen durchs Leben gehen. Und wie herrlich wird die Zukunft sein, wenn sich das ewige Leben in ihm ungehindert entfalten kann!
Auf die biblische Lehre achten
Das Wort Gottes ist treu und zuverlässig. Doch es ist kein leichter Dienst, den Menschen dieses Wort weiterzugeben. Die Leute wollen es nicht so ohne Weiteres annehmen. Doch jeder Diener des Herrn kann sich vertrauensvoll auf den lebendigen Gott stützen.
Die Verse 11-15 sind wichtige Ermahnungen, die jeder, der dem Herrn dienen möchte, zu Herzen nehmen muss. Wenn unser Leben nicht vorbildlich ist und nicht mit dem übereinstimmt, was wir sagen, ist unser Zeugnis kraft- und wertlos.
Der Herr hat jedem von uns etwas gegeben, das wir im Dienst für Ihn einsetzen dürfen. Timotheus hatte eine besondere Gnadengabe. Doch es scheint, dass er sehr zurückhaltend war und dadurch in Gefahr stand, seine Gabe zu vernachlässigen. – Die Fortschritte, von denen Paulus in Vers 15 spricht, beziehen sich nicht nur auf das Glaubensleben im Allgemeinen, sondern auch auf den Dienst für den Herrn. Wenn Timotheus die Ermahnungen des Apostels zu Herzen nahm, würde er Fortschritte in seinem Dienst machen.
Es ist wichtig, dass den Gläubigen das Wort Gottes nahegebracht wird, denn es drohen ihnen auf dem Weg zur Herrlichkeit viele Gefahren. Sie werden daraus gerettet, wenn sie auf die Botschaft der Bibel hören und sie befolgen. Damit die Verkündigung bei den Zuhörern ankommt, muss der Diener des Herrn sich immer wieder im Licht Gottes prüfen und das wegtun, was im Widerspruch zum Herrn ist, aber auch die ganze Wahrheit des Neuen Testaments sorgfältig festhalten und ohne Abstriche weitergeben.
Witwen in der Versammlung (1)
Im Haus Gottes, d.h. unter den Gläubigen, gibt es alte Männer, alte Frauen, junge Männer und junge Frauen. Timotheus sollte sich allen gegenüber richtig verhalten. Wie viel können wir aus den ersten zwei Versen für unser Benehmen lernen! Begegnen wir unseren älteren Geschwistern so, wie der Apostel dies vorstellt? Denken wir beim Umgang mit dem anderen Geschlecht daran, die nötige Distanz zu wahren?
Die Witwen hatten es zur Zeit von Timotheus nicht leicht. Es gab für sie keine staatliche Unterstützung. Wenn eine Witwe Kinder oder Enkel hatte, lag es an diesen, für ihre Mutter und Grossmutter zu sorgen. Auch wenn es heute vielerorts Witwenrenten gibt, haben diese Verse nichts von ihrer Bedeutung verloren. Gottes Wort ist an keine Zeitperiode gebunden, es ist ewig. Den Eltern das zu vergelten, was sie uns Kindern getan haben, umfasst mehr als materielle Unterstützung. Sie haben uns ihre Liebe erfahren lassen, für uns gesorgt und, wenn sie gläubig waren, sich bemüht, uns in der Zucht und Ermahnung des Herrn zu erziehen. Vergelten wir ihnen etwas davon?
Witwen, die keine Nachkommen hatten und auf sich allein gestellt waren, hatten nur Gott, auf den sie sich stützen konnten. Er ist es, der angeordnet hat, dass wirkliche Witwen von der Versammlung unterstützt werden (Vers 16).
Christen, die es versäumen, für die Ihren zu sorgen, verhalten sich schlechter als ein Ungläubiger. Welch ein trauriges Zeugnis vor der Welt!
Witwen in der Versammlung (2)
Gott, der unsere Herzen durch und durch kennt, weiss, wie schnell es passieren kann, dass jemand ungerechtfertigt eine Unterstützung bezieht. Deshalb werden in den Versen 9 und 10 klare Voraussetzungen aufgeführt, die eine Witwe erfüllt haben musste, um ins Verzeichnis aufgenommen zu werden. Eine gläubige Frau, die in ihren guten Tagen anderen ihre Hilfe erwiesen hat, wird erfahren, dass Gott sie in alten und einsamen Tagen nicht vergisst.
Jüngere Witwen, die materiell gut gestellt sind, aber keine eigentliche Aufgabe mehr haben, stehen in grosser Gefahr, auf ungute Wege zu kommen, die zu ihrem Schaden sind. Das Wort Gottes warnt an verschiedenen Stellen vor Müssiggang. Das geht nicht nur die jüngeren Witwen, sondern uns alle an.
In Vers 14 haben wir einen persönlichen Hinweis des Apostels, den Gott in sein inspiriertes Wort aufgenommen hat. Der Herr möchte nicht, dass jüngere Witwen durch ihr Verhalten den ungläubigen Menschen einen berechtigten Anlass geben, den christlichen Glauben zu schmähen.
Der 16. Vers wiederholt das in Vers 4 Gesagte und macht klar, dass die örtliche Versammlung kein allgemeiner Unterstützungsverein ist. Die verantwortlichen Brüder sollen sorgfältig darauf achten, wirklich nur solche Witwen zu unterstützen, die keine andere Hilfe haben.
Besonnen urteilen und handeln
Die Verse 17-21 behandeln das Verhalten gegenüber den Ältesten in der örtlichen Versammlung. Es gab solche, die ihre Aufgabe wahrnahmen, ohne öffentlich zu lehren. Andere aber standen durch ihre öffentliche Verkündigung mehr im Rampenlicht und waren dadurch auch mehr der Kritik ausgesetzt.
Mit der doppelten Ehre werden zwei Seiten angesprochen: Es handelt sich einerseits um die Achtung und anderseits um die materielle Unterstützung solcher Männer. Siehe die Zitate in Vers 18.
Älteste sind eher der Kritik ausgesetzt als andere Gläubige. Deshalb sollte eine Klage gegen sie nur dann angenommen werden, wenn sie wirklich gut bezeugt war. Im Weiteren haben Gläubige, die einen Ältestendienst ausüben, eine sehr grosse Verantwortung. Wenn sie in Sünde fallen, müssen sie vor allen überführt werden, um die anderen vorsichtiger zu machen. Der Dienst von Timotheus war nicht leicht. Er durfte sich in keiner Weise beeinflussen lassen, weder für die einen noch gegen die anderen.
Das Auflegen der Hände bedeutet, dass man sich mit einer Person und ihrem Verhalten einsmacht. Um sich dadurch nicht mit etwas Verkehrtem oder Bösem zu verbinden, musste Timotheus beim Händeauflegen sehr vorsichtig sein. Er brauchte aber nicht nur Ermahnung, sondern auch Ermunterung und Zuspruch. Beides erfuhr er von Paulus. – In den Schlussversen finden wir die wichtige Aussage, dass es nichts gibt, das auf die Dauer verborgen bleiben kann. Früher oder später kommt alles ans Licht.
Gottesfrucht und Genügsamkeit
In den Versen 1 und 2 geht es um das Verhalten der Sklaven, die an den Herrn Jesus glaubten. Sie sollten ihre Herren ehren, damit durch ihr Verhalten keine Unehre auf den Namen Gottes und die christliche Lehre fiel. Es gab auch Sklaven, die gläubige Herren hatten. In ihrer Stellung vor Gott waren Sklaven und Herren Brüder in Christus. Diese Vertrautheit durften die Sklaven nicht missbrauchen. Was ihr Platz in der Welt betraf, mussten sie ihre Brüder als Herren (Autorität) anerkennen und ihnen besonders gut dienen.
Heute haben wir «die gesunden Worte, die unseres Herrn Jesus Christus sind», schriftlich in Händen. Sie umfassen das ganze Neue Testament. Wer sich dieser Autorität (des Wortes) nicht beugt, sondern etwas anderes lehrt, fällt unter das Urteil der Verse 4 und 5.
Ein Leben in Gottesfurcht ist ein Gewinn, wenn man mit dem zufrieden ist, was man auf der Erde besitzt. Als Glaubende sind wir nicht von dieser Welt, sondern Himmelsbürger. Zudem haben wir nichts in die Welt hineingebracht und werden auch nichts mitnehmen. Wir sind nur Verwalter von dem, was der Herr uns an irdischen Gütern anvertraut hat.
Vergessen wir nicht, dass wir als Gläubige neben dem neuen Leben noch die alte Natur haben. Die Wurzel der Geldliebe oder Habsucht steckt auch in uns. Sie wird, wenn wir nicht wachsam sind, auch in unserem Leben Schosse treiben. Wie schnell geschieht es, dass auch ein Gläubiger reich werden will! Die aufgeführten Konsequenzen werden nicht ausbleiben.
Der gute Kampf des Glaubens
Was können wir tun, wenn in uns das Verlangen aufkommt, reich zu werden? Vers 11 fordert uns auf, diese Dinge zu fliehen und gleichzeitig nach praktischer Gerechtigkeit, Abhängigkeit vom Herrn, Gottvertrauen, Liebe, Ausharren und Sanftmut des Geistes zu streben.
Es ist nicht so leicht, ein Leben in Gottesfurcht zu führen. Der Feind will nicht, dass Gott durch das Leben der Seinen in dieser Welt geehrt wird. Darum gibt es Kampf. Um in der uns umgebenden verführerischen materialistischen Welt das ewige Leben wirklich auszuleben, ist Energie des Glaubens nötig.
Das Gebot in Vers 14 umfasst alle Anweisungen, dieses Briefes. Es geht um alles, was zu einem Leben echter Gottesfurcht notwendig ist. Wir müssen es bis zum Kommen des Herrn bewahren, d.h. selbst ausleben und anderen weitergeben. Weil es hier um unsere Verantwortung geht, wird die Erscheinung unseres Herrn und nicht sein Kommen zur Entrückung erwähnt.
Den Reichen in Vers 17 hat Gott materiell viel anvertraut, ohne dass sie danach gestrebt haben. Sie sollen ihren Reichtum nicht als Sicherheit betrachten, sondern freigebige Verwalter ihres Besitzes sein.
Das anvertraute Gut umfasst die Glaubenswahrheiten, die Gott uns durch sein Wort übergeben hat. Wir sollen sie treu bewahren und uns von allem wegwenden, was an menschlichen Ideen ins Christentum eingedrungen ist. Für ein solches Leben nach Gottes Gedanken und zur Ehre des Herrn dürfen wir uns ganz auf seine Gnade stützen.
Glaube und Dienst
Dieser Brief ist der letzte inspirierte Brief des Apostels Paulus. Er schrieb ihn aus dem Gefängnis in Rom kurz vor seinem Märtyrertod (2. Timotheus 4,6). Der Verfall des christlichen Zeugnisses war bereits so weit fortgeschritten, dass Paulus von einem grossen Haus anstatt vom Haus Gottes sprach. Doch auch in den Tagen des Niedergangs bleibt der Herr treu. So können die, die Ihm entschieden folgen wollen, stets mit seiner Hilfe, Gnade und Kraft rechnen.
Der Apostel versichert seinem jüngeren Mitarbeiter, den er als sein geliebtes Kind bezeichnet, dass er in seinen Gebeten unablässig an ihn denkt. Auch wir dürfen in der Fürbitte füreinander einstehen, damit keiner, der dem Herrn in persönlicher Treue nachfolgen möchte, den Mut verliert.
Zudem wünschte Paulus, den Timotheus nochmals zu sehen. In 2. Timotheus 4,9 fordert er ihn auf, bald zu kommen. Der Apostel würde sich in seinen traurigen Umständen freuen, diesen treuen Mitarbeiter nochmals zu sehen. Wie schön ist das Zeugnis, das der Grossmutter und der Mutter von Timotheus ausgestellt wird! Sie hatten einen ungeheuchelten Glauben. Ein ebenso echter Glaube wohnte auch in Timotheus.
Timotheus scheint ein zaghafter Mann gewesen zu sein. Darum ermuntert Paulus seinen Mitarbeiter, die vom Herrn empfangene Gabe auch auszuüben. Weil Gott uns seinen Heiligen Geist gegeben hat, braucht der Gläubige sich in Notzeiten nicht zu fürchten. Er darf in einer Geisteshaltung, die von Kraft, Liebe und Besonnenheit geprägt ist, den Weg gehen.
Festhalten und treu bleiben
Zu jener Zeit war das christliche Zeugnis bereits nicht mehr so kraftvoll wie zu Beginn. Zudem war Paulus, der grosse Prediger des Evangeliums, im Gefängnis. Viele Gläubige hatten sich von ihm abgekehrt (Vers 15). Aber das Evangelium selbst hatte nichts von seiner errettenden Kraft eingebüßt. Timotheus sollte daran denken, auf was für einer unerschütterlichen Grundlage seine Errettung ruhte. Das würde ihm helfen, ohne sich zu schämen, für den Herrn Jesus zu zeugen und Leiden um des Evangeliums willen zu ertragen.
Paulus war im Gefängnis, weil er ein treuer Herold (= Prediger), Apostel (= Gesandter des Herrn) und Lehrer der Nationen war. Aber er schämte sich nicht, denn er wusste, dass er sein Vertrauen auf den Sieger von Golgatha gesetzt hatte und nicht enttäuscht würde.
Die Aufforderung in Vers 13 richtet sich auch an uns. Wir sollen das ganze Wort Gottes festhalten, und zwar in der Form, in der es zu uns gekommen ist. Gott hat uns in der Bibel alle seine Gedanken mitgeteilt. Dazu hat Er über einen Zeitraum von ca. 1600 Jahren verschiedene Schreiber benutzt, aber alle durch seinen Geist inspiriert. An uns liegt es, dieses Ganze in seiner göttlichen Form festzuhalten und zu bewahren. Wir wollen keinen Teil der Bibel als unwichtig oder nebensächlich abwerten und beiseite lassen.
Als sich bereits viele Christen vom Apostel abgewandt hatten, gab es solche wie Onesiphorus, der keine Mühe scheute, um den Apostel im Gefängnis zu ermuntern. Der Herr wird ihn dafür belohnen.
Soldat, Sportler, Ackerbauer
Der zweite Timotheus-Brief ist sehr persönlich gehalten. Einerseits schüttet der Apostel seinem treuen Freund das Herz aus, denn der Zustand unter den Christen drückt ihn nieder. Anderseits ermuntert er den Briefempfänger, den Dienst in persönlicher Treue weiterzuführen. Dabei sollte er sich ganz auf die Gnade stützen und in ihr erstarken.
Seitdem das Wort Gottes abgeschlossen ist, gibt es keine neuen Offenbarungen mehr. Jetzt geht es darum, die Lehre des Neuen Testaments weiterzugeben. Timotheus sollte das von Paulus Gehörte solchen anvertrauen, die ihrerseits andere belehren konnten. Das ist bis heute der Weg, auf dem die Wahrheit Gottes unter den Gläubigen weitergereicht wird. Wir alle besitzen eine Bibel. Aber der Herr hat Brüder befähigt, die Lehre verständlich zu machen und zu erklären. Auf sie sollen wir hören, um Fortschritte im Verständnis der Gedanken Gottes zu machen.
In den Versen 3-6 gebraucht der Apostel drei Bilder aus dem täglichen Leben, um verschiedene Merkmale eines guten Dieners des Herrn aufzuzeigen. Der Soldat, der sich als Söldner anwerben lässt, löst sich vom zivilen Leben, um sich ganz für den einzusetzen, der ihn angeworben hat. Der sportliche Wettkämpfer muss sich an die Regeln halten, wenn er gewinnen will. Andernfalls wird er disqualifiziert. Der Ackerbauer muss arbeiten und Geduld haben, bevor er Früchte ernten kann. – Wer dem Herrn dienen möchte, muss es von Herzen für Ihn tun, sich an die Anweisungen der Bibel halten und mit Geduld und Ausdauer arbeiten.
Gute und schlechte Arbeiter
Der Inhalt des Evangeliums, das Paulus verkündigt hatte, war eine Person. Es ist der auferstandene Erlöser, der als Nachkomme Davids auch einen Anspruch auf den Thron Gottes auf der Erde hat. Weil Paulus dieses gepredigt hatte, war er nun im Gefängnis. Aber dadurch war die Botschaft nicht gebunden. Andere übernahmen die Verkündigung. Paulus erduldete alle diese Leiden, damit das Evangelium weiter gefestigt und verbreitet wurde. Aber die sühnenden Leiden unseres Herrn am Kreuz waren nötig, damit überhaupt ein Evangelium gepredigt werden kann.
In den Versen 11-13 haben wir die Regierungswege Gottes, d.h. sein Handeln mit uns entsprechend unserer Verantwortung. Aber seine Regierungswege mit uns gehen nie gegen seine Vorsätze und seine Gnade. Das sagt Vers 13: «Er bleibt treu.» Welch ein Trost!
Eine Warnung an uns alle finden wir in Vers 14. Diskussionen über die Bibel führen nie zum Ziel. Sie nützen den Diskutierenden nichts und schaden den Zuhörern. Unsere Aufgabe ist es, das Wort der Wahrheit wie ein Arbeiter, der seinen Beruf beherrscht, recht zu teilen oder «in gerader Richtung zu schneiden». Es ist also wichtig, dass wir eine fundierte Kenntnis des Wortes Gottes und der Zusammenhänge in der Bibel haben. Dann werden wir in der Lage sein, ihre Botschaft klar verständlich weiterzugeben. – Wenn das Wort Gottes aber falsch geteilt wird, werden die Hörer verwirrt und in Zweifel gestürzt, so dass ihr Glaube ins Wanken gerät. Siehe das Beispiel in den Versen 16-18!
Gefässe zur Ehre und zur Unehre
Der Verfall des christlichen Zeugnisses in der Welt und die Untreue von uns Menschen sind gross. Wo finden wir Halt? Auf dem festen Grund Gottes. Er hat ein doppelseitiges Siegel. Auf der einen Seite steht: «Der Herr kennt die, die sein sind.» Auch wenn wir im Wirrwarr der Christenheit nicht immer wissen, ob jemand wirklich Leben aus Gott hat oder nicht, der Herr weiss es. Auf der Rückseite des Siegels steht: «Jeder, der den Namen des Herrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit.» Das ist unsere persönliche Verantwortung. Jeder Glaubende wird zu einem Leben nach Gottes Willen aufgefordert und das bedeutet Trennung von jeder Art von Bösem.
Die Verse 20-22 zeichnen ein Bild der heutigen Situation in der Christenheit. Gläubige und Ungläubige leben nebeneinander. Alle nennen sich Christen. Wer in diesem grossen Haus zur Ehre und zum Nutzen des Hausherrn leben möchte, muss sich von den Gefässen zur Unehre absondern. Er darf mit denen zusammen einen gemeinsamen Glaubensweg gehen, die den Herrn ebenfalls aus reinem Herzen anrufen und in persönlicher Reinheit vorangehen wollen.
Streitfragen zu erörtern führt nur zu Streitigkeiten. Ein guter Knecht des Herrn soll nicht streiten, auch nicht mit Worten. Es wird unter den Gläubigen zwar immer wieder Konflikte geben. Da ist es wichtig, dass ein Diener des Herrn milde reagiert, das Wort gut kennt und die Widersacher in Sanftmut zurechtweist. Vielleicht schenkt es dann der Herr, dass solche, die verkehrt liegen, zur Einsicht und zur Umkehr kommen.
Verfall und Verführung
Was wir zu Beginn des 3. Kapitels finden, sind Merkmale unserer Tage. Die ab Vers 2 beschriebenen Menschen haben eine Form der Gottseligkeit, indem sie sich Christen nennen. Aber sie verleugnen deren Kraft, d.h. sie haben nicht Buße getan und sind nicht von neuem geboren. Es sind also dem Bekenntnis nach Christen – keine Juden, Moslems oder Heiden. Heute leben wir in einer Umgebung, in der Egoismus, Habsucht, Eigendünkel, Hochmut, Undankbarkeit normal sind. Man verachtet alles, was von Gott kommt. Ehe und Familie im biblischen Sinn betrachtet man als überholt. Wichtig sind die Selbstverwirklichung und das Vergnügen.
Wie soll sich da ein gläubiger Christ verhalten? «Von diesen wende dich weg.» Das bedeutet persönliche Trennung vom Bösen. Unsere Aufgabe als Kinder Gottes ist nicht, all das Unbiblische in der Welt anzuprangern und Moral zu predigen, sondern den Menschen das Evangelium zu bringen. Wir wollen ihnen den Heiland der Welt vorstellen, der auch ihr Erretter sein will. Aber nur ein Leben echter Gottesfurcht kann unseren Worten das nötige Gewicht geben.
In den Versen 6-9 werden verführerische Irrlehrer beschrieben, die heute viele Menschen betören. Ähnliches gab es schon zur Zeit Moses. Die Zauberer vor dem Pharao, die Mose widerstanden, versuchten das nachzuahmen, was Gott wirkte (2. Mose 7,10-13.22; 8,3). Die heutigen Irrlehrer kommen meistens auch mit der Bibel. Doch sie verdrehen die Worte Gottes. Der Herr wird ihre Verkehrtheit einmal offenbar machen.
Hilfsquellen für den Diener
Nach der Beschreibung der schweren Zeiten der letzten Tage folgt ein persönliches Wort des Apostels an Timotheus: «Du aber …» Das darf jeder von uns für sich nehmen.
Beachten wir die Reihenfolge in Vers 10! Die christliche Lehre, wie wir sie im Neuen Testament finden, ist die Grundlage für ein Gott wohlgefälliges Verhalten. Das Leben von Paulus war von Gottvertrauen, Langmut, Liebe und Geduld geprägt. Aber weil er seinem Herrn so treu nachfolgte und das Evangelium der Gnade freimütig verkündigte, wurde er vielerorts von Juden und Heiden verfolgt. Wie viele Leiden hat er für seinen Herrn erduldet! Je entschiedener wir unserem Herrn nachfolgen und nur für Ihn leben wollen, umso eher werden auch wir etwas von der Ablehnung und Verfolgung von Seiten der Menschen um uns her zu spüren bekommen.
Doch wir wollen nicht aufgeben, sondern dem Herrn und seinem Wort treu bleiben. Wie wichtig sind die Verse 15-17! Die Bibel, auf die wir uns stützen, ist kein gewöhnliches Buch. Alle 66 Bücher, aus denen die Bibel besteht, sind wörtlich von Gott inspiriert. Sein Wort ist absolut verlässlich.
Das geschriebene Wort Gottes zeigt uns den Weg zum Heil. Es weist uns auf den alleinigen Erlöser Jesus Christus hin. Und wer an Ihn glaubt, empfängt aus Gottes Wort Belehrung, Zurechtweisung und Unterweisung für seinen Glaubensweg. Die Bibel gibt Antwort auf alle Fragen und zeigt uns den richtigen Weg. Der Heilige Geist, der in jedem Glaubenden wohnt, schenkt täglich die Kraft, dem Wort zu gehorchen.
Vollführe den Dienst!
Der Apostel Paulus sah den Niedergang des christlichen Zeugnisses auf der Erde voraus. Der Verfall begann, als er noch lebte. Doch er wusste, dass sich der Zustand verschlimmern würde. Heute erleben wir die Realität von Vers 3. Es ist erschreckend, wie viele Ideen und Lehren in der Christenheit zirkulieren. Da gelten die Worte des Apostels an Timotheus auch uns. Er sollte in aller Nüchternheit das Wort Gottes predigen. Wenn er gläubige Zuhörer hatte, sollte das Wort zu ihrer geistlichen Auferbauung dienen, und wenn die Zuhörer noch ungläubig waren, durfte er ihnen das Evangelium, die herrliche Botschaft vom Heiland der Welt, weitersagen. Diese Doppelverantwortung haben auch wir. Vielleicht merken wir, dass Gläubige um uns her in Gefahr stehen, verführt zu werden und sich von der Wahrheit abzukehren. Dann gilt es zu überführen, vielleicht auch zurechtzuweisen und mit aller Langmut und Lehre zu ermahnen.
Paulus sieht in den Versen 6-8 seinen Märtyrertod vor sich. Sein Glaubenslauf ist beinahe zu Ende. Den Kampf des Glaubens hat er gekämpft, das Glaubensgut verteidigt und bewahrt. Er weiss, dass der Herr Jesus ihn am Richterstuhl mit der Krone der Gerechtigkeit belohnen wird. Aber nicht nur ihn. Die Krone der Gerechtigkeit ist die Anerkennung des Herrn für ein Leben, das Ihm wohlgefällt. Diese Belohnung liegt für jeden der Seinen bereit, der in Treue und Hingabe für Ihn gelebt hat. Spornt uns diese Krone nicht an, uns mehr für Ihn einzusetzen?
Der Herr bleibt treu!
Wie ergreifend sind die persönlichen Worte des Apostels an Timotheus, mit denen dieser Brief schliesst! Es war sein Herzenswunsch, ihn vor seinem Tod nochmals zu sehen. Weil der Winter bevorstand, bat er ihn, den Mantel mitzubringen, so dass er sich in der Gefängniszelle ein wenig gegen die Kälte schützen konnte (Verse 13.21). Auch die Bücher und Pergamente sollte er mitbringen. Ihr Inhalt war sicher zum Trost und zur Ermunterung des Herzens des Apostels.
Gott schenkte ihm auch Ermunterungen. Lukas harrte in diesen schweren Tagen bei ihm aus. Markus, der einst als Diener versagt hatte, war ihm jetzt nützlich zum Dienst.
Doch er musste kurz vor seinem Tod manches Schwere erleben. Demas, einer seiner Mitarbeiter, war von der Welt angezogen worden. Alexander war böse gegen ihn aufgetreten. Zu seiner ersten Gerichtsverhandlung begleitete ihn keiner der Glaubensbrüder. Schämten sie sich oder hatten sie Angst?
Aber er durfte den Beistand und die Hilfe seines Herrn erfahren. Er bekam sogar eine Gelegenheit, vor dem kaiserlichen Gericht das Evangelium zu verkündigen. Er verteidigte sich nicht, sondern stellte jenen hochrangigen Römern den Herrn Jesus als Heiland vor. Mit dem Rachen des Löwen, aus dem er gerettet wurde, ist sicher die Gewalt des Kaisers gemeint. Doch Paulus erwartete keine Errettung mehr aus den Umständen. Er schaute vorwärts ans Ziel. Die Zurückbleibenden vertraute er der Gnade des Herrn an (Vers 22).
Einleitung
Obwohl Jesus Christus als rechtmässiger König zu seinem Volk kommt, wird Er abgelehnt. Trotzdem wirkt Er in Israel weiter. Er belehrt seine Jünger über das Reich der Himmel und die zukünftige Gerichtszeit. Schliesslich wird Er gefangen genommen und zum Tod verurteilt. Er leidet und stirbt am Kreuz. Am dritten Tag wird Er auferweckt. Bevor Er in den Himmel zurückkehrt, verspricht Er seinen Jüngern: «Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.»
Kapitel 13 – 20: |
Der abgelehnte König dient weiter. |
Kapitel 21 – 25: |
Der König wirkt in Jerusalem. |
Kapitel 26 – 28: |
Der König vollendet seinen Dienst. |
Kapitel 21 – 25: |
Der König dient in Jerusalem |
Kapitel 26 – 28: |
Der König vollendet seinen Dienst |
Der Sämann sät das Wort
Nachdem die Kapitel 11 und 12 erwiesen hatten, dass Jesus Christus von seinem Volk verworfen war, ging Er nun aus dem Haus hinaus und setzte sich an den See. Mit dieser Handlung machte Er deutlich, dass Er ab sofort eine neue Stellung einnahm. Er stellte sich nicht mehr als König Israels vor, sondern war nur noch der Herr seiner Jünger. Alle, die Ihm nachfolgten und Ihn als Herrn anerkannten, befanden sich in seinem Reich und unter seiner Herrschaft. Die Volkszugehörigkeit spielte dabei keine Rolle mehr. Darum beschränkte sich sein Dienst nicht mehr auf Israel (= Haus), sondern richtete sich an alle Menschen (= See).
Eine weitere Veränderung zeigt uns das Gleichnis vom Sämann. Der Herr fordert nicht mehr Frucht vom Volk Israel, sondern streut den Samen des Wortes Gottes aus, damit im Leben derer, die das Wort hören und aufnehmen, Frucht für Gott entstehe. Auch in diesem Punkt hat seine Verwerfung die Wende herbeigeführt. Das Kommen des Herrn Jesus in Gnade war die letzte göttliche Erprobung des Menschen. Wie würde er auf die Gnade reagieren? Wir wissen es: Er lehnte sie bewusst ab! Seine ganze Verdorbenheit kam ans Licht. Der letzte Beweis war erbracht, dass im Menschen gar nichts Gutes steckt. Darum verlangt Gott nichts mehr von ihm. Anstatt zu fordern, wirkt der Herr nun selbst durch das Wort die Frucht, die Gott gefällt. Beim Ausstreuen des Wortes trifft Er verschiedene Herzenszustände an, die uns durch die vier Böden vorgestellt werden. Welche Wirkung das Wort in den jeweiligen Herzen hervorbringt, erklärt der Herr in den Versen 18-23.
Warum redet der Herr in Gleichnissen?
Die Jünger verstanden nicht, warum Jesus Christus in Gleichnissen zum Volk redete. Deshalb fragten sie Ihn danach. Auch wir dürfen Ihm unsere Fragen stellen, wenn wir beim Lesen der Bibel etwas nicht verstehen.
In seiner Antwort machte der Herr eine Unterscheidung zwischen der ungläubigen Masse des Volkes und den Jüngern, die an Ihn glaubten:
- Die Vielen, die Christus nicht annahmen, sollten seine bildhafte Rede nicht verstehen. Damit traf sie ein göttliches Gericht, das Jesaja bereits vorausgesagt hatte. Weil sie den Messias im Unglauben verwarfen, verloren sie auch alle Vorrechte, die sie als irdisches Volk Gottes besassen (Vers 12).
- Die Jünger hingegen sollten die Gleichnisse verstehen. Der Herr nahm sich in unserem Kapitel zweimal Zeit, um ihnen diese Bilder zu erklären (Verse 18-23 und 36-43). Weil sie Christus im Glauben angenommen hatten, gab Gott ihnen noch mehr: Sie empfingen den überfliessenden Segen des Reichs (Vers 12).
Die «Geheimnisse des Reichs der Himmel» (Vers 11) betreffen die neue Zeit, in der das Reich Gottes nach der Rückkehr des Königs in den Himmel in einer verborgenen Weise auf der Erde weiter bestehen wird. Es ist die christliche Zeit, die im Alten Testament prophetisch nicht erwähnt wird.
Viele Gläubige des Alten Testaments hatten gehofft, den angekündigten Messias zu sehen und zu hören. Die Jünger waren nun die Glücklichen, die sein Kommen miterlebten.
Die Erklärung zum Gleichnis vom Sämann
Der festgetretene Boden illustriert ein hartes Herz, das sich der göttlichen Botschaft bewusst verschliesst. Hier hat der Feind ein leichtes Spiel. Weil das Wort nicht eindringen kann, nimmt er es weg. Darum bringt es weder eine Wirkung noch Frucht für Gott hervor.
Der steinige Boden spricht von einem schwachen Herzen. Weil das Gefühl oder der Verstand vom Wort Gottes angesprochen sind, wird die Botschaft mit Freuden aufgenommen. Man möchte gern dem Herrn Jesus nachfolgen, ist aber nicht bereit, Buße zu tun. Weil das Gewissen nicht tätig wird, ist die Wirkung nur oberflächlich und vorübergehend. Sobald Probleme auftauchen, gibt man auf.
Der dornige Boden beschreibt ein geteiltes Herz. Man hört das Wort und schenkt ihm eine gewisse Aufmerksamkeit. Aber es wird von den Sorgen der Welt und dem Betrug des Reichtums verdrängt. So vieles erscheint einem wichtiger als die göttliche Botschaft. Deshalb entsteht keine Frucht.
Der gute Boden veranschaulicht ein aufrichtiges Herz, das den Samen des Wortes Gottes bereitwillig aufnimmt. Man will es verstehen und verwirklichen. Bei diesem inneren Zustand kann das Wort eine Wirkung im Leben erzielen und Frucht für Gott bringen.
Bei der Verkündigung des Wortes Gottes hat der Herr damals diese unterschiedlichen Herzenszustände angetroffen. Nicht alle nahmen seine Botschaft an. Das ist heute auch so. Wir müssen deshalb nicht enttäuscht sein, wenn unsere Bemühungen nur wenig Frucht bringen.
Das Unkraut im Acker
In den Versen 24-43 zeigt der Herr Jesus durch drei Gleichnisse, wie sich das Reich der Himmel während seiner Abwesenheit unter der Verantwortung des Menschen entwickelt. In dieser Zeit regiert Er indirekt vom Himmel her, indem Er im Herzen und Leben seiner Jünger Herr sein will. Sie sind aufgefordert, seine Rechte über ihr Leben anzuerkennen und Ihm zu gehorchen. Wie werden sie diesem Auftrag entsprechen?
Im Gleichnis vom Unkraut im Acker ist Jesus Christus wieder der Sämann. Nachdem Er in den Himmel gegangen ist, lässt Er Gottes Wort (= guter Same) durch seine Diener in der Welt (= Acker) verkünden. Leider sind die Menschen in seinem Reich geistlich eingeschlafen. Anstatt mit wachem Herzen auf die Rückkehr des Herrn zu warten, haben sie sich innerlich von Ihm distanziert. Der Teufel hat dies ausgenutzt und in der Christenheit Unkraut gesät. Durch falsche Lehren sind Menschen zum Christentum gekommen (blosse Bekenner), die kein Leben aus Gott besitzen. So ist durch menschliches Versagen eine Vermischung zwischen Gut und Böse, zwischen echten und unechten Jüngern entstanden.
Die Knechte wollten das Unkraut ausreissen. Aber weil es wie Weizen aussah, bestand die Gefahr, dass sie auch die gute Frucht ausrauften. Genauso ist es heute. Leider ist nicht mehr deutlich sichtbar, wer ein wiedergeborener Christ ist und wer sich nur dem Namen nach zu Christus bekennt. Erst am Ende der christlichen Zeit kommt es zu einer klaren Unterscheidung, wenn der Weizen in die Scheune gesammelt werden wird.
Das Senfkorn und der Sauerteig
Das Gleichnis vom Senfkorn beschreibt, wie sich das Christentum auf der Erde ausgebreitet hat. Nach der Himmelfahrt des Herrn befand sich nur eine geringe Zahl von Glaubenden in Jerusalem. Sie sind ein Bild dieses kleinen Senfkorns, das ein Mensch auf seinen Acker säte. Doch das, was am Anfang unscheinbar und klein war, entwickelte sich äusserlich zu einer Weltreligion. Die Christen gaben ihren Charakter als Fremde auf und nahmen bald eine einflussreiche Stellung in der Welt ein. Als Folge davon kamen Vögel und liessen sich in den Zweigen dieses Baumes nieder. Das spricht davon, dass viel Ungutes in die Christenheit Eingang fand.
Das Gleichnis vom Sauerteig zeigt die innere Entwicklung der Christenheit unter der Verantwortung des Menschen. Sauerteig ist in der Bibel immer ein Bild vom Bösen (siehe Matthäus 16,12; 1. Korinther 5,6; Galater 5,9). Hier spricht er von den bösen Lehren, die das christliche Bekenntnis so durchdrungen haben, dass sie die ganze Masse kennzeichnen. Weil wir die Christenheit nicht verlassen können, sind wir persönlich angesprochen, uns von allem Bösen zu trennen (2. Timotheus 2,19).
In den Versen 36-43 erklärt der Herr das Gleichnis vom Unkraut im Acker und macht noch zusätzliche Ausführungen über das zukünftige Los der echten und unechten Jünger. Vor der öffentlichen Aufrichtung des Reichs werden die Ungläubigen daraus entfernt und gerichtet werden. Die Gerechten hingegen werden im himmlischen Teil des Reichs einen herrlichen Platz einnehmen.
Der Schatz, die Perle und das Netz
Die drei Gleichnisse in unserem Abschnitt stellen uns das vor, was für Gott im Reich der Himmel wertvoll ist. Wenn wir als Glaubende die negative Entwicklung in der Christenheit auch nicht aufhalten können, so wollen wir uns mit Christus an dem freuen, was in dieser Zeit kostbar für Ihn ist.
Das Gleichnis vom Schatz im Acker beschreibt, wie der Herr Jesus den Menschen, die im Reich der Himmel persönlich an Ihn glauben, einen hohen Wert beimisst. Aus Freude über diesen Schatz ging Er ans Kreuz und verkaufte dort alles, was Er hatte, um sich als Mensch ein Anrecht auf die Welt zu erwerben. Seither besitzt Er eine Machtbefugnis über alle Menschen auf der Erde, denn Er hat sie erkauft. Aber die Glaubenden hat Er erlöst, sie bilden den Schatz, an dem Er sich freut.
Die sehr kostbare Perle spricht von der Versammlung Gottes. Weil Jesus Christus, der Kaufmann, ihren unermesslichen Wert kannte, ging Er in den Tod, um sie für sich zu erwerben. Seit Pfingsten wird die Versammlung aus allen gebildet, die an das Evangelium der Gnade glauben. Der Herr wird sie in der Zukunft sich selbst in ihrer ganzen Schönheit darstellen (Epheser 5,27).
Das Gleichnis vom Netz und den Fischen illustriert die Arbeit im Evangelium. Die Menschenfischer verkünden diese gute Botschaft, so dass viele Leute zu Jesus Christus kommen. Aber nicht alle bekehren sich. Darum sollen sich die Mitarbeiter anschliessend mit den «guten Fischen» beschäftigen, d.h. mit solchen, die sich echt bekehrt haben.
Jesus Christus in seiner Vaterstadt
Nachdem der Herr seinen Jüngern anhand der sieben Gleichnisse die neue Zeitepoche des Reichs vorgestellt hatte, fragte Er sie: «Habt ihr dies alles verstanden?» Diese Frage stellt Er auch uns, denn vom Verständnis der göttlichen Gedanken über die jetzige Form seines Reichs hängt unser Verhalten im Alltag ab.
Damit wir dieses Thema gut verstehen, müssen wir sowohl die «alten» Informationen der Propheten als auch die «neuen» Mitteilungen des Herrn Jesus über das Reich kennen. Beides zusammen bildet den Schatz, den wir in unseren Herzen bewahren und anderen weitergeben sollen.
Dann zog sich Jesus zurück und kam in seine Vaterstadt. Er wirkte weiter unter dem Volk, indem Er in ihrer Synagoge lehrte und Wunder tat. Doch die Leute von Nazareth sahen in Ihm nur den Sohn des Zimmermanns. Ihre Wahrnehmung ging nicht über die natürlichen Beziehungen hinaus. Obwohl sie seine ausserordentliche Weisheit und Macht anerkennen mussten, wollten sie Ihn nicht als den von Gott gekommenen Messias annehmen. So entlarvten die vielen Fragen ihren Unglauben. Anstatt sich darüber zu freuen, dass der Herr Jesus in Gnade unter ihnen tätig war, ärgerten sie sich an Ihm.
Auch die Verachtung durch seine nächsten Volksgenossen ertrug der Heiland geduldig. Er erlebte, was viele Propheten vor Ihm schon erfahren hatten: In seiner Vaterstadt wird ein Prophet nicht geehrt. Ihr Unglaube hatte Folgen für diese Menschen: Zu ihrem eigenen Verlust wirkte Jesus in Nazareth nicht viele Wunder.
Johannes der Täufer wird getötet
Der Herr Jesus führte seinen Dienst in Israel fort, obwohl Er verworfen war und seine Jünger über die neue Zeit unterrichtet hatte (Matthäus 13). Noch war Er als Messias da und offenbarte Gottes Gnade. Als Herodes von den Wunderwerken Jesu hörte, erwachte sein Gewissen. Weil er keine Beziehung zu Gott hatte, war er abergläubisch und meinte, Johannes der Täufer sei von den Toten auferstanden und wirke jetzt in Israel.
Der Geist Gottes berichtet uns nun, wie es zum Tod des Vorläufers des Herrn gekommen war. Dabei wird das Verhalten verschiedener Personen ins göttliche Licht gestellt:
- Johannes der Täufer steht als treuer Zeuge vor uns. Er nahm keine Rücksicht auf sein Leben und redete, ohne die Person anzusehen. Er hielt dem König seine Sünde genauso vor wie den Zöllnern oder Soldaten (Lukas 3,12-14).
- Herodias war die treibende Kraft des Bösen. In ihrem Hass wartete sie auf eine Gelegenheit, da sie Johannes beseitigen konnte. Skrupellos verlangte sie am Geburtstag des Königs durch ihre Tochter das Haupt des gefangenen Propheten auf einer Schale.
- Herodes war nicht völlig gegen Johannes eingestellt. Er liess ihn zwar verhaften, hörte ihn aber gern. Seine Botschaft nahm er jedoch nicht an. In seinen Handlungen liess er sich von der Gunst des Volkes und seinen eigenen Begierden leiten, so dass er schliesslich wegen eines falschen Ehrgefühls den Propheten töten liess. Diese schreckliche Tat war die Folge eines sündigen Weges, den er nicht verlassen wollte.
Die Speisung der 5000
Jesus empfand den Tod von Johannes zutiefst. Er wusste: Wenn sie seinen Vorläufer ablehnten und töteten, würden sie auch Ihn verwerfen und kreuzigen. Darum zog Er sich vom Volk zurück und suchte in der Einsamkeit die Gemeinschaft mit seinem Gott, die Er jeden Moment seines Lebens völlig genoss.
Als viele Leute zu Ihm kamen, wurde Er innerlich bewegt über sie, weil Er ihre grossen Bedürfnisse sah. Er offenbarte sich nun als Der, der die Armen mit Brot sättigt (Psalm 132,15). Das war ein weiterer Hinweis, dass Er als Messias in Gnade unter dem Volk Israel anwesend war. Die Volksmenge bewunderte zwar seine Macht und Güte, nahm Ihn aber nicht im Glauben an.
Mit diesem Wunder wollte der Herr auch seinen Jüngern eine Lektion erteilen. Konkret forderte Er sie auf: «Gebt ihr ihnen zu essen.» In ihrem Kleinglauben blickten sie zuerst auf sich selbst und auf ihre Möglichkeiten. So kamen sie zum Schluss: «Wir haben nichts hier als nur fünf Brote und zwei Fische.» Doch gerade dieses Wenige, das sie besassen, wollte der Herr zum Segen von weit mehr als 5000 Menschen gebrauchen. Darum sagte Er: «Bringt sie mir her.» Nach einem Dankgebet vermehrte Er die Brote und gab sie den Jüngern, damit sie diese Nahrung an die Leute verteilten. So erlebten sie, wie alle davon assen und satt wurden.
Genauso will der Herr heute durch seine Diener die Glaubenden mit geistlicher Nahrung versorgen. Wenn wir Ihm das Wenige, das wir haben, bringen, kann Er es zum Segen seines Volkes einsetzen.
Jesus wandelt auf dem See
Diese Schifffahrt der Jünger illustriert eindrücklich die Erfahrungen, die die Glaubenden in der Zeit der Abwesenheit ihres Herrn auf der Erde machen. Nachdem Jesus die Volksmenge entlassen hatte, stieg Er auf den Berg, um zu beten. Das spricht davon, dass Er in den Himmel zurückgekehrt ist und sich dort für die Seinen verwendet. Diese erleben auf dem Weg der Jüngerschaft manche Schwierigkeiten, die durch die Wellen und den Gegenwind angedeutet werden. Doch der Herr Jesus überlässt sie nicht ihrem Schicksal. Er kommt zu ihnen in ihre Probleme hinein und macht ihnen durch seine Gegenwart und seine Worte Mut.
Das Handeln von Petrus zeigt uns den Charakter der christlichen Zeit und das Ziel jeder Glaubensprüfung:
- Die ersten Christen befanden sich noch im jüdischen Boot, denn sie hielten sich täglich im Tempel auf. Doch schon bald wurden sie aufgefordert: «Lasst uns zu ihm hinausgehen, ausserhalb des Lagers, seine Schmach tragend» (Hebräer 13,13). Sie mussten das Judentum verlassen und sich im Glauben um einen unsichtbaren Herrn versammeln.
- Petrus wollte auf den Wassern zu Jesus Christus gehen. Das spricht von unserem Glaubensleben. Durch die Schwierigkeiten im Leben kommen wir dem Herrn innerlich immer näher.
Verse 32-36: Wenn Christus in der Zukunft in Macht und Herrlichkeit wiederkommen wird, wird für den glaubenden Überrest die Not aufhören und für die Erde eine herrliche Segenszeit beginnen.
Jüdische Überlieferungen
Die Pharisäer und Schriftgelehrten griffen den Herrn Jesus an, weil seine Jünger die Überlieferung der Ältesten nicht beachteten. Der Heiland nahm dies zum Anlass, um das heuchlerische Verhalten der religiösen Juden anzuprangern.
Die Schriftgelehrten hatten neben dem Gesetz viele zusätzliche Vorschriften aufgestellt, die ein Jude beachten musste. Diese Anordnungen betrafen vor allem Äusserlichkeiten und widersprachen in ihren Auswirkungen oft den Geboten Gottes. Das machte der Herr an einem Beispiel deutlich. Gott hatte geboten: «Ehre den Vater und die Mutter!» Die jüdischen Überlieferungen aber sagten: Du kannst das, was du den Eltern schuldest, Gott opfern, dann bist du viel frömmer! Aber eine solche Verehrung, die das Gebot Gottes ungültig macht, findet nie seine Anerkennung.
Ab Vers 10 behandelt Jesus Christus das Thema der Verunreinigung. Nicht das, was beim Essen in den Menschen hineingeht, sondern das, was aus ihm herauskommt, beschmutzt ihn. Es ist also nicht die Umgebung, die den Menschen böse macht, sondern sein verdorbenes Herz. Aus dieser schlechten Quelle entstehen falsche Gedanken, böse Worte und sündige Taten, die den Menschen verunreinigen.
Wir lernen aus diesem Abschnitt zweierlei:
- Lassen wir uns nicht von Traditionen und Menschengeboten, sondern allein vom Wort Gottes leiten.
- Achten wir auf unser Herz und verurteilen wir jede Regung der alten Natur, damit wir nicht in Sünde fallen und uns dadurch beschmutzen.
Die kananäische Frau
Nachdem Jesus die Heuchelei der jüdischen Religion verurteilt hatte, distanzierte Er sich auch äusserlich davon, indem Er sich in die Gegend von Tyrus und Sidon zurückzog.
Dort begegnete Ihm eine kananäische Frau, deren Tochter schlimm besessen war. Sie gehörte zu den Menschen, denen die Israeliten beim Einzug in das Land keine Gnade entgegenbringen durften (5. Mose 7,1.2). Weil sie sich vom Heiland Hilfe für ihre Tochter erhoffte, sprach sie Ihn mit «Herr, Sohn Davids» an. Doch der Herr antwortete ihr nicht, weil sie als Kanaaniterin kein Anrecht am Sohn Davids hatte. Als Messias war Er nur zu den verlorenen Schafen des Volkes Israel gekommen. Im Lauf des Gesprächs offenbarte die Frau dann zwei positive Eigenschaften:
- Sie fiel demütig vor Ihm nieder und akzeptierte mit den Worten «Ja, Herr!», dass sie keinen Anspruch auf die Segnungen Israels stellen konnte.
- Sie vertraute auf die Gnade Gottes, die sich in Jesus Christus nicht auf das Volk Israel beschränken würde.
Wenn wir mit dieser Einstellung zum Herrn Jesus kommen und Ihn um Hilfe in unseren Schwierigkeiten bitten, wird Er uns nicht im Stich lassen.
