Die Himmelfahrt des Herrn
Die Apostel lebten immer noch im Gedanken an eine Aufrichtung des Reiches in Macht und Herrlichkeit. Sie mussten lernen, dass jene Zeit einmal kommen würde, aber nicht jetzt war. Für sie galt, dass sie nun als Zeugen des Herrn in die ganze Welt ausgehen sollten, aber in der Hoffnung und Erwartung leben durften: Jesus kommt wieder (Vers 11). Wann dies sein wird, darüber sagt uns die Bibel nichts Konkretes. Sie endet aber mit den Worten unseres Heilands: «Ja, ich komme bald.» Darauf dürfen wir antworten: «Amen, komm, Herr Jesus!» (Offenbarung 22,20).
Nachdem der Herr den Aposteln bezeugt hatte, dass der Heilige Geist auf sie kommen würde und sie Kraft für ihren Dienst empfangen sollten, kehrte Er in den Himmel zurück. Sie konnten dies verfolgen, bis eine Wolke Ihn vor ihren Augen wegnahm. Dieser letzte Blick auf Ihn gab ihnen die Überzeugung: Er lebt jetzt als Mensch im Himmel. Sobald sie Ihn mit ihren Augen nicht mehr sahen, brachten ihnen die Engel die tröstliche Botschaft, dass Er wiederkommen werde.
Mit diesem Trost im Herzen kehrten die elf Apostel nach Jerusalem zurück. In dem Obersaal, wo sie sich aufzuhalten pflegten, warteten sie auf das Kommen des Heiligen Geistes. Wie füllten sie die Zeit aus? Indem sie einmütig im Gebet verharrten. Wie wichtig war ihnen jetzt diese Verbindung zum Himmel, nachdem ihr Herr nicht mehr leibhaftig bei ihnen war! Maria, die Mutter Jesu, wird hier zum letzten Mal ausdrücklich erwähnt. Auch seine leiblichen, früher ungläubigen Brüder waren jetzt dabei.
Matthias als Ersatz für Judas Iskariot
Diese Verse sind der inspirierte Bericht über die Wahl des zwölften Apostels, der an die Stelle von Judas Iskariot treten sollte. Sie fand vor dem Kommen des Heiligen Geistes statt, also vor Beginn der Zeit der Versammlung, in der wir heute leben. Das ganze Vorgehen erinnert an das Alte Testament, vor allem das Bestimmen durch das Los. Doch die wichtigen und nützlichen Hinweise in diesen Versen gelten auch für uns.
Als Petrus aufstand und zu reden begann, stützte er sich auf das geschriebene Wort Gottes und stellte sich unter seine Autorität. Möchten auch wir immer auf das hören, was die Bibel sagt. Die Schrift hatte das traurige Ende von Judas Iskariot prophetisch vorausgesagt. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass ein anderer sein Amt empfangen sollte (Psalm 109,8). Dem wollten die versammelten Gläubigen nun entsprechen.
Die Verse 21 und 22 nennen die Kennzeichen eines Apostels. Zwei Männer entsprachen ihnen. Einer wurde durchs Los erwählt. In diesem Sinn gab es nur diese zwölf von Gott anerkannten Apostel. Später berief Gott noch den Apostel Paulus, aber sonst keinen mehr. Heute gibt es diese apostolische Autorität nicht mehr.
Bevor die Versammelten die Entscheidung durch das Los trafen, beteten sie. Auch wir sollten unsere Entscheidungen nie unabhängig von Gott treffen.
Es fällt auf, dass Petrus hier vom Herrn Jesus spricht, was er früher nie getan hat. Möchten auch wir, wenn wir von unserem Erlöser reden, Ihn Herr Jesus nennen und nicht einfach von Jesus sprechen.
Die Entstehung der Versammlung
Der Tag der Pfingsten entsprach dem Fest der Wochen, das die Israeliten gemäss der Anweisung in 3. Mose 23 50 Tage nach der Darbringung der Erstlingsgarbe feiern sollten. Das erste der sieben Feste des Herrn, das Passah, spricht vom Tod unseres Erlösers, die Darbringung der Erstlingsgarbe von seiner Auferstehung. Das sieben Wochen später stattfindende Fest der Wochen ist ein Vorausbild auf das Herniederkommen des Heiligen Geistes und die Bildung der Versammlung. Hier in Apostelgeschichte 2 erfüllte sich dies.
Wir haben in diesen Versen ein einmaliges, von Gott bewirktes Ereignis. Der Heilige Geist kam als göttliche Person vom Himmel, um fortan in jedem Glaubenden und in der Versammlung, d. h. in der Gesamtheit aller Erlösten, zu wohnen (1. Korinther 6,19; 3,16). Das wird hier durch die Zungen von Feuer, die sich auf jeden Einzelnen der anwesenden Gläubigen setzten, und durch die Bemerkung, dass alle mit Heiligem Geist erfüllt wurden, vorgestellt.
In Kapitel 1,5 sprach der Herr von der Taufe mit Heiligem Geist. Diese geschah hier. Dadurch wurden alle Glaubenden miteinander zu einem Leib verbunden. Seither bilden sie eine Einheit. Jeder ist ein Glied an diesem Leib, der Herr Jesus ist das Haupt (1. Korinther 12,12-14; Epheser 4,15.16). Die Taufe mit Heiligem Geist ist ein einmaliges Ereignis. Wenn heute ein Mensch zum Glauben kommt, empfängt er den Heiligen Geist und wird ein Glied an diesem bereits bestehenden Leib. – Das Wunder des Redens in fremden Sprachen zeigte, dass Gott dahinter stand.
In Sprachen reden
Anlässlich des Pfingstfestes hatten sich Juden aus allen Teilen des Römischen Reichs in Jerusalem eingefunden. Sie befolgten damit eine Anordnung des mosaischen Gesetzes (5. Mose 16,16). Viele dieser Juden beherrschten das Hebräische wohl nicht so gut. Sie sprachen die Mundart der jeweiligen Gegend im Römischen Reich, in der sie wohnten. Und nun hörten sie auf einmal, wie ungelehrte Galiläer ihre Sprache redeten und die grossen Taten Gottes verkündigten. Man kann sich die Bestürzung und Verlegenheit, die unter ihnen herrschten, gut vorstellen.
Mit diesem Wunder übersprang Gott in seiner Gnade die Grenzen, die Er einst zur Eindämmung des Hochmuts des Menschen eingesetzt hatte. Damals in Babel verwirrte Gott die eine Sprache der Menschen, die sie bis dahin hatten (1. Mose 11,1-9). Auf diese Weise zeigte Gott den Juden, dass das Neue, das an jenem Tag entstand – die Einheit der Versammlung, bestehend aus allen Glaubenden –, von Ihm kam.
Die Gläubigen benutzten diese Sprachen nicht, um das Evangelium zu verkünden, sondern von den grossen Taten Gottes zu reden. Es war ein Lobpreis Gottes für sein gewaltiges Wirken. Die Verkündigung der frohen Botschaft finden wir ab Vers 14 in der Predigt von Petrus.
Es gab zwei unterschiedliche Reaktionen auf dieses Wunder Gottes: Verwunderung und Spott. Die einen fragten ernsthaft: «Was mag dies wohl sein?» Die anderen meinten spottend, die Jünger seien betrunken.
Petrus erklärt die Situation
Nun stand Petrus mit den anderen Aposteln auf, um den spottenden Juden eine Antwort zu geben. Es war der gleiche Mann, der einige Wochen zuvor aus Angst um sein Leben seinen Herrn dreimal verleugnet hatte. Jetzt zeigte er keinerlei Furcht. Es war der Heilige Geist, der ihm nun Mut und Kraft gab.
Was Petrus zu sagen hatte, ging vor allem die Juden in Judäa und Jerusalem an. Vermutlich kannten und verstanden sie diese fremden Sprachen gar nicht. Deshalb dachten sie, die Jünger seien betrunken. Doch dem war nicht so.
Als Grundlage für seine Erklärung über das, was soeben vorgegangen war, nahm Petrus eine Stelle aus dem Propheten Joel. Jener Abschnitt weist jedoch auf eine heute noch zukünftige Zeit hin, wo Gott seinen Geist auf alles Fleisch ausgiessen wird. Damals zu Pfingsten gab es ein ähnliches Ausgiessen. Es beschränkte sich aber auf die versammelten Gläubigen. Petrus nahm diese alttestamentliche Stelle und machte durch die Weisheit Gottes eine Anwendung dieser Weissagung.
Wichtig ist der letzte Vers des Zitats aus dem Propheten Joel (Vers 21). Er wird auch in Römer 10,13 zitiert und dort auf die heutige Zeit angewandt. Die Aufforderung, den Namen des Herrn anzurufen, um errettet zu werden, richtet sich an alle Menschen. Doch man kann den Namen des Herrn nicht mit einem blossen Lippenbekenntnis anrufen. Um errettet zu werden, muss es ein Ruf echten Glaubens sein.
Petrus spricht über Jesus Christus
Mit Vers 22 kommen wir zum zentralen Thema der Predigt von Petrus. Es geht um den Herrn Jesus; zunächst um sein Leben, das den Zuhörern bekannt war. Aber dann stellt er den Kreuzestod von Christus vor und zeigt dabei zwei Seiten auf: den Ratschluss Gottes und die Verantwortung des Menschen.
Der Herr Jesus ist das Lamm ohne Fehl und ohne Flecken, «zuvor erkannt vor Grundlegung der Welt». Als Gott in seiner Liebe seinen eingeborenen Sohn gab, gab Er ihn als Opfer für sündige Menschen in den Tod am Kreuz. Nur auf Grund dieses Opfertodes konnte sein Plan – Sünder zu begnadigen und sie zu seinen geliebten Kindern zu machen – in Erfüllung gehen.
Doch die Menschen, die den Sohn Gottes ans Kreuz geschlagen und umgebracht haben, sind trotzdem für ihr Tun voll verantwortlich. So sollte der zweite Teil von Vers 23 das Gewissen der Zuhörer aufrütteln.
Aber dann fährt Petrus fort und spricht von der Auferstehung des Herrn Jesus. David hatte diese in Psalm 16 bereits prophetisch angekündigt. Petrus und die bei ihm stehenden Apostel waren Zeugen der Auferstehung von Jesus Christus. Nach seiner Rückkehr zum Vater hatte Dieser nun den Heiligen Geist ausgegossen – «was ihr seht und hört». Christus aber, den die Juden gekreuzigt hatten, nimmt bei Gott den Ehrenplatz zu seiner Rechten ein. Gott hat Ihn – den auferstandenen und verherrlichten Menschen – sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht. Diese offizielle Stellung nimmt Er jetzt ein.
Petrus ruft zur Buße auf
Die Predigt von Petrus verfehlte ihre Wirkung nicht. Seine unter der Leitung des Geistes ausgesprochenen Worte drangen den Zuhörern durchs Herz. Sie trafen ihr Gewissen. Was sollten sie tun, nachdem ihnen klar geworden war, dass sie ihren Messias gekreuzigt hatten? Gab es noch Hoffnung für sie? Ja, Gott sei Dank!
Petrus konnte ihnen auf ihre bange Frage sofort eine klare Antwort geben. Sein erstes Wort lautete: «Tut Buße!» Buße ist eine Sinnesänderung. Die Juden mussten die Schwere ihrer begangenen Sünde – die Kreuzigung von Christus – einsehen und zutiefst empfinden. Dann sollten sie sich durch die Taufe bewusst und öffentlich auf die Seite des Herrn Jesus stellen, den sie bis dahin verworfen hatten. So konnten sie in den Genuss der Vergebung ihrer Sünden kommen. Die gläubig gewordenen Juden mussten sich entschieden zu dem von ihrem Volk Gekreuzigten bekennen, um den Heiligen Geist zu empfangen. Bei den Menschen aus den Nationen, die Buße tun und an den Heiland glauben, erfolgt der Empfang des Heiligen Geistes als Antwort auf ihren Glauben (Kapitel 10,43.44).
Wenn es in Vers 41 heisst: «Die nun sein Wort aufnahmen …», dann bedeutet das: Sie glaubten dem Wort, das sie gehört hatten. Sie stellten sich bewusst und im Vertrauen auf die Seite des Gekreuzigten, indem sie sich taufen liessen. An jenem Tag wurden etwa 3000 glaubende Menschen zur Versammlung Gottes, die erst seit einigen Stunden bestand, hinzugefügt. So begann das christliche Zeugnis zu wachsen.
Die Gemeinschaft der ersten Christen
Die vier in Vers 42 genannten Stücke waren den ersten Christen wichtig. Darin verharrten sie. Die Lehre der Apostel wurde damals in mündlicher Form weitergegeben. Heute besitzen wir sie im Neuen Testament in schriftlicher Form. Verharren wir in dieser einen Lehre, die Gott uns durch die inspirierten Schreiber hinterlassen hat? Oder richten wir uns nach den Meinungen und Lehren der Menschen? Sie verharrten auch in der Gemeinschaft, d. h. sie wollten miteinander den Weg des Glaubens gehen. Am Anfang haben die Gläubigen täglich das Brot gebrochen, später wurde es zur Gewohnheit, dies am ersten Tag der Woche zu tun (Kap. 20,7). Durch das Brotbrechen wird einerseits die Gemeinschaft der Gläubigen untereinander und mit dem Herrn Jesus ausgedrückt (1. Korinther 10,16.17). Anderseits halten wir beim Brotbrechen das Gedächtnismahl des Herrn. Wir denken an Ihn, der für uns gestorben ist (1. Korinther 11,23-26). Der vierte Punkt ist das gemeinsame Gebet. Deshalb kommen wir auch heute noch regelmässig zum Gebet zusammen. Lasst uns keine Gebetsstunde versäumen!
In der ersten Frische ihres Glaubenslebens waren die Christen beisammen und teilten das, was sie besassen, mit den anderen. Was sie auszeichnete, war die Freude und die Schlichtheit ihrer Herzen. So stieg Lob zu Gott auf, und die Mitmenschen achteten sie.
Am Anfang des christlichen Zeugnisses gab es eine klare Trennung zwischen Gläubigen und Ungläubigen (Vers 43; Kapitel 5,13). Täglich bekehrten sich Menschen, indem sie an den Herrn Jesus glaubten.
Ein Gelähmter wird geheilt
Am Anfang der christlichen Zeitperiode wirkte Gott durch die Apostel manche Wunder und Zeichen (Kapitel 2,43). Ein solches wird in diesen Versen beschrieben. Damit wollte Gott vor allem die Juden ansprechen (1. Korinther 1,22). Das sehen wir hier besonders, denn die Heilung dieses gelähmten Mannes führte Petrus dazu, eine Predigt zu halten, die speziell an das jüdische Volk gerichtet war.
In der Anfangszeit waren die Christen noch sehr mit dem Tempeldienst verbunden. So sehen wir hier auch die Apostel Petrus und Johannes, wie sie um die Stunde des Gebets in den Tempel gingen. Gott hatte Geduld, aber Er wollte die Christen, die der Abstammung nach Juden waren, ganz vom jüdischen Gottesdienst lösen und sie in das «Bessere» des Christentums einführen. Das sehen wir besonders im Brief an die Hebräer.
Als die beiden Apostel den armen Bettler an der Tempelpforte sahen, gaben sie ihm kein Almosen, wie er es von ihnen erbat. Sie schenkten ihm viel mehr. In dem Namen Jesu Christi, dieses verachteten und von den Juden gekreuzigten Menschen, der aber auferstanden war und jetzt im Himmel lebt, sprachen sie ihm Heilung zu. «Sogleich aber wurden seine Füsse und Knöchel stark, und er sprang auf, stand da und ging umher.» Nun trat er selbst in den Tempel und lobte Gott.
Viele Menschen konnten dieses Wunder mit eigenen Augen verfolgen. Der Mann wurde dem ganzen Volk zu einem lebendigen Zeugen von der Macht des auferstandenen Christus. Sie erstaunten und waren verwirrt. War das alles?
Die Schuld der Juden
Als der Geheilte seine Wohltäter festhielt, entstand ein Volksauflauf. Alles lief zusammen, um von dieser Sensation etwas mitzubekommen. Das bot dem Apostel Petrus die Gelegenheit, eine ernste und eindringliche Rede an das Volk – die Männer von Israel – zu halten.
Als Erstes lenkte er die Blicke der Menge von sich weg auf den Herrn Jesus. Nicht die Apostel hatten etwas aus ihrer Kraft und Frömmigkeit bewirken können. Sie waren nur Werkzeuge in der Hand eines Höheren und wollten alles vermeiden, diese Person – Jesus Christus – zu verdunkeln. Petrus begann seine Rede mit dem Gott ihrer Väter, dem Gott des Volkes Israel. Er hat seinen Knecht Jesus verherrlicht – diesen Menschen, der gleichzeitig sein Sohn war, der hier zum Wohlgefallen Gottes gelebt hatte und am Kreuz gestorben war.
Doch dann redete Petrus seinen Zuhörern direkt ins Gewissen. Sie hatten Jesus überliefert. Sie hatten den Heiligen und Gerechten verleugnet und seinen Tod gefordert. Das war ihre Seite.
Gott aber hatte den Urheber des Lebens aus den Toten auferweckt. Sie – die Apostel – waren Zeugen dieser Auferstehung und forderten ihre Zuhörer nun zum Glauben an diese Person auf. Der Gelähmte war aufgrund des Glaubens an diesen Namen gesund geworden. Wenn heute an einem Menschen das Wunder der Errettung geschehen soll, dann geht dies nur durch Glauben. «Durch die Gnade seid ihr errettet, mittels des Glaubens, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es» (Epheser 2,8).
Das Gnadenangebot Gottes
Weil der Herr bei seiner Kreuzigung gebetet hatte: «Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun» (Lukas 23,34), konnte Petrus seinen Zuhörern sagen: «Ich weiss, dass ihr in Unwissenheit gehandelt habt», und ihnen Worte der Barmherzigkeit sagen.
Wie wollte Gott diesem Volk gegenüber barmherzig sein? Petrus rief sie zur kollektiven Buße und zur Umkehr auf. Gott gab den Juden nochmals eine Chance. Er verhiess ihnen Zeiten der Erquickung, wenn sie ihre Sünden einsehen – vor allem die Kreuzigung ihres Messias – und von ihren bösen Wegen umkehren würden. Christus würde aus der Herrlichkeit wiederkommen.
Wir werden gleich sehen, dass die Juden als Volk diese Barmherzigkeit abgelehnt haben. Deshalb sind die «Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge» (das Tausendjährige Friedensreich), wovon die Propheten im Alten Testament geredet haben, bis heute noch nicht gekommen. Sie werden erst eintreten, wenn die Zeit der Versammlung abgelaufen ist und die Gläubigen in den Himmel entrückt sind.
Nun zeigt Petrus weitere Herrlichkeiten des Herrn auf. Sein Herz war von Ihm erfüllt. Nachdem er vom Heiligen und Gerechten und vom Urheber des Lebens gesprochen hatte, stellte er Ihn noch als den Propheten vor, den Mose angekündigt hatte. Aber Christus wurde auch als Prophet verworfen (Johannes 7,40-44.52). Der Knecht Gottes war zudem der Nachkomme Abrahams, in dem alle Geschlechter der Erde gesegnet werden. Welch eine wunderbare Person ist unser Erlöser!
Glaube und Widerstand
Der Widerstand der religiösen Führerschaft auf eine so eindrückliche Predigt liess nicht lange auf sich warten. Die Priester, der Hauptmann des Tempels und die Sadduzäer, die die Auferstehung leugneten (Kapitel 23,8), verhafteten die beiden Apostel kurzerhand. Doch das verkündigte Wort war bei vielen auf fruchtbaren Herzensboden gefallen und aufgegangen: «Viele aber von denen, die das Wort gehört hatten, glaubten.» Das konnte der Feind nicht verhindern.
Am folgenden Tag wurden die beiden Apostel von der hohen Geistlichkeit der Juden verhört. In Matthäus 10,19 sagte der Herr Jesus seinen Jüngern solche Situationen, wie Petrus und Johannes sie jetzt erlebten, voraus. Aber sie sollten nicht besorgt sein, wie oder was sie reden sollten. Es würde ihnen geholfen werden. Das erlebten sie jetzt. Petrus wurde für die Antwort auf die Frage der Führerschaft mit dem Heiligen Geist erfüllt und konnte ein eindrückliches Zeugnis von der Macht des Namens Jesu Christi ablegen. Noch einmal mussten sie hören: «Den ihr gekreuzigt habt, den hat Gott auferweckt aus den Toten.»
Der von den jüdischen Führern verachtete Stein ist zum Eckstein geworden, d. h. zum tragenden Element, nach dem sich bei einem Bau alles ausrichtet.
Wie inhaltsschwer ist der letzte Satz in der kurzen Rede des Petrus vor dem Synedrium. Es gibt für uns Menschen nur einen Erretter und eine Errettung, um dem gerechten Gericht Gottes zu entgehen: Jesus Christus, der Nazaräer. Aber der Mensch muss dieses Heil durch den Glauben an Ihn ergreifen.
Die Ohnmacht der führenden Juden
Als die Männer des Synedriums merkten, dass sie ungebildete Fischer aus Galiläa vor sich hatten, verwunderten sie sich, wie freimütig und klar diese Leute redeten. Sie erkannten auch ihre enge Beziehung zu Jesus, als Er noch hier gelebt hatte. Zudem stand der geheilte Gelähmte bei ihnen, sozusagen als Beweis für das Vorgefallene. Was konnten sie dagegen einwenden? Nichts! Hätte dies sie nicht dahinführen sollen, ernsthaft über alles nachzudenken? War hier nicht Gott selbst am Werk?
Möchten wir den Aposteln gleichen und Menschen sein, denen man es anmerkt, dass sie dem Herrn Jesus nachfolgen und mit Ihm leben wollen! Wie schön, wenn andere von uns bemerken könnten: «Sie sind mit Jesus gewesen.»!
Die Feinde des Herrn Jesus kamen zum Schluss, die beiden Zeugen mundtot zu machen, indem sie ihnen verboten, den Namen Jesu überhaupt zu nennen. Glücklicherweise hatten Petrus und Johannes ihren Auftrag nicht von irgendeinem Menschen bekommen, sondern vom Herrn selbst. Darum entgegneten sie: «Es ist uns unmöglich, von dem, was wir gesehen und gehört haben, nicht zu reden.» Was die Führer der Juden versuchten, war ein Eingriff in Gottes Angelegenheit. Eine ernste Sache!
Für den Augenblick beliessen es die Feinde bei einer verbalen Drohung. Sie wussten nicht, wie sie anders gegen die Apostel vorgehen konnten. Sie hätten das Volk gegen sich aufgebracht, «denn alle verherrlichten Gott».
Das Gebet der Versammlung
Nach ihrer Freilassung suchten Petrus und Johannes den Ort auf, wo sie die Gläubigen vermuteten. «Sie kamen zu den Ihren». Sie wollten bei denen sein, mit denen sie durch den Heiligen Geist verbunden waren.
Nachdem die Gläubigen von den ernsten Drohungen und Redeverboten der religiösen Führer gehört hatten, nahmen sie ihre Zuflucht im Gebet zu Gott. Auch wir dürfen mit all unseren Nöten und Sorgen, aber auch mit unseren Ängsten einzeln und gemeinsam im Gebet zu Gott gehen. Dort, am Herzen unseres Gottes und liebenden Vaters, dürfen wir zur Ruhe kommen, auch wenn die Lage sich vielleicht nicht verändert (Philipper 4,6.7).
Gott hat uns den Wortlaut dieses gemeinsamen Gebets der ersten Christen hinterlassen. Es ist interessant zu sehen, wie sie gebetet und was für Bitten sie vorgebracht haben. Weil das Wirken des Heiligen Geistes durch nichts gehindert wurde, konnte Er in den Betenden Einmütigkeit in den Empfindungen und Bitten hervorrufen. Dann erhoben sie Gott als allmächtigen Gebieter und bestätigten, wie sich alles nach den Voraussagen der Schrift und nach seinem göttlichen Plan erfüllt hatte. Im Vertrauen, dass Er alles in der Hand hat, stellten sie Ihm die gegenwärtige gefährliche Lage vor. Aber sie baten nicht um Bewahrung vor den Feinden oder um Erleichterung der Situation. Sie baten vielmehr um Kraft, Mut und Freimütigkeit, weiterhin Zeugen für den Herrn Jesus zu sein. Gott antwortete sofort auf ihr Gebet. Sie bekamen besondere Kraft des Geistes, um kühn das Wort zu reden.
Praktische Gemeinschaft
Obwohl sie von aussen bedroht wurden, herrschte unter den ersten Christen eine überaus schöne Einheit. Sie waren ein Herz und eine Seele. In den Tausenden von Christen, die erst vor kurzem gläubig geworden waren, gab es nichts, was die Wirksamkeit des Heiligen Geistes gehindert hätte. Weil Er in allen der Handelnde war, ergab sich diese Einheit, in der kein Egoismus Platz hatte.
Der gute Herzenszustand der Glaubenden gab auch der Verkündigung durch die Apostel grosse Kraft. Niemals hätten sie von der Auferstehung ihres Herrn und Heilands schweigen können. «Und grosse Gnade war auf ihnen allen.» Die Gnade Gottes hat uns nicht nur errettet, sie steht uns Glaubenden an jedem Tag unseres Lebens in unerschöpflichem Mass zur Verfügung. Wie nötig haben wir sie! Sie will uns helfen, in allen Umständen und trotz den Problemen den Gott gemässen Weg zu gehen. Sie unterweist uns darin (Titus 2,12). Aber sie hilft uns auch, die Umstände zu ertragen und darin nicht zu versagen.
Viele der ersten Christen haben in Liebe und Selbstlosigkeit an die anderen gedacht und ihren Besitz mit denen geteilt, die arm waren. Einer von ihnen war Barnabas. Wir werden ihm später noch mehrmals begegnen. Er hiess eigentlich Joseph. Doch die Apostel gaben ihm einen neuen Namen: Barnabas (= Sohn des Trostes). Er besass diesen neuen Namen zu Recht, wie wir dies z. B. in Kapitel 11,22-24 bestätigt finden. Welch ein Trost und welch eine Hilfe war er für die Gläubigen in Antiochien!
Ananias und Sapphira
Die gläubigen Christen und ihre Verkündigung sind dem Teufel ein Dorn im Auge. Er versucht mit allen Mitteln, die Zeugen zum Schweigen zu bringen und das Zeugnis der Einheit aller Gläubigen zu zerstören. Als seine Angriffe von aussen (Kapitel 4) keinen Erfolg hatten, griff er die Gemeinschaft der Gläubigen von innen her an – und hatte Erfolg!
Ananias und Sapphira, ein gläubiges Ehepaar, wollte auch für die Bedürftigen Geld spenden. Doch sie waren nicht aufrichtig. Sie wollten vor der Versammlung als selbstlose Geber dastehen wie Barnabas und gleichzeitig etwas für sich behalten. Diesen Betrug deckte Gott auf. Als Ananias das Geld zu den Aposteln brachte, erweckte er den Eindruck, er bringe den ganzen Erlös des Verkauften. Das war geheuchelt. Petrus sagte deutlich: Du hast Gott belogen. Die Strafe folgte auf dem Fuss: Ananias fiel tot zusammen. Er hatte keine Möglichkeit mehr, die Sünde zu bekennen, nachdem er überführt worden war. – Bei seiner Frau Sapphira war es anders. Ihre Verantwortung war geringer als die ihres Mannes. Sie hätte ihre Schuld bekennen können. Doch sie log ebenfalls. Deshalb traf sie das gleiche Los: Sie fiel tot zusammen.
Durch Petrus hatte Gott sich gegen das Böse gewandt, das in die Versammlung eindringen wollte. Hier wurde Zucht in der Versammlung ausgeübt, indem Petrus in apostolischer Autorität die Sünde der beiden an sie band (Matthäus 18,18). – Dieses Ehepaar ging nicht ewig verloren, aber sie hatten eine Sünde zum Tod begangen (1. Johannes 5,16; 1. Korinther 11,30).
Zeichen und Wunder
Das Eingreifen Gottes im Gericht zeigte Wirkung. Allen wurde bewusst, dass man den Geist des Herrn, der in der Versammlung wohnt, nicht ungestraft versuchen kann. Gottes Gegenwart zu ignorieren oder in Frage zu stellen, kann schreckliche Folgen haben.
Aber Satan konnte das, was Gott gewirkt hatte, nicht zerstören. Wenn wir an Gottes Seite denken, dann ist die Versammlung auf den Felsen Jesus Christus gegründet. Sie kann nicht überwältigt werden. Wenn wir an die Verantwortung von uns Menschen denken, dann müssen wir mit Beschämung sagen: Wir haben völlig versagt. Anstatt ein Herz und eine Seele sehen wir eine furchtbare Zersplitterung der Christen. Und wie viel Böses ist seit der Anfangszeit in die Christenheit eingedrungen! Wir sind mitschuldig!
Hier aber sehen wir den leuchtenden Anfang. Nachdem das Böse gerichtet war, wirkte Gott weiter durch Zeichen und Wunder. Viele kamen zum lebendigen Glauben an den Herrn Jesus und wurden hinzugetan. Aber keiner, der nicht bereit war, sich zu bekehren, wagte es, sich den Christen anzuschliessen. Die göttliche Warnung durch den Tod von Ananias und Sapphira wurde zu einer Art Schutzwall gegen das Eindringen von Menschen, die nicht wirklich glaubten.
Die Verse 12 und 15 erinnern an die Worte des Herrn Jesus in Johannes 14,12: «Wer an mich glaubt, der wird auch die Werke tun, die ich tue, und wird grössere als diese tun, weil ich zum Vater gehe.» Doch das eine grosse Werk – das der Erlösung – konnte niemand als nur Er selbst vollbringen.
Die Apostel werden verhaftet
Zu jener Zeit stand die religiöse Führungsschicht der Juden unter dem Einfluss der Sadduzäer (Kap. 4,1; 5,17). Aus Vers 17 kann man schliessen, dass auch der Hohepriester dieser Sekte angehörte. Diese Leute lehnten alles ab, was nicht rational erklärbar war. So leugneten sie auch die Auferstehung (Matthäus 22,23). Das öffentlich verkündigte Zeugnis der Auferstehung des Herrn und dass dieser der Christus, also ihr Messias war, muss die Sadduzäer masslos geärgert haben. Daher liessen sie die Apostel kurzerhand verhaften, um sie später zu verhören. – Aber diese ungläubigen Rationalisten rechneten nicht mit Gott, der sich zu den Seinen bekennt. Ein Engel des Herrn befreite die Apostel aus dem Gefängnis. Zudem gab er ihnen den Auftrag, das Evangelium («alle Worte dieses Lebens») weiter zu predigen, was sie auch taten.
Vor dem Synedrium hofften der Hohepriester und die Sadduzäer, den zwölf Aposteln den Prozess zu machen und sie verurteilen zu können. Doch Gott brachte diese «Richter» zunächst einmal in grosse Verlegenheit. Das sorgfältig verschlossene Gefängnis war leer! Die Männer, die sie mundtot machen wollten, verkündigten im Tempel freimütig das Wort Gottes! Wie ohnmächtig ist doch der ungläubige Mensch, wenn Gott seine Allmacht zugunsten der Seinen demonstriert. Das hätte die religiöse Führerschaft Israels einsehen müssen und sich darunter beugen sollen. Aber ihre Feindschaft gegen Christus war so gross, dass auch ein solcher Fingerzeig Gottes an ihren harten Herzen und Gewissen nichts änderte.
Die Apostel werden verhört
Die Apostel wurden nun ein zweites Mal vorgeladen. Doch diesmal ohne jede Gewalt. Die Ordnungshüter befürchteten eine gewaltsame Gegendemonstration des Volks, das für die Jünger war.
Nun standen nicht mehr nur Petrus und Johannes, sondern alle zwölf Apostel vor Gericht. Die Führerschaft der Juden wollte endlich Ruhe haben und die weitere Verbreitung dieses verhassten Namens unterbinden. Die wiederholte Aussage, sie hätten den Tod von Jesus Christus auf dem Gewissen, ärgerte sie besonders. – Es ist überaus schön, die Kühnheit von Petrus und den Aposteln zu sehen. Eine solche Unerschrockenheit konnte nur der Heilige Geist, der in jedem von ihnen wohnte, bewirken.
Grundsätzlich müssen wir Menschen der Regierung gehorchen. So will es Gott (Römer 13,1; Titus 3,1; 1. Petrus 2,13.14). Aber seine Autorität steht über jeder menschlichen Autorität. Wenn die Regierung etwas von uns verlangt, das dem ausdrücklichen Willen Gottes entgegensteht, dann müssen wir Gott mehr gehorchen als Menschen.
Das war jedoch nicht alles, was Petrus dem Synedrium zu sagen hatte. Er nahm die Gelegenheit wahr, um den versammelten Führern nochmals zu sagen, was Gott getan hatte und was sie verübt hatten. Aber dann sprach er von den gesegneten Folgen des Todes von Jesus Christus und seines Erlösungswerks: «Um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben.» Dieses Angebot der Gnade Gottes galt auch für sie, wenn sie es im Glauben annehmen wollten.
Die Apostel werden geschlagen
Leider bewirkten die klaren Worte von Petrus und den Aposteln keine positive Reaktion in den Mitgliedern des Synedriums. Sie wurden vielmehr «durchbohrt und beratschlagten, sie umzubringen».
Nun trat ein angesehener weiser Mann auf: Gamaliel. Er war zwar ungläubig und kein Befürworter der Christen. Doch Gott gebrauchte ihn, um die Verfolgung der Apostel hinauszuzögern.
Dieser Gesetzeslehrer verwies auf zwei Rebellionen, die den Anwesenden bekannt waren. Beide waren kläglich gescheitert, deren Anführer waren umgekommen und ihre Anhänger zerstreut worden. Vielleicht hoffte er, die Sache mit Jesus würde ebenso verlaufen. Doch in Vers 39 sprach er wohl sein eigenes Urteil und das Urteil über die anderen religiösen Führer des Volkes aus. Sie kämpften gegen Gott, denn es lagen bereits genügend Beweise vor, dass dieses «Werk» göttlichen Ursprungs war.
Das Synedrium war mit dem gemachten Vorschlag einverstanden. Doch sie konnten es nicht lassen, die Apostel zu schlagen und sie nochmals ernstlich zu bedrohen. Mit welchem Resultat? Diese freuten sich, dass sie gewürdigt wurden, für den Namen ihres Herrn und Heilands Schmach zu leiden. Später schrieb Petrus: «Wenn ihr im Namen Christi geschmäht werdet, glückselig seid ihr!» (1. Petrus 4,14). Ohne sich einschüchtern zu lassen, hörten die Apostel nicht auf, «Jesus als den Christus zu verkündigen». Welch ein Triumph für die Sache des Herrn!
Die Versorgung der Witwen
Durch die Gnade Gottes war der Angriff Satans von aussen auf die Versammlung abgewehrt worden. Nun entstand eine Schwierigkeit innerhalb der Versammlung. Die einen Witwen meinten, sie würden gegenüber anderen benachteiligt. Unzufriedenheit und Murren war das Resultat. Das wird immer so sein, wenn unser Gottvertrauen schwindet und wir uns gegen die Situation auflehnen, in der wir uns befinden.
Bis dahin hatten die Apostel sowohl die Güter verteilt als auch das Wort verkündigt. Als sich die Schar der Jünger vermehrte, wurde diese Doppelbelastung zu gross. Es bestand die Gefahr, dass das Wort Gottes vernachlässigt wurde. Die Lösung des Problems bestand darin, dass die Versammlung Brüder erwählte, die sich um die materiellen Bedürfnisse der Gläubigen kümmerten.
Die Verwaltung materieller Gaben und die Verkündigung des Wortes werden klar unterschieden. Diese zwei Dienste werden auch in Römer 12,7 und 1. Petrus 4,11 voneinander abgegrenzt. Wenn es sich um den Dienst am Wort, um die Ausübung einer Gnadengabe handelt, haben die Menschen nichts zu bestimmen. Es ist der Herr, der gibt, beruft, befähigt. Bei den äusseren Belangen der Versammlung ist es Sache der Geschwister, Personen zu bestimmen, die dafür geeignet sind und das Vertrauen haben (2. Korinther 8,18-23). – Die Apostel legten den sieben von der Versammlung erwählten Männern die Hände auf. Damit «bestellten» sie sie über diese Aufgabe und machten sich eins mit ihnen. Diese apostolische Autorität haben wir heute nicht mehr.
Stephanus vor dem Synedrium
Wie wuchs das Wort Gottes? Indem es immer mehr Menschen erfasste, sogar viele Priester, die früher den Herrn Jesus abgelehnt hatten, und sie zum lebendigen Glauben an den Erlöser führte: «Die Zahl der Jünger … mehrte sich sehr.»
Stephanus, einer von den Sieben, wurde vom Herrn mit besonderer Gnade und Kraft ausgerüstet. Einerseits konnte er Wunder und Zeichen wirken wie die Apostel, anderseits war er ein begabter Verkündiger. Ungehindert konnte der Heilige Geist durch ihn wirken. Das rief den besonderen Hass seiner Gegner hervor, die ihm nicht zu widerstehen vermochten. Sie fielen über ihn her und schleppten ihn sofort vor das Synedrium.
Ähnlich wie beim Herrn wurden vor Gericht falsche Zeugen aufgestellt. Damals behaupteten sie, Jesus habe gesagt: «Ich kann den Tempel Gottes abbrechen und ihn in drei Tagen aufbauen» (Matthäus 26,61). Sie missdeuteten seine Worte (Johannes 2,19-21). Ähnlich muss es bei Stephanus gewesen sein. Sie haben das, was er sagte, verdreht. In seiner Rede in Kapitel 7 antwortet er auf diese Anschuldigungen. Wir werden sehen, dass er weder von Gott noch von Mose, auch nicht vom Gesetz oder vom Tempel ungeziemend gesprochen hatte.
Der letzte Vers des Kapitels beschreibt uns einen unerschrockenen Zeugen, der so sehr vom Heiligen Geist erfüllt war, dass ein überirdischer Glanz auf seinem Gesicht lag. Jeder im Synedrium konnte es sehen. Ein solcher Mensch konnte unmöglich gegen Mose und Gott gelästert haben!
Die Geschichte Abrahams
Der Hohepriester begann sein Verhör mit der Frage an den Angeklagten: «Ist dies so?» Damit gab er Stephanus die Möglichkeit, zu den falschen Anschuldigungen Stellung zu nehmen. Anstatt direkt auf die Aussagen einzugehen und sich zu verteidigen, stellte er ihnen aufgrund vieler Schriftstellen aus dem Alten Testament die Wahrheit Gottes vor.
Er begann mit der göttlichen Berufung des Stammvaters des Volkes Israel. Er sprach vom «Gott der Herrlichkeit», der Abraham bereits in Mesopotamien erschienen war – und nicht, wie es nach 1. Mose 12 den Anschein macht, erst in Haran. Die Berufung Abrahams offenbart die souveräne Gnade Gottes. – Als Abraham nach dem Zwischenhalt in Haran ins verheissene Land kam, gab Gott ihm darin noch kein Erbe. Aber Er verhiess es ihm und seinen Nachkommen zum Besitztum «als er kein Kind hatte». Abraham glaubte diesem Wort von Gott und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet (1. Mose 15,5.6).
Als Glaubender blieb Abraham ein Fremder in Kanaan. Von seinen Nachkommen sagte Gott, dass sie 400 Jahre lang in einem fremden Land geknechtet und misshandelt würden. Aber durch Gottes Gnade sollten sie schliesslich in ihr Land kommen.
Die Juden bildeten sich sehr viel auf ihre Beschneidung ein und verbanden sie mit dem Halten des Gesetzes. Doch den Bund der Beschneidung gab Gott Abraham lange vor dem Gesetz. Es war ein Bund der Gnade, bei dem Gott sich verpflichtete, alle seine Verheissungen zu erfüllen.
Die Geschichte Josephs
Aus der Geschichte der Patriarchen griff Stephanus die von Joseph heraus, denn er ist eins der schönsten Vorausbilder auf Christus. Der Heilige Geist wollte durch Stephanus die Führer des Volkes anhand dieser Geschichte an das erinnern, was sie mit dem Herrn Jesus getan hatten. Auch von Ihm heisst es, dass Pilatus wusste, dass die Juden Ihn aus Neid überliefert hatten. Anderseits war es offenkundig, dass Gott mit seinem Sohn war (Vers 9; 10,38).
Doch der gleiche Mann, den seine Brüder aus Hass nach Ägypten verkauft hatten, wurde dort von Gott erhöht, so dass der Pharao ihn zum Verwalter über Ägypten und sein ganzes Haus einsetzte. Die Parallele ist offensichtlich: Nach vollbrachtem Erlösungswerk hat Gott Christus aus den Toten auferweckt und zu seiner Rechten erhöht (Epheser 1,20).
In Vers 13 heisst es: «Beim zweiten Mal wurde Joseph von seinen Brüdern wiedererkannt.» Auch beim Herrn Jesus gibt es für das Volk Israel «ein zweites Mal». Bei seinem ersten Kommen wurde Er abgelehnt. Wenn Er in Macht und Herrlichkeit wiederkommen wird, wird sein irdisches Volk Ihn als Den erkennen, den sie durchstochen haben (Offenbarung 1,7). Dann werden sie über ihre Sünde Buße tun und Ihn als ihren Messias annehmen.
Es war nach Gottes Plan, den Er bereits Abraham mitgeteilt hatte (Vers 6), dass Jakob mit seiner Familie nach Ägypten zog. Später würde Gott Israel als Volk aus jenem Land herausführen und nach Kanaan bringen.
Mose: 40 Jahre in Ägypten
Nach dem Tod Josephs, als ein anderer König über Ägypten aufstand, verschlechterte sich die Lage für die Nachkommen Jakobs drastisch. Das Volk Israel wurde sehr unterdrückt. Doch gleichzeitig kam «die Zeit der Verheissung näher, die Gott dem Abraham zugesagt hatte». – In jener Zeit wurde Mose geboren – ein Mann, der ähnlich wie Joseph in mancher Hinsicht auf den Herrn Jesus hinweist. Auch über diesen sprach Stephanus, denn er war angeklagt, gegen Mose (den Gesetzgeber) und das Gesetz geredet zu haben.
Die Juden hielten Mose als Gesetzgeber und Befreier aus Ägypten in höchsten Ehren. Doch Stephanus zeigte ihnen, dass dieser Mann von ihren Vorvätern überhaupt nicht akzeptiert worden war. Sie lehnten ihn mit den Worten ab: «Wer hat dich zum Obersten und Richter über uns gesetzt?» Daraufhin musste er nach Midian fliehen. Wir denken an das Gleichnis von den Pfunden, wo der Herr Jesus von sich als einem hochgeborenen Mann spricht. Doch die Bürger seines Landes hassten ihn und liessen ihm sagen: «Wir wollen nicht, dass dieser über uns herrsche» (Lukas 19,12.14).
Mose ist in diesen Versen auch ein Vorbild für uns Gläubige, die in einer gottlosen Welt (Ägypten) leben. Obwohl die Tochter des Pharaos ihn als ihren Sohn aufzog, wusste er immer, dass er zu den versklavten Israeliten gehörte. Das brauchte Glauben (Hebräer 11,24-26), den auch wir benötigen, um in dieser Welt nicht irdisch gesinnt zu werden, sondern bewusst als Himmelsbürger zu leben.
Mose: 40 Jahre in Midian
Nachdem Mose in das Land Midian geflohen war, vergingen weitere 40 Jahre, in denen das Volk Israel unter der Sklaverei der Ägypter schmachtete. Dann offenbarte Gott sich Mose und gab ihm einen Auftrag. Stephanus erzählte dieses Ereignis sehr ausführlich. Warum wohl? Der brennende Dornbusch ist ein Bild des Volkes Israel, das sich im Feuerofen Ägyptens befand, aber durch Gottes Gnade nicht vernichtet wurde. In diesem Dornbusch war Gott selbst, der nun zu Mose redete. Bevor Er ihm den Auftrag gab, erinnerte Er ihn daran, wer Er war, der zu ihm sprach: der Gott der Vorväter Israels in seiner ganzen Heiligkeit. Das gab dem Sendungsauftrag von Mose das nötige Gewicht.
Aber dann redete Gott vom Elend seines Volkes, das Ihm keineswegs entgangen war. Doch jetzt war Gottes Zeitpunkt gekommen, um einzugreifen und sein Volk aus der Knechtschaft zu befreien. Der Beweggrund lag einzig und allein in der unendlichen Barmherzigkeit seines Herzens und in der Liebe zu seinem Volk (5. Mose 7,7.8). Auch uns hat Gott seine Liebe zugewandt, als wir noch Sünder waren. Da ist Christus für uns gestorben (Römer 5,8).
In Vers 35 redete Stephanus zum Herzen und Gewissen der Männer des Synedriums. Mose, den ihre Väter zuerst verleugnet hatten, wurde zum Obersten und Retter Israels. Ähnliches war mit dem Herrn Jesus geschehen. Die Führer der Juden hatten Ihn verworfen, aber Gott hatte diesen Jesus zum Herrn und Retter gemacht (Kapitel 4,12; 5,31). Es wäre auch zu ihrem Heil gewesen, wenn sie an Ihn geglaubt hätten.
Mose mit dem Volk in der Wüste
Vers 36 beginnt mit «dieser». Damit meint Stephanus den Führer Mose, den die Israeliten zuerst abgelehnt, den Gott aber als Retter gesandt hatte. Dann folgt eine Beschreibung des Verhaltens des Volkes Israel in der Wüste.
Aus den Worten von Stephanus können wir zweierlei entnehmen. Erstens war Mose ein besonderer Prophet. Er nahm die Stellung eines Mittlers ein, indem er einerseits mit Gott verkehrte und anderseits die Aussprüche, die er von Gott empfing, dem Volk weitergab. Mit seinen eigenen Worten wies er auf einen späteren Propheten hin, den Gott gleich ihm erwecken würde. Das ist niemand anders als Jesus Christus, der eine Mittler zwischen Gott und Menschen, auf den bereits Petrus in Kapitel 3,20-23 hingewiesen hatte.
Zweitens zeigte Stephanus auf, dass die Israeliten Mose zum zweiten Mal verwarfen. Indem sie den von Gott bestimmten Führer von sich stiessen, verwarfen sie auch Gott und öffneten sich dem Götzendienst.
Es waren ernste Worte, die der treue Knecht des Herrn seinen Anklägern vorstellen musste. «Gott aber wandte sich ab und gab sie hin.» Das ist das Schlimmste, was Menschen passieren kann: wenn Gott solche, die Ihm einfach nicht gehorchen wollen, die Ihm und seinen Wegen der Gnade dauernd widerstehen, laufen lässt. Damals hatte Er sein Volk schliesslich in die babylonische Gefangenschaft gehen lassen. Jetzt stand den Juden ein noch schlimmeres Schicksal bevor, wenn sie im Unglauben und in der Ablehnung gegenüber Jesus Christus verharren wollten.
Stiftshütte und Tempel
Eine der falschen Anklagen gegen Stephanus lautete: Er habe «gegen diese heilige Stätte» geredet. Damit meinten sie den Tempel. Die nun vorliegenden Verse belegen das Gegenteil: Er hatte nichts gegen den Tempel Gottes gesagt, aber den wahren Sachverhalt aufgedeckt.
Stephanus begann seine Ausführungen mit den Hinweisen auf die Stiftshütte. Diese war der erste Wohnort Gottes in der Mitte seines irdischen Volkes. Er selbst hatte ihren Bau mit den Worten angeordnet: «Sie sollen mir ein Heiligtum machen, dass ich in ihrer Mitte wohne» (2. Mose 25,8). Später wünschte König David, dem Herrn ein Haus zu bauen. Salomo, sein Sohn, durfte dies verwirklichen.
Zur Zeit von Stephanus stand an der Stelle des salomonischen Tempels der von Herodes erbaute Tempel. Der Herr Jesus selbst anerkannte dieses Bauwerk als das Haus seines Vaters (Johannes 2,16), obwohl dort vieles nicht mehr der Heiligkeit Gottes entsprach. Seither war der Sohn Gottes umgebracht worden. Konnte Gott da noch in ihrer Mitte wohnen?
Vor dem Hintergrund dieser Tatsache erinnerte Stephanus die Männer des Synedriums, dass Gott eigentlich zu gross ist, um in einem von Menschen erbauten Tempel zu wohnen. Die Juden verhielten sich so, als ob der Höchste ihren Tempel nötig hätte. Sie legten diesem Haus Gottes einen übermässig grossen Wert bei, verwarfen aber gleichzeitig den Sohn des Herrn dieses Hauses! Daran wollte Stephanus sie erinnern.
Stephanus wird gesteinigt
Nachdem Stephanus anhand der Geschichte des Volkes Israel den immer wieder auftretenden Unglauben und den Widerstand gegen Gott aufgezeigt hatte, folgte jetzt die Anwendung auf seine Ankläger. Sie gaben sich als Führer des Volkes aus, doch sie offenbarten die gleiche Herzenshaltung wie ihre Vorfahren. Jene hatten die Propheten Gottes verfolgt, die den Messias angekündigt hatten. Stephanus nennt Ihn nicht mit Namen, sondern spricht wie Petrus von Ihm als dem Gerechten (Kapitel 3,14). Diesen hatten sie, nachdem Er zu seinem Volk gekommen war, umgebracht.
Die Worte des 54. Verses zeigen, wie grenzenlos die Wut, der Hass und die Feindschaft gegen Stephanus waren. Er aber durfte in den geöffneten Himmel blicken. Dort sah er Jesus zur Rechten Gottes stehen. Er war bereit wiederzukommen, wenn das Volk Buße getan hätte. Doch sie verwarfen auch das letzte Zeugnis des Heiligen Geistes. Stephanus sah den Sohn des Menschen, den sie vor einiger Zeit zum Tod verurteilt und gekreuzigt hatten. Welch eine Schuld lag auf ihnen! Doch davon wollten sie nichts hören: Diese Stimme musste zum Schweigen gebracht werden! Stephanus wurde gesteinigt. Wie sein Meister starb er und betete dabei für seine Feinde (Vers 60; Lukas 23,34). Er war der erste christliche Märtyrer.
In Vers 58 nennt der inspirierte Schreiber den Namen eines jungen Mannes, der später für das Christentum von besonderer Bedeutung wurde: Saulus, der spätere Apostel Paulus.
Erste Christenverfolgung
Nach der Steinigung von Stephanus brach eine Verfolgung über die Versammlung herein. Wenn die Christen nicht Gefahr laufen wollten, ins Gefängnis zu kommen, mussten sie aus Jerusalem fliehen. So wurden sie überallhin zerstreut.
Die treibende Kraft hinter der Verfolgung war Saulus, der in die Tötung von Stephanus eingewilligt hatte und nun versuchte, die Versammlung zugrunde zu richten. Dieses böse Vorhaben aber konnte nicht gelingen, denn der Herr Jesus hatte in Matthäus 16,18 selbst gesagt: «Ich werde meine Versammlung bauen und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen.»