Bei dieser Frau zeichnete Er wie einst beim römischen Hauptmann den grossen Glauben aus (Matthäus 8,10). Beide waren Heiden und hatten keine äussere Beziehung zu Gott. Aber in ihren Herzen war echter Glaube an Ihn vorhanden. Darum erfuhren sie, wie der Herr ihrer Bitte entsprach und ihnen half.
Die Speisung der 4000
Jesus kehrte wieder nach Galiläa zurück und war trotz seiner Verwerfung weiter für sein Volk da. Jeder, der krank war oder ein körperliches Gebrechen hatte, konnte zu Ihm kommen und wurde von Ihm geheilt. So kam es zu einer ersten Teilerfüllung der Prophezeiung Hesekiels: «Siehe, ich bin da, und ich will nach meinen Schafen fragen und mich ihrer annehmen» (Hesekiel 34,11). Die Leute verwunderten sich über die Wunderheilungen des Herrn und verherrlichten den Gott Israels. So fiel durch den Dienst von Christus jede Ehre auf Gott, der Ihn dazu in die Welt gesandt hatte (Johannes 7,18).
Dem Herrn Jesus lag nicht nur die Ehre Gottes, sondern auch das Wohl der Menschen am Herzen. Darum wollte Er sie nicht hungrig entlassen. Wie bereits in Kapitel 14 bezog Er die Jünger mit ein. Zuerst offenbarte Er ihnen sein Mitgefühl für die hungernde Volksmenge. Sein Beispiel sollte sie anspornen, ein offenes Auge für die Nöte und Bedürfnisse ihrer Mitmenschen zu haben. Dann nahm Er die sieben Brote und die Fische, dankte seinem Gott für dieses Essen und liess es durch die Jünger an die Volksmenge verteilen.
Nachdem alle satt geworden waren, hoben sie sieben Körbe voll Brocken auf. So ist es immer, wenn der Herr austeilt. Er gibt mehr als genug. – Daraus entnehmen wir eine praktische Lektion für unsere täglichen Mahlzeiten: Wir werfen das Essen, das übrig bleibt, nicht gedankenlos weg. Gott hat es uns gegeben, darum heben wir die Reste auf und essen sie zu einem späteren Zeitpunkt.
Der Unglaube der Pharisäer und Sadduzäer
Die Pharisäer und Sadduzäer waren nicht dabei, als Jesus Christus unter dem Volk in Galiläa Wunder gewirkt hatte. Wahrscheinlich hatten sie aber davon gehört und kamen nun zu Ihm, um Ihn zu versuchen. Ohne persönliche Bedürfnisse und ohne Glauben forderten sie von Ihm ein Zeichen aus dem Himmel. Doch der Herr ging nicht darauf ein, sondern stellte ihren Unglauben bloss. Die Anzeichen des Wetters konnten sie beurteilen. Aber trotz all dem, was Er bis anhin gewirkt hatte, wollten sie nicht glauben, dass Er der von Gott gesandte Messias war. Darum erinnerte Er sie nur an das Zeichen Jonas – ein Hinweis auf seinen Tod und seine Auferstehung – und verliess sie.
Als der Herr mit seinen Jüngern allein war, warnte Er sie vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer. Doch die Jünger waren mit einem anderen Problem beschäftigt: Sie hatten nichts zu essen mitgenommen. Aus diesem Grund verstanden sie seine Erklärungen zuerst nicht.
Im Gegensatz zu den hochgestellten Juden waren die Jünger aber nicht ungläubig, sondern kleingläubig. Darum bemühte sich der Herr Jesus um sie:
- Er erinnerte sie an die beiden Wunder zur Speisung der Volksmenge. Wenn Er damals so viele Menschen ernährt hatte, konnte Er auch jetzt seine Jünger versorgen.
- Er warnte sie vor der bösen Lehre der Pharisäer, die dem Wort Gottes eigene Gedanken hinzufügten, und vor der falschen Lehre der Sadduzäer, die gewisse Teile des Wortes wegnahmen.
Die Versammlung und das Reich Gottes
Im Matthäus-Evangelium kommt sowohl die «Versammlung» als auch das «Reich» Gottes vor. Diese beiden Begriffe beinhalten nicht dasselbe. Worin liegen die Unterschiede?
Versammlung Gottes |
Reich Gottes |
Die Versammlung Gottes hat ein himmlisches Ziel. Sie wird auf der Erde gebildet, verbringt die Ewigkeit jedoch im Himmel. |
Das Reich Gottes bezeichnet den Herrschaftsbereich auf der Erde, in dem die göttlichen Rechte gelten und anerkannt werden sollten. |
Zur Versammlung Gottes gehören alle Erlösten der Gnadenzeit. Sie haben eine lebendige Glaubensbeziehung zu Christus. |
Im Reich Gottes befinden sich alle Menschen, die sich äusserlich zum Herrn Jesus stellen. Ihr Bekenntnis kann echt oder unecht sein. |
Der Herr Jesus ist das Haupt des Leibes, der Versammlung. Von Ihm geht jedes Wachstum und jeder Segen aus. |
Im Reich Gottes macht Jesus Christus als Herr seine Autorität geltend. |
Die Versammlung gehört zum Geheimnis Gottes, weil sie zur Zeit des Alten Testaments noch nicht bekannt war. |
Das Reich Gottes wird im Alten Testament an vielen Stellen angekündigt und ist Bestandteil der Prophetie. |
Der Sohn Gottes und die Versammlung
Der Herr Jesus stellte seinen Jüngern zwei Fragen:
- Wer sagen die Menschen, dass Ich sei? Die Antworten darauf zeigen, wie vielfältig und menschlich die Überlegungen der Leute waren. Sie bildeten sich eine Meinung über Ihn, ohne an Ihn zu glauben. Doch damit blieben sie ohne Beziehung zu Ihm.
- Wer sagt ihr, dass Ich sei? Wie schön ist die persönliche Antwort von Petrus: «Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.» Petrus hatte sich nicht eine eigene Meinung über Jesus gemacht, sondern an die Offenbarung des Vaters über den Sohn geglaubt. So war Petrus ein glücklicher Mensch, der eine lebendige Beziehung zu Christus hatte.
In Vers 18 spricht der Herr zum ersten Mal von der Versammlung Gottes, die an Pfingsten durch das Kommen des Geistes entstanden ist und seither von Jesus Christus gebaut wird. Der ewige Sohn Gottes ist der Fels oder die Grundlage dieses geistlichen Hauses. Das gibt der Versammlung eine Sicherheit, die selbst Satan nicht antasten kann. Die Bausteine dieses Hauses sind alle Menschen, die wie Petrus in der Zeit der Gnade an den Herrn Jesus glauben.
In Vers 19 vertraute der Herr seinem Jünger Petrus die Schlüssel des Reichs der Himmel an, d.h. Er gab ihm die Autorität, Menschen in den christlichen Bereich einzulassen oder davon auszuschliessen. In der Apostelgeschichte benutzte Petrus diese Schlüssel, um sowohl Juden als Heiden die Tür zum Reich der Himmel zu öffnen.
Die Folgen seiner Ablehnung für die Jünger
In Vers 21 spricht der Herr zu seinen Jüngern ganz offen von seiner totalen Verwerfung. Er würde in Jerusalem von der jüdischen Führerschaft nach vielen Leiden getötet werden. Aber mit der Ankündigung seiner Auferstehung deutete Er die neue Zeitepoche an, in der die Versammlung gebildet wird. Die endgültige Ablehnung von Jesus Christus durch sein irdisches Volk machte es einerseits unmöglich, dass die Verheissungen an Israel sogleich in Erfüllung gehen konnten. Anderseits versetzte sie seine Jünger in eine neue Situation: Wenn ihr Meister verworfen war, würden auch sie Spott, Verachtung und Ablehnung erfahren.
Diese Veränderung wollte Petrus nicht so ohne Weiteres hinnehmen. Aber der Herr musste ihm klarmachen, dass der Weg ans Kreuz und in den Tod dem Willen Gottes entsprach. Wenn sein Jünger Ihn auf diesem Weg des Gehorsams aufhalten wollte, war er ein Werkzeug Satans, der schon in der Wüste den Herrn vom Weg Gottes abbringen wollte.
In Vers 24 stellt der Herr Jesus die beiden grossen Aspekte der Jüngerschaft während der Zeit seiner Verwerfung vor: Es gilt, sich selbst zu verleugnen und die Schmach der Welt zu tragen. Wer bereit ist, diesen Verzicht auf sich zu nehmen, wird jetzt ein glückliches, erfülltes Leben haben (V. 25) und in der Zukunft einen Lohn empfangen (V. 27). Beneiden wir nicht die Ungläubigen, die für sich selbst leben und in der Welt vieles erreichen! Sie werden ewig verloren gehen, weil sie sich nie um das Heil ihrer Seele gekümmert haben (V. 26).
Die Herrlichkeit auf dem Berg
Der Herr hatte im vorherigen Abschnitt die Bedingungen für Jüngerschaft genannt. Da sie nicht leicht sind, machte Er nun Petrus, Jakobus und Johannes durch eine Vorausschau auf die zukünftige Herrlichkeit seines Reichs Mut, Ihm konsequent nachzufolgen. Diese Szene auf dem hohen Berg spornt auch uns an: Wir sind Jünger eines Herrn, der einmal auf der Erde alle Macht und Herrlichkeit besitzen wird. Darum wollen wir uns auch in der Zeit seiner Verwerfung zu Ihm stellen.
Jesus Christus wurde vor seinen Jüngern verwandelt. Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne. Das deutet darauf hin, dass Er im Tausendjährigen Reich als grosser König die zentrale Person sein wird. Dann erschienen Mose, der Gesetzgeber, und Elia, der Prophet. Sie beide werden auch am Friedensreich teilnehmen. Doch dieses Reich wird nicht auf der Grundlage des Gesetzes oder der Propheten aufgerichtet werden. Darum mussten diese beiden wichtigen Personen des Alten Testaments wieder verschwinden. Keinesfalls durften sie mit dem geliebten Sohn des Vaters, der sein ganzes Wohlgefallen besitzt, auf eine Stufe gestellt werden. Denn nur Er, der Sohn Gottes, hat durch seinen Tod am Kreuz die Voraussetzung geschaffen, damit alle Pläne Gottes im Blick auf sein Reich in Erfüllung gehen können.
Diese Szene belehrt uns, dass die Zeit des Gesetzes und der Propheten abgelaufen war. Der Sohn war nun da und würde nach seiner Auferstehung eine neue Epoche einführen, in der die Glaubenden Gott als Vater kennen. Es ist die Zeit der Gnade, in der wir leben.
Das Elend auf der Erde
Was die drei Jünger auf dem Berg erlebt hatten, mussten sie noch eine Weile für sich behalten. Erst durch den Tod und die Auferstehung des Herrn Jesus waren die Voraussetzungen geschaffen, dass das zukünftige Reich Wirklichkeit werden konnte. So erwähnt Petrus in seinem zweiten Brief dieses Erlebnis auf dem heiligen Berg, um unseren Glauben auf das Kommen des Herrn in Macht und Herrlichkeit zu befestigen (2. Petrus 1,16-19).
Auf dem Weg vom Berg hinunter beschäftigte die Jünger eine Frage: Wer war der angekündigte Elia, der als Vorläufer des Messias vor Ihm kommen musste (Maleachi 3,23.24)? Die Antwort des Herrn macht deutlich, dass die volle Verwirklichung dieser Prophezeiung noch zukünftig ist. Johannes der Täufer war zwar eine Teilerfüllung von Elia, aber es wird nochmals ein Wegbereiter kommen, der die Ankunft von Christus in Macht und Herrlichkeit vorbereiten wird.
Sobald sie unten ankamen, trat ein Vater mit seiner Not zu Jesus: Sein Sohn war von einem Dämon besessen. Die Jünger konnten ihn nicht heilen, obwohl sie die Macht dazu besassen (Matthäus 10,1). Der Heiland musste ihnen zuerst ihren Mangel an Glauben vorhalten. Doch dann heilte Er in seiner Barmherzigkeit den Jungen. Die Verse 20 und 21 zeigen uns, wie wir heute die Macht und Gnade des Herrn zur Errettung unserer Kinder in Anspruch nehmen können: im schlichten Glauben an Gott, der alles kann. Dieses Vertrauen drücken wir in einem intensiven Gebet zu Gott aus und verzichten dabei auf persönliche Wünsche, die uns zustehen.
Die Tempelsteuer
In den Versen 22 und 23 teilt Jesus Christus seinen Jüngern zum dritten Mal mit, was mit Ihm in Jerusalem geschehen würde (siehe Matthäus 16,21; 17,12). Statt als König die Herrschaft über Israel anzutreten, würde Er getötet werden. Der Unglaube im Volk war so gross, dass sein Reich nicht öffentlich aufgerichtet werden konnte. Er musste sterben und auferstehen, damit Er auf der Grundlage seines Erlösungswerks in der Zukunft eine neue Beziehung zu Israel eingehen kann. Durch diese Mitteilung wurden die Jünger sehr betrübt, denn sie hofften, dass Christus sein Volk vom römischen Joch erlösen würde (Lukas 24,21).
Die Begebenheit ab Vers 24 macht deutlich, dass diese Hoffnung sich noch nicht erfüllen sollte. Als Petrus gefragt wurde, ob sein Herr die Tempelsteuer bezahle, antwortete er ohne zu überlegen mit Ja. Er dachte, Jesus würde als guter Israelit seinen Verpflichtungen bestimmt nachkommen. Doch der Herr stellte mit seiner Frage die Angelegenheit ins richtige Licht. Er als König und seine Jünger als Söhne des Reichs wären eigentlich von jeder Steuer befreit. Aber weil Er verworfen war und seine Jünger mit Ihm, mussten sie wie Ausländer Zoll und Steuer zahlen. Petrus sollte deshalb mit dem Geldstück, das er im Maul des gefangenen Fisches finden würde, die geforderte Steuer für Jesus Christus und für sich selbst begleichen.
Auch wir sind als Jünger des Herrn Fremde auf der Erde. Mit seiner Hilfe sollen wir unseren Verpflichtungen gegenüber dem Staat nachkommen (Römer 13,7).
Unterweisungen über Kinder
Als die Jünger den Herrn Jesus fragten, wer wohl der Grösste im Reich der Himmel sei, bekamen sie eine doppelte Antwort:
- Jeder Mensch muss wie ein Kind werden, wenn er überhaupt ins Reich eingehen will (Vers 3). Nur wer zu Gott umkehrt und sich vor Ihm demütigt, bekommt neues Leben und hat damit teil am Reich.
- Echte Grösse im Reich Gottes ist eine demütige und gnädige Einstellung (Verse 4.5). Wer diese Gesinnung in seinem Verhalten offenbart, gleicht Jesus Christus.
In den Versen 6-9 warnt der Herr uns vor zwei Gefahren:
- Wir sollen denen, die noch jung im Glauben sind und die Bibel nicht so gut kennen, keinen Anstoss geben. Durch ein schlechtes Beispiel oder durch falsche Belehrung können sie leicht zu Fall kommen.
- Wir sollen bei uns selbst jede schlechte Handlung (= Hand), jeden falschen Weg (= Fuss) und jedes böse Begehren (= Auge) konsequent verurteilen. Dieses Selbstgericht ist bei uns Glaubenden so wichtig, weil die Ungläubigen wegen dieser Sünden, die sie nie verurteilt haben, ins ewige Gericht kommen.
Ab Vers 10 spricht der Herr Jesus wieder über die kleinen Kinder. Wir sollen sie nicht verachten, weil sie für Gott sehr wertvoll sind. Auch Jesus Christus misst ihnen einen grossen Wert bei, denn Er ist gekommen, um sie zu erretten. Wenn sie im Kindesalter – bevor sie für ihre Taten vor Gott verantwortlich sind – sterben, gehen sie nicht verloren, denn der Heiland ist auch für sie am Kreuz gestorben.
Die örtliche Versammlung
In diesem Abschnitt spricht der Herr von der örtlichen Versammlung. Sie umfasst alle Glaubenden, die sich an einem Ort befinden. Wenn sie im Namen des Herrn Jesus versammelt sind, zeugen sie von der weltweiten Versammlung, die aus allen Erlösten besteht.
Der Ausgangspunkt dieser Belehrungen ist ein Problem oder eine Sünde zwischen zwei Glaubenden. Der Herr erklärt, wie diese Angelegenheit behandelt werden muss. Zuerst gilt es, diese Sache unter vier Augen zu ordnen. Ist das nicht möglich, so sollen bei einer Aussprache der beiden Betroffenen zwei oder drei Zeugen anwesend sein, damit die Sünde im kleinen Kreis bereinigt werden kann. Wenn diese Bemühungen auch nicht zum Ziel führen, muss sich die örtliche Versammlung damit beschäftigen. Sie besitzt von Gott Autorität, ein Urteil zu fällen.
Vers 18 stellt einen doppelten Grundsatz vor. Die Versammlung hat einerseits die Befugnis, einen Bösen aus der Gemeinschaft der Glaubenden auszuschliessen (1. Korinther 5,13). Anderseits ist sie auch berechtigt, jemand zur Gemeinschaft am Tisch des Herrn zuzulassen. Damit eine Entscheidung der örtlichen Versammlung im Himmel anerkannt wird, muss sie in Übereinstimmung mit Gott handeln. Das kann nur in Abhängigkeit von Ihm geschehen. Darum ist das Gebet der Versammlung so wichtig (Vers 19).
In Vers 20 stellt der Herr den wichtigsten Grundsatz der örtlichen Versammlung vor: Wenn die Glaubenden in seinem Namen versammelt sind, indem sie Ihm alle Rechte geben, ist Er persönlich in ihrer Mitte.
Der unbarmherzige Knecht
Petrus fragte den Herrn, wie oft er seinem Bruder vergeben solle, und beschränkte es auf siebenmal. Darauf erklärte Jesus Christus, dass unserer Bereitschaft zum Vergeben keine Grenzen gesetzt sind. Er unterstrich seine Worte mit einem Gleichnis.
Der König ist Gott, bei dem wir alle eine grosse Schuld hatten. Doch bei unserer Bekehrung erfuhren wir, wie Er uns den ganzen Betrag, den wir niemals hätten zurückzahlen können, erlassen hat. Nun geschieht es im Leben, dass andere Menschen uns Unrecht tun und sich dadurch bei uns verschulden. Wie begegnen wir ihnen?
Sind wir auch so hart und unbarmherzig wie der böse Knecht in Vers 30? Dann werden wir es direkt mit Gott zu tun bekommen. Er wird uns in seinen gerechten Regierungswegen die zeitlichen Folgen unserer eigenen Sünden spüren lassen. Unsere ewige Errettung steht dabei nicht auf dem Spiel, denn Jesus Christus hat am Kreuz dafür alles gut gemacht. Denken wir jedoch an die grosse Schuld, die Gott uns vergeben hat, so fällt es uns leichter, unseren Mitmenschen das Unrecht, das sie uns zugefügt haben, bereitwillig zu verzeihen.
Die Mitknechte in Vers 31 sind uns ein Beispiel. Sie sahen, wie grausam der unbarmherzige Knecht mit seinem Mitknecht umging. Traurig gingen sie zu ihrem Herrn und erzählten ihm alles. Auch wir erleben leider, wie sich Christen ungerecht, böse oder lieblos verhalten. Dann wollen wir uns über diese Verunehrung des Herrn schämen und Ihm das Vorgefallene im Gebet mitteilen.
Die Ehe nach Gottes Gedanken
Dieses Kapitel behandelt die Ehe (Verse 2-12), die Kinder (Verse 13-15) und den Besitz (Verse 16-30). In seinen Unterweisungen zeigt uns der Herr, wie ein Jünger zu diesen Fragen des irdischen Lebens stehen soll.
Der traurige Anlass, um über die Ehe zu reden, ist eine Frage über Scheidung. In seiner Antwort geht Jesus Christus zum Anfang zurück und stellt die Gedanken des Schöpfers über die Ehe vor: Ein Mann heiratet eine Frau und bildet mit ihr für das ganze Leben auf der Erde eine Einheit. Das war von Beginn an der göttliche Wille für die Ehe. Darum soll der Mensch das, was Gott zusammengefügt hat, nicht scheiden.
In der Zeit des Gesetzes hat Mose die Ehescheidung wegen der Herzenshärte des Menschen unter gewissen Umständen gestattet. In der Zeit der Gnade begeht aber jeder, der sich scheiden lässt, eine schlimme Sünde. Eine einzige Ausnahme bildet der Fall, wenn die Ehe bereits durch Hurerei gebrochen ist. Dann besteht das Wort Gottes nicht darauf, dass die Ehe nicht geschieden werden darf.
Aufgrund dieser Belehrungen und des menschlichen Versagens in der Ehe kommen die Jünger zum Schluss, dass es besser ist, nicht zu heiraten. Aber der Herr belehrt sie anders: Die Ehe ist für die meisten Menschen der normale Stand. Es gibt jedoch drei Gründe, warum jemand nicht heiratet: Erstens weil er körperlich oder geistig dazu nicht in der Lage ist. Zweitens weil andere es ihm unmöglich machen. Drittens weil er freiwillig darauf verzichtet, um dem Herrn zu dienen.
Kinder und ein junger Mann
Unter dem Eindruck der Gnade des Herrn Jesus brachten einige Eltern ihre Kinder zu Ihm. Sie erkannten, dass Er auch für die Kleinen ein offenes Herz hat. Doch die Jünger wiesen sie ab. Die Worte ihres Meisters in Kapitel 18 über die Kinder waren noch nicht in ihre Herzen gedrungen. Da griff der Herr selbst ein, tadelte seine Jünger und segnete die Kleinen. Nochmals macht Er deutlich, dass Kinder einfacher zum Heiland kommen als Erwachsene. Das liegt sowohl an ihrem kindlichen Vertrauen als auch an ihrem Leben, das noch nicht durch viele Sünden verhärtet ist.
In Vers 16 kommt ein junger, rechtschaffener Mann zu Jesus, der an das Gute im Menschen glaubt. Er meint, die Voraussetzungen zu besitzen, um das ewige Leben selbst zu erwerben. Der Herr begegnet ihm auf dieser Ebene und fordert ihn auf, die Gebote zu halten, die das äussere Verhältnis der Menschen zueinander regeln. Alle diese Vorschriften hatte der Mann von Jugend an beachtet. In der Gesellschaft galt er als gerecht. Trotzdem merkte er, dass dies nicht genügte.
Jesus Christus wusste, was diesem jungen Mann zur Errettung fehlte: Er hatte kein Herz für Gott und für Christus. So sprach Er zu ihm: «Verkaufe deine Habe … und komm, folge mir nach!» Damit erklärte Er ihm: Lass alles los, was dein Herz gefangen nimmt, und übergib dein Leben Mir! Ewiges Leben bekommst du nur, wenn deine innere Beziehung zum Sohn Gottes in Ordnung ist. Leider war der Mann dazu nicht bereit. Sein Besitz war ihm mehr wert als der Herr Jesus.
Belohnung für die Nachfolge
Nachdem der reiche, rechtschaffene Mann den Herrn Jesus verlassen hatte, beschäftigte die Jünger die Frage: «Wer kann dann errettet werden?» In ihren Augen hatte dieser Mensch, der so nahe am Reich Gottes war und doch nicht eintrat, die besten Voraussetzungen dazu.
Aus dieser Begebenheit und den Worten des Herrn erkennen wir drei Punkte, die auf diese Frage eine Antwort geben:
- Äussere Vorzüge wie Anständigkeit und Rechtschaffenheit bieten keinen Vorteil für die Errettung. Jeder Mensch befindet sich in einem verlorenen Zustand und hat den Heiland nötig.
- Der Reichtum ist ein Hindernis für die Errettung, weil er dem Menschen Ansehen, Macht und Bequemlichkeit gibt (Vers 23).
- Was für den Menschen unmöglich ist, kann Gott bewirken. Durch seinen Geist vermag Er Menschenherzen zu verändern und für die Errettung durch den Herrn Jesus empfänglich zu machen (Vers 26).
Im Gegensatz zum jungen Mann hatten die zwölf Jünger alles aufgegeben, um dem Herrn Jesus nachzufolgen. Würde sich dieser Verzicht für sie lohnen? Ja, bestimmt! Gott wird es ihnen in der Zukunft mit einer speziellen Auszeichnung im Reich vergelten (Vers 28).
Vers 29 bezieht sich auf jeden Glaubenden, der für den Herrn Jesus auf irdische Vorteile verzichtet. Der zukünftige Lohn wird hundertmal grösser sein als die Nachteile, die er jetzt für Christus auf sich nimmt.
Die Arbeiter im Weinberg
Mit diesem Gleichnis illustriert der Herr Jesus den Satz: «Viele Erste werden Letzte und Letzte Erste sein» (Matthäus 19,30). Wenn wir wie Petrus meinen, wir würden dem Herrn besonders treu nachfolgen und hätten deshalb eine Belohnung verdient, dann werden wir erfahren, dass seine Bewertung anders ist. Er blickt auf den Beweggrund unseres Handelns und teilt den Lohn nach seiner Gnade aus.
Die ersten Arbeiter unterscheiden sich deutlich von den anderen, denn sie sind für einen vereinbarten Lohn im Weinberg tätig. Am Abend meinen sie, sie hätten am meisten geleistet. Als abgerechnet wird, bekommen sie das, was sie verdient haben. Doch sie sind neidisch auf die anderen, die gleichviel erhalten, und können die Güte des Hausherrn nicht akzeptieren.
Mit allen anderen Arbeitern fixiert der Herr, der sie engagiert, keinen Lohn. Sie arbeiten im Vertrauen auf seine Gnade, die ihnen das geben wird, was recht ist. Sie werden nicht enttäuscht. Am Abend bekommen sie mehr Lohn, als sie verdient haben.
Für die Arbeit im Werk des Herrn lernen wir hier einige Lektionen:
- Es ist Gnade, dass wir für unseren Erlöser tätig sein dürfen.
- Wir arbeiten nicht um Lohn, sondern aus Liebe zu Jesus Christus.
- Es kommt nicht so sehr auf den Umfang der Arbeit an. Der Herr bewertet vielmehr unsere innere Einstellung.
- Den Lohn, den wir empfangen werden, haben wir nicht verdient.
Hochmut und Neid
Zum vierten Mal teilt der Herr Jesus seinen Jüngern mit, was Ihn in Jerusalem erwarten wird. Zuerst deutet Er den Verrat von Judas an, der Ihn für Geld an die Hohenpriester und Schriftgelehrten überliefern wird. Diese Führer des Volkes werden Ihn zum Tod verurteilen und anschliessend den Römern übergeben, die Ihn verspotten, geisseln und kreuzigen werden. Doch das wird nicht das Ende sein. Christus wird nach drei Tagen auferstehen.
Nachdem der Herr so seinen Leidensweg beschrieben hat, kommt die Mutter von Jakobus und Johannes mit einer Bitte zu Ihm. Sie will für ihre beiden Söhne im zukünftigen Reich die besten Plätze. Wie taktlos und egoistisch ist ihr Wunsch! Sie denkt nur an ihre Ehre, während Jesus auf dem Weg nach Jerusalem ist, um dort zu leiden und zu sterben. Mit der Frage: «Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinken werde?», macht der Herr den beiden Jüngern klar, dass sie zur zukünftigen Herrlichkeit auf dem gleichen Weg unterwegs sind wie Er. Es ist ein Weg der Leiden von Seiten der Welt (Verse 18.19). Im Blick auf ihren Wunsch erklärt Er demütig: Die Ehrenplätze im Reich werden nicht von mir, sondern vom Vater vergeben.
Als die anderen Jünger über das unverschämte Verhalten von Jakobus und Johannes unwillig werden, stellt Jesus Christus ihnen nochmals vor, welche sittlichen Wertmassstäbe in seinem Reich gelten: Echte Grösse zeigt sich in einer demütigen Einstellung. Ein Jünger, der dem Herrn gleichen will, nimmt wie Er den letzten Platz ein. Dort gibt es kein Gedränge!
Von Jericho nach Jerusalem
Mit Vers 29 beginnt die letzte Etappe des Lebensweges von Jesus Christus. Er ging als König nach Jerusalem, um dort sein letztes Zeugnis vor seinem Volk abzulegen. Doch es lehnte Ihn ab und kreuzigte Ihn.
Ausserhalb von Jericho sassen zwei Blinde am Weg, die Ihn als Messias anerkannten. Laut riefen sie: «Erbarme dich unser, Herr, Sohn Davids!» Die Leute wollten sie zum Schweigen bringen. Aber dieser Widerstand spornte sie umso mehr an, ihren Glauben an Jesus Christus zu bezeugen und Ihn bei dieser letzten Gelegenheit um Hilfe anzurufen.
Der Herr reagierte auf ihren Ruf ganz anders als die Volksmenge, denn Er hatte ein Herz für das Elend der Menschen. Er rief die beiden Blinden zu sich und heilte sie. Diese bestätigten ihren Glauben, indem sie ihrem Retter, unbeeindruckt von der Meinung anderer, auf dem Weg nach Jerusalem nachfolgten. – Stellen wir uns auch so konsequent auf die Seite unseres Herrn?
Von Bethphage aus zog Jesus als König auf einem Esel reitend in Jerusalem ein. Er besass die Autorität, über dieses Tier zu verfügen, offenbarte aber gleichzeitig seine Demut. Er ritt nicht hoch zu Ross in die Königsstadt ein, sondern auf einem Eselsfohlen. Wieder erfüllte sich eine Prophezeiung aus dem Alten Testament. Die Leute bejubelten Ihn als König Israels. Als sie aber in der Stadt gefragt wurden, wer Jesus sei, offenbarten sie ihre Unkenntnis und ihren Unglauben: Sie sahen in Ihm nur einen Propheten aus Nazareth.
Die Tempelreinigung und der Feigenbaum
Als Sohn Davids hatte Jesus das Recht, alles zu beurteilen, was im Zentrum des jüdischen Gottesdienstes vor sich ging. So trieb Er alle zum Tempel hinaus, die dort verkauften und kauften, weil sie den Ort der Anbetung Gottes zu einem Platz machten, wo der Mensch habgierig sein Geld vermehrte. Seine Entschiedenheit gegen das Böse war jedoch mit einer Güte vereint, in der Er bereitwillig die Blinden und Lahmen heilte.
Die Hohenpriester und Schriftgelehrten ärgerten sich über seine Wunder und das Lob der Kinder. Beides bezeugte Ihn als Messias, darum lehnten sie es ab. Sie wollten Jesus Christus unter keinen Umständen als König anerkennen.
Aufgrund dieses hartnäckigen Unglaubens verliess Er die Stadt und übernachtete in Bethanien. Am nächsten Morgen kam Er an einem Feigenbaum vorbei. Weil Er Hunger hatte, suchte Er Frucht an ihm, fand aber keine. Darauf verfluchte Er den Feigenbaum, so dass er sofort verdorrte.
Der Feigenbaum spricht vom Volk Israel, das unter den Forderungen des Gesetzes für Gott Frucht bringen sollte. Aber es trug nur eine religiöse Fassade zur Schau (= Blätter). Weil Gott in diesem Volk nichts fand, was Ihn freute, stellte Er es als Fruchtbringer auf die Seite. Der Glaube konnte dies an der Tatsache erkennen, dass das Volk Israel (= Berg) im Jahr 70 n. Chr. ins Meer der Nationen geworfen und die Juden in alle Länder zerstreut wurden. In der Zukunft wird dieses Volk auf der Grundlage der Gnade und unter der Herrschaft von Jesus Christus Frucht für Gott tragen.
Verschiedene Fragen
Die Hohenpriester fühlten sich durch die Tempelreinigung des Herrn in ihrer Autorität angegriffen. Anstatt ihr Versäumnis in der Aufsicht des Tempels einzusehen, gingen sie zum Gegenangriff über und fragten Ihn: In welchem Recht tust du dies? Es erstaunt uns, mit welcher Ruhe und Weisheit Jesus Christus darauf reagierte. Wenn sie sich schon für den jüdischen Gottesdienst zuständig hielten, so sollten sie Ihm eine Frage beantworten: «Die Taufe des Johannes, woher war sie, vom Himmel oder von Menschen?»
Nun sassen sie wegen ihres Unglaubens und ihrer Menschenfurcht in der Falle. Hätten sie den Dienst von Johannes als von Gott kommend anerkannt, dann wären sie verpflichtet gewesen, Jesus als Messias anzuerkennen. Um einer Stellungnahme auszuweichen, heuchelten sie Unwissenheit. Doch wenn sie diese Frage nicht beantworten konnten, hatten sie auch kein Recht, die Autorität von Christus infrage zu stellen.
Mit dem Gleichnis der beiden Kinder stellte der Herr ihnen in einem Spiegel ihr Verhalten vor Augen:
- Der erste Sohn, der seinem Vater zuerst nicht gehorchen wollte und danach doch in den Weinberg ging, spricht von den Zöllnern und Sündern. Sie führten ein gottloses Leben. Doch als Johannes sie zur Buße mahnte, glaubten viele seiner Botschaft und kehrten zu Gott um.
- Der zweite Sohn, der seinem Vater leichtfertig erklärte: «Ich gehe!», ihm aber nicht gehorchte, illustriert die religiösen Menschen in Israel. Sie redeten fromm, folgten dem Ruf zur Buße jedoch nicht.
Die bösen Weingärtner
Das Gleichnis von den Weingärtnern illustriert das Verhalten der israelitischen Führungsschicht zur Zeit des Gesetzes bis zum Kommen des Sohnes Gottes. Der Weinberg ist ein Bild vom Volk Israel, wie uns bereits das Alte Testament deutlich macht (Jesaja 5,1-7; Psalm 80,9). Nachdem Gott die Israeliten aus Ägypten erlöst und ins Land Kanaan gebracht hatte, konnte Er mit Recht Frucht von ihnen verlangen. Deshalb sandte Er Propheten zu ihnen. Doch sie wurden nicht aufgenommen, sondern geschlagen und getötet.
Zuletzt sandte Gott seinen Sohn als letzten Prüfstein zu seinem Volk. Würden sie Ihn annehmen und dadurch Gott die Frucht geben, die Ihm zusteht? Nein! Sie verwarfen Ihn, führten Ihn zur Stadt hinaus und kreuzigten Ihn (Vers 39).
Da die Juden die Bedeutung des Gleichnisses noch nicht begriffen, fällten sie mit ihrer Antwort ihr eigenes Urteil (Vers 41). Der Herr Jesus machte darauf deutlich, was das für sie bedeutete: Durch die Verwerfung des Sohnes Gottes verloren sie alle Anrechte auf das Reich Gottes. Eine andere Nation – nämlich der glaubende Überrest Israels in der Zukunft – wird ins Reich eingehen und Frucht für Gott bringen, weil diese Glaubenden den verworfenen Christus als Eckstein anerkennen werden.
Vers 44 beschreibt ein doppeltes Gericht: Alle, die sich damals im Unglauben am Herrn Jesus stiessen, zogen die göttliche Strafe auf sich. Und alle, die Ihn in der Zukunft ablehnen werden, werden von Ihm selbst gerichtet werden.
Der König macht seinen Sohn Hochzeit
Dieses Gleichnis beschreibt uns, wie die Juden sich gegenüber der Einladung der Gnade verhalten haben. Zweimal forderte Gott sie auf, am Hochzeitsfest seines Sohnes teilzunehmen:
- Die erste Einladung erfolgte zur Zeit, als Jesus auf der Erde lebte. Seine Jünger verkündeten das Reich und predigten die Buße. Doch die Juden wollten die Gnade nicht (Vers 3).
- Die zweite Einladung richtete sich in der Apostelgeschichte an das Volk Israel. Jetzt war alles bereit, weil das Erlösungswerk vollbracht war. Auch diesmal schlugen sie die Gnade aus (Verse 4.5).
Weil die Juden auch die Botschaft der Apostel ablehnten, kam mit der Zerstörung von Jerusalem im Jahr 70 n. Chr. das göttliche Gericht über sie (Vers 7).
In der Apostelgeschichte erkennen wir, wie das Angebot der Gnade Gottes auf alle Völker ausgedehnt wurde. Seither werden Menschen aus der ganzen Welt eingeladen, zum Herrn Jesus zu kommen. Durch die Gnade angezogen, kommen Gute und Böse (Vers 10). Die «Guten» tun Buße und nehmen die Errettung in Jesus Christus glaubensvoll an. Dadurch besitzen sie das Hochzeitskleid. Die «Bösen» kommen nur äusserlich zu Ihm. Sie finden ihre eigene Gerechtigkeit gut genug, um vor Gott zu bestehen. Doch der Moment wird kommen, an dem Er ihnen klar machen wird, dass sie ohne persönlichen Glauben an den Herrn Jesus nicht zu Ihm passen. Weil sie nur äusserlich Christen geworden sind, aber die Errettung nicht für sich in Anspruch genommen haben, werden sie ewig verloren gehen (Vers 13).
Soll man dem Kaiser Steuern zahlen?
In den Versen 15-40 kommen vier verschiedene Personengruppen zum Herrn Jesus und wollen Ihn mit drei Fragen in seiner Rede fangen:
- Verse 15-22: Die Pharisäer und Herodianer bedrängten Ihn mit der Steuerfrage.
- Verse 23-33: Die Sadduzäer versuchten, Ihn mit der Auferstehungsfrage in die Enge zu treiben.
- Verse 34-40: Ein Gesetzgelehrter stellte Ihm die Gesetzesfrage.
Jesus Christus begegnete allen diesen Angriffen in göttlicher Weisheit, so dass die Fragesteller beschämt schweigen mussten.
Was die Pharisäer und Herodianer in Vers 16 über den Herrn sagen, stimmte, aber sie glaubten es nicht. Sie wollten Ihm nur schmeicheln, damit Er in ihre Falle tappte. Aber unser Heiland war nicht empfänglich für Schmeichelei.
Ihre Frage betreffs der Steuer war äusserst raffiniert. Mit «Ja» würde Jesus seine Anrechte als Messias infrage stellen. Mit «Nein» würde Er als Aufrührer gelten. Doch der Herr kam nicht in Verlegenheit. Auf seine Aufforderung hin brachten sie Ihm einen Denar. Damit bewiesen sie, dass sie selbst das Geld des Kaisers verwendeten, weil sie wegen ihrer Untreue gegen Gott unter dem römischen Joch standen. Darum gab es jetzt nur einen Weg: «Gebt denn dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.» Sie mussten die Folgen ihres Versagens tragen und die römische Steuer bezahlen. Gleichzeitig sollten sie aber Gott ihr Leben zur Verfügung stellen.
Gibt es eine Auferstehung?
Die Sadduzäer waren Vernunftmenschen, die weder an Engel noch an die Auferstehung glaubten (Apostelgeschichte 23,8). Mit ihrer Geschichte, die sie Jesus erzählten, versuchten sie die Auferstehung als etwas Unmögliches darzustellen und ins Lächerliche zu ziehen.
Bevor der Herr konkret auf die Frage der Auferstehung einging, zeigte Er ihnen die doppelte Ursache ihres Unglaubens: Sie stellten Gottes Wort und Gottes Kraft infrage. Aus diesen beiden Gründen werden heute auch andere Tatsachen wie z.B. der biblische Schöpfungsbericht geleugnet.
Die Erklärung in Vers 30 macht klar, dass im Leben nach der Auferstehung die natürlichen Beziehungen der Ehe und Familie nicht mehr bestehen werden. In dieser Hinsicht werden die Glaubenden dann wie Engel sein, die nicht heiraten und sich nicht fortpflanzen.
In Vers 32 beweist der Herr die Auferstehung mit einem Zitat aus dem zweiten Buch Mose. Obwohl die drei Patriarchen gestorben waren, existierten sie weiter. Ihr Geist und ihre Seele befinden sich im Totenreich. Für Gott sind sie deshalb Lebende. Er wird sie in göttlicher Kraft auferwecken, um das Versprechen, das Er ihnen gemacht hatte, wahr zu machen (Hebräer 11,13-16). Dann wird sich Gottes Wort durch Gottes Macht erfüllen.
Die Leute, die Jesus zuhörten, waren überrascht, wie Er den Sadduzäern die Tatsache der Auferstehung erklärte. Leider müssen wir annehmen, dass die meisten trotz dieses Erstaunens nicht an Ihn glaubten.
Welches ist das wichtigste Gebot?
Nun verbanden sich alle religiösen Gruppierungen der Juden zu einem verbalen Angriff gegen Jesus Christus. Ein Gelehrter fragte Ihn nach dem wichtigsten Gebot im Gesetz. Darauf stellte der Herr mit zwei Zitaten die beiden Schwerpunkte des Gesetzes vor:
- Du sollst mit der ganzen Kapazität deines Lebens Gott lieben.
- Du sollst den Nächsten lieben wie dich selbst.
Diese beiden Anweisungen umschliessen alle Gebote. Ihre Reihenfolge zeigt, dass Gottes Ansprüche vor den Bedürfnissen der Mitmenschen kommen.
Der Israelit konnte also nicht auswählen, welche Gebote er halten wollte. Er musste das ganze Gesetz beobachten und zwar mit einem Herzen, das für Gott und die Mitmenschen schlug. Da musste jeder aufrichtige Jude zum Schluss kommen, dass es ihm unmöglich war, diesen hohen göttlichen Massstab zu erreichen.
Diese Antwort hatten die Pharisäer nicht erwartet. Als sie nun schweigend vor Jesus standen, stellte Er ihnen eine Frage: Wessen Sohn ist Christus? Damit lenkte Er ihre Gedanken auf sich selbst:
- Als Sohn Davids stammte Er von diesem König ab und hatte deshalb Anrecht auf den Thron in Jerusalem.
- Als Herr Davids nahm Er nach seiner Verwerfung und Kreuzigung den Platz zur Rechten Gottes ein und stand somit über David. Dort besass Er einen Herrschaftsanspruch über die ganze Schöpfung.
Jesus Christus konnte beide Titel auf sich vereinen, weil Er sowohl Gott als Mensch in einer Person ist. Wie gross und herrlich ist Er!
Warnung vor den Schriftgelehrten
In diesem Kapitel spricht der Herr über die Pharisäer und Schriftgelehrten. In den Versen 1-12 warnt Er die Volksmenge und die Jünger vor diesen religiösen Menschen. Ab Vers 13 verurteilt Er sie direkt mit einem siebenfachen «Wehe euch».
Die Schriftgelehrten galten als Vertreter des Gesetzes. Darum sollten die Jünger, die sich damals noch im Judentum befanden, das tun, was jene lehrten. Aber das Verhalten der Schriftgelehrten war nicht nachahmenswert, denn sie verwirklichten nicht, was sie predigten. Zudem waren ihre Vorschriften und Anweisungen für die Zuhörer eine schwere Last: Sie sprachen nur von Gerechtigkeit, aber nie von Gnade.
Sie legten viel Wert auf äussere Frömmigkeit, weil sie die Anerkennung bei den Menschen suchten. Zudem war ihnen die eigene Ehre in der Gesellschaft wichtiger als die Ehre Gottes.
In den Versen 8-10 spricht der Herr seine Jünger direkt an und macht ihnen deutlich, dass die ehrgeizige und hochmütige Einstellung der Pharisäer mit seiner Nachfolge nicht vereinbar ist:
- «Lasst euch nicht Rabbi nennen.» Das ist die eine Gefahr: Als Jünger des Herrn dürfen wir uns nie über die anderen erheben.
- «Nennt auch niemand auf der Erde euren Vater.» Das ist die andere Gefahr: Wir sollen andere Jünger nie verehren.
Der Herr rundet das Thema in Vers 12 mit einem zweiteiligen Grundsatz ab, den wir durch die ganze Bibel hindurch bestätigt finden.
Die Verurteilung der Schriftgelehrten (1)
Das erste Wehe betraf den Widerstand der Schriftgelehrten gegen den Herrn Jesus. Durch ihre unbußfertige Haltung und ihren Unglauben verschlossen sie für sich selbst die Tür zum Reich der Himmel. Zudem hinderten sie mit ihrer Einstellung auch andere, ins Reich einzugehen.
Das zweite Wehe prangerte ihren falschen Eifer für das Judentum an. Sie versuchten Menschen für den jüdischen Glauben zu gewinnen, um sie dann unter ihre religiöse Gewalt zu bekommen. Es ging ihnen keineswegs um das Heil dieser Leute.
Das dritte Wehe verurteilte ihre Wortklauberei, mit der sie das Gesetz verdrehten und so dem Wort Gottes die Kraft wegnahmen.
Das vierte Wehe tadelte ihre überspitzte Anwendung der göttlichen Gebote. Sie legten vor allem Wert auf das haargenaue Einhalten von äusseren Vorschriften. Aber die wichtigen Anweisungen, die ihr Herz betrafen, vernachlässigten sie.
Das fünfte Wehe stellte ihre Heuchelei bloss. Sie legten ein scheinheiliges Verhalten an den Tag, während sie in ihrem Herzen böse Gedanken kultivierten.
Den Ernst dieser Mitteilungen wollen wir auch auf uns wirken lassen. Vielleicht stehen wir als «gute» Christen da. Doch wie sieht es in unserem Herzen aus? Entspringt unser Verhalten einer brennenden Liebe zum Herrn? Oder wollen wir vor den Menschen etwas gelten? Gott sieht und beurteilt unsere Motive. Er kann uns zeigen, ob da eine Korrektur nötig ist.
Die Verurteilung der Schriftgelehrten (2)
Mit dem sechsten Wehe führte der Herr den Gedanken der Heuchelei weiter, den Er bereits im fünften Wehe angeprangert hatte. Er machte klar, dass die Pharisäer und Schriftgelehrten mit ihrer Frömmigkeit das Böse bewusst verdecken wollten. Doch Gott konnten sie nichts vormachen. Er sah auch das Böse hinter der weissen Fassade.
Das siebte Wehe offenbarte den entscheidenden Punkt: Sie lehnten die Propheten ab, die ihnen das Wort Gottes brachten. Anstatt ihre Botschaft ernst zu nehmen und sich unter den schlimmen Zustand in Israel zu beugen, schmückten sie heuchlerisch die Gräber der Boten Gottes, die ihre Vorfahren umgebracht hatten.
Nach seinem Tod und seiner Auferstehung sandte der Herr seine Apostel und Propheten mit einer Botschaft zum Volk Israel (Vers 34). Doch die religiösen Führer lehnten sie ab und behandelten sie grausam. Stephanus töteten sie sogar. Damit bewiesen sie deutlich, dass sie nicht besser waren als ihre Vorfahren, die die Propheten des Alten Testaments getötet hatten. Das göttliche Gericht würde deshalb nicht ausbleiben.
Ab Vers 37 spricht der Sohn Gottes in ergreifender Weise über Jerusalem. Wie oft hatte Er sich bereits im Alten Testament durch die Propheten um diese Stadt bemüht. Jetzt war Er selbst da – aber die Bewohner Jerusalems lehnten Ihn ab und kreuzigten Ihn. Darauf brach Gott für eine Zeit seine Beziehung zu Israel ab. Erst wenn ein Überrest Christus bei seinem Kommen in Macht und Herrlichkeit annehmen wird, wird Jerusalem wieder der Wohnort Gottes sein.
Der Anfang der Wehen
Als Jesus mit seinen Jüngern den Tempel verliess, wiesen sie Ihn auf die imposanten Gebäude des Hauses Gottes hin. Doch der Herr war davon nicht beeindruckt. Er musste vielmehr die totale Zerstörung des Tempels ankündigen, die sich im Jahr 70 durch die Römer erfüllte: Sie liessen keinen Stein auf dem anderen!
Durch die Frage der Jünger veranlasst, spricht Jesus ab Vers 4 über eine noch zukünftige Gerichtszeit. Sie unterscheidet sich klar vom römischen Angriff im ersten Jahrhundert, denn sie wird erst nach der Entrückung der Versammlung und vor seiner Erscheinung über das Volk Israel hereinbrechen. Die Beschreibung bis Vers 14 gleicht dem Bericht von Offenbarung 6. Beide Abschnitte schildern den Anfang der Wehen, also die erste Hälfte der Drangsalszeit.