Das Gegenteil von dem, was Satan und die Feinde der gläubigen Christen anstrebten, geschah. Anstatt dass die Versammlung zugrunde gerichtet wurde, wuchs sie weiter. Denn die durch die Verfolgung Weggetriebenen verkündigten dort, wo sie hinkamen, das Evangelium.
Philippus, einer von den in Kapitel 6 bestimmten sieben Dienern, zog in eine Stadt Samarias und predigte jenen Menschen «den Christus». Der Inhalt seiner Botschaft war der Herr Jesus, der am Kreuz für sündige Menschen gestorben ist. Aber Er ist auferstanden und lebt jetzt im Himmel. Wie reagierten die Bewohner von Samaria? Sie hörten aufmerksam zu, sahen die Zeichen, mit denen das verkündigte Wort unterstrichen und bestätigt wurde (Markus 16,20), und glaubten (Vers 12). Das Resultat war in jener Stadt eine grosse Freude – die Freude des Heils.
Philippus in Samaria
Die Stadt, in der Philippus das Evangelium predigte, stand vorher unter dem starken Einfluss von Satan. Ein Mann mit Namen Simon zog die Bewohner dieses Ortes mit Zaubereien in seinen Bann. «Sie hingen ihm aber an, weil er sie lange Zeit mit den Zaubereien ausser sich gebracht hatte.» Simon nützte die Begeisterung der Menschen aus, um sich als ein Grosser bewundern zu lassen.
Doch die Verkündigung des Evangeliums änderte die Situation grundlegend. Viele Männer und Frauen glaubten an den Herrn Jesus und bezeugten durch die Taufe, dass sie Ihm nachfolgen wollten. Sie hatten dem satanischen Einfluss durch die Zaubereien Simons den Rücken gekehrt und sich der frohen Botschaft von Jesus Christus, die Philippus verkündigte, geöffnet.
Ganz unerwartet heisst es dann: «Aber auch Simon selbst glaubte.» Das erstaunt uns vielleicht. War dieses Werkzeug Satans zum lebendigen Glauben an den Herrn Jesus gekommen?
Nein! Die weiteren Verse des Kapitels zeigen, dass er einfach von den Zeichen und grossen Wunderwerken beeindruckt wurde. Er erkannte, dass da eine höhere Macht am Werk war als die Kraft, die ihm zur Verfügung stand. Sein Glaube basierte auf den Zeichen und Wundern. Es war ein Glaube ohne echte Grundlage und konnte daher nicht erretten. Der Glaube, der errettet, muss das Wort Gottes zur Grundlage haben (Römer 10,17).
Petrus und Johannes in Samaria
Der Zauberer Simon hatte sich taufen lassen, obwohl sein Glaube nicht echt war. Er hatte Philippus täuschen können und hielt sich nun zu ihm. Aber Gott sorgte dafür, dass die Unaufrichtigkeit Simons ans Licht kam. Dazu benutzte Er den Apostel Petrus.
Die Nachricht vom mächtigen Wirken Gottes in Samaria war auch nach Jerusalem gedrungen. Nun sandten die Apostel Petrus und Johannes dorthin, um eine Verbindung mit den Gläubigen in Jerusalem herzustellen und die Einheit der Versammlung auszudrücken. Aus den Evangelien wissen wir, dass zwischen Jerusalem und Samaria eine religiöse Rivalität bestand (Johannes 4,20). Diese durfte auf keinen Fall auch in die Beziehung unter den Christen kommen. Durch das Auflegen der Hände bezeugten die Apostel ihr Einssein mit den gläubig gewordenen Samaritern. Nun empfingen auch sie den Heiligen Geist und wurden Glieder an dem einen Leib des Christus.
Simon verfolgte alles, was die Apostel taten, mit Interesse. Nun wollte er die Vollmacht, anderen den Heiligen Geist zu verleihen, mit Geld erwerben. Damit offenbarte er die Unaufrichtigkeit seines Herzens – er selbst begehrte den Heiligen Geist nicht – und die Bosheit seiner Gesinnung. Er betrachtete die Gottseligkeit als ein Mittel zum Gewinn (1. Timotheus 6,5). Die Antwort des Petrus erfolgte augenblicklich. Wenn Simon über seine Bosheit nicht Buße tat und den Herrn um Vergebung bat, würde er ewig verloren gehen – trotz seines «Glaubens» und des Getauftseins! Wir lesen nicht, dass er sich vor Gott gebeugt hätte.
Philippus trifft den Kämmer
Vermutlich wirkte Philippus noch in Samaria, als er vom Engel des Herrn einen besonderen Auftrag erhielt. Es war Gottes Absicht, dass einem Afrikaner das Evangelium von Jesus Christus verkündigt wurde. Wie gut, dass Philippus sofort gehorchte! Er hätte sonst den vorbeifahrenden Kämmerer verpasst.
Dieser Mann hatte eine sehr weite Reise unternommen, um in Jerusalem anbeten zu können. Wie er vom wahren Gott, dem Gott Israels, gehört hatte, sagt die Bibel nicht. Aber hatte er in Jerusalem gefunden, was er suchte? Wir wissen nur, dass er sich in Jerusalem einen Teil des inspirierten Wortes Gottes erworben hatte und nun den Propheten Jesaja las. Er war gerade mit dem 53. Kapitel beschäftigt, als der Geist Gottes Philippus aufforderte hinzuzutreten. Jetzt sollte der Evangelist aktiv werden.
Es brauchte nicht viel, bis Philippus auf dem Wagen neben diesem hohen afrikanischen Staatsbeamten sass und ihm das Evangelium von Jesus Christus verkündigte. Die Bibelstelle in Jesaja 53 war bestens dazu geeignet, denn sie redet prophetisch vom Herrn Jesus als dem Lamm Gottes, das für uns am Kreuz gestorben ist. Der Afrikaner war offen für die Botschaft, aber er brauchte jemand, der ihm das Wort Gottes verständlich machte. Diese schöne Aufgabe durfte Philippus übernehmen. Sicher wird er ihm gezeigt haben, wie das ganze Kapitel prophetisch vom Herrn Jesus redet, der zwar von den Juden verachtet und verworfen worden war, aber für unsere Sünden gestorben ist.
Philippus verkündigt das Evangelium
Nun ging im Herzen des Kämmerers eine grosse Veränderung vor sich. Er glaubte den Worten von Philippus und öffnete dem Herrn Jesus sein Herz. Er empfing neues, ewiges Leben. Nun wünschte er zu bezeugen, dass Jesus Christus, den er als seinen Erlöser angenommen hatte, jetzt auch sein Herr war, dem er gehorchen und nachfolgen wollte.
Als sie daher an ein Wasser kamen, sah er die Möglichkeit, sich taufen zu lassen. Auf seine Frage an Philippus: «Was hindert mich, getauft zu werden», gab es keine Einwände. Deshalb lesen wir, dass sie beide in das Wasser hinabstiegen und Philippus den Kämmerer taufte.
Sofort nach der Taufe verschwand der Diener des Herrn aus dem Blickfeld des Afrikaners. Der Geist entrückte Philippus und brachte ihn zu einem neuen Arbeitsfeld. Er evangelisierte entlang der Mittelmeerküste, begann in Asdod und gelangte schliesslich nach Cäsarea.
Und der Kämmerer? Er zog weiter in Richtung seines Heimatlandes, und zwar mit Freuden. Er hatte den Heiland gefunden, der nun sein Herr war. Dieser hatte versprochen: «Siehe, ich bin bei euch alle Tage.» Das galt nun auch dem Afrikaner. Er zog den Weg nicht allein weiter, sein Herr begleitete ihn. Zudem besass er ein Stück des geschriebenen Wortes Gottes: ein unermesslicher Schatz! So konnte er immer wieder darin lesen, darüber nachdenken und sich an den Stellen freuen, die von Jesus Christus reden.
Saulus vor Damaskus
In Kapitel 8,3 hiess es, dass Saulus die Versammlung zugrunde richten wollte. Wie viele Männer und Frauen damals ins Gefängnis kamen, wissen wir nicht. Doch der erste Vers unseres Kapitels zeigt, dass dieser Christenverfolger nicht genug bekam. Jetzt wollte er die gläubigen Christen sogar bis in die ausländischen Städte verfolgen. Mit entsprechenden Empfehlungen und Vollmachten ausgerüstet, zog er nach Damaskus.
Doch bevor er jene Stadt erreichte, trat ihm der Herr selbst entgegen und warf ihn zu Boden. Ein Licht aus dem Himmel umstrahlte ihn und eine Stimme fragte ihn: «Saul, Saul, was verfolgst du mich?» Sicher wusste Saulus schlagartig, dass dieses Licht von Gott kam. Aber wer war die Autorität, die ihn ansprach? Er wusste es nicht. Daher die Frage: «Wer bist du, Herr?»
Die Antwort lautete: «Ich bin Jesus, den du verfolgst.» In einem Augenblick wurde ihm die ganze Verkehrtheit und Sündhaftigkeit seines Handelns bewusst. Der Herr Jesus, dessen Nachfolger er bis zum Äussersten verfolgte, lebte tatsächlich im Himmel und er lag vor Ihm auf der Erde. Doch die Stimme war nicht die eines Richters. Voller Gnade ermunterte sie den innerlich zerschlagenen Mann, aufzustehen und in die Stadt zu gehen. Alles Weitere würde sich ergeben. Ohne weitere Fragen gehorchte er der Stimme des Herrn Jesus – ein Zeichen für die Veränderung, die in ihm stattgefunden hatte. Doch er blieb noch drei Tage blind und ass und trank nicht. Es waren Tage tiefer Seelenübungen.
Saulus und Ananias
In Damaskus hatte der Herr einen Diener – den Jünger Ananias –, den Er zu Paulus senden wollte. Als Er ihn rief, reagierte dieser sofort. Sein Herz und sein Ohr waren stets bereit, auf eine Anweisung des Herrn zu hören. Als Ananias aber die Einzelheiten seines Auftrags erfuhr, hatte er doch Bedenken.
Ananias lebte in einem Vertrauensverhältnis zu seinem Herrn. Zwischen ihnen gab es nichts Störendes, so dass der Jünger seine Bedenken über diesen (ehemaligen) Christenverfolger seinem Meister sagen konnte. Und der Herr? Er hatte nicht nur Geduld mit seinem Jünger, sondern offenbarte ihm, was für ein wichtiges Werkzeug dieser Mann für Ihn werden sollte. Das war wirklich ein Gespräch unter Freunden.
Für Ananias muss die Aussage des Herrn: «Siehe, er betet», eine Bestätigung dafür gewesen sein, dass Saulus bereits neues Leben hatte. Er wusste zudem, dass dieser Mann über sein Kommen unterrichtet war.
Damit waren bei Ananias alle Zweifel ausgeräumt. Er ging zu Paulus, legte ihm die Hände auf und redete ihn mit «Bruder Saul» an. Für ihn gehörte dieser Mann wie jeder andere Gläubige zur Familie Gottes.
Als Saulus wieder sehend war, wurde er auch mit dem Heiligen Geist erfüllt. Nun hatte er in seinem Innern einen gefestigten Frieden mit Gott. Der Heilige Geist gab seinem neuen Leben die Kraft, so dass er jetzt die ersten sicheren Schritte auf dem Glaubensweg gehen konnte. Als Erstes wurde er getauft.
Saulus bezeugt Jesus als Sohn Gottes
Saulus, der Christenverfolger, war eine bekannte Persönlichkeit. Auch von seinem Vorhaben in Damaskus wussten die Leute (Verse 14.21). Deshalb waren die Menschen ganz verwundert, als sie hörten, dass dieser Mann in den Synagogen predigte und Jesus als Sohn Gottes verkündigte. Im Weiteren bewies er den Juden – wohl anhand der Schriften des Alten Testaments –, dass dieser Jesus der Christus, d. h. der verheissene Messias, ist. Durch diese klare Verkündigung zog er den Hass und die Feindschaft der Juden auf sich. Nun wurde er zum Verfolgten. Doch er konnte fliehen.
Zurück in Jerusalem, dem Ausgangspunkt seiner Reise nach Damaskus, versuchte er sich denen anzuschliessen, die er früher verfolgt hatte. Doch sie trauten der Sache nicht. Sie sahen noch nicht, dass er ein völlig veränderter Mann war. Als Verfolger der Versammlung Gottes hatte er Jerusalem verlassen, als ein Apostel des Herrn Jesus Christus war er zurückgekehrt.
Da nahm Barnabas, der Sohn des Trostes, sich seiner an und brachte ihn zu den Aposteln. Als ein vertrauenswürdiger Mann konnte er den anderen von den besonderen Umständen der Bekehrung von Saulus berichten und bezeugen, wie freimütig er in Damaskus im Namen Jesu gesprochen hatte. Damit war das Eis gebrochen. Von jetzt an lebte Saulus in ungetrübter Gemeinschaft mit den Gläubigen in Jerusalem. Doch seine klare Verkündigung rief auch in jener Stadt die Feindschaft der Juden hervor, so dass er erneut fliehen musste.
Petrus kommt nach Lydda
Nachdem Saulus, der Anführer der Christenverfolger, sich bekehrt hatte und an Jesus Christus gläubig geworden war, erlebten die Christen im Land Israel eine Zeit der Ruhe. Aufgrund dieser günstigen Voraussetzungen gab es in den örtlichen Versammlungen der Provinzen Judäa, Galiläa und Samaria sowohl inneres als auch äusseres Wachstum. Die Erbauung beschreibt das geistliche, innere Wachstum der Gläubigen. Die Vermehrung weist auf das zahlenmässige Wachstum der Versammlung hin. Obwohl es in diesen Versen um örtliche Versammlungen einer Region geht, spricht der Heilige Geist von der Versammlung. Damit wird betont, dass es auf der Erde nur eine Versammlung gibt, zu der alle Erlösten gehören. Aber sie wird da, wo Gläubige zum Namen des Herrn hin zusammenkommen, örtlich dargestellt.
Ab Vers 32 wird uns etwas über den Dienst des Apostels Petrus mitgeteilt. In Johannes 21 hatte der Herr ihm die Lämmer und Schafe seiner eigenen Herde anvertraut. In diesen Versen sehen wir, wie er diesen vom Herrn empfangenen Hirtendienst ausübte. Er ging den Gläubigen nach, bis er nach Lydda kam. Dort durfte er in der Macht des Namens von Jesus Christus einen Gelähmten gesund machen (vergleiche Vers 34 mit Kapitel 3,6). Dieses Wunder führte dazu, dass viele Menschen in den Ortschaften Lydda und Saron sich zum Herrn bekehrten. Ähnliches geschah nach der Heilung des Gelähmten an der Tempelpforte (Kapitel 4,4).
Petrus auferweckt Tabitha
Die nächste Geschichte handelt von einer gläubigen Frau, die krank wurde und starb. Diese treue Jüngerin hinterliess eine grosse Lücke, obwohl sie, wie es scheint, keine eigene Familie hatte. Ihr Wirkungskreis waren die armen Witwen. Sie hatte sich um diese wie um ihre Kinder gekümmert. Nun war die Trauer gross.
Da die Jünger in Joppe wussten, dass der Apostel Petrus in der Nähe war, sandten sie zwei Männer zu ihm nach Lydda mit der einfachen Bitte: «Zögere nicht, zu uns herüberzukommen.» Sicher hofften sie im Stillen auf ein Wunder, aber sie wollten die Sache ganz dem guten, wohlgefälligen und vollkommenen Willen Gottes überlassen. Im Glauben hofften sie auf Ihn, der allein wusste, was für sie gut war.
Petrus kam sofort. In Joppe angekommen, führten sie ihn einfach ins Zimmer, wo die Verstorbene lag, während alle Witwen die Kleider zeigten, die die Hände der Dorkas gemacht hatten: ein sichtbares Zeichen der Liebe ihres Herzens! Dann wollte Petrus allein sein, um mit seinem Herrn reden zu können. Er «kniete nieder und betete». Er legte die Sache dem Herrn über Leben und Tod vor, der auch Tote aufzuerwecken vermag. Und Gott wollte, dass die Verstorbene ins Leben zurückkam. So konnte Petrus der Toten zurufen: «Tabitha, steh auf!», und sie wurde zum Leben erweckt.
Wie gross muss die Freude bei den Gläubigen gewesen sein! Auch dieses Wunder führte dazu, dass viele Menschen in Joppe an den Herrn glaubten. Welch ein Triumph der Gnade Gottes!
Kornelius aus Cäsarea
Als an Pfingsten die Versammlung entstand, setzte sie sich ausschliesslich aus Juden, die an den Herrn Jesus glaubten, zusammen. Aber das Evangelium von der Gnade Gottes ist eine Botschaft, die sich an alle Menschen richtet (Lukas 24,45-47). Die Geschichte des römischen Zenturio Kornelius, die jetzt beginnt, zeigt, wie Menschen aus den Nationen durch den Glauben an Jesus Christus errettet und zur Versammlung hinzugefügt werden. Sie müssen nicht zuerst Juden werden.
Der fromme und gottesfürchtige Kornelius hatte bereits eine Beziehung zum Volk der Juden und vor allem zum wahren Gott. Er betete zu Ihm. Dieser Mann besass also schon Leben aus Gott. Aber er wusste nichts vom vollbrachten Erlösungswerk. Ihm fehlte der Friede mit Gott, die Sicherheit der Vergebung seiner Sünden und vor allem hatte er den Heiligen Geist noch nicht.
Aber nun wollte Gott ihm die ganze Botschaft des Heils in Jesus Christus mitteilen. Doch das war nicht die Aufgabe des Engels, der Kornelius erschien. Der Zenturio sollte Leute nach Joppe senden und von dort einen gewissen Simon, der auch Petrus genannt wird, holen lassen. Gott lässt das Evangelium durch solche weiterverkündigen, die es selbst im Glauben angenommen haben. Zudem hatte der Apostel Petrus einen besonderen Auftrag vom Herrn. In Matthäus 16,19 verhiess der Meister ihm die Schlüssel des Reiches der Himmel. Nun sollte er diese Schlüssel benutzen, um auch den Nationen den Zugang zum Reich der Himmel zu öffnen.
Petrus auf dem Dach
Gottes Wille ist, dass alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Darum hat Jesus Christus – der eine Mittler zwischen Gott und Menschen – sich selbst am Kreuz als Lösegeld für alle gegeben. Damit diese herrliche Botschaft auch zu Kornelius – einem Mann aus den Nationen – kam, musste Gott den Diener, den Er dazu gebrauchen wollte, erst vorbereiten.
Obwohl der Apostel Petrus an den Herrn Jesus glaubte, war er als Person immer noch ein gesetzestreuer Jude. Das von Gott durch Mose gegebene Gesetz machte eine klare Trennung zwischen Juden und Nationen. Nun musste Petrus lernen, dass mit dem Tod des Herrn am Kreuz die Zeit des Gesetzes zu Ende gegangen war. Eine neue Zeit – die der Gnade – hatte begonnen, in der Gott «die Zwischenwand der Umzäunung» (das Gesetz) abgebrochen hat. Menschen aus allen Völkern, die glauben, werden zu einer neuen Einheit miteinander verbunden. Sie bilden zusammen die Versammlung Gottes (Epheser 2,11-22). Unter dem Gesetz nahmen die Juden eine besondere Stellung vor Gott ein. Im Christentum gibt es diese Unterscheidung nicht mehr.
Mit der dreimal wiederholten Vision versuchte Gott dem Apostel Petrus dies klarzumachen. «Was Gott gereinigt hat, halte du nicht für gemein!» Nach dieser göttlichen Unterweisung war Petrus als Jude bereit, in das Haus eines Römers zu gehen. So wirkte Gott sowohl an Kornelius wie auch an Petrus, um diese beiden so unterschiedlichen Männer – ein jüdischer Fischer und ein römischer Offizier – zusammenzuführen.
Petrus reist nach Cäsarea
Als der Apostel Petrus in das Haus von Kornelius hineinging – es war für ihn wohl das erste Mal, dass er das Haus eines «Heiden» betrat –, erlebte er einen besonderen Empfang: Der Römer fiel ihm zu Füssen und huldigte ihm. Das war ehrlich gemeint, aber verkehrt. Sofort richtete Petrus ihn mit der Bemerkung auf: «Steh auf! Auch ich selbst bin ein Mensch.» Eine solche Ehrerbietung gehört nur Gott.
Dann traten diese beiden so verschiedenen Männer wie zwei Freunde gemeinsam in das Innere des Hauses, wo viele versammelt waren.
Nachdem Petrus den Anwesenden erklärt hatte, warum er als Jude zu ihnen gekommen war, fragte er nach dem Grund der Einladung. Der Geist Gottes wiederholt in den Versen 30-32, was wir bereits aus den Versen 3-6 wissen, aber mit dem Zusatz: «Der wird, wenn er hierher gekommen ist, zu dir reden.»
Kornelius schloss seine Antwort mit dem wichtigen Satz: «Jetzt sind wir nun alle vor Gott gegenwärtig, um alles zu hören, was dir von Gott befohlen ist.» Kornelius und die bei ihm Versammelten waren sich bewusst, in der Gegenwart Gottes zu sein. Nun wollten sie auf all das hören, was Er ihnen durch einen menschlichen Diener sagen wollte. – Eine solche Haltung gegenüber Gott, gegenüber seinem Wort und gegenüber seinem Diener sollten auch wir an den Tag legen, wenn wir zur Verkündigung des Wortes Gottes zusammenkommen. Die Worte von Kornelius reden aber auch zum Herzen und Gewissen der Verkündiger. Reden wir wirklich nur das, was uns von Gott befohlen ist?
Das Evangelium für Kornelius
Was verkündigte Petrus solchen, die zum Teil bereits Leben aus Gott hatten und offen für die Botschaft der Gnade waren? Zunächst anerkannte er, dass Gott in jedem Volk die Menschen sieht, die von neuem geboren sind und daher Leben aus Gott besitzen. Er beschreibt sie als solche, die Ihn fürchten und Gerechtigkeit wirken. Nur gläubige Menschen können so leben.
Dann sprach er von dem, was den Zuhörern bekannt war. Sie hatten von Jesus Christus und seinem Dienst im Land Israel gehört. Doch sie wussten auch, dass Er nur zum Volk Israel gekommen war (Matthäus 15,24), nicht zu ihnen als Menschen aus den Nationen. Neu war für sie die Aussage: Jesus Christus ist Herr von allen. Das betraf auch sie.
Doch bevor Petrus in seiner Rede noch einen entscheidenden Schritt weiterging, stellte er ihnen den Herrn Jesus in seinem Leben und Dienst, seinem Kreuzestod und seiner Auferstehung vor. Dass Er auferstanden war, wurde von vielen Zeugen bestätigt. Die Auferstehung von Jesus Christus ist eine Tatsache!
Aber nun kam eine Botschaft, die über das Volk Israel hinausgeht und alle Menschen betrifft. Der verworfene und gekreuzigte Jesus Christus ist der von Gott bestimmte Richter der Lebenden und Toten. An Jesus Christus kommt kein Mensch vorbei. Es gibt aber einen Ausweg, um Ihm nicht als dem Richter begegnen zu müssen. Es ist der Glaube an Ihn als den Heiland. Dieser Ausweg steht wirklich allen Menschen offen, denn «jeder, der an ihn glaubt, empfängt Vergebung der Sünden durch seinen Namen».
Mit dem Heiligen Geist versiegelt
Die im Haus von Kornelius versammelten Menschen müssen den Worten von Petrus mit grösster Aufmerksamkeit gefolgt sein. Als sie vernahmen, dass jeder, der an den Herrn Jesus als seinen Erretter glaubt, durch seinen Namen Vergebung der Sünden empfängt, nahmen sie die Botschaft auf der Stelle an. Sofort antwortete Gott auf ihren Glauben, indem der Heilige Geist auf alle fiel, die das Wort hörten und es mit Glauben aufnahmen. Gott selbst unterbrach an dieser Stelle die Predigt von Petrus, denn es heisst: «Während Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten.»
Die Gläubigen, die mit Petrus gekommen waren – es waren ausschliesslich Menschen aus dem Volk Israel –, wurden von dem, was sie erlebten, überwältigt. Das war ja mit dem vergleichbar, was an Pfingsten geschehen war! Ja, Gott hatte auch auf die Glaubenden aus den Nationen seinen Geist ausgegossen. Die Taufe mit Heiligem Geist wurde in dem Sinn erweitert, dass sie auch die Nationen einschloss (Kapitel 11,15.16).
Jetzt waren diese Glaubenden im Haus von Kornelius ebenfalls Glieder am Leib des Christus. Sie gehörten zu der einen Versammlung. Es blieb noch ein Schritt: die christliche Taufe, durch die sich diese Gläubigen öffentlich auf die Seite des Verworfenen stellten. Petrus machte klar, dass diesem Schritt nichts mehr im Weg stand. Er befahl sogar, dass diese im Namen des Herrn getauft würden. Nach der Taufe standen diese Glaubenden auch äusserlich auf christlichem Boden.
Petrus berichtet, was geschehen ist
Auch in Judäa hörten die Gläubigen von dem, was im Haus von Kornelius geschehen war. Freuten sie sich über das mächtige Wirken Gottes? Noch nicht. Als Petrus nach Jerusalem kam, wurde er von solchen, die noch sehr am Einhalten der gesetzlichen Vorschriften festhielten, angegriffen. Der inspirierte Bericht bezeichnet diese als «die aus der Beschneidung».
Als Antwort auf diese Angriffe erzählte Petrus, was er in Joppe im Haus Simons, des Gerbers, erlebt hatte. Gott sorgte dafür, dass der ganze Bericht von Petrus in seinem Wortlaut aufgeschrieben wurde. Zusammen mit der Berichterstattung aus Kapitel 10 haben wir ein doppeltes Zeugnis darüber, wie Gott den Christen, die aus dem Volk Israel stammten, klarmachen wollte, dass jetzt eine neue Zeitperiode begonnen hatte. Die Glaubenden aus den Juden und die aus den Nationen bilden nun zusammen die Versammlung Gottes. Die Verkündigung dieser wichtigen Wahrheit wurde später besonders dem Apostel Paulus anvertraut (Epheser 3,2-12). Er wird als Apostel der Nationen bezeichnet.
Für den Moment beruhigte der ausführliche Bericht von Petrus die Gemüter. Es heisst sogar, dass sie Gott darüber verherrlichten, dass Er auch den Nationen die Buße zum Leben gegeben hatte, ohne zuerst das Judentum anzunehmen. Aber später tauchte das Problem erneut auf. Die Christen mit jüdischem Hintergrund trennten sich nur sehr schwer vom Gesetz und von allem, was ihre frühere Religion ausmachte.
Entstehung der Versammlung in Antiochien
Die Verfolgung, die nach der Steinigung von Stephanus über die Christen hereingebrochen war, hatte nicht nur die in Kapitel 8 beschriebenen Folgen. Manche der Zerstreuten gingen über die Grenzen Israels hinaus. Überall hörten die Menschen – vorläufig nur die Juden – das Evangelium vom Herrn Jesus. In Antiochien gab es Männer, die diese Botschaft auch solchen verkündigten, die keine enge Beziehung zum gesetzlichen Judentum hatten. Mit «Griechen» sind hier gebürtige Juden gemeint, die sich ihrer griechischen Umgebung angepasst hatten. Viele von ihnen wurden gläubig. Sie bekehrten sich zum Herrn.
Diesmal schickte die Versammlung in Jerusalem keine Apostel wie in Kapitel 8,14, sondern Barnabas, ein Levit, der in Zypern geboren war (Kapitel 4,36), an den Ort des Wirkens Gottes. Dieser gute und gottesfürchtige Mann hatte Augen für das, was Gottes Gnade gewirkt hatte, und freute sich darüber. Als weiser Mann erkannte er aber auch die Gefahr, in der die Jungbekehrten standen. Deshalb ermahnte er sie, auf dem eingeschlagenen Glaubensweg zu verharren und mit Herzensentschluss beim Herrn zu bleiben. Er wusste, dass es nicht immer glatt gehen würde. Weiter sah er, dass diese Glaubenden Belehrung brauchten. So holte er Saulus aus Tarsus nach Antiochien. Die dortige Versammlung erlebte eine segensreiche Zeit.
Diese Gläubigen dachten nicht nur an sich. Sie waren auch bereit, die verarmten Brüder in Judäa materiell zu unterstützen. Ihre praktische Hilfe sandten sie durch Barnabas und Saulus nach Jerusalem.
Herodes tötet Jakobus und verhaftet Petrus
Obwohl der grösste Christenverfolger, Saulus von Tarsus, sich zum Herrn Jesus bekehrt hatte, hörte die Verfolgung nicht auf. König Herodes liess den Apostel Jakobus töten. Das war ganz nach dem Sinn der Führerschaft der Juden. Daher fuhr er fort und liess auch den Apostel Petrus verhaften und in ein gut gesichertes Gefängnis bringen. Man hatte in Jerusalem vermutlich noch nicht vergessen, wie die zwölf Apostel früher auf unerklärliche Weise aus dem Gefängnis befreit worden waren (Kapitel 5,18.19). König Herodes wollte sicher gehen und ordnete vier Abteilungen von je vier Soldaten zur Bewachung des gefangenen Petrus an. Nach dem Passahfest plante er, mit diesem prominenten Gefangenen einen Schauprozess durchzuführen. Dass er sich dabei an einem Menschen vergriff, der ein erlöstes Eigentum des allmächtigen Gottes und ein wertvolles Werkzeug in der Hand des Herrn Jesus war, kam Herodes nicht in den Sinn.
Aber die Versammlung wandte sich in ihrer Not mit einem anhaltenden Gebet für Petrus an Gott. Wie wichtig war doch das gemeinsame Gebet der Gläubigen in jener Zeit (Kapitel 1,14; 4,24; 6,6)! Es ist heute noch genauso nötig und wichtig.
Eine erste Erhörung zeigt uns bereits Vers 6. Obwohl Petrus damit rechnen musste, hingerichtet zu werden, schlief er in jener Nacht tief und fest. Die Versammlung betete für ihn und er ruhte völlig in seinem Herrn und Heiland. Sein Leben lag ganz in der Hand seines Gottes und himmlischen Vaters.
Ein Engel befreit Petrus
In Hebräer 1,14 heisst es, dass die Engel dienstbare Geister sind, die zum Dienst an den Erlösten ausgesandt sind. Hier sehen wir einen von ihnen, der den Auftrag hatte, Petrus aus dem Gefängnis zu befreien.
Normalerweise hätte das Licht in der Gefängniszelle auch die Soldaten wecken müssen. Doch sie schliefen fest. Auch der Lärm der Ketten, die von den Händen des Petrus abfielen, weckte sie nicht. Er selbst muss tief geschlafen haben, denn der Engel musste ihm alles sagen, was er zu tun hatte. Wie im Traum folgte er seinem Führer, bis er schliesslich allein auf der Strasse stand. Da wusste er, dass der Herr ihn auf wunderbare Weise aus der Hand von König Herodes gerettet hatte.
Nun suchte er das Haus von Maria, der Mutter von Johannes Markus auf, das als Versammlungsort der Gläubigen diente. Dort waren viele versammelt, um anhaltend für ihn zu Gott zu beten. Doch als die Erhörung vor der Tür stand, glaubte es ausser der Magd Rhode zuerst niemand. Auch unsere Herzen zeigen manchmal einen solchen Mangel an Gottvertrauen. Wir beten zwar, aber glauben wir auch, dass Gott erhören kann?
Wie gross muss die Freude gewesen sein, als sie Petrus endlich hereinliessen und er leibhaftig vor ihnen stand! Er erzählte, wie der Herr ihn befreit hatte. Sie sollten es den Nichtanwesenden weitersagen. Aber dann verschwand er aus der Stadt. Er ging kein unnötiges Risiko ein.
Das Ende von König Herodes
Die Bestürzung unter den wachhabenden Soldaten muss gross gewesen sein. Sie konnten es sich nicht erklären, wie Petrus verschwunden war. Herodes aber, grausam und unbarmherzig, untersuchte die Sache nicht weiter. Anstelle von Petrus wurden die 16 Soldaten getötet.
Doch der Mann, der sich zuerst an den Aposteln des Herrn vergriff und sich dann unbeeindruckt über die göttliche Befreiung von Petrus hinwegsetzte, konnte dem Allmächtigen nicht entfliehen. Der Moment kam, da Gott eingriff. Der Anlass war ein ganz einfacher. Herodes liess sich von Menschen, die sich ihm mit Schmeichelei unterwarfen, als Gott verehren. «Eines Gottes Stimme und nicht eines Menschen!», rief das Volk ihm nach seiner Rede zu. Doch Gott gibt seine Ehre keinem anderen (Jesaja 42,8). Er allein ist Gott (5. Mose 6,4; Markus 12,29.32). Manchmal, wie hier bei Herodes, zeigt Er auf der Stelle, wer der wahre Gott ist. Der Mann, der diese Gottesverehrung für sich in Anspruch nahm, musste eines schrecklichen Todes sterben.
Die Verkündigung des Wortes Gottes erreichte immer mehr Leute, die die Botschaft glaubten. Die Feindschaft der Menschen konnte das Werk Gottes nicht aufhalten. Barnabas und Saulus kehrten nach Erfüllung ihres Dienstes von Jerusalem nach Antiochien zurück. Sie nahmen Johannes Markus mit, dessen Mutter ihr Haus den Geschwistern geöffnet hatte, damit sie gemeinsam für Petrus beten konnten. Der Herr hatte für alle drei Männer neue Aufgaben bereit, wie das nächste Kapitel zeigt.
Buchtipp: Gelebter Glaube
Einleitung
Thema
13 Jahre nach der Rückkehr von Esra nach Jerusalem schickt Gott einen weiteren Diener dorthin, um sein Werk zu beleben. Nehemia, der Mundschenk des persischen Königs, bekommt die Aufgabe, die Mauer und die Tore der Stadt Jerusalem wieder aufzubauen.
Feinde von aussen und Widerstand von innen stellen sich Nehemia entgegen. Aber er lässt sich von seinem Auftrag nicht abbringen, bis Jerusalem durch die Mauer und die intakten Tore gegen feindliche Angriffe und fremde Einflüsse geschützt ist.
Einteilung
Kapitel 1 – 2: Die Reise Nehemias nach Jerusalem
Kapitel 3 – 7: Der Bau der Mauer von Jerusalem
Kapitel 8 – 10: Die Neuordnung des geistlichen Lebens
Kapitel 11 – 13: Die Neuordnung des sozialen Lebens
Buchtipp: Lasst uns die Mauer Jerusalems aufbauen!
Nehemia in der Burg Susan
Nehemia war ein in der Gefangenschaft geborener Jude, aber kein Priester wie Esra und auch kein Mann aus der königlichen Linie Davids wie Serubbabel. Hingegen nahm er im Palast des persischen Königs eine hohe und ehrenhafte Stellung ein: Er war sein Mundschenk. Nehemia muss auch sehr wohlhabend gewesen sein, denn später sehen wir, wie er seinen Unterhalt und den Unterhalt derer, die bei ihm waren, selbst bestritt (Nehemia 5,14-18).
Obwohl Nehemia Jerusalem noch nie gesehen hatte, schlug sein Herz für die Stadt Gottes, die Er einst erwählt hatte, um seinen Namen dort wohnen zu lassen. Als sein Bruder Hanani mit einigen Männern aus Juda zu ihm kamen und ihm vom traurigen Zustand Jerusalems erzählten, berührte ihn dies tief. In grosser Trauer und mit Fasten wandte er sich in ernstem Gebet zu Gott.
Der Inhalt dieses Gebets offenbart uns den geistlichen Zustand dieses gottesfürchtigen Mannes. Im Vertrauen wandte er sich in seiner Not an den grossen Gott und rief sein Erbarmen an. Doch er wusste auch um die Ursache der Not: die Sünden des Volkes. Und er, der persönlich keine Schuld hatte, machte sich völlig eins mit den Sünden Israels. Aber dann stützte er sich auf die Verheissungen Gottes, die Er einst dem Volk gegeben hatte (z. B. 5. Mose 30,1-5). Schliesslich bat er um Barmherzigkeit «vor diesem Mann», womit der mächtige persische Könige gemeint war. Ob Gott durch diesen Monarchen seinem Volk zu Hilfe kommen wollte?
Nehemia reist nach Jerusalem
Der Vergleich zwischen Nehemia 1,1 und Nehemia 2,1 zeigt, dass seit der Rückkehr Hananis mehr als drei Monate vergangen waren. Wie viele ernste Gebete werden in dieser Zeit von Nehemia zu Gott aufgestiegen sein! Er wartete mit Geduld auf Gottes Antwort. Doch die schwere Last auf seinem Herzen widerspiegelte sich auf seinem Gesicht. Die Traurigkeit seines Mundschenken blieb dem König nicht verborgen, und er merkte auch, dass es eine Traurigkeit des Herzens war.
Als der König ihn so direkt ansprach, erschrak Nehemia sehr. Würde er beim König in Ungnade fallen? Aber dann gab er eine klare, ehrliche Antwort. Und der König antwortete sehr gnädig. Was mag im Herzen Nehemias vorgegangen sein, als der König ihn direkt fragte: «Um was bittest du denn?»! Doch bevor er antwortete und seinen Herzenswunsch äusserte, betete er nochmals zum Gott des Himmels. Welch ein nachahmenswertes Beispiel echter Abhängigkeit von Gott. Er wollte nichts tun, was Gott nicht gutheissen konnte. Werden wir da nicht an unseren Herrn erinnert, der prophetisch gesagt hat: «Ich aber bin stets im Gebet», und der nur den Willen seines Gottes und Vaters tun wollte (Psalm 109,4; Johannes 4,34)?
Dann legte Nehemia dem König sein Begehr vor: Er möge ihn mit dem Auftrag, die Stadt Jerusalem wieder aufzubauen, nach Juda senden. Gott wirkte am Herzen dieses Herrschers, dass Nehemia nicht nur gesandt wurde, sondern auch die nötigen Briefe samt Aufträgen erhielt. Der demütige Mann Gottes sah in allem die gute Hand seines Herrn über sich.
Nehemia besichtigt die Stadt
Als Gesandter des persischen Königs kam Nehemia mit entsprechender militärischer Begleitung nach Juda. Doch nachdem er die gute Hand seines Gottes erfahren hatte, erschien auch der Feind in Gestalt von Sanballat und Tobija auf dem Plan. Wo der Herr ein Werk hat, ist auch der Feind Gottes nicht untätig, um zu stören und wenn möglich zu zerstören. Das ist bis heute so geblieben (1. Korinther 16,9).
Nach drei Tagen machte sich Nehemia mit einigen Getreuen in der Nacht auf den Weg, um sich ein Bild von der Arbeit zu verschaffen, die er in Angriff nehmen wollte. Es muss ein überaus trauriger Gang gewesen sein. Überall sahen sie nur Zerstörung und unüberwindliche Trümmer. Sank ihm nun der Mut, den Wiederaufbau, den Gott ihm ins Herz gegeben hatte, zu beginnen? Nein, in keiner Weise. – Am nächsten Tag besprach er sich mit den Verantwortlichen des Volkes. Er machte ihnen keine Vorwürfe für ihre Untreue und ihr Versäumnis. Er trat auch nicht als überlegener Führer auf. Er stellte sich auf eine Stufe mit ihnen: «Ihr seht das Unglück, in dem wir sind.» Dann verband er seinen Aufruf zum Wiederaufbau der Stadtmauer Jerusalems mit dem, was Gott gewirkt hatte. Und die Antwort? «Wir wollen uns aufmachen und bauen!»
Die erste Reaktion der Feinde war Spott und Verachtung. Nehemias Antwort ist bemerkenswert. Er verteidigte sich nicht, sondern berief sich auf seinen Gott. Als seine Knechte wollten sie sich einsetzen, aber in klarer Trennung von den Spöttern: «Ihr habt weder Teil noch Recht noch Gedächtnis in Jerusalem.»
Der Bau der Mauer und ihrer Tore
Hier finden wir die Einzelheiten über den Bau der Stadtmauer. Was hat sie für eine geistliche Bedeutung? In Jerusalem standen Altar und Haus Gottes, was von Anbetung, Gottesdienst, aber auch vom Wohnen Gottes unter den Seinen spricht. Ohne Mauer war der Tempel den Feinden schutzlos ausgeliefert. – Ohne heilige Absonderung von aller Art des Bösen besteht die Gefahr, dass die Anbetung durch menschliche Einflüsse verwässert wird und Personen ins Haus Gottes kommen, die sich Christen nennen, aber kein Leben aus Gott haben. Wie leicht können sich ohne Mauer der Absonderung falsche Lehren einschleichen! Aber so wie die Mauer Jerusalems Tore hatte, so soll in geistlicher Hinsicht der Zugang zum Tisch des Herrn und zum Haus Gottes jedem wahren Gläubigen offen stehen.
Am Anfang steht das Schaftor. Es erinnert an die Worte unseres Herrn: «Ich bin die Tür der Schafe … Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich eingeht, so wird er errettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden» (Johannes 10,7.9).
Gott sah alle, die sich am Bau der Mauer beteiligten. Ihm fielen auch die Vornehmen auf, die zu stolz für diese Schwerarbeit waren. Die Goldschmiede und Salbenmischer werden besonders erwähnt, denn ihre Hände waren sicher nicht gewohnt, Maurerarbeit zu leisten. Trotzdem halfen sie mit. In den Versen 9 und 12 werden zwei «Oberste» genannt. Auch diese hohen Beamten und besser gestellten Leute griffen mit an, sogar die Töchter des einen von ihnen halfen mit (Vers 12). Welch ein Einsatz für die Sache des Herrn!
Verschiedene Motive beim Bauen
In den Versen 13-15 werden drei Tore genannt, die ausgebessert wurden. Ihre Namen und ihre Reihenfolge erinnern an wichtige geistliche Tatsachen in unserem Glaubensleben. Das Taltor spricht von Selbsterkenntnis und Demut. Oft erkennt man die Verdorbenheit seines eigenen Herzens erst Jahre nach der Bekehrung. Das führt dann zum Misttor, durch das man den Abfall der Stadt hinausführte. Das Erkennen des eigenen, verderbten Ichs führt zu einem täglichen Selbstgericht, bei dem man die Auswüchse der alten Natur verurteilt (Kolosser 3,5). Wenn wir in unserem Glaubensleben auf diese Weise nach praktischer Reinheit streben, wird sich der Heilige Geist auch ungehindert entfalten können. Davon redet das Quelltor (Epheser 4,30).
Baruk in Vers 20 war besonders eifrig am Werk. Wie schön, dass Gott diesen Einsatz nicht unerwähnt lässt! – Der in Vers 20 und 21 erwähnte Eljaschib war der Hohepriester, der mit seinen Brüdern das Schaftor baute (Vers 1). Warum baute er nicht am Mauerstück vor seiner Haustür? Dieser Mann, obwohl er Hoherpriester war, ist das Bild eines Gläubigen, der in seiner eigenen Familie (Haus) die Absonderung vernachlässigt. So kann die Welt mit all ihren Ideen ins Haus eindringen – und Schaden anrichten, besonders bei den Kindern.
Betrachtet man die Arbeit Eljaschibs am Schaftor genauer, kommt ein zweiter negativer Punkt ans Licht: Er baute ein Tor ohne Riegel, d. h. es war nicht verschliessbar! Den Grund dafür finden wir in Nehemia 13,4.5: Tobija, ein Feind der Juden, konnte so ungehindert in die Stadt und in den Tempel kommen.
Die Verantwortung beim Bauen
Im Gegensatz zu Eljaschib gab es manche, die «ihrem Haus gegenüber» ausbesserten (Verse 23.28.29). Sie nahmen die persönliche Verantwortung ernst, die jeder Mann und Vater für seine Familie hat, um sie vor den bösen Einflüssen, die von der Welt in unser Leben als Glaubende eindringen wollen, zu schützen. Sind wir uns dieser Verantwortung bewusst? Wissen wir z. B., was unsere Kinder lesen, sehen und hören?
Vom Wassertor – einem Bild vom Wort Gottes – wird nicht gesagt, dass es ausgebessert wurde (Vers 26). Gott hat uns mit seinem Wort etwas Vollkommenes, absolut Gültiges und Verlässliches und unveränderlich ewig Bestehendes in die Hand gegeben (Matthäus 24,35).
Die letzten beiden erwähnten Tore sind das Osttor (Vers 29) und das Tor Miphkad, was Musterung oder Zählung bedeutet. Schemaja war der Hüter des Osttores. Dieses erinnert an unsere Hoffnung: die Erwartung des Kommens unseres Herrn, des glänzenden Morgensterns. Wie leicht kann dies in Vergessenheit geraten, sodass wir unseren Heiland nicht mehr täglich erwarten.
Das Tor Miphkad weist uns auf den Richterstuhl des Christus hin. Nach der Entrückung, wenn wir beim Herrn sein werden, muss jeder von uns vor diesem Richterstuhl offenbar werden (2. Korinther 5,10). Dort wird jede Unstimmigkeit, jede ungelöste Frage zwischen uns und unserem Herrn bereinigt werden, damit wir ewig in vollkommener Harmonie mit Ihm leben können. Bei jener Gelegenheit gibt es auch Lohn für die Treue in unserem Leben. Dann werden auch alle, die am Bau der Mauer mitgeholfen haben, ihren Lohn empfangen.
Erster Widerstand der Feinde
Das Bauen der Mauer konnte den Feinden der Juden nicht verborgen bleiben. Aus ihrem anfänglichen Spott und ihrer Verachtung (Nehemia 2,19) wurden nach und nach Zorn und Ärger. Ihre Fragen, die immer noch viel Spott enthielten, zeigen ihre zunehmende Wut. Tobija sprach von einem Fuchs, der die steinerne Mauer auseinander reissen könnte. Warum ärgerten sie sich dann so sehr, wenn das Ganze nur eine Bagatelle war? Es war eben keine unbedeutende Kleinigkeit, sondern ein Werk Gottes. Das spürten die Feinde.
Als Antwort auf diese verbalen Angriffe betete Nehemia zu Gott. Dieser gottesfürchtige Mann suchte angesichts der Verunglimpfung der Juden seine Zuflucht im Gebet. Ähnlich reagierte auch König Hiskia, als er und die Bewohner Jerusalems von den Assyrern verspottet und Gott, der Herr, verhöhnt wurden (Jesaja 36; 37,1).
Die Verse 36 und 37 enthalten eins der vielen kurzen Gebete Nehemias, die uns in diesem Buch mitgeteilt werden (Nehemia 2,4; 3,36.37; 5,19; 6,14; 13,14.22.29). Mit seinen Worten legte er die ganze Sache in die Hand Gottes. Der Wortlaut dieses Gebets erinnert an manche Psalmen, und wir müssen bedenken, dass dies nicht zur Zeit der Gnade geäussert wurde, in der wir leben. Wir bitten nicht um Rache an unseren Feinden, sondern um Gnade und Barmherzigkeit. Aber damals entsprach dies den Gedanken Gottes.
Die Feinde konnten mit ihren Reden die Bauenden nicht von ihrem Werk abhalten. «Das Volk hatte Mut zur Arbeit.»
Bedrohung von aussen
Das Werk machte Fortschritte. Die Mauer war bereits bis zur halben Höhe fertig und die Lücken begannen sich zu schliessen. Als die Feinde sahen, dass sie mit ihrem Hohn und Spott keinen Erfolg hatten, verbündeten sie sich mit anderen, um mit Gewalt gegen Jerusalem zu kämpfen.
Wieder nehmen Nehemia und die Bauenden im Gebet Zuflucht zu Gott. Abhängigkeit ist das Erste. Aber dann treffen sie Vorsichtsmassnahmen gegen die Feinde und stellen Tag und Nacht Wachen auf. Genügte das Gebet nicht? Es wäre Vermessenheit gewesen, die Hände in den Schoss zu legen und der eigenen Verantwortung nicht nachzukommen mit dem Hinweis, man vertraue auf Gott! Ihr Verhalten stand nicht im Widerspruch zum Vertrauen auf Gott.
Es gab aber auch Entmutigung unter den Arbeitenden. Ähnliches erfuhr auch der Apostel Paulus (2. Korinther 7,5). Darauf scheint Nehemia nicht reagiert zu haben. Das Beste war, weiter zu beten und zu wachen.
Die Feinde versuchten einen Überraschungsangriff. Doch sie rechneten nicht mit Gott, der sein Volk beschützte. – Die Juden, die neben den Feinden wohnten und von ihnen beeinflusst wurden, versuchten, die Bauenden wiederholt zum Aufgeben ihrer Absonderung für Gott zu bewegen. Diese aber blieben standhaft, wachsam und abwehrbereit. Nehemia selbst handelte mit Glaubensenergie. Er sprach dem Volk Mut zu und richtete ihre Blicke auf Gott, der ihre Kraftquelle war.
Schutzmassnahmen
Der listige Angriff der Feinde wurde vereitelt. Sie mussten einsehen, dass Gott für sein Volk handelte, und nicht zuliess, dass sie ihre bösen Pläne verwirklichen konnten.
Auch wir Christen werden aufgefordert, dem Teufel standhaft im Glauben zu widerstehen. Dann wird er den Rückzug antreten (1. Petrus 5,8.9; Jakobus 4,7).
Auch wenn der Feind sich diesmal zurückzog, blieben die Bauenden wachsam. Ein Teil der Diener Nehemias übernahm die militärische Verteidigung, während die anderen am Werk arbeiteten. Die Juden ihrerseits bauten mit gegürtetem Schwert. Sie waren sozusagen mit Werkzeug und Waffe ausgerüstet, um je nach Situation das eine oder das andere zu gebrauchen.
Ein weiteres Problem war die Weitläufigkeit der Baustelle. Überall auf der Mauer waren einige an der Arbeit. Bei einem Angriff an irgendeiner Stelle sollten alle ihre Arbeitsplätze verlassen und mit ihren Waffen zur Angriffsstelle eilen. Der Mann mit der Posaune neben Nehemia würde das Signal dazu geben. Doch sie stützten sich nicht auf ihre Kraft, sondern sagten: «Unser Gott wird für uns kämpfen!»
Dadurch, dass die Mauer so gut bewacht werden musste, erschwerte sich die Bauarbeit. Sie getrauten sich nicht einmal mehr, zum Schlafen die Kleider auszuziehen. Wie lange würden sie eine solche Doppelbelastung aushalten? So lange, wie sie sich ganz auf Gott stützten (Epheser 6,10-13).
Hindernisse von innen
Dieses Kapitel zeigt uns den inneren Zustand des Volkes. Da stand es nicht zum Besten. Die Arbeit an der Mauer war ein Dienst der Liebe. Er wurde freiwillig getan. Es gab keine Bezahlung dafür. Bei vielen kam durch ihre Mitarbeit am Bau der Mauer die Arbeit auf ihren Feldern zu kurz. Zudem muss es eine Hungersnot gegeben haben, und die königlichen Steuern drückten manche. Diese Umstände nützten die wohlhabenden Juden aus, um sich an den ärmeren unter ihren Brüdern zu bereichern. Jetzt kam die Not vor Nehemia.