Die gläubigen Juden, die hier durch die Jünger repräsentiert werden, werden dann grossen Gefahren ausgesetzt sein. Einerseits werden Verführer behaupten, sie seien der Christus, um diese Treuen von ihrem Glauben an Gott abzubringen. Anderseits werden Kriege und Kriegsgerüchte die Erde erschüttern und die Menschen in grosse materielle Not stürzen.
Wegen ihrer Treue zum wahren Christus werden jene Glaubenden aus dem Volk Israel verfolgt und bedrängt werden. Das wird sie aber nicht daran hindern, auf der ganzen Erde das Evangelium des Reichs zu verkünden. Sie werden den Menschen sagen: Tut Buße, damit ihr bereit seid, wenn der Messias erscheint und sein Reich aufrichtet!
Die grosse Drangsal
Dieser Abschnitt beschreibt die zweite Hälfte der 7-jährigen Drangsalszeit. Diese 3 ½ Jahre beginnen mit einem abscheulichen Ereignis: Der Antichrist schafft die jüdischen Opfer ab und stellt ein Götzenbild in den Tempel (vgl. Vers 15 mit Daniel 9,27).
Nun sollen die treuen Juden sofort ins Ausland fliehen, denn die Drangsal wird so gross sein, dass für die Glaubenden ein Überleben in Jerusalem fast unmöglich ist. Mit dieser schrecklichen Gerichtszeit – die es vorher nie gegeben hat und nachher nie mehr geben wird – verfolgt Gott zwei Ziele: Einerseits bestraft Er die ungläubigen Juden, weil sie dem Antichristen nachlaufen. Anderseits erprobt Er den gläubigen Überrest, damit er innerlich für Christus zubereitet wird.
Durch grosse Zeichen und Wunder wird das Volk Israel verführt, damit sie dem falschen Christus folgen. Doch die Treuen sollen nicht darauf achten, denn der wahre Christus wird nicht heimlich kommen (in der Wüste oder in den Gemächern). Nein, Er wird wie der Blitz plötzlich und für alle sichtbar erscheinen.
Mit dem Kommen des Herrn in Macht und Herrlichkeit wird die Drangsalszeit zu Ende gehen. Die gläubigen Juden werden bei seinem Anblick erkennen, dass sie Ihn einst verworfen und gekreuzigt haben. Darüber werden sie Leid tragen (Sacharja 12,10). Weil zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Stämme in Israel sein werden, wird der Herr seine Engel aussenden, um alle Glaubenden aus seinem Volk nach Jerusalem zu bringen.
Aufruf zum Wachen
Nachdem der Herr Jesus die zukünftigen Ereignisse bis zu seinem Kommen in Herrlichkeit beschrieben hat, gibt Er in unserem Abschnitt Belehrungen dazu.
Der Feigenbaum, der Blätter hervortreibt, ist ein Bild vom Volk Israel, das im 20. Jahrhundert in sein Land zurückgekehrt ist. Es lebt dort im Unglauben und bringt keine Frucht für Gott. Dennoch ist seine Rückkehr ins verheissene Land ein Zeichen, dass das Kommen des Herrn nahe bevorsteht.
Zwei weitere Punkte geben uns Sicherheit im Blick auf die Zukunft Israels:
- Dieses Volk wird trotz vieler Angriffe nie ausgerottet werden, sondern als eigenständiges Volk bestehen bleiben (Vers 34).
- Das Wort Gottes, das viele prophetische Aussagen über Israel macht, wird ewig bestehen bleiben und sich bestimmt erfüllen (Vers 35).
Nur Gott kennt den genauen Zeitpunkt des Kommens von Christus. Darum wird Er in der Zukunft – wenn wir bereits im Himmel sein werden – die Menschen durch seine Boten vor dem Gericht warnen, das mit der Erscheinung des Herrn über die Erde hereinbrechen wird. Doch sie werden wie die Zeitgenossen Noahs diese Warnung nicht ernst nehmen, sondern sorglos weiter leben. Darum wird das Gericht plötzlich alle Ungläubigen wegraffen. Nur die Glaubenden werden auf der Erde gelassen, denn sie sind bereit, um ins Tausendjährige Reich einzugehen. Ihnen gilt deshalb der Appell zur Wachsamkeit in Vers 42: Sie sollen beständig auf das Kommen ihres Herrn warten.
Der treue und kluge Knecht
Ab Vers 45 spricht Jesus Christus über die Zeit seiner Abwesenheit. Dabei hat Er nicht mehr das Volk Israel im Blickfeld, sondern die Christen. Auch sie warten auf Ihn – nämlich auf sein Kommen zur Entrückung. Bis Kapitel 25,30 erzählt Er drei Gleichnisse, um uns deutlich zu machen, wie wir Ihn erwarten sollen:
- Der treue und der untreue Knecht (Matthäus 24,45-51).
- Die klugen und die törichten Jungfrauen (Matthäus 25,1-13).
- Die Knechte und die Talente (Matthäus 25,14-30).
Der treue Knecht in unserem Abschnitt repräsentiert alle, die dem Auftrag des Herrn nachkommen und dem himmlischen Volk Gottes geistliche Nahrung austeilen. Sie tun es in der Erwartung seines Kommens und möchten Ihm dabei treu bleiben. Weil sie Christus lieben, tragen sie auch Sorge für die Seinen: Unter der Leitung des Heiligen Geistes verkünden sie das Wort Gottes, damit die Versammlung zur rechten Zeit die richtige geistliche Nahrung bekommt. Als Belohnung für ihren Dienst werden sie mit Christus über das Universum (= seine Habe) regieren.
Der böse Knecht stellt alle dar, die zwar predigen, aber sich nicht um das geistliche Wohl des Volkes Gottes kümmern. Sie denken in ihren ungläubigen Herzen: Der Herr bleibt aus! Darum vernachlässigen sie ihre Aufgabe und verbinden sich mit der Welt: Anstatt Nahrung auszuteilen, essen und trinken sie mit den Betrunkenen. Wie genau hat sich das in der Christenheit erfüllt! Wenn der Herr wiederkommt, wird Er sie dafür bestrafen.
Die zehn Jungfrauen
Das Gleichnis der zehn Jungfrauen beschreibt die ganze christliche Zeit. Bei den ersten Christen war das Kommen des Herrn zur Entrückung eine lebendige Realität. Weil sie Ihn täglich erwarteten, verliessen sie das Judentum und trennten sich von der Welt. Sie hatten keine Gemeinschaft mit solchen, die ihren Heiland ablehnten.
Doch unter diesen Christen befanden sich nicht nur Erlöste, die den Heiligen Geist (= Öl) in sich wohnend hatten. Es schlossen sich ihnen auch Menschen an, die sich nur äusserlich zu Christus bekannten. Sie hielten zwar eine Lampe in der Hand, hatten aber kein Öl bei sich, weil sie nicht von neuem geboren waren und den Heiligen Geist nicht besassen.
Im Lauf der Zeit ging die Erwartung auf das Kommen des Herrn im christlichen Zeugnis verloren. Alle – die echten und unechten Bekenner – schliefen ein. Doch im 19. Jahrhundert schenkte Gott von neuem Licht über die Entrückung. Mit dem lauten Ruf: «Siehe, der Bräutigam!», wurden die Christen aus ihrem geistlichen Schlaf geweckt. Aufs Neue warteten sie auf ihren Herrn. Damit kam auch an den Tag, wer kein Öl, also keine echte Beziehung zu Christus hatte.
Bei der Entrückung nimmt der Herr nur die mit, die Ihm gehören. Die christlichen Bekenner, die kein Leben aus Gott haben, bleiben zurück.
Diese Geschichte spornt uns an, mit wachen Herzen auf unseren Herrn zu warten. Eine lebendige Erwartung seines Kommens wird einen starken Einfluss auf unsere Lebenspraxis haben.
Die Talente
Die Geschichte in unserem Abschnitt macht klar, dass der Herr Jesus uns Christen eine Aufgabe gibt, die wir während der Zeit seiner Abwesenheit erfüllen sollen.
Damit wir für Ihn arbeiten können, hat der Herr uns Talente anvertraut. Sie sprechen von den geistlichen Fähigkeiten, die Er uns entsprechend unseren natürlichen Begabungen geschenkt hat (Epheser 4,7). Nicht jeder Christ hat gleich viel empfangen, aber jeder hat den Auftrag, seine Gabe einzusetzen, damit sie für den Herrn einen Gewinn erzielt (Verse 16-18). Dabei sind nicht grosse Werke, sondern Treue und Hingabe gefragt. Beides entspringt unserem Vertrauen zu Christus. Weil wir seine Liebe und Güte kennen, dienen wir Ihm treu.
Wenn der Herr wiederkommt, erfolgt die Abrechnung. Seine Belohnung für einen hingebungsvollen Dienst hat drei Aspekte:
- Erstens die Anerkennung des Herrn: «Wohl du guter und treuer Knecht!»
- Zweitens der Lohn, der immer grösser ist als unsere Treue: «Über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen.»
- Drittens die Gemeinschaft mit Christus: «Geh ein in die Freude deines Herrn.»
Der dritte Knecht ist ein Ungläubiger, der sich als Christ ausgibt. Er besitzt auch ein Talent, aber er setzt es nicht ein. Er kennt seinen Herrn nicht. Er bezeichnet Ihn als einen harten Mann, weil er sich nie vor Ihm gebeugt und deshalb seine rettende Gnade nicht erfahren hat. Darum kommt er ins ewige Gericht.
Die Schafe und die Böcke
In Vers 31 nimmt Jesus den prophetischen Faden von Matthäus 24,31 wieder auf. Er zeigt, was nach seiner Erscheinung auf der Erde mit den Menschen aus den Nationen geschieht, die die Kriege und Gerichte überlebt haben. Als König wird Er sie zu einer Gerichtssitzung vor sich versammeln und sie in zwei Gruppen aufteilen, so wie der Hirte die Schafe von den Böcken scheidet.
Die Schafe zu seiner Rechten sind die «Gesegneten des Vaters». Sie haben ein Anrecht, ins Tausendjährige Reich einzugehen. Warum? Weil sie während der Drangsalszeit die gläubigen Juden, die im Auftrag von Christus das Evangelium des Reichs verkünden, aufnehmen. Sie glauben nicht nur ihrer Botschaft, sondern versorgen sie auch mit Nahrung und Kleidern. Mit der Aufnahme dieser bedrängten und verfolgten Juden heissen sie auch Christus willkommen. Es bewahrheitet sich dann das Wort des Herrn an seine Jünger: «Wer euch aufnimmt, nimmt mich auf» (Matthäus 10,40). Darum sagt Er hier: Alles, was ihr meinen Brüdern getan habt, habt ihr mir getan (Vers 40).
Die Böcke zur Linken werden von Christus verflucht, weil sie in der Drangsalszeit seine Boten ablehnen und ihrer Not nicht abhelfen. Mit diesem Verhalten gegenüber den Juden verwerfen und beleidigen sie den Herrn Jesus selbst. Darum trifft diese Menschen aus den Völkern das ewige Gericht.
Für uns lernen wir aus dieser Gerichtssitzung der Lebendigen folgenden Grundsatz: Wenn wir den Gläubigen helfen, tun wir etwas für den Herrn Jesus!
Feindschaft und Wertschätzung
Jesus wusste im Voraus, wann Er gekreuzigt werden würde: am Passahfest, denn das war Gottes Plan. Die Juden, die Ihn töten wollten, hatten eine andere Absicht: «Nicht an dem Fest, damit kein Aufruhr unter dem Volk entsteht.»
Doch sie konnten nichts gegen den göttlichen Vorsatz ausrichten: Die Entscheidung des Volkes vor Pilatus, ihren Messias zu kreuzigen, fiel am Passahfest. So machten sich die vielen Juden, die zu diesem Fest nach Jerusalem gekommen waren, für die Ermordung des Herrn Jesus verantwortlich.
Während sich der Hass seiner Feinde zuspitzte, befand sich Jesus in Bethanien und genoss dort die Gemeinschaft mit den Seinen. Da kam eine Frau zu Ihm, die Ihm ihre ganze Wertschätzung entgegenbrachte, indem sie Ihn mit einem sehr kostbaren Öl salbte. Was musste diese Verehrung und Hingabe für den Heiland bedeutet haben! Da war ein Herz, das für Ihn schlug und mit Ihm empfand, als sein Weg immer einsamer und schwieriger wurde.
Leider betrachteten die Jünger – angeführt vom geldgierigen Judas Iskariot – diese Handlung als eine Vergeudung. Ihnen war der Herr Jesus nicht so viel wert. Doch der Herr nahm die Frau sofort in Schutz und rechtfertigte ihre hingebungsvolle Tat.
Heute dürfen wir Jesus Christus unsere Hochachtung entgegenbringen, indem wir jeden Sonntag beim Brotbrechen an Ihn denken und Ihn anbeten. Er schätzt es, wenn wir Ihm so unsere erste Liebe schenken.
Das Passah
Drei Jahre war Judas mit dem Herrn Jesus zusammen gewesen. Doch sein Herz blieb für die Gnade des Heilands verschlossen. Nun öffnete es sich dem Satan, um unter seinem Einfluss eine schreckliche Tat zu vollbringen (Lukas 22,3). Dieser habsüchtige Jünger war bereit, seinen Herrn für 30 Silberstücke an die Hohenpriester zu verraten.
«Wo willst du, dass wir dir bereiten, das Passah zu essen?» Diese Frage der Jünger offenbarte zweierlei: Einerseits wollten sie sich bei der Passahfeier ganz nach den Wünschen ihres Herrn richten. Anderseits sollte dieses Zusammensein völlig Ihm gewidmet sein. Beides können wir auf das Mahl des Herrn übertragen:
- Er gibt uns im Wort Gottes Anweisungen, wo und wie wir heute sein Mahl halten sollen. Beachten wir sie?
- Wenn wir zum Brotbrechen zusammenkommen, denken wir an unseren Erlöser und bringen Ihm unseren Dank und unsere Anbetung.
Während der Herr mit seinen Jüngern das Passah ass, entlarvte Er den Verräter. Ausserdem warnte Er Judas vor dem furchtbaren Verderben, das ihn wegen seiner Sünde treffen würde (Vers 24).
Keiner der Zwölf hatte gemerkt, dass Judas ein falscher Jünger war. Mit seiner Frage: «Ich bin es doch nicht, Rabbi?», spielte er sein heuchlerisches Spiel bis zum Ende. Doch den Herrn hatte er nie täuschen können. Dieser hatte immer gewusst, wie es um Judas stand, hatte ihn aber in grosser Geduld ertragen.
Das Gedächtnismahl und Warnungen
Nach dem Passah, das ein Vorausbild auf die Leiden und den Tod des Heilands war, setzte Er das Gedächtnismahl ein. Er hat es uns Christen gegeben, damit wir uns jeden Sonntag daran erinnern, dass Er am Kreuz für uns gestorben ist.
Das Brot spricht von seinem Körper, den Er für uns in den Tod gegeben hat. Der Kelch ist ein Sinnbild seines Blutes, das für viele vergossen wurde. Beim Essen des Brotes und Trinken aus dem Kelch beschäftigen wir uns also mit den furchtbaren Leiden, die Er in seinem Sterben für uns erduldet hat.
Wir denken aber auch an die Ergebnisse seines Opfertodes. Jeder, der an den Herrn Jesus glaubt, besitzt Vergebung seiner Sünden. Zudem wird Gott mit Israel auf der Grundlage des Erlösungswerks von Christus eine neue Beziehung eingehen. Dann wird Er nichts mehr von ihnen fordern, sondern ihnen in Gnade seinen ganzen Segen ausschütten.
Auf dem Weg zum Ölberg erklärte Jesus seinen Jüngern, dass sie in den kommenden, schweren Stunden Anstoss an Ihm nehmen und Ihn verlassen würden. Ihre natürliche Beziehung zum Messias würde zu Ende gehen und einer neuen Beziehung zum auferstandenen Christus Platz machen.
Petrus wollte diese Worte nicht für sich wahrhaben. Er meinte, seine Liebe zum Herrn sei grösser als die seiner Mitjünger und stärker als die bevorstehenden Schwierigkeiten. So musste er mit der Verleugnung seines Meisters traurig erfahren, wie er trotz seiner Behauptungen völlig versagte.
Im Garten Gethsemane
Jesus ging mit seinen Jüngern nach Gethsemane, um das, was vor Ihm lag, im Gebet seinem Vater zu sagen. Er nahm Petrus, Jakobus und Johannes mit, die bereits auf dem hohen Berg seine Herrlichkeit gesehen hatten (Matthäus 17,1-8). Hier sollten sie einen Eindruck von seinen Leiden bekommen. In beiden Begebenheiten schliefen sie ein. Wie beschämend!
In Gedanken stand das ganze Geschehen am Kreuz vor dem Herrn: seine Leiden und sein Tod. Seine Seele war sehr betrübt, wenn Er daran dachte, dass Er zur Sünde gemacht würde und sterben müsse. Er war doch der einzige Mensch, der nie gesündigt und darum den Tod nicht verdient hatte!
Satan versuchte Jesus davon abzuhalten, Gott bis zuletzt zu gehorchen, indem er Ihm den Schrecken des Todes vorstellte. Doch der Heiland nahm seine Zuflucht im Gebet zu Gott. Dreimal teilte Er seinem Vater die ganze Not mit, unterstellte sich aber völlig seinem Willen. Er nahm den Kelch dieser bitteren Leiden aus der Hand des Vaters, denn Er war entschlossen, bis zum Ende den Weg des Gehorsams zu gehen. So wurde der Feind auch diesmal geschlagen.
Als Jesus zwischendurch zu den Jüngern kam, fand Er sie eingeschlafen. Deshalb forderte Er sie auf: «Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt.» Bald würden sie einer schweren Erprobung ausgesetzt sein. Diese konnten sie nicht in eigener Kraft bestehen. Darum war es nötig, dass sie wachsam waren und Gott um Hilfe anriefen.
Gefangennahme
Nach seinem intensiven Gebet zum Vater trat Jesus seinen Feinden in Ruhe entgegen. Sie kamen mit Schwertern und Stöcken, um den von Gott gesandten Messias zu verhaften. Angeführt wurde die Menge durch den Verräter Judas, aber hinter diesem Anschlag stand die religiöse Führerschaft.
Judas verriet seinen Meister mit einem Kuss. Welch ein Missbrauch dieses Zeichens der Liebe! Doch Jesus blieb taktvoll und sprach zu ihm: «Freund, wozu bist du gekommen!» Damit stellte Er ihm die ganze Tragweite seiner Tat vor: Für ein wenig Geld lieferte Judas den Sohn Gottes an seine Feinde aus!
Sofort traten die Soldaten herzu und nahmen Jesus gefangen. «Wie ein Lamm, das zur Schlachtung geführt wird», liess Er dies über sich ergehen (Jesaja 53,7). Er tadelte sogar seinen Jünger Petrus, als dieser mit dem Schwert dem Knecht des Hohenpriesters das Ohr abschlug. Der Wille seines Vaters und die Erfüllung des Wortes Gottes waren für Ihn entscheidend (Verse 53.54). Darum war Er bereit, alle diese Demütigungen auf sich zu nehmen.
Trotzdem stellte Er seinen Feinden ihr feiges, niederträchtiges Verhalten vor. Er war doch kein Räuber, der das Tageslicht scheuen musste! Täglich war Er im Tempel gewesen, aber sie hatten Ihn aus Angst vor einer Reaktion des Volkes nicht festgenommen.
Als die Jünger merkten, dass es brenzlig wurde, flohen sie und liessen ihren Meister allein. Es erfüllte sich ein Wort aus den Psalmen: «Ich wache und bin wie ein einsamer Vogel auf dem Dach» (Psalm 102,8).
Verhör und Verleugnung
Der hohe Rat der Juden suchte einen Grund, um Jesus zu Tode zu bringen. Er liess bewusst viele falsche Zeugen vortreten, um den Schein einer Gerichtsverhandlung zu wahren, obwohl das Urteil bereits gefällt war. Einst hatte Jesus gesagt: «Brecht diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten» (Johannes 2,19). Damit meinte Er nicht das Gebäude in Jerusalem, sondern sich selbst. Die Juden würden Ihn töten, Er aber würde nach drei Tagen auferstehen. In ihrem Unglauben verstanden sie seine Aussage damals nicht. Jetzt glaubten sie, darin einen Anklagegrund zu finden, indem sie seine Worte verdrehten: «Dieser sagte: Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und ihn in drei Tagen aufbauen.» Zu dieser absurden Anschuldigung schwieg der Heiland.
Erst als der Hohepriester mit einem Schwur eine Antwort über seine Person forderte, brach Jesus sein Schweigen und bezeugte klar, dass Er sowohl der Christus als auch der Sohn Gottes sei. Zudem kündigte Er den Juden seine zukünftige Herrlichkeit als Sohn des Menschen an. Mit diesem deutlichen Zeugnis stand die religiöse Führerschaft vor der letzten Entscheidung: Würden sie die Wahrheit über die Person von Jesus Christus annehmen? Nein! Sie legten seine Aussage als Lästerung aus und hatten damit einen Grund, Ihn zum Tod zu verurteilen.
Im Hof des Hohenpriesters befand sich Petrus mitten unter den Feinden seines Herrn. Da wurde er dreimal auf sein Verhältnis zu Jesus angesprochen und verleugnete Ihn dreimal.
Das Ende von Judas Iskariot
Nachdem in der Nacht die erste Verhandlung stattgefunden hatte (Matthäus 26,59-68), fand am Morgen die offizielle Versammlung des Synedriums statt, wo das bereits gefällte Urteil bestätigt wurde. Da die Juden ein Todesurteil nicht selbst ausführen durften, brachten sie nun die Angelegenheit vor den römischen Statthalter Pilatus.
Mit dieser Entwicklung hatte Judas nicht gerechnet. Nun reute ihn seine gemeine Tat. Doch er ging mit seinem Bekenntnis zu den falschen Personen. In seinem Gewissen getroffen, legte er vor den Hohenpriestern ein Zeugnis über die Unschuld des Herrn Jesus ab, wurde aber von diesen harten, gefühllosen Leuten abgewiesen.
Nun sah Judas keinen Ausweg mehr. Vom Teufel verführt und unter seiner Macht stehend, ging er hin und erhängte sich. Doch das war nicht sein Ende. Auch er wird einmal vor dem grossen weissen Thron stehen, um dort das Urteil zu empfangen: die ewige Strafe in der Hölle (Offenbarung 20,11-15).
Seine Geschichte ist eine Warnung an alle, die viel vom Herrn Jesus hören, aber nicht an Ihn glauben wollen. Dadurch wird das Herz unempfindlich für die göttliche Gnade und empfänglich für die Versuchungen Satans, der seine Beute immer ins Unglück stürzen will.
Wie gross war die Heuchelei der Hohenpriester! Das Geld, das sie selbst für den Verrat von Jesus ausgegeben hatten, durfte keine Opfergabe für den Tempel sein. Sie kauften damit einen Acker und erfüllten so unbewusst eine Prophezeiung.
Pilatus verurteilt Jesus zum Tod
Jesus wurde nun von Pilatus verhört. Da Er in diesem Evangelium jedoch besonders als Messias vorgestellt wird, unterstreicht diese Gerichtsverhandlung vor allem die Verantwortung der Juden, die ihren König vor den Römern verleugneten (Apostelgeschichte 3,14).
Der Herr Jesus verhielt sich hier wie vor dem jüdischen Rat. Er bekannte sich vor Pilatus als König der Juden, schwieg aber zu allen Anschuldigungen der Hohenpriester und Ältesten.
Mit seinem Vorschlag, entweder Barabbas oder Jesus freizulassen, stellte Pilatus das Volk Israel vor die entscheidende Wahl: Wollten sie den Raubmörder oder den von Gott gesandten Messias? Man kann es fast nicht glauben: Sie wählten Barabbas! Damit lehnten sie nicht nur Christus ab, sondern rebellierten auch gegen Gott und offenbarten das böse, menschliche Herz, das die Finsternis mehr liebt als das Licht.
Pilatus befand sich nun in einem Zwiespalt. Beunruhigt durch die Nachricht seiner Frau hätte er Jesus gern freigelassen. Da dies nach der Wahl des Volkes nicht mehr möglich war, versuchte er sich seiner Verantwortung zu entziehen. Symbolisch wusch er seine Hände und sprach: «Ich bin schuldlos an dem Blut dieses Gerechten, seht ihr zu.» Seine Schuld am Tod Jesu blieb jedoch bestehen. Aber die Juden waren um ein Vielfaches schuldiger. Ohne die Tragweite ihrer Aussage zu ermessen, erklärten sie: «Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder!» Dieser Ausspruch hat dem Volk Israel bereits viel Not und Leid eingebracht, denn Gott hat es beim Wort genommen.
Jesus wird verspottet und gekreuzigt
Pilatus übergab Jesus den Soldaten zur Kreuzigung. Diese rohen Menschen nutzten die Gelegenheit, um Ihn zu verspotten und zu quälen. Es erfüllte sich das Wort des Psalmisten: «Hunde haben mich umgeben, eine Rotte von Übeltätern hat mich umzingelt» (Psalm 22,17).
In ihrer Verachtung machten sie sich über Jesus als König der Juden lustig und fielen in spöttischer Huldigung vor Ihm auf die Knie. Sie wussten nicht, dass einmal der Moment kommen wird, an dem sich jedes Knie in echter Unterwerfung vor Ihm beugen muss (Philipper 2,10).
Auf dem Weg zur Hinrichtungsstätte zwangen sie Simon von Kyrene, sein Kreuz zu tragen. Auf Golgatha boten sie dem Heiland einen Betäubungstrank an. Doch Er lehnte ihn ab, weil Er die Leiden mit einem klaren Sinn erdulden wollte. So gross war seine Hingabe, in der Er das Werk am Kreuz vollbrachte!
Die römischen Soldaten kreuzigten Ihn, indem sie seine Hände und seine Füsse mit Nägeln durchbohrten. Darauf verteilten sie seine Kleider und nahmen Ihm so seinen letzten Besitz weg. Seiner menschlichen Würde beraubt, war Jesus nun den neugierigen Blicken der Volksmenge ausgesetzt.
Auch diese Einzelheiten wurden vorausgesagt: «Sie haben meine Hände und meine Füsse durchgraben. Alle meine Gebeine könnte ich zählen. Sie schauen und sehen mich an; sie teilen meine Kleider unter sich, und über mein Gewand werfen sie das Los» (Psalm 22,17-19).
Der Heiland leidet und stirbt
Aus Markus 15,25 wissen wir, dass Jesus in der dritten Stunde gekreuzigt wurde. Aufgrund dieser Angabe lässt sich die Zeit, die Er am Kreuz hing, in zwei Abschnitte von je drei Stunden aufteilen.
Die ersten drei Stunden werden uns in den Versen 39-44 beschrieben. Da ergoss sich der ganze Spott aller Bevölkerungsschichten über den Gekreuzigten:
- Die Vorübergehenden lästerten Ihn, indem sie seine Macht als Sohn Gottes infrage stellten. Sie glaubten nicht, dass es Ihm möglich sei, vom Kreuz herabzusteigen.
- Die religiösen Führer machten sein Gottvertrauen als König Israels lächerlich. Da Gott nicht zur Rettung seines Sohnes eingriff, meinten sie, Jesus habe vergeblich an Ihn geglaubt.
- Schliesslich öffneten sogar die gekreuzigten Räuber ihren Mund, um den Heiland zu schmähen.
Die zweiten drei Stunden finden wir in den Versen 45-53. In dieser Zeit wurde es stockdunkel, damit niemand sehen konnte, was der Herr Jesus im göttlichen Gericht über die Sünde erduldete. Sein Ausruf am Ende: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?», lässt uns ein wenig erahnen, wie unsäglich seine Leiden waren, als Gott Ihn wegen uns strafte.
Auf den Tod des Heilands folgten zwei Zeichen, die die Auswirkungen seines Erlösungswerks illustrieren:
- Der Vorhang des Tempels zerriss von oben bis unten, weil Jesus den Zugang zu Gott geöffnet hat.
- Es öffneten sich die Gräber der entschlafenen Heiligen, da Christus die Macht des Todes besiegt hat.
Angemessene Grablegung
Einige Frauen bewiesen ihre Hingabe an Jesus Christus bis zum Ende, indem sie von weitem das Geschehen auf Golgatha mitverfolgten und anschliessend bei seinem Begräbnis anwesend waren (Vers 61).
Für den Jünger Joseph von Arimathia kam nun die Gelegenheit, sich öffentlich auf die Seite Jesu zu stellen. Als Ratsherr hatte er im Synedrium der Verurteilung von Jesus Christus nicht zugestimmt (Lukas 23,51). Jetzt stellte er sich sogar offenkundig gegen die Handlung seiner Ratskollegen, indem er seinem Herrn ein würdiges Begräbnis zuteil werden liess. Er bat Pilatus um den Leib Jesu und legte ihn, nachdem er ihn in reines, feines Leinentuch eingewickelt hatte, in seine eigene Gruft. Nur das Beste war gut genug für seinen Heiland.
Die Juden verfolgten ihren Messias über seinen Tod hinaus. In ihrem Unglauben wollten sie verhindern, dass Er auferstehen würde. Sie glaubten zwar nicht an seine Auferstehung, fürchteten sich aber, sie könnte doch Wirklichkeit werden. Darum forderten sie von Pilatus, dass er das Grab von Jesus bewachen liess. Es scheint, dass er ihnen eine Wache gab, das Übrige aber den Juden überliess. So versiegelten sie den Stein und sicherten das Grab mit der Wache. Unter gar keinen Umständen durfte ein leeres Grab die Lehre seiner Auferstehung begründen!
Doch Gott benutzte ihren Hass, um uns einen deutlichen Beweis der Auferstehung seines Sohnes zu geben: Die jüdischen Wachleute waren unfreiwillige Zeugen davon (Matthäus 28,4.11).
Jesus Christus ist auferstanden
Sowohl der Tod als auch die Auferstehung des Herrn Jesus wurden von einem Erdbeben begleitet, um die Wichtigkeit beider Ereignisse zu unterstreichen (Vers 2; Matthäus 27,51). Als Glaubende wissen wir: Sein Tod bildet die Grundlage unserer Errettung und seine Auferstehung gibt uns die Sicherheit unserer Annahme bei Gott (Römer 4,25).
Ein Engel kam aus dem Himmel herab und öffnete das Grab, damit alle sehen konnten: Es ist leer! Jesus Christus war bereits auferstanden und hatte in seinem Auferstehungskörper das Grab verlassen, bevor der Stein weggewälzt wurde. Denn sein Körper war nicht mehr an die Gesetzmässigkeiten der Erde gebunden (siehe auch Johannes 20,19).
Der Engel tröstete die erschrockenen Frauen und erklärte ihnen, dass Jesus auferstanden sei. Der Herr hatte es den Seinen vorausgesagt und das leere Grab bewies es klar. Dann bekamen sie eine Mitteilung an die Jünger. Sie sollten ihnen sagen, dass Christus von den Toten auferstanden war. Weil Er weiterhin verworfen war, würde Er sich mit ihnen nicht in Jerusalem treffen, sondern getrennt von der Welt in Galiläa.
Auf dem Weg zu den Jüngern trafen die Frauen mit dem Auferstandenen zusammen. Weil in diesem Evangelium nicht die neuen, himmlischen Beziehungen im Vordergrund stehen, durften sie die Füsse ihres Herrn umfassen und Ihm so huldigen.
Es beeindruckt uns, wie der Herr die Liebe und den Glauben dieser Frauen, die als Erste zum Grab gingen, mit einer persönlichen Begegnung belohnte.
Der Herr mit den Jüngern in Galiläa
Die Wachleute verkündeten den Hohenpriestern als Augenzeugen, dass Jesus auferstanden sei. Doch diese wollten es gegen besseres Wissen nicht wahrhaben. Mit viel Geld vertuschten sie seine Auferstehung, indem sie eine Lüge verbreiten liessen. Diese unwahre Geschichte hatte aber an sich schon einen Haken: Wie konnten die Soldaten wissen, was geschehen war, wenn sie zur betreffenden Zeit geschlafen hatten?
Das Gerede der Wachleute wurde unter den Juden bekannt, obwohl Beweise seiner Auferstehung vorhanden waren. Die Welt sah den Auferstandenen nie, Er zeigte sich nur den Seinen. Wir lernen daraus: Die herrliche Tatsache seiner Auferstehung muss bis heute im Glauben erfasst werden.
In Galiläa verband sich Jesus Christus als der Auferstandene mit seinen Jüngern. Sie bildeten den Überrest aus dem Volk Israel und bekamen nun den Auftrag: «Geht nun hin und macht alle Nationen zu Jüngern.» Während der König verworfen und abwesend ist, sollten seine Jünger die Menschen aus allen Völkern einladen, durch Buße und Glauben an Jesus Christus ins Reich Gottes einzugehen. Dieser Auftrag bleibt solange bestehen, bis Christus wiederkommen und sein Reich öffentlich aufrichten wird. In der Zeit der Gnade ist die Botschaft an die Menschen umfänglicher. Sie beinhaltet das ganze Evangelium Gottes.
Als Jünger folgen wir einem Herrn nach, der alle Macht hat (Vers 18) und immer bei uns ist (Vers 20). Das macht uns Mut, in einer Welt, die uns mit Ihm verwirft, für Ihn zu zeugen.
Buchtipp: Bibel-Auslegung zum Matthäus-Evangelium
Einleitung
Das Leben von Abraham kann in drei Teile gegliedert werden:
1. Mose 15 – 21: |
Seine äussere Geschichte |
1. Mose 15 – 21: |
Seine innere Geschichte |
1. Mose 22 – 25,18: |
Ein prophetischer Ausblick |
Abraham kommt nach Kanaan

Der Vordere Orient
Die Vorvergangenheitsform in Vers 1 zeigt, dass der Ruf Gottes bereits früher erfolgt war. Er galt immer noch, auch wenn Abram wegen seines Vaters in Haran stehen geblieben war. Die Rücksicht auf seinen Vater hatte ihn bisher gehindert, den Willen Gottes unverzüglich und ganz zu erfüllen.
In Vers 2 bekommt Abram von Gott grosse, bedingungslose Verheissungen: «Ich will dich zu einer grossen Nation machen und dich segnen, und ich will deinen Namen gross machen; und du sollst ein Segen sein!» Nun machte er sich im Glauben auf den Weg. Sein Neffe Lot schloss sich ihm an. Abram liess ihn gewähren und nahm ihn mit.
Nachdem Abram in Kanaan angekommen war, bestätigte ihm der Herr, dass er das göttliche Ziel erreicht habe (Vers 7). Als Erstes baute Abram bei der Terebinthe Mores einen Altar. Dieser war der Ausdruck seiner persönlichen Verbindung, die er mit seinem Gott hatte. Weil die Kanaaniter damals im Land wohnten, hielt sich Abram dort als Nomade auf und wohnte in einem Zelt. So sieht auch unser Leben nach unserer Bekehrung aus: Wir halten uns als Fremde in einer Welt auf, zu der wir nicht mehr gehören. Gleichzeitig haben wir eine persönliche Beziehung zu unserem Herrn und Erlöser.
Der zweite Altar, den Abram errichtete, war ein gottesdienstlicher Altar. Dort rief er den Namen des Herrn an. Als die Nachkommen Abrahams später in diesem Land wohnten, wurde der Tempel in Jerusalem zum Ort, wo Gott seinen Namen in Israel wohnen liess und wo Er angebetet wurde (5. Mose 12,4-7; 1. Könige 8,10-14).
Abraham zieht nach Ägypten
Als Abram immer weiter südwärts wanderte, kam die erste Glaubensprüfung: Es entstand eine Hungersnot im Land. Er versuchte, diesem Problem auszuweichen, indem er für eine Zeit nach Ägypten zog. Aber dort drohte eine andere Gefahr: Er fürchtete, man würde ihn wegen seiner schönen Frau töten. Um dies abzuwenden, griff er zu einer Halbwahrheit. Sarai sollte sagen, sie sei seine Schwester. Das war sie auch, doch sie war auch seine Frau (1. Mose 20,12). Solche trügerischen Worte passen nicht zu einem Gläubigen!
Der Pharao, der über Ägypten herrschte, meinte, er sei für sein Tun niemand verantwortlich. So liess er Sarai kurzerhand in sein Haus holen. Abram liess er am Leben. Ja, er tat ihm sogar viel Gutes und beschenkte ihn reich. Nun griff Gott ein, indem Er den Pharao und sein Haus mit grossen Plagen schlug. Dabei verfolgte Er in seiner Barmherzigkeit ein Ziel: Er wollte Abram aus der Welt (Ägypten) in die Gemeinschaft mit sich zurückführen (zum Altar bei Bethel).
Die Erfahrungen, die Abram in Ägypten machte, werden auch wir erleben, wenn wir uns als Gläubige wieder der Welt zuwenden:
- Wir werden zu einem Problem für sie und zu einem Störfaktor für ihre Freuden.
- Wie beschämend für uns, wenn die Welt uns tadeln, korrigieren und schliesslich wegschicken muss.
- Wenn wir durch Gottes Gnade den Weg zum Herrn zurückfinden, bleiben die Folgen unseres Abweichens oft bestehen. Das war auch bei Abram so, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden.
Abraham und Lot trennen sich
Wenn ein Gläubiger vom rechten, Gott gemässen Weg abweicht, muss er bis an den Ausgangspunkt seines Abweichens zurückkehren, damit die Gemeinschaft mit dem Herrn völlig wiederhergestellt wird. Das war bei Abram der Fall (Verse 3.4).
Als ein Mitläufer war Lot mit Abram auch nach Ägypten gezogen. Nun kamen sie, von der Welt reich beschenkt, nach Kanaan zurück. Doch dieser materielle Reichtum führte zu Zank zwischen den Hirten Abrams und den Hirten Lots. Abram, der wieder in einer intakten Beziehung mit Gott lebte, versuchte diesen Streit zwischen Brüdern zu lösen. Er dachte dabei sicher auch an die ungläubigen Bewohner des Landes, die diese Auseinandersetzung mitbekamen (1. Korinther 6,6).
Es war Abram klar, dass Lot und er sich trennen mussten. Ihre Herden waren zu gross, um nebeneinander zu bleiben. Abram, der Glaubensmann, suchte nicht seinen eigenen Vorteil. Er liess zuerst seinen Neffen wählen. Lot entschied sich für die fruchtbare Jordanebene. Für ihn war diese Gegend das Paradies auf Erden. Zudem erinnerte sie ihn an das, was er in Ägypten gesehen hatte. Dass die Leute von Sodom «sehr böse und grosse Sünder vor dem Herrn» waren, schien Lot nicht zu stören.
Die Entscheidung Lots war bis zu einem gewissen Grad eine Folge des falschen Weges, den Abram nach Ägypten gegangen war. Da stellt sich die Frage: Ist uns bewusst, dass unser Verhalten andere Gläubige beeinflusst – entweder zum Guten oder zum Schlechten?
Abraham im verheissenen Land
Als Lot vor die Wahl gestellt wurde, «erhob er seine Augen». Dann folgten seine Füsse dem, was seine Augen als begehrenswert entdeckt hatten.
Und Abram? Zog er den Kürzeren? Nein! Er wurde vom Herrn selbst aufgefordert, «seine Augen zu erheben». Er durfte in alle vier Himmelsrichtungen blicken. Das ganze Land, das er sah, wollte Gott ihm und seiner Nachkommenschaft geben, und zwar «bis in Ewigkeit». Auch über seine Nachkommen machte ihm der Herr grosse Verheissungen.
Mit diesen Versprechen Gottes im Herzen durchzog der Glaubensmann das verheissene Land und wohnte dabei in Zelten. Abram wusste: Nach Gottes Plan gehört das Land jetzt schon mir, der volle Segen davon aber liegt noch in der Zukunft.
In dieser Hinsicht gleichen wir Christen Abram. Wir sind auserwählt, um Kinder und Söhne Gottes zu sein, und wir sind es jetzt schon (Epheser 1,4.5; Römer 8,14-16; 1. Johannes 3,1). Doch den vollen Segen unserer Kindschaft und Sohnschaft werden wir erst im Himmel geniessen, wenn wir bei Gott im Vaterhaus daheim sind.
Abram blieb ein Fremder auf der Erde. Er wohnte in seinem Zelt unter den Terebinthen Mamres, die bei Hebron sind. Hebron bedeutet «Gemeinschaft». Hier genoss Abram die Gemeinschaft mit seinem Gott, was durch den Altar angedeutet wird, den er dort dem Herrn baute. Im Schatten des Allmächtigen kam er als Fremder zur Ruhe.
Lot wird verschleppt
In diesem Kapitel lesen wir zum ersten Mal in der Bibel von einem grösseren Krieg. Vier Könige kämpften mit ihren Heeren gegen eine Koalition von fünf Königen. Was war der Auslöser? Die einen Völker waren von den anderen beherrscht und unterdrückt worden. Nun rebellierten sie gegen dieses Joch und versuchten es abzuschütteln. Das hat sich bis heute nicht geändert: Die Anmassung der Herrschenden und die Rebellion der Unterdrückten gehören zu den Ursachen für viele Kriege auf der Erde.
Aber Gott will uns mit den Mitteilungen dieses Kapitels nicht in erster Linie über die Ereignisse informieren, die sich damals in jenen Gegenden abspielten. Es geht Ihm vielmehr um den gläubigen Lot, der sich in Sodom aufhielt. Weil er in jener Stadt wohnte, wurde er in den Konflikt hineingezogen (Vers 12). Der Heilige Geist benutzt die Situation von Lot, um uns Christen auf eine ernste Gefahr hinzuweisen.
Wovor will der Herr uns warnen? Sodom und das böse, sündige Verhalten seiner Bewohner sind ein Bild der Welt. Lot liebäugelte zuerst nur mit dem Wohlstand der Welt. Er meinte, von der Fruchtbarkeit der Ebene des Jordan profitieren zu können, ohne von Sodom und seinen Bewohnern beeinflusst zu werden. Aber er täuschte sich. Wenn wir der Welt den kleinen Finger geben, nimmt sie schnell die ganze Hand. So wurde Lot richtiggehend in die Stadt Sodom hineingezogen, bis er schliesslich dort wohnte. Nun traf ihn auch das Schicksal von Sodom. Möchten wir uns warnen lassen und uns entschieden von der Welt getrennt halten!
Abraham rettet Lot
Abram, der abgesondert von der Welt unter den Terebinthen Mamres wohnte, wurde nicht in die kriegerischen Auseinandersetzungen der Völker hineingezogen. Als er jedoch hörte, dass Lot in Gefangenschaft geraten war, unternahm er sofort etwas, um ihn zu retten. Wie Abram mit 318 Mann das Heer Kedorlaomers und seiner Verbündeten besiegen und die verschleppten Bewohner von Sodom befreien konnte, wissen wir nicht. Sicher ist, dass Gott den Glauben Abrams mit diesem Sieg belohnte.
Als Abram vom Kampf zurückkehrte, kam ihm Melchisedek, der König von Salem, entgegen und stärkte ihn mit Brot und Wein. Dann segnete er ihn im Namen Gottes, des Höchsten. Dadurch bestätigte Gott das Verhalten des Patriarchen gegenüber seinem Bruder Lot und stärkte ihn im Blick auf die Gefahr, die ihm durch das Angebot von der Welt drohte. Abram merkte, dass Melchisedek ein Priester Gottes war, und gab ihm den Zehnten von der Beute. Aus Hebräer 7,1-3 wissen wir, dass diese Person ein Vorausbild auf den Herrn Jesus, den Sohn Gottes, ist. In der Zukunft wird Er seinen Priesterdienst nach der Weise Melchisedeks ausüben.
Nach dem Zusammentreffen mit Melchisedek begegnete Abram dem König von Sodom. Dieser machte ihm einen Vorschlag: «Gib mir die Seelen, und die Habe nimm für dich.» Da lehnte Abram entschieden ab und entzog sich damit dem Einfluss der Welt, der sich bei Lot so verheerend ausgewirkt hatte. Seine Verbündeten im Kampf mochten ihren Anteil haben, doch er wollte von der Welt nichts annehmen.
Gott verspricht Abraham einen Sohn
War Abram zu weit gegangen, als er das Angebot der Welt zurückgewiesen hatte? Nein! Gott beruhigte ihn mit dem tröstlichen «Fürchte dich nicht!» Weil Abram den Herrn geehrt hatte, wurde er nun von Gott selbst geehrt. Er wusste zwar nicht, wie das gehen sollte, da er gar keinen Sohn hatte.
Aber als der Herr ihn aus dem Zelt herausführte und seine Blicke zum Sternenhimmel lenkte, glaubte er dem, was der Herr ihm versprochen hatte. Ja, sein Glaube war «gegen Hoffnung» und «auf Hoffnung» (Römer 4,18). Gott belohnte dieses Vertrauen, indem Er es ihm zur Gerechtigkeit rechnete (Vers 6; Römer 4,20-22).
Die Verse 9-21 sind die göttliche Antwort auf die Frage Abrams: Woran soll ich erkennen, dass ich das Land Kanaan besitzen werde? Die erwähnten Tiere finden wir in 3. Mose bei den Anweisungen der verschiedenen Opfer wieder. Sie alle reden vom Opfertod des Herrn Jesus als der Grundlage für die Erfüllung der göttlichen Verheissungen. Am Schluss des Abschnitts lesen wir vom Bund, den Gott mit Abram schloss – ein Bund, bei dem Gott keine Bedingungen an den Menschen stellte, sondern sich allein verpflichtete. Es war ein Bund der Gnade, der auf der Grundlage von Golgatha dem Volk Israel das verheissene Land zusicherte!
Bis zum Zeitpunkt, an dem die Nachkommen Abrams das Land Kanaan in Besitz nehmen würden, sollte noch viel passieren. Die Verse 12-14 reden von der Versklavung des Volkes Israel in Ägypten. Nach 400 notvollen Jahren würde Gott sie aus Ägypten erlösen und ins verheissene Land zurückführen.
Hagar und Ismael
In Kapitel 15 wurde Abrams Glaube sichtbar. Hier aber finden wir seinen Unglauben. Der Mangel an Geduld und Ausharren bewogen Sarai und Abram, selbst zu handeln. Unglaube und Ungeduld gehen oft Hand in Hand. Aber echter Glaube wartet auf den Herrn. «Wer glaubt, wird nicht ängstlich eilen» (Jesaja 28,16).
Sarai und Abram meinten, Gott nachhelfen zu müssen. Doch aus ihrem eigenmächtigen Handeln entstanden nur Probleme. Wir sehen, wie alle Beteiligten fleischlich, d.h. aus ihrer alten Natur heraus, handelten.
Als Hagar ihre Herrin verachtete, wurde sie hart behandelt. Da floh sie in die Wüste. Obwohl sie ihre missliche Lage zum Teil selbst verschuldet hatte, war sie doch die schwächste von den Dreien. Gott begegnete ihr in seinem Erbarmen durch einen Engel. Dieser hiess sie, zu Sarai zurückzukehren, und gab ihr Verheissungen im Blick auf den Sohn, den sie gebären würde. Da nannte sie den Herrn: «Du bist ein Gott des Schauens», denn Er hatte ihr in ihrem schwierigen Leben wieder eine Perspektive gegeben.
Im Neuen Testament finden wir die geistliche Bedeutung von Hagar und Sarai. Hagar ist ein Bild des Bundes vom Sinai und damit ein Hinweis auf den Grundsatz des Gesetzes. Der Hochmut Hagars zeigt den Stolz des Menschen, der sich auf das Gesetz etwas einbildet. Ihre spätere Flucht macht klar, dass der Mensch nicht bereit ist, sich dem Willen Gottes im Gesetz zu unterstellen. Sarai dagegen spricht von der Gnade, unter der wir jetzt leben (Galater 4,22-31).
Gott wiederholt sein Versprechen
Zwischen Kapitel 16,16 und 17,1 liegen 13 Jahre des Lebens Abrams. Über diese Zeit berichtet uns die Bibel nichts.
Nun stellte sich der Herr dem Patriarchen als der Allmächtige vor. Abraham und Sara konnten in ihrem Alter biologisch gesehen kein Kind mehr bekommen (Römer 4,19). Aber der Allmächtige vermag auch da Leben zu geben, wo es aus der Sicht des Menschen nicht mehr möglich ist. «Da fiel Abram auf sein Angesicht.» Er demütigte sich vor Gott über seinen mangelhaften Glauben in Kapitel 16. Nun wollte er mit dem Allmächtigen rechnen.
Da bekam der Patriarch einen neuen Namen: Abraham (= Vater einer Menge). Gott wollte den irdischen Nachkommen Abrahams, dem Volk Israel, das Land Kanaan geben. Gleichzeitig sollte Abraham auch der Vater aller werden, die glauben würden wie er (Römer 4,12).
Als Zeichen des Bundes, den Gott mit Abraham und seinen Nachkommen hier schloss, sollte jeder Männliche bei ihnen beschnitten werden. Dieses äussere Zeichen, das Gott bestimmte und forderte, hat eine wichtige geistliche Bedeutung für uns. Die Beschneidung spricht von der vollständigen Verurteilung unseres natürlichen Zustands. Das Fleisch in uns ist zu gar nichts Gutem fähig. Alles, was wir aus uns selbst heraus tun, ist wertlos und unbrauchbar für Gott. Dies einzusehen, ist ein schmerzhafter Prozess. Doch er ist nötig, damit wir als Glaubende für Gott nützlich werden. Wir müssen dahin kommen, alles von Gott und unserem Herrn zu erwarten (Johannes 15,5).
Die Beschneidung
Auch Sarai bekommt von Gott einen neuen Namen. «Sara (= Fürstin) soll ihr Name sein.» Von ihr würde Abraham einen Sohn bekommen. Durch diesen Nachkommen soll der von Gott verheissene Segen wahr werden.
Das kann Abraham nicht fassen. Lachend fällt er auf sein Angesicht und sagt zu Gott: «Möge doch Ismael vor dir leben!» Doch der Allmächtige erklärt ihm mit aller Deutlichkeit: Die unfruchtbare und alt gewordene Sara soll einen Sohn gebären. Dieser soll Isaak (= Lacher) heissen. Er wird der Träger der Verheissungen sein.
Der souveräne Gott vergisst auch Ismael nicht. Er soll ebenfalls gesegnet sein. Doch den Bund wird der Herr mit Isaak, dem Sohn von Sara, errichten.
In den Worten, die Gott in den Versen 15-21 an Abraham richtet, erkennen wir, wie Er dem Kleinglauben und den väterlichen Empfindungen seines Knechtes mit herzlichem Erbarmen und grenzenloser Güte begegnet.
Der Patriarch gehorcht den Worten des Allmächtigen und beschneidet alle Männlichen seines grossen Haushalts: Abraham selbst wird als 99-Jähriger beschnitten, ebenso sein 13-jähriger Sohn Ismael. Dann werden auch alle seine Knechte und die Fremden, die nur für eine Zeit als Arbeiter bei ihm sind, beschnitten. Alle werden in diesen Bund eingeschlossen. Seine geistliche Bedeutung gilt für jeden von uns: Das Fleisch, d.h. die gefallene menschliche Natur, nützt nichts (Johannes 6,63).
Gott besucht Abraham
Kurze Zeit nachdem Gott sich dem Patriarchen als der Allmächtige offenbart hat, bekommt Abraham Besuch von drei Männern. Der alte Mann muss gemerkt haben, dass einer von ihnen der Herr selbst ist. Er redet Ihn entsprechend an: «Herr, wenn ich denn Gnade gefunden habe in deinen Augen …» Man hat den Eindruck, dass dieser hohe Besuch eine göttliche Antwort auf den Glaubensgehorsam von Abraham in Kapitel 17 ist.
Die Gastfreundschaft Abrahams ist beeindruckend. Er bietet den Männern Erfrischung an und lädt sie zum Essen ein. Die ganze Szene zeugt von Energie und Sorgfalt, aber auch von Ehrerbietung. Abraham weiss, wen er vor sich hat, und zeigt ein gutes Empfinden für das, was in der Gegenwart des Herrn angemessen ist.
Während der Herr mit Abraham spricht, zeigt Sara ihren Kleinglauben. Ein unhörbares Lachen des Unglaubens ist ihre Antwort auf die Worte des Herrn: «Sara, deine Frau, wird einen Sohn haben.» Und der Herr? Er beweist, dass Er auch ein Lachen im Innern sieht, fügt dann aber ein Wort hinzu, das von seiner Allmacht und Güte zeugt: «Ist für den Herrn eine Sache zu wunderbar?» Wie mancher geprüfte Gläubige ist seither durch dieses Wort ermuntert worden!
Bereits in 1. Mose 15,4 hat der Herr Abraham einen eigenen Sohn versprochen. In 1. Mose 17,19 hat Gott sein Wort wiederholt und hinzugefügt, dass er ihn Isaak nennen soll. Hier redet Gott zum dritten Mal davon und sagt zweimal: «Sara wird einen Sohn haben.» Wie gnädig ist doch unser Gott! Wie viel Geduld hat Er mit uns!
Abraham tritt für Sodom ein
Nach dem Essen machen sich die Männer auf den weiteren Weg. Abraham begleitet sie ein Stück weit. Sie blicken in Richtung Sodom. Was haben sie dort im Sinn? Der Herr weiht den Glaubensmann, der in der Bibel mehrmals als Freund Gottes bezeichnet wird (2. Chronika 20,7; Jesaja 41,8; Jakobus 2,23), in seine Pläne ein. Das sündige Verhalten der Bewohner von Sodom und Gomorra hat ein solches Mass erreicht, dass das göttliche Gericht kommen muss.
Abraham weiss, dass sein Neffe Lot in Sodom wohnt. Früher, als Lot mit der Welt in Gefangenschaft geraten war, zog Abraham in grosser Eile aus, um ihn zu befreien. Leider blieb Lot nach seiner Befreiung in Sodom. Jetzt steht das Gericht Gottes bevor. Kann Abraham noch irgendetwas für Lot tun? Ja, er kann vor dem Herrn in Fürbitte für ihn einstehen. Und das tut er auch, indem er Gott fragt: «Willst du den Gerechten mit dem Gottlosen wegraffen?» Er denkt dabei an den unglücklichen, aber gläubigen Lot, der sich in der Welt verloren hat (2. Petrus 2,7.8).
Wie schön ist die Haltung Abrahams vor dem Herrn! Er bekennt: «Ich bin Staub und Asche.» Staub zeigt auf, wie klein der Mensch vor Gott ist. Abraham ist sich bewusst, dass er wohl in Fürbitte zu Ihm beten darf, aber Ihm nichts vorschreiben kann. Asche spricht von Buße. Abraham demütigt sich vor Gott, weil er eine gewisse Mitschuld am verkehrten Weg seines Neffen erkennt. Ist vielleicht durch die Reise nach Ägypten in Lot das Verlangen nach der Welt geweckt worden (1. Mose 13,10)?
Lot bekommt Besuch
Zu Beginn des Kapitels erfahren wir, dass die beiden Männer, die den Herrn begleitet und mit Ihm Abraham besucht haben, Engel sind. Während Abraham in Fürbitte vor dem Herrn stehen geblieben ist, sind die beiden als Ausführer des göttlichen Gerichts nach Sodom weitergegangen.
Dort treffen sie Lot, wie er im Tor, d.h. in der Stadtverwaltung, sitzt. Er lädt die beiden Männer spontan ein. Doch sie lehnen ab. Erst auf das Drängen Lots kehren sie in sein Haus ein. Das Einzige, was er ihnen vorsetzt, sind ungesäuerte Kuchen. Welch ein Unterschied zum festlichen Essen bei Abraham!
Dann zeigt sich die ganze Bosheit der Bewohner Sodoms. Sie umringen das Haus von Lot und wollen sich an den Fremden vergehen. Und Lot? Er versucht seine Gäste zu verteidigen, indem er den Männern von Sodom etwas vorschlägt, das vor Gott ebenso böse ist. Hat Lot kein Empfinden für die Sünde mehr?
In dieser Auseinandersetzung muss Lot auch das Urteil der Welt über sich anhören: Sie hat ihn nie als einen der Ihren angesehen. Hätten die Engel nicht eingegriffen, wäre Lot selbst ein Opfer der aufgebrachten Menge geworden.
Nun erfährt er von ihnen, dass sie zum Gericht gekommen sind. Er bekommt die Gelegenheit, seine Schwiegersöhne und verheirateten Töchter auf die Gefahr hinzuweisen. Doch es zeigt sich jetzt, dass seine warnenden Worte wegen seines weltlichen Lebens wirkungslos sind: «Er war in den Augen seiner Schwiegersöhne wie einer, der Scherz treibt.»
Lot flieht aus Zoar
Merkt Lot nicht, wie ernst die Lage ist? Er hat zwar seine Verwandten gewarnt. Aber er selbst zögert, die böse Stadt zu verlassen. Schliesslich müssen die beiden Engel sowohl Lot als auch seine Frau und seine beiden unverheirateten Töchter an der Hand nehmen und gewaltsam aus Sodom hinausbringen. Weil Lot an den Herrn glaubt, erfährt er das göttliche Erbarmen (Vers 16). Doch er gehört zu den Glaubenden, von denen es in 1. Korinther 3,15 heisst, dass sie «gerettet werden, doch so wie durchs Feuer». Es bleibt ihm nur das nackte Leben, sonst nichts – auch nichts für Gott und keinerlei Lohn! Wie traurig und welch eine ernste Warnung an uns!
Lot fürchtet sich, auf das Gebirge zu fliehen. Will er einer Begegnung mit Abraham ausweichen? Schliesslich darf er sich in der kleinen Stadt Zoar in Sicherheit bringen. Doch seine Frau kommt nicht ans sichere Ziel. Sie handelt gegen die klare Anweisung des Engels: «Sieh nicht hinter dich, und bleib in der ganzen Ebene nicht stehen!» Sie schaut zurück und wird zur Salzsäule. Ihr Schicksal dient als ernste Warnung für alle, die mit den Gläubigen mitlaufen, ohne sich je zu bekehren. Sie besitzen kein göttliches Leben und werden deshalb ewig verloren gehen. «Erinnert euch an Lots Frau!» (Lukas 17,32).
Als Lot in Zoar ankommt, fällt das Gericht Gottes in Form von Feuer und Schwefel auf die Städte Sodom und Gomorra. Gott kehrte diese Städte um (Vers 25). Heute liegt in jener Ebene das Tote Meer.
Lot und seine Töchter
Als Abraham früh am nächsten Morgen in Richtung Sodom und Gomorra blickt, sieht er Rauch aufsteigen, «wie der Rauch eines Schmelzofens». Da weiss er, dass es nicht einmal zehn Gerechte in jenen Städten gehabt hat (1. Mose 18,32). Ob er erfahren hat, dass Lot gerettet wurde, teilt uns die Bibel nicht mit. Was wir aber sicher wissen, steht in Vers 29: «Gott gedachte an Abraham und entsandte Lot mitten aus der Umkehrung.» Gott hat auf die Fürbitte Abrahams geantwortet. Lot wurde gerettet. So wollen auch wir nicht aufhören, für gläubige Angehörige und Bekannte zu beten, die sich in der Welt verloren haben.
Die Schlussverse des Kapitels beschreiben das traurige Ende von Lot. Sie zeigen uns etwas von den Folgen eines Lebens in der Welt: Furcht anstatt Ruhe in Gott (Vers 30) und schreckliche Unmoral. Diese geht oft Hand in Hand mit übermässigem Alkoholgenuss. Die Töchter Lots denken und handeln ganz «nach der Weise aller Welt».
Die Söhne der Töchter Lots, die von ihrem Vater schwanger geworden sind, werden die Stammväter von zwei Völkern: Moab und Ammon. Beide Nationen werden zu ständigen Feinden des irdischen Volkes Gottes. Über den Tod von Lot teilt uns die Bibel nichts mit.
Beim Lesen dieser Mitteilungen in Gottes inspiriertem Wort denken wir an einen Vers aus dem Neuen Testament: «Alle diese Dinge … sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf die das Ende der Zeitalter gekommen ist» (1. Korinther 10,11).
Abraham bei Abimelech
Auf seinen Zügen durch das Land Kanaan kam Abraham nach Gerar, ins Gebiet des Philisterkönigs Abimelech. Dort fiel er wieder in die gleiche Sünde wie zur Zeit, als er nach Ägypten gezogen war: Er verleugnete seine Frau und sagte, sie sei seine Schwester. Weshalb log er zum zweiten Mal? Die Antwort scheint in Vers 13 zu liegen. Als der heidnische König ihn wegen seines Betrugs zur Rede stellte, teilte ihm Abraham die trügerische Übereinkunft zwischen sich und seiner Frau mit, die sie schon in Ur getroffen hatten. Sie bestand immer noch und war die Wurzel der Sünde, die er nun ein zweites Mal beging. Bis jetzt hatte er sie noch nicht verurteilt. So etwas gehört aber nicht ins Leben eines Gläubigen. Es muss gerichtet und beseitigt werden.
Glücklicherweise griff Gott ein. Er drohte Abimelech mit dem Tod, weil er Sara einfach genommen hatte, und hinderte den König daran, die Sünde des Ehebruchs zu begehen. So bekam Abraham seine Frau wieder zurück, ohne dass ihr etwas passiert war. Aber Gott konnte Abraham den Vorwurf aus dem Mund des heidnischen Mannes nicht ersparen. Wenn die Welt uns Gläubige zu Recht tadeln muss, ist das immer beschämend und keineswegs zur Ehre Gottes. Möge der Herr uns jeden Tag helfen, gerecht vor Ihm zu leben.
Trotz der Untreue Abrahams bekannte sich Gott zu ihm, denn Er sagte zu Abimelech: «Er ist ein Prophet und wird für dich bitten.» Als Abraham dann zu Gott betete, wirkte der Allmächtige zu Gunsten des heidnischen Königs und seines ganzen Hauses (Vers 17).
Isaak wird geboren
Zu der von Gott bestimmten Zeit wird Isaak geboren. Man kann sich die Freude der hochbetagten Eltern gut vorstellen. Das Lachen Saras ist kein Lachen des Unglaubens mehr, sondern ein Lachen des frohen Glaubens. Das Wort des Herrn: «Ist für den Herrn eine Sache zu wunderbar?», hat in ihrem Herzen Glauben hervorgebracht (Hebräer 11,11). Und Gott hat in seiner Güte und Treue ein Wunder gewirkt.
Sobald Isaak heranwächst, gibt es Probleme mit seinem älteren Bruder Ismael, der den Kleinen verspottet. Die Reaktion Saras ist menschlich genauso verständlich wie die Empfindungen Abrahams, der beide Söhne liebte. Nun greift Gott ein und sagt, was zu tun ist. Hagar und ihr Sohn müssen weggeschickt werden. Doch die Verse 14-21 zeigen, wie Gott seine Verheissungen über Ismael erfüllt.
Für uns ist es wichtig, die geistliche Bedeutung zu verstehen, die in Sara und Isaak beziehungsweise Hagar und Ismael liegt, wie Galater 4,22-31 sie uns zeigt. Hagar illustriert das Gesetz vom Sinai. Ismael stellt den Menschen nach dem Fleisch dar, der versucht, aus eigener Kraft das Gesetz zu halten und so die Anerkennung Gottes zu finden. Doch wegen der Sünde, die im Menschen wohnt, schafft das keiner. Sara steht für den Grundsatz der Gnade. Isaak ist ein Bild derer, die die Gnade im Glauben für sich in Anspruch nehmen.
Die beiden Grundsätze – Gesetz und Gnade – sind unvereinbar. Wer meint, der geschenkten Errettung durch sein Tun noch etwas hinzufügen zu müssen, zerstört die Gnade.
Abrahams Bund mit Abimelech
Dieser Abschnitt weist prophetisch auf das Tausendjährige Reich hin. Abimelech stellt die Nationen und Abraham das Volk Israel dar, das in der Zukunft eine Vorrangstellung einnehmen wird. So wie Abimelech anerkennt, dass Gott in allem mit Abraham ist (Vers 22), so werden einmal die Völker der Erde anerkennen, dass Gott mit Israel ist und seine Ansprüche an die Erde durch dieses Volk geltend machen wird.
Abimelech sucht das Wohlwollen Abrahams. In der Zukunft werden die Nationen wissen, dass sie nur dann gesegnet werden, wenn sie Israel und seinen Gott ehren. Deshalb werden sie Jahr für Jahr zum Laubhüttenfest nach Jerusalem hinaufziehen (Sacharja 14,16-19).
Wir können aus diesen Versen auch praktische Belehrungen für uns entnehmen. In Abraham sehen wir einen Gläubigen, der zwar versagt hat (1. Mose 20), sich sonst jedoch vorbildlich verhält, so dass die Welt anerkennend sagt: «Gott ist mit dir in allem, was du tust.» Wie schön wäre es, wenn auch wir ein so gutes Zeugnis von denen hätten, die draussen sind (1. Timotheus 3,7).
Vers 25 gibt uns eine weitere praktische Lektion. Der Glaubende kämpft nicht für seine Rechte in dieser Welt (Matthäus 5,40). Aber er darf auf ein Unrecht, das ihm zugefügt worden ist, aufmerksam machen (Johannes 18,23).
Wie ermunternd ist Vers 33! Abraham pflanzte eine Tamariske und bezeugte dadurch seinen Glauben an die Verheissungen Gottes. Das Land sollte einmal seinen Nachkommen gehören.
Abrahams Glaube wird erprobt
Wir haben hier einerseits den Höhepunkt im Glaubensleben von Abraham und anderseits einen prophetischen Hinweis auf das, was am Kreuz von Golgatha geschah, als der Herr Jesus den Opfertod erlitt. Mit Ehrfurcht denken wir an beide Seiten.
Durch die Prüfung, die Gott über Abraham brachte, zeigte sich, dass der Glaube des Patriarchen auch der grössten Belastungsprobe standhielt. Gott verlangte wohl das Schwerste von Abraham. Doch ohne zu zögern und ohne Fragen zu stellen, stand er frühmorgens auf und machte sich mit Isaak auf den Weg nach Morija. Das letzte Stück des Weges legten Vater und Sohn allein zurück. Da stellte Isaak die Frage nach dem Schaf zum Brandopfer. Die Antwort des Vaters macht klar, wie er seinem Gott unerschütterlich vertraute. Ohne sich zu wehren, liess sich Isaak binden und auf den Altar legen. Als Abraham seine Hand mit dem Messer ausstreckte, griff der Herr ein.
Diese Begebenheit erinnert an Golgatha. Doch wir müssen zugeben, dass wir das Geschehen dort nie ganz erfassen werden. Wir gleichen den Knaben, die zurückbleiben mussten (Vers 5). Das Holz, das Abraham auf Isaak legte, betont, dass ein Mensch am Kreuz unsere Stelle im göttlichen Gericht einnehmen musste, damit unsere Sünden gesühnt werden konnten. Das Feuer und das Messer reden vom Gericht, mit dem der heilige Gott Sünden bestrafen und die Sünde verurteilen muss. In den drei Stunden der Finsternis am Kreuz entlud sich dieses Gericht über den Heiland. Doch auf dem ganzen Weg gingen Vater und Sohn miteinander (Johannes 16,32).
Abrahams Glaube wird belohnt
Nach bestandener Erprobung seines Glaubens durfte Abraham anstelle seines Sohnes einen Widder opfern, der sich im Gestrüpp verfangen hatte. Mit welcher Erleichterung gab der Patriarch jenem Ort den Namen «Der Herr wird ersehen». Ja, für Isaak hatte Gott einen Ersatz vorgesehen. Doch für unseren Erlöser gab es keinen Stellvertreter. Er musste leiden und sterben. Er allein konnte dieses unermesslich grosse und schwere Werk vollbringen. Wir bewundern Ihn, dass Er es getan hat!
Nun kam der Herr ein zweites Mal in der Gestalt eines Engels zu Abraham und belohnte ihn für seinen Gehorsam. Weil er bis zum Äussersten gegangen war, überschüttete ihn der Herr mit reichem Segen und verhiess ihm eine grosse Nachkommenschaft. Im Blick auf den Herrn Jesus und die Ergebnisse seines Opfertodes denken wir an Jesaja 53,11: «Von der Mühsal seiner Seele wird er Frucht sehen und sich sättigen.» Diese Frucht umfasst alle Erlösten!
In Vers 18 ist von einem Nachkommen in Einzahl die Rede. Nach Galater 3,16 ist dieser Nachkomme Christus selbst. Von Ihm, in Ihm und durch Ihn werden im Tausendjährigen Reich alle Nationen gesegnet werden.
In Vers 19 wird zum dritten Mal in diesem Kapitel von einem «Miteinander» gesprochen. Jetzt sind die Knaben – ein Bild der Glaubenden – auch dabei. Ja, «unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus» (1. Johannes 1,3).
In Vers 23 wird Rebekka erwähnt. Sie weist auf die Versammlung hin, die auch zur Frucht des Opfertodes von Jesus Christus gehört.
Saras Tod und Begräbnis
Mit 127 Jahren starb Sara, die Frau Abrahams, mit der er jahrzehntelang den Weg des Glaubens gegangen war. Sie war schon seine Frau, als Abraham in Mesopotamien von Gott berufen wurde, sein Land, seine Verwandtschaft und das Haus seines Vaters zu verlassen, um in das Land zu ziehen, das Gott ihm zeigen wollte. Wie vieles hatten die beiden gottesfürchtigen Eheleute, die selber nicht fehlerlos waren, miteinander und mit ihrem Gott erlebt! Nun war Abraham allein. Wir verstehen seine Trauer und seine Tränen. Aber er glaubte an eine Auferstehung. Deshalb wurde er von der Trauer nicht überwältigt.
Wo sollte er seine Tote begraben? Er besass ja kein Stück Land! Wie Abraham beim Kauf des Feldes mit den heidnischen Bewohnern Kanaans verhandelte, ist sehr lehrreich für unseren Umgang mit ungläubigen Menschen der Welt. Er bekannte von sich: «Ich bin ein Fremder.» Als Himmelsbürger sind wir hier ebenfalls Fremde. Die Kinder Heth antworteten ihm: «Du bist ein Fürst Gottes unter uns.» Sie anerkannten die Würde und das korrekte Verhalten dieses Gläubigen. Zweimal heisst es, dass Abraham sich vor dem Volk des Landes verneigte. Wir sollen unseren Mitmenschen mit der nötigen Ehrerbietung begegnen, ihre Rechte respektieren und ihnen das geben, was ihnen zusteht. Als Ephron ihm das Feld mit der Höhle von Machpela schenken wollte, bestand Abraham darauf, es zum vollen Preis zu kaufen. Er hatte früher schon einmal die Geschenke der Welt abgelehnt (1. Mose 14,21-24). Nachdem der Kauf offiziell abgeschlossen war, konnte Abraham seine Sara begraben.
Abrahams Auftrag an seinen Knecht
In diesem Kapitel zeigt uns der Heilige Geist, was Abraham unternahm, damit sein Sohn die von Gott gewollte Frau bekam. Einerseits können gläubige Menschen, die «im Herrn» heiraten möchten, aus dieser Begebenheit wichtige Grundsätze zur Heirat erkennen. Anderseits ist Rebekka, die die Frau Isaaks wird, ein schönes Bild der Versammlung und ihrer Beziehung zum Herrn Jesus.
Es liegt Abraham sehr daran, dass Isaak keine Kanaaniterin heiratet, sondern jemand aus seiner Verwandtschaft. Deshalb schickt er seinen wichtigsten Knecht mit einem Auftrag nach Mesopotamien, wo die Verwandten Abrahams leben. Der Knecht geht und nimmt «allerlei Güter» mit, die den Reichtum seines Herrn beweisen. Sobald er am Ziel – bei der Stadt Nahors – ankommt, betet er zu Gott, damit Er ihm die richtige Frau zeige.
Die ernsten Worte Abrahams an seinen Knecht unterstreichen die klare Aussage aus 2. Korinther 6,14: «Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen.» Ein Gläubiger oder eine Gläubige soll niemals eine eheliche Verbindung mit einem ungläubigen Partner eingehen. Auf einer solchen Ehe, vor der uns die Bibel warnt, kann der göttliche Segen nicht ruhen.
Ausserdem möchte Gott, dass die Heirat eines gläubigen Mannes mit einer gläubigen Frau von Ihm ausgeht. Wie wichtig ist es daher, dass der Mann diese wichtige Entscheidung zuerst im Gebet mit dem Herrn bespricht, damit Gott ihm die Frau zeigen kann, die Er für ihn vorgesehen hat.
Die Begegnung mit Rebekka
Kaum hat der Knecht Abrahams sein Gebet beendet, kommt eine ihm unbekannte junge Frau zum Brunnen. Sie reagiert genau so, wie er es im Gebet zu Gott gesagt hat. Wir verstehen gut, dass es heisst: «Der Mann sah ihr staunend zu.» War dies bereits die Antwort auf sein Gebet?
Die Verse 15-21 sind eine Ermunterung für jeden gläubigen Mann, der den Weg in die Ehe mit dem Herrn gehen möchte. Wenn du die Angelegenheit zu einem aufrichtigen Gebetsanliegen machst und bereit bist, auf den Herrn zu warten, wird Er dir antworten. Er hat sich seit den Tagen Abrahams nicht verändert.
Was tut der Knecht, nachdem er erfahren hat, wer Rebekka ist? Er dankt dem Herrn und preist Ihn für seine Güte. Und wir? Kommt es nicht manchmal vor, dass wir aus Freude über die Erhörung unserer Bitten das Danken vergessen?
Nun nimmt die Sache, die am Brunnen vor der Stadt ihren Anfang genommen hat, ihren weiteren Verlauf. Nachdem Rebekka zu Hause alles erzählt und die kostbaren Geschenke gezeigt hat, läuft ihr Bruder Laban zur Quelle und lädt den Knecht Abrahams ein.
Rebekka weist in der vorbildlichen Bedeutung auf die Versammlung Gottes hin. Doch in diesen Versen ist sie vor allem ein Bild von jungen Gläubigen, die von Christus und dem geistlichen Reichtum, der in Ihm zu finden ist, noch wenig wissen. Doch der Heilige Geist, den wir im Knecht Abrahams sehen können, bemüht sich, ihre Herzen für den Herrn Jesus zu gewinnen.
Der Knecht berichtet
Nun wird der Knecht Abrahams als Gast ins Haus der Familie von Bethuel aufgenommen und mit allem Nötigen versorgt. Doch vor dem gemeinsamen Essen möchte er seinen Auftrag loswerden. Man ermuntert ihn: «Rede!» Dann erzählt er alles. Er beginnt mit einer Beschreibung Abrahams und seines grossen Reichtums, den er seinem Sohn Isaak übergeben hat. Dann spricht der Knecht von seinem Auftrag. Zuletzt berichtet er von seinen persönlichen Erfahrungen mit Gott und von der Begegnung mit Rebekka. Für ihn ist die Sache klar (Vers 48). Doch entscheiden muss die Familie Bethuels.
Was hat das Verhalten des Knechts einem Mann zu sagen, dem im Gebet und in der Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus klar geworden ist, wer seine Frau werden soll? Wenn er nun mit dieser Person spricht, ist es wichtig, dass er nicht mit seinen Erfahrungen und seinerÜberzeugung beginnt. Damit würde er die Frau, die davon bis jetzt nichts weiss, unter Druck setzen. Der Mann soll wirklich um die Frau werben, wie es hier der Knecht Abrahams tut.
Wenn wir an den Heiligen Geist denken, der uns im Knecht vorgestellt wird, dann sehen wir in seinem Verhalten das Bemühen des Geistes um uns. Er will uns durch das geschriebene Wort den unendlichen Reichtum und die Grösse unseres Gottes und Vaters vorstellen. Er möchte uns aber auch die ewige Beziehung der Liebe zwischen Gott, dem Vater, und Gott, dem Sohn, zeigen. Das grosse Ziel seines Wirkens ist, die Zuneigungen unserer Herzen für den Herrn Jesus zu wecken, dem wir durch den Glauben gehören.
Rebekka wird die Frau von Isaak
Nachdem der Knecht ausgeredet hat, anerkennt die Familie Bethuels: «Von dem Herrn ist die Sache ausgegangen.» Für sie gibt es keinen offensichtlichen Grund, der Heirat Rebekkas mit Isaak nicht zuzustimmen. Wie froh ist der Knecht über diese Antwort! Überwältigt von der Güte Gottes beugt er sich zur Erde nieder. Dann packt er die vielen mitgebrachten Kostbarkeiten aus und gibt sie nicht nur Rebekka, sondern auch ihrem Bruder und ihrer Mutter.
Dieser Schmuck spricht bildlich vom «unergründlichen Reichtum des Christus» (Epheser 3,8). Der Heilige Geist stellt uns diesen himmlischen Schatz vor, um unsere Herzen für den Herrn Jesus zu erwärmen und sie mit Ihm im Himmel zu verbinden.
Am nächsten Morgen will der Knecht mit Isaaks Braut zurückkehren. Rebekka ist bereit, zu dem zu gehen, den sie durch die Erzählung des Knechts kennen gelernt und der ihr Herz gewonnen hat. Es ist ihre persönliche Entscheidung (Verse 57.58).
Über die lange Reise wird uns nichts berichtet. Die Schlussverse des Kapitels beschreiben das Zusammentreffen von Rebekka mit Isaak und wie sie seine Frau wurde, die er lieb hatte. Wie rein und schön ist der Anfang dieser Ehe! Wenn gläubige Menschen sich heute im Blick auf Heirat und Ehe nach den biblischen Anweisungen richten und auf den Herrn warten, werden sie ebenfalls solch schöne Erfahrungen machen. – In der geistlichen Anwendung reden diese Verse vom Augenblick, an dem das «Ausharren des Christus» ein Ende hat und Er die Versammlung zu sich heimholen wird.
Abrahams Tod und Begräbnis
Wann Abraham seine Nebenfrau Ketura geheiratet hat, ist aus dem 1. Buch Mose nicht ersichtlich. Aus 1. Chronika 1,28-34 kann man wohl schliessen, dass Ketura zu Lebzeiten von Sara eine Nebenfrau Abrahams war. Sie wird jedoch erst jetzt erwähnt, um das prophetische Bild vollständig zu machen. Die Söhne der Ketura sprechen von den Nationen, die im Tausendjährigen Reich unter der Regierung des Herrn Jesus in den Genuss des Segens Abrahams kommen (1. Mose 22,18).
Vor seinem Tod regelte Abraham seinen Nachlass. Der Haupterbe war Isaak. Doch auch die Söhne der Nebenfrauen gingen nicht leer aus. Abraham sorgte dafür, dass sie zu seinen Lebzeiten von Isaak wegzogen. Es sollte keinen Streit unter den Erben geben.
Abraham starb im Alter von 175 Jahren. Seine beiden Söhne Ismael und Isaak begruben ihn in der Höhle von Machpela, wo bereits Sara begraben worden war.
Von nun an lag der Segen Gottes auf Isaak, dem Sohn der Verheissung. Er wohnte beim Brunnen Lachai-Roi. Es ist der Brunnen des Lebendigen, der sich schauen lässt (1. Mose 16,14). Wir denken an den Herrn Jesus. Er ist der Lebendige, von dem aller Segen zu uns Gläubigen fliesst.
Buchtipp: Abraham – der Freund Gottes
Struktur und Überblick
Kapitel 1: |
Der Herr beruft Jeremia zum Propheten. |
Kapitel 2 – 29: |
Gott kündigt das Strafgericht über Juda und Jerusalem an. |
Kapitel 30 – 33: |
Der Herr verheisst einen neuen Bund und das Friedensreich. |
Kapitel 34 – 39: |
Ereignisse und Weissagungen vor dem Fall Jerusalems |
Kapitel 40 – 45: |
Ereignisse und Weissagungen nach dem Fall Jerusalems |
Kapitel 46 – 51: |
Prophezeiungen über die Nationen |
Kapitel 52: |
Jerusalem wird erobert und zerstört. |
Buchtipp: Der Prophet Jeremia
Einleitung
Auf seiner zweiten Missionsreise kam Paulus mit Silas und Timotheus nach Thessalonich. Dort verkündete er an drei Sabbaten in der Synagoge der Juden das Evangelium von Jesus Christus. Einige Juden und viele gottesfürchtige Griechen glaubten dieser Botschaft. So entstand eine örtliche Versammlung. Doch die Juden widerstanden dem Apostel. Darum musste er Thessalonich nach kurzer Zeit wieder verlassen (Apostelgeschichte 17,1-10).
Um den Jungbekehrten weiterzuhelfen, schrieb der Apostel ihnen kurz nacheinander zwei Briefe. Er ermutigte sie, standhaft zu bleiben und für den Herrn zu leben. Zudem belehrte er sie über das Kommen des Herrn. Beide Briefe sind auch heute allen jungen Christen eine Hilfe für den Glaubensweg.
Glaube, Liebe, Hoffnung
Der erste Brief an die Thessalonicher ist ein Hirtenbrief. Darum nennt sich Paulus hier nicht Apostel, sondern stellt sich formlos neben Silvanus und Timotheus. In seiner Anrede erinnert er die Thessalonicher einerseits an ihre Beziehung zu Gott, dem Vater. Als seine Kinder genossen sie seine Liebe. Anderseits standen sie in einer Glaubensbeziehung zum Herrn Jesus Christus. Beides sind grosse Vorrechte aller Erlösten: Sie sind Kinder Gottes und Schafe des guten Hirten.
Paulus hatte viel Grund zum Danken, wenn er für die Thessalonicher zu Gott betete, denn in ihrem Verhalten entfaltete sich das neue Leben. Es waren sichtbare Früchte da (Werk, Bemühung, Ausharren), die aus einem verborgenen Leben des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung hervorkamen.
- Das Werk des Glaubens ist ein praktisches Leben, das von einer Glaubensbeziehung zu Gott gekennzeichnet ist. Alles, was wir tun, sollte einer gelebten Gemeinschaft mit Gott entspringen.
- Die Bemühung der Liebe ist der Einsatz für andere Christen, weil man sie liebt. Unsere Zuneigung zu ihnen ist das Motiv für unser Engagement.
- Das Ausharren der Hoffnung ist ein geduldiges Warten in schwierigen Situationen, weil wir den Herrn erwarten, der uns bald aus aller Not herausnimmt.
Diese Entfaltung des christlichen Lebens war der Beweis, dass Gott diese Glaubenden in der Ewigkeit für das christliche Teil auserwählt hatte (vergleiche Vers 4 mit Epheser 1,4).
Nachahmer, Vorbilder, Zeugen
Vers 5 beschreibt, wie Paulus in Thessalonich gearbeitet hatte. Er verkündete das Wort Gottes nicht in eigener Energie, sondern verhielt sich so, dass die göttliche Kraft unter der Leitung des Heiligen Geistes wirken konnte. Zugleich war er von der Botschaft, die er predigte, überzeugt. Er wusste: Das Evangelium ist die Wahrheit Gottes! Schliesslich stimmte sein Verhalten mit seiner Mitteilung überein. Diese Kennzeichen sind auch heute für jede Arbeit im Werk des Herrn Voraussetzung, damit Segen entstehen kann.
Die Verse 6 bis 8 stellen den Thessalonichern ein ausserordentliches Zeugnis aus. Sie waren Nachahmer von Paulus und des Herrn, indem sie trotz äusserer Anfechtungen das Wort Gottes freudig aufnahmen. So wurden sie durch ihr Verhalten den anderen Christen in Griechenland zu Vorbildern. Auch die Ungläubigen in dieser Gegend nahmen die Veränderung in ihrem Leben wahr. Ihr Glaube war ein eindrucksvolles Zeugnis in der Welt.
Sie hatten sich von den toten Götzenbildern zum lebendigen Gott bekehrt (Vers 9). Die Bekehrung beginnt mit einer Sinnesänderung, indem man sein sündiges Leben verurteilt. Dann folgt eine Umkehr. Man wendet sich vom Verkehrten ab und wendet sich Gott zu. Nach unserer Bekehrung dienen wir Gott, indem wir unser Leben unter seine Herrschaft stellen und Ihm gehorchen. Gleichzeitig warten wir auf das Kommen seines Sohnes, der einst für uns gestorben ist und uns vor den kommenden Zorngerichten zu sich in den Himmel nehmen wird.
Wie eine Mutter
Die Verse 1 bis 12 beschreiben zwei Aufgaben von Paulus. Als Evangelist verkündete er den Verlorenen die Botschaft der Errettung. Als Hirte sorgte er sich um das geistliche Wohl der jungbekehrten Christen.
Paulus war wegen des Evangeliums in Philippi mit vielen Schlägen geschlagen und ins Gefängnis geworfen worden. Trotzdem predigte er es in Thessalonich kühn weiter. Gott schenkte ihm aufs Neue diese Freimütigkeit und seine Arbeit war nicht vergeblich. Viele Menschen nahmen Jesus Christus als ihren persönlichen Heiland an.
Was war der Ausgangspunkt für seine aufopfernde Arbeit in der Verkündigung des Evangeliums Gottes? Weder Betrug noch Unreinheit noch List veranlassten ihn dazu, sondern die Tatsache, dass Gott sein Auftraggeber war. Dieser hatte ihn mit dem Evangelium betraut. Darum tat er seine Aufgabe in erster Linie für Gott. Ihm wollte er gefallen.
Die Thessalonicher wussten, dass Paulus ihnen bei der Verkündigung des Wortes Gottes nicht geschmeichelt hatte. Und Gott sah in sein Herz und erkannte seine reinen Beweggründe: Er war in seinem Dienst weder auf Geld aus noch suchte er Ehre von Menschen.
Paulus vergleicht sich in Vers 7 mit einer Mutter, die ihre Kinder nährt und pflegt. Genauso versorgte er die jungen Christen mit der richtigen geistlichen Nahrung und kümmerte sich um sie in allen Nöten, die sie am Anfang ihres Glaubenslebens hatten.
Es beeindruckt uns, wie Paulus in Thessalonich wirkte. Ist er uns darin nicht ein grosses Vorbild?
Wie ein Vater
In seinem Verhalten stellt uns Paulus in Vers 8 zwei Voraussetzungen für einen segensreichen Dienst vor: Selbstverleugnung und Liebe zu den Menschen, denen wir helfen möchten. Da gilt es, die eigenen Wünsche aufzugeben, damit wir ganz für die andern da sein können. Wenn wir sie aufrichtig lieben, sind wir motiviert, ihnen in Hingabe zu dienen.
Paulus bewies seine Liebe zu den Thessalonichern dadurch, dass er auf sein Recht verzichtete, durch sie materiell versorgt zu werden (1. Korinther 9,14). Nacht und Tag arbeitete er als Zeltmacher, um ihnen nicht zur Last zu fallen. Sein gerechtes und untadeliges Verhalten gab seinen Worten Gewicht, denn das, was er verkündete, lebte er auch aus.
Wie ein Vater ermahnte er die Thessalonicher. Er stellte ihnen den richtigen Weg vor und warnte sie vor dem falschen. Weiter tröstete er sie. Er machte ihnen Mut, trotz Schwierigkeiten dem Herrn Jesus nachzufolgen. Schliesslich bezeugte er ihnen, würdig des Gottes zu leben, zu dem sie sich bekehrt hatten. Was bedeutet das im Alltag? Durch unser Verhalten soll gesehen werden, dass wir mit dem lebendigen und wahren Gott in Verbindung stehen. Er ist heilig, darum geziemt sich auch uns ein gerechtes und untadeliges Benehmen. Er ist Liebe. Das veranlasst uns, den Mitmenschen in Liebe zu begegnen.
Weil wir in der Zukunft an seinem Reich und an seiner Herrlichkeit teilhaben werden, sollte unser Leben heute in Übereinstimmung mit Gott sein.
Widerstand
Als Paulus nach Thessalonich kam, verkündete er den Menschen dort nicht schöne Geschichten, sondern das Evangelium Gottes. Viele nahmen es als Gottes Wort auf und kamen in eine Glaubensbeziehung zu Ihm. Das ist bis heute der einzige Weg, wie Menschen in Verbindung zu Gott treten können.
Jene Glaubenden erlebten die Ablehnung ihrer ungläubigen Mitmenschen, weil sie sich zum lebendigen Gott bekehrt hatten. Das war nichts Neues. Schon die Christen in Judäa hatten den Widerstand der Juden erfahren, die zwar sehr religiös lebten, aber die Gnade verwarfen. In ihrem Hass gegen die Gnade töteten sie den Herrn Jesus und bekämpften solche, die das Evangelium der Gnade allen Menschen anboten. Doch das Urteil Gottes ist ernst: Wer seine Gnade verwirft, zieht sich seinen Zorn endgültig auf sich!
Paulus hatte ein grosses Verlangen, die Glaubenden in Thessalonich zu sehen, denn er stand in einer herzlichen Beziehung zu ihnen. Darum beabsichtigte er zweimal, sie zu besuchen. Aber Satan hat ihn unter der Zulassung Gottes daran gehindert.
Doch der Apostel wusste eins: Er würde sie zu seiner Freude im Himmel wiedersehen. Die Ankunft des Herrn Jesus mit den Seinen in Herrlichkeit würde zudem sichtbar machen, dass sein Einsatz in Thessalonich Frucht für Gott gebracht hatte. Denn die Erlösten aus dieser Stadt würden auch dabei sein. Das ist eine grosse Ermutigung für uns alle: Die Ergebnisse unserer Arbeit für den Herrn werden wir bei seiner Ankunft wiederfinden.
Befestigen und trösten
Aus Liebe zu den Erlösten in Thessalonich und aus Sorge um ihr geistliches Wohl war Paulus bereit, seinen engen Mitarbeiter Timotheus zu entbehren. Er sandte ihn mit zwei Aufträgen von Athen zu ihnen nach Thessalonich:
- Er sollte sie in ihrer Bedrängnis im Vertrauen auf Gott befestigen und trösten (Vers 2).
- Er sollte dem Apostel Bescheid bringen, wie es um ihren Glauben stand (Vers 5).
So war der Widerstand Satans, der Paulus an einem Besuch in Thessalonich hinderte (1. Thessalonicher 2,18), für Gott ein Anlass, ein anderes Werkzeug in Thessalonich zu benutzen. Er kommt nie in Verlegenheit.
Auf dem Glaubensweg des Christen gibt es Schwierigkeiten und Widerstand von Seiten der Welt. Das sagt uns das Wort Gottes voraus (2. Timotheus 3,12). Die Thessalonicher erfuhren es durch Verfolgungen, wir erfahren es heute mehr durch Spott und Verachtung. Damit wir im Glauben nicht wankend werden, haben wir nötig, im Vertrauen auf Gott und sein Wort gestärkt zu werden. Der Herr weiss das und sorgt durch seine Diener dafür.
In Thessalonich trat der Teufel als brüllender Löwe auf (1. Petrus 5,8). Paulus war in Sorge, dass die Erlösten durch den äusseren Druck ihr praktisches Glaubensleben mit dem Herrn aufgaben, um den Verfolgungen aus dem Weg zu gehen. Darum benutzt er seine gute Beziehung zu ihnen, um einen Appell an sie zu richten: Haltet an Gott und seinem Wort fest, damit meine Arbeit bei euch nicht umsonst gewesen ist.
Trost und Freude
Timotheus kehrte mit einer guten Nachricht zum Apostel zurück: Die Thessalonicher lebten trotz äusserem Widerstand in den christlichen Beziehungen. Sie hatten Glauben zum Herrn, also ein vertrauensvolles Verhältnis zu Jesus Christus im Himmel, und Liebe zueinander (Vers 6).
Diese positive Rückmeldung von Timotheus
- war ein Trost für Paulus in den vielfältigen Schwierigkeiten seines Dienstes (Vers 7),
- machte ihm Mut, weil sie am Herrn festhielten und sich vertrauensvoll auf Ihn stützten (Vers 8),
- rief bei ihm Freude über ihre gute geistliche Entwicklung hervor (Vers 9) und
- war ihm ein Ansporn, weiter eifrig für sie zu beten (Vers 10).
Paulus bat Gott intensiv, die Thessalonicher besuchen zu können, um sie über den christlichen Glauben weiter zu belehren, denn sie wussten noch nicht alles. Seine Zuneigung zu ihnen war stark, aber er stellte sich im Blick auf einen Besuch unter den Willen Gottes. Der himmlische Vater, der seine Kinder liebt, und der Herr Jesus, der für seine Versammlung sorgt, würde zur rechten Zeit den Weg zu ihnen öffnen.
In der Zwischenzeit sollten ihre Liebe zueinander und ihre praktische Heiligkeit zunehmen. Warum? Weil die Erlösten bald mit ihrem Herrn erscheinen werden. Dann wird öffentlich sichtbar werden, dass wir Glaubende miteinander verbunden sind und als Heilige getrennt vom Bösen stehen und Gott angehören. Merkmale, die uns jetzt schon kennzeichnen sollten.
Eine heilige Lebensführung
In den Versen 1 bis 12 ermahnt uns Paulus zu einer Gott wohlgefälligen Lebensführung. Unser Verhalten sollte nicht mehr von den schlechten Gewohnheiten, die wir vor der Bekehrung hatten, sondern von Heiligkeit (Verse 3-8) und Bruderliebe (Verse 9-12) geprägt sein. In jeder Situation unseres Lebens fragen wir uns: Wie kann ich Gott gefallen?
Gott will, dass wir keinen Geschlechtsverkehr ausserhalb der Ehe haben. Unser Körper wird in Vers 4 mit einem Gefäss verglichen, das wir in Heiligkeit und Ehrbarkeit besitzen sollen. Das Gegenteil davon ist das unbeherrschte und sündige Ausleben des geschlechtlichen Triebs, den wir Menschen vom Schöpfer haben. Wir sind von einer Welt umgeben, die sexuelle Sünden verharmlost. Das beeinflusst uns. Darum müssen wir uns immer wieder daran erinnern, wie Gott darüber denkt: Er verurteilt jede sexuelle Unreinheit.
In Vers 6 werden wir vor Ehebruch gewarnt. Ein trauriges Beispiel dafür ist David, der mit Bathseba, der Frau seines Helden Urija, Geschlechtsverkehr hatte und anschliessend ihren Mann ermordete, um die Sünde zu vertuschen. Obwohl David sein Vergehen bekannte und Gott ihm vergab, erfuhr er den Herrn als Rächer. Er musste in seinem Leben die bitteren Früchte seiner Sünde ernten.
Wir haben uns zu einem heiligen Gott bekehrt und durch den Glauben an das Evangelium den Heiligen Geist empfangen, der in uns wohnt. Darum sollen wir ein heiliges Leben führen, indem wir mit der Hilfe des Herrn alles Böse meiden.
Zunehmende Bruderliebe
Weil sich bei den Glaubenden in Thessalonich das christliche Leben in seiner Frische entfaltete, liebten sie einander. So hatte Paulus nicht nötig, ihnen viel über Bruderliebe zu schreiben. Er erinnert sie aber an drei Punkte:
- «Ihr seid von Gott gelehrt.» Bruderliebe ist der Ausdruck der göttlichen Liebe zu den Glaubenden als ein Kennzeichen des ewigen Lebens, das alle Erlösten der Gnadenzeit besitzen.