Wenn der Feind durch Angriffe von aussen nicht zum Ziel kommt, versucht er es innerhalb der Gläubigen. Diese Taktik wandte er auch unter den ersten Christen an (Apostelgeschichte 6,1).
Die Unterdrückung der Armen ist in Gottes Augen sehr verwerflich. Das bestätigen uns sowohl das Alte als auch das Neue Testament (Amos 2,6; 5,12; 8,4; Sprüche 14,31; 22,16; 28,3; Jakobus 5,1-6). Wir können daher den Zorn Nehemias verstehen. Doch bevor er sich äusserte, überlegte er die Sache vor dem Herrn.
Dann redete er den Edlen und Vorstehern ernst ins Gewissen. Sie hatten gegen das Gesetz verstossen (2. Mose 22,25; 3. Mose 25,36.37; 5. Mose 23,20; Psalm 15,5). Nehemia zeigte ihnen, dass ein solches Verhalten gegenüber ihren armen Brüdern im Gegensatz zur Erlösung aus der Gefangenschaft stand. Diese Sache würde auch nicht zur Ehre Gottes ausschlagen (Vers 9). Dem Vorschlag, alles Abgenommene zurückzugeben und die Zinsen zu erlassen, wurde allgemein zugestimmt. Resultat: «Sie lobten den Herrn!»
Die Grosszügigkeit Nehemias
Die Schlussverse des Kapitels zeigen etwas von der Freigebigkeit und Selbstverleugnung dieses Mannes Gottes. Sicher war Nehemia ein wohlhabender Mann, sodass er aus eigenen Mitteln täglich 150 Mann bewirten konnte. Doch die Edlen und Vorsteher gehörten auch zu den Reichen. Aber anstatt Freigebigkeit zu zeigen, nutzten sie die Notlage der Armen aus, um sich noch mehr zu bereichern.
Wir denken an den Apostel Paulus im Neuen Testament, der eine ähnliche Selbstlosigkeit offenbarte (Apostelgeschichte 20,33-35; 1. Korinther 4,12; 2. Korinther 12,14-17; 1. Thessalonicher 2,9.10).
Wir sind weder Statthalter wie Nehemia noch Apostel wie Paulus. Trotzdem dürfen auch wir ein offenes Herz und eine offene Hand haben. Es wird nicht nur zum Wohl unserer Nächsten ausschlagen, sondern auch dem Herrn wohlgefällig sein. Er hat ja mehr gegeben, als wir je geben können: In seiner Liebe hat Er am Kreuz sich selbst für uns hingegeben (Galater 2,20; Epheser 5,2).
In allem, was Nehemia für sein Volk tat, wusste er, dass Gott alles kennt und einmal alles belohnen wird, was für Ihn getan wurde, auch wenn es Menschen zugut kam. Wir wollen nicht wegen der Belohnung Gottes freigebig sein. Und doch ist es ermunternd, daran zu denken, dass Gott nichts entgeht und Er einmal jede Treue der Seinen belohnen wird.
Die List der Feinde
Das Werk gedieh. Die Lücken waren geschlossen. Es mussten nur noch die Flügel in die Tore eingesetzt werden. Nun versuchten die Feinde mit einer neuen List, das Werk zum Stillstand zu bringen. Sie schlugen ein freundschaftliches Zusammentreffen ausserhalb Jerusalems vor. Sie täuschten damit den Versuch einer Art von Zusammenarbeit vor. Der aufrichtige Nehemia durchschaute ihre Taktik und antwortete, er könne das Werk nicht im Stich lassen. – Praktizierte Absonderung von der Welt, auch von der religiösen, bedeutet auch für uns Schutz und Bewahrung.
Nach vier erfolglosen Versuchen schrieben die Feinde einen offenen Brief. Sie sprachen von einem bösen Gerücht, über das sie gemeinsam beraten wollten. Nehemia hatte ein absolut gutes Gewissen. Deshalb konnte er ihnen antworten: «Es ist nicht geschehen nach diesen Worten … aus deinem eigenen Herzen erdichtest du sie.»
Wieder erkannte er ihre Absicht: Die Furcht vor der Reaktion des Königs sollte die Energie der Juden lähmen. – Wenn wir aufrichtig auf einem Weg des Gehorsams gegenüber Gottes Wort vorangehen, wird der Herr uns einen klaren Sinn und ein gesundes geistliches Unterscheidungsvermögen erhalten, um die Angriffe des Feindes zu durchschauen.
Trotz allem blieb Nehemia demütig. Er stützte sich nicht auf seinen Verstand und seine Fähigkeiten, sondern bat Gott in aller Demut: «Und nun, stärke meine Hände!»
Trotz Widerstand wird der Bau vollendet
Nachdem Nehemia die Angriffe der Feinde von aussen abgewehrt hatte, begegnete ihm ein falscher Prophet, der im Auftrag Tobijas und Sanballats handelte. Schemaja sprach von einer Morddrohung gegen Nehemia und schlug ihm vor, sich im Tempel zu verstecken.
Die Antwort des Mannes Gottes bestand aus zwei Teilen. Zunächst zeigte sich die Furchtlosigkeit dessen, der auf Gott vertraut. Zweimal finden wir in Gottes Wort die Aufforderung: «Fürchtet nicht ihre Furcht» (Jesaja 8,12; 1. Petrus 3,14). Nach diesem Motto lebte Nehemia. – Im zweiten Teil seiner Antwort erinnert er daran, dass er weder Priester noch Levit war und kein Recht hatte, in den Tempel hineinzugehen. Gott hätte ihn für diese Sünde bestrafen müssen, und genau das hofften die Feinde zu erreichen. – Diese bösen Absichten haben Nehemia zu schaffen gemacht. Er musste darüber mit Gott reden (Vers 14).
In erstaunlich kurzer Zeit wurde dieses grosse Werk mit der Hilfe des Herrn fertig gestellt. Es blieb nicht ohne nachhaltigen Eindruck auf die Feinde. Sie mussten sich vor Gott geschlagen geben.
Trotzdem gaben sie nicht auf. Sie versuchten weiterhin, Nehemia einzuschüchtern. So lange wir hier leben, bleibt Satan der Widersacher Gottes und Feind der Erlösten. Die Edlen von Juda standen in regem Kontakt mit Tobija, weil sie verwandtschaftlich mit diesem «ammonitischen Knecht» (Nehemia 2,19) und seinen Nachkommen verbunden waren. Diese Verbindung mit Fremden nahm jenen Juden das klare Unterscheidungsvermögen. Entsprechend beurteilten sie Tobija.
Die Sicherheit der Stadt
Nun war die Mauer gebaut und die Tore funktionierten. Zwei Männern wurde jetzt die Aufsicht über die Stadt Jerusalem übertragen: Hanani, dem Bruder Nehemias, und Hananja, einem sehr treuen und gottesfürchtigen Mann. Die Anordnungen bezüglich der Tore ist sehr wichtig. Es ging nicht nur darum, Torhüter und Wachen aufzustellen. Es war ebenso nötig, die Tore erst bei Tageslicht zu öffnen und sie auch vor dem Dunkelwerden wieder zu schliessen (Nehemia 13,19). Im hellen Licht erkannte man klar, wer ein Recht hatte, in die Stadt hineinzugehen und wer nicht. Und wenn es heute um Menschen geht, die in die Gemeinschaft der Gläubigen am Tisch des Herrn kommen möchten – gewissermassen durch das Tor in die Stadt und zum Heiligtum eingehen wollen –, dann ist das Licht genauso nötig wie damals. Nur im Licht des Wortes Gottes und des Heiligen Geistes erkennt man, ob so jemand Leben aus Gott hat oder nicht. Nur wahre Christen haben ein Anrecht an dieser Gemeinschaft. Ungläubige dürfen nicht am Mahl des Herrn teilnehmen.
Der geräumige, aber bis dahin spärlich bewohnte Platz innerhalb der Stadtmauer bewog Nehemia, die Führer des Volkes zu versammeln und sie zu verzeichnen. Vielleicht würde Gott eine Lösung zeigen, um Jerusalem zu bevölkern. Dabei kam das Verzeichnis derer zum Vorschein, die zuerst unter Serubbabel heraufgezogen waren. So entsprechen die Verse 6-72 mit geringen Abweichungen den Versen in Esra 2,1-70.
Fehlende Geschlechtsregister
Die Verse 61-65 erinnern daran, dass eine Anzahl Menschen mit den Juden aus Babel gekommen waren, die ihre Zugehörigkeit zum Volk Israel nicht belegen konnten. Konnte man nicht auf ihre Aussagen gehen und sie zum Volk zählen? Nein. Der Tirsatha – das ist der persische Titel des Statthalters – verweigerte ihnen den Zutritt zum Priestertum und gestattete ihnen nicht, vom Hochheiligen zu essen. Zuerst musste durch die Urim und Tummim Gott befragt werden.
Heute sollte man vorsichtig sein, wenn jemand sagt: «Ich glaube an den Herrn Jesus.» Sind die Kennzeichen wahren Lebens aus Gott auch vorhanden? Liebt so jemand Gott und die anderen Gläubigen?
Die Zahlen in den Versen 69-71 stimmen nicht mit denen in Esra 2,68.69 überein. Doch das ist kein Widerspruch. In Esra 2 heisst es: «Einige von den Häuptern der Väter gaben freiwillig für das Haus Gottes.» In unserem Kapitel wird das aufgezählt, was der Tirsatha gab, was ein Teil der Häupter der Väter gab und was das übrige Volk gab.
Durch die Wiederholung der Aufzählung derer, die zuerst zurückgekehrt waren, wird jener Überrest mit dem Werk Nehemias verbunden. Ungefähr 80 Jahre mochten seit der Rückkehr unter Serubbabel vergangen sein. Viele von den Aufgezählten waren vermutlich bereits gestorben. Doch sie werden in Ehren gehalten, denn das, was sie in der ersten Zeit taten, machte es möglich, dass das Werk in den Tagen Nehemias durchgeführt werden konnte.
Das Wort Gottes wird vorgelesen
Wir haben beim Lesen von Kapitel 3 daran gedacht, dass das Wassertor vom Wort Gottes spricht. Und nun wurde auf dem Platz vor diesem Tor das Wort Gottes dem ganzen versammelten Volk vorgelesen. Die Leute hatten sich im siebten Monat wie ein Mann versammelt und verlangten, das Wort Gottes zu hören.
Jeder geistlichen Erweckung – und um eine solche geht es in diesem Kapitel – liegt das Wort Gottes zugrunde. Wenn man dieses Wort glaubensvoll annimmt und Gott bereitwillig gehorcht, kann der Herr eine Wiederbelebung schenken. Also: Zurück zur Bibel!
Welch eine Freude muss es für Esra gewesen sein, als er gebeten wurde, das Gesetz hervorzuholen! Er, der das Wort Gottes immer geschätzt und hoch geachtet hatte, durfte es jetzt weitergeben (Esra 7,6.10). Vers 5 zeigt etwas von der Ehrfurcht des Volkes gegenüber den inspirierten heiligen Schriften: Sie standen auf.
Bevor Esra und die weiteren Männer auf dem Gerüst – vermutlich waren es Leviten – mit dem Vorlesen begannen, beteten sie zu Gott und lobten Ihn. Lasst auch uns die Bibel unter Gebet lesen. Dann wird Gott unsere Lektüre segnen.
Manches in der Bibel ist nicht so leicht zu verstehen. Gott sorgte damals dafür, dass solche da waren, die den Sinn des Gelesenen angeben und es verständlich machen konnten. Heute schenkt der Herr seiner Versammlung Gaben (Hirten, Lehrer, Evangelisten), um die Menschen im Wort zu unterweisen (Epheser 4,11-16).
Das Wort Gottes wird umgesetzt
Als das Volk die Worte des Gesetzes hörte, begannen die Menschen zu weinen. Ihre Gewissen waren erwacht, und sie erkannten ihre und die Sünden des Volkes. Ihr Trauern zeugte von Busse und Selbstgericht. Darauf hatte Gott durch die Führer des Volkes und die Leviten ein Wort der Ermunterung für sie. Sie sollten sich nicht länger betrüben, sondern sich im Herrn und am Herrn freuen. In ihrer neu gewonnenen Freude dachten sie auch an die, für die nichts zubereitet war. Es gab ein grosses Freudenfest.
Am nächsten Tag kamen nicht mehr alle zusammen, sondern nur noch die Verantwortlichen, um mehr aus dem Wort des Gesetzes zu hören. Dabei stiessen sie auf die göttlichen Anweisungen bezüglich des Laubhüttenfestes. Sofort gehorchten sie dem Wort Gottes und holten sich Zweige, um Hütten zu bauen nach der Vorschrift. Auf diese Weise hatte das Volk das Laubhüttenfest seit den Tagen Josuas nicht mehr gefeiert! Sie gingen sozusagen an den Anfang zurück. Wir begreifen, dass Gott ihnen dabei eine grosse Freude schenkte.
Das Laubhüttenfest spricht vom zukünftigen Tausendjährigen Reich, wenn Gott alle Ziele mit seinem irdischen Volk Israel erreicht haben wird. Dann werden sie eine Zeit grosser Freude und überströmenden Segens unter der Herrschaft von Jesus Christus, ihrem Messias, erleben. Jene Zeit war ein schwaches Abbild von dem, was dieses Volk in der Zukunft erwartet.
Demütigung vor Gott
Das Laubhüttenfest dauerte vom 15. bis zum 23. Tag des siebten Monats. An jedem Tag während dieses Festes las man aus dem Gesetz vor. Dabei kam manches ans Licht, was bei den Juden nicht in Ordnung war, vor allem hatten sie sich verwandtschaftlich mit anderen Völkern verbunden. Sie hatten die gottgewollte Absonderung missachtet. Nun sahen sie ihre Sünden ein und bekannten sie dem Herrn, ihrem Gott, und sonderten sich aufs Neue ab. Eine solche Beugung war Ihm wohlgefällig. Darauf konnte Er mit Vergebung antworten (Vers 17).
Nun riefen die Leviten das Volk zum Lob Gottes auf: «Steht auf, preist den Herrn, euren Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit!» Sobald unsere Herzen mit Gott in Ordnung sind, dürfen und sollen wir Ihn freimütig anbeten. Er ist es würdig, dass seine Erlösten Ihn loben und preisen.
Dann folgt ein langes Gebet – es ist das längste, in seinem Wortlaut aufgeschriebene Gebet in der Bibel. Es gleicht in mancher Hinsicht dem Gebet Daniels (Daniel 9) und dem von Esra (Esra 9). Die Betenden dachten zuerst an Gott. Er ist «der da ist», d. h. der unveränderlich in sich selbst ewig Bestehende. Er ist auch der Schöpfer und Erhalter von allem. Und dieser allmächtige Gott hatte einst Abraham erwählt und ihm bedingungslose Versprechen gegeben. Dieser Abraham wurde der Stammvater Israels. Mit ihm begann sozusagen die Geschichte des irdischen Volkes Gottes.
Ein inständiges Gebet
Abraham war der Ursprung des Volkes Israel. Doch die nationale Geschichte des Volkes begann in Ägypten, als sich die Nachkommenschaft Jakobs, des Enkels von Abraham, zu einem Volk vermehrte.
In unserem Abschnitt denken die Beter vor allem an das gnädige Handeln Gottes mit Israel, zu dem Er sich als sein Bundesgott bekannte (2. Mose 3,13-18). Sie erinnern sich an das Elend ihrer Vorfahren in Ägypten und an die göttliche Befreiung aus der Sklaverei. Und welch eine Fürsorge erfuhren sie auf ihrer Wanderung durch die Wüste! Ja, Gott war sogar auf den Sinai herabgestiegen, um seinem Volk «gerade Rechte und Gesetze der Wahrheit, gute Satzungen und Gebote» zu geben.
Die Aufzählung von dem, was Gott alles für sein Volk getan hat, lässt die Frage aufkommen: «Was hätte Er noch mehr für sein Volk tun können?» Wir müssen antworten: «Es hat ihnen an nichts gefehlt.»
Das Gleiche gilt auch für uns, die der Herr aus dem Elend der Sünde und der Gebundenheit Satans erlöst hat. Er hat den Feind am Kreuz besiegt. Er hat uns nach unserer Bekehrung auf einen Weg in seine Nachfolge gestellt, auf dem uns nichts fehlt. Wir dürfen uns seiner Führung durch sein Wort und seinen Geist erfreuen. In der Bibel hat Er uns seine Gedanken mitgeteilt und seinen Willen offenbart. Sein Wort ist uns geistliche Nahrung und Erquickung für unsere Seele. Und doch, wie oft gleichen wir den undankbaren, murrenden und ungehorsamen Israeliten!
Rückblick auf die Geschichte Israels (1)
Weiter bekannten die Beter, dass die Gunst, in der ihr Volk vor Gott stand, und die Vorrechte, die sie von Ihm genossen, ihre Vorväter weder dankbar noch gehorsam gemacht hatten.
In den Versen 17 und 18 geben sie die Geschichte nicht chronologisch wieder. Zuerst reden sie von der Widerspenstigkeit, in der sie sich einen Anführer setzen wollten, der sie nach Ägypten zurückführen sollte (4. Mose 14), und dann vom gegossenen Kalb, das sie sich am Sinai machten (2. Mose 32). Es scheint, dass sie die Wirkung zuerst erwähnen und dann auf die tiefer liegende Ursache zurückgehen: Sie hatten ihren Gott verlassen und an seine Stelle ein sichtbares Götzenbild gestellt.
Und was sagte Gott zu einem solchen Verhalten? In seinen Regierungswegen konnte Er seinem Volk die Züchtigungen nicht ersparen. Aber in seiner unendlichen Barmherzigkeit und Güte verstiess Er es nicht. Als ein Gott der Vergebung sorgte Er weiter für sie, versorgte sie 40 Jahre lang in der Wüste und brachte sie schliesslich in das verheissene Land. – So handelt unser Gott und Vater heute mit uns. Auch wenn wir leider Fehltritte zu beklagen haben, wissen wir, dass Er uns nicht aufgibt. Auf ein aufrichtiges Bekenntnis dürfen wir die väterliche Vergebung erfahren (1. Johannes 1,9). Und im Blick auf das Kommen des Herrn zur Entrückung lesen wir von der Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus, die wir zum ewigen Leben erwarten (Judas 21).
Rückblick auf die Geschichte Israels (2)
Die Güte und Barmherzigkeit Gottes brachte das Volk Israel schliesslich in das Land der Verheissung und liess es darin all das in Vers 25 aufgezählte Gute geniessen. Doch die Wohlfahrt führte das Volk von Gott weg. Sie empörten sich gegen Ihn und warfen sein Gesetz hinter ihren Rücken. Ob in der Wüste oder im Land, das Herz der Menschen änderte sich nicht!
Auch in jener Zeit blieb Gott nicht untätig. Er erweckte Propheten, die die Menschen zu Ihm zurückführen sollten. Doch die meisten dieser Männer Gottes wurden abgelehnt, verfolgt und umgebracht. Weiter versuchte Gott durch Bedrängnis von aussen, die Menschen wieder zu sich zu ziehen. Diese Nöte trieben sie ins Gebet. Sie begannen aufs Neue zu Gott zu rufen. Doch sobald Gott ihnen Erleichterung schenkte, wurde offenbar, wie oberflächlich ihre Umkehr war: «Sie taten wieder Böses.» Schliesslich vertrieb Gott sie aus ihrem Land und gab sie in die Hand der Völker der Länder – ohne ihnen aber den Garaus zu machen. Wie gnädig und barmherzig ist doch Gott!
Auch wir erleben dies heute. Jahrhunderte lang lässt Gott schon das Evangelium der Gnade verkündigen – obwohl die Christenheit sich immer weiter von Ihm und seinen Grundsätzen entfernt. Wie mancher hat in äusserer Not zu Gott gebetet und eine zeitliche Errettung erlebt. Kam es dabei aber auch zu einer echten Umkehr im Herzen? Oder ging das Leben, nachdem Erleichterung eingetreten war, im alten Stil – ohne Gott – weiter?
Beugung vor Gott
Die Beter rechtfertigten sich nicht selbst. Bei aller Aufzählung der Übertretungen und Verfehlungen ihrer Vorväter und ihrer eigenen Sünden versuchten sie in keiner Weise, die Dinge zu beschönigen oder zu entschuldigen. Sie verurteilten sich selbst und anerkannten das gerechte Tun Gottes «nach der Wahrheit». Gleichzeitig wandten sie sich an seine Barmherzigkeit. Sie verbanden ihre gegenwärtige notvolle Lage mit den vergangenen Verfehlungen und sagten: «Lass nicht gering vor dir sein all die Mühsal, die uns betroffen hat.» Sie verschwiegen auch nicht die Ursache ihrer grossen Bedrängnis: das Abweichen und den Ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes und die Vernachlässigung des wahren Gottesdienstes.
Wie ernst reden diese Worte zu uns! Die Christenheit ist heute mehr denn je von Ungehorsam gegenüber den Anweisungen und Grundsätzen der Bibel und von eigenwilligem Gottesdienst geprägt. Wie sieht es da in unserem persönlichen Leben aus?
Die Verse 36 und 37 zeigen noch einen weiteren wichtigen Grundsatz, der auch für unser Leben gilt. Gott ist immer bereit, auf ein aufrichtiges Bekenntnis hin, zu vergeben. Aber es gibt Folgen unserer verkehrten Wege oder unseres Abweichens von Ihm. Diese nimmt Er oft nicht weg.
So waren die Juden wohl in ihr Land zurückgekehrt, aber nicht mehr als freies Volk. Sie blieben Knechte des persischen Königs. Doch Gott will Gnade und Barmherzigkeit schenken, damit die Folgen unserer Sünden nicht zu schwer werden und wir sie tragen können.
Ein Bund wird geschlossen
Die damaligen Juden hatten den Wunsch, Gott zu gehorchen. Sie unterstrichen ihren Vorsatz mit einem festen Bund. Alles wurde schriftlich festgehalten und namentlich untersiegelt. Gott sah, dass jene Obersten, Leviten und Priester Ihm wirklich gehorchen wollten (Vers 30). Darum hielt Er in seinem ewigen Wort die Namen derer fest, die den Bund unterzeichneten. Anderseits verschweigt Gott nicht, dass der Mensch unfähig ist, durch eigene Anstrengung dem Wort gemäss zu leben. Schon bald wurde der Bund gebrochen (Nehemia 13).
Auch wir vermögen nicht aus eigener Willenskraft ein gottesfürchtiges Leben zu führen, sondern nur mit der Gnade, die der Herr uns schenkt und in der Kraft des Geistes, der in uns wohnt (Römer 7,22-25; 8,1-4).
In den Versen 30-32 verpflichtete sich das Volk in dreierlei Hinsicht:
- In Bezug auf ihr persönliches Leben wollten sie dem durch Mose gegebenen Gesetz Gottes gehorchen.
- Bezüglich der sie umgebenden Nationen wollten sie eine heilige Absonderung aufrechterhalten.
- Gott gegenüber verpflichteten sie sich, den Sabbat, die heiligen Tage und das Gesetz des siebten Jahres zu beobachten.
Von Vers 33 an bis zum Schluss des Kapitels geht es noch um eine weitere Verpflichtung: die Unterstützung des Dienstes des Hauses Gottes.
Wiederbelebungen, wie damals eine stattfand, gibt es ab und zu auch in der Christenheit. Gott schenkt Erweckungen, damit wir uns neu auf seine Gnade besinnen und auf die Beziehung, in die Er uns gebracht hat (z. B. 1. Johannes 3,1; Johannes 16,27; 14,2.3).
Der Unterhalt des Hauses Gottes
In diesem Kapitel wird der Unterhalt der Stadtmauer und der Tore mit keinem Wort erwähnt. Hingegen nimmt die Beschreibung der Verpflichtungen in Bezug auf das Haus Gottes einen auffallend grossen Platz ein. Warum ist das so? Im Haus Gottes werden die Grundsätze der göttlichen Ordnung sichtbar. Hier zeigt es sich, wie weit wir die Rechte Gottes, seine Heiligkeit, ja, Ihn selbst anerkennen. Das Verhalten gegenüber dem Haus Gottes wird damit zu einem Prüfstein unserer Treue gegenüber Gott und seinen Grundsätzen. Das war damals so und gilt heute noch.
Heute ist das Haus Gottes kein materielles Gebäude mehr. Es besteht aus allen wahren Gläubigen und wird sichtbar in der örtlichen Versammlung, d. h. da, wo Gläubige im Namen des Herrn zusammenkommen.
Diese Verse in Nehemia 10 lehren uns in bildlicher Sprache, was nötig ist, damit der Dienst im Haus Gottes ohne Behinderung durchgeführt werden kann. Sie machen deutlich, dass es auf den Einsatz und den Gehorsam jedes Einzelnen ankommt. Es beginnt bei unserem persönlichen Leben. Der Einfluss unseres praktischen Lebens auf den Zustand und das Gedeihen der örtlichen Versammlung ist viel grösser, als wir annehmen. Und wie nötig ist die Unterstützung der Diener des Herrn (vorgebildet durch die Leviten) durch Gebet und materielle Gaben!
Möge es das Anliegen von uns allen sein, «das Haus unseres Gottes – die örtliche Versammlung – nicht zu verlassen», sondern uns ganz dafür einzusetzen.
Die Besiedelung der Stadt
In Nehemia 7,4 fanden wir, dass Jerusalem innerhalb seiner Stadtmauern nur spärlich bewohnt war. Viele Häuser waren noch nicht wieder aufgebaut. Zudem war die Stadt mit dem Tempel Gottes ständigen Angriffen der Feinde ausgesetzt, d. h. es war nicht ungefährlich, dort zu wohnen. Aus diesen und vielleicht noch weiteren Gründen war Jerusalem äusserlich kein attraktiver Wohnort. Und doch: Wer innerhalb der Stadtmauer Jerusalems wohnte, lebte dort, wo Gott seinen Namen wohnen liess. War das nicht ein grosses Vorrecht?
Damit nebst den Obersten auch ein Teil des Volkes nach Jerusalem zog, um dort zu wohnen, wurden Lose geworfen. Jeder Zehnte sollte dahin umziehen. Wer dies freiwillig tat, wurde vom Volk gesegnet, denn jeder wusste, dass dieser Entschluss mit Verzicht auf äussere Annehmlichkeiten verbunden war.
Nicht nur die Menschen, auch Gott sah die Selbstverleugnung und den Mut derer, die bereit waren, ihren Wohnsitz nach Jerusalem zu verlegen. Ab Vers 3 hält Er ihre Namen und Anzahl in seinem ewigen Wort fest. Es waren eine Anzahl aus Juda und Benjamin, eine beachtliche Anzahl Priester, aber auch Leviten und Torhüter.
Gott übersieht kein Opfer und keine Verzichtsleistung, die im Blick auf seine Interessen gebracht werden. Er vergisst keinen Dienst, den wir zur Förderung seines Werkes tun. Alles wird vor Ihm aufgeschrieben. Es kommt der Augenblick, da der Herr jede Treue für Ihn und seine Sache, die Er in unserem Leben gefunden hat, belohnen wird.
Priester und Leviten
In der Liste derer, die in Jerusalem wohnten, werden nicht nur Namen aufgeführt, sondern auch verschiedene Einzelheiten und nähere Angaben über die Stellung und den Dienst dieser Personen erwähnt. Gottes «Buchhaltung» ist äusserst genau!
Die Männer von Juda zeichneten sich durch Tapferkeit aus (Vers 6). Vielleicht erwiesen sie sich damals, als die Mauer unter den Angriffen der Feinde gebaut und fertiggestellt wurde, als besonders mutig. – Die Priester hatten die Oberaufsicht des Tempels. Sie verrichteten die Arbeit im Haus (Vers 12), während die Leviten über die äussere Arbeit des Tempels gesetzt waren (Vers 16). Eine Priesterfamilie war besonders tüchtig (Vers 13).
Der Levit Mattanja hatte eine sehr schöne Aufgabe: Er stimmte beim Gebet den Lobgesang an (Vers 17). Diesen Levitendienst gab es während der Wüstenwanderung noch nicht. Er wurde erst unter König David eingeführt (1. Chronika 16,4-7; vergleiche auch Nehemia 12,24). Wir, die Gläubigen der Gnadenzeit, dürfen den Vater in Geist und Wahrheit anbeten (Johannes 4,24), ja, wir werden aufgefordert, zueinander zu reden «in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern, singend und spielend dem Herrn in euren Herzen, danksagend allezeit für alles» (Epheser 5,19.20).
Wie wichtig waren schliesslich die Torhüter! Tore ohne Wachen nützen nichts.
So füllte ein jeder, der nach Jerusalem kam, trotz des traurigen Zustands der Stadt, seinen Platz aus. Welch eine Ermunterung für uns, die in den Tagen des Verfalls des christlichen Zeugnisses leben!
Das übrige Volk
Das übrige Israel wohnte in den Stämmen Judas, «jeder in seinem Erbteil». Gott hat alle ihre Wohnorte genau verzeichnet. Diese Leute gehörten genauso zum Volk Gottes wie die, die innerhalb der Stadtmauer von Jerusalem wohnten. Die Mauer war ja nicht aufgerichtet worden, um einen Teil des Volkes Gottes abzugrenzen oder auszuschliessen. Die Mauern und Tore waren nötig, um die Heiligkeit des Hauses Gottes aufrechtzuerhalten – eine Wahrheit, die heute noch aktuell und wichtig ist.
Wie in den Tagen Nehemias so sind es auch heute nur noch wenige, die bereit sind, die Grundsätze des Hauses Gottes, das die Versammlung ist, praktisch zu verwirklichen. Aus diesem Buch des Alten Testaments sehen wir, dass es ohne Absonderung unmöglich ist, die Heiligkeit, die dem Haus Gottes geziemt, auch aufrechtzuerhalten. Doch wir sollten die ernste Gefahr erkennen, die darin besteht, die unbestrittene Wahrheit der Absonderung zu missbrauchen, um eine auserlesene Gruppe zu bilden, die viele Angehörige des Volkes Gottes ausschliesst, die Rechte des Herrn verleugnet und schliesslich die eigentliche Wahrheit vom Haus Gottes verliert, die durch eine wahre Absonderung vom Bösen bewahrt würde. Bei richtiger Anwendung halten die Mauern die Heiligkeit des Hauses Gottes aufrecht und sichern so seinem ganzen Volk die Vorrechte dieses Hauses. Bei Missbrauch werden sie einfach zum Abzeichen einer Partei und zur Sicherung einer Sekte.
Das Verzeichnis der Priester und Leviten
Unter König David wurden die Priester in 24 Abteilungen aufgeteilt, die nacheinander den Dienst im Haus Gottes versahen. Nach der babylonischen Gefangenschaft werden in Esra 2,36-39 nur vier Familien erwähnt und in Nehemia 12 ist von 22 Häuptern der Priester die Rede. Es war alles nicht mehr so wie zur Blütezeit Israels. Doch dank Gottes Gnade gab es noch einige Priester und damit auch noch einen Priesterdienst im wiedererbauten Tempel. Das ermuntert uns heute, den gottgemässen, neutestamentlichen Gottesdienst in aller Schwachheit aufrechtzuerhalten (Johannes 4,23.24; 1. Petrus 2,5; Hebräer 13,15).
Nachdem Israel aufgehört hatte, ein selbstständiges Volk zu sein, gab es auch keinen König mehr. Die chronologische Geschichte des Volkes konnte nun nicht mehr anhand der nacheinander regierenden Könige festgehalten werden wie in den Büchern Könige und Chronika. Jetzt diente als Grundlage das Geschlechtsregister der Priester.
In Vers 26 wird eine Zeitangabe für dieses Register gemacht. Die aufgenommenen Personen lebten in den Tagen des Hohenpriesters Jojakim, des Priesters Esra und des Statthalters Nehemia. In den Versen 10 und 11 werden jedoch Hohepriester erwähnt, die unter Nehemia noch gar nicht lebten. Ob die Namen Jojada, Jonathan und Jaddua nach der Abfassung des Briefes eingesetzt wurden, oder ob Gott diese Namen vor ihrer Geburt bereits bekanntgegeben hat, wissen wir nicht. Wir sehen daraus einfach, dass das Priestertum bis in die Zeit des Neuen Testaments weiterging (Lukas 1,5).
Die Einweihung der Mauer (1)
Das Ende von Kapitel 6 berichtete von der Fertigstellung der Mauer, und zu Beginn von Kapitel 7 wurden die Torflügel eingesetzt. Nun konnten Mauern und Tore ihre Funktion übernehmen. Warum wird erst jetzt von der Einweihung der Mauer gesprochen?
Beim Lesen von allem, was sich in den Kapiteln 8 – 11 ereignete, bekommt man den Eindruck, dass eine Zubereitung des Volkes nötig war. Es musste im Leben der Menschen einiges geordnet werden, bis eine ungetrübte Freude vor Gott möglich wurde. Aber nachdem sich Selbstgericht, das Bekennen der Sünden und ein neuer Eifer für Gott und seine Sache eingestellt hatten, war der Weg für die Einweihung der Mauer unter Lob und Dank offen.
Wie wichtig ist Vers 30 auch für uns: Keine Weihe, keine Hingabe an Gott ohne Reinigung, d. h. ohne Trennung von allem Bösen, von allem, was Gott entgegensteht, was nicht in seine Gegenwart passt.
Wieder werden manche Namen erwähnt. Es handelt sich dabei nicht um ein Geschlechtsregister, sondern um den Platz, den jeder bei diesem Dankfest, bei dem Gottes Güte und Barmherzigkeit gerühmt wurden, einnahm. Zwei Dankchöre zogen in entgegengesetzter Richtung über die fertig gestellte Mauer, der eine Zug stand wohl unter der Führung Esras, des Schriftgelehrten, der andere unter der Leitung des Statthalters Nehemia.
Die Einweihung der Mauer (2)
Schliesslich trafen sich die beiden Dankchöre im Haus Gottes, um dort miteinander das Lob erschallen zu lassen. War die Mauer nicht zum Schutz des Heiligtums und des Altars gebaut worden? So war es angezeigt, dass dort das grosse Freudenfest gefeiert wurde. Die dargebrachten Opfer zeugten vom besonderen Dank gegenüber Gott, der zu diesem grossen Werk Gelingen geschenkt hatte und jetzt die Herzen aller mit Freude füllte.
An jenem Freudentag wurde noch etwas bewirkt: die materielle Unterstützung der Priester und all derer, die im Dienst des Tempels beschäftigt waren (Leviten, Sänger, Torhüter). Sie geschah durch die Hebopfer, die Gaben der Erstlinge und den Zehnten der Erträge der Felder.
So finden wir bei der Einweihung der Mauer eigentlich drei Stufen:
Zuerst steigen Lob und Dank zu Gott auf.
Zweitens herrscht eine grosse Freude unter dem Volk, und drittens werden die Diener des Herrn unterstützt.
Und wenn heute unter uns – sei es nun gemeinsam oder persönlich – wahre Hingabe an den Herrn (Weihe) gefunden wird, dann wird es ganz ähnlich sein: Gott wird seinen Teil an Preis, Lob und Dank empfangen. Wir werden Freude im Herzen haben, und es wird an nichts fehlen, um das Werk des Herrn und seine Diener zu unterstützen.
Unheilige Verbindungen
«An jenem Tag» bedeutet nicht: am Tag der Einweihung der Stadtmauer. Es ist vielmehr der Tag gemeint, da man beim Vorlesen des Gesetzes an die Stelle in 5. Mose 23 kam, wo die Anordnungen bezüglich Ammon und Moab stehen. Es muss einige Zeit nach der Einweihung der Mauer gewesen sein, denn Nehemia war in der Zwischenzeit nach Babel zurückgekehrt.
Das vorgelesene Gesetz verfehlte seine Wirkung in den Herzen und Gewissen der Juden nicht. Sie befolgten es und sonderten alles Mischvolk von Israel ab. Unter Mischvolk muss man solche verstehen, die es mit dem Volk und mit den Feinden hielten. Die Juden verstanden, dass eine klare Trennung nötig war.
Auch heute gibt es in der Christenheit solche – oft wahre Gläubige –, die einerseits mit den entschiedenen Kindern Gottes gehen wollen und anderseits Beziehungen zur Welt, vor allem zur christlichen Welt unterhalten. Wenn wir dem Herrn treu sein wollen, müssen wir uns von solchen trennen, die verkehrte Verbindungen festhalten.
Durch die Verbindung, die der Hohepriester Eljaschib mit Tobija, dem ammonitischen Knecht, unterhielt, wurde sogar das Haus Gottes verunreinigt. Als Nehemia zurückkehrte, entdeckte er das Böse, das Eljaschib getan hatte. Er, der weder Priester noch Levit war, musste diesem einflussreichen Mann entgegentreten.
Wie ernst, wenn ein Führer unter den Gläubigen sündigt! Derartiges Böses muss ohne Ansehen der Person verurteilt werden.
Die Zehnte und der Sabbat
Bei seiner Rückkehr von Babel musste Nehemia noch andere Mängel feststellen. Obwohl sich das Volk in Kapitel 10 durch einen Bund verpflichtet hatte, den Unterhalt des Hauses Gottes und seiner Diener nicht zu vernachlässigen, wurden nach einiger Zeit die Leviten nicht mehr unterstützt. Um nicht zu verhungern, mussten sie ihre Felder bewirtschaften, anstatt den Dienst im Tempel zu verrichten. So unzuverlässig sind wir Menschen! Wir versprechen etwas und können es doch nicht einhalten. – Glücklicherweise konnte diese Sache auf gottgemässe Weise geregelt werden. Treue Diener verwalteten den vom Volk aufs Neue gebrachten Zehnten.
Ein weiteres Problem war die Entheiligung des Sabbats. Gott hat seinem irdischen Volk das Sabbatgebot gegeben, um seinen Gehorsam zu prüfen. Doch bei vielen Juden kam das Geschäft und das Geldverdienen vor der Heiligung des Sabbats. Nehemia musste sie daran erinnern, dass die Entheiligung des Sabbats einer der Gründe war, warum Gott Unglück und Not über Juda und Jerusalem hatte bringen müssen.
Die Entschiedenheit, mit der Nehemia für die Rechte Gottes einstand, ist bemerkenswert. Kompromisslos hielt er am Sabbat fest, bis die Händler und Verkäufer, die von auswärts nach Jerusalem kamen, es auch begriffen.
Die Gebete Nehemias, die Gott in seinem Wort festgehalten hat, zeigen, dass seine entschiedene Haltung manche Herzensübung mit sich brachte.
Vermischung mit den Nationen
Das dritte grosse Problem, mit dem Nehemia bei seiner Rückkehr aus Babel konfrontiert wurde, war die Verbindung der Juden mit heidnischen Frauen. Manche von ihnen hatten asdoditische, ammonitische und moabitische Frauen geheiratet. Dieser Punkt war besonders betrüblich, denn in Esra 10 hatten sie sich doch wegen der gleichen Sünde gedemütigt und gereinigt. Wie schnell waren sie wieder in die gleiche Sünde hineingekommen! Ja, unser natürliches Herz ist unverbesserlich (Jeremia 17,9.10).
Leider ging die priesterliche Familie in dieser Sache den anderen voran. Am Anfang des Kapitels lasen wir vom Hohenpriester Eljaschib, der ein Verwandter des Tobija war, und Vers 28 berichtet von einem seiner Enkel, der ein Schwiegersohn Sanballats, eines anderen Feindes der Juden, war.
Durch die Treue Nehemias wurde manches vor Gott wieder in Ordnung gebracht. Aber für wie lange? Das letzte Buch des Alten Testaments – der Prophet Maleachi – zeigt, wie nach dem Abscheiden Nehemias das Böse wieder die Oberhand gewann. Den Gottesfürchtigen blieb nur noch die Hoffnung auf das Kommen des Messias. Und unsere Hoffnung ist die Erwartung unseres Erlösers zur Entrückung. «Und so werden wir allezeit bei dem Herrn sein» (1. Thessalonicher 4,17).
Das Buch Nehemia schliesst mit einem Gebet dieses treuen, gottesfürchtigen Mannes. Am Tag der Herrlichkeit von Jesus Christus wird Gott auch an Nehemia denken und ihn für seinen Eifer und seinen treuen Dienst belohnen.
Einleitung
Esra 1 – 6: Der Tempelbau
Der persische König Kores erlässt eine Verordnung, die den Juden die Rückkehr in ihre Heimat möglich macht. Da reisen mehr als 40 000 Menschen von Babel nach Jerusalem. Dort bauen sie den zerstörten Tempel wieder auf. Als sich Widerstand erhebt, hören sie mit der Arbeit auf. Doch der Herr fordert sie durch die Propheten Haggai und Sacharja auf, den Bau fortzusetzen. Schliesslich wird der Tempel fertiggestellt und der Gottesdienst wieder eingesetzt. Mit grosser Freude feiern die Juden das Passah und das Fest der ungesäuerten Brot.
Esra 7 – 10: Das Wort Gottes
50 bis 60 Jahre nach der ersten Rückkehr hat es der Priester und Schriftgelehrte Esra am Herzen, nach Jerusalem zu reisen. Es begleiten ihn etwa 1500 Juden. Als Esra am Ziel ankommt, erfährt er vom traurigen Versagen des Volkes. In tiefer Demütigung und anhand des Wortes Gottes wird die Sache in Ordnung gebracht.
Der Erlass von König Kores
Infolge der Untreue des Volkes der Juden gegenüber seinem Gott musste es für Jahrzehnte in die babylonische Gefangenschaft. Nachdem Nebukadnezar, der König von Babel, einen Grossteil der Bewohner Jerusalems nach Babel weggeführt hatte, schrieb der Prophet Jeremia den im Exil Lebenden einen Brief. Darin ermunterte er sie, sich in Babel niederzulassen und den Frieden der Städte zu suchen, wohin sie gebracht worden waren. Doch er schrieb ihnen auch, dass sie nicht für immer in Babel bleiben müssten. Nach 70 Jahren würde Gott sich ihrer wieder annehmen (Jeremia 29,4-7.10-14). Unter dem persischen König Kores ging diese Prophezeiung in Erfüllung. Gott selbst erweckte den Geist dieses Mannes und veranlasste ihn, dieses Edikt zu erlassen. Interessanterweise begegnet uns der Name Kores bereits im Propheten Jesaja (Jesaja 44,8; 45,1). 150 Jahre vor seiner Geburt kündigte Gott, der Allmächtige und Allwissende, bereits an, dass Er diesen König als sein Werkzeug benutzen wollte.
Nun wurden alle aus dem irdischen Volk Gottes aufgerufen, nach Jerusalem zurückzukehren und dort den Tempel wieder aufzubauen. In seinem Erlass dachte Kores auch an die nötige materielle Unterstützung.
Seitdem Israel aufgehört hatte, ein selbstständiges Volk zu sein, hatten die Zeiten der Nationen begonnen (Lukas 21,24). In dieser Zeit überlässt Gott die Regierung der Völker den Händen der Menschen und greift nicht mehr direkt in das ein, was auf der Erde geschieht. Daher finden wir in den Büchern Esra, Nehemia und Daniel den Ausdruck «Gott des Himmels».
Die Rückkehr unter Serubbabel
Die Führer unter den Juden im Exil reagierten sofort auf den Erlass. Sie machten sich mit den Priestern und Leviten auf den Weg nach Jerusalem. Mit ihnen zog «jeder, dessen Geist Gott erweckte». Serubbabel oder Sesbazar, wie sein chaldäischer Name hiess, übernahm die Führung. Er stammte aus der königlichen Familie Davids (1. Chronika 3,19; Matthäus 1,12).
Wie gross muss die Freude derer gewesen sein, die sich nach Zion gesehnt hatten, als sie den Ruf des Königs vernahmen! Sie gehörten zu denen, die an den Flüssen Babels trauerten und Jerusalem nicht vergessen konnten (Psalm 137,1-5). Nun war Gott für sie ins Mittel getreten und hatte ihren Weg nach Jerusalem geöffnet. Welch eine Gnade! Doch längst nicht alle waren bereit, zurückzukehren. Es scheint, dass die Mehrheit der Juden es vorzog, in Babel zu bleiben. Für viele gab es in Jerusalem nichts Anziehendes. Die Stadt und der Tempel lagen ja in Trümmern. Doch für die, die zurückkehren wollten, blieb Jerusalem der Ort, den Gott erwählt hatte, um seinen Namen dahin zu setzen und die Opfer seines Volkes entgegenzunehmen.
König Kores gab den Zurückkehrenden alle vorhandenen Tempelgeräte mit, die Nebukadnezar einst aus Jerusalem nach Babel gebracht hatte. Auch diese Geste des Königs zeigt, dass Gott sein Volk nicht vergessen hatte. – Die Zeit wird kommen, da Er auch das heute noch in alle Welt zerstreute Volk Israel sammeln und in sein Land zurückführen wird. Dann wird ein Grösserer als Serubbabel erscheinen: Jesus Christus, der Sohn Davids, ihr Erlöser und Befreier.
Die Namen der Rückkehrer (1)
In Vers 2 werden elf Männer namentlich aufgeführt (in Nehemia 6,7 sind es zwölf), die die Führung der Rückkehrer übernahmen. Serubbabel war von königlicher Abstammung und Jeschua war der Hohepriester. Die beiden werden im Propheten Sacharja erwähnt und beide sind prophetische Hinweise auf Christus, den kommenden Priester-König (Sacharja 4 und 6).
Es wurde eine genaue Liste all derer aufgenommen, die dem Ruf des persischen Königs Folge leisteten und nach Jerusalem zogen, um den Tempel wieder aufzubauen. Wir denken an Maleachi 3,16, wo es heisst, dass ein Gedenkbuch vor Gott geschrieben wurde «für die, die den Herrn fürchten und die seinen Namen achten». Gott hat jeden Einzelnen gesehen, der bereit war, eine beschwerliche Reise und viel Mühe auf sich zu nehmen, um das Haus Gottes in Jerusalem wieder zu bauen. «Denn Gott ist nicht ungerecht, euer Werk zu vergessen und die Liebe, die ihr für seinen Namen bewiesen habt, da ihr den Heiligen gedient habt und dient» (Hebräer 6,10).
Es fällt auf, dass nur 74 Leviten mit Serubbabel zogen. Wie konnte da der Tempeldienst funktionieren? Die Sänger (auch Leviten) waren zahlreicher als die eigentlichen Tempeldiener. Hingegen war die Zahl der Priester beachtlich – über 4000! – Auch bei der später stattfindenen Rückkehr unter Esra waren die Leviten rar (Esra 8,15). Die Leviten sind ein Bild der Arbeiter im Werk des Herrn, und wir denken an die Worte des Herrn Jesus: «Die Ernte zwar ist gross, die Arbeiter aber sind wenige» (Matthäus 9,37). Wie steht es heute?
Die Namen der Rückkehrer (2)
Die Nethinim werden nur in den Büchern Esra und Nehemia und in 1. Chronika 9,2 erwähnt. Die Bedeutung des Wortes ist «Geschenkte» oder «Geweihte». Es scheint, dass sie durch David den Leviten als Tempeldiener gegeben worden waren (Esra 8,20). Die Söhne der Knechte Salomos scheinen ähnliche Aufgaben wie die Nethinim gehabt zu haben, denn sie werden mit ihnen zusammen angegeben: total 392.
Nun gab es unter den aus dem Exil Zurückkehrenden einige Hundert Menschen – auch solche aus der priesterlichen Familie –, die nicht nachweisen konnten, dass sie zum Volk Israel gehörten. Sie suchten ihr Geschlechtsregister-Verzeichnis, doch es wurde nicht gefunden.
Der Tirsatha (der Statthalter Serubbabel) entschied, dass sie als unrein ausgeschlossen blieben, bis ein Priester für die Urim und Tummim aufstehen würde. Die Urim und Tummim waren nicht näher bezeichnete Gegenstände im Brustschild des Hohenpriesters (2. Mose 28,30). Durch sie konnte man Gottes Willen erfahren (4. Mose 27,21; 1. Samuel 28,6; 30,7.8).
Dieses Problem findet in der heutigen Zeit seine Parallele. Gibt es in der Christenheit nicht manche, die wohl ein Bekenntnis haben; aber haben sie Frieden mit Gott? Besitzen sie den Heiligen Geist, der ihnen bezeugt, dass sie Kinder Gottes sind und wirklich zur Familie Gottes gehören? Das sind Fragen, die oft nicht leicht zu klären sind, besonders wenn unbekannte Personen den Wunsch haben, am Tisch des Herrn teilzunehmen und Gemeinschaft mit den Gläubigen auszudrücken. Bei Unklarheiten muss man auf den Herrn warten.
Die Ankunft in Jerusalem
Der ganze Zug derer, die aus der Gefangenschaft nach Jerusalem zurückkehrten, bestand aus knapp 50 000 Personen. Die meisten mussten wohl den langen Weg zu Fuss zurücklegen. Sie hatten nur eine verhältnismässig geringe Anzahl Pferde, Maultiere und Kamele. Die Esel wurden wohl als Lasttiere benutzt, die ihre Habe transportierten.
Die Rückkehr der Juden aus Babel und der Wiederaufbau des Tempels ist das Bild einer geistlichen Erweckung. Gott hat in seiner Gnade in den vergangenen 300 Jahren da und dort in der Christenheit Erweckungen geschenkt. Denken wir an den Pietismus oder die Erweckungen im 19. Jahrhundert. Das waren keine weltbewegenden Ereignisse. Vieles spielte sich in der Stille, in aller Einfachheit, aber voller Herzensüberzeugung und im Gehorsam zum Wort Gottes ab.
Interessant ist die Bemerkung bei ihrer Ankunft in Jerusalem. Es heisst nicht: «Als sie zur Tempelruine oder zum Platz kamen, wo der Tempel einst gestanden hatte.» Gottes Wort sagt: «Als sie zum Haus des Herrn in Jerusalem kamen.» Das war der Hauptgrund ihrer Rückkehr. In ihrem Herzen bestand dieses Haus, das sie wieder aufbauen wollten, bereits. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich durch die Herzen auch die Hände öffneten. Von diesen sicher nicht wohlhabenden Leuten kam doch einiges an Gold, Silber und Priesterkleidern zusammen. Finden wir hier nicht etwas vom Geist der Freigebigkeit der Mazedonier, die in übermässiger Freude nach Vermögen und über Vermögen freigebig waren (2. Korinther 8,1.2)?
Die Aufrichtung des Altars
Der siebte Monat war ein wichtiger Monat für die Israeliten. Drei Feste hatte Gott in jenem Monat verordnet: Das Gedächtnis des Posaunenhalls, der Versöhnungstag und das Laubhüttenfest. Das erste dieser drei Feste spricht von der Sammlung des Volkes in der Zukunft (vor der Aufrichtung des Tausendjährigen Reiches). Was damals geschah, war ein Schatten davon.