- Paulus bestärkt sie in der Verwirklichung dieser Liebe, indem er lobend erwähnt: «Ihr tut das auch allen Brüdern gegenüber.» Bruderliebe äussert sich nicht nur in Worten, sondern in Tat und Wahrheit (1. Johannes 3,18).
- Er ermahnt sie, in der tätigen Liebe unter den Erlösten zuzunehmen. Das ganze Leben lang können wir uns darin üben und werden doch nie damit fertig.
Neben der Ausübung der Bruderliebe sind wir auch für unseren persönlichen Lebensunterhalt verantwortlich. Darum sollen wir eifrig unserer Berufsarbeit nachgehen. Die Bruderliebe ist nach den Worten unseres Herrn ein Zeugnis für Ihn. Er sagte: «Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt» (Johannes 13,35). – Aber auch durch unser korrektes Benehmen am Arbeitsplatz dürfen wir auf Jesus Christus hinweisen. Denn die, «die draussen sind», d.h. die ungläubigen Menschen, beobachten uns. Deshalb werden wir in den Versen 11.12 aufgefordert, unsere Arbeit fleissig und still zu tun, damit unser Lebenswandel in der Welt anständig ist.
Die Entrückung
Der heutige Bibeltext macht deutlich, dass das Kommen des Herrn in zwei Phasen ablaufen wird. Bevor Er mit allen Erlösten in Herrlichkeit auf der Erde erscheinen wird, wird Er wiederkommen, um sie zu sich in den Himmel zu entrücken.
Der Anlass für die Belehrung über die Entrückung war die Tatsache, dass einige Glaubende in Thessalonich entschlafen waren. Die Zurückgebliebenen fragten sich nun: Was geschieht mit ihnen? Werden sie beim Kommen von Christus in Herrlichkeit benachteiligt? Der Apostel Paulus geht darauf ein, indem er detaillierte Informationen über die Entrückung gibt. Dazu hatte er vom Herrn direkt eine Offenbarung bekommen, denn sein Kommen für die Seinen war im Alten Testament unbekannt.
Der Herr wird persönlich kommen, um die Glaubenden zu sich zu nehmen. Zuerst wird Er mit göttlicher Macht alle Entschlafenen auferwecken. Sie werden einen neuen, himmlischen Körper empfangen. Danach werden wir, die wir bei der Entrückung leben werden, dem Körper nach verwandelt werden. Zusammen mit den Auferstandenen werden wir zum Herrn entrückt werden. Er wird uns ins Haus des Vaters bringen, damit wir für immer bei Ihm sind. Unseren Heiland zu sehen und bei Ihm zu sein – das wird unser zukünftiges, ewiges Glück ausmachen. Mit dieser Hoffnung dürfen wir uns gegenseitig Mut machen, auch im Blick auf unsere Lieben, die entschlafen sind. Weil Jesus Christus gestorben und auferstanden ist, werden auch die Entschlafenen, die an Ihn geglaubt haben, auferstehen.
Der Tag des Herrn
Der Begriff «Tag des Herrn» kommt sowohl im Alten als auch im Neuen Testament vor und beschreibt nicht einen Tag von 24 Stunden, sondern einen Zeitraum. Da dieser Begriff im 2. Thessalonicher-Brief einige Male erwähnt wird, wollen wir anhand von einigen Fragen die Bedeutung dieses Tages ein wenig umschreiben.
- Wann beginnt der Tag des Herrn? Er fängt mit dem Kommen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit auf die Erde an. Seine Erscheinung wird mit dem Aufgang der Sonne zu Beginn eines neuen Tages verglichen (Maleachi 3,20.21).
- Wie lang dauert der Tag des Herrn? 2. Petrus 3,10 schliesst das Ende der Erde nach Abschluss des Friedensreiches in diesen Tag mit ein. Daraus folgern wir, dass dieser Tag 1000 Jahre dauert.
- Was charakterisiert den Tag des Herrn? In dieser Zeit ist Jesus Christus auf der Erde anwesend und wird als Herr anerkannt. Jede Rebellion gegen Gott wird dann sofort bestraft.
- Was bedeutet der Tag des Herrn für Jesus Christus? Es ist der Tag seiner Machtentfaltung und Herrschaft auf der Erde. Dann wird Er von den Menschen geehrt und bewundert (2. Thessalonicher 1,10).
- Was bedeutet der Tag des Herrn für die Ungläubigen? Er kommt für sie unerwartet und unerwünscht (1. Thessalonicher 5,2), denn er bringt furchtbare Gerichte für alle Gottlosen mit sich (Jesaja 13,9).
- Was bedeutet der Tag des Herrn für die Gläubigen? Für sie ist es die Zeit der Ruhe, der Belohnung und der Mitherrschaft mit Christus.
Mit der Erscheinung des Herrn in Macht und Herrlichkeit beginnt der Tag des Herrn, der 1000 Jahre dauert. In den Versen 1-3 werden uns die Folgen davon für die Ungläubigen aufgezeigt. Die Verse 4 bis 11 beschreiben den Einfluss, den das Kommen des Herrn heute auf das Leben der Glaubenden haben soll.
Für die Menschen, die nicht an Ihn glauben, wird der Herr wie ein Dieb kommen – unerwartet und unerwünscht. Seine Erscheinung wird für sie ein plötzliches und unausweichliches Gericht bedeuten.
Die Verse 4 und 5 reden von unserer christlichen Stellung. Sie steht im Kontrast zur Position der Ungläubigen, die in Finsternis sind und zur Nacht gehören, weil sie ohne Gott leben. Als Erlöste sind wir Söhne des Lichts und Söhne des Tages, weil wir eine lebendige Beziehung zu Gott haben. Das hat eine Wirkung auf unser Verhalten (Verse 6-8). Trotz der geistlichen Nacht sollen wir wach und nüchtern sein, indem wir auf den Herrn warten und uns durch die Welt und ihre Vergnügungen nicht berauschen lassen. Schutz gegen die weltlichen Einflüsse bieten uns Glauben, Liebe und Hoffnung, wie sie sich in einem Leben mit dem Herrn und den Glaubenden auswirken.
Gott hat uns nicht dazu bestimmt, in die zukünftigen Gerichte zu kommen. Der Herr Jesus, der am Kreuz für uns gestorben ist, wird durch die Entrückung unsere Errettung zum Abschluss bringen. Ob wir bei seinem Kommen nun «wachen», d.h. noch leben, oder «schlafen», d.h. bereits gestorben sind: Wir werden alle an seiner zukünftigen Herrlichkeit teilnehmen.
Kurze Ermahnungen
Diese Schlussverse des ersten Thessalonicher-Briefs enthalten kurze und prägnante Ermahnungen. Wer mit dem Herrn lebt, wird sie gern beherzigen.
Zuerst werden wir aufgefordert, die anzuerkennen, die sich um unser geistliches Wohl bemühen und im Volk Gottes Führungsaufgaben wahrnehmen. Wir sollen ihren Dienst, der nicht einfach ist, schätzen und annehmen.
Paulus ermahnt uns weiter, ein Auge für die Bedürfnisse der Glaubenden zu haben und ihnen in Weisheit richtig zu begegnen. Die Unordentlichen müssen zurechtgewiesen werden, die Kleinmütigen brauchen Trost und die Schwachen unsere Hilfe. Im Volk Gottes soll das Böse gestoppt und das Gute gefördert werden.
Für unser persönliches Glaubensleben gilt: «Freut euch allezeit; betet unablässig; danksagt in allem.»
Dann folgen Ermahnungen für die Wortverkündigung: Damit der Geist frei wirken kann, ist kein Eigenwille gestattet. Weissagt ein Bruder, indem er – ohne es zu wissen – direkt in unsere aktuelle Lebenssituation hineinspricht, sollen wir dieses Wort annehmen.
Der Brief endet mit drei Ermutigungen:
- Die Gemeinschaft mit dem Gott des Friedens bewirkt bei uns praktische Heiligkeit. Je näher wir Ihm sind, desto ähnlicher möchten wir Ihm sein (Vers 23).
- Die Ankunft des Herrn Jesus offenbart, in welchem Mass sich das göttliche Leben in uns entfaltet hat. Das spornt uns an, jetzt für Gott zu leben (Vers 23).
- Die Gnade des Herrn steht uns dazu jeden Tag und in jeder Situation zur Verfügung (Vers 28).
Buchtipp: Den Herrn erwarten und die Praxis des Christenlebens
Ausharren in der Bedrängnis
Wie bereits im ersten Brief werden auch hier Paulus, Silvanus und Timotheus zusammen als Absender des Briefs erwähnt. Das zeigt ihr gemeinsames Interesse am Werk des Herrn in Thessalonich.
In Vers 1 werden die Thessalonicher an ihre kollektive Beziehung als Versammlung zu Gott, dem Vater, und zu Jesus Christus erinnert. Daraus fliesst die tägliche Fürsorge Gottes, wie uns Vers 2 zeigt. Wir empfangen jeden Tag Gnade, um uns in der entsprechenden Situation richtig verhalten zu können. Gott schenkt uns auch seinen Frieden, damit wir trotz Schwierigkeiten innerlich ruhig bleiben können.
Das Verhalten der Thessalonicher veranlasste Paulus, Gott für sie zu danken. Ihr Glaubensvertrauen zu Gott nahm zu und ihre Liebe untereinander war überströmend. Beides hatte der Apostel bereits im ersten Brief lobend erwähnt (1. Thessalonicher 1,3). Aber ihre Hoffnung nennt er jetzt nicht mehr. Warum?
Die Thessalonicher wurden schwer bedrängt und verfolgt. Nun wurde ihnen weisgemacht, sie befänden sich in den Gerichten, die den Tag des Herrn begleiten (2. Thessalonicher 2,2). Wie sollten sie da noch auf die Entrückung hoffen? Doch diese Behauptung war falsch. 1. Thessalonicher 1,10 belehrt uns: Jesus errettet uns vor dem kommenden Zorn!
In Vers 5 macht Paulus zudem klar, dass ihre Verfolgungen ein Beweis waren, dass Gott sie für die Herrlichkeit seines Reichs würdig erachtete. Denn «wir müssen durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen» (Apostelgeschichte 14,22).
Ruhe beim Kommen des Herrn
Es konnte nicht sein, dass der Tag des Herrn schon gekommen war. Denn an diesem Tag, an dem der Herr Jesus zum Gericht erscheinen wird, werden die Rollen vertauscht sein. Die Erlösten, die jetzt Schwierigkeiten und Verfolgungen erdulden, werden dann in Ruhe sein. Die Gottlosen hingegen, die jetzt die Glaubenden bedrängen, werden dann bestraft werden. Gott wird für diesen Wechsel sorgen, denn Er ist gerecht.
Alle Menschen, die sich nicht vor Gott beugen und das Evangelium der Gnade im Herrn Jesus ausschlagen, wird das göttliche Gericht treffen. Es beginnt mit der Bestrafung aller lebenden Ungläubigen bei der Erscheinung des Herrn Jesus als Richter auf der Erde (Vers 8). Aber es erstreckt sich auch auf die ewige Strafe (Vers 9). Vor dem grossen weissen Thron werden alle Toten, deren Namen nicht im Buch des Lebens stehen, zur ewigen Qual und Gottferne in der Hölle verurteilt werden (Offenbarung 20,11-15).
Aber wir, die wir an Jesus Christus geglaubt haben, werden mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen. Dann wird öffentlich sichtbar werden, was seine Gnade in uns bewirkt hat: Sie hat uns von verlorenen Sündern zu seinen Heiligen gemacht. So werden die Menschen in uns erkennen, wie gross und herrlich der Herr ist.
Diese Zukunftsperspektive soll in unserem täglichen Leben Auswirkungen haben (Verse 11.12). Gott möchte, dass in unserem Verhalten etwas von den Eigenschaften des Herrn Jesus gesehen wird. Seine Gnade steht uns dazu zur Verfügung.
Der Tag des Herrn ist noch nicht da
Weil die Thessalonicher wegen ihres Glaubens verfolgt und bedrängt wurden, behaupteten falsche Lehrer, der Tag des Herrn sei schon gekommen, ihre Schwierigkeiten würden das beweisen (Vers 2). Diese Verführer benutzten drei Mittel, um die Glaubenden zu verunsichern:
- Sie gaben vor, durch den Geist eine göttliche Offenbarung bekommen zu haben.
- Sie behaupteten, ein Sprachrohr Gottes zu sein, indem sie zur Beweisführung sein Wort aus dem Alten Testament heranzogen.
- Sie erdreisteten sich, im Namen des Apostels den Thessalonichern einen Brief zu schreiben. Dadurch wurden die gläubigen Thessalonicher innerlich erschüttert und unruhig.
Der Apostel begegnet diesem Irrtum mit gesunder Belehrung. Er macht klar, dass vor dem Tag des Herrn noch zwei wichtige Ereignisse stattfinden müssen:
- Der Herr wird für die Seinen kommen, um sie alle zu sich in den Himmel zu versammeln (Vers 1).
- Die Menschen werden öffentlich von Gott abfallen. Der Antichrist wird sie dazu verleiten (Vers 3).
Als Mensch der Sünde wird er der Inbegriff des Bösen sein und als Sohn des Verderbens wird er die Menschen ins Unglück stürzen. Vers 4 beschreibt sein Handeln. Er wird sich direkt gegen Gott stellen, indem er sich selbst erhöht und sagt, er sei Gott. Anstelle des christlichen und jüdischen Glaubens wird er eine neue Religion einführen. So werden sich viele vom lebendigen Gott lossagen und den Antichristen als Gott verehren.
Der Antichrist und die Ungläubigen
Die Gesetzlosigkeit ist der Eigenwille und die Auflehnung des Menschen gegen Gott. Beides wirkt jetzt schon in den Ungläubigen, wird aber erst durch den Antichristen zur vollen Entfaltung kommen, denn er ist der Gesetzlose.
Bis heute halten die Regierung – sie ist von Gott eingesetzt (Römer 13,1) – und die Anwesenheit des Heiligen Geistes auf der Erde diese böse Entwicklung auf (Verse 6.7). Doch nach der Entrückung sind dem Bösen für eine kurze Zeit keine Schranken mehr gesetzt. Der Antichrist wird sich ins Rampenlicht der Öffentlichkeit stellen und von Satan inspiriert die Menschen mit Wundern zum Abfall gegen Gott verführen. Sein Auftritt wird einen schönen Schein haben, aber in Wirklichkeit von Lug und Betrug gekennzeichnet sein. Doch der Herr Jesus wird bei seiner Erscheinung dem bösen Tun des Antichristen ein Ende setzen. Mit einem Wort aus seinem Mund wird Er ihn beseitigen (Vers 8).
Die Verse 10-12 zeigen uns, dass vor allem die Namenchristen, die nur ein Bekenntnis aber kein Leben aus Gott haben, der Verführung des Antichristen zum Opfer fallen werden. Sie lehnten das Evangelium und die christliche Wahrheit in ihren Herzen ab. Darum haben sie ein offenes Ohr für die Lüge Satans. Zudem sendet Gott ihnen eine wirksame Kraft des Irrwahns, damit sie der Lüge glauben müssen. Das wird ein Gericht Gottes sein, weil sie die Wahrheit nicht glauben wollten. – Sie werden die furchtbaren Gerichte durchmachen, die der Christenheit im Buch der Offenbarung prophezeit werden, und in die Hölle kommen.
Befestigung und Trost
Nachdem Paulus über die Menschen, die das Evangelium ablehnen, geschrieben hat (Verse 10-12), zeigt er nun den Glaubenden, was sie im Herrn Jesus besitzen und welche Folgen das für ihr tägliches Leben hat.
Zuerst werden wir daran erinnert, dass wir vom Herrn geliebt sind und als Brüder zur Familie Gottes gehören. Dann spricht Paulus über das, was Gott für uns tat und tun wird:
- Gott hat uns vor Grundlegung der Welt für ein herrliches Teil in der Zukunft auserwählt.
- Der Heilige Geist hat an unseren Herzen und Gewissen gewirkt, damit wir das Evangelium der Gnade im Glauben angenommen haben.
- Gott wird dafür sorgen, dass wir an der öffentlichen Verherrlichung des Herrn Jesus teilnehmen werden, nachdem durch die Entrückung unsere Errettung nach Geist, Seele und Körper zum Abschluss gekommen sein wird.
Wenn wir eine solch herrliche Aussicht haben, wollen wir im Glauben feststehen, indem wir das Wort Gottes für uns verbindlich nehmen und ihm gehorchen.
Vers 16 erklärt uns, dass der Vater und der Sohn eins sind:
- in der Liebe zu uns, die sich einst am Kreuz zeigte,
- im ewigen Trost, den wir jetzt in den Schwierigkeiten erfahren und
- in der guten Hoffnung, die bald für uns Wirklichkeit werden wird.
Das macht uns innerlich ruhig und stärkt uns in den äusseren Aktivitäten des Glaubenslebens (Vers 17).
Fürbitte und Bewahrung
In den ersten beiden Versen bittet Paulus um die Gebete der Thessalonicher. Sie sollten für zwei Anliegen beten:
- «Dass das Wort des Herrn laufe und verherrlicht werde.» Was ist damit gemeint? Das Wort läuft, wenn es verkündet und verbreitet wird. Bitten wir also den Herrn, dass Er Möglichkeiten dazu gibt. Das Wort wird verherrlicht, wenn es bei Zuhörern und Lesern eine Wirkung hervorbringt. So dürfen wir auch um die Bekehrung von Menschen beten.
- «Dass wir errettet werden von den schlechten und bösen Menschen.» Die Diener des Herrn, die das Wort Gottes verkünden oder in schriftlicher Form verbreiten, sind den Feindseligkeiten von Menschen ausgesetzt, die das Evangelium ablehnen. Darum haben sie unsere Fürbitte um Bewahrung nötig.
Im Blick auf die Thessalonicher, die der Verfolgung und Verführung ausgesetzt waren, setzte Paulus einerseits sein ganzes Vertrauen auf den Herrn (Vers 3). Er würde sie befestigen und bewahren. Anderseits brachte er diesen jungen Glaubenden sein Vertrauen entgegen (Vers 4). Das spornte sie an, seine Anweisungen in diesem Brief zu befolgen. In Vers 5 geht es um unsere innere Grundausrichtung. Unser Blick soll nicht auf die Probleme um uns her, sondern nach oben und nach vorn gerichtet sein:
- Die Liebe Gottes scheint wie die Sonne täglich vom Himmel auf uns herab.
- Der Herr Jesus wartet mit Ausharren auf den Moment, an dem Er uns zu sich heimholen kann.
Anständige Lebensführung
In diesem Abschnitt muss der Apostel noch ein praktisches Problem ansprechen. Einige Thessalonicher «wandelten unordentlich». Was ist damit gemeint? Es handelt sich um ein Fehlverhalten in der Lebensführung, indem man den täglichen Pflichten in Familie und Beruf nicht nachkommt. Man will nicht arbeiten und vernachlässigt die Aufgabe in der Familie. Stattdessen mischt man sich in Angelegenheiten, die einen nichts angehen. Paulus setzt drei Schwerpunkte:
- Er spricht die Betroffenen in den Versen 10-12 an. Zuerst zeigt er ihnen den biblischen Grundsatz: «Wenn jemand nicht arbeiten will, so soll er auch nicht essen.» Sodann gebietet er ihnen, still ihre Arbeit zu tun, damit sie ihr eigenes Brot verdienen.
- Er stellt sich in den Versen 7-9 selbst als Vorbild hin. Als er sich mit seinen Mitarbeitern in Thessalonich aufhielt, hatten sie nicht unordentlich gelebt, sondern neben der Evangeliumsverkündigung Nacht und Tag hart für ihren eigenen Lebensunterhalt gearbeitet. Denn sie wollten niemand zur Last fallen und den Jungbekehrten ein Beispiel für eine ordentliche Lebensführung geben.
- Paulus hat auch ein Wort an die Glaubenden, die ihrer Pflicht in Beruf und Familie nachkamen. Einerseits sollten sie zu solchen, die unordentlich lebten, auf Distanz gehen, um diesen zu zeigen, dass sie mit ihrem Verhalten nicht einverstanden sind (Vers 6). Anderseits macht er ihnen in Vers 13 Mut, weiter treu ihre Aufgaben zu erfüllen.
Der Herr des Friedens
In den Versen 14 und 15 handelt es sich um eine Zuchtmassnahme solchen gegenüber, die weiter unordentlich leben, obwohl sie mehrfach auf ihr Fehlverhalten hingewiesen worden sind. Ein solcher Christ muss vor der Versammlung als Unordentlicher bezeichnet werden. Die Glaubensgeschwister werden aufgefordert, keinen Umgang mehr mit ihm zu haben, damit er zur Einsicht kommt und von seinem falschen Weg umkehrt. Vers 15 macht aber klar, dass diese Person weiter als Bruder (oder Schwester) in Gemeinschaft am Tisch des Herrn ist und am Brotbrechen teilnimmt.
Vers 16 ist eine Ermutigung. Jesus Christus ist der Herr des Friedens. Er besitzt persönlich diese göttliche Ruhe, die durch nichts angetastet werden kann. Und Er möchte uns seinen Frieden schenken (Johannes 14,27). Ob wir von der Welt bedrängt werden (2. Thessalonicher 1,4) oder in der Versammlung mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben (2. Thessalonicher 3,6-15): Der Herr Jesus kann unsere Herzen ruhig machen und auch den Frieden unter den Glaubenden bewahren. Zudem gilt uns die Verheissung: Der Herr ist mit uns allen!
Da die Thessalonicher von den Verführern einen gefälschten Brief im Namen von Paulus bekommen haben (2. Thessalonicher 2,2), unterschreibt er jetzt seinen zweiten Brief an sie. Mit einem bestimmten Zeichen macht er klar, dass nur er der Autor dieses Schreibens sein kann. Wieder endet der Brief mit der Gnade unseres Herrn Jesus, die uns bis zu seinem Wiederkommen auf dem Glaubensweg begleitet.
Buchtipp: Der Tag des Herrn und die Praxis des Christenlebens
Einleitung
Die Geschichte von Ruth ist kurz, aber inhaltsreich. Wir finden Ruth an vier verschiedenen Orten:
Kapitel 1: Auf dem Weg nach Israel
Kapitel 2: Auf dem Feld von Boas
Kapitel 3: Auf der Tenne bei Boas
Kapitel 4: Im Haus von Boas
Elimelech zieht nach Moab um
Das Buch der Richter hat eigentlich zwei Anhänge. Der erste steht in den Schlusskapiteln 17 – 21 des Buches der Richter. Er zeigt uns die religiöse und moralische Verdorbenheit in Israel. Der zweite Anhang ist das Buch Ruth. Es beginnt mit den Worten: «Es geschah in den Tagen, als die Richter richteten.» In diesem Buch finden wir die überströmende Gnade Gottes und den persönlichen Glauben.
Die Hungersnot im Land Israel gehörte zu den Züchtigungen Gottes, die Er in jener Zeit über sein Volk brachte, weil es Ihn verlassen und anderen Göttern gedient hatte (Richter 2,13; 3,7). Anstatt sich unter die Hand des Herrn zu beugen, nach den Ursachen der Züchtigung zu fragen und dann zu Gott umzukehren, verliess Elimelech mit seiner Familie die Stadt Bethlehem. Wohin wandte er sich? Ins heidnische Ausland! Ging es ihnen in Moab besser? Im ersten Moment vielleicht. Doch dann starb Elimelech. Einige Jahre später starben auch seine beiden Söhne. Zurück blieb Noomi, die die geringste Verantwortung in der Familie hatte, und die beiden moabitischen Schwiegertöchter.
Die Geschichte Elimelechs lehrt uns, dass wir als Gläubige Gott nicht aus der Schule laufen können. Doch auch wir stehen in Gefahr, die Zusammenkünfte der Gläubigen aufzugeben, wenn wir eine geistliche Hungersnot in der örtlichen Versammlung verspüren. Wohin gehen wir dann? Demas verliess den Apostel Paulus, weil er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen hatte (2. Timotheus 4,10).
Noomi will nach Israel zurückkehren
Schliesslich machte sich Noomi mit ihren Schwiegertöchtern auf, um nach Bethlehem zurückzukehren. Trieb die Not sie zurück? Nein, es war die Gnade Gottes, die sie zog. Sie hatte von der Güte des Herrn gehört, der seinem Volk wieder Brot gab. Wir sehen etwas Ähnliches beim verlorenen Sohn in Lukas 15. Nicht das Elend, in dem er sich als Schweinehirt befand, trieb ihn nach Hause, sondern der Gedanke an all das Gute, das es beim Vater gab (Lukas 15,17).
Das Gespräch, das Noomi mit ihren Schwiegertöchtern führte, um sie zur Rückkehr nach Moab zu bewegen, zeigt, wie weit ihr Herz von Gott weggekommen war. Sie argumentierte menschlich. Der Vorschlag, den sie Orpa und Ruth machte, war aus menschlicher Sicht vernünftig. Leider war kaum noch Gottvertrauen in ihrem Herzen. Wie konnte sie sich im Glauben auf einen Gott stützen, mit dem sie gar keine bewusste Verbindung mehr pflegte? Ihre Beziehung zu Gott war auf ein Minimum gesunken.
Gott benutzte die negative, aber realistische Schilderung von Noomi als Echtheitstest für die Zuneigungen von Orpa und Ruth. Wie gnädig ist unser Gott, dass Er aus unseren Fehlern noch etwas Gutes hervorbringen kann! Die Entscheidung Orpas zeigt, dass für einen Weg in der Nachfolge des Herrn die Gefühle nicht ausreichen. Ruths Herzensentschluss ging tiefer. Sie hing Noomi an, weil sie sich für den Gott Israels entschieden hatte. Das sehen wir im nächsten Abschnitt.
Ruth trifft eine Entscheidung
Orpa war zu ihrem Volk und zu ihren Göttern zurückgekehrt. Nun wollte Noomi auch Ruth zur Rückkehr bewegen. Warum gab sie ihrer Schwiegertochter diesen schlechten Rat? Weil sie weder für sich noch für Ruth eine Hoffnung hatte.
Zum Glück liess Ruth sich nicht mehr von ihrem Entscheid abbringen. Ihrem Herzensentschluss folgten nun auch die Füsse. Das Volk Noomis sollte ihr Volk werden und der Gott Noomis war ihr Gott. Sie machte sich mit dem Volk Gottes eins und setzte ihr Vertrauen auf den Gott Israels. Das erinnert uns an die Kennzeichen des neuen Lebens im Neuen Testament: die Brüder lieben und Gott lieben (1. Johannes 5,1).
Nun gehen die beiden Frauen bis nach Bethlehem. Die Leute der Stadt fragen: «Ist das nicht Noomi?» Ja, die Jahre in Moab haben bei Noomi ihre Spuren hinterlassen. Doch sie beugt sich unter die Hand des Allmächtigen. Sie sieht auch ihren eigenwilligen Weg ein, denn sie sagt: «Voll bin ich gegangen.» Doch trotz dem erfahrenen Verlust bezeugt sie auch die grosse Gnade des Herrn: «Leer hat mich der Herr zurückkehren lassen.» Ihm verdankt sie es, dass sie wieder zu Hause ist.
Nicht nur Noomi, sondern auch Ruth wird als Zurückgekehrte bezeichnet. So sieht es Gott, wenn jemand sich für den Herrn entscheidet und an Ihn glaubt. Die Erwähnung der Gerstenernte zeigt, wie der Herr bereits Segen für die bereit hat, die nicht gesät haben und auch keine Anrechte besitzen.
Ruth liest Ähren auf
Die Situation von Noomi und damit auch von Ruth war nicht so hoffnungslos, wie man aus dem ersten Kapitel hätte schliessen können. In Bethlehem lebte ein vermögender Verwandter: Boas (= in ihm ist Stärke). Dieser Mann weist auf den Herrn Jesus hin, der unser «Verwandter», d.h. Mensch geworden ist, um uns helfen zu können (Hebräer 2,14.15). Unser Herr ist in zweierlei Hinsicht vermögend: Er vermag alles und ist sehr reich (Hebräer 2,18; 2. Korinther 8,9).
Für arme Leute wie Noomi und Ruth war das Ährenlesen die einzige Möglichkeit, um am Segen teilzuhaben. Eigentlich durfte man erst nach der Ernte aufs Feld (3. Mose 23,22). Doch Ruth wollte sehen, bei wem sie «Gnade finden» würde.
Durch Gottes Vorsehung traf sie auf das Feld von Boas. Zweierlei kennzeichnete diesen Ort: Dort gab es Nahrung, und dort hatte er das Sagen. Illustriert dieses Feld nicht die örtliche Versammlung und besonders das Zusammenkommen zur Wortverkündigung? So sind die Schnitter ein Bild derer, die das Wort verkündigen. Der Knecht über die Schnitter stellt den Heiligen Geist dar, der in der Versammlung alles zum Wohl der Anwesenden leiten und wirken will.
Wie schön ist das Gespräch zwischen Boas und dem Knecht über die Schnitter! Sie reden von Ruth. Ihre Einstellung und ihr Fleiss ist dem Knecht nicht entgangen. So kennt der Herr auch uns. Er sieht, mit welcher Einstellung wir dem verkündigten Wort zuhören, wie wir die Bibel lesen und ob wir dabei geistliche Nahrung aufnehmen wollen.
Boas spricht mit Ruth
Nun kommt es zum ersten Kontakt zwischen dem reichen Gutsbesitzer Boas und der armen Moabiterin, die sich aber klar für das Volk Israel und den wahren Gott entschieden hat (Ruth 1,16). Was Boas zu Ruth sagt, entspricht der Aufforderung des Herrn an uns Gläubige. Wir sollen die Gemeinschaft mit den anderen Christen pflegen und die Versammlungsstunden nicht versäumen. Das Feld, «das man schneidet», weist auf die verschiedenen Gelegenheiten hin, das Wort Gottes zu hören oder sich damit zu beschäftigen.
Ruth ist ganz überwältigt von soviel Gnade, die ihr von Boas entgegengebracht wird. Haben wir auch schon so reagiert und uns gefragt: Warum ist der Heiland gerade für mich gestorben? Warum hat Er mich erlöst? Wie dankbar sind wir für dieses Gnadengeschenk?
In den Versen 11 und 12 finden wir die Antwort Gottes auf den Herzensentschluss von Ruth im Land Moab. So wird jeder Mensch, der sein ganzes Vertrauen auf den Herrn Jesus setzt, nicht enttäuscht werden. Zudem werden unsere Herzen getröstet, wenn wir uns in der Gegenwart des Herrn aufhalten, wie es Ruth in der Nähe von Boas erfahren hat.
Zur Essenszeit wird sie eingeladen, sich zur Seite der Schnitter zu setzen. Boas selbst bedient sie. Das ist eine schöne Illustration davon, dass alle Glaubenden geistliche Nahrung aus dem Wort Gottes nötig haben. Sie bekommen sie vom Herrn Jesus selbst. Das gilt für den erfahrenen Gläubigen genauso wie für einen, der sich eben erst bekehrt hat.
Ruth arbeitet mit Ausdauer
Nach dem Essen erfährt Ruth eine weitere Gnade. Auf Anweisung des Gutsherrn sollen die Arbeiter auf dem Feld ganze Bündel Ähren für Ruth liegen lassen (Vers 16). So kommt sie schneller voran, so dass sie am Abend etwa ein Epha Körner gesammelt hat. Das ist zehnmal mehr als das, was die Israeliten pro Tag an Manna sammelten (2. Mose 16,16.36).
Ausser der gesammelten Gerste bringt Ruth auch etwas vom Essen für Noomi nach Hause. So dürfen wir den alten und kranken Glaubensgeschwistern, die nicht zur Bibelstunde kommen können, etwas vom Gehörten und Empfangenen nach Hause bringen.
Noomi ist das Bild eines Gläubigen, der schon länger auf dem Glaubensweg ist. Sie hatte zwar versagt und war vom rechten Weg abgekommen, aber jetzt ist sie wiederhergestellt. Nun kann sie Ruth eine Hilfe sein. In Vers 2 hat sie Ruth ermuntert, jetzt nimmt sie Anteil an allem, was ihre Schwiegertochter erlebt hat. Aber vor allem kennt sie Boas. Sie kann Ruth sagen, wer er ist: ein Blutsverwandter oder Löser (Vers 20; 3. Mose 25,25; 4. Mose 35,12; 5. Mose 25,5).
Wie schön, wenn Christen, die schon einen langen Weg mit ihrem Herrn gegangen sind und die Bibel gut kennen, solchen, die jung im Glauben sind, von dem weitergeben, was sie selbst aus Gottes Wort empfangen haben! Und Ruth? Sie hört auf den Rat ihrer Schwiegermutter und legt beim Auflesen der Ähren grosse Ausdauer an den Tag (Vers 23).
Ruhe für Ruth
Einst wollte Noomi ihre Schwiegertochter nach Moab zurückschicken (Ruth 1,9). Doch jetzt möchte sie Ruth mit Boas zusammenbringen, weil sie weiss, dass er der Löser ist, der ihre Angelegenheit in die Hand nehmen kann.
Unser Löser oder Erlöser ist der Herr Jesus. Er will, dass sich unsere Gemeinschaft mit Ihm vertieft. Der Höhepunkt einer solchen Beziehung zum Herrn wird dann erreicht, wenn völlige Harmonie zwischen Ihm und dem einzelnen Erlösten besteht. Dieses Höchstmass wird im Buch Ruth mit der ehelichen Verbindung zwischen Boas und Ruth illustriert.
In Vers 3 gibt Noomi ihrer Schwiegertochter Anweisungen, wie sie sich für die Begegnung mit Boas vorbereiten soll. Das alles hat eine geistliche Bedeutung für uns. Sich zu baden weist auf unsere Reinigung durch das Wort Gottes hin. Sie geschieht dadurch, dass wir das, was wir in der Bibel lesen, auf uns anwenden. Sich salben lässt an ein Leben unter der Leitung des Heiligen Geistes denken. Achten wir darauf, dass wir dem Geist Gottes, der in jedem Gläubigen wohnt, nicht hindernd im Weg stehen, damit Er uns mit dem Guten beschäftigen kann (Philipper 4,8). Beim Anziehen der Kleider denken wir an unsere Lebensgewohnheiten, die von unseren Mitmenschen wahrgenommen werden. Leben wir so gottesfürchtig, wie es vor dem Herrn recht ist!
Wenn wir die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus suchen, müssen wir unsere eigenen Wünsche zurückstellen, damit Er uns mitteilen kann, was wir tun sollen (Vers 5b).
Auf der Tenne bei Boas
Weil Ruth merkte, dass Noomi es gut mit ihr meinte, fiel es ihr leicht, ihren Rat zu befolgen. Sie ging zur Tenne hinab und tat alles so, wie Noomi gesagt hatte.
War es recht, dass die alte Frau ihre Schwiegertochter in dieser aufdringlichen Weise zu Boas schickte? Ja, denn es entsprach dem Gesetz (3. Mose 25,25; 5. Mose 25,5). Aus diesem Grund konnte Ruth auf die Frage von Boas freimütig antworten: «Breite deine Flügel aus über deine Magd, denn du bist ein Blutsverwandter.»
Was ist unter der letzten Güte zu verstehen, die Ruth noch besser erwiesen hat als die erste? Die erste Güte finden wir in Ruth 2,11 beschrieben. Die letzte Güte war, dass sie nicht einfach ihren eigenen Herzenswünschen gefolgt und den jungen Männern nachgegangen war, sondern die Rechte von Boas als Blutsverwandten über sich anerkannte.
Diese zwei Schritte gibt es auch in unserem Leben als Gläubige. Den ersten können wir mit unserer Bekehrung vergleichen. Der zweite erfolgt, wenn wir als glaubende Menschen die Rechte unseres Erlösers über uns anerkennen. Er hat sie in zweifacher Hinsicht: weil Er unser Schöpfer und weil Er unser Heiland ist. Wenn Er wirklich unser Herr ist und wir Ihm die Führung unseres Lebens übergeben, wird dies ähnlich glückliche Folgen haben, wie Ruth sie erfahren durfte.
Nun gab es noch ein Hindernis, damit Boas Ruth lösen und zur Frau nehmen konnte: Das war noch ein anderer, näherer Blutsverwandter. Wir werden in Kapitel 4 sehen, was dieser für uns bedeutet.
Sechs Mass Gerste
Ruth hat die Zusicherung, dass Boas bereit ist, sie zu lösen, sobald die Sache mit dem näheren Blutsverwandten geregelt ist. So bleibt sie bis zum Morgen liegen. Dann steht sie früh auf, bevor jemand merkt, dass sie auf die Tenne gekommen ist. Sie ist ja noch nicht die Frau von Boas. Sie hat ihm nur ihre Sache ans Herz gelegt.
Doch seine Gnade lässt sie nicht leer weggehen. Sechs Mass Gerste schüttet Boas in ihren Überwurf. Das ist viel mehr als sie an einem ganzen Tag beim Ährenlesen sammeln konnte. Doch was sind sechs Mass Gerste im Vergleich zum Reichtum von Boas, den sie mit ihm teilen wird, sobald sie seine Frau geworden ist! Ja, wenn ein Mensch sein Vertrauen auf den Herrn Jesus als seinen persönlichen Erlöser setzt, empfängt er nicht nur die Vergebung der Sünden und ein neues Leben, sondern den ganzen überragenden Reichtum seiner Gnade (Epheser 2,7).
Als Ruth nach Hause kommt, erkundigt sich Noomi nach dem Stand der Dinge. Ruth erzählt ihr alles und zeigt ihr den Beweis der Güte von Boas. Doch die Sache ist noch nicht entschieden. Darum sagt Noomi: Bleibe hier und überlass es ihm! Sie weiss: Boas wird nicht ruhen, bis er die Sache zu einem guten Ende geführt hat. So hat unser Herr es sich vorgenommen, die Seinen zur vollen Ruhe mit sich zu bringen. Er bemüht sich, uns dahin zu führen, dass Er uns völlig genügt und wir bei Ihm alles finden, was wir nötig haben.
Der Blutsverwandte
In aller Öffentlichkeit und vor zehn Zeugen wird nun die Angelegenheit mit dem näheren Blutsverwandten geregelt. Am Schluss bezeugt dieser gegenüber Boas: «Löse du für dich, was ich lösen sollte, denn ich kann nicht lösen.» Damit ist der Weg frei, so dass Boas nicht nur das Feldstück Elimelechs, sondern auch Ruth lösen und sie heiraten kann.
Der andere Blutsverwandte wird nicht mit Namen genannt. Das bedeutet, dass es sich in der Anwendung auf uns nicht um eine Person, sondern um ein Prinzip handelt. Es geht um das Gesetz oder um die Seite der Verantwortung des Menschen. Gott gab dem Volk Israel seine Gebote mit den Worten: Wer dies tut, wird leben. Aber kein Mensch ist von Natur aus in der Lage, seiner Verantwortung vor Gott nachzukommen. Das gilt auch für einen Gläubigen, der versucht, aus eigener Willensanstrengung ein Leben für Gott zu führen. Er wird die Erfahrungen machen, die in Römer 7 beschrieben wird: Ich will das Gute tun, aber ich kann es nicht. Ich versage immer wieder! Jeder, der die Verantwortung für sein gottesfürchtiges Leben selbst übernehmen will, wird zum Schluss kommen: Es ist mir nicht möglich (Römer 7,24).
Um zur wahren Ruhe mit dem Herrn zu gelangen, müssen wir mit uns zu Ende kommen. Wir haben in uns selbst keine Kraft zu einem Gott wohlgefälligen Leben. Es führt zu keinem Ziel, wenn wir uns Forderungen auferlegen. Wir müssen einsehen, dass in uns nichts Gutes wohnt. Die Hilfe muss von aussen kommen. Sie kommt vom Herrn, der uns helfen will, sobald wir mit uns selbst zu Ende sind.
Boas wird der Löser
Der Entscheid des näheren Blutsverwandten wurde nun in aller Öffentlichkeit amtlich bestätigt. Dieser Mann zog seinen Schuh aus und gab ihn Boas mit den Worten: «Kaufe für dich!» Damit war die Angelegenheit offiziell geregelt.
In der Anwendung auf uns zeigt uns diese Szene, dass das Gesetz oder irgendwelche gesetzlichen Vorschriften uns nicht helfen können. Das Gesetz kann niemals die Lebensregel des Christen sein. Alles, was er zur Errettung und zu einem Gott wohlgefälligen Leben nötig hat, findet sich in seinem Erlöser und Herrn Jesus Christus.
Es fällt auf, dass in den ersten zwölf Versen des vierten Kapitels weder Noomi noch Ruth gesehen werden. Nachdem Ruth alles vertrauensvoll in die Hand von Boas gelegt hat, verschwindet sie von der Bildfläche. Damit zeigen diese Verse besonders klar, dass Jesus Christus alles für uns vollbracht und uns um den hohen Preis seines Lebens erlöst hat. Alles kommt von Ihm: die Vergebung der Sünden, das ewige Leben, aber auch die Kraft und Hilfe, um täglich im Glauben zu leben.
Die anwesenden Zeugen bestätigen nun die eheliche Verbindung von Boas mit Ruth, der Frau des verstorbenen Machlon. Sie wünschen dem Ehepaar den reichen Segen des Herrn. Welch ein Höhepunkt der Gnade Gottes mit Ruth, der Moabiterin! Sie wird die Frau des reichen Boas und die Urgrossmutter von König David!
Boas und Ruth bekommen einen Sohn
Vers 13 illustriert den Höhepunkt der Wege Gottes mit den Gläubigen: Er möchte jeden Erlösten in eine innige, ungetrübte Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus, seinem Erlöser, führen. Aus einem solchen Leben mit Ihm entsteht Frucht – Frucht für Gott und Frucht zur Freude anderer Gläubigen.
Die Frauen aus Bethlehem freuen sich vor allem für Noomi, die so verbittert aus Moab zurückgekehrt war, nun aber völlig wiederhergestellt ist. Dafür soll zuerst der Herr gepriesen werden, denn Er hat alles gut gemacht. Eine echte Wiederherstellung eines abgeirrten Gläubigen führt auch zu neuer Freude und neuen Aufgaben. So nimmt Noomi das Kind von Ruth auf ihren Schoss. Sie wird seine Wärterin. Von diesem Sohn sagen die Frauen: «Er wird dir ein Erquicker der Seele und ein Versorger deines Alters sein!» Sie bezeichnen ihn sogar als Sohn Noomis. Auch in ihrem Leben erreichte die Gnade Gottes einen herrlichen Höhepunkt.
Im Geschlechtsregister am Ende des Buches finden wir den ersten Hinweis auf David, den Mann nach dem Herzen Gottes, der König in Israel werden sollte. Bedenken wir, dass dies zur Zeit der Richter war, als kein König in Israel regierte und jeder tat, was recht war in seinen Augen (Ruth 1,1; Richter 21,25). Auch wir haben in den schweren Tagen am Ende der Gnadenzeit einen hoffnungsvollen Ausblick: Wir warten auf den Herrn Jesus, der bald wiederkommen und uns zu sich holen wird.
Das Matthäus-Evangelium im Überblick
Das Matthäus-Evangelium ist das erste Buch des Neuen Testaments und stellt inhaltlich die Verbindung zum Alten Testament her. Matthäus beschreibt uns Jesus Christus als Messias. Mit zahlreichen Zitaten aus dem Alten Testament beweist er auf eindrückliche Weise, wie viele Verheissungen durch das Kommen des Herrn als König Israels in Erfüllung gegangen sind.
Nachdem Jesus sich in den Kapiteln 5 – 9 durch seine Worte und Werke dem Volk Israel als Messias vorgestellt hat, wird Er in Kapitel 12 abgelehnt. Darum tritt ab Kapitel 13 eine Wende ein. Weil der König verworfen ist, kann Er das Königreich in seiner angekündigten Form nicht aufrichten. Durch die Gleichnisse über das Reich der Himmel macht der Herr Jesus aber klar, dass Er trotzdem ein Reich auf der Erde hat: Obwohl Er persönlich nicht mehr anwesend ist, steht jeder, der sich zu Ihm bekennt und Ihm nachfolgt, als sein Jünger unter seiner Autorität und teilt mit Ihm die Verwerfung von der Welt. In seiner prophetischen Rede in Kapitel 24 erklärt der Herr dann, dass Er in der Zukunft ein zweites Mal als König erscheinen wird. Dann wird Er sein Reich öffentlich aufrichten und von allen anerkannt werden.
Das Evangelium kann in fünf Teile gegliedert werden:
Kapitel 1,1 – 4,11: |
Der König kommt |
Kapitel 4,12 – 12,50: |
Der König dient in Galiläa |
Kapitel 13 – 20: |
Der verworfene König dient weiter |
Kapitel 21 – 25: |
Der König dient in Jerusalem |
Kapitel 26 – 28: |
Der König vollendet seinen Dienst |
Das Geschlechtsverzeichnis
Matthäus beginnt mit dem Abstammungsnachweis des Herrn Jesus, weil er uns aufzeigen will, dass Dieser sowohl ein Nachkomme Abrahams als auch ein Nachkomme Davids ist (Vers 1).
Seine Abstammung von Abraham gibt Jesus Christus den Anspruch auf das Land Israel, das Gott dem Patriarchen verheissen hat. Als Nachfahre Davids hat Er Anrecht auf die königliche Krone.
Das Geschlechtsregister beginnt bei Abraham und führt zu Joseph, der als Ehemann von Maria vor dem Gesetz als offizieller Vater des Herrn Jesus angesehen wurde. Damit zeigt es uns seine rechtliche Abstammung. Er war wirklich der rechtmässige Erbe der göttlichen Verheissungen an Abraham und David.
In diesem Abstammungsnachweis werden schlimme Vergehen erwähnt, um in der Geschichte Israels den Triumph der Gnade Gottes über die Sünde des Menschen hervorzuheben. Der Höhepunkt der Gnade ist das Kommen des Heilands, der sein Volk von ihren Sünden erretten wird (Vers 21).
In Vers 17 wird das Geschlechtsregister in drei Abschnitte aufgegliedert, die den drei grossen Teilen der Geschichte Israels entsprechen:
- Von Abraham bis auf David entwickelte sich Israel äusserlich zu einem bedeutenden Volk.
- In der Zeit von David bis zur Wegführung nach Babylon degenerierte dieses Königreich wegen seiner Untreue gegenüber Gott.
- Von der Wegführung bis auf den Christus litt Israel unter den Folgen seines Versagens.
Der König wird geboren
Nachdem im ersten Abschnitt des Kapitels durch den Abstammungsnachweis die menschliche Herkunft des Herrn Jesus vorgestellt wird, beschreibt Vers 18 seine göttliche Herkunft. Er wurde vom Heiligen Geist gezeugt, darum ist Er der Sohn Gottes.
Als die Jungfrau Maria schwanger wurde, kam Joseph, der mit ihr verlobt war, in innere Not. Weil er ein zartes Gewissen hatte und gottesfürchtig lebte, wollte er die Verlobung heimlich auflösen. Da kam ihm ein Engel des Herrn in einem Traum zu Hilfe und erklärte ihm die Situation: Gott hatte ein Wunder gewirkt und in Maria durch den Heiligen Geist ein Kind gezeugt. Darum brauchte sich Joseph nicht zu fürchten und durfte seine Verlobte zu sich nehmen.
In Vers 21 gibt ihm der Engel den Auftrag, dem Sohn von Maria den Namen «Jesus» zu geben. «Jesus» ist das griechische Wort für «Josua» und bedeutet: Der Herr ist Rettung.
Mit dem Zitat in Vers 23, das das Wunder der Geburt Jesu unterstreicht, erwähnt der Engel einen weiteren Namen des Herrn. «Emmanuel» bedeutet: Gott mit uns.