Geschlossen kam das Volk nach Jerusalem, wo sie zunächst den Altar Gottes wieder aufbauten. Der Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes war für sie das Wichtigste. So handelten sie, wie es das Gesetz vorschrieb. Doch es gab noch einen zweiten Grund: die Furcht vor den Völkern des Landes. Durch das Opfern der Brandopfer auf dem wiedererbauten Altar brachten sie Gott ihre Anbetung dar. Für sie kamen Gottes Ansprüche an erster Stelle. Das beständige Brandopfer war die Grundlage für ihre Beziehung mit Gott. Aber gleichzeitig stützten sie sich im Vertrauen auf Ihn, den sie anbeteten, und vertrauten, dass Er sie vor den Feinden bewahren würde. – Das Brandopfer spricht vom Opfer des Herrn Jesus für Gott, aufgrund dessen Er uns annehmen und den Zugang zu seinem Herzen und zum Thron der Gnade öffnen konnte. Nun dürfen wir Ihn als Vater anbeten, aber auch mit unseren Bitten zu Ihm kommen.
Zur Zeit des Laubhüttenfestes war der Grund des Tempels noch nicht gelegt, aber die Vorbereitungen waren bereits getroffen. Die «Bestellungen» für Zedernholz von den Tyrern und Sidoniern waren schon aufgegeben. Dabei konnten sie sich auf die Vollmacht des persischen Königs stützen.
Der Beginn des Tempelbaus
Im zweiten Jahr ihres Kommens nach Jerusalem begannen sie mit dem Werk am Haus des Herrn. Wieder heisst es, dass sie wie ein Mann die Arbeit überwachten und leiteten. Die Führer des Volkes – der Statthalter Serubbabel und der Hohepriester Jeschua – gingen bei der Arbeit mit dem guten Beispiel voran. Dann bestellten sie die Leviten von 20 Jahren und darüber, um alles zu leiten. Sie waren echte Mitarbeiter – ein Ausdruck, dem wir im Neuen Testament öfter begegnen. Das dürfen auch wir sein. In 1. Korinther 3,9 sagt Paulus sogar: «Wir sind Gottes Mitarbeiter.»
Als der Grund zum Tempel gelegt wurde, stimmten alle in einen Lobgesang ein. Gemeinsam priesen sie die Güte des Herrn, der ihnen die Rückkehr nach Jerusalem ermöglicht und ihnen jetzt Gelingen zum Beginn des Tempelbaus geschenkt hatte. – Die Freude war in jener Zeit am Platz und berechtigt. Und die Tränen derer, die sich an das frühere Haus Gottes erinnerten? Diese Tränen bekannten die Wahrheit. Die Weinenden waren sich bewusst, was Gott einst seinem Volk gewesen war und welchen Verlust sie wegen ihrer Untreue erlitten hatten. Auch diese Tränen waren Gott wohlgefällig. Man konnte den Schall des freudigen Jubels nicht von der Stimme des Weinens im Volk unterscheiden. Beides entsprach den Tatsachen: freudig und traurig, jedoch geziemend vor dem Angesicht Gottes. Er freute sich in der Freude seines Volkes, denn Er hatte sie geschenkt, und Er verstand ihre Tränen und übersah die Beugung der Herzen nicht. Auch die heidnische Umgebung bekam etwas mit von der Freude des Volkes Gottes.
Die Feinde wollen mitbauen
Gott kannte von Anfang an die wahre Gesinnung der damaligen Bewohner des Landes Israel. Jene Leute waren einst durch den König von Assyrien ins Land gebracht worden, nachdem die Bewohner des Zehnstämme-Reichs Israel nach Assyrien verschleppt worden waren. 2. Könige 17,24-41 berichtet darüber. Jene Menschen betrieben einen Gottesdienst mit gemischten Grundsätzen: «Sie fürchteten den Herrn, und sie dienten ihren Göttern» (Verse 33.41). Der Geist Gottes nennt diese Leute «Feinde Judas und Benjamins», bevor die zurückgekehrten Juden dies wirklich realisierten.
Es war eine List Satans, die sich hinter den Worten jener Bewohner verbarg. Hätten Serubbabel und Jeschua einer solchen Zusammenarbeit zugestimmt, wäre es zum Verderben des Werkes gewesen. Die entschiedene Haltung gegenüber solchen, die nicht beweisen konnten, dass sie zum Volk Gottes gehörten (Esra 2,62.63), zeigte sich auch hier. Die Führer lehnten die Mithilfe von Menschen ab, die noch den Götzen dienten. Für uns gelten in dieser Hinsicht die Worte des Apostels Paulus in 2. Korinther 6,14-18.
Die klare Antwort führte dazu, dass diese Menschen ihre Maske fallen liessen. Nun kam ihr wahrer Charakter ans Licht. Sie waren Feinde der Juden und versuchten mit allen Mitteln, das Werk Gottes zu behindern. Sie wollten auf keinen Fall zulassen, dass der Tempel Gottes wieder aufgebaut wurde. Gott liess es zu, dass eine Anklageschrift gegen die Bewohner von Juda und Jerusalem geschrieben und an den damals herrschenden König Artasasta gesandt wurde.
Die Feinde verleumden die Bauenden
Obwohl die Bewohner der Städte Samarias unterschiedlicher Herkunft waren (Vers 9), vereinten sie sich, um gegen die Juden aufzutreten. Der Brief enthält Lügen und Wahres. Wichtiges wurde einfach nicht erwähnt. Auf diese Weise entstand ein trügerisches Bild, das den König negativ beeinflussen musste.
Vers 12 war eine Lüge. Von einem Wiederaufbau der Stadt und ihrer Mauern war damals unter den Juden keine Rede. Das Volk war mit dem Auftrag Kores’, den Tempel Gottes wieder aufzubauen, nach Jerusalem gekommen. Doch dies wurde im Brief mit keinem Wort erwähnt.
Dass Jerusalem einst eine aufrührerische Stadt gewesen war, entsprach der Wahrheit. Die Feinde benutzten die Sünden der Vergangenheit, um dem Volk der Juden erneut zu schaden. Doch Gott, der sein untreues Volk in die Gefangenschaft führen musste, war ihm jetzt in Gnade begegnet und hatte die Gefangenschaft beendet.
Die Art und Weise wie die Feinde der Juden vorgingen, zeigt, wer hinter ihnen stand und sie anleitete: Satan. Er wird in Johannes 8,44 ein Lügner genannt und als Vater der Lüge bezeichnet. In Offenbarung 12,10 wird er als «Verkläger unserer Brüder» bezeichnet. Er arbeitet immer nach den gleichen Grundsätzen. Er versucht den Gläubigen zu schaden, wo er eine Gelegenheit dazu findet. Dabei vermischt er Lüge mit Wahrheit und nimmt alte, vergebene Sünden der Gläubigen wieder hervor, um gegen sie zu wirken.
Der Bau wird unterbrochen
Der König Artasasta erhielt den Brief von den Bewohnern der Städte Samarias. Die Nachforschungen über die frühere Geschichte Jerusalems bestätigten die Worte des Briefes. Das genügte dem persischen König, um den klaren Befehl zu geben, den Wiederaufbau Jerusalems sofort und bis auf Weiteres einzustellen. Die Briefschreiber wurden mit Nachdruck aufgefordert, diesen Befehl auszuführen. Dass die Juden gar nicht die Stadt, sondern den Tempel wieder aufbauten – diese Lüge wurde nicht entdeckt. Der Feind hatte fürs Erste Erfolg. Doch ein treuer Gott wachte über allem.
Die Feinde der Juden benutzten den Brief des Königs, um den Bauenden mit Gewalt und Macht zu wehren, den Tempelbau fortzusetzen. Dann heisst es in Vers 24: «Damals hörte die Arbeit am Haus Gottes in Jerusalem auf.» Die Juden beugten sich dem Druck der Feinde, obwohl sie sich ebenso wie ihre Feinde auf ein Schriftstück des persischen Königs hätten berufen können – auf das Edikt von Kores (Esra 1,1).
Der Prophet Haggai lässt uns hinter die Kulissen blicken. Wir finden dort, dass beim Volk der Eifer für die Sache Gottes nachgelassen hatte. Sie setzten ihre Energie mehr für ihre eigenen Interessen ein. Es scheint, dass ihnen dieser massive Widerstand von aussen gerade recht kam, um mit dem Bau am Haus Gottes aufzuhören. Ihr Herz schlug doch nicht mehr für das Werk des Herrn.
Glücklicherweise unterblieb die Arbeit am Haus Gottes nicht für immer, sondern nur bis zur Regierung von Darius (vergleiche Haggai 1).
Der Tempelbau wird fortgesetzt
In den Tagen des Niedergangs im Volk Gottes sandte Gott jeweils seine Propheten zu den Menschen. So war es auch zur Zeit Serubbabels. Gott gebrauchte die Stimme der Propheten Haggai und Sacharja, um die Herzen und Gewissen der Juden in Juda und Jerusalem aufzurütteln.
Vers 2 deckt sich mit dem, was wir in Haggai 1,12 finden: Die Führer und das ganze Volk hörten auf die Worte des Propheten, «und das Volk fürchtete sich vor dem Herrn». Diese Regung des Herzens beantwortete Gott mit der Ermunterung: «Ich bin mit euch» (Haggai 1,13). Daraufhin fingen alle wieder an, «das Haus Gottes in Jerusalem zu bauen». Die neu entfachte Gottesfurcht vertrieb auch die Furcht vor den Menschen. Zudem durften die Bauenden die Unterstützung der Propheten Gottes erfahren.
Solange die Juden an ihren Häusern bauten und diese zu verschönern suchten, sagte niemand etwas. Sobald aber der Bau des Hauses Gottes fortgesetzt wurde, erschienen die Feinde aufs Neue auf dem Plan.
Jetzt liessen sich die Bauenden nicht mehr einschüchtern. Und Gott bekannte sich zu ihnen, wie Er ihnen verheissen hatte. In seiner Vorsehung wirkte Er in den Herzen der Feinde der Juden, dass die Bauwilligen weiter arbeiten konnten, bis eine Antwort vom persischen König kam. Niemand sah das Auge Gottes über den Ältesten der Juden. Doch die Auswirkungen zeigten sich. Er gab ihnen Kraft, Mut und Festigkeit.
Die Feinde schreiben an König Darius
Gott fand es für gut, auch den Wortlaut des Briefes an König Darius in seinem ewigen Wort festzuhalten. Sicher stand Er hinter der Abfassung dieses Textes. Er sorgte dafür, dass die Wahrheit gesagt wurde. Vers 8 beschreibt den damaligen Tatbestand.
Der Brief lässt aber auch die veränderte Einstellung der Juden erkennen. Im Gehorsam zum Wort Gottes durch die Propheten und mit Glaubensenergie hatten sie sich wieder an die Arbeit gemacht. Dabei waren sie innerlich völlig ruhig. Bereitwillig nannten sie die Namen ihrer Anführer. Doch dann legten sie auch ein kühnes Bekenntnis ab. Dabei verschwiegen sie das Versagen ihrer Vorfahren nicht. Sie beriefen sich zuerst auf Gott: «Wir sind die Knechte des Gottes des Himmels und der Erde», und erst dann auf König Kores und seinen Befehl. Und bei allem waren sie nicht beunruhigt über diesen Brief. Der Herr selbst hatte sie ja mit den Worten ermutigt: «Seid stark, alles Volk des Landes … und arbeitet!» (Haggai 2,4).
Für uns können wir aus diesem Brief und den Begleitumständen lernen, dass ein kühnes Bekenntnis eine wirksame Waffe gegen Satan ist. Wir erinnern uns an ein Wort des Propheten Oded an König Asa: «Der Herr ist mit euch, wenn ihr mit ihm seid. Und wenn ihr ihn sucht, wird er sich von euch finden lassen. Wenn ihr ihn aber verlasst, wird er euch verlassen» (2. Chronika 15,2).
Die Antwort von König Darius
Aufgrund des Briefes von Tatnai liess König Darius nachforschen. Gottes Vorsehung hatte dafür gesorgt, dass die Urkunde mit dem Erlass von König Kores aufbewahrt blieb. Und nun sorgte Er dafür, dass sie auch gefunden wurde. In dieser Urkunde standen Einzelheiten über die Grösse und Bauart des Hauses Gottes, die in Esra 1 nicht erwähnt werden.
König Darius anerkannte diesen Erlass und befahl mit Nachdruck, jede Behinderung der Bauenden zu unterlassen. Er ging sogar noch weiter und ordnete an, dass den Juden die Baukosten aus den Steuergeldern bezahlt wurden und dass ihnen alles, was zu den Opfern nötig war (Tiere, Weizen, Salz, Wein, Öl), gegeben wurde.
Der Angriff des Feindes auf die Juden und den Wiederaufbau des Tempels kehrte sich ins Gegenteil um. Satan wollte behindern und zerstören. Gott lenkte es so, dass die Arbeit an seinem Haus gefördert und unterstützt wurde. Ähnliches ist seither immer wieder geschehen. Wenn Gott eingreift, gibt es nichts und niemand, der seinem Tun wehren könnte. Welch eine Ermunterung für alle, die sich für seine Interessen einsetzen!
Darius scheint eine gewisse Kenntnis vom Gott des Himmels gehabt zu haben, der sich Nebukadnezar, Belsazar und Darius, dem Meder, gegenüber offenbart hatte (Daniel 2 – 6). Das war noch nicht in Vergessenheit geraten. Darius wünschte sogar, dass während dem Opfern auch für ihn und seine Söhne gebetet wurde.
Den Gegnern der Juden blieb nichts anderes übrig, als die königlichen Befehle auszuführen.
Die Tempeleinweihung und das Passah
Die Ältesten hatten in der Zwischenzeit die Hände nicht in den Schoss gelegt, sondern weitergearbeitet. Mit Gottes Hilfe und der moralischen Unterstützung durch die Weissagung der Propheten gelang den Bauenden die Fertigstellung des Hauses Gottes. Zu seiner Einweihung gab es ein Freudenfest. Aber welch ein Unterschied zur Einweihung des salomonischen Tempels! Damals opferten sie 22 000 Rinder im Gegensatz zu den 100 Stieren jetzt (2. Chronika 7,5). Doch den eindrücklichsten Unterschied finden wir wohl in 2. Chronika 7,2: Damals erfüllte die Herrlichkeit des Herrn den Tempel. In Esra 6 lesen wir nichts Derartiges. Die Herrlichkeit Gottes, die von Israel gewichen war, wird erst wieder in den Tempel des Tausendjährigen Reiches zurückkehren (Hesekiel 43,1-6).
Kurz nach der Einweihung des Hauses Gottes feierten die «Kinder der Wegführung» das Passah. Wie schön ist die Verbindung! Nach der Vollendung des Hauses Gottes feierte das Volk das Gedächtnis seiner Erlösung aus Ägypten. Lobend und den Herrn preisend gedachten sie an die Grundlage, auf der sie standen und an die Tatsache, dass das Blut des geschlachteten Lammes die Basis all ihrer Segnungen und aller Taten der Gnade Gottes für sie war. Sie stützten sich auf das, was Gott aufgrund des Blutes des Passahlammes für sie war, und fanden darin einen unveränderlichen und unbeweglichen Felsen. Sie waren sich aber auch bewusst, was sich ihrem Gott gegenüber geziemte: Sie hatten sich wie ein Mann gereinigt. Und als Antwort Gottes erfüllte Er ihre Herzen mit Freude.
Esra, der Priester und Schriftgelehrte
Nach der Zeit unter Serubbabel und dem Wiederaufbau des Tempels vergingen Jahre, über die uns die Bibel nichts mitteilt. In unserem Kapitel ist nun von der Rückkehr einer weiteren Gruppe von Juden unter der Führung Esras die Rede. Dieser gottesfürchtige Mann stammte aus der priesterlichen Familie Aarons und war ein kundiger Schriftgelehrter im Gesetz Moses.
Mit Esra zogen «einige» von den Kindern Israel nach Jerusalem hinauf. Die in Esra 8 angegebenen Zahlen zeigen, dass es etwa 1500 Personen waren, also ein wesentlich kleinerer Zug als unter Serubbabel. Aus Vers 9 erfährt man zudem, dass diese Reise von Babel nach Jerusalem vier Monate gedauert hat – eine lange und gefährliche Wanderung (Esra 8,31).
Zweimal ist in diesen Versen die Rede von der Hand des Herrn, die über Esra war. Gott gab Gelingen zu diesem Unternehmen, indem Er Esra zuerst Gunst gab vor dem heidnischen König von Persien und dann eine gute, sichere Reise schenkte.
Die Reihenfolge in Vers 10 gilt grundsätzlich für alle, die die Bibel studieren. Um die Gedanken Gottes aus seinem Wort kennenzulernen, ist ein Erforschen der Schriften notwendig, denn vieles liegt nicht an der Oberfläche. Als Zweites soll das, was man aus der Bibel gelernt hat, einen Einfluss auf das praktische Leben haben. Wir sollen Täter des Wortes Gottes werden. Erst wenn wir das Gelernte und Gefundene selbst ausleben, sind wir in der Lage, andere zu belehren.
Der Brief von König Artasasta (1)
Ab Vers 11 folgt erneut ein Brief eines persischen Königs in seinem Wortlaut. Der Inhalt dieser Schrift zeigt, dass jener grosse König – er bezeichnet sich als König der Könige – von Gott benutzt wurde, um sein Werk zu unterstützen. Kein heidnischer Mensch hätte von sich aus solche Worte äussern können.
Dieser Brief ist sozusagen ein zweiter Erlass, der noch einmal jedem Juden, der in Babel wohnte, die Möglichkeit gab, in sein Land und nach Jerusalem zurückzukehren. In diesem Dokument wird der Name Gottes, das Gesetz Gottes und das Haus Gottes wiederholt erwähnt.
Das Silber und das Gold, das der König und seine Räte dem Gott Israels freiwillig gaben, sind ein schwaches Bild von dem, was im Tausendjährigen Reich geschehen wird. Dann wird der Reichtum der Nationen nach Jerusalem, dem Zentrum der Herrschaft des Herrn Jesus, gebracht werden (Jesaja 60).
Zur königlichen Gabe kam noch weiteres Silber und Gold dazu, auch von Juden, die in Babel blieben. Der König hatte volles Vertrauen in Esra, diesen gottesfürchtigen Schriftgelehrten. Er sollte mit dem Geld Opfertiere, Speisopfer und Trankopfer kaufen und sie Gott opfern. Die Verwendung des Rests des Geldes überliess der Monarch diesem treuen Mann. Er sagte einfach: «Was dir und deinen Brüdern gut erscheint, … das mögt ihr nach dem Willen eures Gottes tun.» In Vers 20 erhielt Esra sogar noch einen Blankoscheck. Wie gross war die Gnade Gottes über diesem Mann!
Der Brief von König Artasasta (2)
Der zweite Teil des Briefes richtete sich an die verantwortlichen Beamten in Palästina. Alles, was Esra für das Haus Gottes forderte, sollte ihm gegeben werden. Zudem wurden alle Personen, die einen Dienst am Haus Gottes taten, von jeder Steuer befreit. «Denn warum sollte ein Zorn über das Reich des Königs und seiner Söhne kommen?» So mächtig dieser persische Herrscher auch war, er beugte sich unter den Gott des Himmels. Das war bestimmt zu seinem Segen und zum Segen seiner Untertanen.
Aus den Versen 25 und 26 kann man wohl schliessen, dass es unter den zurückgekehrten Juden und übrigen Bewohnern des Landes keine richtige Führung mehr gab. Vor allem wurde das Gesetz Gottes nicht mehr beachtet. Daher beauftragte der König den Priester Esra mit der Einsetzung von Richtern und Rechtspflegern. Das Gesetz Gottes, aber auch das Gesetz des Königs sollten wieder hochgehalten werden.
Esra war ganz überwältigt von der Gnade Gottes, die solches im Herzen dieses grossen Herrschers gewirkt hatte. Die Schlussverse sind ein herrlicher Lobpreis für Gott, mit dem Esra seinem Herzen Luft machen musste. Er nahm die erfahrene Güte vonseiten des Königs dankbar an, aber er wusste, dass die Hand des Herrn, seines Gottes, über ihm war und dies alles bewirkte und ihn für diese grosse Aufgabe stärkte.
Einige Juden begleiten Esra
Die ersten 14 Verse geben uns eine Liste derer, die mit Esra aus Babel nach Jerusalem zogen. Angesichts des grosszügigen Erlasses des Königs von Persien und seiner Freigebigkeit für dieses Unternehmen nimmt sich die Zahl der Rückkehrer bescheiden aus. Die Mehrheit der Juden wollte in Babel bleiben.
Aber Gott nahm Kenntnis von den Gottesfürchtigen und Treuen seines Volkes. Er sah jeden Einzelnen von denen, die wünschten, nach Jerusalem an den Ort zurückzukehren, wo der Altar und das Haus Gottes standen. Diese Treuen bedeuteten Ihm so viel, dass Er sie in seinem ewigen Wort festgehalten hat.
Obwohl Esra und die mit ihm zogen, die Unterstützung des Königs genossen, war es doch ein Glaubensschritt, den diese Juden taten. Sie gaben ihren äusserlich sicheren Platz in Babel auf und zogen nach Juda und Jerusalem zurück, ohne eine handfeste Perspektive für ihr Leben zu haben. Doch sie machten die Interessen Gottes zu ihren Interessen. Und Gott hat noch keinen enttäuscht, der sich im Vertrauen auf Ihn gestützt hat.
Nachdem sich alle Rückkehrer zusammengefunden hatten, stellte Esra fest, dass sich keine Leviten unter ihnen befanden. Es fehlte an Dienern – eine Situation, wie man sie auch heute antreffen kann. Es gibt im Werk des Herrn so viel zu tun, aber oft sind nur wenige bereit, Energie, Zeit und Geld für die Sache des Herrn einzusetzen. Man ist nicht bereit, auf äussere Vorteile, Bequemlichkeiten usw. zu verzichten.
Am Fluss Ahawa
Esra wusste um die Wichtigkeit des Dienstes der Leviten. Deshalb unternahm er vor der Abreise einen Versuch, doch noch einige Leviten und Nethinim zur Rückkehr nach Jerusalem zu bewegen. Aus Vers 18 kann man wohl schliessen, dass er das Problem auch im ernsten Gebet vor Gott brachte. Wie schön ist das Eingreifen der guten Hand Gottes! Er bewirkte, dass sich schliesslich 38 Leviten und 220 Nethinim dem Zug Esras anschlossen. – So dürfen wir auch heute den Herrn bitten, dass Er noch Arbeiter in sein Werk beruft (Matthäus 9,37.38). Doch wir wollen Ihn auch fragen: «Was soll ich tun, Herr?» (Apostelgeschichte 22,10).
Bevor der Zug aufbrach, rief Esra am Fluss Ahawa ein Fasten aus. Dort demütigten sie sich vor Gott und erbaten von Ihm Bewahrung auf der gefährlichen Reise. Angesichts der Schwierigkeiten, die vor ihnen lagen, und der Feinde, denen sie unterwegs begegnen konnten, fühlten sie ihre Schwachheit. Sie brauchten Gottes Schutz und Hilfe.
Menschlich gesehen hätte Esra vom König, in dessen Gunst er stand, militärischen Begleitschutz anfordern können. Aber Esra hatte vor jenem Herrscher bekannt, was für einen guten und treuen Gott sie hatten. Eine Bitte um menschliche Hilfe hätte dieses gute Bekenntnis zu leeren Worten gemacht. – Jetzt wurde ihr Bekenntnis auf die Probe gestellt. Jetzt sollte sich ihr Gottvertrauen bewähren. Im Gebet übergaben sie sich und ihre Habe dem Schutz Gottes. Mit der Kraft, die sie in Ihm fanden, machten sie sich dann auf den Weg (Vers 31). Wie nachahmenswert!
Der Transport der Schätze
Es gab noch etwas zu regeln, bevor sie sich auf den Weg nach Jerusalem machen konnten. Zwölf Obersten der Priester wurde die Verantwortung über das Silber, das Gold und die heiligen Geräte übertragen. Sie mussten dafür sorgen, dass diese freiwilligen Gaben für das Haus Gottes unbeschadet an ihren Bestimmungsort kamen – eine überaus verantwortungsvolle Aufgabe! Alles, was diesen treuen Männern anvertraut wurde, wurde genau abgewogen. Hatte Esra kein Vertrauen zu ihnen? Doch, aber er wollte jedem Misstrauen, das von irgendeiner Seite hätte auftauchen können, von allem Anfang an entgegentreten.
Diese Grundsätze müssen auch heute beachtet werden, wenn es um die Verwaltung materieller Güter unter den Gläubigen geht. Das Neue Testament bestätigt, dass es immer mehrere und vertrauenswürdige Brüder waren, denen die Verwaltung der materiellen Gaben anvertraut wurde (1. Korinther 16,2.3; 2. Korinther 8,18.22; 1. Timotheus 3,10). Als es darum ging, eine materielle Gabe der Versammlungen von Mazedonien und Achaja den bedürftigen Gläubigen in Jerusalem und Judäa zu bringen, bemühte sich der Apostel Paulus ähnlich wie Esra darum, jedes Misstrauen zu vermeiden. In 2. Korinther 8,20.21 heisst es: «Wobei wir dies zu vermeiden suchen, dass uns jemand übel nachredet dieser reichen Gabe wegen, die von uns bedient wird; denn wir sind auf das bedacht, was ehrbar ist, nicht allein vor dem Herrn, sondern auch vor den Menschen.»
Die Reise und die Ankunft in Jerusalem
Die eigentliche Reise begann am 12. des ersten Monats (vergleiche Esra 7,9). Die ganze, mehrere Monate dauernde Reise wird mit den Worten zusammengefasst: «Die Hand unseres Gottes war über uns, und er rettete uns von der Hand des Feindes und des am Weg Lauernden.» Gott hat noch keinen im Stich gelassen, der sein Vertrauen ganz auf Ihn gesetzt hat. Die Erfahrungen Esras ermuntern jeden Glaubenden, den Schutz und die Hilfe des Herrn in Anspruch zu nehmen und sich im Vertrauen ganz auf Ihn zu stützen.
Am vierten Tag nach ihrer Ankunft in Jerusalem wurden das Silber, das Gold und die heiligen Geräte den Priestern und Leviten abgeliefert. Wieder waren es mehrere, die das Wägen vollzogen. Vers 34 will sicher aussagen, dass gar nichts fehlte. Nichts ging verloren und nichts wurde veruntreut. Gott wird einmal die Treue jener Priester belohnen, denen Esra am Fluss Ahawa diese grosse Verantwortung übertragen hatte (Offenbarung 22,12).
In den Opfern, die die Zurückgekehrten Gott darbrachten, dachten sie an das ganze Volk Israel. In ihrem Herzen schlossen sie alle mit ein. Der Augenblick wird kommen, da Römer 11,26 wahr werden wird: «Und so wird ganz Israel errettet werden.»
Geht es uns nicht ähnlich? Wir sehen die Zerrissenheit unter den Gläubigen. Aber in unserem Herzen dürfen wir die Einheit aller Erlösten festhalten. Bald kommt der Augenblick, da der Herr sich seine Versammlung, zu der alle gläubigen Christen gehören, verherrlicht darstellen wird – eine wunderbare Einheit.
Mangel an Absonderung
Nach der ersten Freude der Rückkehrer unter Esra wurde er mit einer sehr traurigen Sache konfrontiert. Das Volk und sogar die Priester und Leviten hatten sich durch Heirat mit den heidnischen Bewohnern des Landes vermischt. Gott hatte dies im Gesetz klar verboten, weil Er den bösen Einfluss kannte, den diese Menschen aus den Nationen auf sein Volk ausüben würden (2. Mose 34,12-16; 5. Mose 7,1-6). Nun hatten die aus dem Exil Zurückgekehrten diese göttlichen Anordnungen missachtet und übertreten.
Esra, der nicht nur Priester, sondern auch ein kundiger Schriftgelehrter war, erkannte sofort den Ernst der Situation. Völlig zerknirscht beugte er sich vor Gott in tiefer Trauer über die Sünden seines Volkes. Seine demütige Haltung zog alle die an, die ebenfalls wegen der Treulosigkeit des Volkes vor dem Wort Gottes zitterten.
Gott möchte auch von uns Christen, dass wir uns klar von den Ungläubigen trennen und keine Verbindung mit der Welt eingehen. Wie ernst sind die Warnungen in 2. Korinther 6,14-18: «Seid nicht in einem ungleichen Joch mit Ungläubigen …» Der Apostel Johannes ruft uns zu: «Liebt nicht die Welt noch was in der Welt ist.» Und Jakobus fragt: «Wisst ihr nicht, dass die Freundschaft der Welt Feindschaft gegen Gott ist? Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, erweist sich als Feind Gottes» (Jakobus 4,4). Möchten wir in unserem Leben jede Weltförmigkeit meiden, aber auch wie Esra uns angesichts der Weltförmigkeit unter den Christen vor Gott demütigen.
Demütigung vor Gott
Das Abend-Speisopfer gehörte zum beständigen Abend-Brandopfer (Esra 3,3; 2. Mose 29,38-41; 4. Mose 28,3-8). Die beständigen Opfer reden von der Grundlage, auf der wir als Glaubende Gott nahen können. Es ist der Sühnungstod unseres Erlösers, in dem was Er am Kreuz für Gott war (Brandopfer; 3. Mose 1,4). Auf dieses Opfer stützte sich Esra, als er sich in seinem Gebet an Gott wandte.
In seinem Flehen machte er sich eins mit den Sünden seines Volkes, obwohl er selbst in Gottesfurcht lebte (vergleiche das Gebet Daniels in Daniel 9,4-19). Er dachte an die früheren Ungerechtigkeiten Israels, die dazu geführt hatten, dass das Volk in die Gefangenschaft gekommen war. Die Rückkehr eines Teils des Volkes war eine grosse Gnade vonseiten Gottes, auch wenn die Juden ihre Selbstständigkeit nicht mehr erlangten, sondern Knechte des persischen Königs blieben. Doch jetzt hatten sich viele wieder versündigt, indem sie sich mit den heidnischen Nationen im Land vermischt hatten. Esra war darüber tief traurig. Er war sich bewusst, dass Gott Grund gehabt hätte, sie jetzt ohne Überrest zu vertilgen.
Worauf konnte er sich noch stützen? Er anerkannte Gottes Gerechtigkeit und beugte sich schonungslos vor Ihm: «Siehe, wir sind vor dir in unserer Schuld.» Würde Er in seiner grossen Barmherzigkeit noch einmal vergeben? Ja, wenn sie sich nach Sprüche 28,13 verhielten: «Wer seine Übertretungen bekennt und lässt, wird Barmherzigkeit erlangen.»
Aufstehen und handeln
Die Beugung Esras und derer, die vor dem Wort Gottes zitterten, wirkte sich auf das Gewissen der Einzelnen im Volk aus. Sie versammelten sich mit vielem Weinen zu Esra und waren bereit, die Konsequenzen aus ihrem verkehrten Verhalten zu ziehen.
Schekanja, der im Namen der Anwesenden zu Esra redete, sprach von «Hoffnung für Israel bezüglich dieser Sache». Die Hoffnung und Barmherzigkeit konnte aber nur Wirklichkeit werden, wenn echtes Selbstgericht vorhanden war und wenn sie ihre fremden Frauen und deren Kinder wegschickten.
Wir sind vielleicht schockiert über ein solches Vorgehen. Doch wir müssen bedenken, dass dies zur Zeit des Gesetzes geschah, das so etwas verlangte. Wie ganz anders ist es in der Zeitperiode der Gnade! In 1. Korinther 7,12-16 wird der Fall geschildert, dass in einer Ehe von zwei ungläubigen Menschen ein Teil – die Frau oder der Mann – gläubig wird. Dann sollen die Ehegatten zusammenbleiben und nicht scheiden. Es besteht die Hoffnung, dass der ungläubige Teil sich ebenfalls bekehrt.
Wohl stand der Priester Esra jetzt auf, um zu handeln. Doch seine Trauer und Beugung waren noch nicht zu Ende. In einer Zelle des Tempels, in der Gegenwart Gottes, fastete und trauerte er über die Treulosigkeit der Weggeführten. Sollten wir uns über die Sünden und Weltlichkeit bei denen, die bekennen, Christen zu sein, nicht auch beugen und trauern?
Das Volk wird versammelt
Nun wurden alle aus dem Exil Zurückgekehrten innert drei Tagen nach Jerusalem gerufen. Wer dem Aufruf keine Folge leistete, musste mit den härtesten Konsequenzen rechnen. Jetzt war die Zeit zum Handeln gekommen. Die Echtheit des Selbstgerichts sollte sich durch entsprechende Taten zeigen. Darauf würde Gott sicher mit Erbarmen reagieren und dem Überrest des Volkes nicht den Garaus machen.
So musste Esra den zitternden, im Regen stehenden Menschen ihre Treulosigkeit vorhalten und sie auffordern, sich von den fremden Frauen zu trennen. Das Volk war bereit, Busse zu tun und der Busse würdige Frucht zu bringen. Doch es war offensichtlich, dass dies nicht an einem Tag zu bewerkstelligen war. Aber die Bereitschaft war da, alles zu tun, um «die Glut des Zorns unseres Gottes» von ihnen abzuwenden. Dem Volk war deutlich geworden, wie sehr sie gegen Gottes Heiligkeit, die Er von seinem Volk erwartete, verstossen hatten.
Nicht alle waren mit diesem Vorgehen einverstanden. Vers 15 zeigt, dass es Widerstand gab. Sogar ein Levit, der doch das Gesetz Gottes hätte kennen müssen, schloss sich dem Widerstand an.
Auch heute stellt man Unverstand und sogar Widerstand unter Christen fest, wenn solche da sind, die sich mit Entschiedenheit von jeder Art des Bösen trennen und keine Gemeinschaft mit Ungläubigen haben wollen. Gott aber möchte keine Kompromisse: 2. Korinther 6,14-18; 7,1.
Trennung vom Bösen
Die Untersuchung und Bereinigung der Sünde gegen den Herrn nahm einige Zeit in Anspruch (Verse 16.17). Esra, der Priester, leitete die ganze Angelegenheit.
Zuoberst auf der Liste der Männer, die fremde Frauen heimgeführt hatten, stehen die Söhne der Priester. Es waren Nachkommen Jeschuas, des Hohenpriesters, der zusammen mit Serubbabel den ersten Zug der Zurückkehrenden angeführt hatte. Wie traurig, dass die Söhne eines Mannes, den der Herr als Werkzeug gebrauchen konnte, sich so verderbt hatten und vom Weg der Gedanken Gottes abgekommen waren! Diese fehlbaren Priester waren jedoch bereit, ihre heidnischen Frauen hinauszutun und einen Widder als Schuldopfer zu geben.
Dann folgt eine lange Liste derer, die sich in dieser Angelegenheit schuldig gemacht hatten. Das Buch endet mit der betrüblichen Bemerkung: «Alle diese hatten fremde Frauen genommen, und es gab unter ihnen Frauen, die Kinder geboren hatten.» Das Buch begann mit dem gnädigen Wirken Gottes, der den Gefangenen seines Volkes eine Möglichkeit schenkte, in ihre Heimat zurückzukehren. Sobald der Mensch aber unter Verantwortung steht, zeigen sich Untreue, Versagen, Niedergang. Das ist auch das Bild der Geschichte der verantwortlichen Christenheit.
Mit Kapitel 10 ging die grosse Aufgabe Esras zu Ende. Wir werden diesem Priester aber im Buch Nehemia wieder begegnen. Dort tut er einen Dienst, der an Esra 7,10 erinnert: Er las den versammelten Juden das Wort Gottes vor und machte das Gelesene verständlich.
Einleitung
Kapitel 1 – 3: Die christliche Stellung
- Wir stehen persönlich heilig und untadelig vor Gott, denn Er hat uns zu seinen geliebten Kindern gemacht.
- Wir bilden gemeinsam die Versammlung Gottes. Sie ist der Leib des Christus und der heilige Tempel im Herrn.
Kapitel 4 – 6,9: Der christliche Wandel
Unser Verhalten soll der christliche Stellung entsprechen:
- im Kreis der Gläubigen,
- im Umgang mit der Welt,
- in Ehe, Familie und Beruf.
Kapitel 6,10-24: Der christliche Kampf
Der Teufel will uns die Freude am christlichen Segen wegnehmen. In der Kraft des Herrn und mit der ganzen Waffenrüstung können wir ihm widerstehen.
Der christliche Segen
Der Epheser-Brief vermittelt uns den ewigen Vorsatz oder Plan Gottes für Christus und für die, die in der Zeit der Gnade an Ihn glauben. Paulus ist als Apostel Jesu Christi von Gott autorisiert, darüber zu schreiben. Er spricht die gläubigen Christen in Ephesus als Heilige und Treue an. Durch das Blut Jesu Christi sind sie geheiligt worden. Das ist die Stellung jedes Glaubenden in der jetzigen Zeit. In ihrem Verhalten waren die Epheser Gott und seinem Wort treu. Das darf auch uns kennzeichnen.
Jeder von neuem geborene Christ ist von Gott reich beschenkt worden. Dieser Segen ist geistlich, himmlisch und ewig. Damit steht er im Gegensatz zum irdischen, materiellen Reichtum, der vergeht. Wir dürfen ihn jetzt schon geniessen, obwohl wir sein Ausmass erst in der Zukunft wirklich erfassen können.
Was beinhaltet dieser Reichtum? Die Verse 4-5 beschreiben etwas davon. Bevor Gott Himmel und Erde schuf, hatte Er an dich und mich gedacht. Er wählte uns aus allen, die einmal an Ihn glauben würden, aus, um uns ein besonderes Teil zu geben. Er wollte uns zu seinen Kindern machen, die heilig und untadelig vor Ihm seien und seine Liebe kennen und geniessen. Weiter wollte Er uns als seine Söhne adoptieren, damit wir die Gedanken seines Herzens verstehen. Das ist das grosse Geschenk, das Gott, der Vater, uns nach der Herrlichkeit seiner Gnade geben wollte.
Damit wir diesen Segen empfangen konnten, hat Gott uns durch das Blut Jesu erlöst und uns nach dem Reichtum seiner Gnade alle Sünden vergeben.
Das Erbteil
Gott hat auch einen Vorsatz mit der Schöpfung. Er wird ein Geheimnis genannt, weil er in früherer Zeit noch nicht bekannt war, uns jetzt aber mitgeteilt ist.
Gott hat sich vorgesetzt, die ganze Schöpfung – das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist – Christus als Erbteil zu geben, damit Er darüber herrsche. Er soll das Haupt oder der Verwalter des Universums sein. Und wir, die Glaubenden der Gnadenzeit, haben darin auch ein Erbteil bekommen. Wir sind seine Miterben und als solche werden wir die Herrschaft über die Schöpfung mit Ihm teilen. Dieser Vorsatz Gottes wird Wirklichkeit werden, wenn Jesus Christus wiederkommt, um die Verwaltung von Himmel und Erde anzutreten.
Wir dürfen Gott dankbar sein, dass wir das Wort der Wahrheit, das Evangelium des Heils gehört haben. Der erste Teil dieser Botschaft beinhaltet die Tatsache, dass wir von Natur aus Sünder sind und darum das Gericht Gottes verdient haben. Der zweite Teil zeigt das Angebot Gottes der Errettung: Jesus Christus ist am Kreuz gestorben, um uns zu erlösen. Durch den Glauben an die ganze Botschaft des Evangeliums und durch die Versiegelung mit dem Heiligen Geist sind wir in eine wunderbare Stellung versetzt worden. Wir sind Kinder, Söhne und Erben Gottes! Der Glaube ist die persönliche Entscheidung zur Annahme des Evangeliums Gottes. Die Versiegelung mit dem Heiligen Geist ist ein göttliches Werk. Damit sagt Gott: Du gehörst jetzt für immer Mir! Weil der Geist in uns wohnt, haben wir die Garantie, dass wir unser Erbe einmal antreten werden.
Das erste Gebet des Apostels
Der Apostel betet jetzt für die Epheser. Zuerst dankt er Gott für ihre gelebte Glaubensbeziehung zum Herrn Jesus und für ihre Liebe zu allen Erlösten. Beachten wir die Reihenfolge: Nur wer eine Beziehung zu Christus im Himmel pflegt, kann auch im Verhältnis zu den Glaubensgeschwistern die richtigen Empfindungen haben.
Die grosse Bitte von Paulus ist, dass Gott uns Verständnis über das gebe, was Er uns in Jesus Christus geschenkt hat. Er möchte, dass wir in unseren Herzen erleuchtet werden, d. h. dass wir nicht mit dem Verstand, sondern im Glauben begreifen, wie reich wir im Herrn Jesus sind. Drei christliche Wahrheiten sollen wir erfassen:
- die Hoffnung unserer Berufung. Das bezieht sich auf die Verse 4 und 5: Wir sind in eine herrliche Beziehung zu Gott, dem Vater, gebracht.
- den Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen. Hier geht es um die Tatsache von Vers 11: Wir sind Miterben des Herrn Jesus.
- die überragende Grösse seiner Kraft an uns, den Glaubenden, spricht vom mächtigen Wirken Gottes bei unserer Bekehrung (siehe Epheser 2).
Diese göttliche Macht entfaltete sich zuerst bei der Auferweckung des Herrn Jesus. Gott hat Ihm anschliessend den Platz zu seiner Rechten gegeben. In dieser Position steht Christus als Mensch über jeder anderen Macht, die es im Universum gibt. In den Versen 22-23 wird die Versammlung, die Gesamtheit aller Erlösten der Gnadenzeit, erwähnt. Als sein Leib ist sie untrennbar mit dem verherrlichten Christus verbunden.
Die christliche Stellung
Das zweite Kapitel des Epheser-Briefs beschreibt Gottes Wirken, um einzelne Menschen in die christliche Stellung zu bringen (Verse 1-10) und um die Versammlung Gottes zu bilden (Verse 11-22).
Vor unserer Bekehrung waren wir wegen unseren Sünden tot für Gott. Wir lebten unter dem Einfluss Satans und nach den Prinzipien der Welt. Das ist die Herkunft aller Glaubenden aus den Heidenvölkern. Auch die Erlösten mit jüdischer Abstammung (Vers 3) führten einst ein Leben, das von den Wünschen des Fleisches und vom Eigenwillen geprägt war.
Weil in unserem Leben gar nichts für Gott da war, handelte Gott aus eigenem Antrieb. Er erbarmte sich über uns und hat uns in seiner grossen Liebe mit dem Christus lebendig gemacht. Weil wir tot waren, bekamen wir neues, ewiges Leben. Weiter hat Gott uns mitauferweckt. Durch seine Auferstehung ist der Herr Jesus der Erstgeborene der neuen Schöpfung. Als solche, die mit Ihm auferweckt sind, gehören wir ebenfalls zur neuen Schöpfung. Schliesslich hat Gott uns mit Christus in den himmlischen Örtern mitsitzen lassen. Das ist die neue, himmlische Stellung, die wir mit dem Herrn Jesus vereint vor Gott besitzen.
Diese ewige Errettung besitzen wir seit unserer Bekehrung. Wenn wir in der Herrlichkeit sind, wird sie zur vollen Entfaltung kommen (Vers 7). Wir haben gar nichts dazu beigetragen, Gott hat alles getan. Selbst der Glaube, durch den wir das Heil ergriffen haben, ist ein Geschenk Gottes. So gibt es nichts zu rühmen als nur seine Gnade.
Die Versammlung – ein Leib
In den Versen 1-3 wird der Zustand der unbekehrten Menschen beschrieben. Die Verse 11-12 beschreiben ihre äussere Stellung auf der Erde. Die meisten Christen in Ephesus waren nicht jüdischer Herkunft. Deshalb hatten sie vor der Bekehrung kein Anrecht an den Vorrechten der Israeliten. Sie waren äusserlich auf Distanz zu Gott. Sie hatten keine Verbindung zum Messias, besassen keine Verheissungen, konnten nicht auf ein zukünftiges Reich hoffen und lebten ohne Gott. Das war auch unsere Situation, bevor wir an den Erlöser glaubten.
Doch durch den Tod des Herrn Jesus sind wir in Gottes Nähe gekommen. Er hat uns nicht ins Judentum geführt, sondern etwas ganz Neues geschaffen: die Versammlung, die aus allen Erlösten der Gnadenzeit besteht, seien sie nun jüdischer oder anderer Herkunft.
Jesus Christus ist jetzt unser Friede, d. h. die Person, die beide Gruppen zusammengebracht hat. Um aus beiden eine Einheit zu machen, musste Er am Kreuz sterben. Einst war das Gesetz wie ein Zaun, der die Juden klar von allen anderen abgrenzte. Diese Trennung und die Feindschaft, die dadurch zwischen Juden und Heiden entstanden ist, sind jetzt unter den Erlösten aufgehoben und weggetan.
Auf der Grundlage des Todes Jesu sind beide Parteien untereinander und mit Gott versöhnt worden. Nicht nur die Feindschaft, sondern auch die Entfremdung ist nicht mehr da. Beide sind in eine harmonische Beziehung zu Gott und zueinander gebracht. Sie bilden zusammen den Leib Christi, die Versammlung.
Die Vesammmlung – ein Haus
Vers 17 beschreibt uns eine Aktivität von Gott zu den Menschen und Vers 18 eine Aktivität von Glaubenden zu Gott. Durch den Geist Gottes wird seit Pfingsten den Fernen (den Nationen) und den Nahen (den Juden) Frieden verkündigt. Es ist die Botschaft des vollen Evangeliums der Gnade Gottes. Sie enthält auch seine Gedanken über die Versammlung. Für alle Glaubenden ist auf der Grundlage des Erlösungswerks des Herrn Jesus der Zugang zu Gott, dem Vater, offen. In der Kraft des Geistes sind wir fähig, Ihm im Gebet zu nahen. Was für ein Vorrecht, das wir jederzeit benutzen dürfen!
Vers 19: Weil alle Erlösten der Gnadenzeit zur Versammlung gehören und den Zugang zum Vater kennen, sind sie bei Gott keine rechtlosen Ausländer mehr, sondern seine Hausgenossen. Ab Vers 19 wird die Versammlung als Haus betrachtet, das Gott selbst baut. Die Apostel und Propheten des Neuen Testaments benutzte Er, um die Grundlage zu legen. In den Schriften des Neuen Testaments haben sie die göttlichen Belehrungen über die Versammlung niedergeschrieben. Jesus Christus ist der Eckstein, nach dem sich alles ausrichtet.
Seit Pfingsten baut Gott an seinem Haus. Es wächst stetig und bei der Entrückung ist es vollendet. Jeder Erlöste der Gnadenzeit ist ein Stein an diesem Gebäude. Das ist der universelle Aspekt der Versammlung, der uns in Vers 21 vorgestellt wird. Gleichzeitig bilden alle Glaubenden, die zu einem Zeitpunkt auf der Erde leben, den Wohnort Gottes. Das ist der zeitliche Aspekt der Versammlung, den wir in Vers 22 finden.
Der ewige Plan Gottes
In Kapitel 3 erklärt uns der Apostel, dass Gott ihm die Verwaltung seines ewigen Ratschlusses anvertraut hat. Weil er diesen Dienst treu ausübte, kam er ins Gefängnis. Seine Aufgabe bestand darin, diese christlichen Wahrheiten zu verkünden und zu erklären. Damit er diesen Auftrag ausführen konnte, hatte Gott dem Apostel zweierlei geschenkt:
- Er hatte ihm das Geheimnis (d. h. seinen ewigen Plan) durch direkte Offenbarung mitgeteilt (Vers 3).
- Er hatte ihm auch ein besonderes Verständnis über seine Gedanken gegeben (Vers 4).
Gottes ewiger Ratschluss wird deshalb ein Geheimnis genannt, weil die Menschen früherer Zeiten davon nichts wussten. Gott hatte es ihnen damals nicht offenbart. Doch in der Zeit der Gnade teilte Er es den Aposteln und Propheten des Neuen Testaments mit.
Vers 6 beschreibt in Kürze die Kernpunkte dieses Geheimnisses. Es wird nochmals betont, dass die Erlösten aus den Nationen jetzt die gleichen Vorrechte wie die Glaubenden jüdischer Herkunft besitzen. Sie sind Miterben, d. h. sie werden mit Christus über das Universum regieren. Sie sind auch Miteinverleibte. Das bedeutet, dass sie zum Leib Christi, zur Versammlung, gehören. Als Mitteilhaber der Verheissung besitzen sie ewiges Leben und sind Kinder und Söhne Gottes. Durch die glaubensvolle Annahme des Evangeliums wird jeder in diese wunderbare Stellung gebracht.
Die göttliche Gnade hatte Paulus mit dieser grossen Aufgabe betraut, und die göttliche Kraft befähigte ihn, sie auszuüben.
Der Reichtum des Christus
Das Zielpublikum des Dienstes von Paulus waren hauptsächlich die Menschen aus den Nationen, d. h. alle Nicht-Juden. Ihnen verkündigte er den unergründlichen Reichtum des Christus. Das beinhaltet alles, was diese Person ist: ewiger Gott, sündloser Mensch, Heiland der Welt, Haupt des Leibes usw. Weiter erklärte er ihnen das jetzige Heilszeitalter und den Charakter der Versammlung, zu der sie nun gehörten.
Als Gott die Himmel und die Erde geschaffen hatte, da jauchzten und jubelten die Engel (Hiob 38,7), weil sie in der Schöpfung etwas von der Grösse ihres Schöpfers erkannten. Durch die Bildung und Existenz der Versammlung erhalten sie noch einen weit besseren Anschauungsunterricht: Sie sehen etwas von der vielfältigen Weisheit Gottes.
Den ewigen Vorsatz fasste Gott in Christus Jesus, der das Zentrum dieses Ratschlusses ist. Die Grundlage dieses Plans ist das Erlösungswerk des Herrn auf Golgatha, und wir, die Glaubenden der Gnadenzeit, sind die Gegenstände davon.
Die Verse 12 und 13 zeigen schliesslich zwei praktische Auswirkungen – eine positive und eine negative – für uns, weil wir in Christus so reich gemacht sind. Dank unserer Stellung in Ihm dürfen wir im Gebet freimütig und vertrauensvoll mit Gott, unserem Vater, reden. Doch wir erfahren bei der praktischen Verwirklichung unserer himmlischen Berufung auch den Widerstand der uns umgebenden Welt, besonders der religiösen Menschen. Das hat der Apostel als Verwalter der christlichen Wahrheit speziell erlebt.