Beide Namen weisen darauf hin, dass Gott mit der Geburt des Messias wieder beim Volk Israel anknüpfte und eine Lösung für das Problem seiner Sünden schaffen würde. Obwohl Matthäus sich in seinem Evangelium meistens auf Israel bezieht, dürfen wir hier auch an alle Menschen denken: Die Geburt des Herrn Jesus beweist, dass Gott für uns ist und uns von unserer Sündenlast befreien möchte.
Der König wird geehrt
Das Kind wurde in Bethlehem geboren und Joseph gab Ihm den Namen Jesus. Als verheissener König wurde Er sofort mit drei Reaktionen konfrontiert:
- Eine positive: Aus dem Osten kamen Sternkundige, die seinen Stern im Morgenland gesehen hatten, um Ihn als König zu verehren.
- Eine negative: Herodes, der unrechtmässige König, und die jüdische Führungsschicht in Jerusalem wurden bestürzt, als sie von seiner Geburt hörten, und stellten sich gegen Ihn.
- Eine gleichgültige: Die Schriftgelehrten wussten zwar sofort, wo der König geboren werden sollte: in Bethlehem! Aber in ihrem Herzen löste diese Nachricht keine Freude aus. Obwohl sie eine gute Kenntnis des Alten Testaments hatten, schlug ihr Herz nicht für den Erlöser. Sie wollten Ihn nicht sehen.
Die Weisen hingegen zogen vom Stern geführt nach Bethlehem und freuten sich, als er über dem Ort stehen blieb, wo das Kind war. Im Haus fielen sie vor dem Kind Jesus nieder und beteten es an. Sie brachten drei Geschenke mit, die bildlich von den Vorzügen dieses neugeborenen Kindes reden:
- Gold spricht von seiner persönlichen Herrlichkeit: Dieses Baby war niemand anders als der Sohn Gottes.
- Weihrauch zeigt uns, dass Jesus gekommen war, um den Willen Gottes zu tun. Sein ganzes Leben widmete Er Gott.
- Myrrhe deutet auf die Leiden hin, die Er auf seinem Lebensweg bis zum Tod am Kreuz geduldig ertrug.
Flucht nach Ägypten
Herodes sah in Jesus seinen Rivalen, denn er wusste, dass er selbst nicht der rechtmässige König über Israel war. Darum suchte er Christus zu töten. Gleichzeitig war Herodes ein Werkzeug Satans, der den Messias beseitigen wollte, damit die göttlichen Pläne mit Israel durchkreuzt würden (Offenbarung 12,4.5).
Doch hinter allem stand Gott, dem nichts aus dem Ruder läuft. Durch einen Engel gab Er Joseph im Traum den Auftrag, mit dem Kind und seiner Mutter nach Ägypten zu fliehen. Sofort gehorchte er und reiste dorthin. Auf diese Weise erfüllte sich eine weitere Prophezeiung des Alten Testaments: «Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.» So wie einst Israel, so sollte auch der Messias aus Ägypten nach Kanaan ziehen und damit einen Neuanfang in der Geschichte Israels schreiben. Nach der jahrhundertelangen Untreue dieses Volkes kam nun Christus und brachte in seinem Leben Frucht zur Freude Gottes. In seinem Tod legte Er zudem die Grundlage, dass Israel in der Zukunft trotz seines Versagens gesegnet wird.
Nach dem Tod von Herodes zog Joseph im Auftrag Gottes nach Israel zurück und wohnte in Nazareth. So wuchs Jesus in einer verachteten Stadt unter den Ärmsten des Volkes auf (Johannes 1,46).
Es beeindruckt uns, wie Joseph in den verschiedenen Situationen, die nicht immer einfach waren, auf dem Weg vorwärtsging, den Gott ihn wies (Matthäus 1,24; Matthäus 2,14.21.22). Sein konsequenter Gehorsam spornt uns an, unserem Gott genauso treu zu folgen.
Johannes als Vorläufer
Die Verse 1-12 beschreiben den Dienst von Johannes dem Täufer, der auch im Alten Testament vorausgesagt wird (Maleachi 3,1; Jesaja 40,3-5). Als Wegbereiter des Messias kündigte er das Reich der Himmel an und forderte die Menschen in Israel auf, Buße zu tun. Sie sollten in ihren Herzen zu Gott umkehren, damit sie bereit seien, den von Ihm gesandten König anzunehmen.
Weil das Volk in einem schlechten inneren Zustand war, übte Johannes seinen Dienst in der Wüste von Judäa aus. Völlig getrennt vom Bösen nahm er dort seinen Standpunkt als Vorläufer des Herrn ein. So war er in der Lage, die Menschen von ihren Sünden zu überführen und sie auf Gottes Ansprüche an ihr Leben hinzuweisen.
Sein Gewand aus Kamelhaar und der lederne Gürtel machen deutlich, dass er wie einst Elia ein Prophet war (2. Könige 1,8). Er lebte von dem, was die Wüste ihm an Nahrung bot: Heuschrecken und wilden Honig. Damit begnügte er sich.
Viele gingen zu ihm in die Wüste hinaus und glaubten seiner Botschaft. Durch das Bekenntnis der Sünden und die Taufe stellten sich diese bußbereiten Juden auf die Seite Gottes und erwarteten den Messias. Dadurch sonderten sie sich vom bösen Zustand des Volkes ab und bildeten so einen Überrest für Christus.
Wer heute sein Verhältnis mit Gott ordnen will, muss ebenfalls Buße tun und seine Sünden bekennen. Durch den Glauben an den Opfertod von Jesus Christus empfängt er Vergebung. Durch die Taufe stellt er sich auf die Seite des Herrn und ist bereit, Ihm nachzufolgen.
Jesus wird getauft
An die selbstgerechten Pharisäer richtete Johannes der Täufer ein ernstes Wort: Das Gericht stand vor der Tür, denn die Axt war schon an die Wurzel der Bäume gelegt. Weil Israel im Lauf seiner Geschichte versagt hatte, brachte die Abstammung von Abraham keine Rettung vor der Strafe. Nur durch echte Buße, die durch eine veränderte Lebensführung sichtbar würde, konnte man dem kommenden Zorn entfliehen.
Ab Vers 11 weist Johannes auf Jesus Christus hin, der viel grösser und würdiger als er selbst ist. Die Taufe mit Heiligem Geist fand ihre Erfüllung, als der Geist Gottes an Pfingsten auf die Erde kam, um in den Glaubenden zu wohnen. Die Taufe mit Feuer weist auf die zukünftigen Gerichte hin, die im Volk Israel eine Unterscheidung zwischen den Glaubenden (= Weizen) und den Gottlosen (= Spreu) bewirken wird. Die Ersten werden ins Tausendjährige Reich eingehen, die Zweiten eine ewige Strafe erleiden.
Durch die Taufe stellte sich Jesus in Gnade zu den bußbereiten Menschen in Israel. Demütig nahm Er den gleichen Platz wie sie ein, obwohl Er ohne Sünde ist und nicht nötig hatte, Buße zu tun. Als Antwort darauf anerkannte der Himmel seine Vollkommenheit:
- Weil Jesus rein und heilig war und ist, konnte der Geist Gottes wie eine Taube auf Ihn kommen, um Ihn mit Kraft für seinen Dienst als Messias zu salben.
- Gott, der Vater, erklärte den Anwesenden, dass dieser sündlose und demütige Mensch sein geliebter Sohn war, an dem Er in seinem Leben auf der Erde seine uneingeschränkte Freude gefunden hatte.
Die Versuchung in der Wüste
Jesus wurde durch den Geist in die Wüste geführt. Er sollte am gleichen Ort geprüft werden, wo einst das Volk Israel erprobt worden war – und versagt hatte.
Als Er nach einer 40-tägigen Fastenzeit Hunger hatte, forderte Satan Ihn zu einer eigenmächtigen Handlung heraus: «Wenn du Gottes Sohn bist, so sprich, dass diese Steine zu Broten werden.» Doch Jesus Christus wollte lieber leiden, als eigenwillig und ungehorsam zu sein. Darum erklärte Er: Der von Gott abhängige Mensch lebt und handelt nur nach dem Wort, das aus dem Mund Gottes ausgeht.
Die zweite Versuchung des Teufels betraf eine Verheissung an den Messias aus Psalm 91: Jesus sollte testen, ob Gott bei Ihm dieses Versprechen erfüllen würde. Mit einem Zitat aus 5. Mose 6 machte der Herr klar, dass man Gott nicht durch Misstrauen auf seine Treue herausfordern soll. Wer Ihm glaubt, traut Ihm jederzeit die Erfüllung aller Verheissungen zu.
In der dritten Versuchung offenbarte Satan seinen wahren Charakter: Als Fürst der Welt bot er Jesus Christus die Herrschaft über alle Reiche der Welt an. Doch der Herr ging nicht darauf ein, denn Er hatte ständig Gott vor Augen. Nur Ihn wollte Er ehren und anbeten.
Durch seine Verführungen verfolgte der Teufel eine Absicht: Er wollte, dass der Herr Jesus unabhängig von Gott handelte. Doch es gelang ihm nicht. Im Gegenteil! Diese Versuchungen bewiesen, wie sich unser Heiland in jeder Situation vollkommen dem Willen Gottes unterstellte. Darin ist Er ein Beispiel für uns.
Der Herr beginnt seinen Dienst
Der Messias begann seinen öffentlichen Dienst an den Menschen aus dem Volk Israel nicht in Jerusalem, wo die Vornehmen, Reichen und Gebildeten lebten. Nein, Er zog sich nach der Verwerfung seines Vorläufers nach Galiläa zurück, um dort den einfachen und armen Leuten das Evangelium des Reiches zu predigen. So erfüllte sich eine weitere prophetische Aussage des Alten Testaments: Das Volk, das in Finsternis sass, wurde durch sein Wirken in das grosse Licht der göttlichen Gnade gestellt.
In den Versen 18-22 rief der Herr verschiedene Menschen in seine Nachfolge. Bei einer früheren Begegnung hatten sie vertrauensvoll ihr Herz Jesus Christus geöffnet (Johannes 1,35-42). Nun sollten sie seine Jünger werden. Später würde Er sie als seine Apostel zu den Menschen in Israel senden, damit sie ihnen das Reich der Himmel verkündeten (Matthäus 10). Doch jetzt durften sie bei Ihm sein, um von Ihm zu lernen. Der Herr rief Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes aus der beruflichen Aktivität und aus den familiären Beziehungen heraus. Sofort verliessen sie alles und folgten Ihm nach. – Auch heute möchte der Herr Jesus, dass jeder, der an Ihn glaubt, sein Jünger wird. Sind wir seinem Ruf schon gefolgt?
Die Verse 23-25 geben einen Kurzbericht über das Wirken des Herrn in Galiläa. Bald redete man davon im ganzen Land. Viele Menschen hörten seine Botschaft und wurden von den Folgen der Sünde (= Krankheit) und der Bindung Satans (= Besessenheit) befreit.
Die Bergpredigt
In den Schlussversen von Kapitel 4 offenbarte der Herr Jesus in seinem Dienst die königliche Macht, die Er als Messias besass. Beeindruckt von dieser Machtentfaltung folgten Ihm viele Menschen. Der Herr Jesus benutzte diese Gelegenheit, um den Jüngern in Anwesenheit der Volksmenge die Grundsätze seines Königreichs mitzuteilen (Matthäus 5 – 7).
Damit wir aus dieser sogenannten Bergpredigt den richtigen Nutzen für uns ziehen, gilt es Folgendes zu beachten:
- Diese Rede enthält nicht das Evangelium für verlorene Sünder, sondern richtet sich an Menschen, die den Herrn Jesus bereits im Glauben angenommen haben. Denn die Belehrungen in diesen Kapiteln können nur solche verwirklichen, die neues Leben besitzen.
- Der Herr spricht hier nicht von den speziellen christlichen Vorrechten und Beziehungen, die die Glaubenden der Gnadenzeit kennen und geniessen. Er behandelt das Verhalten der Jünger in seinem Reich und zeigt die Richtlinien, die dort gelten.
- Darum richten sich seine Worte in der Bergpredigt an alle, die sich im Reich Gottes befinden: sowohl an die damaligen Jünger als auch an uns Christen, als auch an den glaubenden Überrest in der Zukunft.
- Wenn wir diese Anweisungen des Herrn, die unsere Jüngerschaft auf der Erde betreffen, für uns persönlich nehmen, wollen wir nie vergessen, dass wir als Kinder Gottes auch eine himmlische Berufung besitzen.
Merkmale der Jünger im Reich
In diesem Abschnitt erklärt der Herr Jesus durch die ersten sieben Seligpreisungen die inneren und äusseren Eigenschaften der Jünger in seinem Reich:
- «Arm im Geist» ist nicht eine geistige Beschränkung, sondern eine demütige Einstellung, die nichts von sich selbst hält und alles von Gott erwartet.
- Die «Trauernden» sind Menschen, die über das Böse im Volk Gottes traurig sind und sich schämen, dass Gott dadurch verunehrt wird.
- «Sanftmut» ist nicht Charakterschwäche. Im Gegenteil! Wer sanftmütig ist, kann persönliche Angriffe ohne Rachegedanken ertragen.
- Wer «nach Gerechtigkeit hungert und dürstet», der sehnt sich in einer ungerechten Welt auf den Moment, an dem Christus seine Gerechtigkeit auf der Erde einführen wird.
- Die «Barmherzigen» besitzen ein mitfühlendes Herz und eine helfende Hand für Menschen, die vielleicht durch eigene Schuld ins Elend geraten sind.
- Ein «reines Herz» beschreibt hier den praktischen Zustand eines Glaubenden, der alles im Licht Gottes verurteilt, was seinem Wort widerspricht.
- Die «Friedensstifter» bemühen sich, mit allen Menschen in Frieden zu leben und in ihrem Umgang mit den Menschen schlichtend zu wirken.
Die letzten beiden Seligpreisungen zeigen die Folgen echter Jüngerschaft: In einer ungerechten Welt, die den Herrn Jesus verwirft, bringen ein Verhalten in Übereinstimmung mit Gott und ein klares Bekenntnis für Christus Leiden und Verfolgungen mit sich.
Nicht auflösen, sondern erfüllen
Wie können wir das Salz der Erde sein (Vers 13)? Salz hat eine unscheinbare, aber kräftige Wirkung gegen Fäulnis. So wird es auch heute noch als «Pökelsalz» zur Konservierung von Fleisch benutzt. Diese Wirkung zeigt sich in unserem Leben, wenn wir das Böse verurteilen, die schlechten Einflüsse stoppen und mit Gottes Gnade ein gerechtes Leben führen.
Als das Licht der Welt (Vers 14) ist es unsere Aufgabe, etwas von Gott darzustellen. Durch unser Verhalten dürfen wir unseren Mitmenschen zeigen, dass Er heilig und gerecht, aber auch gütig und gnädig ist. Wir sind dann wie eine Stadt, die oben auf einem Berg liegt und von allen gesehen wird.
Da wir aber in Gefahr stehen, unser Licht zu verbergen, vergleicht Jesus Christus uns mit einer Öllampe, die man auf den Lampenständer stellen muss, damit sie allen leuchtet, die im Haus sind.
Ab Vers 17 bis zum Ende des Kapitels stellt der Herr die Grundsätze seines Reiches dem Gesetz gegenüber. Zuerst macht Er klar, dass Er das Gesetz und die Propheten nicht für ungültig erklärt. Er ist vielmehr gekommen, um die Aussagen des Alten Testaments zu erfüllen. Die sittlichen Prinzipien des Gesetzes werden im Reich Gottes auf einer neuen Grundlage verwirklicht.
In den Versen 19 und 20 warnt Jesus Christus alle Menschen, die ihre eigenen Ansichten über das Wort Gottes stellen, bzw. nur der Form nach religiös leben. Weil sie damit die göttliche Wahrheit aufheben, bleibt ihnen der Zugang zum Reich Gottes versperrt.
Nicht töten
In den Versen 21-32 werden die beiden Elemente des Bösen behandelt: Gewalttat und Unmoral. Das Gesetz verbot gewalttätige und unsittliche Handlungen, indem es sagte: Du sollst nicht töten (Vers 21), du sollst nicht ehebrechen (Vers 27). Die Grundsätze des Reiches Gottes zeigen nun, dass diese sündigen Taten einem verdorbenen Herzen entspringen. Darum verurteilt der Herr bereits die bösen Ansätze in unseren Gedanken.
Das wird in Vers 22 deutlich, wenn Er erklärt: «Jeder, der seinem Bruder ohne Grund zürnt, wird dem Gericht verfallen sein.» Dieser Zorn ist vielleicht im Herzen verborgen und deshalb für keinen Menschen sichtbar. Aber der Herr sieht und verurteilt ihn. Auch zornige Worte und Beleidigungen wiegen bei Gott schwer.
Der Herr Jesus erweitert seine Belehrungen zu diesem Thema, indem Er zwei Beispiele anfügt:
- Gott möchte, dass wir mit einem guten Gewissen vor Ihn treten, um Ihn anzubeten. Wird mir jedoch bewusst, dass ich jemand Unrecht getan habe, so werde ich aufgefordert, das zu ordnen, was zwischen mir und ihm liegt. Nur so kann Gott sich über mein Lob freuen. Diese persönliche Überprüfung unserer Lebenspraxis wird auch in 1. Korinther 11,28 angesprochen.
- Die Zeit, um Sünden zu ordnen, ist begrenzt. Das traf damals auf das Volk Israel als Ganzes zu. Es war nicht bereit, sein Missverhältnis zu Gott in Ordnung zu bringen. Darum wurde es «dem Richter überliefert». Es kam unter die Züchtigung Gottes. Das wird so lange dauern, bis die Schuld abgetragen ist (Jesaja 40,1.2).
Nicht ehebrechen
Der Schöpfer hat die Ehe für das Zusammenleben von Mann und Frau gegeben. Deshalb verbietet Er jeden Geschlechtsverkehr ausserhalb der Ehe. Das macht sowohl das Alte als auch das Neue Testament klar (2. Mose 20,14; Hebräer 13,4).
Der Herr Jesus erklärt nun in Vers 28, dass nicht erst die vollendete Tat, sondern schon der mit Begierde erfüllte Blick auf eine Frau für Gott Ehebruch im Herzen und damit Sünde ist. Dabei geht es nicht um unwillkürliche Gedanken oder ungewollte Blicke, die wir nicht vermeiden können. Lassen wir uns trotzdem durch diese Worte warnen und verurteilen wir jede sündige Regung in unserem Herzen, die zu Hurerei oder Ehebruch führen kann!
Die Verse 29 und 30 sind nicht buchstäblich zu verstehen, sondern ein Bild des schonungslosen Selbstgerichts. Alles, was uns zur Sünde verleitet, müssen wir kompromisslos verurteilen und konsequent meiden. Der Herr begründet es mit deutlichen Worten: Wer ohne Selbstgericht ein sündiges Leben führt, befindet sich auf dem Weg zur Hölle! Dass der Glaubende doch noch gerettet wird, bleibt natürlich wahr, sollte uns aber nie zur Leichtfertigkeit verleiten.
Aus Matthäus 19,8 wissen wir, dass Mose den Israeliten wegen ihrer Herzenshärte gestattet hat, eine Frau zu entlassen. Das entsprach aber nicht dem Willen des Schöpfers, der die Ehe für das ganze Leben auf der Erde gegeben hat. Der Herr wirft nun göttliches Licht auf diese Frage und macht klar, dass Ehescheidung im Widerspruch zu Gottes Gedanken steht.
Nicht falsch schwören
Die Verse 33-37 behandeln das Schwören, wodurch die Juden ihre Aussagen häufig bekräftigten. Sie schwuren beim Himmel oder bei der Erde oder bei Jerusalem, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Dabei war ihnen vor allem wichtig, nicht falsch zu schwören, d.h. nicht etwas zu beteuern, das unwahr war. Ihr häufiges und leichtfertiges Schwören führte aber dazu, mit ihren übrigen Worten, die nicht von einem Schwur begleitet waren, leichtfertig umzugehen.
In diesem Zusammenhang verstehen wir die Worte des Herrn gut, wenn Er sagt: «Schwört überhaupt nicht … Eure Rede sei aber: Ja – ja; nein – nein.» Sind unsere Worte immer wahr und aufrichtig? Wenn wir «Ja» sagen, sollen wir auch «Ja» meinen. Nur einer, der es nicht so genau mit der Wahrheit nimmt, muss seine Aussagen mit einem Ehrenwort beteuern.
In den Versen 38-42 spricht der Herr den Grundsatz der gerechten Vergeltung an, der im israelitischen Strafrecht seine Anwendung fand. Im Gegensatz dazu führt Er den Grundsatz der Gnade ein. Damit hebt Er eine gerechte Rechtssprechung der Regierung keineswegs auf, sondern stellt eine Richtlinie für das Zusammenleben der Menschen im Reich Gottes auf.
- Die Gnade erträgt geduldig eine Beleidigung oder einen Angriff, anstatt Böses mit Bösem zu vergelten (Vers 39).
- Die Gnade ist bereit, mehr zu geben und zu tun, als von ihr verlangt wird (Verse 40.41).
- Die Gnade fordert nicht, sondern gibt aus freien Stücken, ohne etwas zurückzuerwarten (Vers 42).
Die Feinde lieben
Aus dem göttlichen Gebot: «Du sollst deinen Nächsten lieben» (3. Mose 19,18), zogen die Schriftgelehrten den verkehrten Umkehrschluss: «Du sollst deinen Feind hassen.»
Dem widerspricht der Herr, indem Er erklärt: «Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.» Wenn wir dieser Aufforderung nachkommen, werden wir praktisch Söhne unseres Vaters im Himmel. Wir stimmen dann in unserem Verhalten mit Ihm überein, denn Er erweist seine Güte als Schöpfer allen Menschen – sowohl den Gerechten als auch den Ungerechten. In Römer 5,8.10 lesen wir zudem von seiner Liebe, die Er seinen Feinden entgegengebracht hat, als Christus für Sünder gestorben ist.
Die Verse 46.47 beschreiben, wie sich Nächstenliebe in der Welt zeigt. Man liebt die, von denen man selbst Liebe erfährt. Dazu braucht es weder innere Überwindung noch sittliche Kraft. Darum können das auch Menschen ohne lebendige Beziehung zu Gott verwirklichen. Aber die Feinde können wir nur lieben, wenn wir neues Leben besitzen.
Die Vollkommenheit, die in Vers 48 angeführt wird, betrifft nicht unsere christliche Stellung. Diese ist natürlich perfekt, weil Gott uns in Jesus Christus sieht (Hebräer 10,14; Römer 8,1). Sie beschreibt vielmehr eine praktische Übereinstimmung mit Gott, wenn wir in unserem Verhalten seine Charakterzüge offenbaren: seine Feindesliebe, seine Gnade, seine Barmherzigkeit, seine Heiligkeit (Lukas 6,36; 1. Petrus 1,16).
Im Verborgenen (1)
Die ersten 18 Verse behandeln drei Themen: die Wohltätigkeit gegenüber den Mitmenschen (Verse 2-4), das Gebet zu Gott (Verse 5-15) und das Fasten (Verse 16-18). In Vers 1 zeigt der Herr, mit welcher Einstellung wir diese drei Aktivitäten ausüben sollen: Wir tun sie im Verborgenen vor dem himmlischen Vater und nicht vor den Menschen, d.h. wir suchen die göttliche Anerkennung und nicht die Bewunderung unserer Mitmenschen.
Wenn wir jemand finanziell oder praktisch unterstützen, soll es wenn immer möglich niemand wissen. Nicht einmal unsere Linke soll wissen, was unsere Rechte tut. Wer seine guten Werke vor sich herposaunt, um geehrt zu werden, bekommt als Lohn den Beifall der Menschen. Aber die himmlische Belohnung verliert er, weil ihn bei der Wohltätigkeit egoistische Beweggründe leiten.
Auch in unserer Gebetsgemeinschaft mit Gott sollen wir nicht den religiösen Heuchlern gleichen, die gern und lang in der Öffentlichkeit beten, um ihre Frömmigkeit zur Schau zu stellen.
Vers 6 zeigt uns, wo wir beten sollen. Suchen wir ein ruhiges Zimmer oder sonst einen Rückzugsort auf, um im Gebet mit Gott allein zu sein! Unser himmlischer Vater sieht unsere verborgene Fürbitte für andere und wird uns dafür reich belohnen.
Vers 7 erklärt uns, wie wir beten sollen. Beten ist nicht ein unkonzentriertes Wiederholen von langfädigen Redewendungen oder auswendig gelernten Formulierungen, sondern ein konkretes, aufmerksames Reden mit Gott.
Im Verborgenen (2)
Das Gebet, das der Herr Jesus seinen Jüngern in den Versen 9-13 vorstellt, entsprach der Beziehung, in der die Glaubenden damals zu Gott standen. Der Messias war da und ein Überrest wartete auf das Reich Gottes.
Als Christen stehen wir in einem anderen Verhältnis zu Gott. Wir blicken auf ein vollbrachtes Erlösungswerk zurück und haben Frieden mit Gott. Der Heilige Geist wohnt in uns und wir dürfen uns der uneingeschränkten Liebe unseres himmlischen Vaters bewusst sein. Deshalb beten wir heute anders.
Dennoch können wir aus diesem Gebet Nutzen für unser Gebetsleben ziehen. Es enthält sieben Bitten, wobei die ersten drei die Interessen Gottes und die letzten vier die Bedürfnisse des Beters betreffen. Hat das, was dem Herrn wichtig ist, in unseren Gebeten auch erste Priorität?
Die Verse 14.15 fordern uns auf, jederzeit zur Vergebung bereit zu sein. Wenn uns bewusst wird, wie viel Gott uns in Jesus Christus vergeben hat, fällt es uns leichter, uns so zu verhalten (Epheser 4,32).
Die Menschen, die in der Bibel fasteten, verzichteten für eine bestimmte Dauer auf etwas Irdisches (z.B. die Nahrung), das ihnen von Gott zustand, um gezielt Gemeinschaft mit Gott zu haben. Leider gab es dabei auch Heuchler, die mit dem Fasten ihre Frömmigkeit herausstellen wollten. Wir werden in der Bibel nicht zum Fasten aufgefordert. Aber wir fragen uns: Hat das Irdische in unserem Leben den richtigen Stellenwert oder behindert es unsere geistlichen Aktivitäten?
Schätze sammeln
Die Verse 19-34 beschreiben die Geisteshaltung, die in der Welt vorherrscht: einerseits das Verlangen nach Reichtum (Verse 19-21) und anderseits die Sorge um das Lebensnotwendige (Verse 24-34). Beides soll das Herz des Glaubenden nicht in Beschlag nehmen.
Die Schätze auf der Erde sind vergänglich und verlierbar. Wirtschaftskrisen zeigen, wie schnell ein grosses Vermögen zwischen den Fingern zerrinnt. Wir sollen daher nicht irdischen Reichtum ansammeln, sondern unsere Lebenskraft für himmlische Schätze einsetzen. Was heisst das konkret? Wir engagieren uns hier für Jesus Christus, der im Himmel hoch geehrt wird. Wenn seine Person und das, was Ihn betrifft, das Ziel unserer Aktivität und Anstrengung ist, setzen wir uns für etwas ein, das seinen Wert nie verliert.
Schätze haben offenbar eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf das menschliche Herz. Darum wird das Streben nach einem himmlischen Schatz unsere Herzen mit dem Himmel verbinden.
Die Verse 22 und 23 zeigen uns nun, wie unser Leben die richtige Grundausrichtung bekommt: Unser Auge muss einfältig sein. Wie ist das möglich? Indem wir im Glauben unsere Herzen nur auf Jesus Christus ausrichten. Dann wird es in unserem Leben hell und wir sehen deutlich, auf welchem Weg wir Ihm nachfolgen sollen. Ist unser Auge aber böse, so blicken wir auf die Welt und das, was sie bietet. Dann wird unser Herz von Christus abgezogen und unser Leben nicht mehr von seinem Licht erhellt.
Nicht sorgen
Vers 24 bezieht sich sowohl auf das Anhäufen von Reichtum (Vers 19) als auch auf die Sorgen um das Lebensnotwendige (Vers 25). Niemand kann zwei Herren dienen: Entweder leben wir für Gott oder wir lassen uns von der Habsucht und den Existenzsorgen versklaven. Die Ausdrücke «lieben» und «hassen» weisen zudem darauf hin, dass es um eine Herzenseinstellung geht. Wenn wir unser Leben als Knechte Gottes führen möchten, wird Er die Sorge für unsere Nahrung und Bekleidung übernehmen.
Wir fragen uns vielleicht nicht, was wir essen oder anziehen sollen, weil wir bei diesen elementaren Bedürfnissen kaum Mangel haben. Aber andere Lebenskosten wie die Wohnungsmiete, Krankenkasse usw. können uns zu schaffen machen. Diesen Sorgen begegnet der Herr mit zwei Beispielen aus der Natur:
- Die Vögel treffen für ihre Nahrung keine Vorsorge. Trotzdem verhungern sie nicht, weil der himmlische Vater sie ernährt.
- Die Lilien sind vom Schöpfer mit einer wunderschönen Blüte ausgestattet, obwohl sie nur für eine kurze Zeit blühen.
Die Jünger des Herrn sind dem himmlischen Vater viel wichtiger als die Vögel und die Blumen. Darum wird Er sie bestimmt nicht vergessen und ihnen geben, was sie fürs Leben brauchen. – Dieser Abschnitt endet mit zwei wichtigen Aufforderungen, die wir bei aller Arbeit im Alltag beherzigen wollen:
- Denkt zuerst an das Reich Gottes!
- Macht euch keine Sorgen im Voraus!
Nicht richten
In den Versen 1-6 belehrt der Herr uns über die Beziehung eines Jüngers zu seinen Mitmenschen. Zum einen verurteilt Er einen falschen Richtgeist (Verse 1-5) und zum anderen fordert Er zu einem richtigen Unterscheidungsvermögen auf (Vers 6).
Es geht also nicht darum, dass wir überhaupt nichts beurteilen sollen. Es stellt sich vielmehr die Frage, in welcher Geisteshaltung wir unseren Glaubensgeschwistern begegnen. Wer immer sofort zur Stelle ist, um andere scharf zu kritisieren, wird von Gott und Menschen genauso streng beurteilt.
Vers 3 weist uns auf eine latente Gefahr hin: Mit anderen verfahren wir streng und mit uns sind wir milde! Das ist unaufrichtig und ungerecht. Aus Vers 4 lernen wir, dass ungerichtete Sünden unser Urteilsvermögen schwächen. Nur ein ständiges Selbstgericht gibt uns eine klare Sicht und macht uns fähig, anderen zu helfen, die von einem Fehltritt übereilt worden sind (Galater 6,1).
In Vers 6 fordert uns Jesus Christus auf, die biblische Botschaft im richtigen Moment und am richtigen Ort weiterzusagen. Denn wir sollen die Menschen nicht unnötig provozieren, so dass sie das Wort Gottes in den Dreck ziehen. Der Herr wird uns das nötige Empfinden dafür geben.
Die Verse 7-12 behandeln nochmals das Gebet. Die Ausdrücke «bitten», «suchen» und «anklopfen» spornen uns zu einem ausdauernden und vertrauensvollen Beten an. Zudem wissen wir: Unser Vater im Himmel weiss am besten, was für uns recht ist, und gibt uns nur Gutes!
Falsche Propheten
Echte Jüngerschaft beginnt mit einer engen Pforte und führt auf einem schmalen Weg zum Leben. Nur wer Buße über seine Sünden tut, geht durch diese enge Tür. Dann folgt er auf dem schmalen Weg dem Herrn Jesus nach. Das erfordert täglich Selbstverleugnung und Gehorsam.
Leider sind nur wenige dazu bereit. Viele möchten lieber ihr eigenes Leben führen und selbst bestimmen. Sie befinden sich auf dem breiten Weg. Wenn sie nicht Buße tun, gehen sie ewig verloren.
In den Versen 15-20 warnt der Herr vor falschen Propheten. Aus 2. Petrus 2,1 wissen wir, dass es auch in der Christenheit viele Verführer gibt. Äusserlich geben sie sich fromm, aber in ihrem Innern hegen sie zerstörerische Absichten. Da wir nicht in ihre Herzen sehen können, fordert der Herr uns auf, sie an ihren Früchten zu beurteilen. Wenn die Früchte ihres Wirkens schlecht sind, müssen wir uns von ihnen abwenden.
Wir brauchen nicht alles Falsche zu prüfen, sondern können anhand des Guten erkennen, was schlecht ist. Was sind nun die Merkmale eines treuen Arbeiters?
- Er verbreitet das unverfälschte Wort Gottes.
- Er möchte durch seinen Dienst die Menschen zu Jesus Christus führen.
- Er hat bei aller Tätigkeit das Wohl der Herde Gottes im Auge.
Wenn diese guten Früchte an einem Baum fehlen, so ist er faul. Es handelt sich dann um einen bösen Arbeiter, den wir meiden sollen. Wenn er kein Leben aus Gott besitzt, erwartet ihn das Gericht.
Hören und tun
Leider gibt es nicht nur falsche Propheten, sondern auch falsche Jünger. Sie reden Christus mit «Herr, Herr!» an, nehmen Ihn aber nicht in ihr Herz auf. Sie bekennen sich äusserlich zu Ihm und sind auch für Ihn aktiv. Aber sie tun den Willen Gottes nicht. Sie sind nicht bereit, sich von Herzen unter die göttliche Autorität zu stellen. Ihr unechtes Bekenntnis wird am Tag des Gerichts ans Licht kommen. Weil sie keine Glaubensbeziehung zum Herrn Jesus haben, werden sie an der zukünftigen Herrlichkeit des Reiches nicht teilnehmen, sondern ewig verloren gehen.
Der Herr Jesus schliesst seine Rede auf dem Berg mit einem zweifachen Vergleich ab:
- Wer sein Wort hört und tut, ist ein kluger Mensch. Er baut sein Lebenshaus auf den Felsen. Darum wird er durch die Stürme im Leben nicht erschüttert und besitzt durch den Glauben an Jesus Christus Sicherheit für die Ewigkeit.
- Wer seine Worte hört und nicht tut, ist dumm. Er besitzt in seinem Leben kein sicheres Fundament und ohne den rettenden Glauben keine Perspektive für die Ewigkeit.
Wir lernen daraus: Das Wort Gottes hören ist wichtig. Aber erst die Verwirklichung der biblischen Wahrheit gibt uns echte Stabilität im Glauben.
Die vielen Leute, die dem Herrn Jesus zugehört hatten, waren über seine Lehre erstaunt. Sie merkten etwas von der göttlichen Autorität, die in seinen Worten lag. Würden sie dem klugen oder dem törichten Menschen gleichen?
Der Herr heilt
Nach den Worten des Königs in den Kapiteln 5 – 7 folgen in den Kapiteln 8 und 9 die Werke des Königs. Sie offenbarten Gottes Macht, wie sie sich in Güte an den Menschen erwies. Sie bestätigten, dass Er der von Gott gekommene Messias war.
Zuerst kam ein Aussätziger zu Jesus mit dem Wunsch, von Ihm geheilt zu werden. Seine Worte zeigen, dass er an seine göttliche Macht glaubte, aber an der Gnade des Heilands zweifelte. Wollte Christus wirklich einen Aussätzigen heilen? Ja, Er wollte es!
Dieses Wunder offenbart drei Eigenschaften des Herrn Jesus:
- Er ist gnädig, denn Er heilte diesen kranken Mann, obwohl dieser es nicht verdient hatte.
- Er ist heilig. Darum konnte Er den Aussätzigen berühren, ohne angesteckt zu werden.
- Er ist mächtig und vollbrachte ein Wunder, das nur Gott zu tun vermag.
Der römische Hauptmann hatte kein Anrecht auf die Vorrechte Israels. Aber sein Glaube erkannte in Jesus Christus die göttliche Allmacht und Gnade, die sich nicht auf ein Volk begrenzen konnte. Darum bat Er den Herrn, seinen gelähmten Knecht zu heilen. Der Heiland kam dieser Bitte nach. Er heilte den Knecht aus Distanz, weil sein Platz als Messias noch in Israel war. Trotzdem öffnete Er damit die Tür für Menschen aus anderen Völkern. – Durch dieses Beispiel macht der Herr Jesus ab Vers 10 klar, dass reine Volkszugehörigkeit nicht genügt, um ins Reich einzugehen. Der Glaube an seine Person ist ausschlaggebend.
Dem Herrn nachfolgen
Die Schwiegermutter von Petrus lag mit Fieber im Bett. Als Jesus das Haus seines Jüngers betrat, sah Er sofort, wie es um sie stand. Voll Mitleid rührte Er ihre Hand an und heilte sie. Sogleich stand sie auf und beantwortete die Liebe des Heilands, indem sie Ihm diente. Bei unserer Bekehrung sind wir von einer viel schlimmeren «Krankheit» geheilt worden. Da stellt sich die Frage: Stellen wir aus Dankbarkeit für die Befreiung von unserer Sündenlast unser Leben dem Herrn zur Verfügung?
Die Verse 16 und 17 beschreiben, wie Jesus dem Elend und Leid im Volk Israel heilend begegnete. Damit erfüllte sich einerseits eine Prophezeiung Jesajas über den Messias. Anderseits wurde dadurch klar, dass Emmanuel (= Gott mit uns) sein Volk besuchte (Matthäus 1,23). Trotz ihres Versagens konnten die Israeliten erkennen: Gott ist in seiner Gnade mit uns!
Bevor der Herr Jesus mit einem Schiff den See überquerte, sprach Er über Jüngerschaft. Zwei grosse Grundsätze werden dabei deutlich:
- Die Nachfolge bringt Verzicht mit sich. Ein Jünger des Herrn kommt auf der Erde nicht zu Ehren. Im Gegenteil! Er teilt den Platz der Verwerfung mit dem Sohn des Menschen, der hier keine Bleibe hatte.
- Dem Herrn steht immer der erste Platz zu. Wenn wir seinem Ruf zur Jüngerschaft kompromisslos folgen, bekommt alles andere den richtigen Stellenwert – auch unsere Pflichten gegenüber den Eltern.
Die Überfahrt illustriert dann, welche Erfahrungen ein Jünger in der Nachfolge des Herrn macht.
Die Überfahrt nach Gadara
Durch die Schifffahrt erteilte der Herr seinen Jüngern verschiedene Lektionen:
- Er stieg zuerst ins Schiff, denn Er geht als unser Meister voran und wir folgen Ihm.
- Es erhob sich ein grosses Unwetter. Auf dem Weg der Jüngerschaft begegnen wir Problemen und Hindernissen.
- Jesus schlief trotz des Sturms im Schiff. So scheint es manchmal, als interessiere Er sich nicht für unsere Schwierigkeiten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Er greift nicht ein, weil Er unseren Glauben prüfen will.
- «Herr, rette uns, wir kommen um!» Ist das zuweilen nicht auch unser Hilferuf, wenn wir mit den Problemen nicht fertig werden und es uns am ruhigen Gottvertrauen fehlt?
- So wie Jesus Christus den Sturm zum Schweigen brachte, so kann Er den Schwierigkeiten und Widerständen, denen wir begegnen, ein Ende machen. Er wird es spätestens am Ende unserer Reise tun, wenn wir aus den Problemen herausgenommen und in seine Herrlichkeit eingehen werden.
Auf der anderen Seite des Sees begegnete der Sohn Gottes zwei Menschen, die von Dämonen besessen waren. Weil Er in der Wüste den Starken gebunden hatte, raubte Er ihm nun seinen Hausrat, indem Er die beiden befreite (Matthäus 12,29). Durch seine Machtentfaltung stellte Er die Bewohner der Stadt ins Licht Gottes. Ihre Herzen wurden offenbar: Sie wollten lieber ihr sündiges Leben unter der Macht Satans weiterführen, als den Messias bei sich haben. Wie schade!
Ein Gelähmter wird geheilt
Die Heilung des Gelähmten illustriert, wozu der Messias gekommen war. Dieser kranke Mann ist ein Bild vom Volk Israel, das wegen seiner Untreue unter der Züchtigung Gottes stand. Weil es versagt hatte, musste es sich unter die Herrschaft der Nationen beugen. Christus war nun gekommen, um diese Züchtigung wegzunehmen, indem Er dieses Volk heilen und ihm seine Sünden vergeben wollte. Doch alles hing vom Glauben an den Messias ab (Vers 2). Wenn das Volk Ihn annahm, dann wollte Gott es wiederherstellen und segnen, wie Er es in Psalm 103,3 vorausgesagt hatte: «Der da vergibt alle deine Ungerechtigkeit, der da heilt alle deine Krankheiten.»
Das war die Botschaft, die Jesus den Führern des Volkes durch die Heilung des Gelähmten mitteilte. Leider lehnten sie Ihn als Messias ab. Deshalb blieb eine nationale Wiederherstellung aus. Nur einzelne, die sich im Glauben an den Heiland wandten, empfingen Vergebung ihrer Sünden.
Zweimal heisst es in diesem Abschnitt, dass der Herr etwas sah, das nur Gott wahrnehmen kann:
- In Vers 2 sah Jesus den Glauben in den Herzen dieser Männer, die den Gelähmten zu Ihm brachten, und beantwortete ihn auf herrliche Weise.
- In Vers 4 sah Er die bösen Gedanken der Schriftgelehrten, die Ihn der Gotteslästerung beschuldigten, und verurteilte sie.
Der Herr Jesus blickt auch in unsere Herzen hinein. Wie freut Er sich, wenn Er einen Glauben wahrnimmt, der Ihm alles zutraut!
Gnade und Gesetz
Die Berufung von Matthäus macht klar, dass Jesus Christus für Sünder gekommen war. Er knüpfte nicht bei den selbstgerechten Pharisäern an, sondern bei solchen, die ihren sündigen Zustand einsahen.
Jesus rief Matthäus in seine Nachfolge, als dieser mitten in seiner Arbeit steckte. Er sass am Zollhaus und nahm für die Römer Zoll und Steuern ein. Doch das hinderte ihn nicht, sofort eine ganze Entscheidung zu fällen. Er stand auf und folgte Jesus nach.
Kurz darauf lud er den Herrn zum Essen ein, damit andere Zöllner und Sünder mit Ihm in Kontakt kämen. Er wollte, dass auch sie den Heiland in ihr Herz aufnahmen. Seine Einstellung ist ein Ansporn für uns! Suchen wir auch nach Möglichkeiten, andere Menschen mit Jesus Christus in Kontakt zu bringen?
Ab Vers 14 geht der Herr auf die Frage des Fastens ein. Während des Dienstes von Johannes dem Täufer war Fasten, Trauer und Demütigung durchaus angemessen gewesen. Aber das Kommen des Messias sollte für die Treuen in Israel ein Grund zur Freude sein, wie Johannes es selbst ausdrückte (Johannes 3,29). Die Zeit des Fastens käme später wieder, wenn Christus verworfen und weggetan sein würde.
In den Versen 16 und 17 erklärte der Sohn Gottes, dass mit seinem Kommen eine neue Zeitperiode angebrochen war, die mit der alten Zeit des Gesetzes nicht vereinbar war. Diese neue Zeit der Gnade kann nicht in die Formen des Gesetzes gepresst werden, denn die Kraft und Freude der Gnade sprengen die Schranken des Gesetzes.
Herr über Leben und Tod
Wir können die Auferweckung der Tochter von Jairus und die Heilung der blutflüssigen Frau einerseits als ein Bild des Wirkens Gottes im Volk Israel betrachten und anderseits auf unsere Errettung übertragen.
Das gestorbene Mädchen illustriert Israel, wie es wegen seiner Untreue als Volk für Gott gestorben war. Doch nun war der Messias gekommen, um eine nationale Wiederbelebung herbeizuführen. Hätten die Juden Ihn angenommen, so wäre Israel als Volk auferstanden, wie die Propheten es vorausgesagt hatten (Hesekiel 37). Durch die Verwerfung von Christus wurde diese nationale Wiederherstellung aber zeitlich hinausgeschoben.
In der Zwischenzeit steht jedem Menschen die Möglichkeit offen, wie die blutflüssige Frau persönlich im Glauben zum Heiland zu kommen und gerettet zu werden. Die Tatsache, dass Jesus die lärmende Menge vor der Auferweckung des Mädchens hinausschickte, weist darauf hin, dass die ungläubigen Juden an der öffentlichen Wiedereinsetzung des Volkes Israel in der Zukunft nicht teilhaben werden. Nur der treue Überrest wird ins Tausendjährige Reich eingehen.
In der Auferweckung der Tochter von Jairus erkennen wir das Werk, das Gott in uns getan hat. Wir wissen, dass wir vor unserer Bekehrung geistlich tot waren. Doch Gott hat uns mit dem Christus lebendig gemacht (Epheser 2,1-5). Der Blutfluss ist ein Bild von den schlimmen Auswirkungen der Sünde im Menschen. Auch davon wurden wir geheilt, als wir im Glauben zu Jesus Christus, unserem Erretter, Zuflucht nahmen.
Ein grosses Arbeitsfeld
Die beiden Blinden offenbarten einen bemerkenswerten Glauben:
- Sie sprachen Jesus als Sohn Davids an und anerkannten damit – im Gegensatz zu vielen anderen – seine königlichen Rechte.
- Sie glaubten an seine göttliche Macht, indem sie Ihm zutrauten, dass Er sie gesund machen könne.
Jesus Christus beantwortete ihren Glauben und öffnete ihnen die Augen, so dass sie wieder sahen. Diese Heilung illustriert einen Grundsatz, der bis heute gültig ist: Der Glaube führt zum Sehen und Verstehen (Hebräer 11,1).
Der Stumme ist ein Bild unseres Zustands vor der Bekehrung: Wir waren unfähig, Gott zu loben und für Ihn zu zeugen. Doch der Herr Jesus hat uns aus der Sklaverei Satans befreit und unsere Zunge für das Lob und das Zeugnis Gottes gelöst.
Die Lästerung der Pharisäer in Vers 34 macht klar, dass sie trotz der deutlichen Offenbarung der Macht Gottes bewusst im Unglauben verharrten.
Doch Jesus liess sich von diesem Widerstand nicht abhalten, seinen Dienst der Liebe in Israel weiterzuführen. Er predigte das Wort Gottes und heilte jede Krankheit. Mit einem Herzen voller Liebe und Einsatz sah Er die grossen Bedürfnisse der Menschen in Israel. Trotz der breiten Ablehnung war die Ernte gross, denn der Herr blickte mehr auf die Möglichkeiten der göttlichen Gnade als auf die Bosheit des Menschen. – Ist das auch unsere Sichtweise, wenn wir an unsere Mitmenschen denken?
Berufung und Aussendung der Apostel
In den Versen 1-4 rief der Herr zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Machtbefugnis, unreine Geister auszutreiben und Kranke zu heilen. Obwohl Er in Israel bereits verworfen war, wollte Er seine Apostel noch mit einer Botschaft zu diesem Volk senden.
Die Verse 5-15 beschreiben ihren Auftrag, den sie während seiner Anwesenheit auszuüben hatten:
- Ihre Zielgruppe beschränkte sich auf die Israeliten, denn Er war als König zu ihnen gekommen (V. 5.6).
- Ihre Botschaft lautete: «Das Reich der Himmel ist nahe gekommen» (Vers 7). Damit führten sie die Verkündigung weiter, die Jesus Christus in Matthäus 4,17 angefangen hatte. Der Messias war da und bereit, das Reich aufzurichten, wenn das Volk Ihn aufnehmen würde.
- Die Wunder verliehen ihren Worten göttliche Autorität (Vers 8). Auch darin führten sie das Werk fort, das der Herr begonnen hatte (Matthäus 8 und 9).