Das zweite Gebet des Apostels
Ab Vers 14 betet der Apostel ein zweites Mal für die Epheser. Er richtet sich an den Vater unseres Herrn Jesus Christus. Sein Wunsch ist es, dass alle Glaubenden den Reichtum, den sie in und mit Christus besitzen, nicht nur kennen, sondern im täglichen Leben auch geniessen. Dazu benötigen wir Kraft. Gott, der Vater, schenkt sie uns durch den Heiligen Geist nicht nach dem Mass unserer Bedürfnisse, sondern nach dem Mass seiner Herrlichkeit. Dadurch wird das neue Leben in uns gestärkt.
Doch der Geist möchte in unseren Herzen auch Christus gross machen. Wir sollen verstehen, welch hohe Wertschätzung der Vater für den Sohn hat, der Ihn als Mensch hier unendlich verherrlicht hat. Jesus Christus, der das Zentrum der Gedanken Gottes ist, soll auch der Mittelpunkt unseres Lebens werden.
Wir dürfen zudem tiefe Eindrücke von der Herrlichkeit Gottes bekommen, wie sie sich in seinem Ratschluss offenbart. Er ist grenzenlos, wie die vier Dimensionen in Vers 18 dies andeuten. In Vers 19 handelt es sich um die umfassende Liebe des Herrn Jesus. Er liebt den Vater, Er liebt die Versammlung und Er liebt jeden Erlösten. Die Beschäftigung mit seiner unergründlichen Liebe in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wird unsere Herzen glücklich machen und uns einen Eindruck von der Grösse Gottes geben.
Der Apostel beendet das Gebet mit einem Lobpreis. Er erhebt Gott, der das geistliche Wachstum bewirkt und uns den Genuss an unseren Segnungen schenkt. Ihm gebührt das ewige Lob in der Versammlung.
Der Berufung entsprechen
Unser Leben soll nun unserer Stellung in Christus entsprechen. Deshalb gibt Paulus in den Kapiteln 4 bis 6 Ermahnungen und Belehrungen, damit wir würdig unserer Berufung leben. In Kapitel 4 liegt der Schwerpunkt auf unserem Verhalten im Miteinander der Familie Gottes. Vers 2 stellt uns einige sittliche Eigenschaften vor. Eine demütige Gesinnung ist für die Beziehungen im Volk Gottes sehr förderlich. Wir wollen auch Geduld miteinander haben.
Was bedeutet die Aufforderung in Vers 3, «die Einheit des Geistes im Band des Friedens zu bewahren»? Es ist die praktische Einheit der Glaubenden, die der Heilige Geist auf der Grundlage des Wortes Gottes bewirken möchte. Die Einheit des Leibes Christi besteht. Es geht jetzt darum, mit Fleiss und einer friedfertigen Haltung diese Einheit sichtbar darzustellen. Das geschieht in der Verwirklichung der biblischen Anweisungen über die örtliche Versammlung und der Beziehungen der Versammlungen untereinander.
Es gibt drei Bereiche, in den die Glaubenden in Beziehung zueinander stehen. Ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung zeigt die Gott gewirkte Beziehung der Erlösten an. Alle gehören zum Leib Christi, besitzen den Heiligen Geist und werden einmal in den Himmel kommen. Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe spricht vom Bereich unseres Bekenntnisses. Der Herr möchte, dass wir auf der Erde ein gemeinsames Zeugnis für Ihn sind. Als ein Gott und Vater aller ist Gott unser Schöpfer. Er hat die Beziehung der Ehe und Familie gegeben, in der wir uns als Christen richtig verhalten sollen.
Gaben und Dienste
In unserem Abschnitt geht es um die Auferbauung der Versammlung durch die Gnadengaben. Der Herr schenkt und leitet sie zum Wohl der Glaubenden. Jesus Christus ist Mensch geworden und in den Tod hinabgestiegen, damit verlorene Menschen gerettet und aus der Gewalt Satans befreit werden können. Aber nach drei Tagen ist Er auferstanden und als Mensch in den Himmel hinaufgestiegen. Er hat jetzt dort alle Machtbefugnis. Er benutzt sie, um den Menschen Gaben zu geben, die uns in Vers 11 beschrieben werden. Die Apostel und Propheten sind grundlegende Gaben. Wir besitzen sie heute noch in den Büchern des Neuen Testaments. Evangelisten, Hirten und Lehrer sind bleibende Gaben, die der Herr heute noch gibt. Es sind Brüder, die oft in ihrer Tätigkeit die gesamte Versammlung im Auge haben.
Ab Vers 12 beschreibt Paulus die Wirkungen und das Ziel der Ausübung dieser Gaben. Jeder einzelne Erlöste soll geistlich wachsen. Aber auch die Versammlung, die Gesamtheit aller Kinder Gottes, soll auferbaut werden. Dabei ist es Gottes Ziel, dass wir den Herrn Jesus besser kennen, dass unsere Beziehung zu Ihm sich vertieft und wir einander näher kommen. Er möchte, dass wir Stabilität im Glauben bekommen. Je besser wir die Bibel kennen, desto weniger können wir durch falsche Lehren von Christus abgezogen werden.
Neben den Gaben, die der Herr schenkt, gibt es im Leib Christi auch Gelenke der Darreichung. Es sind die Tätigkeiten aller einzelnen Christen in Liebe zum Wohl der ganzen Versammlung. Nehmen wir sie wahr?
Der alte und der neue Mensch
Die Verse 17-19 beschreiben das Leben vor der Bekehrung. Die Verse 20-24 zeigen uns, welche Veränderung mit uns stattgefunden hat, als wir zum Glauben an Jesus Christus kamen. Schliesslich werden wir in den Versen 25-32 aufgefordert, die Eigenschaften des neuen Lebens im Alltag zu entfalten.
Ungläubige Menschen, die nichts von Gott wissen wollen, werden von menschlichen Gedanken und Philosophien geprägt. Ihr Verstand ist verfinstert und ihr Herz verstockt. Auch in ihrem Lebenswandel, der eine Folge ihrer Einstellung ist, sieht es nicht besser aus. Weil alle Empfindungen für Gut und Böse abgestumpft sind, leben sie ausschweifend. Das hat auch uns früher mehr oder weniger gekennzeichnet. Doch das sollte jetzt nicht mehr so sein.
Jesus Christus lehrt uns eine andere Lebensweise, die Er uns vorgelebt hat, als Er hier war. Doch damit wir seinem Beispiel folgen können, musste bei uns eine grundlegende Veränderung stattfinden. Der alte Mensch ist unsere Stellung vor der Bekehrung: Wir konnten nur sündigen. Er wurde am Kreuz verurteilt, als der Herr Jesus für uns das Gericht erduldete. Als wir zum Glauben an Ihn kamen, haben wir den alten Menschen abgelegt. Aber nicht nur das, wir haben auch den neuen Menschen angezogen: Wir müssen jetzt nicht mehr sündigen, obwohl wir dazu noch fähig sind.
Um ein Leben zur Freude Gottes führen zu können, gilt es zuerst diesen Wechsel, der bei der Bekehrung stattgefunden hat, im Glauben zu bejahen und dann in der Kraft des Geistes Gottes zu verwirklichen.
Ein Verhalten zur Ehre Gottes
Das Modell des neuen Menschen ist der Herr Jesus, so wie Er hier gelebt hat. Ihn dürfen wir jetzt als unser Beispiel nehmen. Bei den Ermahnungen in diesem Abschnitt wird häufig auf unser Verhalten vor der Bekehrung hingewiesen, um den Unterschied zur neuen Lebensweise hervorzuheben.
Als Christen sollen wir nicht mehr lügen, sondern so wie Jesus immer die Wahrheit sagen. – Früher liessen wir uns im fleischlichen Zorn zu weiteren Sünden hinreissen. Jetzt soll die Sonne nicht über unserem Zorn untergehen. Ein von Gott gewirkter Zorn über das Böse ist keine Sünde (Markus 3,5). – Im alten Leben gaben wir durch Sünden dem Teufel Raum. So wie Jesus Christus sollen wir nun den Verführungen Satans mit dem Wort Gottes begegnen. – Anstatt zu stehlen, arbeiten wir als Christen nicht nur für die eigene Brieftasche, sondern auch um Bedürftigen etwas geben zu können. Wie ist unser Heiland den Menschen, die in Not waren, behilflich gewesen! – Haben sich unsere Worte und unsere Sprache seit unserer Bekehrung verändert? Was wir sagen, soll nun unsere Glaubensgeschwister aufbauen. Wie konnte doch der Herr Jesus durch seine Worte die Mutlosen wieder aufrichten! – Durch unseren Eigenwillen betrüben wir den Heiligen Geist. Nehmen wir auch da Jesus als unser Beispiel! Er lebte abhängig von Gott, gehorchte Ihm und war voll Heiligen Geistes. – Bitterkeit, Wut, Zorn, Geschrei und Lästerung sind die Reaktionen des Fleisches, wenn uns Böses widerfährt. Sollten wir nicht wie Christus Mitleid und eine vergebende Haltung haben?
Wandelt in Liebe
Die Verse 1-21 enthalten Ermahnungen für unser Leben. Der neue Mensch, den wir angezogen haben, ist nach Gott geschaffen (Epheser 4,24), darum soll unser Verhalten Gott entsprechen. Wir sind seine Nachahmer: Er ist Liebe und Licht, und wir leben als geliebte Kinder (Vers 1) und als Kinder des Lichts (Vers 8). Darin ist Jesus Christus unser Vorbild: Als Er hier lebte, offenbarte Er die göttliche Liebe in zwei Richtungen. Er hat uns, die Glaubenden, geliebt und sich selbst für uns in den Tod gegeben. Und aus Liebe zu seinem Gott lebte Er zu seiner Freude und opferte sich am Kreuz Ihm zu einem duftenden Wohlgeruch. Seine vollkommene Liebe spornt uns an, Gottes Liebe in unserem Leben zu zeigen.
Hurerei ist jeglicher Geschlechtsverkehr ausserhalb der Ehe. Habsucht ist die Gier nach mehr Geld oder Besitz. Albernes Geschwätz und Witzelei sind Vergehungen mit der Zunge. Solche Sünden sollen in unserem Leben nicht vorkommen. Wir sind durchaus dazu fähig, wenn wir uns nicht vom Herrn bewahren lassen. Es liegt auch eine Gefahr darin, sich unnötig mit dem Bösen zu beschäftigen. Wenn wir darüber reden oder nachdenken, verunreinigt das uns. Hurer, Unreine und Habsüchtige sind Menschen, die ganz in diesen Sünden leben (Vers 5). Solange sie nicht echt Buße darüber tun, haben sie keine Beziehung zu Gott, sondern gehen dem Gericht entgegen. Ist das nicht eine Warnung für uns, es mit der Sünde nicht leicht zu nehmen? Obwohl heute viele die Sünde bagatellisieren, wollen wir doch in keiner Weise im Bösestun mitmachen.
Wandelt im Licht
Gott ist Licht und wir waren vor unserer Bekehrung Finsternis. Nichts von Gott wurde in unserem Leben sichtbar. Doch welch wunderbare Veränderung hat stattgefunden: Als solche, die göttliches Leben besitzen, sind wir jetzt Licht im Herrn. Wir sind in Christus in Übereinstimmung mit Gott gebracht und werden jetzt aufgefordert, das auch als Kinder des Lichts zu zeigen. Güte gegenüber unseren Mitmenschen, praktische Gerechtigkeit in unseren Taten und Wahrheit in unseren Worten dürfen uns nun kennzeichnen. Wir fragen nun: Was macht meinem Herrn Freude?
Die Werke der Finsternis sind alles, was das Licht scheut. Damit sollen wir nichts zu tun haben. Im Gegenteil, durch ein Leben zur Ehre Gottes verbreiten wir Licht und stellen so das Böse bloss. Das hat Jesus Christus in besonderer Weise verwirklicht. Sein reines, heiliges und Gott geweihtes Leben verurteilte das sündige, scheinheilige Leben der religiösen Juden.
Durch ungerichtete Sünden sind wir auf Distanz zu Gott, halten uns im Dunkeln auf und stehen in Gefahr, geistlich einzuschlafen. Bei schlechten Lichtverhältnissen ist ein Schlafender nicht von einem Toten zu unterscheiden. So kann auch ein Glaubender, der in der Sünde lebt, nicht von einem Ungläubigen unterschieden werden. Doch Gott ruft jedem zu, der sich in einem geistlichen Schlaf befindet: «Wache auf!» Er spricht durch das Wort das Gewissen an, damit das Leben wieder mit Ihm in Ordnung kommt. Nur mit Christus können wir uns im Licht aufhalten.
Wandelt in Weisheit
Als Christen sollen wir nicht gedankenlos in den Tag hineinleben, sondern im Bewusstsein, dass wir uns in einer bösen Welt befinden. Sorgfalt und Weisheit sind gefragt, damit wir nicht in eine Schlinge des Feindes treten und zu Fall kommen. Wir wollen die gelegene Zeit für die Ewigkeit einsetzen, d. h. die von Gott gegebenen Gelegenheiten nicht nutzlos vorbeigehen lassen. Kennen wir den grundsätzlichen Willen des Herrn für unser Leben? Er möchte, dass wir weder für die Welt noch für uns selbst, sondern für Ihn leben.
Vers 18 stellt zwei Einflüsse einander gegenüber, denen wir uns aussetzen können und die dann unser Leben prägen: der Alkohol oder der Heilige Geist. Wenn wir uns mit Wein berauschen, folgen unweigerlich weitere Sünden. Bildlich können wir im Wein sicher auch andere irdische Freuden sehen, die bei einem unbeherrschten Konsum schädlich sind. Wenn wir hingegen vom Geist Gottes erfüllt werden, hat das drei positive Auswirkungen:
- Wir sind zur gegenseitigen Erbauung (Vers 19). Gerade geistliche Lieder sind dazu eine Hilfe. Wir wollen uns anspornen lassen, wieder mehr gemeinsam zu singen!
- Wir sind Gott, unserem Vater, dankbar für alles, was wir in unserem Leben erfahren (Vers 20). Das setzt ein tiefes Vertrauen in seine Liebe voraus und das Bewusstsein, dass alles, was uns betrifft, von Ihm kommt.
- Wir wollen im Volk Gottes nicht gross herauskommen, sondern zurückzustehen (Vers 21).
Die Ehe – Christus und die Versammlung
Die Verse 22-33 geben uns göttliche Unterweisungen über das Eheleben. Zuerst werden die Frauen (Verse 22-24), danach die Männer (Verse 25-33) angesprochen. Die Beziehung zwischen Christus und der Versammlung ist das grosse Vorbild für die eheliche Beziehung zwischen Mann und Frau. Darum belehrt uns dieser Abschnitt auch über die Liebe des Herrn Jesus zu seiner Versammlung und ihre Stellung zum Ihm, ihrem Haupt.
Die Ehefrauen werden aufgefordert, sich ihren eigenen Männern zu unterordnen. Das ist der Platz, den der Herr der Frau in der Ehe gegeben hat und an dem Er sie glücklich machen will. Als Hilfe und Ansporn für die tägliche Verwirklichung darf die Frau an das Verhältnis der Versammlung zu Christus denken: Die Versammlung nimmt gegenüber dem Herrn Jesus ebenfalls eine Stellung der Unterordnung ein. – Als Folge daraus ergibt sich für den Mann die Aufgabe, in der Ehe die Verantwortung als Haupt zu übernehmen.
Die Ehemänner werden ermahnt, ihre Frauen zu lieben. Diese Zuneigung drückt sich nicht nur in Worten aus, sondern zeigt sich darin, dass wir für ihr Wohl sorgen. Jeder Tag gibt Gelegenheit dazu. Das Vorbild ist die vollkommene Liebe des Christus zu seiner Versammlung. Dieser hohe Massstab soll uns nicht entmutigen. Wir wollen vielmehr die Gnade Gottes täglich in Anspruch nehmen, damit wir unsere Frauen nähren und pflegen können (Vers 29). Das beinhaltet neben der materiellen Versorgung sicher auch die geistliche Ernährung und Fürsorge.
Nähren, pflegen, anhangen
Der Ausgangspunkt der Liebe des Herrn Jesus zur Versammlung ist sein Sterben am Kreuz. Er hat sich selbst für sie hingegeben, um sie ewig zu besitzen.
Jetzt ist seine Liebe der Beweggrund für die treue Fürsorge. Dazu benutzt Er das Wort Gottes. Er heiligt die Versammlung (Vers 26), indem Er sich selbst vorstellt, wie Er jetzt im Himmel verherrlicht ist. Dadurch möchte Er unsere Zuneigung wecken, damit wir nur noch für Ihn da sind. Er reinigt die Versammlung durch sein Wort (Vers 26). Es ist sein Bestreben, dass wir in unserem Leben alles entfernen, was nicht zu Ihm passt. Er nährt die Versammlung (Vers 29). Wir benötigen täglich geistliche Nahrung. Er gibt sie uns durch sein Wort. Er pflegt die Versammlung (Vers 29). Unsere Schwachheiten sind für Ihn eine Gelegenheit zur Ausübung seiner Liebe.
Seine Liebe zur Versammlung kommt zur Vollendung, wenn Er sie sich verherrlicht darstellen wird. Dann wird nichts mehr von der Beschmutzung der Sünde und von der Vergänglichkeit der Erde zu sehen sein. Sie wird dann heilig und untadelig vor Ihm sein, so wie Gott es sich in seinem ewigen Vorsatz vorgenommen hat.
Vers 30 betont die innige Verbindung der Versammlung zu Christus. Es ist eine Anspielung auf die Beziehung des ersten Menschenpaares: Eva wurde aus der Rippe von Adam gebildet. Der Grundsatz für den Weg in die Ehe in Vers 31 wird auch auf Christus angewandt. Hat Er nicht den Himmel verlassen, um sich seine Versammlung zu erwerben? Er liebt sie und ist aufs engste mit ihr verbunden.
Familie und Arbeit
Die Verse 1-4 behandeln die Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Die Verse 5-9 enthalten Anweisungen für das Verhältnis zwischen Sklaven und Herren in der damaligen Zeit, die wir auf das heutige Berufsleben übertragen dürfen.
Die Kinder werden ermahnt, ihren Eltern zu gehorchen. Das bezieht sich auf die Zeit, in der sie als Kinder zu Hause wohnen. Es freut den Herrn, wenn sie sich ihren Eltern unterordnen und ihre Anweisungen befolgen. «Ehre deinen Vater und deine Mutter.» Auch als Erwachsene sollen die Kinder ihre Eltern ehren und achten, denn darauf ruht der Segen Gottes.
Die Väter sind für die Erziehung der Kinder verantwortlich. Sie werden aufgefordert, sie in Zucht und Ermahnung aufzuziehen. Einerseits ist es nötig, die Kinder zu bestrafen und korrigierend einzugreifen, um eine negative Entwicklung zu vermeiden. Anderseits benötigen sie auch Anweisung für den rechten Weg.
Die Arbeitnehmer sollen ihrem Chef gehorchen und sich seinen Anweisungen unterordnen. Der Herr möchte, dass sie dies in der rechten Einstellung tun: ehrlich, aufrichtig und bereitwillig. Sie dürfen ihre Arbeit – wenn sie auch schwierig oder eintönig ist – für den Herrn tun. Er wird einmal die Treue am Arbeitsplatz belohnen (Vers 8).
Schliesslich werden die Arbeitgeber aufgefordert, in ihrem Verhalten den Untergebenen ein Vorbild zu sein. Sie sollen nie vergessen, dass sie selbst einen Herrn im Himmel haben, dem sie für ihr Leben verantwortlich sind.
Der christliche Kampf
Die Verse 10 bis 20 beschreiben den christlichen Kampf. Wir kämpfen nicht gegen Menschen, sondern gegen die bösen, geistlichen Mächte, die uns den Genuss an den geistlichen Segnungen wegnehmen möchten. Diesen Kampf können wir nur in der Kraft des Herrn führen (Vers 10), der den Teufel am Kreuz besiegt hat. Zudem stellt Gott uns eine Waffenrüstung zur Verfügung (Vers 11), damit wir gegen die Listen des Teufels gewappnet sind. Die einzelnen Teile dieser Waffenrüstung sind sittliche Eigenschaften im praktischen Glaubensleben, die uns vor den Angriffen des Feindes schützen.
Den Gürtel der Wahrheit ziehen wir an, indem wir regelmässig die Wahrheit des Wortes Gottes auf unsere Herzen anwenden. Dort sind die Ausgänge des Lebens (Sprüche 4,23). Das wird eine Wirkung auf unser ganzes Leben haben. Der Brustharnisch der Gerechtigkeit weist auf ein Leben in praktischer Gerechtigkeit hin. So besitzen wir ein gutes Gewissen, das sich nichts vorzuwerfen hat. Die Schuhe der Bereitschaft des Evangeliums des Friedens sprechen von unserer Bereitschaft, mit allen Menschen in Frieden zu leben. Der Schild des Glaubens ist das völlige Vertrauen auf Gott und sein Wort. Damit wehren wir die feurigen Pfeile des Zweifels, die Satan auf uns abschiesst, ab. Der Helm des Heils schützt unsere Gedanken. Es ist das tägliche Bewusstsein unserer Annahme bei Gott: Niemand kann uns aus seiner Hand rauben (Johannes 10,29). Mit dem Schwert des Geistes, das Gottes Wort ist, können wir den Feind in die Flucht schlagen (Lukas 4,12.13).
Das Gebet
Eigentlich gehört das Gebet auch noch zur Waffenrüstung und ist besonders mit dem Wort Gottes verbunden. Beim Beten drücken wir einerseits unsere Abhängigkeit aus: Wir haben keine Kraft in uns, um dem Feind zu widerstehen. Anderseits zeigen wir beim Beten ein Vertrauen in Gott, der alles vermag.
Wie sollen wir beten? Mit allem Gebet, d. h. regelmässig und mit Flehen. Das ist ein spezielles Rufen zu Gott in einer Notlage. Weiter sollen wir wachsam und mit Ausharren beten.
Wofür sollen wir denn beten? Einmal für alle Erlösten. Da ist keiner ausgeschlossen. Wie vielfältig sind doch die Bedürfnisse der Glaubenden! So wie die Epheser aufgefordert werden, für den Apostel zu beten, dürfen wir für Mitarbeiter im Werk des Herrn vor Gott einstehen. Unsere Fürbitte umschliesst auch die Verkündigung der ganzen christlichen Wahrheit, insbesondere Gottes Gedanken über die Versammlung, damit noch viele Christen sie kennenlernen.
Paulus hält es nicht für nötig, über sich und seine persönlichen Umstände zu schreiben. Tychikus würde die Epheser darüber informieren. Der Apostel nennt ihn einen geliebten Bruder und einen treuen Diener im Herrn. Er gehörte zur Familie Gottes und war eifrig für seinen Meister tätig.
Frieden, Liebe und Glauben haben ihre Quelle in Gott, dem Vater, und im Herrn Jesus Christus. Frieden im Herzen ist ein Ruhen in der Liebe Gottes. Liebe entfaltet sich in den Beziehungen untereinander. Glauben prägt unser tägliches Leben mit Gott.
Einleitung
«Da er die Seinen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebte er sie bis ans Ende» (Johannes 13,1). Dieses Bibelwort fasst die Abschiedsworte des Herrn Jesus zusammen:
- Er wäscht seinen Jüngern die Füsse.
- Er spricht zu ihnen über das Haus des Vaters.
- Er zeigt ihnen, wie sie Frucht bringen können.
- Er stellt ihnen die Liebe seines Vaters vor.
- Er bittet den Vater um Bewahrung für die Gläubigen.
«Es ist vollbracht!» (Johannes 19,30). Jesus Christus lässt am Kreuz sein Leben, um das Werk zu vollbringen, das Ihm der Vater aufgetragen hat. Nach seiner Auferstehung steht Er in der Mitte seiner Jünger und spricht zu ihnen: «Friede euch!»
Buchtipp: Abschiedsworte des Herrn Jesus
Die Fusswaschung
Der Herr ist noch einmal mit seinen Jüngern zusammen. Während des Abendessens steht Er auf, um ihnen die Füsse zu waschen. Diese demütige Aufgabe ist eine Illustration des Dienstes, den Er jetzt im Himmel für die Seinen tut.
Wir leben in einer Welt, in der wir von der Sünde beschmutzt und im Glauben entmutigt werden. Damit wir dennoch Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn haben können, wäscht uns der Herr immer wieder die Füsse. Er reinigt uns vom Schmutz und befreit uns von dem, was uns niederdrücken will. Sein Beweggrund für diesen Dienst ist die Liebe (Vers 1). Das Mittel, das Er zu unserer Reinigung und Erfrischung benutzt, ist das Wasser des Wortes Gottes (Vers 5; Epheser 5,26).
Petrus macht in seiner Spontanität und in seiner Liebe zum Herrn drei Einwände, die der Herr benutzt, um uns über die Fusswaschung zu belehren:
- Die geistliche Bedeutung der Fusswaschung verstehen wir erst, seitdem Christus im Himmel und der Geist Gottes auf der Erde ist (Vers 7).
- Bei der Fusswaschung geht es um eine praktische, wiederholte Reinigung. Sie ist nötig, damit wir ein Teil mit Christus, d. h. Gemeinschaft mit Ihm haben können (Vers 8).
- Mit der Neugeburt sind wir bei unserer Bekehrung grundsätzlich gereinigt worden (Johannes 3,5; 1. Petrus 1,22.23). Durch diese einmalige Reinigung, die nicht wiederholt werden muss, haben wir neues Leben bekommen und haben dadurch Teil an Christus. In unserer Stellung vor Gott sind wir völlig rein (Vers 10).
Ich habe euch ein Beispiel gegeben
In den Versen 4-11 haben wir gesehen, was der Herr vom Himmel aus für uns tut: Er reinigt und erfrischt uns durch sein Wort. In den Versen 12-17 werden wir über das belehrt, was wir nach seinem Beispiel (Lehrer) und in seinem Auftrag (Herr) auf der Erde tun sollen: Wir sind schuldig einander die Füsse zu waschen. In Liebe und Demut sollen wir einander helfen, das wegzutun, was uns hindert, die Gemeinschaft mit Christus im Himmel zu geniessen. Vielleicht ist es unsere Aufgabe, einem Glaubenden behilflich zu sein, einen Fehltritt Gott gemäss in Ordnung zu bringen (Galater 6,1). Oder der Herr weist uns an, einem bedrückten Christen durch ein Bibelwort Mut zu machen, damit er seinen Glaubensblick wieder auf Christus richtet.
Wenn wir einander die Füsse waschen, gehorchen wir als Knechte unserem Herrn und handeln als Gesandte in seinem Auftrag. Dieser Dienst ist nicht einfach und erfordert eine demütige Herzenshaltung. Aber er bringt Segen und Freude, wenn wir ihn verwirklichen (Vers 17). Für einen Diener gibt es nichts Grösseres, als die Zustimmung seines Herrn zu besitzen.
Ab Vers 18 deckt der Herr Jesus den Verrat von Judas in drei Schritten auf. In einem ersten Schritt erklärt Er seinen Jüngern, dass etwas Schreckliches geschehen wird: Einer, der sich eine lange Zeit in der Nähe des Herrn aufgehalten hat, wird sich gegen Ihn wenden und sein Vertrauen entsetzlich missbrauchen (Vers 18). Der Sohn Gottes, der alles weiss, sagt es seinen Jüngern im Voraus, damit ihr Vertrauen zu Ihm nicht erschüttert wird.
Der Herr entlarvt den Verräter
Es schmerzt den Herrn zutiefst, dass Judas, der wie alle anderen Jünger seine Liebe und Gnade erfahren hat, Ihn verraten wird. In einem zweiten Schritt deckt Er nun die Sünde auf, die geschehen wird: Einer seiner Jünger wird Ihn durch Verrat an seine Feinde überliefern (Vers 21). Durch diese Mitteilung werden alle Jünger ins Licht Gottes gestellt, damit sie sich selbst fragen: Wie stehe ich zum Herrn Jesus?
Die elf anderen Jünger wissen nicht, wer der Verräter ist, denn Judas hat sich bis jetzt völlig unauffällig verhalten. Sie blicken einander an, doch die Antwort finden sie nicht bei sich. Nur der Sohn Gottes kann das Verborgene offenbaren. Johannes befindet sich ganz in seiner Nähe, weil er seine Liebe geniessen möchte. Darum ist er jetzt der geeignete Jünger, um Jesus zu fragen: «Herr, wer ist es?»
Nun offenbart der Herr in einem dritten Schritt den Verräter: Er gibt den eingetauchten Bissen Judas Iskariot. Mit dieser Entlarvung soll der Böse den vertrauten Kreis der Jünger verlassen. Das Gewissen von Judas ist bereits derart verhärtet, dass er nicht davor zurückschreckt, diesen Bissen vom Herrn anzunehmen. Sofort nimmt der Satan völlig von Judas Besitz, treibt ihn zu dieser schrecklichen Tat an und stürzt ihn ins Verderben.
Die anderen Jünger sind völlig überrascht und verstehen die Worte nicht, die der Herr an Judas richtet. Dieser weiss jedoch genau, was Jesus meint. Jetzt, wo er entlarvt ist, erträgt er die Gegenwart des Herrn nicht mehr. So geht er in die Nacht hinaus.
Du kannst mir jetzt nicht folgen
In Vers 31 spricht der Herr Jesus über seinen Tod am Kreuz. Dort wurden zwei Herrlichkeiten sichtbar:
- «Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht.» Als Jesus Christus am Kreuz sein Leben liess, zeigte sich am herrlichsten, wie vollkommen Er als Mensch war. Seine Liebe, sein Gehorsam, seine Hingabe wurden völlig ans Licht gestellt.
- «Gott ist verherrlicht in ihm.» Im Tod des Herrn Jesus zeigte sich am deutlichsten, wer Gott ist. Alle seine Wesenszüge wurden am Kreuz vollkommen dargestellt: seine Liebe, seine Heiligkeit, seine Gnade und seine Gerechtigkeit.
In Vers 32 finden wir die göttliche Antwort auf das grosse Werk, das Jesus Christus vollbracht hat: Gott hat Ihn sogleich verherrlicht, indem Er Ihm den Ehrenplatz zu seiner Rechten gegeben hat.
In den Versen 33-35 hinterlässt der Herr den Seinen ein Gebot: Sie sollen einander lieben. Die Liebe des Herrn Jesus zu seinen Jüngern, die Er ihnen in den drei Jahren auf der Erde erwiesen hat, ist das Modell ihrer Liebe zueinander. Diese gegenseitige Liebe der Glaubenden ist das Band, das sie zusammenhält, und ein Zeugnis von Christus in der Welt.
In den Versen 36-38 warnt der Herr seinen Jünger Petrus ausdrücklich vor den kommenden Stunden: Bevor der Hahn am nächsten Morgen krähen wird, wird Petrus seinen Meister dreimal verleugnen. Er kann dem Heiland jetzt nicht folgen, denn Jesus Christus wird am Kreuz ins Gericht Gottes kommen und der Macht Satans begegnen. Diesen Weg muss Er allein gehen.
Der Weg zum Vater
Der Herr Jesus konnte nicht bei seinen Jüngern bleiben. Darum stand ihnen eine grosse Veränderung bevor:
- Anstatt Ihn weiter mit den leiblichen Augen zu sehen, würden sie von nun an eine Glaubensbeziehung zu Ihm haben (Vers 1).
- Ihre Erwartung im Blick auf das irdische Reich würde sich nicht jetzt erfüllen. Stattdessen gab der Herr ihnen eine himmlische Hoffnung (Verse 2.3).
Das Haus des Vaters ist der ewige Wohnort Gottes. Dort befinden sich viele Wohnungen, denn nach dem göttlichen Vorsatz sollen die Erlösten der Gnadenzeit dort einmal ihr ewiges Zuhause haben. Um ihnen im Haus des Vaters einen Platz bereit zu machen, ging Jesus Christus nach vollbrachtem Werk als Mensch dorthin zurück. Bald wird Er wiederkommen und alle Glaubenden zu sich nehmen. Das ist der Kernpunkt der christlichen Hoffnung.
Der Sohn Gottes stand im Begriff, zum Vater zurückzukehren. Thomas dachte jedoch nicht an eine Person, sondern an einen physischen Ort. Seine Frage veranlasste den Herrn, weitere Erklärungen zu geben:
- Er ist der Weg zum Vater. Wer an Ihn glaubt, kommt schon jetzt in eine Beziehung zum Vater und wird in der Zukunft im Haus des Vaters wohnen.
- Jesus Christus ist auch die Wahrheit über den Vater, denn Er hat Ihn offenbart. Wer Ihn betrachtet, lernt den Vater kennen.
- Der Sohn Gottes ist das Leben (1. Johannes 5,20). Wer an Ihn glaubt, bekommt ewiges Leben. Dadurch besitzt er die Fähigkeit, Gemeinschaft mit dem Vater zu haben (Johannes 17,3).
Grössere Werke
Der Sohn Gottes ist Mensch geworden, um Gott, den Vater, zu offenbaren (Johannes 1,14.18). Darum können wir in Ihm den Vater erkennen. Doch es ist kein physisches Sehen, wie Philippus es wünschte, sondern ein Blick des Glaubens, der in Jesus Christus den Vater in allen seinen Eigenschaften erkennt. Das Auge des Glaubens sieht mehr als das leibliche Auge, denn es kann ins Herz des Vaters hineinblicken und dort seine Liebe und Gnade erkennen.
Der Mensch gewordene Sohn Gottes sagte mit Recht: «Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.» Denn zwischen dem Vater und dem Sohn besteht eine vollkommene Einheit und eine absolute Übereinstimmung, so dass der Sohn den Vater völlig offenbaren konnte. Er tat es durch seine Worte und seine Werke. Alles, was Er sagte und tat, zeigte den Vater in seiner Liebe, Gnade, Weisheit und Macht.
Die Verse 12-14 betrafen in erster Linie die Apostel, die nach der Rückkehr des Herrn Jesus zum Vater als seine Vertreter auf der Erde wirkten und zeugten. In seinem Auftrag taten sie Werke von gleicher Art wie Christus und Werke in grösserem Umfang als Er (Apostelgeschichte 3,7; 5,15). Dafür gab es einen Grund: Der Herr befand sich als Mensch beim Vater und war dort die Quelle dieser Wunderwerke (Markus 16,20).
Durch das Gebet zum Vater öffnete sich den Jüngern diese Quelle göttlicher Kraft. Wenn sie sich im Namen des Herrn Jesus, d. h. in der Würde seiner Person, an den Vater wandten, wurde der Sohn zum Segen der Glaubenden und zur Verherrlichung des Vaters tätig.
Liebe und Gehorsam
Nachdem der Herr den Blick der Jünger auf den himmlischen Segen in ihrer Beziehung zum Vater gerichtet hat, spricht Er jetzt ihre Verantwortung an. Sie sollen ihre Liebe zu Ihm durch Gehorsam zeigen.
Zu ihrer Unterstützung wird der Heilige Geist auf die Erde kommen. Er wird nicht nur für eine Zeit, sondern ewig bei ihnen sein. Aber die Welt wird den Geist Gottes nicht sehen, denn Er wird in den Glaubenden wohnen. – Genauso ist es geschehen, als der Heilige Geist am Pfingsttag auf die Erde kam, um in den einzelnen Erlösten und in der Versammlung zu wohnen. Sein Wirken in den Glaubenden bringt ihnen einen grossen Segen: Durch den Geist erfahren sie die Gegenwart des Herrn Jesus (Vers 18) und sehen Ihn als den verherrlichten Menschen im Himmel (Vers 19).
Ab Vers 21 lernen wir, dass der Genuss des christlichen Segens von unserem Gehorsam abhängt:
- Wenn wir die Gebote des Herrn aus dem Wort Gottes in unser Herz aufnehmen und aus Liebe zu Ihm tun, erfahren wir die besondere Liebe des Vaters und des Sohnes. Ausserdem öffnet uns Christus sein Herz und lässt uns mehr von seiner herrlichen Person erkennen.
- Wenn wir das Wort des Herrn halten, indem wir nicht nur seine konkreten Anweisungen befolgen, sondern auch nach seinen Mitteilungen in der Bibel leben, freuen wir uns an der Liebe des Vaters. Ausserdem haben wir Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn. Sie wohnen bei uns, weil wir in unserem Leben mit Ihnen übereinstimmen. Das ist ein Vorgeschmack des Segens, den wir im Haus des Vaters geniessen werden.
Der Heilige Geist als Sachwalter
In Vers 26 stellt der Herr zwei Aufgaben des Heiligen Geistes vor:
- Er wird die Jünger alles lehren, d. h. die ganze christliche Wahrheit erklären (1. Johannes 2,20).
- Der Geist wird sie an alles erinnern, was der Herr ihnen gesagt hat, damit sie von Ihm zeugen können.
In Vers 27 ist zuerst vom Frieden des Gewissens die Rede, den der Herr Jesus als Auferstandener den Seinen als Folge seines Erlösungswerks gebracht hat (Johannes 20,19). Darauf verspricht Er ihnen den Frieden des Herzens, den sie wie Er im Gehorsam zu Gott und in Gemeinschaft mit dem Vater erleben können.
In Vers 28 möchte der Herr das Interesse der Jünger für das wecken, was Ihn persönlich betrifft. Eine selbstlose Liebe freut sich darüber, dass Er bald seinen Leidensweg beenden und zum Vater zurückkehren wird. Ausserdem liegt in seinem Weggehen zum Vater der Schlüssel für den Segen der Glaubenden. Als Folge davon wird der Heilige Geist zu ihnen kommen.
Die grosse Auseinandersetzung zwischen dem Herrn Jesus und dem Satan stand kurz bevor. Am Kreuz würde der Feind seine ganze Macht gegen Christus aufbieten, aber in diesem reinen und sündlosen Menschen keinen Anknüpfungspunkt finden, um einen Sieg davonzutragen. Im Gegenteil! Durch sein Erlösungswerk am Kreuz besiegte der Herr den Teufel und befreite alle Glaubenden aus seiner Macht (Hebräer 2,14.15). Sein Tod war also nicht das Ergebnis der Macht Satans, sondern der höchste Beweis, dass Jesus Christus den Vater liebte und Ihm bis zum Äussersten gehorchte (Vers 31).
Frucht bringen
Mit einem Bild zeigt der Herr den Jüngern ihre Aufgabe während seiner Abwesenheit: Weil sie durch ihr Bekenntnis zu Ihm in einer Beziehung zu Ihm stehen, sollen sie in Verbindung mit Ihm für Gott Frucht bringen.
- Jesus Christus ist der wahre Weinstock. Durch sein Kommen auf die Erde trat Er an die Stelle Israels. Vorher hatte Gott bei diesem Volk Frucht gesucht, aber nur schlechte Beeren gefunden (Jesaja 5,1-7). Der Herr Jesus, der im Gegensatz zu Israel in seinem Leben ununterbrochen Frucht für Gott brachte, ist jetzt für seine Jünger die Quelle jeder Frucht.
- Der Vater ist der Weingärtner, der die Reben am Weinstock pflegt. Fruchtbringende Reben reinigt Er, damit sie mehr Frucht bringen. Reben ohne Frucht nimmt Er weg.
- Alle Menschen, die sich dem Herrn Jesus anschliessen und sich zu Ihm bekennen, sind Reben am Weinstock. Einige von ihnen bringen Frucht für Gott, weil sie eine echte Beziehung zu Christus haben und in täglicher Abhängigkeit von Ihm leben. Andere Reben bringen keine Frucht, weil ihr Bekenntnis zu Christus nicht echt ist. Irgendwann geht auch ihre äussere Beziehung zu Ihm zu Ende. Was bleibt, ist das Feuer des Gerichts.
Wenn wir in beständiger Abhängigkeit vom Herrn Jesus leben und das Wort Gottes seinen prägenden Einfluss auf uns hat, werden unsere Bitten mit Gott übereinstimmen, so dass Er sie erhören kann (Vers 7). Weil wir dadurch Jesus Christus nachahmen, wird der Vater verherrlicht und die Welt erkennen, dass wir Jünger des Herrn Jesus sind (Vers 8).
Bleibt in meiner Liebe!
Wie der Vater den Menschen Jesus Christus in seinem Leben auf der Erde geliebt hat, liebt der Herr jetzt seine Jünger. Doch der Genuss seiner Liebe hängt von unserem Gehorsam ab. Wenn wir seine Gebote halten, wie Er die Gebote seines Vaters gehalten hat, bleiben wir in seiner Liebe. Als gehorsamer Mensch hat Jesus in der Gemeinschaft mit seinem Vater eine tiefe Freude empfunden. Diese Freude erleben wir auch, wenn wir dem Herrn gehorchen und die Gemeinschaft mit Ihm suchen.
Auf dem Weg der Jüngerschaft sind wir nicht allein. Andere Christen folgen dem Herrn Jesus ebenfalls nach. Nun soll die gegenseitige Liebe die Gemeinschaft der Glaubenden kennzeichnen. Das Vorbild und der Massstab dafür ist die Liebe des Herrn zu seinen Jüngern. Drei Jahre lang hat Er für sie gesorgt und ihnen gedient. Doch den grössten Ausdruck seiner Liebe zu ihnen finden wir am Kreuz, als Er sein Leben für seine Freunde gelassen hat.
Gehorsame Jünger sind die Vertrauten des Herrn. Er nennt sie seine Freunde und teilt ihnen alles mit, was Er vom Vater gehört hat. Zwischen einem Knecht und einem Freund besteht ein gewaltiger Unterschied: Dem Knecht gibt man nur so viele Informationen, damit er den Auftrag erfüllen kann. Dem Freund hingegen öffnet man das Herz und teilt ihm alles mit.
Der Herr Jesus hat die Zwölf als seine Jünger auserwählt (Lukas 6,13). Nun sollen sie in seinem Werk tätig sein und Frucht bringen. Der Vater wird ihnen für diese Aufgabe alles Notwendige schenken, damit ihre Frucht bleibe.
Von der Welt gehasst
Es gibt zwei Gründe, warum die Welt die Jünger des Herrn Jesus hasst und anfeindet:
- Weil sie dem verachteten Jesus von Nazareth nachfolgen, der bis heute von der Welt abgelehnt wird.
- Weil es keine innere Übereinstimmung zwischen glaubenden Menschen und der Welt mehr gibt.
Wir brauchen uns also nicht zu wundern, wenn wir in unserem Bekenntnis für Jesus Christus von ungläubigen Menschen Widerstand und Ablehnung erfahren. Auch hier gilt der Grundsatz: «Ein Knecht ist nicht grösser als sein Herr.» Als Zeugen und Jünger des Herrn erfahren wir das Gleiche wie Er: Die meisten Menschen lehnen uns ab, nur einige nehmen das Wort Gottes an.
Die Verse 22-25 sprechen vom Zeugnis, das Jesus in der Welt abgelegt hat. Er kam in Gnade und offenbarte den Menschen durch Worte (Vers 22) und durch Werke (Vers 24) den Vater. Doch die Welt – insbesondere die ungläubigen Juden – lehnte die Gnade Gottes in Christus ab. Für ihre Sünde war sie nun ohne Entschuldigung, denn das Verhalten des Herrn Jesus gab keinen Anlass für ihren Hass. Ihre Feindschaft gegen den Gesandten des Vaters und damit gegen Gott selbst kam aus ihrem bösen Herzen hervor. Das Fazit ist klar: «Die ganze Welt liegt in dem Bösen» (1. Johannes 5,19).
Der Heilige Geist, der vom Vater gesandt auf die Erde gekommen ist, bestätigt den Jüngern, dass Jesus Christus, der von der Welt gehasst und getötet worden ist, im Himmel anerkannt wird. Das gibt ihnen Überzeugungskraft, Ihm nachzufolgen und von seinem Leben auf der Erde zu zeugen.
Der Heilige Geist überführt die Welt
In Kapitel 15 hat der Herr den Jüngern bereits den wahren Charakter der Welt gezeigt, um sie auf ihren Hass und Widerstand vorzubereiten. In Kapitel 16 setzt Er dieses Thema bis Vers 11 fort.
Besonders die religiösen Menschen, die damals durch die ungläubigen Juden repräsentiert wurden, widerstehen der Wahrheit. Sie wollen nicht wahrhaben, dass Gott, der Vater, sich in seinem Sohn Jesus Christus in Gnade offenbart hat. Warum? Weil dadurch ihre religiösen Aktivitäten und ihr geistlicher Hochmut verurteilt werden.
Als der Herr bei seinen Jüngern gewesen ist, hat Er sie vor der Feindschaft der Welt beschützt. Doch bald wird Er sie verlassen. Als Folge davon sind sie direkt mit dem Widerstand der Welt konfrontiert. Darauf sollen sie vorbereitet sein. Doch es ist für die Jünger nützlich, dass der Herr zum Vater zurückkehrt, damit der Geist als Sachwalter zu ihnen kommen kann. Seine Gegenwart ist den Jüngern eine Hilfe, die Welt richtig zu beurteilen. Das Kommen des Geistes Gottes beweist den Jüngern drei Punkte im Blick auf die Welt:
- Er überführt die Welt von Sünde. Sie hat nicht an den Sohn Gottes geglaubt, sondern Ihn und damit auch Gott, den Vater, abgelehnt. Das ist ihre grosse Sünde.
- Er überführt sie von Gerechtigkeit. Jesus Christus, der einzig Gerechte, befindet sich beim Vater. Von der Welt kann man keine Gerechtigkeit erwarten.
- Er überführt sie von Gericht. Als Fürst der Welt ist Satan am Kreuz besiegt worden. Als Folge davon steht auch die Welt unter dem Gerichtsurteil Gottes.
Der Geist leitet in die ganze Wahrheit
Weil die Jünger den Heiligen Geist noch nicht hatten, konnten sie noch nicht alles aufnehmen und verstehen, was Gott ihnen mitteilen wollte.
Als der Geist auf die Erde kam, machte Er die Apostel mit der ganzen Wahrheit bekannt, damit sie diese göttliche Mitteilung mit dem Herzen erfassen konnten. Die Wahrheit ist die Art und Weise, wie Gott alles betrachtet. Sie ist das, was Er von sich selbst und von seinen Gedanken offenbart hat. Die Apostel besassen also Kenntnis von der ganzen Wahrheit und schrieben sie durch den Geist Gottes inspiriert im Neuen Testament nieder.
Der Heilige Geist nimmt auf der Erde eine Stellung der Unterordnung ein. Er redet das, was Er vom Herrn Jesus im Himmel hört:
- Er verkündet das Kommende und richtet so unseren Blick nach vorn! Wir erfahren die göttlichen Pläne über die zukünftige Welt. Der Geist spricht über das Haus des Vaters und über die öffentliche Verherrlichung des Herrn mit den Seinen.
- Er verherrlicht Christus und lenkt so unseren Blick nach oben! Wir sehen Jesus im Himmel mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt. Der Geist stellt uns alles, was der Herr in seiner Person und in seiner jetzigen Stellung ist, gross vor unsere Herzen.
Der verherrlichte Christus ist der ewige Sohn Gottes. Darum gehört Ihm alles, was der Vater besitzt. Darum ist in «dem Meinen» indirekt auch die Herrlichkeit des Vaters und sein ewiger Ratschluss enthalten.
Ihr werdet mich sehen
Nun lenkt der Herr die Gedanken seiner Jünger auf die bevorstehenden Ereignisse:
- «Eine kleine Zeit, und ihr schaut mich nicht mehr.» Bald würde Jesus am Kreuz sterben und anschliessend in ein Grab gelegt werden. Damit war die Zeit, Ihn als Mensch auf der Erde zu sehen, vorbei (1. Johannes 1,1).
- «Wieder eine kleine Zeit, und ihr werdet mich sehen.» Christus ist nach drei Tagen auferstanden. Die Jünger haben Ihn als Auferstandenen gesehen, aber nur zeitweise. Sie mussten lernen, dass Er jetzt in einer anderen Beziehung zu ihnen stand. Somit ist mit diesem «Sehen» auch der Blick des Glaubens gemeint, der Christus verherrlicht im Himmel sieht (Hebräer 2,9).
Der Tod des Herrn Jesus war für die Jünger ein Grund zur Trauer, weil sie meinten, Ihn dadurch zu verlieren. Die ungläubigen Menschen hingegen freuten sich über seine Kreuzigung. Endlich war die Stimme der Wahrheit verstummt, die sie nicht hören wollten. Doch die Traurigkeit der Jünger verwandelte sich in Freude, als der Herr am Auferstehungstag in ihre Mitte trat (Johannes 20,20). Dieser Wechsel von Traurigkeit zu Freude wird an einem Beispiel deutlich gemacht: Der Geburtsvorgang ist kein Anlass zur Freude, sondern bereitet Schmerzen und Kummer. Wenn jedoch das Baby geboren ist, denkt die Mutter nicht mehr an die Strapazen, sondern freut sich über ihr Kind.
Als der Herr Jesus in den Himmel auffuhr, blieb die Freude der Jünger bestehen (Lukas 24,52). Sie standen jetzt in einer Glaubensbeziehung zu Ihm und sahen Ihn mit den Augen des Herzens.
Der Vater selbst hat euch lieb
Mit dem Ausdruck «an jenem Tag» ist die christliche Zeit gemeint, in der die Glaubenden freien Zugang zu Gott, dem Vater, haben. Im Namen des Herrn Jesus, d. h. in der Annehmlichkeit seiner Person und seines Werks, können sie ihre Bitten direkt an den Vater richten. Er wird diese Gebete im Namen des Herrn erhören, weil sie mit seinem Willen übereinstimmen.
Vor seinem Tod sprach Jesus Christus noch nicht offen vom Vater zu seinen Jüngern. Erst nach seiner Auferstehung teilte Er ihnen durch Maria Magdalene mit: «Ich fahre auf zu meinem Vater und eurem Vater und meinem Gott und eurem Gott» (Johannes 20,17). Mit dem Erlösungswerk war die Grundlage geschaffen, dass glaubende Menschen in eine persönliche Beziehung zu Gott als Vater kommen können. Weil sie nun seine Kinder sind, brauchen sie keinen Vermittler, sondern können sich direkt an den Vater wenden, der sie liebt.
In Vers 28 spricht der Herr über seinen Auftrag: In der Fülle der Zeit kam der Sohn Gottes als Mensch in die Welt, um den Vater zu offenbaren. Am Kreuz gab Er sein Leben zur Verherrlichung des Vaters, um dann als Mensch zu seinem Vater zurückzukehren.
Die «Stunde» in Vers 32 ist die Zeit, in der Jesus Christus litt und starb. Die Jünger verliessen Ihn, als es schwierig wurde (Markus 14,50). Aber der Vater blieb bei Ihm. Das war die Quelle seiner Kraft auf seinem schweren Weg nach Golgatha.
In Vers 33 ermutigt der Herr seine Jünger: Trotz äusserer Schwierigkeiten in der Welt können sie den inneren Frieden in der Gemeinschaft mit Ihm geniessen.
Ich habe Dich verherrlicht
In diesem Kapitel spricht der Sohn Gottes zu seinem Vater und bittet für seine Jünger. In den Versen 1-5 geht es um die Person und das Werk des Herrn Jesus. Gedanklich steht Er hinter dem Kreuz, d. h. Er betrachtet das Erlösungswerk als schon vollbracht.
Zuerst bittet Er um seine Verherrlichung als Mensch im Himmel, damit Er von diesem Platz aus den Vater verherrlichen kann. In der Zeit der Gnade möchte Er den Glaubenden vom Himmel her den Vater und dessen Liebe zu ihnen gross machen.
Als Sieger von Golgatha besitzt Jesus Christus die Vollmacht, über alle Menschen zu bestimmen. Zudem schenkt Er allen, die an Ihn glauben, ewiges Leben (Johannes 10,10). Dieses Leben befähigt sie, Gott als Vater zu kennen und sowohl mit Ihm als auch mit dem Sohn Gemeinschaft zu haben.
Vers 4 zeigt uns den zweifachen Grund, warum der Sohn Gottes als Mensch auf die Erde kam:
- Er offenbarte Gott, den Vater, und stellte alle seine Wesenszüge – seine Liebe, seine Heiligkeit usw. – völlig ans Licht. Dadurch verherrlichte Er Ihn.
- Er erfüllte den Auftrag des Vaters. Sein Gehorsam führte Ihn ans Kreuz, wo Er zur Ehre Gottes sein Leben liess und das Erlösungswerk vollbrachte.
Der Sohn Gottes besitzt von Ewigkeit her eine Herrlichkeit: Er wird vom Vater geliebt! Diese Herrlichkeit erbittet Er sich nun als Mensch. Warum? Weil Er sie im Haus des Vaters den Erlösten zeigen will (Vers 24). Glaubende Menschen sollen dort die ewige Liebe des Vaters zum Sohn bewundern und anbeten.
Bewahre sie in deinem Namen
Diese Verse betreffen zuerst die Jünger, aber in einem weiteren Sinn alle Glaubenden der Gnadenzeit.
Der Herr hat seinen Jüngern Gott als Vater offenbart (Vers 6). Sie haben erkannt, dass Jesus Christus der Sohn des Vaters ist und Mitteilungen vom Vater an sie gemacht hat. Im Gegensatz zu den Juden haben sie diese Worte angenommen und geglaubt (Verse 7.8).
Aus der zweiten Hälfte von Vers 6 lernen wir ausserdem folgende Wahrheit: Gott hat in seinem ewigen Ratschluss Menschen zu seinen Kindern auserwählt. Darum gehören sie Ihm. Als sie in der Zeit der Gnade zum Glauben an den Herrn Jesus gekommen sind, hat der Vater sie der Fürsorge des Sohnes übergeben.
Ab Vers 9 bittet der Herr für die Glaubenden, die Er in der Welt zurücklassen wird. Zuerst gibt Er zwei Gründe dafür an:
- «Sie sind dein.» Weil sie Kinder Gottes sind, hat der Vater ein grosses Interesse an ihnen.
- «Ich bin in ihnen verherrlicht.» Weil der Vater den Sohn liebt, ist es ganz in seinem Sinn, dass der Herr Jesus durch die Seinen verherrlicht wird.
Bis jetzt hat der Herr die Jünger vor den Angriffen Satans und der Welt beschützt. Nun bittet Er: «Heiliger Vater! Bewahre sie in deinem Namen.» Dieser Name drückt göttliche Liebe und göttliche Heiligkeit aus. Beides bewahrt die Glaubenden in der Welt.
In Vers 11 geht es um die Einheit der Apostel, die der Heilige Geist bewirkt hat. Sie haben durch Worte und Wunderwerke einmütig vom Herrn gezeugt.
Heilige sie durch die Wahrheit
In den Versen 14-19 spricht der Herr über das Verhältnis der Glaubenden zur Welt:
- Sie gehören nicht mehr zur Welt, weil der Herr Jesus sie aus diesem gottlosen System herausgenommen und sie in Beziehung zum Vater gebracht hat (Galater 1,4).
- Sie sind in der Welt, d. h. sie halten sich im Alltag unter ungläubigen Menschen auf, die ganz andere Ziele verfolgen als sie.
- Der Vater bewahrt sie vor dem Bösen, das sie umgibt. Sie müssen dem Einfluss der Welt nicht erliegen, weil Er ihre Herzen immer wieder auf seine Liebe richtet.
- Das Wort des Vaters zeigt den Glaubenden den wahren Charakter der Welt. Diese Wahrheit hilft ihnen, getrennt von der Welt zu leben.
- Der Herr sendet seine Jünger mit einem Auftrag in die Welt. Sie sollen von Ihm zeugen und den Menschen sagen: «Lasst euch versöhnen mit Gott!» (2. Kor 5,20).
- Jesus Christus hat sich für die Seinen geheiligt: Er ist in den Himmel zurückgekehrt, um dort für sie, die noch in der Welt sind, der Anziehungspunkt ihrer Herzen zu sein. Dadurch sondert Er sie von der Welt ab.
Vers 20 macht klar, dass der Herr nicht nur für die Apostel bittet, sondern auch an alle denkt, die durch das Wort der Apostel, d. h. durch das inspirierte Wort Gottes, an Ihn glauben. Sie bilden gemeinsam die Familie Gottes, denn sie alle kennen Gott als ihren Vater. Diese Einheit zeugt, wenn sie sichtbar wird, vom Sohn Gottes, dem Gesandten des Vaters. Durch Ihn streckt Gott den Menschen die Hand der Versöhnung hin. Wer an Ihn glaubt, wird gerettet.
Zukünftige Herrlichkeiten
In den Versen 22-24 geht es um die Zukunft der Erlösten der Gnadenzeit. Sie teilt sich in zwei Bereiche ein:
- So wie der Vater den Herrn Jesus in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen hat, so werden auch die Glaubenden im Himmel verherrlicht. Das ist nötig, damit sie mit Ihm vor der Welt erscheinen und seine Herrlichkeit zeigen können (2. Thessalonicher 1,10). Dann wird ihre Einheit sichtbar werden, weil sie alle den Herrn begleiten werden. Ausserdem wird die Welt an diesem zukünftigen Tag erkennen, dass der Vater einst den Sohn auf die Erde gesandt hat und dass Er die Glaubenden der Gnadenzeit so liebt, wie Er den Menschen Jesus Christus geliebt hat. Das ist der öffentliche Bereich unserer Zukunft.
- Wenn der Herr zur Entrückung kommt, werden die Erlösten ins Haus des Vaters eingehen, wohin Er ihnen vorausgegangen ist (Johannes 14,2.3). Dort werden sie seine Herrlichkeit sehen. Voll Bewunderung werden sie im Mensch gewordenen Sohn Gottes erkennen, wie Er von Ewigkeit her vom Vater geliebt ist. Das ist der verborgene Bereich unserer Zukunft.
Der gerechte Vater unterscheidet zwischen der Welt, die Ihn in seinem Sohn nicht erkannt hat, und den Glaubenden, die an den Sohn Gottes geglaubt haben und dadurch in eine Beziehung zum Vater gekommen sind. Durch den Herrn Jesus haben sie Ihn und seine Liebe zum Sohn kennen gelernt. Zwei Tatsachen machen jetzt und in der Ewigkeit ihre Herzen glücklich: die Liebe des Vaters zum Sohn und das, was Jesus Christus in seiner herrlichen Person ist.
Wen sucht ihr?
Im Johannes-Evangelium zeigt uns der Geist Gottes die Kreuzigung des Herrn Jesus aus einem besonderen Blickwinkel: Er lässt die Herrlichkeit des Sohnes Gottes vor dem Hintergrund des Versagens und der Bosheit der Menschen hervorstrahlen. Deshalb wird weder sein Gebet in Gethsemane noch sein Leiden im Verlassensein von Gott erwähnt.
Jesus geht mit seinen Jüngern in den Garten Gethsemane. Es ist der Ort der Zurückgezogenheit, der Gemeinschaft und der Privatsphäre. Gerade dort will Judas seinen Meister an die Feinde verraten. Welche Herzenshärte!
Der Sohn Gottes, der alles im Voraus weiss und alles in seiner Hand hält, kommt seinen Häschern zuvor. Er tritt ihnen mit der Frage entgegen: «Wen sucht ihr?» Sein göttliches «Ich bin» wirft sie zu Boden. Damit wird völlig klar, dass keiner Ihn gefangen nehmen kann, wenn Er nicht freiwillig dazu bereit ist.
Weil seine Stunde gekommen ist, am Kreuz das Opfer zu bringen, geht Er nicht weg, sondern fragt zum zweiten Mal: «Wen sucht ihr?» Schützend stellt Er sich als der gute Hirte vor seine Schafe und erklärt: «Wenn ihr nun mich sucht, so lasst diese gehen.»
Als Petrus sein Schwert zieht und Malchus das rechte Ohr abschlägt, muss der Herr ihn zurechtweisen. Der Sohn ist bereit, seinem Vater zu gehorchen und den Kelch der Leiden zu trinken. Darum nimmt Er alles, was die Menschen Ihm antun, aus der Hand Gottes an. Das ist das Geheimnis seiner Ruhe während der Verhaftung, der Gerichtsverhandlungen und der Kreuzigung.
Jesus vor dem Hohenpriester Annas
Am Kreuz musste der Heiland nach göttlichem Plan für Sünder sterben. Auf dem Weg dorthin unterwarf Er sich den Menschen, die in ihrer Feindschaft nur dazu beitrugen, diesen Ratschluss zu erfüllen. Darum liess Er sich binden und gestattete seinen Feinden, Ihn zum Hohenpriester zu führen.
Welche Unordnung herrschte damals im Judentum! Es gab mehrere Hohepriester, die vermutlich abwechslungsweise ihr Amt verrichteten (Lukas 3,2; Apostelgeschichte 4,6). Annas war einer von ihnen. Er scheint ein einflussreicher Mann gewesen zu sein. Bei ihm fand die erste inoffizielle Gerichtssitzung statt. Kajaphas, der amtierende Hohepriester, hatte schon früher den Tod des Herrn Jesus vorgeschlagen (Johannes 11,49-52). Das Urteil stand also schon vor dem Verhör des Gefangenen fest.
Johannes, der Schreiber des Evangeliums, war der andere Jünger, der Petrus in den Hof des Hohenpriesters führte. Er erwies ihm damit keinen guten Dienst, denn er brachte seinen Mitjünger an einen Ort, wo er besonderen Versuchungen ausgesetzt war. Der Aufenthalt dort stellte für Johannes selbst keinen Stolperstein dar, brachte aber seinen Freund zu Fall.
Petrus wurde schon an der Tür über seine Beziehung zu Jesus Christus angesprochen. Wenn er sich zu seinem Herrn bekannt hätte, wäre er vielleicht gar nicht hineingekommen. Doch er verleugnete Ihn vor einer Magd. Weil es kalt war, wärmte sich Petrus mit den Dienern am Kohlenfeuer der Welt. Wie sollte er dort die Kraft haben, sich auf die Seite des Herrn Jesus zu stellen?
Das Verhör des Hohenpriesters
Der Hohepriester Annas fragt Jesus nach seiner Lehre und seinen Jüngern, um in der Antwort einen Grund zur Verurteilung zu finden. Aber der Herr anerkennt ihn nicht als Hohenpriester und gibt ihm hier keine Gelegenheit, seine Aussagen zu benutzen, um Ihn schuldig zu sprechen. Da schlägt Ihn ein Diener ins Gesicht. Dieser Schlag ist
- gesetzwidrig, weil der Angeklagte nicht verurteilt ist,
- ungerecht, weil Jesus keine Schuld trifft,
- unverschämt, weil dieser Mann eigenmächtig handelt,
- feige, weil der Heiland gebunden ist.
Noch schlimmer ist jedoch, dass der Hohepriester diese gewalttätige Handlung einfach durchgehen lässt. Geduldig erträgt der Herr Jesus diese Misshandlung (Jesaja 50,6). Gleichzeitig hält Er dem, der Ihn geschlagen hat, seine Ungerechtigkeit vor. Mit welcher Würde und ruhiger Überlegenheit steht der Sohn Gottes vor seinen Anklägern!
In den Versen 25-27 wird Petrus noch zweimal auf seine Beziehung zu Jesus Christus angesprochen. Dass ihn gerade ein Verwandter von Malchus danach fragt, ist ein Meisterstück des Feindes. Wie kann sich Petrus vor diesem Mann zum Herrn Jesus bekennen? Er hat keine Kraft dazu, obwohl er seinen Meister aufrichtig liebt.
Wenn Gott uns in seinem Wort die Sünden der Glaubenden mitteilt, will Er uns zeigen, wozu auch wir fähig sind. Wir sollen von Petrus lernen, uns nicht zu überschätzen, sondern demütig in der Nähe des Herrn zu bleiben. Er kann uns vor einem Fehltritt bewahren.
Jesus vor Pilatus
Für den Hohen Rat der Juden (Synedrium) steht das Urteil fest: Jesus Christus muss sterben. Doch sie dürfen Ihn nicht selbst hinrichten, weil sie unter der römischen Besatzungsmacht stehen. Deshalb führen sie Ihn zu Pilatus und fordern von ihm das Todesurteil.
Obwohl sie im Begriff stehen, den Sohn Gottes zu töten und damit die grösste Sünde zu begehen, wollen sie nicht zu Pilatus hineingehen, um sich äusserlich nicht zu verunreinigen. Welche Heuchelei! Weil sie keinen richtigen Anklagegrund vorbringen können, behaupten sie einfach, Jesus sei ein Übeltäter, der die Todesstrafe verdiene. Welche Ungerechtigkeit!
Als Pilatus fragt: «Bist du der König der Juden?», prüft ihn der Herr mit einer Gegenfrage: Will der römische Richter wirklich die Wahrheit wissen? Erst auf die zweite Frage: «Was hast du getan?», legt Jesus Christus das gute Bekenntnis vor Pilatus ab:
- Er ist ein König, aber sein Reich ist himmlisch und deshalb nur für den Glauben eine Realität.
- Als der Mensch gewordene Sohn Gottes zeugt Er auf der Erde von der Wahrheit.
Der römische Richter will sich nicht öffentlich auf die Seite der Wahrheit stellen. Darum sucht er einen anderen Weg, um den unschuldigen Angeklagten freizubekommen. Zuerst benutzt er die Gewohnheit, am Passah einen Gefangenen freizugeben. Er lässt die Juden zwischen Jesus, dem Reinen und Sündlosen, und Barabbas, einem Mörder und Räuber, wählen. Es ist eine Wahl zwischen Gut und Böse, zwischen Licht und Finsternis. Sie entscheiden sich für den Bösen und die Finsternis.
Siehe, der Mensch!
Weil der erste Versuch, Jesus freizulassen, gescheitert ist, schlägt Pilatus nun einen anderen Weg ein. Er überlässt den Angeklagten seinen Soldaten, die Ihn grausam behandeln und mit beissendem Spott verletzen. Es erfüllt sich Jesaja 52,14: «Wie sich viele über dich entsetzt haben – so entstellt war sein Aussehen, mehr als irgendeines Mannes, und seine Gestalt, mehr als der Menschenkinder.» In diesem Zustand stellt der Richter den Herrn Jesus vor das Volk.
«Siehe, der Mensch!» Vor den Juden steht der wahre, sündlose Mensch Jesus Christus, der die Leiden zutiefst empfindet. Wie hat Ihn die Geisselung und der Hohn der römischen Soldaten geschmerzt! Wie leidet Er in seiner Seele, als Ihm von der jüdischen Volksmenge nur Hass und Ablehnung entgegenschlägt!
Vermutlich hofft Pilatus, dass der Anblick des misshandelten Angeklagten das Mitleid der Zuschauer erregt und sie sich mit der Strafe der Geisselung begnügen. Vielleicht erwartet er auch, dass die Juden über diese Behandlung eines ihrer Volksgenossen empört reagieren und seine Freilassung fordern. Doch seine Rechnung geht nicht auf. Die Führer des Volkes Israel sind gegenüber dem leidenden Christus völlig erbarmungslos. In ihrem Hass wollen sie unter keinen Umständen, dass Er freikommt.
Obwohl der Richter dreimal die Unschuld des Herrn Jesus vor den Juden bezeugt hat (Johannes 18,38; 19,4.6), verlangen sie seinen Tod. Sie begründen ihre Forderung mit der Tatsache, dass Er sich selbst als Sohn Gottes bezeichnet.
Kreuzige Ihn!
Auf die neugierige Frage des Richters: «Woher bist du?», gibt der Herr Jesus keine Antwort. Nie befriedigt Er die Neugier, beantwortet jedoch immer den Glauben. Pilatus ist in seinem Stolz gekränkt. So stellt er dem Angeklagten seine Macht vor, Ihn zum Tod verurteilen oder freilassen zu können. Da erinnert ihn Jesus an die höchste Autorität: Nur wenn Gott es will, kann der Mensch etwas gegen Christus tun. Nach dem göttlichen Plan muss der Heiland am Kreuz von Golgatha sterben. Darum besitzt Pilatus die Gewalt, Ihn zu verurteilen.
Obwohl Judas, die Juden, Herodes und Pilatus nur das tun können, was nach Gottes Ratschluss vorgesehen ist, sind sie für das Böse, das sie Jesus Christus zufügen, voll verantwortlich. Das Mass der Schuld ist aber nicht für alle gleich. Je besser jemand den Heiland kennt, umso grösser ist seine Verantwortung.
In Vers 12 versucht Pilatus nochmals den Angeklagten freizulassen. Doch die Juden stellen ihm die möglichen Folgen einer solchen Entscheidung vor: «Wenn du diesen freilässt, bist du kein Freund des Kaisers.» So setzen sie den römischen Richter unter Druck, damit er endlich nach ihrem Willen entscheidet.
Auf die spöttische Frage des Richters: «Euren König soll ich kreuzigen?», sagen sich die Juden öffentlich vom Messias los. Da sich ein Aufruhr unter den Juden anbahnt, gibt Pilatus aus Menschenfurcht seinen Widerstand gegen die ungerechte Anklage auf. Er entscheidet nicht nach der Wahrheit, sondern durch politische Erwägungen. So macht auch er sich am Tod des Sohnes Gottes schuldig.
Jesus geht nach Golgatha
In diesem Evangelium ist Jesus Christus der Handelnde:
- Im Garten Gethsemane geht Er seinen Häschern entgegen (Johannes 18,4).
- Später tritt Er mit einer Dornenkrone gekrönt vor die Juden (Vers 5).
- Nun trägt Er sein Kreuz nach Golgatha hinaus (Vers 17).
Es werden noch zwei andere mit Ihm gekreuzigt. Aber Jesus hängt in der Mitte. Er ist sowohl der Mittelpunkt der menschlichen Verachtung als auch das Zentrum der göttlichen Ratschlüsse. Am Kreuz lässt Er sein Leben zur Verherrlichung Gottes, damit alle seine Pläne erfüllt werden.
Pilatus lässt über dem Kreuz eine Aufschrift anbringen, weil er die Juden ärgern will. Gott benutzt sie, um ein klares Zeugnis über seinen Sohn abzulegen: Jesus ist der verachtete Nazaräer und gleichzeitig der verheissene Messias. Viele lesen diesen Text, denn er ist in den wichtigsten Sprachen der damaligen Zeit verfasst.
Welche Erniedrigung für den Herrn Jesus, dass die Soldaten noch zu seinen Lebzeiten über seine Kleider verfügen! Sie fallen über das wenige her, was Er als Mensch auf der Erde besitzt. Dadurch erfüllen sie – ohne es zu wissen – eine Prophezeiung des Alten Testaments. Das Untergewand, das ohne Naht ist, spricht symbolisch von seinem Verhalten vor den Menschen. Er hat sich jederzeit und in jeder Situation untadelig benommen. Seine Lebensführung ist aus einem Guss gewesen, alles hat miteinander übereingestimmt.
Es ist vollbracht!
Die Hingabe der gläubigen Frauen zeigt sich in einer beharrlichen Liebe zu Jesus Christus. Deshalb stehen sie jetzt bei seinem Kreuz.
Bevor der Heiland stirbt, sorgt Er noch für seine Mutter, die vermutlich Witwe geworden ist. Johannes, der sich gern in der Nähe seines Meisters aufgehalten hat, ist geeignet, Maria aufzunehmen und sich um sie zu kümmern. Jesus spricht zu ihr: «Siehe, dein Sohn.» Seinem Jünger erklärt Er: «Siehe, deine Mutter.» Damit stellt Er die beiden in eine familiäre Beziehung zueinander. Es bewegt unser Herz, dass der Herr in seinen schweren Stunden am Kreuz an die Sorgen seiner Mutter denkt und ihr seine menschliche Zuneigung zeigt.
«Mich dürstet!» Diese kurze Aussage lässt uns einerseits ein wenig erahnen, wie der Heiland am Kreuz physisch Durst gelitten hat. Anderseits spricht dieser Durst von seinem Verlangen nach der Errettung sündiger Menschen – als Frucht seiner Leiden und seines Todes.
«Es ist vollbracht!» Das kann nur Gott sagen. Kein Diener des Herrn erfüllt alles, was Gott ihm aufträgt. Nur der Sohn Gottes hat den Auftrag seines Vaters vollständig ausgeführt. Er hat das grosse Erlösungswerk vollbracht. Welche Heilssicherheit gibt dieser Ausspruch des Heilands jedem Glaubenden!
«Er neigte das Haupt und übergab den Geist.» Das ist eine göttliche Handlung, denn kein Mensch kann das tun. Der Mensch gewordene Sohn Gottes lässt sein Leben in göttlicher Kraft (Johannes 10,18). Das gehört zu seinem Werk, das Er zur Verherrlichung seines Vaters und zu unserer Errettung erfüllen muss.
Blut und Wasser
Nochmals zeigt sich die Scheinheiligkeit der Juden. Sie wollen nicht gegen das Gesetz verstossen (5. Mose 21,23). Deshalb bitten sie Pilatus, noch am gleichen Tag die Körper vom Kreuz zu nehmen.
Um den Tod herbeizuführen, brechen die Soldaten den beiden gekreuzigten Verbrechern die Beine. Jesus ist schon gestorben – aber nicht an den Folgen der Kreuzigung. Er hat sein Leben selbst gelassen. Da durchbohrt ein Soldat seine Seite mit einem Speer, um ganz sicher zu sein, dass Er tot ist. Das ist die letzte böse Tat, die sündige Menschen dem Heiland antun. Gleichzeitig erfüllen sich dadurch zwei Aussagen des Alten Testaments (Verse 36.37).
Aus der Seite des Erlösers kommt Blut und Wasser heraus. Damit wird nicht nur sein Tod bestätigt, sondern auch die Auswirkungen seines Sterbens gezeigt. Der Herr Jesus ist nicht als Märtyrer gestorben. Nein, sein Tod ist ein Opfer mit herrlichen Ergebnissen:
- Sein Blut hat vor Gott Sühnung getan. Jesus Christus hat durch seinen Tod am Kreuz Gott im Blick auf die Sünde vollkommen verherrlicht. Er hat auch unsere Sünden gesühnt (1. Johannes 2,2; 4,10).
- Das Wasser zeigt uns, dass der Tod des Herrn Jesus die Grundlage der Neugeburt bildet. Gott bewirkt dieses einmalige Werk der Reinigung in jedem, der an den Erlöser glaubt (Johannes 3,5).
Johannes hat die Handlung des Soldaten miterlebt. Darum kann er sie als Augenzeuge bestätigen. Ausserdem weiss er, welche geistliche Bedeutung das Blut und das Wasser haben (1. Johannes 5,6).
Jesus wird begraben
Gott hat zwei gläubige Männer bereit, die in der Lage sind, seinem Sohn ein würdiges Begräbnis zu machen:
- Joseph von Arimathia ist ein reicher Mann und ein angesehener Ratsherr. Er bittet den römischen Statthalter, dass er den Körper des Herrn Jesus vom Kreuz abnehmen und begraben dürfe. Damit bekennt er, der bis jetzt aus Furcht vor den Juden ein verborgener Jünger gewesen ist, sich offen zum verachteten Nazaräer. Er legt den Herrn in eine neue Gruft und erweist Ihm dadurch eine besondere Ehre.
- Nikodemus ist einst in der Nacht zu Jesus gekommen und ist von Ihm über die Neugeburt belehrt worden (Johannes 3,1-21). Später ist er ein wenig für Christus eingetreten (Johannes 7,50). Doch jetzt stellt er sich öffentlich auf seine Seite und beweist Ihm seine Wertschätzung. Er bringt eine wertvolle Salbenmischung mit, um den Körper des Gestorbenen einzubalsamieren.
Bei der Grablegung des Herrn Jesus erfüllten sich zwei Worte aus dem Alten Testament:
- «Man hat sein Grab bei Gottlosen bestimmt; aber bei einem Reichen ist er gewesen in seinem Tod» (Jesaja 53,9). Die Römer hätten Jesus im Massengrab der anderen Gekreuzigten beigesetzt. Aber Gott sorgte dafür, dass Er bei einem reichen Mann würdig begraben wurde.
- «Meine Seele wirst du dem Scheol nicht überlassen, wirst nicht zugeben, dass dein Frommer die Verwesung sehe» (Psalm 16,10). Der Herr sah die Verwesung nicht, denn Er kam in ein Grab, in dem noch nie jemand gelegen hatte. Zudem ist Er nach drei Tagen auferstanden.
Das leere Grab
Jesus Christus ist am ersten Tag der Woche, d. h. am Sonntag, auferstanden. Damit wird ein markanter Wechsel angedeutet. Die Juden hielten den Sabbat. Dieser Tag steht für den Grundsatz des Gesetzes: Der Mensch muss zuerst wirken, damit er Gottes Segen bekommt. Für die Christen ist der Sonntag der besondere Tag. Sie leben nach dem Grundsatz der Gnade: Gott schenkt ihnen zuerst Segen, damit sie für Ihn wirken können.
Aus Markus 16,2 wissen wir, dass Maria Magdalene mit anderen Frauen zum Grab ging, um den Körper des Herrn Jesus zu salben. Hier wird nur sie erwähnt, weil der Geist Gottes ihre besondere Liebe zum Heiland zeigen möchte. Sie kam als Erste zur Gruft, weil es sie mit allen Fasern ihres Herzens zu Christus zog. Als sie sah, dass das Grab offen stand, meinte sie, jemand habe ihren Herrn weggenommen. Sofort musste sie Petrus und Johannes erzählen, dass der Stein von der Gruft weggewälzt sei. Da liefen die beiden Jünger zum Grab ihres Meisters:
- Johannes war schneller, weil ihn die Liebe des Heilands zog (Hohelied 1,4).
- Petrus lief langsamer. Er hatte seinen Herrn verleugnet. Das belastete sein Gewissen.
Das leere Grab und die ordentlich zusammengelegten Tücher bezeugten, dass Jesus Christus in würdiger Ruhe auferstanden war. Johannes sah die Beweise der Auferstehung und glaubte verstandesmässig. Doch dieser Glaube wirkte sich nicht auf sein Herz und sein Leben aus. Er ging wieder heim, weil er nicht erfasste, was die Auferstehung des Herrn Jesus für ihn bedeutete.
Der Herr begegnet Maria Magdalene
Maria Magdalene fehlt das Verständnis für die Auferstehung ihres Herrn. Aber sie liebt Ihn und kann nicht ohne Ihn leben. Darum bleibt sie beim Grab und weint. Auf einmal sieht sie zwei Engel in der Gruft sitzen, die sie fragen: «Frau, warum weinst du?» Ihre Antwort ist kurz und klar: «Weil sie meinen Herrn weggenommen haben.» Diese Worte offenbaren sowohl ihre Not als auch ihre Hingabe an Ihn.
Dann wendet sie sich zurück, d. h. sie dreht nur leicht ihren Kopf. Darum erkennt sie Jesus noch nicht, als Er plötzlich vor ihr steht. Der Heiland stellt ihr zwei Fragen: «Frau, warum weinst du? Wen suchst du?» Damit unterscheidet Er sich von den Engeln. Die himmlischen Geschöpfe können nur ihre Tränen sehen. Aber der Sohn Gottes sieht in ihr Herz und weiss, dass sie ihren Herrn sucht. Maria antwortet: «Herr, wenn du ihn weggetragen hast, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast, und ich werde ihn wegholen.» Diese Worte offenbaren nicht nur ihre mangelnde Erkenntnis, sondern zeigen auch, was der Herr Jesus für sie bedeutet.
Nun nennt der gute Hirte sein Schaf beim Namen: «Maria!» Da erkennt sie seine Stimme und wendet sich um. Sie muss innerlich voll umdenken, denn sie hat ihren Herrn nicht unter den Lebenden, sondern unter den Toten gesucht.
Vers 17 spricht von den neuen Beziehungen, in denen die Glaubenden nun auf der Grundlage des Erlösungswerks stehen: Der Herr nennt sie seine Brüder, weil sie zur Familie Gottes gehören. Darum ist sein Vater auch ihr Vater und sein Gott auch ihr Gott.
Jesus steht in der Mitte der Jünger
Diese Begegnung des Herrn Jesus mit seinen Jüngern am Auferstehungstag lässt sich gut auf das Zusammenkommen als Versammlung anwenden:
- Das Zusammentreffen fand am ersten Tag der Woche statt. – An diesem Tag versammeln wir uns, um das Brot zu brechen und an unseren Erlöser zu denken (Apostelgeschichte 20,7).
- Die Jünger hatten die Tür aus Furcht vor den Juden verschlossen. – Genauso ist heute die Absonderung von der religiösen Welt eine Voraussetzung, damit wir im Namen des Herrn Jesus zusammenkommen können.
- Jesus kam und stand in der Mitte der Jünger. – Wenn wir in seinem Namen versammelt sind, ist Er in unserer Mitte gegenwärtig (Matthäus 18,20).
- Nach dem Gruss «Friede euch!» zeigte der Herr ihnen seine Hände und seine Seite. – In der Zusammenkunft zum Brotbrechen denken wir an seine Leiden, an seinen Tod und an die Ergebnisse seines Erlösungswerks.
- Jesus sandte seine Jünger in die Welt, damit sie von Ihm zeugten. – Auch wir haben den Auftrag, nachdem wir Segen und Frieden in der Gegenwart des Herrn Jesus genossen haben, in die Welt hinauszugehen, um den Menschen von Ihm zu erzählen.
- Der Herr hauchte in die Jünger und sprach: «Empfangt den Heiligen Geist!» – Auf uns übertragen bedeutet dies, dass in den Versammlungsstunden alles unter der Leitung des Geistes Gottes stehen soll.
- Vers 23 deutet die Autorität der örtlichen Versammlung an, in die Gemeinschaft am Tisch des Herrn aufzunehmen oder davon auszuschliessen (Matthäus 18,18).
Mein Herr und mein Gott!
Thomas ist nicht dabei gewesen, als Jesus Christus am Auferstehungstag den Seinen erschienen ist. Die Jünger erzählen ihm nachher, dass sie den Herrn gesehen haben. Seine negative Reaktion auf diese Mitteilung lässt uns vermuten, dass er ohne stichhaltigen Grund weggeblieben ist. Deshalb fasst er den Hinweis seiner Mitjünger als Ermahnung auf und beteuert seinen Unglauben.
Trotz seiner ungläubigen Worte ist Thomas eine Woche später anwesend, als Jesus Christus den Seinen wieder erscheint. Der Herr spricht ihn direkt an und fordert ihn auf: «Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite.» Dadurch wird nicht nur sein Kleinglaube beseitigt. Er bekommt auch einen tiefen Eindruck davon, dass der Heiland für ihn persönlich gelitten hat und Gott ihm trotz seines Kleinglaubens die Ergebnisse des Erlösungswerks anrechnet.
Thomas bekennt Jesus als seinen Herrn, dem er von jetzt an glauben und gehorchen will. Er bezeugt Ihn auch als seinen Gott, mit dem er in praktischer Gemeinschaft zu leben wünscht. – Prophetisch spricht Thomas von den Gläubigen des Volkes Israel in der Zukunft. Sie werden erst glauben, wenn Jesus Christus sichtbar kommen und ihnen seine Wundmale zeigen wird. Dann werden sie Ihn als ihren Herrn und ihren Gott anerkennen (Offenbarung 1,7).
Die Verse 30 und 31 geben den doppelten Grund an, warum Johannes sein Evangelium geschrieben hat. Erstens sollen wir dadurch an den Sohn Gottes glauben und zweitens durch diesen Glauben ewiges Leben bekommen.
Der Fischfang
Dieser Abschnitt hat einerseits eine prophetische Bedeutung: Im Tausendjährigen Reich werden auch Menschen aus den Nationen einen Platz haben. Durch den Dienst der gläubigen Juden – dargestellt durch den Fischfang – werden sie zum Glauben an Gott kommen und als Folge davon ins Reich eingehen.
Anderseits enthält diese Geschichte manche Belehrung und Ermutigung für unser Glaubensleben.
Sieben Jünger fahren zum Fischen hinaus. Petrus ergreift die Initiative, die anderen folgen ihm. In jener Nacht fangen sie nichts. Ihr Einsatz bleibt ohne Ergebnis. Ist es nicht entmutigend, wenn die berufliche Arbeit oder der Dienst im Evangelium erfolglos sind?
Schon steht Jesus am Ufer. Seine Anwesenheit verändert die Situation. Sie hören seine Hirtenstimme, gehorchen seinem Wort und machen einen grossen Fischfang. Da erklärt Johannes: «Es ist der Herr.» Er erkennt nicht nur seinen Meister, sondern schreibt Ihm auch den Erfolg zu. Petrus kleidet sich an und springt in den See. Diese beiden Handlungen bezeugen seine Ehrfurcht vor dem Herrn und seinen Wunsch, möglichst schnell bei Ihm zu sein.
An Land ist ein Kohlenfeuer angelegt. Fisch und Brot liegen darauf. Das ist eine schöne Illustration von dem, was die Glaubenden beim Herrn Jesus vorfinden: Wärme, Geborgenheit und Nahrung! Der Herr fordert seine Jünger auf: «Kommt her, frühstückt!» Er hat Nahrung für die Seinen bereit: Brot und Fisch! Das Brot spricht von der Lebenskraft und der Fisch von der Lebensfreude, die Er ihnen durch sein Wort geben möchte.
Petrus wird öffentlich wiederhergestellt
Petrus hat seinen Herrn verleugnet. Der liebevolle Blick von Jesus Christus hat ihn sofort zur Einsicht und Buße seiner Sünde geführt. Nach der Auferstehung ist ihm der Herr persönlich begegnet (Lukas 24,34). Das Verhalten von Petrus vor und nach diesem Gespräch lässt erkennen, dass der Heiland ihm da vergeben hat. Nun muss er noch lernen, dass Selbstvertrauen und fehlende Demut die Ursache seines Falls gewesen sind. Der Herr will ihn davon reinigen (1. Johannes 1,9).
In seiner Gnade stellt Er seinen Jünger öffentlich wieder her und vertraut ihm seine Herde an. Er geht in drei Schritten vor:
- «Liebst du mich mehr als diese?» Damit demütigt der Herr ihn vor seinen Mitjüngern. Petrus nimmt diese Demütigung an, bestätigt aber seine Liebe: «Ja, Herr, du weisst, dass ich dich lieb habe.» Darauf erklärt der gute Hirte: «Weide meine Lämmer!»
- «Liebst du mich?» Jetzt prüft der Herr die Qualität seiner Liebe. Er fragt gleichsam: Ist deine Liebe echt? Petrus beugt sich mit beschämtem Herzen unter diese zweite Frage und erwidert: «Ja, Herr, du weisst, dass ich dich lieb habe.» Nun gibt ihm Christus den Auftrag: «Hüte meine Schafe!»
- «Hast du mich lieb?» Der Heiland fragt eigentlich: Hast du mich wirklich lieb, wie du sagst? Traurig antwortet Petrus: «Herr, du weisst alles; du erkennst, dass ich dich lieb habe.» In seinem Herzen gibt es vieles, was nicht gut ist. Dennoch ist er überzeugt, dass der Sohn Gottes daneben auch seine Liebe sieht. Wieder bekommt er eine Aufgabe: «Weide meine Schafe!»
Petrus und Johannes
In den Versen 15-19 hat der Herr Jesus seinen Jünger Petrus über dessen weiteren Weg in der Nachfolge und im Dienst informiert. Er hat ihm angedeutet, dass er Gott mit dem Märtyrertod verherrlichen wird.
Nun möchte Petrus auch den Weg von Johannes kennen, der die Liebe und Gemeinschaft des Herrn Jesus besonders genossen hat. Seine Frage drückt weder Neid noch Rivalität aus. Sie zeigt vielmehr sein echtes Interesse an seinem Mitjünger. Die Antwort des Herrn besteht aus drei Teilen:
- «Wenn ich will, dass er bleibe, bis ich komme …» Es geht hier nicht um Johannes als Person, sondern um seinen Dienst. Im Gegensatz zu Petrus, dessen Aufgabe an den Menschen aus dem Judentum mit seinem Tod zu Ende ging, ist der Dienst von Johannes ein zeitloser. Das wird aus seinen Bibelbüchern klar.
- «… was geht es dich an?» Nachfolge und Dienst sind in erster Linie eine persönliche Sache zwischen dem Glaubenden und seinem Herrn. Jeder soll darin für sich selbst den Weg erkennen und ihn mit der Hilfe Gottes gehen.
- «Folge du mir nach!» Wie Petrus stehen wir alle in Gefahr, uns durch das, was um uns her vor sich geht, von einer konsequenten Nachfolge abhalten zu lassen. Darum gilt dieser Appell auch uns.
Am Ende des Evangeliums gibt Johannes als treuer Zeuge seine Unterschrift zu dem, was er unter der Leitung des Geistes niedergeschrieben hat. Er ist überzeugt, dass der Sohn Gottes, der als Mensch auf der Erde gelebt und gewirkt hat, eine unergründliche Person ist.
Einleitung
Mit Kapitel 10 beginnt der zweite Teil der Sprüche. Im Gegensatz zum ersten Teil besteht in den folgenden Kapiteln meistens kein offensichtlicher Zusammenhang zwischen den einzelnen Sprüchen. Trotzdem ist es das Wort Gottes, das Er durch seinen Geist inspiriert hat.
Gott zeigt uns mit den einzelnen Sprüchen, wie wir uns als Gläubige verhalten sollen. Er spricht viele möglichen Lebenssituationen an und stellt uns seine Gedanken dazu vor. Wenn wir seine Hinweise beherzigen, werden wir auf dem Glaubensweg bewahrt und in der Gottesfurcht gestärkt. Und vergessen wir nicht: Die Sprüche zeigen, dass jeder das erntet, was er gesät hat.
Buchtipp: Leben in Weisheit
Wandel und Worte
Vers 3 erinnert daran, dass der Herr für die Seinen besorgt ist. Gleichzeitig aber fordert Er uns auf, bei unserer Berufsarbeit fleissig zu sein (Verse 4.5). Wer träge und faul ist, kann nicht mit dem Segen Gottes rechnen.
In den Versen 6 und 7 wird der Gerechte und sein Teil dem Gottlosen und seinem Los gegenübergestellt. Der Gerechte ist der gottesfürchtige Gläubige.
In Vers 8 geht es um unser Herz, das die Gebote annehmen soll. Sie umfassen alles, was Gott in seinem Wort sagt. Dann werden die Füsse auf dem rechten Weg bleiben (Vers 9).
In den Versen 10-14 geht es um den Mund, um das, was wir reden. Ist er wirklich eine Quelle des Lebens? Wird auf unseren Lippen göttliche Weisheit gefunden? Der Herr möge uns helfen, dies zu verwirklichen, und uns vor unnützen Worten bewahren.
Mit oder ohne Gott leben
Nur wenn wir auf den Herrn und sein Wort hören, bleiben unsere Füsse auf dem rechten Weg. Wir wollen seine Unterweisung beachten und eine Korrektur, die Er für nötig findet, annehmen (Vers 17).
Es fällt auf, wie viele Verse von dem handeln, was wir reden und wie wir etwas sagen (Sprüche 10,19.20.21.31.32). Worte können viel Unheil anrichten, besonders dann, wenn wir reden, ohne dabei zu überlegen, was wir gerade aussprechen. Worte können aber auch sehr wohltuend, ja, helfend wirken. «Die Lippen des Gerechten weiden viele.» Mit der Hilfe des Herrn dürfen wir uns Gedanken machen, wie wir mit unseren Worten anderen eine Freude bereiten können (Vers 32).
Wie wichtig ist der 22. Vers für jeden, der dem Herrn dienen möchte! Seinen Jüngern sagte der Meister einst: «Ausser mir könnt ihr nichts tun» (Johannes 15,5). Hier lernen wir, dass unsere Anstrengung zu nichts führt, wenn Er nicht seinen Segen schenkt. So wollen wir demütig nach dem Willen des Herrn fragen und ihn dann mit seiner Hilfe tun.
Die Furcht des Herrn ist das Schlüsselwort dieses Buches. Viele Zusagen hängen davon ab. In Vers 27 geht es um eine Verheissung für den Israeliten, dessen Segnung irdischer Art war. Gottesfurcht führt zu einem langen Leben. Und wir als Gläubige der Gnadenzeit? Die Verse 27 und 31 lassen uns an 1. Johannes 2,17 denken: «Die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.»
Guter Umgang mit Besitz
Wir verstehen gut, dass dem Herrn, der ein Gott der Treue und ohne Trug ist, jeder Betrug ein Gräuel ist. Hingegen werden wir sein Wohlgefallen finden, wenn wir in unseren Geschäften ehrlich sind (Vers 1).
Wenn in den Versen 4-6 von Gerechtigkeit die Rede ist, dann geht es um unser Verhalten als Gläubige. Es soll recht vor Gott sein und seine Anerkennung finden.
Der ungläubige Mensch hat keine Perspektive über den Tod hinaus. Wenn er stirbt, wird seine Hoffnung zunichte, er aber existiert weiter und wird ins Gericht Gottes kommen (Vers 7; Hebräer 9,27).
Vers 8 erinnert an Daniel, der unversehrt aus der Löwengrube herausgeholt wurde, weil er unschuldig war. Seine Feinde aber wurden von den Bestien zerrissen (Daniel 6,24.25). Bei Vers 10 können wir an Mordokai und Haman im Buch Esther denken. In Esther 8,15 heisst es dort, dass die Stadt Susan nach dem Tod Hamans und der Erhöhung Mordokais jauchzte und fröhlich war.
Nicht jedem fällt es gleich schwer, sich im Reden zurückzuhalten. Wer aber gern und leicht plaudert, kann unversehens zum Ausplauderer eines Geheimnisses mit unangenehmen Folgen werden (Vers 13). Lasst uns den Herrn bitten, dass Er uns hilft, dann zu schweigen, wenn es nötig ist, und das für uns zu behalten, was nicht an die Öffentlichkeit gehört.
In den Sprüchen werden wir mehrmals davor gewarnt, für einen anderen Bürge zu werden. Keiner weiss, was die Zukunft bringt. Versprechen wir deshalb nichts, was wir unter Umständen nicht einhalten können.
Gewinn oder Verlust
Heute bereichern sich viele auf unrechtmässige Weise. Vers 18 bezeichnet dies als trügerischen Gewinn. Im Gegensatz dazu steht der wahre Lohn, der für den ist, der Gerechtigkeit sät. Dieser Lohn kann nicht in einer Geldwährung ausgedrückt werden. Er besteht in dem, was der Herr uns einmal schenken will, wenn Er unser Tun in seinem Licht beurteilt (Offenbarung 22,12). – Der Herr wertet nicht nur unser Verhalten. Er sieht auch auf das Herz, den Ursprung unseres Handelns (Vers 20).
Wir leben in einer Zeit, in der Gott die Regierung zur Bestrafung des Bösen eingesetzt hat (Römer 13,4). Weil die Menschen sich aber immer mehr vom Massstab Gottes über Gut und Böse entfernen, bleibt vieles ungestraft. Doch nicht für immer. Kein Ungläubiger wird dem göttlichen Endgericht entrinnen können. Aber alle, die an den Herrn Jesus glauben, der die Strafe für ihre Sünden auf sich genommen hat, werden entkommen.
Die Verse 24-26 reden vom freiwilligen Geben. In 2. Korinther 8 und 9 spricht der Apostel Paulus dieses Thema an. In Anlehnung an unseren Vers 24 heisst es dort: «Wer sparsam sät, wird auch sparsam ernten, und wer segensreich sät, wird auch segensreich ernten.» Es folgt noch ein wichtiger Nachsatz: «Einen fröhlichen Geber liebt Gott» (2. Korinther 9,6.7).
Das Vertrauen auf materiellen Reichtum führt oft zu bitteren Erfahrungen (Vers 28). Besser ist es, seinen Reichtum auf Gott gemässe Weise zu verwalten und zu verwenden (1. Timotheus 6,17-19).
Gerecht oder gottlos leben
Es ist gut, daran zu denken, dass es in den Sprüchen weder um Erlösung noch um Versöhnung geht. Der Zustand des Menschen vor Gott wird als gegeben angenommen. Es gibt Gottlose, die im Unglauben ohne Gott leben. Die Gerechten sind die gottesfürchtigen Gläubigen, und die Narren oder Toren lassen sich weder zurechtweisen noch belehren. – Als gläubige Menschen sind wir jedoch nicht vollkommen. Deshalb haben wir Unterweisung nötig, um geistlich zu wachsen. Manchmal muss der Herr uns auch erziehen. Wie gut, wenn wir seiner Erziehung nicht ausweichen (Vers 1).
Manche dieser Verse zeigen, dass das Leben eines Ungläubigen niemals gut enden kann (Verse 3a.7a). Vers 7 erinnert an den törichten und den klugen Mann in Matthäus 7,24-27. Der erste baute sein Haus auf Sand, und es stürzte in den Stürmen ein. Der andere gründete es auf den Felsen. Es hielt den Naturgewalten stand.
Demut und Bescheidenheit sind uns nicht angeboren. Doch der Glaubende darf dies von seinem Herrn lernen und mit dessen Hilfe verwirklichen (Sprüche 11,2; 12,9; Matthäus 11,29). – Wenn bei einem Bauern Barmherzigkeit und Fleiss Hand in Hand gehen, wird der Erfolg nicht ausbleiben (Verse 10.11).
In Vers 13 werden wir ermahnt, bei dem, was wir sagen, vorsichtig zu sein. Suchen wir aber mit unseren Worten das Wohl der anderen, werden die positiven Resultate nicht ausbleiben. Im Neuen Testament werden wir ermahnt, Worte der Gnade zu reden und das zu sagen, was dem Hörenden weiterhilft (Epheser 4,29; Kolosser 4,6).
Gute oder törichte Worte
Meinen wir nicht manchmal, wir wüssten schon, was wir zu tun haben, und sind nicht bereit auf einen Rat anderer zu hören (Vers 15)?
Auch in diesem Abschnitt haben wir verschiedene Sprüche, die von unseren Lippen, d. h. von unseren Worten, handeln. Lügen zu verbreiten ist nicht nur vor Menschen schlimm, sondern auch für Gott ein Gräuel (Vers 22). Bestand hat nur die Lippe der Wahrheit (Vers 19). Oft merken wir gar nicht, wie wir mit unseren Worten den anderen verletzen. Aber Gottes Wort macht uns darauf aufmerksam und zeigt, dass auch unsere Zunge unter dem Einfluss göttlicher Weisheit stehen soll (Vers 18).
Frieden ist die Voraussetzung, dass Freude einkehren kann (Vers 20). Das gilt für unsere Beziehung zu Gott. Wer Frieden mit Gott hat, kann sich am Herrn Jesus, seinem Erlöser, freuen. Ähnliches gilt auch für das Zwischenmenschliche. Herrscht in einer Familie Frieden, wird auch die gemeinsame Freude nicht ausbleiben.
Immer wieder greift Salomo in den Sprüchen das Thema Fleiss auf. Dabei zeigt er den Gegensatz zur Faulheit oder Trägheit auf (Verse 24.27). – Die Verse 26 und 28 gehören zusammen. Nur ein Gläubiger kann seinen Nächsten auf den richtigen Weg – d. h. den Weg nach Gottes Gedanken – weisen. Wenn dieser den Pfad der Gerechtigkeit einschlägt, ist er auf dem schmalen Pfad, der zum Leben führt (Matthäus 7,14). «Aber der Weg der Gottlosen führt sie irre.» Wie viele solcher Irrwege werden in der Welt angepriesen!
Auswirkungen unserer Worte
Normalerweise haben die Eltern mehr Lebenserfahrung als die Kinder. Darum sollen wir auf ihre Unterweisung hören, sofern diese Hinweise nicht im Widerspruch zu den Belehrungen der Bibel stehen (Vers 1).
Wie bereits in Sprüche 12,24.27 wird in Vers 4 wieder das Thema «Trägheit oder Fleiss» aufgegriffen. Sowohl in beruflicher Hinsicht als auch im geistlichen Leben sind Einsatz und Fleiss gefragt, wenn wir etwas erreichen wollen. Die Menschen sagen zu Recht: Ohne Fleiss kein Preis.
Der siebte Vers warnt vor dem Vorspiegeln falscher Tatsachen. Gott möchte von den Seinen, dass sie aufrichtig und ehrlich sind. Der Herr ist uns darin das grosse Vorbild (Johannes 8,25).
Seit unserer Bekehrung sind wir der Stellung nach Licht in dem Herrn. Nun soll auch unser praktisches Verhalten unserer Stellung vor Gott entsprechen: «Wandelt als Kinder des Lichts.» Wenn wir dies beherzigen und befolgen, werden wir als glückliche und frohe Christen leben (Vers 9; Epheser 5,8).
Es liegt in unserer alten Natur, dass wir reich werden möchten, und zwar möglichst schnell. Aber nicht nur Vers 11, sondern auch das Neue Testament warnt uns davor (1. Timotheus 6,9.10).
Niemand wartet gern. Wir finden es besonders schwer, wenn sich die Wartezeit in die Länge zieht. Können wir aber auf Gott warten, wird es umso schöner sein, wenn seine Antwort eintrifft (Vers 12).
Vom Nutzen weiser Worte
Wir wollen den 13. Vers auf das Wort Gottes und seine Autorität beziehen. Wer es ignoriert oder sich dagegen auflehnt, wird die entsprechenden Folgen tragen müssen. Wer sich aber in Gottesfurcht unter die Autorität der Bibel stellt, wird gesegnet sein. Der Weise in Vers 14 ist Gott (Römer 16,27). Wenn wir auf seine Belehrung in seinem Wort achten und danach leben, bewahrt uns dies vor den uns drohenden Gefahren.
Der 16. Vers ist nicht der einzige in den Sprüchen, der uns empfiehlt, überlegt zu handeln. Doch wie oft reagieren wir vorschnell und können das angerichtete Unheil nicht mehr ungeschehen machen.
Die Wahrheit des 20. Verses wird auch im Neuen Testament bestätigt. Den Korinthern schrieb der Apostel Paulus: «Böser Verkehr verdirbt gute Sitten» (1. Korinther 15,33). Anderseits wird die Gemeinschaft der Glaubenden untereinander betont, so z. B. in Hebräer 10,24: «Lasst uns aufeinander Acht haben zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken.»