- Für ihre persönlichen Bedürfnisse sollten sie sich nicht selbst bemühen, denn der Arbeiter ist seiner Nahrung wert (Verse 9.10). Ihr Meister war noch anwesend und würde für sie sorgen.
- In den Versen 11-14 beschreibt der Herr, wie sie in ihrem Dienst vorzugehen hatten. Sie sollten nach Israeliten ausschauen, die für das Reich würdig waren, weil sie Jesus als Messias anerkannten.
- In Vers 15 zeigt Er ihnen die Konsequenzen derer, die ihre Botschaft ablehnten. Weil sie damit den Messias selbst verwarfen, würde sie eine grössere Strafe treffen als die Bewohner von Sodom und Gomorra.
Widerstand im Dienst
Die Verse 5-15 betreffen nur den damaligen Auftrag der Jünger während der Anwesenheit ihres Königs. Die Belehrungen ab Vers 16 sind allgemeiner und beziehen sich auf das Zeugnis der Apostel, das sie nach der Himmelfahrt des Herrn in Jerusalem und Umgebung abgelegt haben. Dieser Dienst am Volk Israel wurde durch die Zerstörung Jerusalems unterbrochen und wird erst während der Drangsalszeit durch den zukünftigen Überrest fortgesetzt werden.
Der Herr vergleicht seine Jünger mit drei Tieren. Weil sie wehrlos wie Schafe waren, sollten sie klug wie Schlangen handeln, dabei aber wie Tauben keine hinterlistigen Absichten verfolgen.
Was Jesus Christus hier ankündigte, erlebten die Apostel tatsächlich: Für ihr treues Zeugnis wurden sie von der jüdischen Justiz unter Druck gesetzt. Dabei erfuhren sie aber, wie der Geist Gottes ihnen die richtigen Worte zu ihrer Verantwortung eingab (Apostelgeschichte 5,27-32).
In den Versen 21-23 spricht der Herr vor allem von der noch zukünftigen Drangsalszeit: Dann werden seine Zeugen sogar innerhalb der eigenen Familie mit Hass und aktivem Widerstand rechnen müssen. Durch Verfolgung werden sie von einer Stadt zur anderen getrieben werden, bis der Sohn des Menschen in Macht und Herrlichkeit erscheinen wird.
Ein Jünger nimmt auf der Erde die gleiche Stellung wie sein Herr ein. Weil er seinen Meister vertritt und für Ihn zeugt, teilt er mit Ihm auch die Verwerfung von der Welt. Dieser Grundsatz gilt auch für uns.
Fürchtet euch nicht!
In diesem Abschnitt macht der Herr seinen Jüngern für ihren nicht einfachen Dienst Mut, indem Er ihnen dreimal sagt: «Fürchtet euch nicht!» (Verse 26.28.31).
Die falschen Beschuldigungen ihrer Feinde würden einmal ans Licht kommen und verurteilt werden, denn nichts ist verdeckt, was nicht aufgedeckt werden wird. Das Bewusstsein, dass einmal alles offenbar werden wird, sollte die Jünger anspornen, ihre Botschaft öffentlich zu verkünden. Sie hatten ja nichts zu verstecken! Vielmehr wurde dadurch ihre Treue zu Christus offenbar.
In Vers 28 fordert der Herr sie auf, in ihrem Zeugnis nicht die Widersacher, sondern Gott vor Augen zu haben. Warum?
- Weil der Gedanke an die Verfolgung durch ihre Feinde oder den Märtyrertod sie zum Schweigen verleiten könnte.
- Weil der Gedanke an die ewige Strafe Gottes, die alle Ungläubigen einmal trifft, sie zum Reden anspornen würde (2. Korinther 5,11).
Die Verse 29-31 erinnern die Jünger an die Fürsorge des himmlischen Vaters. Er, der sogar den Tod eines Sperlings beachtet, würde sie nicht ohne Absicht dem Märtyrertod preisgeben.
Schliesslich motiviert der Herr seine Jünger mit der zukünftigen Belohnung (Vers 32). Wer sich vor den Menschen zu Ihm bekennt, wird einen Lohn im Himmel haben. Wer den Herrn aber vor den Menschen verleugnet, wird die himmlische Anerkennung verlieren.
Sein Leben verlieren, um es zu finden
Weil das Volk Israel seinen Messias nicht angenommen hatte, wurde Er zum Prüfstein für den Einzelnen. Jeder musste sich für oder gegen Ihn entscheiden. Darum brachte Er nicht Frieden auf die Erde. Im Gegenteil, diese Entscheidung, die jeder persönlich zu treffen hat, kann sogar innerhalb der Familie zu einem Zwiespalt führen. Es ist durchaus möglich, dass Jünger des Herrn Jesus für ihr Bekenntnis zu Ihm von ihren Familienangehörigen gehasst und geplagt werden.
Jüngerschaft bringt tiefgreifende Folgen mit sich. Prüfen wir uns selbst, ob wir im Alltag immer dazu bereit sind:
- Ist Jesus Christus mir mehr wert als meine Familie (Vers 37)?
- Ist Jesus Christus mir so viel wert, dass ich die Verwerfung mit Ihm teile und Ihm kompromisslos nachfolge (Vers 38)?
Diese ernsten Fragen werden in Vers 39 mit einem doppelten Grundsatz unterstrichen: Wer sich in seinem Leben selbst verwirklicht, wird es verlieren, weil es für Gott und die Ewigkeit keinen Wert aufweist. Wer aber sein Leben für Christus aufgibt, wird echte Erfüllung und eine herrliche Zukunft finden.
Die Verse 40-42 sprechen von den Menschen, die das Zeugnis der Apostel hörten. Wenn sie diese Boten aufnahmen, stellten sie sich auf die Seite von Christus und akzeptierten die Anrechte Gottes über ihr Leben. Dafür bekamen sie Lohn. Daraus nehmen wir für uns: Der kleinste Dienst, den wir für solche tun, die dem Herrn Jesus angehören, wird belohnt werden.
Zweifel an Christus
Johannes der Täufer, der wegen seines treuen Dienstes im Gefängnis sass, hörte vom Wirken Jesu (Matthäus 14,3.4). Er verstand nicht, warum Christus seine Macht nicht zu seiner Befreiung einsetzte (Jesaja 61,1b).
Der Herr Jesus nahm die Frage von Johannes zum Anlass, um seinen eigenen Auftrag zu beschreiben. Er war gekommen, um den leidenden Menschen in Israel zu helfen und durch die gute Botschaft ihre Herzen zu erreichen. Weil ihre Beziehung zu Gott nicht in Ordnung war, war dieser Dienst viel notwendiger als die Befreiung vom römischen Joch. Der Glaube konnte in den Werken und Worten des demütigen Jesus den von Gott gekommenen Messias anerkennen.
Ab Vers 7 spricht der Herr über Johannes den Täufer und ehrt ihn vor der Volksmenge:
- Er war nicht wankelmütig wie ein Schilfrohr, sondern verkündete unbeeinflusst die göttliche Botschaft.
- Er war kein angesehener Mann, der den Menschen zu Ehren verhalf. Im Gegenteil, er rief sie zur Buße auf.
- Er war mehr als ein Prophet, denn er war der direkte Wegbereiter von Christus und erlebte selbst, wie Dieser zu seinem Volk kam.
- Aber er gehörte noch zur alten Ordnung. Die Erlösten der Gnadenzeit besitzen eine höhere Stellung vor Gott als Johannes, der noch in der Zeit des Gesetzes lebte.
Vers 12 macht klar, dass in der neuen Zeitperiode Glaubensenergie nötig ist, um ins Reich der Himmel einzugehen. Denn man muss sich für den verworfenen Jesus von Nazareth entscheiden.
Widerstand gegen Christus
In den Versen 16-19 erklärt der Herr Jesus, dass die Menschen in Israel sich wie launische, eigenwillige Kinder benahmen:
- Als Johannes ihnen die Buße predigte, wollten sie nicht trauern, sondern unbekümmert weiter fröhlich sein. Weil er sich von ihrer Bosheit distanzierte und sie ernst zurechtwies, behaupteten sie einfach, er habe einen Dämon.
- Als Jesus Christus ihnen die Gnade brachte, wollten sie sich nicht daran freuen, sondern fasten und mit allen Mitteln am Gesetz festhalten. Weil Er ein offenes Herz für die Sünder hatte, bezeichneten sie Ihn frech als einen Fresser und Weinsäufer.
Aber die wenigen, die Buße taten und die Gnade in Christus annahmen, wurden Kinder der göttlichen Weisheit. Durch ihren Glauben rechtfertigten sie Gott. Mit ihrer Bekehrung sagten sie Ja zum Weg, den Er in seiner Weisheit zur Rettung von Sündern gegeben hat.
Gerade da, wo sein Zeugnis durch viele Wunderwerke am klarsten wahrgenommen werden konnte, wurde Jesus am deutlichsten abgelehnt. Wie gross war die Verantwortung für die Städte Chorazin, Bethsaida und Kapernaum, die trotz der Offenbarung göttlicher Gnade nicht Buße taten. Sie würden ein schwereres Gericht erfahren als Tyrus, Sidon und Sodom.
Daraus lernen wir, wie gross die Verantwortung der Menschen wiegt, die das Evangelium genau kennen, aber Jesus Christus als persönlichen Heiland ablehnen. Wenn sie unversöhnt mit Gott sterben, erwartet sie eine schreckliche Strafe (Lukas 12,47).
Ja, Vater, so war es wohlgefällig
Der Herr Jesus empfand den Unglauben in Israel, der in seiner Verwerfung klar zu Tage trat, zutiefst. Trotzdem konnte Er den Vater preisen, weil Er wusste, dass sich darin die vollkommenen Wege Gottes offenbarten. Denn Gott nahm die Ablehnung des Messias zum Anlass, um seinen ewigen Vorsatz zu erfüllen.
Den Weisen und Verständigen, die sich etwas auf ihre Gelehrsamkeit und Gesetzeskenntnis einbildeten, blieb das Neue verborgen. Gott offenbarte es nur denen, die Jesus Christus im kindlichen Glauben annahmen.
Es war der Vorsatz Gottes, die Ausführung seiner ewigen Pläne dem Sohn zu übergeben, der Mensch geworden war und Gott geblieben ist. Dieses Geheimnis seiner Person kann niemand verstehen und ergründen. Nur der Vater erkennt Ihn. Aber den Vater können wir erkennen, weil der Sohn Ihn offenbart hat (Johannes 1,18).
Die Offenbarung des Vaters entspringt völlig der göttlichen Gnade. Darum lädt der Heiland alle Mühseligen und Beladenen ein, zu Ihm zu kommen und ihre Sündenlast bei Ihm abzuladen. Dann übernimmt Er ihre Sache vor Gott und gibt ihnen Ruhe für das Gewissen.
Allen, die so zu Ihm gekommen sind, ruft der Herr nun zu: «Nehmt auf euch mein Joch.» Es ist das Joch der vollständigen Unterordnung unter den Willen des Vaters. Er selbst hat es auf sich genommen und ist so mit einem tiefen Frieden im Herzen seinen Weg gegangen. Nun möchte Er, dass die Glaubenden diese Ruhe auch geniessen, indem sie sich in ihrem Leben ganz Gott unterordnen.
Die Sabbatfrage
In den Versen 1-14 zeigt der Herr anhand von zwei Begebenheiten, dass mit seiner Verwerfung das jüdische System, das besonders durch den Sabbat gekennzeichnet war, durch etwas Neues abgelöst wurde.
Weil seine Jünger Hunger hatten, pflückten sie am Sabbat beim Vorbeigehen einige Ähren ab und assen die Körner. Sofort machten die Pharisäer dem Herrn deswegen einen Vorwurf. Anhand einiger Gründe erklärte Er ihnen, wieso der Sabbat seine Bedeutung verloren hatte:
- Als David, der gesalbte König, verworfen und verfolgt wurde, war er schuldlos, als er die Schaubrote ass, die nur die Priester essen durften. Wie sollte jetzt das Sabbatgebot noch gelten, wenn Christus, der von Gott gesandte König, abgelehnt wurde?
- Die Priester durften am Sabbat im Tempel ihren Dienst verrichten, weil der Tempel höher als der Sabbat war. Der Herr Jesus war noch grösser als der Tempel, denn in Ihm wohnte die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig (Kolosser 1,19; 2,9). Darum hatte Er das Recht, am Sabbat zu wirken.
- Gott hatte seinem Volk den Sabbat gegeben, weil Er barmherzig ist und ihnen einen Tag der Ruhe gewähren wollte. Die Pharisäer benutzten aber das Sabbatgebot, um andere zu verurteilen. Damit verfehlte der Sabbat bei ihnen die göttliche Absicht.
- Sohn des Menschen ist ein Titel, den Jesus Christus auf Grund seiner Menschwerdung trägt. Gleichzeitig blieb Er stets Gott. – Deswegen ist Er Herr des Sabbats, der das Sabbatgebot abschaffen konnte.
Der Mensch mit der verdorrten Hand
Mit der Heilung des Menschen, der eine verdorrte Hand hatte, unterstrich der Herr Jesus seine Aussagen über den Sabbat in den Versen 3-8. Zudem wurde durch diese Begebenheit klar, dass es den Pharisäern nicht um das Halten des Sabbats ging. Sie suchten vielmehr einen Grund, um den Heiland anklagen zu können.
Mit einem Vergleich aus dem Alltag offenbarte Jesus die böse Gesinnung der Pharisäer. Sie selbst hätten jederzeit am Sabbat ein Schaf aus der Grube geholt, aber der Kranke sollte nicht geheilt werden. Welche Heuchelei! In seinem Erbarmen machte der Herr diesen Mann gesund, denn die göttliche Gnade lässt sich von religiösen Formen weder einschränken noch aufhalten. Die Pharisäer verhärteten jedoch ihr Herz und überlegten, wie sie Ihn umbringen könnten. Aus diesem Grund zog sich der Herr zurück, denn sein Dienst in Israel war noch nicht abgeschlossen. Ohne Einschränkungen heilte Er alle, die mit Krankheiten und Gebrechen zu Ihm kamen. Doch Er wollte durch seine Wunderwerke nicht öffentlich bekannt werden, denn Er suchte nicht seine Ehre.
Wie treffend erfüllte sich das Wort aus Jesaja 42! Jesus Christus war der Knecht, der in seinem ganzen Leben das Wohlgefallen Gottes fand. Demütig und sanftmütig ging Er seinen Weg: Nie liess Er seine Stimme auf der Strasse hören, um bewundert zu werden. Nie zerstörte Er den schwachen Glauben eines Menschen, der mit einem Bedürfnis zu Ihm kam. Dieses Zitat macht zudem klar: Wenn die führenden Juden Ihn ablehnten, würde Er sich anderen Völkern zuwenden.
Die Lästerung des Geistes
Durch die Heilung des Besessenen entfaltete der Herr nochmals seine göttliche Macht. Dieses Wunder rief zwei Reaktionen hervor:
- Das allgemeine Volk fragte sich: Ist dieser vielleicht der Sohn Davids? Ihre Gedanken gingen in die richtige Richtung. Doch der springende Punkt war, ob sie Jesus Christus wirklich als Messias annehmen würden.
- Die Pharisäer schrieben diese Machtentfaltung, die sie nicht leugnen konnten, dem Teufel zu. Wie schlimm sah es in ihren ungläubigen und verstockten Herzen aus!
Geduldig ging der Herr auf diese böse Behauptung ein. Zuerst machte Er klar, wie absurd ihre Aussage war: Ein Reich kann nicht bestehen, wenn es sich selbst zugrunde richtet! Dann stellte Er die Sache richtig: Er trieb die Dämonen in der Kraft des Heiligen Geistes aus und bewies damit, dass das Reich Gottes in seiner Person zum Volk Israel gekommen war.
Ab Vers 31 weist Jesus Christus auf die Folgen dieses bösen Unglaubens der Pharisäer hin. Mit ihrer Behauptung lästerten sie den Heiligen Geist, weil sie sein Wirken in den vollkommenen Taten des Herrn Jesus bewusst ablehnten. Dafür gab es keine Vergebung.
Mit dem Beispiel eines Baums, der an seinen guten oder faulen Früchten identifiziert wird, offenbarte der Herr den Zustand der Pharisäer: Ihre frechen und angriffigen Aussagen kamen aus einem bösen Herzen. Zum Schluss warnt Er uns alle vor unnützen Worten. Wie schnell haben wir doch leichtfertig etwas dahingeredet, das wir besser nicht gesagt hätten!
Die Verwandten des Herrn Jesus
In ihrem Unglauben forderten die religiösen Leute von Jesus Christus ein Zeichen, nachdem Er bereits durch viele Wunder seine göttliche Allmacht bewiesen hatte. Da gab der Herr ihnen nur das Zeichen Jonas, das von seinem Tod und seiner Auferstehung spricht. Mit der Erfüllung dieser beiden Tatsachen würde dieses ungläubige Volk ihren Messias endgültig verlieren und das göttliche Gericht auf sich ziehen.
Um ihre Verantwortung hervorzuheben, verglich Jesus seine Zuhörer zuerst mit den Menschen von Ninive, die auf die Predigt Jonas Buße taten. Jetzt predigte ein grösserer Prophet als Jona in Israel. Trotzdem hörten sie nicht auf Ihn. Dann stellte Er die Juden der Königin von Scheba gegenüber. Diese unternahm eine weite Reise, um die Weisheit Salomos kennen zu lernen. Doch nun war ein grösserer König als Salomo in Israel. Dennoch wurde Er von seinem Volk nicht angenommen.
Die Verse 43-45 beschreiben das zukünftige Gericht des Volkes Israel. Der unreine Geist spricht vom Götzendienst. Im babylonischen Exil war das Haus Israel davon gereinigt worden. Aber es blieb leer, weil sie den Messias nicht aufnahmen. Darum wird in der Zukunft der Geist des Götzendienstes dieses Volk wieder erfüllen. Sie werden dem Antichristen nachfolgen und den römischen Herrscher anbeten (Offenbarung 13,12).
In den Versen 46-50 erklärt Jesus Christus, dass Er wegen seiner Verwerfung die natürliche Beziehung zum Volk Israel nicht mehr anerkannte, aber mit allen, die an Ihn glaubten, eine geistliche Beziehung einging.
Buchtipp: Bibel-Auslegung zum Matthäus-Evangelium
Einleitung
Der Römer-Brief belehrt uns über die grundlegenden Elemente unserer Errettung. Wir lernen hier vor allem, was Gott getan hat, als wir uns zu Ihm bekehrten. Dieser Brief hat eine klare Struktur, die uns hilft, die einzelnen Aussagen besser zu verstehen. Darum geben wir hier eine kurze Übersicht:
Kapitel 1,1-17: Einleitung
Diese einführenden Verse machen uns mit dem Thema dieses Briefs bekannt: Es ist das Evangelium Gottes.
Kapitel 1,18 – 5,11: Das Problem der Sünden
Wir haben alle gesündigt und sind darum schuldig vor Gott. Doch wir müssen nicht verzweifeln. Jesus Christus, der Sohn Gottes, ist am Kreuz gestorben. Wer an Ihn und sein Erlösungswerk glaubt, wird von Gott von jeder Schuld freigesprochen und als gerecht erklärt.
Kapitel 5,12 – 8,39: Das Problem der Erbsünde
Als Nachkommen Adams besitzen wir alle in uns die Sünde, dieses böse Prinzip, das uns zum Sündigen zwingt. Um von dieser Macht befreit zu werden, sind wir mit Christus der Sünde gestorben. Gott rechnet uns bei der Bekehrung den Tod des Herrn Jesus an. Darum müssen wir nicht mehr sündigen.
Kapitel 9 – 11: Der Weg Gottes mit Israel
Gottes Heilsangebot richtet sich ohne Unterschied an alle Menschen. Doch auch die speziellen Verheissungen für das Volk Israel werden sich alle erfüllen.
Kapitel 12 – 16: Die Antwort des Glaubenden
Der Erlöste darf in seinem Leben Gott durch Hingabe und Gehorsam eine Antwort auf seine wunderbare Errettung geben.
Römer 1,1-7
Der Brief an die Römer behandelt die Frage, wie ein sündiger Mensch mit dem heiligen Gott versöhnt werden kann. Er zeigt, dass dies nur auf der Grundlage des Opfers von Jesus Christus möglich ist.
Nach dem belehrenden Teil (Kapitel 1 – 11) folgen praktische Ermahnungen und Hinweise für alle, die durch den Glauben an Jesus Christus und sein am Kreuz vollbrachtes Erlösungswerk Frieden mit Gott haben.
Der inspirierte Schreiber dieses Briefs ist Paulus, der seine Botschaft mit der Autorität eines berufenen Apostels weitergibt. Bereits in den ersten Versen kommt er auf den Inhalt seiner Mitteilung zu sprechen. Es ist das Evangelium: eine gute Botschaft, die aus dem Herzen Gottes kommt. Das Hauptthema des Evangeliums Gottes ist sein Sohn, der als Mensch Jesus Christus hier gelebt und den Tod am Kreuz erlitten hat, aber aus den Toten auferstanden ist. Wir glauben an einen lebenden Herrn.
Wenn der Apostel Paulus von seinem Dienst spricht, sagt er, er habe sein Apostelamt empfangen, um die Menschen zum Glaubensgehorsam zu führen. Es braucht Glauben, um das zu erfassen, was Gott in der Bibel sagt. Aber ebenso wichtig ist, dass man diese göttlichen Anweisungen auch befolgt. Dazu ist Gehorsam nötig.
Die Empfänger dieses Briefes waren zunächst die gläubigen Christen in Rom. Aber das Evangelium richtet sich an alle Menschen. Darum gilt die Botschaft dieses Briefes auch uns.
Paulus und die Gläubigen in Rom
Wenn der Apostel Paulus an die Gläubigen in Rom dachte, konnte er Gott danken, denn sie lebten ihren Glauben Tag für Tag aus. Ein solches Leben hinterliess in der ganzen Welt ein Zeugnis für Gott. Doch wenn er für diese Glaubenden betete, brachte er auch einen Wunsch seines Herzens vor Gott: Er wäre gern einmal zu ihnen nach Rom gekommen, um jenen Christen «etwas geistliche Gnadengabe mitzuteilen». Das bedeutet, dass er ihnen gern das Wort Gottes verkündigt hätte, entsprechend dem Auftrag, den er vom Herrn empfangen hatte. Zudem hoffte er, dass dieser Besuch zur gegenseitigen Ermunterung sein würde.
Schliesslich wünschte Paulus, dass durch seinen Dienst bei den Glaubenden in Rom etwas Frucht für Gott entstehen möchte. Die Briefempfänger waren schon bekehrt. Sie kannten aber noch nicht alles, was Gott am Tag ihrer Bekehrung gewirkt hatte. Darum wollte er ihnen das Evangelium verkündigen, indem er ihnen die grossen Heilstatsachen erklärte (Vers 15).
Das Evangelium ist Gottes Kraft. Es ist nicht nur eine Lehre, sondern das Wort Gottes, das Menschen, die es im Glauben annehmen, verändert. Es rettet die Glaubenden für Zeit und Ewigkeit. Es zeigt uns aber auch Christus, der am Kreuz die Strafe Gottes für unsere Sünden und das Gericht Gottes für die Sünde und ertrug. Auf der Grundlage dieses Werkes kann sich Gottes Gerechtigkeit im Evangelium offenbaren: Der Glaubende wird gerecht gesprochen.
Die gottlosen Heiden
Von Kapitel 1,18 bis Kapitel 5,11 wird nun das Problem der Sünden der Menschen behandelt.
Jeder Mensch hat die Rechtfertigung aus Glauben nötig, denn jeder hat gesündigt und somit den Zorn Gottes auf sich gezogen. Jeder ist vor Gott verantwortlich, auch der, der die Bibel nicht kennt. Gott hat in der Schöpfung sowohl seine Kraft als auch seine Göttlichkeit offenbart, «damit sie ohne Entschuldigung seien».
Aber anstatt sich vor Gott, dem Schöpfer, zu beugen und Ihn zu verehren, hat der Mensch sich seit den Tagen Noahs von Gott weg dem Götzendienst zugewandt. Davon reden die Verse 21-23.
Und was ist die Folge, wenn der Mensch Gott den Rücken kehrt und nur nach seinen Begierden lebt? Bis heute geht Götzendienst mit sittlichem Verfall einher. Das finden wir in den Versen 24 und 25.
Doch es führt noch weiter. In den Versen 26 und 27 haben wir die Unmoral, in die Gott die Menschen laufen lässt, die nichts von Ihm wissen wollen. Sowohl lesbische Praxis als auch Homosexualität ist Sünde in Gottes Augen.
In Vers 28 steht zum dritten Mal in diesen Versen, dass Gott sie hingegeben hat. Dann folgt eine lange Liste von Ausdrücken, wovon einige mit Gewalttätigkeit zu tun haben. Es ist eine schreckliche Tatsache im Leben und in der Geschichte der Menschen, dass sie voll Gewalttat und Blutvergiessen sind.
Die selbstgerechten Menschen
In den ersten fünf Versen werden jetzt Menschen beschrieben, die anständig leben wollen. Sie kommen ihren Pflichten nach und verwerfen grobe Sünden. Aber sie richten die, die nicht so leben wie sie. Und diesen Richtgeist, der oft milde mit sich selbst und streng mit den anderen ist, verurteilt Gott. Doch Er muss den Anständigen noch etwas Zweites vorhalten: Sie lassen sich nicht durch die Güte Gottes zur Buße leiten. Er greift in ihr Leben ein, aber anstatt Buße zu tun, sind sie störrisch und kehren nicht um. Auch sie werden Gottes gerechtes Gericht empfangen.
Die Erwähnung des Gerichts Gottes führt in den Versen 6-16 zu einigen grundsätzlichen Tatsachen über sein Handeln im Gericht. Gott richtet jeden nach dem, wie er wirklich gelebt hat (nach seinen Werken).
In Vers 7 haben wir das, was Gott anerkennt; aber nur ein bekehrter Mensch kann so leben, wie es hier steht.
In den Versen 8 und 9 haben wir, was Gott verurteilt. Dies betrifft den unbekehrten Menschen. Wenn Gott richtet, berücksichtigt Er das Mass der Kenntnis von Ihm und seinem Willen (Verse 9.10).
Die ernste Schlussfolgerung in den Versen 12 und 16 ist, dass alle Menschen unter das Gericht Gottes fallen, weil sie getan haben, was Ihm missfällt. Wie kann man diesem Tag des Gerichts entfliehen? Nur durch den Glauben an den Herrn Jesus, der gesagt hat: «Wer an mich glaubt, wird nicht gerichtet.»
Die religiösen Juden
Bis jetzt haben wir zwei Gruppen von Menschen gesehen: die Unmoralischen und die Anständigen. Jetzt kommt noch eine dritte Kategorie vor uns: die Religiösen. Sie werden uns anhand der Juden geschildert. Der religiöse Mensch kennt, liest und hört Gottes Wort, tut es aber nicht. Gott verurteilt drei Verhaltensweisen solcher Leute.
Die Verse 17-20 schildern den Hochmut religiöser Menschen. Sie sind stolz darauf, die Bibel zu besitzen und eine äusserliche Beziehung zu Gott zu haben. Sie meinen, alles richtig beurteilen und andere führen zu können. Welch eine Anmassung! Als Glaubende wollen wir daraus lernen, bescheiden zu sein, nicht hoch von uns zu denken und in echter Demut zu leben.
Zu den Versen 21-24 könnte man sagen: Der religiöse Mensch äussert sich als Moralapostel. Er predigt Wasser und trinkt Wein, wie man so sagt. Wer das Wort Gottes nur predigt, aber nicht danach lebt, schadet dem Namen Gottes. Er bringt Gott in Verruf, der die Anordnungen in der Bibel gegeben hat.
Die Beschneidung ist das äussere Zeichen der Zugehörigkeit zur jüdischen Religion. Wenn ein Jude aber trotz seiner Beschneidung ungerecht und ungehorsam lebt, ist er ein Gesetzes-Übertreter. Er steht auf der gleichen Stufe wie ein Nicht-Jude. Er bildet sich auf die Zugehörigkeit zur richtigen Religion etwas ein, ist aber innerlich weit von Gott entfernt. Darum spricht Paulus in Vers 29 von der Beschneidung des Herzens. Damit meint er den Gehorsam gegenüber Gott und seinem Wort. Das ist entscheidend.
Kritische Fragen
Dieser Abschnitt ist nicht so leicht zu verstehen. Doch der Apostel möchte in diesen Versen drei falschen menschlichen Schlussfolgerungen entgegentreten.
Die Juden besassen das Wort Gottes (das Alte Testament). Bewies nun der Unglaube von einigen dieser religiösen Menschen, dass Gottes Wort mangelhaft ist? Nein, das kann nicht sein. Gott ist treu, sein Wort ist vollkommen und Er steht zu seinen Aussagen (Verse 1-4).
In den Versen 5-7 wird das Gericht Gottes in Frage gestellt. Wenn das ungerechte Verhalten des Menschen die Herrlichkeit Gottes erst recht hervorhebt, ist Er dann nicht ungerecht, wenn Er das Böse richtet? Auch dieser verkehrten Schlussfolgerung widersteht der Apostel, indem er sagt: «Das sei ferne!»
Die dritte falsche Schlussfolgerung ist noch schlimmer. Man sagt: Böses fördert das Gute. Das wird im Ausspruch: «Lasst uns das Böse tun, damit das Gute komme!», behauptet. Eine solche Aussage ist nicht nur verkehrt, sie offenbart auch eine böse innere Einstellung. Darauf antwortet der Apostel: Wer so spricht, den wird das gerechte Gericht Gottes treffen.
Aus diesen Versen lernen wir drei Tatsachen:
- Der Mensch kann das Gute von Gott nur verderben.
- Alles Böse wird von Gott gerichtet und bestraft.
- Doch Gott kann aus dem Bösen Gutes hervorbringen. Denken wir nur an Golgatha! Der Hass der Menschen hat Jesus Christus ans Kreuz gebracht. Aber sein Opfertod wurde zur Grundlage der Errettung für jeden, der Buße tut und an Ihn glaubt.
Alle Menschen sind schuldig
In diesem Abschnitt finden wir das abschliessende Urteil Gottes über alle Menschen, egal zu welcher der drei vorgestellten Gruppen jemand gehört.
Alle Menschen sind schuldig, denn alle haben gesündigt. Sieben Bibelstellen aus dem Alten Testament belegen dies. Der Mensch ist im Kern verdorben. Kein Gerechter, keiner in Übereinstimmung mit Gott, alle unbrauchbar für Ihn! Aber der Mensch sündigt auch mit seinen Worten (Verse 13.14). Und sein Tun ist sündig (Verse 15-17). Das letzte Zitat: «Es ist keine Furcht Gottes vor ihren Augen», zeigt, dass auch das Innere des Menschen und seine Beweggründe sündig sind.
Wie niederschmetternd lautet das Urteil Gottes in Vers 19! Es betrifft alle Menschen, sowohl die Religiösen, denen der Mund verstopft wird, als auch die Unmoralischen und die Anständigen, die ohne Gott leben. «Die ganze Welt ist dem Gericht Gottes verfallen.»
Im letzten Vers dieses Abschnitts erwähnt Paulus das Gesetz. Er meint damit die zehn Gebote. Sie sind Gottes Minimalanforderungen an den Menschen. Weil er aber ein Sünder ist, kann er Gottes Gebote nicht halten. Wer versucht, sie zu halten, um dadurch vor Gott gerecht zu werden, wird scheitern. Das Gesetz kann den Menschen nicht retten. Es zeigt ihm nur, wie sündig er ist. Das Gesetz gleicht einem Spiegel, der aufdeckt, wie schmutzig ich bin. Doch er kann mich nicht sauber machen.
Gottes Gerechtigkeit im Evangelium
Der neue Abschnitt beginnt mit den Worten: «Jetzt aber.» Es ist die Zeit der Gnade, in der wir leben. Wir haben gesehen, dass das Gesetz (die zehn Gebote) die Sünde des Menschen nur aufzeigt, ihm aber nicht helfen kann. Gottes Lösung für das Problem unserer Sünden wird jetzt vorgestellt. Es geht um seine Gerechtigkeit, die durch das Erlösungswerk Christi am Kreuz erwirkt wurde. Der Heiland, der absolut gerecht gelebt hat, ging freiwillig für unsere Sünden ins Gericht Gottes. In den drei Stunden der Finsternis am Kreuz hat Ihn die gerechte Strafe über unsere Sünden getroffen. Er hat in diesem Gericht ausgeharrt, bis Er rufen konnte: «Es ist vollbracht!» Dadurch hat Er diese göttliche Gerechtigkeit erworben, die nun allen Menschen angeboten wird. Doch sie kommt nur denen zugut, die sie im Glauben ergreifen.
Vers 24 macht klar, dass Menschen, die gesündigt und Schuld auf sich geladen haben und dem Gericht Gottes entgegengehen, umsonst gerechtfertigt werden können. Der Mensch kann für das Heil nichts bezahlen. Ein anderer hat bezahlt: Jesus Christus. Er hat das Sühnmittel gegeben: sein Blut. Wer sich im Glauben auf Jesus Christus und sein Erlösungswerk stützt, wird vor Gott gerechtfertigt. Unendliche Gnade!
Gott hat auch den alttestamentlichen Gläubigen vergeben. Aber Er hat jene Sünden hingehen lassen, denn Er sah das Werk seines Sohnes voraus. Die Sühnung jener Sünden geschah erst in den drei Stunden der Finsternis am Kreuz. Wie umfassend ist doch das Erlösungswerk unseres Heilands!
Aus Glauben gerechtfertigt
«Wo ist nun der Ruhm?» Der Apostel stellt diese Frage, weil es ein tief verwurzeltes Problem des Menschen ist, dass er geehrt werden will. Darum meint er auch, durch seine guten Taten Anerkennung bei Gott zu finden. Wie viele Menschen denken, Gott würde ihr Leben anhand einer Waage beurteilen. Auf die eine Schale lege Er die Sünden, auf die andere ihre vermeintlich guten Werke. Sie hoffen, die guten Werke würden die Sünden aufwiegen. Aber Gott benutzt in dieser Hinsicht keine Waage, denn 10 000 gute Werke eines Menschen nehmen nicht eine einzige Sünde weg. Der sündige Mensch kann nur durch das «Gesetz des Glaubens» vor Gott gerechtfertigt werden, d.h. indem er sich im Glauben auf das Erlösungswerk und den Erlöser stützt. Dabei fällt alle Ehre Gott zu. Da bleibt nicht der geringste Ruhm für den Menschen.
Wie herrlich ist die Botschaft der Verse 29 und 30! Gott ist der Gott aller Menschen. Das Angebot der Rechtfertigung gilt für religiöse und gottlose Menschen. Man kann sie aber nur durch den Glauben erlangen. Beim religiösen Menschen heisst es: «gerechtfertigt aus Glauben», im Gegensatz zu den menschlichen Anstrengungen. Beim gottlosen Menschen wird der Ausdruck «gerechtfertigt durch Glauben» benutzt, im Gegensatz zu einem anständigen Leben ohne Gott.
Durch den Glauben wird das Gesetz in keiner Weise aufgehoben. Es bleibt als Anzeiger für das, was Sünde in Gottes Augen ist, bestehen. Das ist der Nutzen des Gesetzes (Römer 7,7).
Keine Rechtfertigung aus Werken
In diesem Kapitel wird von Abraham und David gesprochen, die bereits zur Zeit des Alten Testaments Rechtfertigung und Vergebung durch den Glauben an die Gnade und Allmacht Gottes erlangten. Paulus spricht von Abraham als «unserem Vater». Dieser Patriarch ist eine wichtige Person für die Menschen aus dem Volk Israel, aber auch für uns, die Glaubenden der Zeit der Gnade.
Abraham ist nicht aufgrund seiner Taten gerechtfertigt worden. Nein, er glaubte Gott aufs Wort und das wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Wer sein Heil selbst erwirken will, dem sagt Gott, was er schuldig ist. Doch keiner kann es bezahlen. Wer aber nicht wirkt, sondern sich im Glauben auf das vollbrachte Erlösungswerk stützt, bekommt die Rechtfertigung geschenkt. Wie wunderbar! Auch David hat ohne Werke Vergebung empfangen und ist glücklich geworden.
Keine Rechtfertigung durch das Gesetz
Die Juden sind stolz auf ihre Abstammung von Abraham. Er ist tatsächlich ihr Stammvater. Aber er glaubte, bevor er beschnitten wurde. Darum ist er der Vater aller Glaubenden, die abstammungsmässig nicht zum Volk Israel gehören. Das Glück der Rechtfertigung empfängt auch der Glaubende mit nichtjüdischer Herkunft.
Abraham bekam nachher das Siegel der Beschneidung als Bestätigung seines Glaubens. Darum ist er auch der Vater der Glaubenden mit jüdischem, religiösem Hintergrund. Das Glück der Rechtfertigung gilt auch den Glaubenden, die äusserlich zum Volk Israel gehören.
Die Verheissung im Blick auf das Erbe bedeutet Gottes Versprechen für die Zukunft der Glaubenden. Er hat uns tatsächlich Herrliches versprochen. Aber dieses zukünftige Teil bekommen wir nicht durch das Gesetz. Weil niemand das Gesetz halten kann, bewirkt es Zorn, d.h. göttliche Verurteilung am grossen weissen Thron und eine Zukunft im Feuersee. Nein, unser Erbe ist aus Glauben und nach Gnade. Wir glauben das, was Gott uns verheissen hat, und Er schenkt uns das Erbe aus Gnade.
Die Auferstehungsmacht Gottes
Gott bringt Leben aus dem Tod hervor. Abraham hatte die Verheissung Gottes, dass er und Sara einen Sohn bekommen würden. Aber beide waren biologisch gesehen zu alt, um Kinder zu bekommen. Doch der Glaube Abrahams war so stark, dass er Gott und seinem Wort vertraute, obwohl es keine Hoffnung mehr gab. Er wusste, dass Gott nicht nur mächtig, sondern allmächtig ist. Er vertraute dem Allmächtigen und kam dadurch im Blick auf die Verheissung zu einer «vollen Gewissheit». Diesen Glauben hat Gott bestätigt und es ihm als Gerechtigkeit angerechnet.
Dies alles aber steht nicht nur wegen Abraham in der Bibel. Es ist auch für uns geschrieben. Wir glauben wie Abraham, dass Gott aus dem Tod Leben hervorbringen kann. Er bewies es in der Auferweckung des Herrn Jesus. Christus ist aus den Toten auferstanden. Am Kreuz hat Er die Strafe für unsere Sünden erduldet und ist gestorben. Das ist die Grundlage unserer Rechtfertigung. Aber der Segen der Rechtfertigung fliesst uns durch den Auferstandenen zu.
Frieden mit Gott
Nachdem die Rechtfertigung aus Glauben als Antwort auf das Problem unserer Sünden vorgestellt wurde, folgt ein Lobpreis. In diesen Versen heisst es dreimal, dass wir uns rühmen. Wir rühmen uns in der Hoffnung (Verse 1.2), in der Trübsal (Verse 3-10) und wir rühmen uns Gottes (Vers 11).
In den Versen 1 und 2 geht es um unsere Vergangenheit, um die Gegenwart und um unsere Zukunft. Unsere Vergangenheit als Glaubende ist mit Gott geordnet. Wir sind gerechtfertigt und haben Frieden mit Ihm. Jetzt in der Gegenwart haben wir freien Zugang zu Gott. Wir stehen in seiner Gunst. So dürfen wir in jeder Lage zu Ihm kommen – auch dann, wenn wir in Sünde gefallen sind. Unsere Zukunft ist völlig gesichert. Wir werden in seine Herrlichkeit eingehen.
Die Trübsale umfassen alle Prüfungen, die Gott auf unseren Lebensweg legt. Dadurch möchte Er etwas in unserem Leben erreichen. Wir sollen in der Not bei Gott ausharren, in den Übungen Erfahrungen mit Ihm machen und unser ganzes Vertrauen auf Ihn setzen. Es ist gut, wenn wir in schweren Tagen an die Liebe Gottes und an unseren Erlöser denken, wie Er am Kreuz für uns gestorben ist, als wir noch ohne Gott in der Sünde lebten. Die Beschäftigung mit der Liebe Gottes wird unsere Herzen auch in der Trübsal froh machen.
In Vers 11 rühmen wir Gott, den Geber von allem, was uns Gläubigen geschenkt ist. Der Geber ist grösser als die Gabe. Wir sind nicht nur glücklich bei Gott, weil Er uns so viel gibt, sondern weil Er ein so wunderbarer, gnädiger und liebender Gott ist.
Die Stellung von Gerechten
Jetzt behandelt der Apostel das Problem der Erbsünde. Und die Lösung? Es ist der Tod des Herrn Jesus. Beim Problem der Sünden stand sein Blut als Lösung vor uns (Römer 3,25; Hebräer 9,22).
Fast in jedem Vers dieses Abschnitts gibt es eine Gegenüberstellung. Es geht um zwei Gruppen oder Familien von Menschen. Beide haben ein Oberhaupt und beide Anführer haben eine Tat vollbracht, die für ihre Familie ein weitreichendes Ergebnis zur Folge hat.
Durch Adam ist die Sünde in die Welt gekommen und damit der Tod. Jedes Baby, das geboren wird, gehört zur Familie von Adam und trägt bereits den Keim des Todes in sich. Es hat die Erbsünde in sich.
Im Kontrast zu Adam wird in diesen Versen Jesus Christus vorgestellt als das Haupt einer anderen Gruppe oder Familie. Es sind alle Glaubenden. Sie kommen in den Genuss von dem, was Christus am Kreuz vollbracht hat. Ihnen ist die Gnade zuteil geworden.
In Vers 18 wird sowohl im Blick auf Adam als auch auf Christus von allen Menschen gesprochen. Es geht um die Zielrichtung. Aufgrund des Todes von Jesus Christus können alle die Rechtfertigung des Lebens bekommen. Aber nur die, die an Ihn und seinen Opfertod glauben, empfangen dieses Geschenk wirklich.
In Vers 19 ist von unserer Stellung als Gläubige die Rede. Wir haben sie bekommen, weil der Herr Jesus bis in den Tod am Kreuz gehorsam war. Möchten wir mehr die wunderbare Gnade rühmen, die uns zum ewigen Leben geführt hat!
Frei von der Sünde
In diesem Kapitel werden wir belehrt, dass wir als Gläubige nicht mehr sündigen müssen, obwohl wir die Erbsünde, dieses böse Prinzip, noch in uns haben. Wie geht das? Wir sind mit Jesus Christus der Sünde gestorben, d.h. Gott rechnet uns den Tod unseres Erlösers an, durch den wir von der Macht der Sünde befreit worden sind. Da wir aber noch sündigen können, helfen uns diese Verse, täglich frei von der Sünde zu leben.
Das Kapitel beginnt mit der rhetorischen Frage: Sollen wir weiter den Begierden der in uns wohnenden Sünde nachgeben und sündigen? Nein, niemals. Wir sind doch der Sünde gestorben. In der Taufe haben wir bezeugt, dass wir gestorbene Leute sind, die auf die Sünde nicht mehr reagieren wollen. Vielmehr möchten wir mit dem Herrn Jesus ein neues Leben führen.
Vor unserer Bekehrung wurden wir von der Sünde beherrscht. Das war «unser alter Mensch». Seitdem wir geglaubt haben, betrachtet Gott diesen alten Menschen als mit Christus gekreuzigt. Am Kreuz hat Er mit ihm abgerechnet, und zwar in der Person unseres Stellvertreters. Nun dürfen wir als solche leben, die der Sünde gegenüber tot sind. Wir reagieren nicht mehr auf ihre Begierden. Wir müssen nicht mehr sündigen. Möchten wir dies Tag für Tag verwirklichen!
Gott zur Verfügung stehen
Vers 8 schaut in die Zukunft. Einst werden wir das Auferstehungsleben fern von Sünde und Tod mit dem Herrn Jesus teilen. Darum sollten wir bestrebt sein, jetzt schon durch Gottes Gnade ein reines, sündloses Leben zu führen (Vers 11).
Vers 12 schliesst direkt an die Ausführungen in den Versen 5-11 an. Gott fordert uns mit Bestimmtheit auf, der Sünde nicht nachzugeben. Wir sollen auch unsere Glieder – Mund, Hände, Füsse – nicht in den Dienst der in uns wohnenden Sünde stellen, sondern uns mit allem, was wir sind, Gott zur Verfügung stellen. Das wird zu einem glücklichen Leben der Freiheit, aber auch der Dankbarkeit für die erfahrene Gnade führen.
Gehorsam, Gerechtigkeit, Heiligkeit
In Vers 15 folgt die zweite rhetorische Frage. Das Gesetz sagt klar, was Sünde ist. Und die Gnade? Ist das Sündigen unter der Gnade weniger schlimm? Niemals! Das Bewusstsein der Gnade führt uns dahin, es mit der Sünde noch ernster zu nehmen.
Zum besseren Verständnis gebraucht der Apostel zweimal das Beispiel der Sklaverei:
- Vor unserer Bekehrung waren wir Sklaven der Sünde, der Unreinheit und der Gesetzlosigkeit. Wir mussten sündigen, wir wurden von unreinen Begierden getrieben und sündigten, wir handelten eigenwillig.
- Jetzt hat sich das geändert. Wir wünschen nun aus Liebe zum Herrn, Gott in allem zu gehorchen. Wir sind Sklaven der Gerechtigkeit geworden. Als solche sind wir fähig, ein Leben zu führen, das in Übereinstimmung mit Gott ist. Ja, wir sind Gott zu Sklaven geworden. Das bedeutet: Als Erlöste sind wir Ihm von Herzen gehorsam. Die Frucht eines solchen Lebens ist praktische Heiligung (konsequente Trennung von allem Bösen und Hingabe an Gott) und das Ende davon ewiges Leben.
Frei vom Gesetz
Nun zeigt der Apostel, wie der Gläubige vom Gesetz (vor allem den zehn Geboten) befreit ist. Er muss es nicht erfüllen, um zu Gott zu kommen. Er hat ja durch den Glauben an den Erlöser bereits Frieden mit Gott und steht in seiner Gunst. Das Gesetz ist auch nicht seine Lebensregel. Jesus Christus ist der Massstab für sein Verhalten.
Anhand des Ehegesetzes erklärt Paulus, wie der Gläubige vom Gesetz befreit ist. Wenn der Ehemann einer Frau gestorben ist, ist sie frei, sich mit einem anderen Mann zu verheiraten. In der Anwendung auf die Gläubigen dreht Paulus die Sache um. Nicht das Gesetz ist gestorben, sondern wir, die wir uns bekehrt haben. Dies geschah durch den Leib des Christus, denn Gott sieht uns im Tod von Christus ebenfalls als gestorben an. Dadurch sind wir frei vom Gesetz. Ein Toter steht nicht mehr unter den Forderungen des Gesetzes.
Als Gläubige sind wir mit dem auferstandenen Herrn verbunden. In dieser neuen Beziehung können wir Gott Frucht bringen, d.h. für Ihn leben (Vers 4).
Dass wir vom Gesetz losgemacht sind, ist auch für unser tägliches Glaubensleben wichtig. Wir möchten gern Gottes Willen tun, Ihm dienen. Aber wir tun dies nicht, indem wir das Gesetz zu unserer Lebensregel machen (das Alte des Buchstabens). Nein, wir dienen im «Neuen des Geistes», d.h. in der Verbindung, die wir jetzt zu Christus haben. Unser Leben richtet sich nach Ihm aus. Ihm möchten wir so viel wie möglich gefallen.