Etwas kann der Gute in Vers 22 seinen Nachkommen nicht vererben: seinen Glauben. Jeder Mensch muss eine persönliche Glaubensbeziehung zu Gott und zum Herrn Jesus haben. Hingegen wird das gottesfürchtige Leben eines Vaters oder Grossvaters eine bleibende Wirkung auf die Kinder bzw. Enkel haben. – Ein Kind muss erzogen werden (Vers 24). Es ist keine Liebe der Eltern, wenn sie ihrem Sohn oder ihrer Tochter alles durchgehen lassen. Denken wir daran, dass unser himmlischer Vater uns erzieht, weil Er uns liebt (Hebräer 12,5-7).
Der Kluge und der Narr
Das Haus in Vers 1 erinnert an die Familie. Wie gross ist da der Einfluss der Frau und Mutter! Ihr göttlich weises Verhalten trägt viel zum Wohlergehen der Familie bei. Verhält sie sich aber töricht und fleischlich, wird dies zum Schaden ausschlagen.
Wie nötig ist die Gottesfurcht, um den Lebensweg gerade, d. h. in Übereinstimmung mit Gott zu gehen! Wer aber Ihn und sein Wort verachtet, muss sich nicht wundern, wenn sein Weg verkehrt verläuft (Vers 2).
In Vers 7 geht es nicht um das Evangelium, das wir allen Menschen, auch den törichten, vorstellen sollen. Hier handelt es sich um den engeren Kontakt mit solchen, die von Gott und dem Herrn Jesus nichts wissen wollen. Wir sollen ihn meiden, um nicht negativ beeinflusst zu werden.
Weil niemand in das Innere (das Herz) seines Nächsten sehen kann, werden Menschen einander nie ganz verstehen (Vers 10). Doch der Glaubende weiss, dass sein Heiland ihn durch und durch kennt und ihn völlig versteht (Apostelgeschichte 1,24; Johannes 10,14.27).
Viele Menschen richten ihr Leben nach ihrem Gutdünken ein. Sie lassen sich von niemand dreinreden und entscheiden selbst, was für sie gut und recht ist. Sie vergessen, dass ihr Gewissen kein sicherer Führer ist. Nur das Wort Gottes wird uns richtig raten und leiten. Wie mancher meinte, auf dem Weg guter Werke und eines anständigen Lebens den Himmel zu erreichen. Doch es ist ein Weg, der ins Verderben führt. Nur der Glaube an den Herrn Jesus errettet für den Himmel.
Umgang mit Mitmenschen
Der 13. Vers ist eine Folge der Sünde, die in die Welt gekommen ist. Solange wir hier leben, gelten diese Worte auch für Glaubende. Irdische Freuden sind von den Lebensumständen abhängig und vergänglich. Wie schnell werden sie oft von der Traurigkeit verdrängt! Erst im ewigen Zustand, wo es keine Sünde mehr geben wird, wird auch die Trauer verschwunden sein (Offenbarung 21,4).
Vers 14 ist eine einfache Illustration zu Galater 6,7: «Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten.»
Der Kluge lebt nicht gedankenlos in den Tag hinein. Er weiss, wie schnell er vom richtigen Weg abkommen und vom Bösen beeinflusst werden kann. Deshalb achtet er auf seine Schritte, fürchtet sich und meidet das Böse (Verse 15.16).
Arme Menschen haben meistens wenig oder keine Freunde. Hingegen gibt es viele, die die Gunst der Reichen suchen (Vers 20). Doch das ist nicht die Haltung, die der Herr von den Seinen wünscht. Er selbst hat sich über Arme und Elende erbarmt. Wir sollen in seine Fussstapfen treten und Ihn nachahmen (Vers 21). Wenn wir den Nächsten verachten, der sozial tiefer steht als wir, sündigen wir gegen Gott, der niemand verachtet (Hiob 36,5; Jakobus 2,1-9).
In Vers 22 geht es um das Herz. Dort entstehen die Beweggründe für unser Tun. Schmieden wir wirklich das Gute? Wir wissen, dass in unserem Herzen auch hässliche Gedanken aufkommen können. Doch wir müssen sie sofort verurteilen, damit sie nicht zu Taten werden.
Die Furcht des Herrn
Gottesfurcht geht Hand in Hand mit Gottvertrauen. Sie ist es auch, die uns auf dem Glaubensweg durch diese Welt, in der uns viele Gefahren drohen, bewahrt (Verse 26.27).
Langmut und Gelassenheit sind keine Charakterzüge, die uns angeboren sind. Meistens reagieren wir zu schnell, wenn uns etwas Ungewohntes widerfährt, oder wir ereifern uns, wo wir ruhig bleiben sollten. Darum ist es gut, wenn wir die Empfehlungen der Verse 29 und 30 beherzigen.
Wenn jemand arm ist oder sozial auf einer tieferen Stufe steht als wir, ist das überhaupt kein Grund, auf ihn herabzuschauen. Verachten wir einen solchen Menschen, dann sündigen wir nicht nur gegen ihn, sondern auch gegen Gott, der sowohl ihn als auch uns geschaffen hat (Vers 31).
Der Verständige muss seine Weisheit nicht zur Schau stellen. Sie ruht in seinem Herzen und zeigt sich nur, wenn z. B. eine wichtige Entscheidung getroffen werden muss. Der Tor hingegen redet unüberlegt drauflos, so dass jeder merkt, was in seinem Innern vorgeht (Vers 33).
Inhaltlich deckt sich die Aussage von Vers 35 mit Römer 13,3: «Die Regenten sind nicht ein Schrecken für das gute Werk, sondern für das böse. Willst du dich aber vor der Obrigkeit nicht fürchten? So übe das Gute aus, und du wirst Lob von ihr haben.»
Mund und Herz
Bei Vers 1 denken wir an Gideon, der als Richter den aufgebrachten Männern von Ephraim eine milde Antwort gab. Was war das Resultat? «Da liess ihr Zorn von ihm ab, als er dieses Wort redete» (Richter 8,1-3).
Der dritte Vers wird durch andere Stellen in der Bibel bestätigt (2. Chronika 16,9; Hebräer 4,13). Nichts entgeht dem Auge Gottes. Das ist für jeden Glaubenden ein grosser Trost. Er darf sicher sein: Das Auge meines himmlischen Vaters übersieht mich nicht. Er weiss, wo ich bin und wie es mir geht. Doch bedenken wir: Er sieht uns auch dann, wenn wir uns an einem Ort aufhalten, wo wir nicht hingehören!
Die Verse 2 und 7 ermuntern uns, auf solche zu hören, von denen wir göttliche Weisheit lernen können. Sind das nicht die Gläubigen, die in ungetrübter Gemeinschaft mit ihrem Herrn und Gott leben?
Unmöglich kann der heilige Gott ein Opfer aus den Händen eines Ungläubigen annehmen (1. Mose 4,5). Erst wenn der Mensch Buße getan und auf der Grundlage des Erlösungswerks von Jesus Christus Frieden mit Gott hat, ist er in der Lage, Gott Lob- und Dankopfer zu bringen (Psalm 51,16-19; 50,23). Glaubende aber dürfen ihr Herz im Gebet vor Gott ausschütten (Vers 8).
Warum ist der Weg der Gottlosen dem Herrn ein Gräuel (Vers 9)? Weil Er weiss, dass dieser ins ewige Verderben führt. Der Herr aber will nicht den ewigen Tod des Sünders (Hesekiel 18,23; 2. Petrus 3,9).
Der Herr sieht nicht nur alle Menschen, Er kennt auch das Herz jedes Einzelnen (Verse 3.11).
Bescheidenheit und Ehrlichkeit
Niemand wird gern zurechtgewiesen. Und doch gebraucht Gott in seiner Erziehung mit uns manchmal andere Menschen, die uns auf etwas hinweisen, das bei uns nicht in Ordnung ist. Wie gut, wenn wir dann darauf hören (Vers 12).
Vers 13 spricht von einem frohen und Vers 15 von einem fröhlichen Herzen. Unsere Lebensumstände geben oft mehr Anlass zu Kummer als zu Freude des Herzens. Als Glaubende aber können wir uns allezeit im Herrn freuen (Philipper 4,4).
Die Verse 16 und 17 fordern uns auf, mit dem zufrieden zu sein, was der Herr uns hier zugedacht hat, auch wenn es wenig ist und andere Leute mehr haben als wir. «Die Gottseligkeit mit Genügsamkeit aber ist ein grosser Gewinn» (1. Timotheus 6,6).
Bei Vers 18 denken wir an Galater 5,20 und 22. Dort wird erklärt, dass Zorn und Zank zu den Werken des Fleisches gehören, während Langmut ein Teil der Frucht des Geistes ist. Als Glaubende dürfen wir in der Kraft des Heiligen Geistes langmütig sein, den Streit beschwichtigen und als Friedensstifter tätig sein.
Der 22. Vers kann gut auf die Ehe angewendet werden. Es kommt nicht gut, wenn Mann und Frau nicht mehr miteinander reden. Indem sie aber alle Fragen und Probleme, die das Leben mit sich bringt, miteinander und vor dem Herrn besprechen, finden sie den Weg.
Wie können wir den 23. Vers verwirklichen, so dass wir das rechte Wort im richtigen Augenblick sagen? Da hilft uns das Neue Testament. Denken wir an Kolosser 4,6 und 1. Petrus 3,15.16!
Gute Kommunikation
Der Weg des Lebens in Vers 24 ist der schmale Weg, auf den man durch den Glauben an den Heiland Jesus Christus gelangt. Dieser Pfad führt aufwärts und endet in der Herrlichkeit beim Herrn. Der breite Weg aber, auf dem sich jeder Ungläubige befindet, führt ins ewige Verderben (Matthäus 7,13.14).
Vers 25 zeigt, wie Gott dem Hochmütigen widersteht (1. Petrus 5,5). Er reisst das nieder, was der Stolze aufrichtet. Vers 26 spricht unsere Gedankenwelt an. Oft verharmlosen wir sie, weil uns zu wenig bewusst ist, dass der Herr böse Gedanken verabscheut.
Habsucht hat schon manche Familie ruiniert. Wenn sich alle Gedanken nur noch ums Geld drehen, werden die selbstlose Liebe, die gegenseitige Achtung und die Hilfsbereitschaft gegenüber den anderen verdrängt. Dann herrscht der Egoismus (Vers 27).
Der erste Teil von Vers 29 gilt, solange ein Mensch bewusst ohne Gott lebt. Sobald er aber anfängt, Gott aufrichtig zu suchen, gilt Römer 10,13: «Jeder, der irgend den Namen des Herrn anruft, wird errettet werden.»
Wir alle werden in der Schule Gottes erzogen. Er will uns von dem befreien, was nicht mit seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit vereinbar ist. Darum ist es wichtig, dass wir ein offenes Ohr für das haben, was Er uns durch sein Wort sagt (Verse 31.32).
Der zweite Teil von Vers 33 lässt uns an den Herrn Jesus denken. In seinem wahrhaft gottesfürchtigen Leben erniedrigte Er sich bis zum Tod am Kreuz. Doch jetzt nimmt Er als Mensch den höchsten Ehrenplatz ein.
Überlegungen im Herzen
Zu Vers 1 gilt: Der Mensch denkt und Gott lenkt (vergleiche Vers 9). Eine eindrückliche Illustration dieses Verses ist Bileam. Er plante mit Balak, das Volk Israel zu verfluchen. Doch Gott zwang ihn, es zu segnen.
Vers 3 erinnert an Psalm 37,5.6. Wir sind dann gesegnet, wenn wir unseren Lebensweg in Abhängigkeit vom Herrn gehen, alles Ihm anbefehlen und auf Ihn vertrauen.
Vers 4 zufolge hat Gott für alles einen Plan. Aber niemals will Er das Böse oder den Tod des Sünders. Nein, wenn ein Mensch in seinem gottlosen Zustand verharren will, dann ist es nicht Gottes Schuld, wenn er verloren geht. Er hätte sich bekehren können. Doch an Menschen, die sich bewusst der Gnade verschliessen, wird Gott sich einmal im Gericht verherrlichen.
Der erste Teil von Vers 6 ist nicht leicht zu verstehen. Wir wollen festhalten: Die Sühnung unserer Ungerechtigkeit geschah durch das Opfer unseres Erlösers. Doch es ist die Güte Gottes, die uns dazu geführt hat, die Wahrheit über uns selbst anzuerkennen und dann zu glauben, dass Jesus Christus für unsere Sünden gestorben ist. Der zweite Teil von Vers 6 zeigt, dass echte Gottesfurcht im Herzen und im Leben des Glaubenden vor bösen Wegen bewahrt.
Vers 8 ist heute, wo manche auf unrechtmässige Weise reich werden wollen, hochaktuell (vergleiche Vers 11). Lasst uns als Glaubende mit dem zufrieden sein, was wir auf gerechte Weise verdienen, auch wenn es vielleicht wenig ist.
Das Herz des Weisen
Die Verse 10-15 handeln vom König und seinem Verhalten gegenüber seinen Untertanen. Der Monarch stellt die Regierung dar, die Gott zum Wohl der Menschen eingesetzt hat. Die Regierenden, egal ob sie an der Spitze einer Demokratie, einer Monarchie oder einer Diktatur stehen, sind Gott als der höchsten Instanz verantwortlich. Als Bewohner eines Landes sind wir nach Gottes Wort gehalten, uns der Staatsbehörde zu unterziehen. Die diesbezüglichen Grundsätze, die wir in den Sprüchen finden, gelten auch heute (Römer 13,1-7).
Wonach streben wir? Nach göttlicher Weisheit und geistlichem Verständnis oder nach materiellem Reichtum? (Vers 16).
Der 18. Vers hat sich im Lauf der Zeit tausendfach bewahrheitet, so dass die Menschen das Sprichwort geprägt haben: Hochmut kommt vor dem Fall. Diese Warnung richtet sich auch an uns Gläubige.
Vers 19 hat ein neutestamentliches Gegenstück in Römer 12,16: «Sinnt nicht auf hohe Dinge, sondern haltet euch zu den Niedrigen.»
Mit dem Wort in Vers 20 ist die Bibel gemeint. Wenn wir das geschriebene Wort Gottes zum Prinzip unseres Lebens machen und in allem auf den Herrn vertrauen, sind wir glücklich und auf dem guten Weg. Durch das Lesen der Bibel bekommen wir Weisheit und Einsicht, die für ein Leben der Gottesfurcht unentbehrlich sind (Verse 21.22). Aber ebenso wichtig ist, dass wir jeden Schritt unseres Lebens in Abhängigkeit vom Herrn gehen.
Das Herz des Bösen
Den Worten des 25. Verses sind wir bereits in Sprüche 14,12 begegnet. Wenn Gott in seinem Wort einen Vers wiederholt, dann weiss Er, dass wir den Hinweis besonders nötig haben. Wie leicht und wie schnell schlagen wir einen eigenwilligen Weg ein und meinen, alles sei in Ordnung! Nur in der steten Abhängigkeit von Gott bleiben wir als Glaubende von verkehrten Lebenswegen bewahrt.
Ein Belialsmensch ist einer, der nur Böses und Schlechtes im Sinn hat. Hüten wir uns vor solchen, aber auch vor denen, die uns im Vertrauen Böses über andere erzählen. Meistens versuchen böse Menschen, andere in ihre Machenschaften hineinzuziehen. Gott will uns durch die Verse 27-30 ernsthaft davor warnen.
Vers 31 spricht von der Würde des Alters. Sie wird aber nur auf dem Weg der Gerechtigkeit gefunden, d. h. wenn der Grau- oder Weisshaarige sich auch so verhält, wie es vor Gott recht ist.
Um sich selbst zu beherrschen, sind manchmal mehr Kraft und Energie nötig als um eine Heldentat zu vollbringen (Vers 32; Richter 12,1-6).
Im Alten Testament wurde das Los benutzt, um in einer Sache den Willen Gottes zu erkennen. Oft ordnete Er selbst das Werfen des Loses an (Josua 7,14-18; 1. Samuel 10,20.21; 14,41.42). Zum letzten Mal wurde diese Methode in Apostelgeschichte 1 angewendet. Heute haben wir den Heiligen Geist, der uns – oft durch das Wort Gottes – den Willen des Herrn klarmacht.
Frieden oder Streit?
Vers 1 liegt auf der gleichen Linie wie Sprüche 15,16.17 und 16,8. Wenn wir diese Aussagen auf eine Familie beziehen, kommen wir zum Schluss: Lieber ein bescheidenes Einkommen, aber Gottesfurcht, Liebe und Frieden unter den Angehörigen als Reichtum und Wohlstand, aber zerrüttete Familienverhältnisse.
Wenn Gott uns erprobt, gebraucht Er in seinem Wort oft das Bild des Schmelztiegels für Edelmetall (Maleachi 3,2.3; 1. Petrus 1,7). In Psalm 17,3 spricht Jesus Christus prophetisch davon, dass Gott Ihn geläutert habe. Im Gegensatz zu uns musste bei Ihm keine Schlacke entfernt werden. Er war absolut rein.
Über das Hassen und Geringachten des Armen haben wir bereits in Sprüche 14,20.31 gelesen. In Vers 5 geht es um das Verspotten dessen, der sozial tiefer steht als wir, aber auch um die Schadenfreude, wenn dem anderen ein Unglück passiert. Niemals dürfen wir solchen Gefühlen Raum lassen, auch dann nicht, wenn es um unseren Feind geht (Sprüche 24,17.18).
Vers 9 erinnert an 1. Petrus 4,8: «Die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden.» Das bedeutet nicht, tolerant über das Böse hinwegzugehen. Nein, Sünden müssen Gott gemäss gerichtet werden, damit Er vergeben kann. Doch dann sollen wir nicht mehr davon reden, sondern zudecken und den, der gefehlt hat, lieben.
Wie reagieren wir, wenn wir zurechtgewiesen werden? Wie ein Verständiger oder wie ein Tor? (Vers 10). – Vers 13 zeigt wie viele andere Verse in den Sprüchen die Regierungswege Gottes mit uns. Wir werden das ernten, was wir gesät haben.
Ursachen für Entzweiung und Unglück
Heute leben wir in einer Zeit, in der manches Böse gutgeheissen und das Gute angeprangert wird. Schon der Prophet Jesaja sagte: «Wehe denen, die das Böse gut nennen und das Gute böse» (Jesaja 5,20). Hier in Vers 15 sehen wir, dass eine solche Einstellung dem Herrn ein Gräuel ist.
Haben wir nicht schon die Wahrheit von Vers 17 erlebt? Wie gut, wenn wir in Zeiten, da es uns schlecht geht, solche haben, die uns beistehen! Doch es gibt Einen, der uns nie im Stich lässt: unser Herr und Heiland Jesus Christus (Matthäus 28,20; Hebräer 13,5).
Der Warnung vor einer Bürgschaft sind wir bereits früher begegnet (Vers 18; Sprüche 11,15). Kein Mensch weiss, wie seine Zukunft aussieht. Deshalb sollen wir keine solchen Versprechen abgeben.
Ein fröhliches Herz trägt zur Besserung des kranken Körpers bei (vergleiche Vers 22 mit Sprüche 15,13.15).
In der Welt versuchen gewisse Menschen, durch Bestechungsgeschenke auf unrechtmässige Weise zu ihrem Ziel zu kommen (Vers 23). Möchten wir uns als Glaubende davor hüten, die Gunst der anderen so oder durch Schmeichelei zu erschleichen (Hiob 32,21.22).
Manche gläubige Eltern trauern um ihre Söhne oder ihre Töchter, die im Unglauben verharren und sich in der Welt verloren haben (Verse 21.25). Mögen die Gebete dieser Väter und Mütter dazu führen, dass es bei den verlorenen Kindern zu einer echten Umkehr kommt!
Die Sprüche empfehlen uns immer wieder, beim Reden zurückhaltend zu sein (Verse 27.28).
Gute oder schlechte Worte
In Vers 1 geht es nicht um die Absonderung vom Bösen, die Gottes Wort an manchen Stellen von den Gläubigen fordert (2. Korinther 6,17 – 7,1; 1. Thessalonicher 5,22; 2. Timotheus 2,20.21). Hier dient die Absonderung dazu, besser sein zu wollen als andere. Dann lässt man sich auch von niemand korrigieren.
Menschen, die ohne Gott leben, verachten das, was von Ihm kommt, ja, sie spotten über Ihn und sein Wort und ziehen es ins Lächerliche (Vers 3).
Die Verse 6 und 7 stehen im Gegensatz zu Vers 4. Was rufen unsere Worte hervor? Führen sie zu Streit oder sprudeln sie göttliche Weisheit?
Vom Ohrenbläser haben wir bereits in Sprüche 16,28 gelesen. Hier geht es um seine Worte. Sie beinhalten meistens Klagen über andere oder Anschuldigungen gegen sie. Man fühlt sich geschmeichelt, auf diese Weise ins Vertrauen gezogen zu werden. Doch es ist zum Schaden.
Der Name des Herrn umfasst alle Charakterzüge Gottes. Hier wird Er mit einem unüberwindbaren Turm verglichen. Wir können nirgendwo sicherer sein als bei Ihm. Von seinen Schafen sagt der Herr Jesus als der gute Hirte: «Ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren in Ewigkeit, und niemand wird sie aus meiner Hand rauben» (Johannes 10,28). Während der Glaubende seine Sicherheit in Gott findet, stützt sich der ungläubige Reiche auf sein Vermögen und meint, dies sei seine feste Stadt (Vers 11). Welch eine Illusion!
Gutes oder schlechtes Verhalten
Es gibt Leute, die sehr von sich überzeugt sind. Sie meinen, alles zu wissen, und geben eine Antwort, bevor sie richtig zugehört haben. Vers 13 warnt uns davor.
Mit Willenskraft erreicht der Mensch manches. Er kann sogar eine Krankheit ertragen. Wenn aber sein Geist zerschlagen und seine Willenskraft gebrochen ist, was dann (Vers 14)? Der Gläubige weiss, dass die Kraft, die er benötigt, um unter schweren Umständen nicht zusammenzubrechen, ausserhalb von ihm liegt. Er findet sie in seinem Gott (Psalm 62,6-8; 68,20).
Wichtig ist es, in einem Konflikt beide Seiten anzuhören. Vielleicht kann der Erste so überzeugend auftreten, dass man meint, der Fall sei klar. Doch dann kommt der Nächste und stellt eine andere Sicht der Dinge vor (Vers 17).
Wie handelt man an einem Bruder treulos? Indem man z. B. sein Vertrauen missbraucht (Vers 19). Das hinterlässt tiefe, fast unheilbare Wunden. Oft kann hier nur der Herr in seiner Gnade helfen.
Vers 21 erinnert uns an das Unheil, das die Zunge anrichten kann. Jakobus 3,5-10 bestätigt dies.
In Vers 22 geht es nicht um irgendeine Frau, die ein Mensch gefunden hat und die er dann heiratet. Es geht um die Frau, die Gott für einen gläubigen Mann vorgesehen hat. Wenn der Herr ihm jene zeigen kann, die seine Frau werden soll, dann hat er wirklich «Gutes gefunden und Wohlgefallen erlangt von dem Herrn».
Vers 24b lässt uns an den Herrn Jesus denken, der uns wirklich liebt und uns nie verlässt.
Armut und Reichtum
Nicht die Höhe seines Bankkontos macht den Wert eines Menschen aus, sondern sein moralisches Verhalten (Vers 1).
Wenn in den Sprüchen von «Kenntnis» bzw. «Unkenntnis» die Rede ist, geht es immer um die Kenntnis von Gott und wie Er alles beurteilt. Wer sich nicht um Ihn und seine Gedanken kümmert, wird sich bald als sein Gegner entpuppen (Verse 2.3).
Wenn der Reichtum die Basis für eine Freundschaft ist, wird diese nur so lange halten, wie Geld vorhanden ist (Vers 4).
Dass die Worte von Vers 5 in Vers 9 praktisch wiederholt werden, zeigt, wie schlimm falsche Aussagen und Lügen in Gottes Augen sind. Wenn am Schluss der Bibel jene aufgezählt werden, die einmal ewig draussen sind, heisst es unter anderem: «Jeder, der die Lüge liebt und tut» (Offenbarung 22,15). Weil sie über diese Sünde nie Buße getan haben, gehen sie ewig verloren.
Vers 8 enthält eine gewisse Voraussetzung für Vers 11. Zuerst kommt das Verständnis der göttlichen Wahrheit. Daraus folgt wahre Einsicht und ein Verhalten, in dem wir Gottes Eigenschaften nachahmen. Ist Er nicht langmütig und voll Barmherzigkeit?
Eltern können ihren Kindern materielle Güter hinterlassen. Aber die Frage des Ehepartners sollten sie ganz Gott überlassen, denn «eine einsichtsvolle Frau kommt von dem Herrn» und nicht von Vater und Mutter (Vers 14)!
Fleiss und Nächstenliebe
In den Sprüchen werden wir oft vor Faulheit, Trägheit und Passivität gewarnt (Verse 15.24; Sprüche 20,4). Das betrifft auch unser geistliches Leben. Deshalb finden wir in der Bibel Aufforderungen wie: «Betet! – Wacht! – Widersteht! – Wandelt! – Arbeitet!»
Wer sich der sozial schwachen Menschen annimmt, tritt in die Fussstapfen seines Herrn und Heilands, der sich um die Ärmsten gekümmert hat (Lukas 10,33.34; 18,38-42). Darüber hinaus wird ihm sogar eine Belohnung versprochen (Vers 17). – Die Bibel macht klar, dass es in der Kindererziehung Situationen gibt, wo Körperstrafe nötig wird. Doch sie warnt uns zugleich vor jeder Unbeherrschtheit. Wie leicht und wie schnell gehen wir zu weit (Verse 18.19)!
Im 21. Vers wird der Nachdruck auf die Souveränität Gottes gelegt. Wir Menschen mögen viele Überlegungen anstellen. Doch was unter allen Umständen zustande kommt, sind nicht unsere, sondern Gottes Pläne. Der Mensch denkt und Gott lenkt!
Die in der Bibel erwähnten Spötter machen sich über Gott und das, was Ihm wichtig ist, lustig. Der Gläubige wird vor dem Kreis solcher Menschen gewarnt (Psalm 1,1). Wenn diese Leute ihre Gesinnung nicht ändern, werden sie einmal von Dem gerichtet werden, den sie verspottet haben (Vers 29; Offenbarung 20,11-15).
Nicht nur die Söhne, sondern wir alle sollten die Warnung des 27. Verses beherzigen. Es ist äusserst gefährlich, auf die Lehren und Ideen zu hören, die in der Welt kursieren. Sie führen in die Irre, denn sie stehen den Anweisungen der Bibel direkt entgegen.
Der klare Blick für Lebenssituationen
Der übermässige Genuss von Alkohol bewirkt ein hemmungsloses Verhalten. Das zeigt sich vor allem beim Reden (vergleiche Vers 1 mit Sprüche 23,29-35).
Vers 2 und Sprüche 19,12 sind inhaltlich sehr ähnlich und werden durch Römer 13,3.4 bestätigt. Die Regierung ist von Gott eingesetzt. Sie soll das Gute fördern und das Böse bestrafen. Als Christen sind wir gehalten, uns jenen Menschen unterzuordnen, die Regierungsautorität besitzen (Römer 13,1.5).
Vers 6 ist heute noch so wahr wie damals. Jeder von uns neigt dazu, sich ins beste Licht zu setzen. Aber kann man sich wirklich auf uns verlassen? Sind wir in jeder Hinsicht zuverlässig? Denken wir an 2. Korinther 10,18!
Die Frage von Vers 9 wird erst im Neuen Testament vollständig beantwortet. Römer 3,22-26 zeigt, dass ein Mensch durch den Glauben und auf der Grundlage reiner Gnade von Gott gerechtfertigt wird. Als Glaubende dürfen wir bekennen: «Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, reinigt uns von aller Sünde» (1. Johannes 1,7).
Die Verse 10 und 23 erinnern uns an früher Gelesenes (Sprüche 11,1; 16,11). Wer im Geschäftsleben den anderen betrügt, begeht eine Sünde, die Gott als Gräuel bezeichnet.
Gott, unser Schöpfer, hat uns Ohren gegeben, damit wir auf Ihn hören und sein Wort befolgen. Er hat uns auch Augen geschenkt, um das zu sehen und zu erkennen, was Er uns von sich zeigen möchte (Vers 12). Und vergessen wir nicht: Auch Er hört und sieht uns!
Falschheit oder Besonnenheit
Bereits in Sprüche 6,1-5 warnte Salomo davor, für einen anderen Bürge zu werden (siehe auch Sprüche 11,15; 22,26). In Vers 16 unseres Kapitels werden die Folgen einer eingegangenen Bürgschaft aufgezeigt.
Wer sich als Kind dem Vater oder der Mutter widersetzt und gegen sie auftritt, bekommt es mit Gott zu tun (Vers 20). Denn Er hat die Eltern als eine Autorität auf dieser Erde eingesetzt.
Es liegt in unserer Natur, dass wir zurückgeben wollen, wenn uns Unrecht getan worden ist. Aber das Wort Gottes empfiehlt uns etwas anderes: «Vergeltet niemand Böses mit Bösem.» – «Rächt nicht euch selbst, Geliebte» (Römer 12,17.19). «Harre auf den Herrn, so wird er dich retten» (Vers 22). Er möge uns helfen, dies zu verwirklichen.
Es ist eine unserer menschlichen Schwächen, dass wir mit unserem Mund vorschnell sind. Wir versprechen Gott etwas, ohne die Kosten zu überschlagen (Vers 25; Lukas 14,28-33). Unser Herr hingegen konnte sagen: «Mein Gedanke geht nicht weiter als mein Mund» (Psalm 17,3), und: «Ich bin durchaus das, was ich auch zu euch rede» (Johannes 8,25). Möchten wir von Ihm lernen und zurückhaltender sein.
Der Geist ist das, was den Menschen vom Tier unterscheidet. Vers 27 zeigt nicht nur, dass der Geist eine Gabe des Herrn ist, sondern dass er den Menschen auch befähigt, über etwas nachzudenken, etwas zu erforschen (Psalm 77,7). Während Satan den Sinn der Ungläubigen verblendet, wird der Geist der Gläubigen durch den Heiligen Geist erleuchtet.
Gutes oder böses Herz
Der erste Vers ist ein Trost für jeden Gläubigen. Er weiss, dass der souveräne Gott das Herz der Mächtigen in der Welt, ja sogar das Herz seiner Feinde, so lenken kann, dass es zum Wohl der Seinen und zur Erfüllung seiner Pläne ausschlägt. Gott hat alles, was auf der Erde geschieht, in seiner Hand.
Vers 2 gleicht inhaltlich Sprüche 16,2. Auch im Blick auf unsere persönlichen Wege hat der Herr das letzte Wort. Lasst uns dies nicht vergessen und Ihm voll vertrauen.
Eine rechte Herzenseinstellung ist dem Herrn wichtiger als äusserliche Opfergaben (Vers 3; Hosea 6,6; Matthäus 9,13).
In Vers 5 wird der Unterschied zwischen Fleiss und Hast sehr extrem ausgedrückt. Das erste führt zum Überfluss, das zweite zum Mangel (vergleiche Sprüche 20,21).
Wer auf unlauterem Weg reich werden will, kommt nur scheinbar zum Ziel. «Der Lautere oder Aufrichtige aber, sein Tun ist gerade» (Verse 6.8).
Vers 11 und Sprüche 19,25 zeigen, dass es Menschen gibt, die sich belehren lassen und dadurch weise werden. Sie lernen auch aus den Fehlern von anderen.
Wie oft schon hat sich Vers 13 in der Praxis des täglichen Lebens bewahrheitet! Da sind Menschen, die in ihrem Geiz nichts für Arme und Bedürftige übrig haben. Wenn sich jedoch das Blatt wendet und sie selbst in Not kommen, ist keiner da, der ihnen helfen will.
Pläne mit oder ohne Gott
Mit der Freude in Vers 17 ist nicht die Freude gemeint, die der Herr schenkt, sondern das Vergnügungsangebot der Welt. Dies alles hat seinen Preis. Wer zu viel davon geniesst, verarmt. – Vergleiche Vers 18 mit Sprüche 11,8 und Jesaja 43,3. Der Überrest aus Israel in der Zukunft wird einmal erfahren, wie der Herr ihn befreien und seine Bedränger richten wird.
In Vers 21 geht es um praktische Gerechtigkeit und Güte im täglichen Leben. Wer diese Eigenschaften an den Tag legt, wird schon in diesem Leben dafür belohnt. Er erntet, was er gesät hat.
In den Sprüchen taucht immer wieder die Empfehlung auf, die Zunge zurückzuhalten (Vers 23). Wie nötig haben wir es, schnell zum Hören und langsam zum Reden zu sein (Vers 28; Jakobus 1,19).
Unmöglich kann ein Mensch, der keine geordnete Beziehung zu Gott hat, Ihm ein wohlgefälliges Opfer bringen (Vers 27). Und doch gibt es viele religiöse Menschen wie z. B. König Saul, die meinen, trotz ihres Ungehorsams gegenüber Gottes Anweisungen Ihm opfern zu können (1. Samuel 15,17-23).
Menschen, die in der Sünde leben, verhärten sich Gott gegenüber und werden immer trotziger. Der Gläubige aber, der mit dem Herrn leben möchte, ist bereit, seinen Lebensweg stets ins Licht Gottes zu stellen und wenn nötig Korrekturen vorzunehmen (Vers 29).
Vers 30 zeigt einmal mehr, dass echte Weisheit nur von Gott kommt. Die Weisheit der Welt führt niemals zur Erkenntnis Gottes und ist daher Torheit in seinen Augen (1. Korinther 1,19-21).
Charakter und soziale Stellung
In Prediger 10,19 heisst es: «Das Geld gewährt alles.» Geht es jedoch um moralische Werte eines Menschen, müssen wir einsehen, dass ein guter Name und Anmut nicht zu kaufen sind. Zudem bedeuten sie mehr als Silber und Gold (Vers 1). – Alle Menschen sind Gottes Geschöpfe und verdienen deshalb unsere Achtung. Die sozialen Unterschiede aber, die unter ihnen bestehen, gehören zu den allgemeinen Folgen der Sünde, die durch uns in die Welt gekommen ist (Vers 2).
Der dritte Vers warnt vor blindem Optimismus. Die göttliche Weisheit hilft uns, den Unglück bringenden Gefahren auszuweichen. – Auch wenn uns Christen als Folge eines demütigen und gottesfürchtigen Lebens keine materiellen Vorteile versprochen sind, wissen wir doch, dass wir mit dieser Haltung in die Fussstapfen unseres Herrn treten (Vers 4; Matthäus 11,29).
Wie wichtig ist Vers 6 für die Kindererziehung! Sie soll der Natur der einzelnen Kinder angepasst sein. Dann wird der Herr Gelingen und Erfolg schenken.
Wir haben zu Beginn unserer Überlegungen über die Sprüche gesehen, dass sie den göttlichen Grundsatz illustrieren: «Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten» (Galater 6,7). Das wird in den Versen 8 und 9 direkt bestätigt.
Es ist ein grosser Trost zu wissen, dass der Glaubende unter den Augen des Herrn leben darf und daher vor vielem bewahrt bleibt (Vers 12). Doch wir sollen keineswegs sorglos vorangehen, sondern uns der vielen drohenden Gefahren bewusst sein (Vers 14). Der Herr will uns bewahren. Bleiben wir nahe bei Ihm!
Worte der Wahrheit
Ab Vers 17 bis zum Ende von Kapitel 24 folgt ein neuer Unterabschnitt im Buch der Sprüche. Ähnlich wie in den Kapiteln 1 – 9 richtet sich der inspirierte Schreiber direkt an seinen Sohn. Auf uns bezogen können wir sagen: Es ist die göttliche Weisheit, die uns persönlich anspricht.
Haben wir ein offenes Ohr für all die Sprüche gehabt, die uns Salomo unter der Leitung des Heiligen Geistes seit Kapitel 10 vorgestellt hat? Wie wichtig ist es, diese Worte der Weisen im Herzen zu bewahren! Dann können wir sie zu gelegener Zeit auch anderen weitergeben (Vers 21). Doch den Hauptgrund, warum Salomo diese Sprüche für uns aufgeschrieben hat, finden wir in Vers 19: «Damit dein Vertrauen auf den Herrn sei.» Nur mit seiner Hilfe gelingt es uns, diese praktischen Ratschläge zu verwirklichen.
Gott hat ein besonderes Augenmerk auf die sozial Schwachen in der menschlichen Gesellschaft. Das gleiche Verhalten wünscht Er auch von uns (Verse 22.23).
Die Verse 24 und 25 warnen uns vor dem Umgang mit einem zornigen und hitzigen Mann. Wir würden dadurch negativ beeinflusst werden.
Die alte Grenze in Vers 28 bezieht sich auf das Erbteil, das jede israelitische Familie im Land Kanaan bekommen hatte (5. Mose 19,14). Als der gottlose König Ahab den Weinberg Nabots kaufen und dort seinen Gemüsegarten anlegen wollte, weigerte sich dieser treue Israelit, sein Erbe zu veräussern (1. Könige 21,3). Nabot musste schliesslich seine Standhaftigkeit und sein Festhalten am Wort Gottes mit dem Tod bezahlen.
Mahnung zur Bescheidenheit
Gott hat die Regierungsautoritäten gegeben. Er ist es auch, der Könige absetzt und Könige einsetzt (Römer 13,1; Daniel 2,21). Wir sind gehalten, diese Personen und ihre Autoritätsstellung zu achten (1. Petrus 2,17). Wenn sie uns Gunst erweisen, berechtigt uns dies nicht zu einer Missachtung des sozialen Unterschieds (Verse 1-3).
Die Liebe zum Geld ist in uns allen verwurzelt. Deshalb warnt uns die Bibel sowohl im Alten wie im Neuen Testament davor, reich werden zu wollen. Es wäre ein Streben nach einer äusserst unsicheren Sache (Verse 4.5; 1. Timotheus 6,9-11).
Der missgünstig Blickende ist eine eifersüchtige Person. Mit so jemand sollen wir uns nicht näher einlassen, denn wir werden nie wissen, woran wir wirklich sind. Es kann sogar sein, dass uns das Vertrauen in eine solche Person teuer zu stehen kommt (Verse 6-8).
Die Verse 10 und 11 zeigen einmal mehr, dass der Herr auf der Seite der Schwachen und sozial Benachteiligten steht. Er ist ihr starker Erlöser, der sich für ihre Sache einsetzen wird (Psalm 68,6).
Obwohl wir unseren Verstand niemals ausschalten, sondern richtig gebrauchen sollen, geht es doch beim Hören und Aufnehmen des Wortes Gottes immer um die Ohren und das Herz. Wenn die Worte der Erkenntnis, die wir aus der Bibel lernen, reines Kopfwissen bleiben, werden sie uns wenig nützen. Sie sollen doch zu einer Auswirkung in unserem Leben führen! Dazu kommt es nur, wenn wir sie mit dem Herzen aufnehmen.
Höre, mein Sohn!
Kinder empfinden die Erziehung durch die Eltern nicht als etwas Angenehmes, vor allem wenn Strafe nötig wird! Auch wir als Kinder des himmlischen Vaters freuen uns nicht, wenn Er uns erziehen und zurechtbringen muss. Doch das Resultat ist Errettung und Frucht für Gott (Vers 14; Hebräer 12,5-11).
Jeder Vater freut sich, wenn er merkt, dass sein Sohn seine Unterweisung beherzigt. Noch viel mehr freut sich der himmlische Vater, wenn Er sieht, wie die Erziehung seiner Kinder Wirkung zeigt (Verse 15.16).
Haben wir nicht schon die Ungläubigen beneidet, denen es besser ging als uns? (Verse 17.18; Psalm 73). Um von diesen verkehrten Gedanken loszukommen, gibt es nur eine Lösung: sich von neuem auf den Herrn auszurichten und an unsere Hoffnung als Gläubige zu denken. Ja, es gibt ein Ende oder eine Zukunft, sowohl für den Ungläubigen als auch für den Glaubenden. Doch welch ein Unterschied! Die einen enden im Gericht Gottes, die anderen in der Herrlichkeit bei Ihm.
Gott hat uns alle Speise «zur Annahme mit Danksagung» gegeben (1. Timotheus 4,3; 6,17). Keiner soll darben. Aber wir werden vor dem übermässigen Genuss von Alkohol und der Schlemmerei gewarnt (Verse 19-21). – Vers 23 ist ein allgemein gültiger Grundsatz im Blick auf die göttliche Wahrheit, wie wir sie in der Bibel finden. Sie fällt uns nicht einfach in den Schoss. Geistliche Energie und Ausharren beim Lesen und Studieren der Bibel sind nötig, um die Gedanken Gottes kennen zu lernen. Was wir erfasst (gekauft) haben, sollen wir nicht wieder aufgeben (verkaufen)!
Warnung vor Sünden
Das Herz ist der Sitz der Persönlichkeit. «Von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens» (Sprüche 4,23). Wenn wir an den Herrn Jesus als unseren Heiland glauben, möchte Er unser ganzes Herz haben, damit Er uns nach seinem Willen führen kann. Doch wie sieht die Praxis unseres Christenlebens aus? Geben wir nicht oft einen Teil unserer Zuneigungen der Welt und ihren Ideen? Wie schade!
Ab Vers 29 haben wir eine eindrückliche Beschreibung der Gefahr des Alkoholmissbrauchs. Bis heute führt diese Droge viele Menschen ins Elend, ruiniert die Gesundheit und zerstört sowohl Ehen als auch Familien. Möchten wir auf die Warnung der Bibel hören: «Sieh den Wein nicht an, wenn er sich rot zeigt, wenn er im Becher blinkt, leicht hinuntergleitet», und uns bewahren lassen.
Vers 33 zeigt, dass der Mensch, der dem Alkohol zuspricht, keinen klaren Sinn mehr hat. Sein Herz wird Verkehrtes reden.
Doch das Ernsteste steht in Vers 35: Alkoholmissbrauch macht abhängig! Wie manch einer ist dieser Sucht verfallen und kann sich nicht mehr aus eigener Willenskraft daraus befreien. Er erlebt die Wahrheit von Johannes 8,34: «Jeder, der die Sünde tut, ist der Sünde Knecht.» Doch der Herr Jesus ist als Retter gekommen, um uns Menschen von jeder Sklaverei der Sünde zu befreien – auch von der Alkoholsucht. «Wenn nun der Sohn euch frei macht, werdet ihr wirklich frei sein» (Johannes 8,36). Lasst uns unser ganzes Vertrauen auf Ihn setzen!
Aspekte der Weisheit
Äusserlich gesehen haben ungläubige Menschen oft mehr Erfolg im Leben als Glaubende, die in Gottesfurcht vorangehen möchten. Das kann zu Neid in unserem Herzen führen. Doch der Herr warnt uns davor, denn Er kennt die Motive und Ziele der Gottlosen. Er weiss auch, was für einer schrecklichen Zukunft sie entgegengehen (Verse 1.2.19.20).
Beim Haus in Vers 3 können wir an unser Leben oder an unsere Familie denken. Das beste Fundament sowohl unseres Lebens als auch unserer Familie ist das Hören und Befolgen des Wortes Gottes (Matthäus 7,24.25). So setzen wir die weisen Belehrungen der Bibel im täglichen Leben um.
Wie verhalten wir uns, wenn unsere Lebensumstände schwierig werden, wenn wir in äussere Bedrängnis kommen? (Vers 10). Der Herr möchte nicht, dass wir dann aufgeben, sondern uns mit geistlicher Energie auf seine Hilfe und Kraft stützen. Glückselig der Mensch, der seine Stärke in Gott findet (Psalm 84,6)!
Die Verse 11 und 12 erinnern uns an die Verantwortung, die wir gegenüber unseren ungläubigen Mitmenschen haben. Sie merken nicht, wie Satan sie durch die Verführungen der Welt auf einen Weg lockt, der in der ewigen Verdammnis endet. Darum ist es unsere Aufgabe, so vielen wie möglich die gute Botschaft vom Herrn Jesus zu bringen. Er möchte auch sie retten und zu Gott zurückführen. Nehmen wir auch Hesekiel 33,7-9 diesbezüglich zu Herzen!
Gerechte und Gottlose
In den Versen 13 und 14 wird das Bild des Honigs gebraucht, um die Süssigkeit der göttlichen Weisheit, wie wir sie in der Bibel finden, aufzuzeigen. Wenn wir uns davon nähren, wird dies zu einer ungetrübten Gemeinschaft mit dem Herrn und zu einem ewigen Gewinn führen.
Solange wir als Glaubende hier leben, haben wir noch die Sünde in uns. Wir müssen zwar nicht mehr sündigen wie die Ungläubigen. Wenn wir jedoch nicht wachsam sind, kommen wir leicht zu Fall. So sagt Jakobus: «Wir alle straucheln oft» (Jakobus 3,2). Aber wir müssen nicht liegen bleiben, sondern dürfen als Kinder Gottes dem Vater unsere Sünden bekennen, seine väterliche Vergebung erfahren und dann den Glaubensweg weitergehen (1. Johannes 1,9).
Wie schlimm ist die Schadenfreude! Der Herr möge uns davor bewahren. Die Verse 17 und 18 stehen warnend in der Bibel, weil so etwas auch bei einem Gläubigen vorkommen kann.
Gottlose leben ohne geordnete Beziehung zu Gott. Wenn sie sterben, verlöscht ihre Leuchte, und das, wofür sie gelebt haben, ist zu Ende. Sie haben keine Hoffnung über den Tod hinaus und nur noch das Gericht zu erwarten (Vers 20; Hebräer 9,27).
Der Herr ist die oberste Instanz und der König eine von Ihm eingesetzte Autorität auf der Erde. Wir werden aufgefordert, uns nicht gegen diese Autoritäten aufzulehnen, sondern jedem die ihm zustehende Ehre zu erweisen. «Erweist allen Ehre; liebt die Brüderschaft; fürchtet Gott; ehrt den König» (1. Petrus 2,17).
Warnung vor Unrecht und Faulheit
Diese Sprüche werden nicht mehr direkt Salomo zugeschrieben. Doch sie stammen auch von weisen Menschen, und der inspirierte Schreiber dieses Bibelbuchs hat sie in seine Sammlung aufgenommen.
Richter, die Urteile fällen müssen, sollen sich nicht von der Person, die sie zu richten haben, beeinflussen lassen. Doch kein Mensch ist so absolut gerecht, dass er ganz ohne Ansehen der Person richtet. Das kann und tut nur Gott (1. Petrus 1,17).
Der 27. Vers gibt den göttlichen Grundsatz an, nach dem ein gläubiger Mann eine Ehe eingehen und eine Familie gründen soll: Zuerst kommt die Ausbildung und der Beruf. Erst wenn er eine Grundlage besitzt, auf der er eine Familie erhalten kann, soll er eine Ehe eingehen. Manche junge Christen übersehen dies leider und gehen schon als Studenten oder Lernende eine feste Beziehung ein.
Vers 29 deckt sich mit dem neutestamentlichen Hinweis: «Vergeltet niemand Böses mit Bösem … Wenn möglich, soviel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden» (Römer 12,17.18).
Die Verse 30-34 illustrieren die Folgen der Faulheit. Das Bild, das der Schreiber sieht und von dem er praktische Unterweisung empfängt, lässt sich auch auf geistliche Trägheit übertragen. Wenn wir in unserem Glaubensleben oder im Dienst für den Herrn träge und nachlässig werden, trägt unser Leben bald keine Frucht mehr für den Herrn. Zudem werden wir innerlich verarmen. Aber so weit wollen wir es nicht kommen lassen!
Weiser Umgang mit Worten
Die Kapitel 25 – 29 bilden einen weiteren Teil des Buchs der Sprüche. Diese Sprüche Salomos wurden erst zur Zeit von König Hiskia zusammengetragen. Doch auch sie gehören zum inspirierten Wort Gottes.
Der zweite Vers lässt uns an 1. Korinther 2,9 denken: «Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz aufgekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.» Wir als seine geliebten Kinder dürfen uns mit Königen vergleichen. Seit unserer Bekehrung besitzen wir den Heiligen Geist, durch den wir das erforschen können, was Gott uns offenbart hat.
Die Verse 6 und 7 ermahnen zur Demut. Auch der Herr Jesus fordert mit ähnlichen Worten zur Bescheidenheit auf (Lukas 14,7-11). Er, der auf der Erde immer den letzten Platz einnahm, ist uns darin das grosse Vorbild.
Wenn es um das Bestehen auf den eigenen Rechten geht, ist es immer gut, zurückhaltend zu sein (Verse 8-10). In 1. Korinther 6,7 geht der Apostel sogar noch einen Schritt weiter. Er fragt dort: «Warum lasst ihr euch nicht lieber unrecht tun? Warum lasst ihr euch nicht lieber übervorteilen?»
Durch die Illustrationen werden die Aussagen der Verse 11-15 so deutlich gemacht, dass sie nicht weiter erklärt werden müssen. Trotzdem bleibt ihre Verwirklichung schwierig. Sagen wir immer das richtige Wort zur rechten Zeit? Ist unser Tadel so weise, dass der andere sich nicht davor verschliesst? Sind wir treue Boten, die das Herz unseres Herrn erquicken?
Taktloses oder diszipliniertes Verhalten
Die Verse 16 und 17 sagen Ähnliches aus. Es geht um das Masshalten in verschiedener Beziehung. Auch wenn wir etwas Schönes oder Gutes geniessen, sollte dies mit Mass geschehen. Und der Kontakt mit dem Nächsten sollte nicht übertrieben werden. Ein freundschaftliches Verhältnis könnte schnell ins Gegenteil umschlagen. Vergessen wir nicht, dass dies eine Empfehlung der göttlichen Weisheit ist, und beachten wir sie!
Wie soll unser Verhalten zu den Menschen sein? Das zeigen uns die Verse 18-24. Sie warnen zunächst vor dem, der falsches Zeugnis ablegt, und vor solchen, die unser Vertrauen nicht verdienen. Aber sie zeigen auch, wie schnell wir andere verletzen können: Wenn wir einem traurigen Herzen sagen: «Es ist nicht so schlimm!» und ihm ein Lied singen. Hingegen wird es nie umsonst sein, wenn wir jemand, der gegen uns ist, Liebe und praktische Hilfe erweisen.
Bei der guten Nachricht aus fernem Land (Vers 25) denken wir an das Evangelium, das vom Himmel gekommen und bis zu uns gelangt ist. Welch eine Freude für jeden betrübten Sünder, der die Botschaft, dass Jesus Christus auch für seine Sünden gestorben ist, im Glauben erfasst und Frieden mit Gott bekommt!
Wenn aber unser Leben als Christen zu wünschen übrig lässt, wird unser Zeugnis gegenüber den Ungläubigen beeinträchtigt. Das Evangelium ist dann kein frisches Wasser mehr, sondern ein durch uns getrübter Quell (Vers 26).