Das Gesetz ist gut, die Sünde ist böse
In diesen Versen wird der Nutzen des Gesetzes (der Gebote) aufgezeigt: Durch das Gesetz erkennt der Mensch, was Sünde in den Augen Gottes ist. Wenn wir an die zehn Gebote denken, müssen wir sagen: Sie sind gut, denn sie kommen von Gott. Das Problem liegt bei uns Menschen, und zwar in verschiedener Hinsicht:
Anhand des Gesetzes erkennen wir, was Sünde ist. Darum hat das Gesetz auch in unserer Zeit seine Bedeutung. Das ist das Erste.
Sobald jedoch ein Verbot vorliegt, regt sich in uns die Begierde, das Unerlaubte erst recht zu tun (Vers 8). Diese Erfahrung macht jeder, der Kinder hat und sie erzieht: Verbote reizen zum Ungehorsam.
Und wenn jemand sich aufrichtig Mühe gibt, die Gebote zu halten? Aus eigener Anstrengung wird er es nicht schaffen, immer alle Gebote zu erfüllen. Darum erweist sich das Gebot, das zum Leben gegeben war, zum Tod (Vers 10).
Aber worin besteht der in Vers 11 erwähnte Betrug? Die in uns wohnende Sünde sagt: Du kannst das Gesetz erfüllen, du musst dich nur anstrengen und an dir arbeiten. Aber das ist ein Betrug. Wir erfahren bald, dass wir es nicht schaffen. Da nützen auch alle guten Vorsätze nichts.
Die Verse 12 und 13 fassen die Resultate zusammen: Durch das Gesetz kommt die Sünde in ihrer ganzen Verdorbenheit ans Licht. Und diese im Menschen wohnende Sünde führt zu dem hoffnungslos toten Zustand, in dem sich jeder Ungläubige befindet – ob er es wahr haben will oder nicht.
Befreiung durch Jesus Christus
Ab Vers 14 spricht nun ein bekehrter Mensch. Weil es eine Kehrtwendung in seinem Leben gab, möchte er nun ein Leben führen, das Gott gefällt. Doch er versucht es aus eigener Kraft und kommt zur Einsicht: Das schaffe ich nicht. Er stellt dabei Folgendes fest:
- Das Gesetz ist gut, der Mensch aber schlecht (Vers 14).
- Der Mensch ist ein Sklave der Sünde. Er will das Gute tun, aber er hat keine Kraft dazu. Die in ihm wohnende Sünde führt ihn dahin, das Böse zu tun, obwohl er das Gute zu tun wünscht.
- Als bekehrter Mensch lernt er zwischen seiner Persönlichkeit und der in ihm wohnenden Sünde zu unterscheiden (Vers 17).
- Durch die Erbsünde, die stärker als sein Wille ist, wird ihm klar, dass nichts Gutes in ihm wohnt.
Die Verse 19-21 zeigen, dass es sich um einen bekehrten Menschen handelt. Denn nur jemand, der neues Leben hat, will Gott gefallen und das tun, was vor Gott recht ist. Aber die Kraft der Sünde in ihm ist stärker als der Wunsch, zur Freude Gottes zu leben. Wie kommt man aus einem solchen Elend heraus? Die Hilfe muss von aussen kommen.
Zu diesem Ergebnis gelangt dieser Mensch in Römer 7. Nun hört er auf, sich selbst helfen zu wollen und sucht die Hilfe bei Gott. Er dankt Ihm dafür, dass der Herr Jesus auch für dieses Problem die Lösung ist (siehe Römer 8). Doch er weiss jetzt auch, dass er zwei Naturen hat: die alte, unverbesserliche, und die neue, von Gott geschenkte.
Eckpunkte der Befreiung
Am Ende von Kapitel 7 hat der bekehrte Mensch von sich weg auf den Herrn Jesus geblickt. Jetzt wird gesagt, dass es für den Glaubenden keine Verdammnis mehr gibt, obwohl die Sünde noch in ihm ist. Wie kommt es zu einer Befreiung von der Gesetzmässigkeit der Sünde und des Todes, die wir in Römer 7 sahen? Durch den Herrn Jesus, der das Urteil über die Sünde damals am Kreuz auf sich genommen hat und gestorben ist. Er starb für das, was wir von Natur sind. Uns Glaubenden hat Gott ein neues Leben geschenkt. Zudem haben wir den Heiligen Geist empfangen, der die Kraft für dieses Leben ist.
Nun liegt es an uns, die wir an den Herrn Jesus glauben, in der Kraft des Heiligen Geistes ein Gott wohlgefälliges Leben zu führen. Das ist ein Wandel nach dem Geist (Vers 4).
Buchtipp: Leben in Freiheit
In der Freiheit leben
Da wir neben dem neuen Leben noch die alte Natur haben, besteht die Gefahr, dass wir der Sünde in uns nachgeben. Dann leben wir nach dem Fleisch (Vers 5) und das ist zur Unehre des Herrn.
In Vers 9 spricht der Apostel die Glaubenden an. Weil der Geist Gottes in jedem Gläubigen wohnt, sollte dies auch im praktischen Leben sichtbar werden. Wie? Indem durch das Wirken des in uns wohnenden Heiligen Geistes die Wesenszüge des Herrn Jesus an uns gesehen werden. Dann ist Christus in uns, wie Vers 10 es sagt. Und einmal wird auch unser sterblicher Körper, in dem jetzt noch die Sünde ist, lebendig gemacht, d.h. erlöst. Garantie dafür ist der Heilige Geist in uns.
Schuldner, Söhne, Kinder, Erben
Gott möchte nicht, dass die Gläubigen wieder der Sünde, die in ihnen wohnt, nachgeben. Wir sollen nicht nach dem Fleisch leben, denn dadurch kommen wir auf einen Weg des Todes, obwohl wir wissen, dass kein Gläubiger sein Heil wieder verlieren kann. Aber Gott redet ernst, wenn es um die Sünde im Leben seiner Kinder geht.
Gott wünscht von all den Seinen, dass sie im Geist leben, dass sie sich mit Christus beschäftigen, damit Er ihr Herz und Leben praktisch erfüllen kann. Dadurch, dass der Geist Gottes in uns wohnt und dieser uns leitet, sind wir Söhne Gottes geworden. Wir sind von Ihm als Söhne angenommen. Welch eine grossartige Tatsache! Wir dürfen freimütig und mit frohem Zutrauen «Abba, Vater» zu Gott sagen. Was sind wir doch für bevorrechtete Menschen!
In Vers 16 werden wir als Kinder bezeichnet. Kinder Gottes sind wir durch die Neugeburt geworden. Wir sind in die Familie Gottes hineingeboren worden. Der Heilige Geist, der in uns wohnt, lässt uns dies auch empfinden. Er gibt uns durch die Aussagen der Bibel die Gewissheit, dass wir jetzt schon Kinder des himmlischen Vaters sind. Wir dürfen seine Liebe erfahren und geniessen.
Als Kinder sind wir auch Erben. Der Augenblick wird kommen, da der Herr Jesus, der Erstgeborene vieler Brüder, der Haupterbe, seine Herrschaft über das Universum antreten wird. Dann werden wir mit Ihm erben.
Die Erlösung des Körpers
Im Anschluss an Vers 17 kommt der Apostel nun auf die Leiden zu sprechen, die jetzt das Teil der Glaubenden sind, denn unser Körper ist noch nicht erlöst. Er gehört zur ersten Schöpfung, die durch den Sündenfall Adams unter den Fluch gekommen ist und immer noch seufzt. Aber wir haben eine Hoffnung. Darum harren wir in den Leiden aus.
In dieser Zeit des Wartens freuen wir uns auf die Erlösung unseres Körpers. Sie ist eine sichere Sache, obwohl bei unserer Bekehrung erst die Seele errettet wurde. Seither sind wir unterwegs zum himmlischen Ziel, das wir noch nicht erreicht haben. Daher der Ausdruck «in Hoffnung errettet».
Nach Vorsatz berufen
Bis sich die Hoffnung der Erlösung unseres Körpers erfüllt, seufzen wir nicht nur, wir haben auch das Vorrecht und die Möglichkeit des Gebets. Aber oft wissen wir nicht, wie wir beten sollen, was vor Gott recht ist. Da kommt uns der Heilige Geist zu Hilfe (Vers 26). Doch eins dürfen wir wissen: Alles, was uns begegnet, wirkt zum Guten mit. Dafür ist Gott besorgt.
In den Versen 29 und 30 stellt der Apostel den Vorsatz Gottes mit uns Glaubenden vor. Diesen zu kennen, bedeutet eine grosse Ermunterung auf dem Glaubensweg. In der Ewigkeit hat Gott an jeden Einzelnen gedacht, der in der Zeit der Gnade an den Herrn Jesus glauben würde. Dabei hat Er ein Ziel mit uns (Vers 29). In der Zeit hat Er dafür gesorgt, dass wir das Evangelium hörten und uns bekehrten. Jetzt steht noch das Letzte aus: Wir sollen verherrlicht werden, d.h. ans Ziel kommen. Gott selbst garantiert, dass jeder Glaubende den Himmel erreicht.
Gott ist für uns
Nachdem der Apostel in den zurückliegenden Kapiteln das grosse Heil Gottes für die Menschen in seinem ganzen Ausmass vorgestellt hat, ist er selbst überwältigt. Das zeigen uns die Fragen, die aus dem dankbaren Herzen des Apostels kommen.
Wenn Gott, der Höchste, für uns ist, wer kann dann gegen uns sein? Niemand! Der beste Beweis, dass Gott für uns ist, ist die Gabe seines Sohnes. Ihn hat Er als Mensch auf die Erde, ans Kreuz, in die drei Stunden der Finsternis und in den Tod gegeben! Mit Ihm schenkt Er uns alles.
Der Feind versucht immer wieder, glaubende Menschen zu verunsichern und ihre Heilsgewissheit zu erschüttern. Aber niemand – auch Satan nicht – kann uns vor Gott anklagen oder sogar mit der Verdammnis drohen. Gott selbst verteidigt die Seinen.
Und wie ist es mit den Lebensproblemen, die uns oft grosse Mühe bereiten? Müssen wir in den Schwierigkeiten des Lebens verzweifeln? Nein! Der Herr Jesus verwendet sich für uns. Er bemüht sich um uns, dass wir nicht untergehen. In allen Lebenslagen dürfen wir wissen: Jesus Christus im Himmel liebt uns und will uns vom Himmel her helfen.
Wie können wir mehr als Überwinder sein? Indem wir zurück nach Golgatha ans Kreuz blicken. Dort wurde die Liebe Gottes zu uns völlig offenbart. Dort hat der Herr Jesus ein vollgültiges Erlösungswerk vollbracht. Darauf dürfen wir uns in jeder Lebenslage stützen und in der Liebe Gottes ruhen.
Israel hat grosse Vorrechte
Die Kapitel 9 – 11 bilden einen besonderen Abschnitt im Römer-Brief. Darin wird die Frage behandelt, was mit den speziellen Verheissungen Gottes an das Volk Israel geschieht. Welchen Platz nehmen sie neben den göttlichen Heilsplänen mit allen Menschen, inklusive die Juden, ein?
Der Apostel Paulus beginnt seine Ausführungen zu diesem Thema, indem er seine Liebe zu seinen Landsleuten hervorhebt. In seinen Zuneigungen zu ihnen war er aber doch sehr traurig, denn er dachte an das, was die Führer der Juden getan hatten. Sie haben ihren Messias abgelehnt und gekreuzigt. Sie haben nach der Auferstehung und Himmelfahrt von Christus auch das Zeugnis des Heiligen Geistes abgelehnt. Am liebsten hätte der Apostel auf sein Heil in Christus verzichtet, wenn er den Israeliten damit hätte helfen können. Aber kein Mensch kann für einen anderen die Schuld auf sich nehmen.
In den Versen 4 und 5 zählt der Apostel einige der Vorrechte auf, die dieses Volk von Gott empfangen hatte. Gott bezeichnet Israel als seinen Sohn (2. Mose 4,22.23). In der Wolke der Herrlichkeit machte Gott seine Gegenwart bei diesem Volk sichtbar. Er schloss Bündnisse mit ihnen, gab ihnen sein Gesetz und verordnete in der Stiftshütte den Gottesdienst nach seinen Gedanken. In Abraham, ihrem Stammvater, besassen sie bedingungslose Verheissungen. Aber das grösste Vorrecht war, dass Christus als Mensch von diesem Volk abstammte. Gleichzeitig war Er aber ewiger Gott. Er ist beides: wahrer Mensch und ewiger Gott.
Gott handelt souverän
Nun kommt der Apostel auf die Souveränität Gottes zu sprechen. Wenn Er etwas tut, ist Er niemand dafür verantwortlich. Er handelt nach seinem Willen und entsprechend seinem Wesen. Das musste das Volk Israel, das so stolz auf seine Vorrechte ist, verstehen lernen.
Zuerst wird anhand der zwei Söhne Abrahams und der Zwillingssöhne Isaaks und Rebekkas gezeigt, dass der Segen Gottes nur den Nachkommen zukam, die Gott in seiner souveränen Gnade ausgewählt hatte: Isaak und Jakob.
Bei Jakob und Esau kommt nicht nur die Souveränität Gottes zum Ausdruck, da wird auch klar, dass der Mensch für sein Tun verantwortlich ist. Bevor die Zwillinge geboren waren, traf Gott eine freie Wahl: «Der Grössere wird dem Kleineren dienen.» Der souveräne Gott legte die Rangordnung fest. Viele Jahre nachdem die beiden gelebt hatten und gestorben waren, sagte Gott: «Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst» (Maleachi 1,2.3). Gott hat Jakob aus Gnade geliebt, aber Er hat Esau auf Grund seines Verhaltens gehasst. Er war ein Ungöttlicher und hat das Erstgeburtsrecht verachtet (Hebräer 12,16).
Es stellt sich nun die Frage, ob Gott in seinem souveränen Handeln ungerecht ist. Er ist es nicht. Im Blick auf Israel handelte Er in Gnade, obwohl das Volk das Gericht verdient hatte (Verse 15.16). Im Blick auf den Pharao handelte Er gerecht. Erst nachdem dieser Herrscher mehrmals sein Herz gegenüber Gott verhärtet hatte, folgte das göttliche Gericht der Verhärtung.
Gott wartet lange, bis Er richtet
Immer wieder getraut sich der Mensch, Gott zu kritisieren oder gegen Ihn zu reden. Da muss der Apostel klarstellen, wie klein wir Menschen und wie erhaben Gott ist. Er ist der Töpfer, wir sind der Ton. Der Töpfer kann ein Gefäss nach seinem Gutdünken machen, er muss nicht zuerst den Ton fragen.
Wenn der inspirierte Schreiber auf die Gefässe des Zorns und die Gefässe der Begnadigung zu sprechen kommt, werden zwei Punkte klar: Die Gefässe des Zorns (die gottlosen Menschen) sind nicht von vornherein zum Verderben bestimmt. Sie ziehen sich durch ihren Ungehorsam und ihre Auflehnung gegen Gott selbst das Gericht zu. Die Gefässe der Begnadigung sind alles Erlöste. Gott hat sie begnadigt, obwohl sie das Gericht verdient hatten. Alles ist geschenkt.
Die Verse 24-26 beschreiben die Zeit, in der wir leben. Da gibt es Menschen aus den Juden und aus den Nationen, die die Gnade Gottes erfahren. Beide werden auf den Boden des christlichen Glaubens gestellt.
Die Verse 27-29 beschreiben die zukünftige Drangsalszeit, in der ein Überrest aus Israel gerettet und von Gott wieder als sein irdisches Volk anerkannt wird. Er wird diese schlimme Zeit abkürzen, weil sonst kein Einziger überleben und in das Tausendjährige Reich eingehen würde. – In den Schlussversen wird deutlich, dass Gott das Volk Israel als Nation verworfen hat. Sie haben das Gesetz nicht gehalten, obwohl sie meinten, auf diesem Weg Gott zu gefallen, und sie haben Christus, den Stein in Zion, gekreuzigt. Nur der Einzelne, der an Christus glaubt, wird gerettet.
Rettung nur durch Glauben
Welch eine Liebe des Apostels zu den Israeliten! (Vers 1). Es ist der Wunsch seines Herzens, dass sie errettet werden. Warum? Weil sie verloren sind. Nur Abgeirrte und Verlorene haben Errettung nötig.
Leider versuchen sie – und dies mit grossem Eifer – auf einem falschen Weg, vor Gott gerecht zu werden: durch die Erfüllung des Gesetzes. Aber wegen der im Menschen wohnenden Sünde gelingt es niemand – auch den Juden nicht –, das Gesetz immer und in allem zu halten. Sie hätten erkennen sollen, dass Christus das Ende des Gesetzes ist, d.h. dass die Epoche zu Ende ist, in der das Gesetz das Mittel war, um vor Gott gerecht zu werden. Und sie hätten an den Herrn Jesus glauben sollen. Doch das wollten sie nicht (Vers 3).
Jetzt ist Jesus Christus und der Glaube an Ihn der Weg zu Gott. Um diese Rettung zu erlangen, sind keine Anstrengungen des Menschen nötig (Verse 6.7). Der Retter ist zu uns gekommen und am Kreuz für uns gestorben. Seine Auferstehung ist der Beweis für die Vollgültigkeit seines Erlösungswerks. Der Mensch, der gerettet werden will, muss nur eines tun: mit dem Mund Jesus als Herrn bekennen (sich Ihm und seinem Urteil unterordnen) und im Herzen an Ihn und sein vollbrachtes Erlösungswerk glauben.
Die Verse 11-13 enthalten eine wunderbare Botschaft. Jeder ist angesprochen. Jeder hat die gleiche Möglichkeit. Jeder kann errettet werden. Der Heiland ist reich für alle, die Ihn anrufen. Aber diesen Schritt – zu Ihm kommen – muss der Mensch tun.
Verkündigung und Unglaube
Ab Vers 14 geht es um die Verkündigung der herrlichen Botschaft des Evangeliums (Verse 11-13). Der Weg zur Errettung ist wirklich einfach. Doch wie sollen Menschen davon wissen, wenn es ihnen nicht erzählt wird? Sie können doch erst glauben, wenn sie die Botschaft gehört haben.
Damit ein Verkündiger des Evangeliums seine Aufgabe wirklich erfüllen kann, muss er vom Herrn gesandt sein (Vers 15). Dabei wird er die traurige Erfahrung machen, dass nicht alle das Evangelium annehmen. Manche lehnen Gottes Botschaft ab (Vers 16).
Der 17. Vers stellt einen allgemeinen Grundsatz vor: Der Glaube kommt aus der Verkündigung, aber diese muss das Wort Gottes zur Grundlage haben.
Gott spricht die Menschen nicht nur durch das verkündete Evangelium an. Er benutzt dazu auch die Schöpfung. Er hat verschiedene Mittel, um die Menschen aufzurütteln. Keiner kann sich entschuldigen, alle können gerettet werden, wenn sie nur wollen (Vers 18).
Die Verse 19-21 beziehen sich auf die Zeit, in der wir leben. Weil das Volk Israel auf die Geduld Gottes mit Ungehorsam und Widerspruch geantwortet hat, hat Er sich von ihm als Nation abgewendet. Israel ist zur Zeit nicht ein Volk mit besonderen Vorrechten. Stattdessen richtet Gott sein Evangelium an alle Menschen. Das gilt sogar für die Einzelnen aus Israel, die sich von Gottes Liebe zum Heiland ziehen lassen.
Nicht für immer verworfen
Der inspirierte Schreiber belegt seine Ausführungen über das Volk Israel in den Kapiteln 9 – 11 mit sehr vielen Bibelstellen aus dem Alten Testament. Das fällt auch in den vorliegenden Versen auf.
Gott hat sein irdisches Volk nicht völlig verstossen. Auch in der Zeit der Gnade rettet Er Einzelne aus diesem Volk. Paulus selbst ist dafür der schlagendste Beweis. So wie es zur Zeit des Propheten Elia einen Überrest nach Auswahl der Gnade gab, so gibt es ihn auch heute (Vers 5). Aber jeder Erlöste aus Israel kann nur aus Gnade, ohne irgendetwas selbst tun zu können, errettet werden (Vers 6).
In Vers 7 haben wir drei Unterscheidungen in Israel:
- Israel als Volk erlangte Gottes Gunst nicht, weil es den Messias verwarf.
- Die Auserwählten sind von Gott angenommen, denn sie haben sich vor Ihm gebeugt und an Jesus Christus geglaubt.
- Die Übrigen sind bis heute verstockt, denn sie lehnen Jesus Christus als ihren Messias ab. Sie verharren im Unglauben.
Als Folge ihres Unglaubens sind die Übrigen «verhärtet worden», d.h. das göttliche Gericht der Verhärtung kam über sie. Das wird durch drei Zitate aus dem Alten Testament belegt, und zwar je eine Stelle aus den Büchern Mose (5. Mose 29,3), den Psalmen (Psalm 69,23.24) und den Propheten (Jesaja 29,10). Alle drei grossen Teile des Alten Testaments dokumentieren dieses ernste göttliche Gericht.
Der Ölbaum
In Vers 11 geht es um die Frage, ob das Volk Israel für immer zu Fall gekommen ist. Nein, nur für eine bestimmte Zeit. Weil die Menschen aus Israel Jesus Christus verworfen haben, haben sie ihre besondere Stellung als Volk Gottes verloren. Ihr Fall bringt den anderen Nationen einen grossen Reichtum. Ihnen wird jetzt durch das Evangelium uneingeschränkt und direkt die Gnade Gottes zur Errettung angeboten. Doch die Zeit wird kommen, da Gott den gläubigen Überrest des Volkes Israel in den Segen des Tausendjährigen Reiches einführt. Dann werden die Nationen wieder von Israel profitieren. Davon reden die Verse 12 und 15.
Das Bild vom Ölbaum (ab Vers 16) weist auf das Zeugnis Gottes auf der Erde und den damit verbundenen Segen hin. Abraham, dem Gott Verheissungen gab und den Er aus der Welt für sich heiligte, ist der Erstling, die Wurzel dieses Baums. Nach der Verwerfung von Jesus Christus wurde Israel als Gottes Zeuge auf der Erde beiseite gesetzt: Einige Zweige sind ausgebrochen worden. Ein wilder Ölbaum wurde eingepfropft. Das Christentum, vorwiegend aus Menschen aus den Nationen, wurde zum Zeugnis Gottes auf der Erde.
Doch das Christentum hat versagt. Darum werden die Warnungen in den Versen 21 und 22 wahr werden. Die eingepfropften Zweige werden wieder ausgebrochen werden. Das Christentum als Zeugnis Gottes wird weggetan werden. In der Zukunft ist es der treue Überrest aus Israel, der erneut das Zeugnis Gottes auf der Erde bilden wird (Israel im Tausendjährigen Reich).
Der Erretter kommt aus Zion
Die «Vollzahl der Nationen» bedeutet die Gesamtheit derer, die in der gegenwärtigen Zeit an den Herrn Jesus glauben. Gott kennt die Gesamtzahl aller Erlösten der Gnadenzeit. Wenn der letzte von ihnen zum Glauben kommt, ist die christliche Zeit abgeschlossen. Dann wendet sich Gott erneut dem Volk Israel zu.
Ganz Israel – repräsentiert durch den zukünftigen Überrest – wird gerettet werden. Dies geschieht durch den Erretter, der aus Zion kommen wird: Jesus Christus. Er wird die Gottlosigkeit Jakobs abwenden und diesen Abfall von Gott heilen.
Auch wenn die Juden gegenüber dem Evangelium der Gnade Gottes heute noch Feinde sind, so wird Gott doch mit ihnen zum Ziel kommen. Er wird seine Verheissungen einlösen. Wie schön ist der Ausdruck: «Sie sind Geliebte, um der Väter willen!» Gott liebt sie, weil Er den Patriarchen Verheissungen gegeben hat. Die Wiederherstellung Israels wird auf der gleichen Grundlage erfolgen, wie wir zum Frieden mit Gott gekommen sind: aus reiner Gnade.
Wenn Paulus das Handeln Gottes mit den Menschen überdenkt – Er bietet das Evangelium der Gnade allen Menschen an und erfüllt alle Verheissungen an Israel –, dann kann er Ihn nur loben und preisen. Voll Bewunderung betrachtet er die Grösse und Erhabenheit Gottes und staunt über seine Wege mit den Menschen. Was Er tut und wie Er handelt, übersteigt unseren Verstand. Ihm gebührt jedes Lob und jede Anbetung, jetzt und ewig.
Für Gott leben und dem Herrn dienen
In diesem und den weiteren Kapiteln des Römer-Briefs finden wir Hinweise für unser tägliches Leben als glaubende Christen. Wie soll unser Dienst für Gott aussehen? Wie sollen wir uns in Ehe und Familie, im Beruf, im Zusammenleben mit anderen Gläubigen und gegenüber Ungläubigen verhalten? Das wird nun gezeigt.
In Vers 1 werden wir zu einem Leben der Hingabe an den Herrn Jesus und der Selbstverleugnung aufgerufen. Wir sollen uns weder äusserlich der Welt anpassen, noch uns innerlich von ihren Ideen beeinflussen lassen. In unserem täglichen Leben sollte nicht die Meinung der Menschen massgebend sein, sondern der Wille Gottes. Er möchte, dass wir die Anweisungen der Bibel befolgen, das tun, was Ihm Freude bereitet, und im rechten Moment das Richtige auf die richtige Weise ausführen.
Nach den Ermahnungen, die für alle gelten, geht es in den Versen 3-8 um den persönlichen Dienst. Der Herr schenkt jedem andere Fähigkeiten und gibt nicht jedem die gleiche Aufgabe. Die Gefahr besteht, dass wir uns überschätzen. Daher die Ermahnung in Vers 3.
Die Gläubigen bilden zusammen eine Einheit: den Leib des Christus. Einzeln sind sie Glieder an diesem Leib und haben unterschiedliche Aufgaben und Funktionen. Eine ganze Reihe von Diensten wird erwähnt. Wenn jeder von uns seine Gabe und damit seinen Auftrag in Weisheit, Rücksicht und Demut ausübt, harmoniert das Ganze. Dann kommen wir einander nicht in die Quere, sondern ergänzen uns. Dazu ist es nötig, dass jeder die entsprechende Ermahnung beherzigt.
Anweisungen für das Glaubensleben
Die Verse 9-11 beschreiben das Verhalten des Gläubigen im Allgemeinen. Als Erstes wird die Liebe erwähnt. Sie soll echt sein. Doch genauso wichtig ist, das Böse im Leben zu verabscheuen und das Gute zu tun. Und bei allem, was wir tun, wollen wir auf den Herrn schauen. Ihm dienen wir! Möge es mit Fleiss und innerer Hingabe (inbrünstig im Geist) geschehen!
Als gläubige Christen kommen wir in ganz unterschiedliche Umstände. Wie wir uns darin verhalten sollen, zeigen die Verse 12-16. In guten Tagen dürfen wir uns freuen, und wenn schwere Tage kommen, wollen wir ausharren und uns nicht gegen Gott auflehnen. Um allem nachzukommen, was in diesen Versen vorgestellt wird, brauchen wir täglich die Hilfe und die Gnade des Herrn. Aus uns selbst schaffen wir es nicht. Denken wir nur an das Mitfreuen, wenn es den anderen gut, uns aber schlecht geht! Auch echtes Mitgefühl mit den Trauernden kann uns nur der Herr schenken.
Die Ermahnungen ab Vers 17 zeigen, dass wir als Gläubige auch Widerstand und Feindschaft erfahren. Wie verhalten wir uns dann? Möchten wir unserem Herrn nachfolgen, der nie Böses mit Bösem vergalt. Ein Christ sollte seinen Mitmenschen jederzeit anständig begegnen und versuchen, mit allen in Frieden zu leben. Und wenn uns jemand anfeindet und uns Böses tut? Dann sollen wir die Sache Gott überlassen und das erlittene Unrecht mit Gutem vergelten. Doch dazu brauchen wir die besondere Hilfe und Gnade des Herrn. Das gilt auch für die Verwirklichung von Vers 21.
Der Christ und die Regierung
In diesen Versen werden wir Christen über unser Verhalten gegenüber der Obrigkeit unterwiesen. Als Christen akzeptieren wir die Regierung auf allen Stufen und unterstellen uns ihrer Ordnung. Denn diese Regierungen sind von Gott verordnet. Widerstand gegen sie und ihre Anordnungen wäre Sünde gegen Gott.
Die Verse 3 und 4 beschreiben die Aufgabe der Regierung. Gott hat sie eingesetzt, um das Böse zu verbieten und zu bestrafen. Wir wollen Gott für die Regierung danken. Gäbe es sie nicht, würde das Faustrecht gelten, der Stärkere würde unbarmherzig über den Schwächeren herrschen. Das Schwert, das die Regierung nicht umsonst trägt, spricht von ihrer Macht, das Recht durchzusetzen und zu kontrollieren.
Weil Gott die Regierung gegeben und mit Vollmacht versehen hat, sollen wir uns ihr unterordnen. Nur wenn sie etwas von uns fordert, das direkt gegen Gottes Willen verstösst, dann gilt Apostelgeschichte 5,29: «Man muss Gott mehr gehorchen als Menschen.» Das findet aber nur Anwendung, wenn etwas direkt in krassem Widerspruch zum Wort Gottes steht.
Wir gehorchen der Regierung auch wegen unserem Gewissen, denn Ungehorsam gegen die Regierung ist Sünde gegen Gott! Vers 6 macht klar, dass es vor Gott recht ist, wenn wir die Steuern korrekt bezahlen. Ja, Er möchte, dass wir allen Verpflichtungen nachkommen (Vers 7). Und wenn uns von der Regierung Unrecht geschieht? Dann dürfen wir sie darauf aufmerksam machen (vergleiche 1. Mose 21,25; Johannes 18,23).
Einander lieben und anständig leben
«Seid niemand irgendetwas schuldig.» Wir sollen also keine Schulden machen, sondern unsere Rechnungen bezahlen und unseren Schuldigkeiten nachkommen. Aber wir sind schuldig, einander zu lieben: die anderen Gläubigen, die unbekehrten Menschen, den Nächsten. Obwohl wir Christen nicht mehr unter Gesetz stehen, erfüllen wir es, wenn wir anderen Liebe erweisen. Werden wir nicht selbst mit unendlicher Liebe von Gott geliebt? Lasst uns davon reichlich weitergeben!
Seit dem Kreuz und seit der Rückkehr des Herrn in den Himmel ist es in dieser Welt geistlicherweise Nacht. Aber nicht mehr lange. Wir stehen kurz vor dem Tagesanbruch. Wach zu sein, ist die Lebenshaltung des Erlösten, denn er wartet auf den Tag. Die Errettung hier meint, das Kommen des Herrn zur Entrückung. Anschliessend werden wir mit Ihm in Herrlichkeit erscheinen.
Mit jedem Tag kommen wir dieser Errettung näher. Darum wollen wir in der Zeit, in der wir noch hier leben, alles Böse meiden und uns dafür als Kinder des Lichts verhalten. Im Licht des Herrn erkennen wir das Böse und verurteilen es. So ist sein Licht eine Waffe gegen die Werke der Finsternis.
Wir leben noch in der Nacht, gehören aber zum Tag. Das soll sich in unserem Leben zeigen, indem wir mit allem Lichtscheuen nichts zu tun haben. Vielmehr soll an uns das Verhalten des Herrn gesehen werden. Möchten wir sein Reden und Handeln, wie es uns die Evangelien zeigen, nachahmen. Und lasst uns alles meiden, was unsere alte Natur anstachelt (Verse 13.14).
Die Schwachen und die Starken
Wenn jetzt bis Kapitel 15,7 von «Schwachen im Glauben» die Rede ist, dann geht es um Gläubige, die die christliche Freiheit nicht verstanden haben. Das Gegenstück sind die Starken (Römer 15,1). Die Schwachen sind nicht oberflächliche, fleischliche oder weltliche Christen. Es sind Glaubende, die durch Erziehung, Tradition oder Mentalität belastet sind. Ihr Problem ist nicht die Sünde oder die Welt, sondern Essensvorschriften und das Halten von speziellen Tagen. Die Schwachen gilt es zu tragen. Sie sollen wohl in die christliche Gemeinschaft aufgenommen werden. Doch für die Behandlung schwieriger Fragen des Versammlungslebens sollen sie nicht beigezogen werden.
Wo liegen nun die Gefahren für den Schwachen und den Starken? Als Starke sind wir in Gefahr, solche zu verachten, die etwas anders machen als wir. Als Schwache sind wir schnell bereit, in einem Richtgeist den anderen zu verurteilen
In jedem Fall sollten wir bedenken, dass wir alle – ob schwach oder stark – Kinder Gottes sind. Auf christlichem Boden steht keiner über dem anderen. Und jeder von uns ist für sein Tun dem Herrn persönlich verantwortlich. Die Beurteilung können wir getrost dem Herrn überlassen. Sein Entscheid ist massgebend.
Die Verse 9-12 machen klar, dass Gott alles in letzter Instanz beurteilt. Wenn der Herr wirklich die Herrschaft über alle Menschen hat, warum richten oder verachten wir dann andere? Wir sind doch nicht der Herr! Vergessen wir nicht, dass wir einmal vor Gott Rechenschaft ablegen müssen!
Die christliche Freiheit richtig gebrauchen
Diese Verse belehren uns – die Schwachen und die Starken –, wie wir im praktischen Leben in Frieden und zum Segen miteinander umgehen können. Einander richten – das ist der Richtgeist der Schwachen. Einander ein Ärgernis geben – das ist die Rücksichtslosigkeit der Starken. Beides sollen wir vermeiden (Vers 13).
In Vers 14 sehen wir, wie der Apostel an der christlichen Freiheit festhält. Die Schwachen dürfen ihre Haltung nicht als einen allgemein gültigen Grundsatz aufstellen. Aber es wird doch vor allem der Starke angesprochen. Es scheint, dass er am meisten zu einem friedlichen Miteinander beitragen kann. Wenn er aber keine Rücksicht nimmt, handelt er nicht nach der Liebe. Doch sie ist das bestimmende Element für das Miteinander der Gläubigen. Und denken wir daran: Auch für den schwachen Bruder ist Christus gestorben. Wie wertvoll ist er Ihm!
In Vers 19 erwähnt der Apostel neben dem Frieden untereinander auch die gegenseitige Erbauung. Wir wollen dies bedenken und die christliche Freiheit nicht so ausleben, dass dabei im schwachen Bruder ein Werk Gottes zerstört wird, sondern Rücksicht nehmen.
Der letzte Vers spricht vom Schwachen. Er isst etwas, weil er gesehen hat, dass der Starke so handelt. Aber er zweifelt und ist unsicher. Er tut dies nicht aus Glauben. Er ist verurteilt, nicht weil er diese Speise isst, sondern weil er nicht aus Glauben handelt. Möge der Herr jeden dahin führen, alles im Leben nur aus Glauben zu tun. Dann sind unser Herz und Gewissen in Ruhe vor Gott.
Die Schönheit der christlichen Freiheit
Diese Verse gehören noch zum Thema von Römer 14. Sie zeigen uns das Verhalten und die Gesinnung des Herrn Jesus, die auch uns im Blick auf die christliche Freiheit prägen soll.
Zunächst werden wir aufgefordert, die Schwachheiten der Schwachen zu tragen. Dazu ist Kraft und Geduld nötig. Wir bekommen sie vom Herrn, der diese Gesinnung vollkommen ausgelebt hat. Er dachte nur an die andern. Ihm wollen wir nacheifern und nicht an uns, sondern an den anderen denken und ihm zu helfen suchen. Darin zeigt sich die Schönheit der christlichen Freiheit, wenn wir sie in bestimmten Fällen aus Rücksicht zu Schwachen nicht gebrauchen.
Wie viel können wir von unserem Herrn lernen! Weil Er vollkommen Gott wohlgefällig gelebt hat, wurde Er verachtet und gehasst. Aber gerade die Hinweise im Alten Testament auf Ihn, unseren Herrn, machen uns Mut und helfen uns, auszuharren, wenn wir es in seiner Nachfolge schwer haben und nicht verstanden werden.
Wie schön sind die Titel, die Gott in Vers 5 gegeben werden! Er ist der «Gott des Ausharrens». Wie viel Geduld hat Er mit uns! Und Er ist der «Gott der Ermunterung». Er liebt es, die Glaubenden und besonders die Schwachen zu ermuntern.
Wenn wir «gleich gesinnt sind untereinander», d.h. wenn alle dieselbe Einstellung haben – und zwar die Gesinnung, die Christus entspricht –, dann dürfen wir trotz unserer Unterschiede (Starke, Schwache) gemeinsam und einmütig Gott loben.
Gottes Wirken an allen Menschen
Christus ist zunächst ein Diener der Beschneidung, d.h. die Botschaft des Evangeliums wird zuerst den Menschen aus dem Volk Israel verkündigt. Gott hatte ihren Vorfahren Verheissungen gegeben, und so hatten die Nachkommen der Patriarchen ein gewisses Anrecht auf diese Gnade.
Aber Gott bietet die Errettung, die Jesus Christus am Kreuz erwirkt hat, auch den Menschen anderer Nationalitäten an. Ihnen hatte Gott zwar keine Verheissungen gemacht, aber seine unendliche Gnade ist auch für sie da. Lasst uns Ihm immer wieder dafür danken, dass die gute Botschaft von Jesus Christus, dem Heiland der Welt, auch uns erreicht hat und wir sie im Glauben annehmen durften!
Obwohl wir im Alten Testament keine Verheissungen für die Nationen finden, zeigen doch verschiedene Stellen, dass Gott die Absicht hatte, auch Menschen, die nicht aus Israel sind, die Errettung anzubieten. Drei solche Stellen werden in den Versen 10-12 zitiert. Wer dieses wunderbare Evangelium angenommen hat, darf fröhlich den Herrn loben und auf Ihn hoffen.
Der Ausdruck «Gott der Hoffnung» erinnert daran, dass wir in Hoffnung errettet sind (Römer 8,24). Die volle Errettung – wenn auch unser Körper inbegriffen ist – erfahren wir erst beim Kommen des Herrn. Im Wissen, was die Zukunft uns bringt, können wir uns freuen und mit innerem Frieden den Glaubensweg gehen.
Paulus und sein Dienst
In diesem Abschnitt erfahren wir einiges über den Dienst des Apostels Paulus. Er spricht in Vers 15 von der «Gnade, die mir von Gott gegeben ist». Damit meint er seine von Gott geschenkte Gabe und die Fähigkeit, seinen Dienst im Werk des Herrn zu tun.
Lasst uns nie vergessen, dass alles, was wir für den Herrn tun können, eine von Ihm geschenkte Gnade ist. Das wird uns helfen, demütig zu bleiben, damit wir uns niemals auf das, was wir tun konnten, etwas einbilden.
Der besondere Dienst des Apostels Paulus betraf die Nationen. Ihnen verkündigte er das Evangelium und unterrichtete sie in der christlichen Wahrheit. Er durfte Menschen aus der Welt heraus zu Gott führen. Sie bilden dieses Opfer, von dem er in Vers 16 schreibt.
Der Apostel hatte seinen ihm übertragenen Dienst treu ausgeführt. Aber er gibt alle Ehre dem Herrn, der durch ihn gewirkt hatte. Was war die Wirkung, die der Herr bei diesen Menschen, die zum Glauben kamen, hervorbrachte? Gehorsam. Sie gehorchten dem Wort Gottes aus Liebe zum Herrn.
Wie weit reichte das Arbeitsfeld des Apostels Paulus! Von Jerusalem bis nach Illyrien! Er hatte das Evangelium Gottes völlig verkündigt. Welch ein grosser Einsatz verbirgt sich hinter dieser Aussage!
Trotzdem blieb noch manches zu tun. Er dachte an Gegenden, wo Christus noch nicht verkündigt worden war, und plante, auch dorthin zu gehen.
Paulus und seine Pläne
Es war der grosse Wunsch des Apostels, die Gläubigen in Rom zu besuchen. Er hatte eine herzliche Liebe zu ihnen und hätte ihnen gern gedient. Wie wichtig ist es doch, dass man die liebt, denen man mit dem Wort dienen möchte!
Weiter teilt Paulus den Gläubigen in Rom seine Pläne mit. Er hatte die Absicht, nach Spanien zu reisen, aber noch keine klare Bestätigung von Gott. Doch er hoffte, wenn es soweit wäre, auf die Unterstützung der Brüder in Rom.
Ab Vers 25 spricht Paulus von seiner bevorstehenden Reise nach Jerusalem. Er wollte dabei eine finanzielle Gabe der Versammlungen in Mazedonien und Achaja den bedürftigen, vermutlich verarmten Gläubigen in Jerusalem überbringen. Aber war es wirklich die Aufgabe des Apostel Paulus materielle Gaben nach Jerusalem zu bringen? Er hatte doch einen speziellen Auftrag an den Menschen aus den Nationen, nicht an den Juden!
Die gläubig Gewordenen aus den Nationen hatten gegenüber den Menschen des Volkes Israel eine gewisse Schuld. Der Herr Jesus stammte aus den Juden. Die Nationen hatten das Evangelium von Jesus Christus als geistliches Gut vom Volk Israel empfangen.
Am Schluss des Kapitels bittet der Apostel um die Fürbitte der Römer. Wie nötig war sie, denn die Feindschaft gegen ihn und was er verkündigte, war gross. Nochmals drückt er seinen Wunsch aus, zu ihnen zu kommen, wenn dies der Wille Gottes sei.
Eine Reihe aufschlussreicher Grüsse
Wir haben in den ersten zwei Versen einen Empfehlungsbrief vor uns. Mit einem solchen Brief wird jemand, der in eine örtliche Versammlung kommt, in der er unbekannt ist, den dortigen Geschwistern als ein Gläubiger zur vollen christlichen Gemeinschaft empfohlen. In diesem Fall konnte der Apostel dieser Schwester ein besonderes Zeugnis ausstellen. Die Gläubigen in Rom sollten sie der Heiligen würdig aufnehmen und ihr uneingeschränkt helfen.
Ab Vers 3 folgt eine Reihe von Grüssen, die uns manches zu sagen haben. Wir können uns fragen: Was hätte der Apostel von uns schreiben können? Doch wir wollen uns auch ermuntern lassen, den hier erwähnten Brüdern und Schwestern nachzueifern.
Wie viel Einsatz und welchen Mut im Werk des Herrn sehen wir bei Priska und Aquila! Sowohl sie als auch andere ermuntern uns, im Werk des Herrn fleissig zu sein und uns zu bewähren. Von nichts kommt nichts.
Bei einigen wird das Haus, d.h. die Familie, erwähnt. Welch eine Gnade, wenn alle, die in einem Haus leben, gläubig sind!
Epänetus wird als der Erstling Asiens für Christus bezeichnet. Er war zeitlich der Erste, der in jener Gegend zum Glauben kam. Dann folgten andere nach. Es braucht Mut, sich als Erster zu bekehren.
Einige werden als Geliebte bezeichnet. Sie waren von Gott geliebt, denn Er liebt alle seine Kinder. Aber vielleicht wird dadurch auch ausgedrückt, dass sie von den anderen Gläubigen besonders geliebt wurden.
Der Feind und das Geheimnis des Christus
Der Apostel Paulus muss auch zur Wachsamkeit vor dem Feind ermahnen. Wenn solche auftreten, die Zwiespalt und Ärgernis unter den Gläubigen anrichten, müssen wir uns von ihnen abwenden. Wer ihnen trotzdem nachgeht und vielleicht meint, einen Hirtendienst an ihnen tun zu können, läuft Gefahr, selbst verführt zu werden.
Wie schön ist das Zeugnis, das Paulus den Gläubigen in Rom ausstellen konnte: Sie gehorchten Gott und standen fest. Er fordert sie auf, sich mit dem Guten, mit dem, was von Gott kommt, zu beschäftigen und sich wenn immer möglich nicht mit dem Bösen zu befassen.
Auch wenn Satan durch böse Arbeiter wirken kann, so ist es doch sicher, dass Gott ihn richten wird. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Gnade Gottes da, um uns vor dem Feind zu bewahren. Welch ein Trost!
Es folgen noch die Grüsse derer, die sich bei Paulus befanden, als dieser Brief geschrieben wurde. Tertius war der eigentliche Schreiber. Paulus hat ihm alles, was wir bis jetzt gelesen haben, diktiert.
Der Brief endet mit einem Lobpreis. Gott, der uns die Gedanken seines Herzens offenbart hat – sowohl das Evangelium als auch die Wahrheit über die Versammlung (die Einheit aller Erlösten) –, vermag uns auch zu bewahren und zu befestigen. Wenn wir versagen, sind wir immer selber schuld. Gott hat alles bereitgestellt, damit wir im Glauben befestigt werden. Ihm allein gebührt alle Ehre und Herrlichkeit.
Joseph beim Vater
Mit diesem Kapitel beginnt die Geschichte Josephs, des älteren Sohnes von Rahel. Warum heisst es jedoch in Vers 2: «Dies ist die Geschichte Jakobs: Joseph, 17 Jahre alt …»? Diese Aussage wird verständlich, wenn wir daran denken, dass Joseph eines der eindrücklichsten Vorausbilder auf den Herrn Jesus ist. Er ist der geliebte Sohn des Vaters, der Ihm alles bedeutet. Darum ist seine Geschichte auch die Geschichte des Vaters.
Joseph «weidete die Herde». Damit weist er auf den guten Hirten hin: Jesus Christus liess nicht nur sein Leben für die Schafe, Er sorgt auch unermüdlich für die Seinen (Johannes 10,11; 13,1).
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Einleitung
Das erste Buch Samuel beschreibt den Übergang von der Zeit der Richter zur Zeit der Könige. Mit dem Hohenpriester Eli und seiner Familie ging es bergab. Seine Söhne versündigten sich schwer, so dass Gott sie richten musste.
Doch der Herr gab sein Volk nicht auf. Er berief Samuel zum Propheten und Richter in Israel. Dieser Mann Gottes war ein treuer Beter. Als Samuel alt geworden war, wünschten sich die Israeliten einen König wie die Nationen.
Da bekam Samuel den Auftrag von Gott, Saul zum König über Israel zu salben. Saul kam aus dem Stamm Benjamin. Er hatte viele menschliche Vorzüge, aber keine Glaubensbeziehung zu Gott. Deshalb versagte er auf der ganzen Linie.
Hanna und Peninna
Wie das Buch der Richter so zeigen uns auch die Fortsetzungsbücher, 1. und 2. Samuel, das Volk Israel in seiner Verantwortung. Gott muss viel Versagen aufdecken, weil sowohl das Richteramt verfällt, als auch das Priestertum versagt.
In dieser Situation sendet Gott Samuel, den Propheten, der beim Volk für Ihn einsteht. Durch Samuel wird auch das Königtum eingeführt: zuerst König Saul, den das Volk verlangte. Er war der Mann nach ihren Wünschen. Dann David, der Mann nach dem Herzen Gottes.
Elkana war ein Levit, der im Stammesgebiet von Ephraim wohnte. Er gehorchte den Anordnungen Gottes und zog mit seiner Familie Jahr für Jahr nach Silo, wo die Stiftshütte stand, um dem Herrn zu opfern (2. Mose 34,23.24).
Obwohl Elkana ein gottesfürchtiger Mann war und diese Gottesfurcht sicher auch für die Seinen wünschte, war seine Familie nicht glücklich. Wo lag die Ursache? Er hatte zwei Frauen! Obwohl Gott im Alten Testament Polygamie zuliess, gibt es in der Bibel keine Familie mit mehreren Frauen, die wirklich glücklich gewesen wäre. Gott hatte die Einehe eingesetzt. Das war und ist nach seinen Gedanken.
Peninna, die eine Frau Elkanas, hatte Kinder, die andere, Hanna, war kinderlos. Die Kränkungen Peninnas verletzten Hanna zutiefst. Sie war darüber so traurig, dass auch die gut gemeinten Trostworte ihres Mannes, der sie wirklich liebte, nicht halfen.