Der Narr
In den Versen des heute gelesenen Abschnitts geht es um die Toren oder Narren. Was sind das für Menschen? Was müssen wir uns darunter vorstellen? Wenn die Bibel von Toren spricht, meint sie nicht Menschen mit einer geistigen Behinderung. Im Buch der Sprüche werden all jene als Toren bezeichnet, die sich von der göttlichen Weisheit weder zurechtweisen noch belehren lassen. Oft ist ihnen ihr Zustand gar nicht bewusst, weil sie zu sehr von sich überzeugt sind (Vers 12).
Die Verse 4 und 5 widersprechen sich in keiner Weise. Sie zeigen vielmehr, dass wir uns mit unbelehrbaren Menschen, die Gott ablehnen, nicht in eine Diskussion einlassen sollten. Wir würden uns auf ihre Linie stellen. Hingegen können wir ihnen einfach das Wort Gottes entgegenhalten und damit zeigen, dass für uns nicht menschliche Weisheit, sondern die Bibel massgebend ist.
Wer sich mit Menschen näher einlässt, die von der Bibel als Toren bezeichnet werden, kann unangenehme, wenn nicht sogar ernste Folgen ernten. Wir wollen daher die Verse 6-10 nicht leichtfertig überlesen, sondern zu Herzen nehmen.
Der elfte Vers wird in 2. Petrus 2,22 zitiert, um das Verhalten der ungläubigen Menschen zu illustrieren, die sich nicht wirklich bekehrt, sondern nur äusserlich verändert haben. Trotz ihres frommen Anstrichs werden sie immer noch von den gleichen sündigen Wünschen angetrieben. Auch ein gut erzogener Hund behält seine ureigenen Leidenschaften.
Der Faule und der Streitsüchtige
Der Faule hat immer eine Ausrede, um seine mangelnde Aktivität zu entschuldigen. Alles ist ihm zu viel und zu beschwerlich. Um das Mass voll zu machen, glaubt er denen nicht, die versuchen, ihm seine verkehrte Haltung aufzuzeigen (Verse 13-16).
Die Aussage von Vers 17 ist deutlich genug: Verwickle dich nicht in Streitigkeiten, die dich nichts angehen! – Ohrenbläser sind Menschen, die etwas im Geheimen oder unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit weitersagen. Dadurch schüren sie den Zank. Leider gibt es auch immer solche, die für geheimnisvolle Mitteilungen ein offenes Ohr haben (Verse 20-22).
Die Lippen und was sie reden, können täuschen. So hat Judas Iskariot seinen Meister mit dem Kuss eines Freundes an seine Feinde verraten. Und wie mancher hat sein trügerisches Inneres mit schönen und schmeichelnden Worten verborgen. Doch einmal wird alles ans Licht kommen, spätestens am Tag des Gerichts, wenn jeder von uns vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden muss. Dann wird jeder für sich selbst Gott Rechenschaft ablegen müssen (Vers 26; Römer 14,10-12; 2. Korinther 5,10).
Haman im Buch Esther ist eine eindrückliche Illustration von Vers 27. Das Böse, das er plante und Mordokai zufügen wollte, hat ihn selbst getroffen. Schliesslich wurde er an seinen eigenen Galgen gehängt, den er für einen anderen aufgestellt hatte (Esther 7,10).
Egoismus oder Zuneigung
Keiner von uns weiss, was der morgige Tag mit sich bringt (Vers 1). Deshalb wollen wir bei unseren Zukunftsplänen vorsichtig sein und sagen: «Wenn der Herr will und wir leben, so werden wir auch dieses oder jenes tun» (Jakobus 4,15).
Warum ist Eifersucht schlimmer als Grimm und Zorn? Weil Zorn und Grimm sich nach einem Ausbruch wieder legen können, während die Eifersucht nie befriedigt ist (Vers 4).
Die Verse 5 und 6 beweisen, dass es Lebenssituationen gibt, wo eine Korrektur nötig wird. Keiner von uns ist fehlerfrei. Die Frage ist nur: Wie sieht unsere Korrektur, unsere Ermahnung oder unser Tadel aus? Handeln wir von oben herab oder in Abhängigkeit vom Herrn und in echter Liebe zum Nächsten (Galater 6,1)?
In Vers 8 geht es um einen Mann, der sich ungewollt weit weg von seinem Wohnort aufhält. Er sehnt sich nach Hause. Als Glaubende leben wir heute in einer Welt, die für uns ein fremdes Land ist. Unsere Heimat ist droben im Vaterhaus. Wir sind Himmelsbürger, auch wenn wir noch auf der Erde leben (Philipper 3,20.21).
Vers 12 erinnert uns an das Gericht, das der Welt bevorsteht. Die Klugen stellen die Glaubenden dar. Sie haben ihre Zuflucht zum Erlöser Jesus Christus genommen. Nun gilt ihnen das Wort des Herrn in Offenbarung 3,10: «Ich werde dich bewahren vor der Stunde der Versuchung.» Vor Beginn der Gerichte wird der Herr Jesus wiederkommen und all die Seinen zu sich nehmen. Die Ungläubigen aber werden nicht entkommen.
Weises Verhalten und weise Vorsorge
Aus Vers 14 wollen wir lernen, dass es nicht nur darauf ankommt, was man sagt. Ebenso wichtig ist, wann und wie man sich äussert. Wie leicht vergessen wir dies!
Die Verse 15 und 16 zeigen, dass eine zänkische Person nicht aufgehalten werden kann. Man kann es ihr nie recht machen. Immer findet sie einen Grund zum Streiten.
In Vers 17 geht es nicht nur um das Angesicht eines Mannes, sondern um seinen ganzen Charakter. Er wird durch den Kontakt mit anderen geformt. «Eisen wird scharf durch Eisen.» Für uns Gläubige bedeutet dies, dass wir die Gemeinschaft mit Gleichgesinnten suchen sollen, denn dadurch werden wir zum Guten beeinflusst.
Wenn andere uns rühmen oder loben, bedeutet das eine Prüfung für uns. Wie gehen wir damit um? Werden wir dadurch hochmütig oder bleiben wir demütig und bescheiden (Vers 21)?
Die Verse 23-27 beziehen sich auf einen guten und aufmerksamen Hirten. Er kümmert sich um das Wohl seiner Herde. Als Folge davon werden er und seine Familie zu Wohlstand kommen.
Das Gleiche gilt in geistlicher Hinsicht. Wenn die älteren Christen sich vom Herrn gebrauchen lassen und sich um die jüngeren Gläubigen kümmern, wird es der ganzen Familie Gottes gut gehen. Dabei ist es wichtig, dass Jung und Alt entsprechend ihrer geistlichen Bedürfnisse genährt werden. Dann wird niemand Mangel leiden. Alle werden vom geistlichen Wohlstand profitieren.
Unsere Einstellung zum Gesetz
Der erste Vers zeigt einerseits etwas von der Unruhe und Unsicherheit der ungläubigen Menschen und anderseits die Ruhe und Sicherheit, die der Glaubende in seinem Gott findet. Alle, die ihr Vertrauen auf den Herrn Jesus gesetzt haben, stehen auf der Seite des Stärkeren und wissen: Er hält alles in seiner Hand (Hebräer 1,3).
Vers 2 hat sich in der Geschichte Israels bewahrheitet. Ein gottesfürchtiger König wie z. B. David gab dem Land Sicherheit und Bestand. Als jedoch im Zehnstämme-Reich der Götzendienst überhandnahm, gab es eine Zeit, in der verschiedene Könige nacheinander an die Macht kamen – meistens gewaltsam (2. Könige 15).
Gott möchte nicht, dass wir auf unrechtmässige Weise reich werden (Verse 6.8). Er warnt uns auch vor dem Betrug des Reichtums (Vers 11).
Das Gebet ist untrennbar mit dem Hören auf das Wort Gottes und dem Befolgen seiner Anweisungen verbunden. Unmöglich kann Gott auf das Gebet eines Menschen reagieren, der sein Wort in den Wind schlägt (Vers 9).
Die in Vers 13 enthaltenen Grundsätze gelten für alle Zeiten. David beschreibt in Psalm 32,3.4, wie schlimm es ihm ergangen war, als er seine Übertretungen verbergen wollte. Auch der gläubige Christ, der in eine Sünde fällt, kann nur durch ein aufrichtiges Bekenntnis wieder mit seinem himmlischen Vater ins Reine kommen (1. Johannes 1,9). Das Bekennen ist wichtig, aber ebenso nötig ist das Meiden der Gefahren, die zur Sünde geführt haben, sonst wiederholt sie sich.
Unsere Einstellung zum Besitz
In Vers 14 geht es nicht um menschliche Angst, sondern um Gottesfurcht, d. h. um die Furcht, etwas zu tun, was Gott missfällt. – Die Verse 15 und 16a haben sich in der Geschichte der Völker wiederholt bewahrheitet. Wie mancher korrupte Herrscher hat sein Land in die Armut getrieben.
Der erste Mensch, auf den Vers 17 angewandt werden kann, ist Kain. Er sagte zum Herrn, dass er unstet und flüchtig sein werde auf der Erde (1. Mose 4,14). Gibt es für einen Mörder keine andere Aussicht? Doch! Wenn er seine Sünden bekennt, zum Erlöser Jesus Christus Zuflucht nimmt und an sein vollbrachtes Erlösungswerk glaubt, wird ihm Gott auch das schlimmste Vergehen vergeben (Jesaja 1,18).
Kann man auf zwei Wegen gehen (Verse 6.18)? Der Herr Jesus sagte einst: «Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon» (Lukas 16,13). Der Prophet Elia fragte das Volk Israel: «Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten?» (1. Könige 18,21). Wir Christen wollen manchmal mit dem Herrn und mit der Welt gehen. Doch das funktioniert nicht (2. Korinther 6,14-18)!
Die Verse 20, 22 und 25 zeigen etwas von den Folgen der Habsucht. Lasst uns auf den Herrn vertrauen! Er wird uns das zum Leben Nötige schenken. Weil Er immer mehr gibt als nur das Minimum, können wir auch denen weitergeben, die weniger oder nichts haben (Vers 27). – Gott will, dass wir die Eltern ehren und sie wenn nötig unterstützen (1. Timotheus 5,8). Wer das Gegenteil tut und sie beraubt, ist ein Genosse des Verderbers (Vers 24).
Der schädliche Einfluss des Gottlosen
Wir können Vers 1 sicher auch auf das Evangelium anwenden. Für den, der das Angebot der Rettung durch den Erlöser Jesus Christus immer wieder zurückweist, kann es einmal plötzlich zu spät sein.
Der dritte Vers hat sich in Lukas 15 bewahrheitet, aber in umgekehrter Reihenfolge. Zuerst richtete der Sohn durch ein ausschweifendes Leben das Vermögen zu Grunde. Doch nachdem er mit einem aufrichtigen Schuldbekenntnis nach Hause zurückgekehrt war, freute das den Vater zutiefst (Lukas 15,13.24).
Wenn uns geschmeichelt wird, weckt dies unseren Hochmut. Doch das ist gerade das Netz, durch das wir zu Fall kommen können (Vers 5; Sprüche 16,18).
In den Versen 6-11 ist wiederholt von den Gerechten oder Weisen die Rede. Das sind gläubige Menschen, die ihr Leben nach den göttlich weisen Anordnungen der Bibel führen möchten. Sie und ihr Verhalten stehen im Gegensatz zu den ungläubigen Menschen, die leben, ohne nach Gott und seinen Ansprüchen zu fragen. Wie gross ist doch der Unterschied zwischen einem Leben des Glaubens und des Gottvertrauens und einem Leben des Unglaubens und des Eigenwillens!
Vers 12 zeigt die Verantwortung, die eine Autoritätsperson hat. Ihr Verhalten wirkt sich auf ihre Untergebenen aus.
Im Zusammenleben der Menschen in dieser Welt gibt es soziale Unterschiede (der Arme, der Bedrücker). Doch vor Gott und seinem Licht verschwinden diese Differenzen.
Wie reagieren wir auf Zurechtweisung?
Die Obrigkeit – in Vers 14 im Bild des Königs – ist verantwortlich, gerecht zu handeln. Wenn sie es tut, wird Gott als höchste Instanz dafür sorgen, dass eine solche Regierung Bestand hat.
Die Erziehung der Kinder verlangt von den Eltern vollen Einsatz. Wenn wir diese Aufgabe nicht ernst genug nehmen oder sie sogar vernachlässigen, wird dies für uns und unsere Kinder böse Folgen haben (Verse 15.17).
Vers 20 erinnert an Sprüche 15,28 und an Jakobus 1,19. Haben wir nicht alle mehr oder weniger Probleme damit, dass wir in unseren Worten zu hastig sind? Der Herr kann uns helfen, zuerst zu überlegen und erst dann zu antworten.
Stolz kommt aus unserer alten Natur und wird immer negative Folgen haben (Vers 23). Wahre Demut aber lernen wir bei unserem Herrn, der von sich sagen konnte: «Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig» (Matthäus 11,29; Philipper 2,3.4).
Manche Gläubige haben Mühe mit der Menschenfurcht (Vers 25). Wie können wir sie überwinden? Nur durch ein festes Vertrauen in unseren Herrn. Er will uns Kraft zu einem treuen und klaren Zeugnis geben, ohne uns vor den möglichen Konsequenzen zu fürchten. Aus eigener Kraft werden wir dies nie schaffen.
Wir wollen unsere Hilfe nicht von Menschen, sondern vom Herrn erwarten (Vers 26).
Vers 27 zeigt zum Schluss noch einmal den grossen, unüberbrückbaren Unterschied zwischen einem Glaubenden und einem Ungläubigen auf.
Die Worte Agurs (1)
Wir wissen nicht, wer Agur war, der die Worte in diesem Kapitel unter der Leitung des Heiligen Geistes ausgesprochen hat (Vers 1). Aber Gott hat dafür gesorgt, dass es den Sprüchen von Salomo hinzugefügt wurde.
Die Aussagen Agurs zeugen von der göttlichen Weisheit, die er besass. Er selbst aber bezeichnet sich in aller Demut als einer, der nichts weiss. In Vers 4 stellt er einige Fragen über die Grösse und Allmacht Gottes. Wie nötig haben wir es, über die Majestät unseres Schöpfers nachzudenken, um demütig zu bleiben! Ähnlich wie in Psalm 2,7 finden wir am Schluss von Vers 4 bereits einen Hinweis auf den Sohn Gottes. Die eigentliche Offenbarung des ewigen Sohnes Gottes finden wir jedoch erst im Neuen Testament, wo auch von seiner Menschwerdung berichtet wird (Johannes 1,1.14.18).
Der grosse Gott hat sich uns Menschen durch sein geschriebenes Wort offenbart. Die Bibel ist die Wahrheit. Sie gibt uns Antwort auf die Fragen, die wir Menschen haben. Die wörtlich inspirierte Heilige Schrift ist zugleich Autorität, unter die wir uns zu beugen haben (Vers 6; vergleiche 5. Mose 4,2; 13,1; Offenbarung 22,18.19). Sie ist das felsenfeste Fundament unseres Glaubens.
Agur erkannte die Gefahren sowohl der Armut als auch des Reichtums. Darum bat er Gott aufrichtig, ihn vor beidem zu bewahren. Er wollte mit dem zufrieden sein, was Gott ihm zugedacht hat, und ganz von Ihm abhängig bleiben. Ist das auch unser Wunsch?
Die Worte Agurs (2)
Was ist das für ein Geschlecht, das Agur in den Versen 11-14 beschreibt? Es sind die ungläubigen und gottlosen Menschen. Sie lehnen sich gegen die von Gott gegebenen Autoritäten auf, sind selbstgerecht, stolz und gewalttätig, vor allem gegenüber den Schwächeren.
Der Schreiber dieser Verse war ein guter Naturbeobachter. Aus dem, was er sah, zog er Lehren für sein Leben. So beschreibt er anhand verschiedener Beispiele die Unersättlichkeit des natürlichen Menschen, ja, unseres eigenen Herzens. Wahre Befriedigung findet der Mensch nur beim Herrn Jesus. Bei Ihm kommt das Herz zur Ruhe (Matthäus 11,28).
Wie ernst sind die Verse 11 und 17! Sie stehen im Gegensatz zum fünften Gebot, das im Neuen Testament bestätigt wird: «Ehre deinen Vater und deine Mutter» (Epheser 6,2).
In den Versen 18 und 19 beschreibt Agur vier Wege, die nicht nachvollziehbar sind. Vom Flug eines Adlers, vom Weg einer Schlange auf dem Felsen und von der Fahrt eines Schiffes im Wasser bleibt nichts Sichtbares zurück. Ähnlich unerklärlich ist der Weg, den Gott einen gläubigen Mann führen möchte, wenn Er ihm die Frau nach seinem Plan schenken will. Gott macht es mit jedem Paar wieder anders. Keine zwei Lebenswege sind identisch. Wenn wir dem Herrn vertrauen und wirklich von Ihm abhängig bleiben, werden wir sehen, wie wunderbar Er einen Mann und eine Frau, die Er füreinander bestimmt hat, zusammenführt.
Die Worte Agurs (3)
In den Versen 21-23 werden vier Tatsachen erwähnt, unter denen «die Erde zittert». Wenn wir die aufgeführten Beispiele näher ansehen, geht es eigentlich darum, dass das Normale auf den Kopf gestellt wird. In der Anwendung für uns können wir sagen: Wenn der Mensch die Schöpfungsordnung nicht mehr respektieren will und alles umkehrt, werden tragische Folgen nicht ausbleiben.
Welche geistliche Bedeutung können wir aus den Versen 24-28 ableiten? Die Kleinen der Erde, die aber weise sind, geben ein Bild der Glaubenden ab. Sie gelten in der Welt nicht viel, sind oft verachtet und werden manchmal sogar verfolgt. Aber sie sind in die Gedanken Gottes eingeweiht. Durch den Herrn und den Heiligen Geist besitzen sie göttliche Weisheit (1. Korinther 1,30; 2,12-16).
- Die Ameisen: Als Gläubige leben wir nicht gedankenlos in den Tag hinein, sondern denken an die Zukunft.
- Die Klippdachse: Wir setzen unser Vertrauen auf den Herrn und sein Wort.
- Die Heuschrecken: Wir Christen haben keinen sichtbaren Führer, aber unter der Leitung des Heiligen Geistes dürfen wir gemeinsam den Weg des Glaubens in Ordnung und Frieden gehen.
- Die Eidechse: Wir sind an sich schwach und schutzlos. Aber wir haben eine Glaubensbeziehung zu Christus, der einmal als König der Könige herrschen wird – und wir mit Ihm.
Die Verse 29-31 lassen uns an den Herrn Jesus denken, wie Er als Mensch entschieden durch allen Widerstand hindurch nach Golgatha gegangen ist.
Die Worte Lemuels
Das letzte Kapitel der Sprüche enthält die Worte des Königs Lemuel. Wir wissen nicht, wer dieser Lemuel war, denn kein König von Israel oder Juda trug diesen Namen. Vielleicht war er ein Mann aus den Nationen wie Melchisedek, der König von Salem (1. Mose 14,18-20).
In den Versen 2-9 gibt Lemuel die weisen Worte weiter, mit denen seine Mutter ihn unterwiesen hat. Zuerst warnt sie ihren Sohn vor zwei Gefahren: vor sexueller Zügellosigkeit und vor Drogenmissbrauch. Diese Gefahren drohen heute auch unseren Kindern. Haben wir sie genügend davor gewarnt?
Wenn wir nach der geistlichen Bedeutung dieser Verse fragen, dann sind sie eine Warnung an alle Glaubenden. Wir sollen uns vor den Verführungen der Welt, die unsere fleischlichen Begierden ansprechen, in Acht nehmen, und in allem nüchtern bleiben (2. Timotheus 4,5), damit unser geistliches Urteilsvermögen nicht beeinträchtigt wird.
In den Versen 8 und 9 ruft die Mutter Lemuels ihren Sohn auf, als König barmherzig zu handeln. Weil er als Regent die Möglichkeit hat, den Benachteiligten zu helfen, soll er es auch tun. – Und wir? Wir werden an Jakobus 1,27 erinnert, wo uns echte Glaubenspraxis vorgestellt wird:
- Waisen und Witwen in ihrer Drangsal besuchen,
- sich selbst von der Welt unbefleckt erhalten.
Die tüchtige Frau (1)
Das Buch der Sprüche schliesst mit der Beschreibung einer gottesfürchtigen Frau. Sie ist die Ehefrau eines ebenfalls gottesfürchtigen Mannes, der aber nur nebenbei erwähnt wird. Ihr ganzes Verhalten ist nicht von menschlicher, sondern von göttlicher Weisheit geprägt, wie wir sie in diesem Buch immer wieder gefunden haben.
Wenn wir uns fragen, was der Nutzen eines solchen Abschnitts für uns Christen ist, dann gibt es sicher verschiedene Antworten. Zunächst bekommt jede gläubige Ehefrau aus diesen Versen praktische Hinweise für ihr eigenes Leben. Weiter können wir die Worte auch geistlich auf uns als Gläubige übertragen, die ein Leben des Fleisses und der Treue für unseren Herrn führen möchten. Vielleicht dürfen wir in dieser tüchtigen Frau auch einen Hinweis auf die Versammlung – d. h. die Gesamtheit der Erlösten der Gnadenzeit – sehen, die im Neuen Testament als die Braut oder Frau von Christus gesehen wird.
Wir sind beeindruckt vom Eifer dieser Frau und vom Einsatz, den sie in ihrem häuslichen Bereich an den Tag legt. Sie beschämt uns sowohl in praktischer als auch in geistlicher Hinsicht. Doch wir wollen von ihr lernen und uns mit der Hilfe unseres Herrn an dem Platz, wo Er uns hingestellt hat, voll einsetzen und unsere Aufgaben treu erfüllen. Unsere Hingabe wird sein Herz erfreuen.
Die tüchtige Frau (2)
Aus diesem Abschnitt wollen wir einige praktische Hinweise für die gläubige Ehefrau in ihrem Tätigkeitsbereich herausgreifen:
- In Vers 20 sehen wir, wie sie nicht nur an ihr eigenes Haus und ihre Familie denkt. Sie hilft auch solchen, die nicht zu ihrem Kreis gehören, aber elend und arm sind. – Haben wir auch offene Augen und eine gebende Hand für die Nöte anderer, oder denken wir nur an uns?
- Viele Verse dieses Abschnitts beschreiben die fleissige Tätigkeit dieser Frau. Doch in Vers 26 geht es um ihren Mund. Jede Hausfrau und Mutter sollte auch einmal die Hände ruhen lassen und Zeit finden, sich mit ihren Kindern zu unterhalten, auf ihre Fragen und Probleme einzugehen, und dann eine mütterliche Antwort geben.
- Vers 27 zeigt, wo die Hauptverantwortung einer Ehefrau und Mutter liegt: in ihrem Haus. Da überwacht sie die Vorgänge. Sie weiss z. B. was im Leben ihrer Kinder vorgeht, was für Kontakte diese haben, was sie lesen oder sich ansehen. Sind die Kinder einmal erwachsen, werden sie dankbar sein, eine solche Mutter und ein solches Zuhause gehabt zu haben (Vers 28).
- Wie wichtig ist der 30. Vers! Sicher möchte jede Frau gern schön und anziehend sein. Doch viel wichtiger als äussere Schönheit ist die Gottesfurcht. «Eine Frau, die den Herrn fürchtet, sie wird gepriesen werden.»
Einleitung
Nachdem der Apostel Paulus den ersten Brief an die Versammlung in Korinth geschrieben hatte, sandte er zuerst Timotheus und dann Titus nach Korinth.
- Timotheus sollte feststellen, wie die Gläubigen dort den ernsten und korrigierenden Brief aufgenommen hatten.
- Titus hatte den Auftrag, die weitere geistliche Entwicklung der Versammlung in Korinth zu beobachten.
Als der Apostel von Titus einen vorwiegend guten Bericht über die Korinther bekam, konnte er Gott dafür danken. In der Folge schrieb Paulus den zweiten Brief, um ihnen auf dem guten Weg weiterzuhelfen.
Im zweiten Korinther-Brief stellt der Apostel seinen Dienst vor. Er zeigt auch, wie ein Christ, der in Sünde gefallen ist, wiederhergestellt wird. Dann gibt er Anweisungen über das Verwalten der materiellen Gaben. Schliesslich muss er sein Apostelamt gegen ungerechtfertigte Angriffe verteidigen.
Trost von Gott
Der zweite Brief des Apostels Paulus an die Korinther ist kein eigentlicher Lehrbrief wie der erste. Er enthält neben den wenigen belehrenden Abschnitten viele Passagen, in denen die persönlichen Empfindungen von Paulus zum Ausdruck kommen. Wir finden darin die inneren Motive seines Dienstes für seinen Herrn und sein Wunsch nach völliger Wiederherstellung der Herzensgemeinschaft mit den Korinthern. Die Worte «Dienst», «Trost» und «trösten» kommen in diesem Brief besonders häufig vor.
In Vers 3 beginnt der Schreiber mit einem Lobpreis gegenüber unserem Gott und Vater. In seinem Leben erfuhr der Apostel Paulus Leiden verschiedener Art. Von Heiden und ungläubigen Juden wurde er immer wieder verfolgt. Er litt als ein Nachfolger des verachteten Jesus von Nazareth und er litt, weil er eine Botschaft verkündigte, die alle Menschen auf die gleiche Stufe vor Gott stellte – als verlorene Sünder –, aber allen die wunderbare Errettung in Jesus Christus vorstellte.
Besondere innere Nöte bereitete ihm der Zustand der Korinther. Wie sehr hoffte er auf eine Wendung zum Besseren. Die Nachricht von Titus war ihm ein grosser Trost (2. Korinther 7,6-9).
Gott selbst tröstete seinen Apostel. Was er von Gott empfing, befähigte ihn, andere zu trösten. Das gilt auch für uns. Wenn wir die Liebe und das Erbarmen Gottes in unseren Lebenssituationen erfahren haben, dürfen wir anderen davon erzählen. – Paulus hoffte, dass die Korinther ähnliche Erfahrungen mit dem Trost Gottes machen würden, wie er sie selbst erlebte.
Grosse Bedrängnis
Mit der Bedrängnis, die dem Apostel und seinen Mitarbeitern in Asien widerfahren war, meinte er den Widerstand und die Verfolgung in Ephesus (Apostelgeschichte 19). Es ging damals um Leben und Tod. Sie meinten, nicht lebend aus diesem Tumult herauszukommen.
Auch andere Knechte des Herrn kamen in so grosse Nöte, dass sie am Leben verzweifelten (Elia: 1. Könige 19,1-4; Jeremia: Jeremia 20,14-18). Aber einer, der es schwerer hatte als alle Übrigen, verzweifelte nicht am Leben, sondern unterwarf sich mit einem «Ja, Vater» in allem dem Willen seines Gottes: unser Herr und Heiland!
Gott hielt seinen Knecht Paulus aufrecht. Er wurde nicht beschämt, sondern konnte sowohl von einer hinter ihm liegenden Errettung Gottes als auch von einer gegenwärtigen und einer zukünftigen schreiben. Er freute sich, dass auch die Korinther für ihn gebetet hatten. Wie wichtig ist die Fürbitte für die Diener des Herrn! Eine Aufgabe für dich und für mich!
Warum erwähnt der Apostel ab Vers 12 sein Verhalten und die Weise, wie er bei den Korinthern gelebt hatte? Was er ihnen schrieb, war nichts anderes, als was sie von ihm wussten. Es waren falsche Propheten und falsche Apostel nach Korinth gekommen, die durch unwahre Aussagen das Vertrauen der Korinther in den Apostel Paulus untergraben hatten. Die Folge war, dass er von den Briefempfängern nur noch zum Teil anerkannt wurde.
Gott ist treu
Paulus hatte vor, einen zweiten Besuch in Korinth zu machen. Doch es kam anders. Wenn er in jenem Moment gegangen wäre, hätte er bei ihnen in der Autorität als Apostel auftreten müssen. Doch er wollte sie schonen. Konnte man ihn deswegen als wankelmütig bezeichnen, der einmal so und dann wieder anders entscheidet? Sicher nicht! Indem Gott alles lenkte, schenkte Er uns diesen Brief als Teil seines inspirierten Wortes.
Die Menschen mochten Paulus angreifen. Aber das, was er zusammen mit Silvanus und Timotheus den Korinthern gepredigt hatte, war das unveränderliche Wort Gottes. Es war die Botschaft von Jesus Christus, dem Sohn Gottes, der nie ein Wort richtigstellen und nie eine Entscheidung rückgängig machen musste. In Ihm ist alles Ja. So ist es auch mit den Verheissungen Gottes. Sie sind uns im Herrn Jesus gesichert.
Die Verse 21 und 22 enthalten drei Wahrheiten im Blick auf den Heiligen Geist, der in jedem Gläubigen wohnt:
- Wir sind mit dem Heiligen Geist gesalbt. Das befähigt uns, das aufzunehmen und zu verstehen, was von Gott kommt (1. Johannes 2,20).
- Wir sind mit dem Heiligen Geist versiegelt. Das ist der Stempel, den Gott auf jeden Glaubenden drückt und damit bestätigt, dass er sein Eigentum ist.
- Wir besitzen den Heiligen Geist als Unterpfand. Er ist die sichere Garantie für alles, was wir heute noch nicht besitzen, aber in der Zukunft empfangen werden. Über diese zukünftige Herrlichkeit dürfen wir uns heute schon freuen.
Vergeben
Jetzt kommt der Apostel auf seinen ersten Brief an die Korinther zu sprechen. Er hatte nicht leichtfertig geschrieben (Vers 4). Es war vielmehr die Liebe zu den Korinthern, die ihn bewogen hatte, in allem Ernst über die in Korinth vorgefallenen Sünden zu schreiben. Sein Ziel war eine völlige Wiederherstellung, damit er sich wieder ungetrübt mit den Korinthern freuen konnte. Aber so weit war es scheinbar noch nicht.
Ab Vers 5 spricht Paulus von dem Mann, der wegen Hurerei von der Gemeinschaft am Tisch des Herrn ausgeschlossen werden musste (1. Korinther 5). In dieser Hinsicht war der erste Brief nicht ohne Wirkung geblieben. Die Korinther, die vorher das Böse in ihrer Mitte geduldet hatten, hatten nun als Versammlung gehandelt. Das ist «die Strafe, die von den Vielen ist». Sie war nicht vergeblich gewesen, sie hatte ihr Ziel erreicht. Der Fehlbare hatte sich wirklich gebeugt. Nun war es an der Versammlung, dem Ausgeschlossenen gegenüber Liebe zu erweisen, damit er nicht durch übermässige Traurigkeit in die Verzweiflung getrieben wurde. Wenn die Korinther dem Mann vergeben würden, wollte auch Paulus ihm vergeben.
Vers 11 zeigt, dass der Teufel im Angriff auf die Gläubigen zwei Taktiken anwendet. Die eine ist Gleichgültigkeit gegenüber dem Bösen. Damit hatte er in 1. Korinther 5 Erfolg. Die zweite ist Herzenshärte gegenüber echter Betrübnis und Buße. Hüten wir uns auch vor dieser Schlinge des Teufels!
Der Triumph Gottes
Auf dem Weg von Ephesus nach Mazedonien machte der Apostel Paulus in Troas Halt, wo er eine vom Herrn geöffnete Tür für das Evangelium vorfand. Warum blieb er nicht dort? Er war innerlich zu sehr beunruhigt, weil er Titus nicht fand, von dem er Nachricht aus Korinth erwartete. Er musste wissen, wie sie seinen ersten Brief aufgenommen hatten. So zog er weiter nach Mazedonien, wo er Titus schliesslich traf (2. Korinther 7,6.7).
Ab Vers 14 spricht Paulus von seinem Dienst, den er mit dem Triumphzug eines siegreichen römischen Feldherrn vergleicht. Dabei ist er selbst wie ein Weihrauchträger, die diese Triumphzüge begleiteten. In einem solchen Zug befanden sich Gefangene des besiegten Volkes. Die einen wurden begnadigt, andere getötet. Für die einen war der Weihrauchgeruch ein Geruch zum Leben, für die anderen ein Geruch zum Tod.
Im Dienst des Herrn verbreitete der Apostel Paulus überall, wohin er gelangte, das Evangelium der Gnade von Jesus Christus. Für alle, die die Botschaft und den Heiland im Glauben annahmen, war es «ein Geruch vom Leben zum Leben». Für die anderen aber, die es im Unglauben oder in Gleichgültigkeit ablehnten, war die gleiche Botschaft «ein Geruch vom Tod zum Tod». Sie gingen wegen des Unglaubens verloren.
Der letzte Vers ist eine weitere Antwort an solche, die ihm eine Verfälschung des Wortes Gottes unterschoben. Er gab nur das von Gott empfangene Wort weiter.
Ein Brief Christi
Weil es in Korinth Menschen gab, die sowohl das Apostelamt als auch den Dienst von Paulus infrage stellten, musste er von sich reden. Doch er brauchte sich bei ihnen nicht zu empfehlen. Die Korinther selbst waren sein «Brief». Durch seinen Dienst hatten sie sich bekehrt, und so war in jener Stadt durch die Wirkung des Heiligen Geistes eine Versammlung entstanden. Gemeinsam waren sie ein Brief Christi, der von allen Menschen gelesen wurde. Der Inhalt des Briefs war Christus. Paulus hatte den Namen des Herrn Jesus auf die Tafeln ihrer Herzen geschrieben. Es fragte sich nur, ob man diesen Namen noch lesen konnte oder ob er durch das ungeistliche Verhalten der Korinther weitgehend unleserlich geworden war.
Der Hinweis auf die Empfehlungsbriefe ist immer noch gültig. Damals und heute sollten Gläubige, die eine örtliche Versammlung aufsuchen, wo man sie nicht kennt, einen Empfehlungsbrief von ihrem Ort mitbringen. So wissen die Gläubigen, wenn ein Fremder kommt, dass er ein Bruder ist und von seiner «Heimatversammlung» zur vollen Gemeinschaft (am Tisch des Herrn) mit ihnen empfohlen wird.
In aller Demut und Abhängigkeit von Gott bekennt der Apostel, dass er nicht aus sich heraus tüchtig ist. Er setzt sein Vertrauen auf Gott, der ihn befähigt, den Dienst zu tun, zu dem Er ihn berufen hat. Die Verkündigung des Evangeliums und der Wahrheit über die Versammlung steht im Kontrast zur Gesetzgebung am Sinai: jetzt ein Dienst des Geistes, der lebendig macht – damals ein Dienst des Buchstabens, der tötet.
Die Herrlichkeit des Herrn anschauen
Die Verse 7-16 stehen in einer Klammer. In diesem Abschnitt zeigt der Apostel den grossen Unterschied zwischen dem Bund vom Sinai, der das Gesetz zur Grundlage und zum Inhalt hat, und dem Evangelium. Der alte Bund ist ein Dienst des Todes und ein Dienst der Verdammnis. Die Verkündigung des Evangeliums aber ist ein Dienst des Geistes und ein Dienst der Gerechtigkeit.
Die Einführung des Gesetzes geschah mit äusserer Herrlichkeit. Doch das Leuchten verschwand wieder vom Angesicht Moses. Die Wolke der Herrlichkeit verliess den Gipfel des Sinai. Weil das Gesetz vom Menschen Gerechtigkeit fordert, ihm aber keine Kraft gibt, so zu leben, wird es weggetan, um dem Evangelium der Gnade Platz zu machen.
Die Grundlage des Evangeliums ist der Opfertod von Jesus Christus am Kreuz. Weil unser Heiland alle Forderungen Gottes erfüllte und an unserer Stelle die gerechte Strafe Gottes auf sich genommen hat, kann Gott jetzt jedem Glaubenden vergeben und Gnade erweisen. Doch viele Juden ziehen bis heute das Gesetz dem Herrn Jesus vor. Sie sehen beim Lesen des Alten Testaments nicht, dass Christus alles erfüllt hat. Eine Decke liegt auf ihren Herzen.
Jeder aber, der das Evangelium im Glauben annimmt, empfängt von Gott neues Leben und den Heiligen Geist. So ist er fähig, Gott wohlgefällig zu leben. Mit aufgedecktem Angesicht sieht er die Herrlichkeit seines Erlösers. Das wird praktische Auswirkungen auf sein Leben haben. Er wird Ihm ähnlicher.
Das Evangelium der Herrlichkeit
In Kapitel 3 geht es um den Dienst, der dem Apostel Paulus anvertraut worden war. Er hat ihn als eine Gnade, als ein Geschenk vom Herrn empfangen. Jetzt stehen die Merkmale des Dieners vor uns.
Trotz des Widerstands, dem er da und dort begegnete, wurde er nicht mutlos. Stets bemühte er sich mit seinen Mitarbeitern um ein Leben der Gottesfurcht. Es sollte wirklich eine Empfehlung für die Wahrheit sein, die sie verkündeten. Im Gegensatz zu den falschen Lehrern, die ihre Botschaft oft zuerst im Geheimen weitersagen, mit Schlauheit vorgehen und das Wort Gottes verfälschen, war beim Apostel alles offen, ehrlich und durchsichtig.
Trotz der klaren Botschaft und ihres herrlichen Inhalts und trotz der Treue, in der diese Zeugen ihren Dienst taten, verschlossen sich viele Menschen dem Evangelium. Das ist heute noch so. Durch den Unglauben verblendet Satan, der Gott dieser Welt, den Sinn von vielen. Wer seinen Unglauben nicht aufgeben will, geht ewig verloren.
Glücklicherweise ist Gott immer noch am Werk, um Menschenherzen zu überführen, damit das Evangelium auch in ihre Herzen leuchtet. Dann werden durch den Unglauben verfinsterte Herzen dahin gebracht, sich dem Heiland zu öffnen. Wenn sie diese Botschaft, die Jesus Christus als Herrn zum Inhalt hat, annehmen, wird sich das nach aussen zeigen. Es strahlt etwas vom Herrn Jesus zurück.
Ein Schatz in irdenen Gefässen
Der Schatz ist das Evangelium der Herrlichkeit, dessen Inhalt Christus ist, der als Mensch Gott in allem offenbart hat. Er hat gezeigt, was Gott in sich ist: Licht und Liebe.
Das irdene Gefäss, in dem sich dieser Schatz befindet, ist der schwache Mensch, der diese Botschaft predigt. Paulus wusste, wie zerbrechlich er in sich selbst war. Den Dienst für seinen Herrn konnte er nur in der Kraft Gottes vollbringen.
Die Verse 8 und 9 zeigen etwas von den Nöten des Apostels, die er in seinem Dienst durchzumachen hatte. Doch die Hilfe des Herrn hielt ihn aufrecht.
Wann wird das Leben Jesu an uns offenbar? Wenn nicht mehr unser Ich, sondern der Wille Gottes zum Zug kommt. Im Leben unseres Herrn galt nur der Wille seines Gottes und Vaters. Er lebte stets zu Gottes Wohlgefallen. Wo endet ein solcher Weg der Selbstverleugnung? Nicht im Tod, sondern in der Auferstehung und in der Herrlichkeit bei und mit dem Herrn Jesus!
Die Schlussverse unseres Kapitels ermuntern jedes geprüfte Kind Gottes, von den Umständen weg auf die ewige Herrlichkeit zu blicken. Gerade beim Älterwerden spürt der Gläubige den Verfall des äusseren Menschen. Aber das neue Leben, das wir seit unserer Bekehrung besitzen, unser innerer Mensch, altert nicht. Und gemessen an der vor uns liegenden ewigen Herrlichkeit ist das jetzige Leben, das mühsam und schwer sein kann, schnell vorübergehend und leicht.
Die irdische Hütte, das himmlische Haus
Wenn der Apostel schreibt: «Wir wissen …», dann denkt er sicher an 1. Korinther 15. In jenem Kapitel hat er den gleichen Empfängern die leibliche Auferstehung der Gläubigen erklärt. Der Körper, den wir jetzt haben – er wird als irdisches Haus oder Hütte bezeichnet –, gehört zur ersten Schöpfung. Er ist noch nicht erlöst. Deshalb seufzen wir in diesem Körper (Römer 8,23). Doch wir wissen, dass wir einen Herrlichkeitsleib – einen Bau von Gott – bekommen werden. Er wird dem Leib unseres verherrlichten Erlösers gleichförmig sein (Philipper 3,21).
Nach dieser «Behausung» sehnen wir uns. Aber der Apostel erwartet nicht den Tod und die Auferstehung, sondern das Kommen des Herrn zur Entrückung. Dann wird der sterbliche Körper aller dann lebenden Gläubigen vom Leben verschlungen werden, d. h. in einen unsterblichen Herrlichkeitsleib verwandelt werden. Das ist die Hoffnung der Christen. Die Garantie dafür ist der Heilige Geist, der in uns wohnt. Wenn Christus kommt, werden alle gestorbenen Gläubigen mit einem Herrlichkeitsleib auferstehen und die dann lebenden werden verwandelt werden.
Heute halten wir das alles im Glauben fest. Wir sind noch nicht zum Schauen gelangt. Bis es soweit ist, hat jeder von uns eine Aufgabe an dem Platz zu erfüllen, wo der Herr ihn hingestellt hat. Solange Er uns hier lässt, beeifern wir uns, Ihm wohlgefällig zu leben. Am Richterstuhl des Christus wird unser Leben ins Licht Gottes gestellt werden. Dann wird der Herr all das belohnen, was seine Anerkennung findet.
Lasst euch versöhnen mit Gott!
Alle Menschen müssen einst vor dem Herrn Jesus als dem Richter erscheinen. Die Gläubigen werden offenbar (ins Licht Gottes gestellt), aber nicht gerichtet. Für die Ungläubigen hingegen wird die Begegnung schrecklich sein. Dieser Gedanke sollte uns anspornen, die Menschen, die noch unversöhnt mit Gott dahinleben, zu überreden, mit Gott ins Reine zu kommen. Aber nicht nur der Schrecken des göttlichen Gerichts, sondern auch die Liebe des Christus – seine Liebe zu den Verlorenen – drängt uns, diesen Dienst der Versöhnung zu tun.
Die Verse 11-13 handeln vom Verhältnis zwischen den Korinthern und dem Apostel. Er wollte sich nicht verteidigen. Durch seinen Dienst und sein Verhalten empfahl er sich jedem Gewissen der Menschen vor Gott.
Christus ist für alle gestorben, weil alle geistlich tot waren (Vers 14; Epheser 2,1). Aber sein Opfertod kommt nur denen zugut, die an Ihn glauben. Wer dieses Erlösungswerk für sich in Anspruch nimmt, dem öffnet sich ein ganz neues Leben. Er ist eine neue Schöpfung und lebt nicht mehr für sich selbst, sondern für seinen Heiland.
Gott kam in der Person des Herrn Jesus auf diese Erde und bot den Menschen die Versöhnung an. Doch als Antwort darauf kreuzigten sie Ihn, den Sohn Gottes. Aber Gott hat bis jetzt nicht aufgehört, den Menschen seine Gnade anzubieten. Wir dürfen diese Botschaft der Versöhnung weitersagen. Grundlage dafür ist der Tod Dessen, der Sünde nicht kannte, aber für uns zur Sünde gemacht worden und gestorben ist.
Der Tag des Heils
Im ersten Vers warnt der Apostel vor einem vergeblichen Empfangen der Gnade Gottes. Diese Ermahnung richtet sich einerseits an solche, die sich äusserlich zu den Gläubigen halten, aber selbst kein neues göttliches Leben besitzen. Sie haben die Gnade nur äusserlich, aber nicht im Herzen aufgenommen. Diese Warnung spricht auch Gläubige an, die sich weder konsequent von der Welt trennen, noch entschieden für den Herrn leben. In ihrem Leben hat die Gnade ihr Ziel noch nicht erreicht (Titus 2,11.12).
Das Verhalten und die Einstellung eines Dieners des Herrn beeinflussen seine Arbeit viel stärker als wir oft meinen. Paulus und seine Mitarbeiter bemühten sich, alles zu vermeiden, was sich negativ auf ihren Dienst ausgewirkt hätte.
In jeder Hinsicht erwiesen sie sich als Gottes Diener. In den schwierigen Umständen, die in den Versen 4 und 5 aufgezählt werden, bewiesen sie Ausharren und Geduld. Die Verse 6 und 7 erwähnen die moralischen Merkmale des Ausharrens dieser Knechte des Herrn.
In den Verse 8-10 nennt der Apostel eine Reihe paradoxer Zustände. Woher kommen diese Gegensätze? Wer seinem Herrn und Erlöser treu nachfolgt und nur für Ihn leben will, wird nicht von allen verstanden. Die einen sagen Gutes über ihn, die anderen behaupten das Gegenteil. Für die einen war Paulus ein Apostel des Herrn, für die anderen ein Verführer. Er erlebte viel Trauriges in seinem Dienst, aber die Freude am Herrn konnte ihm niemand nehmen.
Absonderung
Paulus war ein Mann mit weitem Herzen, weil er, abgesondert von der Welt, Christus zum Mittelpunkt hatte und mit Ihm in die Weite seiner Interessen eintrat. Die Korinther aber waren gegenüber dem Apostel zugeknöpft. Sie hielten ihre Zuneigungen zu ihm zurück. Wo lag die Ursache? Sie hatten sich von der Welt beeinflussen lassen. Der weltlich gesinnte Gläubige verengt sich auf seine eigenen selbstsüchtigen Interessen.
Paulus ermahnt die Korinther und auch uns, weit zu werden und zwar durch konsequente Absonderung von der Welt. Dabei geht es um ihre Ideen, ihre Institutionen, aber auch um die ungläubigen Menschen. Als Glaubende leben wir zwar noch in der Welt, aber wir gehören nicht mehr zu ihr (Johannes 17,11.15.16).
Das ungleiche Joch mit Ungläubigen bezieht sich z. B. auf die Ehe, eine Partnerschaft im Geschäft, die Mitgliedschaft einer politischen Partei oder eine Zusammenarbeit auf religiösem Gebiet. «Welche Gemeinschaft hat Licht mit Finsternis?» Keine! Wenn daher ein Gläubiger mit der Welt zusammen ihre Ziele verfolgt, gibt er unweigerlich den himmlischen Charakter des wahren Christentums auf.
Wer den Weg der Absonderung entschieden verfolgt, wird die Vertrautheit der praktischen Gemeinschaft mit Gott erfahren. Wenn wir uns klar von der Welt trennen, nimmt der grosse Gott uns auf. Unsere Beziehung zu Ihm gleicht dann der, die ein Vater mit seinen erwachsenen Kindern pflegt.
Das Herz des Dieners
Die Verheissung, dass Gott uns väterlich aufnehmen wird, wenn wir uns von der Welt absondern, sollte auch zu einer inneren Reinigung führen. Diese Reinigung umfasst jede Befleckung des Fleisches und des Geistes, d. h. der Gedanken. Lasst uns mehr nach praktischer Heiligkeit streben sowohl persönlich als auch gemeinschaftlich als Versammlung!
Die Gefahr besteht, dass wir uns nur äusserlich von der Welt trennen. Dann werden wir zu Heuchlern. Wenn wir uns nur innerlich vom Bösen trennen, aber äusserlich mit der Welt mitmachen, gleichen wir einem Lot, dessen Leben ohne Frucht für Gott blieb und sehr traurig endete.
Ab Vers 2 wird uns das Herz des Apostels gezeigt. Wie sehr schlug es für die Korinther und wie wünschte er, dass sich die abgekühlte Beziehung der Korinther zu ihm wieder erwärmte!
Vers 5 schliesst an 2. Korinther 2,13 an. In Mazedonien kamen zu den inneren Befürchtungen bezüglich der Korinther noch Kämpfe von aussen. Unter welch einem Druck spielte sich doch das Leben des Apostels Paulus und seiner Mitarbeiter ab! Aber Gott hatte seinen Diener nicht verlassen. Zur rechten Zeit erreichte ihn der göttliche Trost durch Titus. Dieser brachte ihm gute Nachricht aus Korinth. Der erste Brief des Apostels hatte bei den Empfängern eine positive Wirkung hervorgerufen. Jetzt konnte Paulus sich wieder von Herzen freuen.
Freude statt Traurigkeit
Der Apostel Paulus hatte den ersten Brief an die Korinther unter der Leitung des Heiligen Geistes geschrieben. Doch als Mensch ging es ihm, wie es uns manchmal geht. Wir fragen uns, nachdem wir etwas für den Herrn getan haben: War es richtig? Hätten wir es vielleicht anders machen sollen? Gott kam Paulus zu Hilfe. Er wird auch uns nicht im Ungewissen lassen.
Nach dem Bericht von Titus war der Apostel beruhigt. Der Brief hatte eine Gott gemässe Betrübnis bewirkt. Die Korinther hatten über das bei ihnen vorgefallene Böse Buße getan und dagegen Stellung bezogen. Der Fehlbare wurde von der Gemeinschaft der Gläubigen am Tisch des Herrn ausgeschlossen. Durch ihre Betrübnis und ihr Handeln gegen das Böse zeigten sie, dass sie «an der Sache rein» waren.
Die Gott gemässe Buße steht im Gegensatz zur Betrübnis der Welt, bei der man nur über die Folgen der Sünde, über den entstandenen Schaden betrübt ist. Doch das bewirkt keine Buße zum Heil. Das sehen wir z. B. bei Esau (Hebräer 12,16.17).
Paulus hatte Titus manches Positive über die Korinther erzählt, obwohl der Abgesandte auch die in Korinth herrschenden Zustände gekannt haben musste. Zur Freude des Apostels durfte er nun erfahren, dass Titus durch das positive Verhalten der Korinther innerlich erquickt worden war. Dadurch wurden die Zuneigungen von Titus zu ihnen vertieft.
Die Gnade des Gebens
Mit diesem Kapitel schneidet der Apostel ein neues Thema an. Es geht um die materiellen Gaben, die in diesem Fall den bedürftigen Gläubigen in Jerusalem zugut kommen sollten. Über die Sammlungen hatte der Apostel schon im ersten Brief gesprochen (1. Korinther 16,1-4). In Hebräer 13,16 wird das materielle Opfer «Wohltun und Mitteilen» genannt, aber hier und im nächsten Kapitel bezeichnet der Apostel es als Gnade. Ja, es ist ein Vorrecht, das Werk des Herrn finanziell zu unterstützen und der materiellen Not unter den Gläubigen abzuhelfen.
Paulus stellt den Korinthern – und uns – die Versammlungen in Mazedonien als Vorbilder hin. Sie hatten keinen Überfluss, den sie hätten geben können. Doch obwohl sie sehr arm waren, gaben sie «über Vermögen», so dass der Apostel vom «Reichtum ihrer Freigebigkeit» schreiben konnte. Ihre aufopfernde Gesinnung, in der sie ihre Hände öffneten, finden wir in Vers 5: «Sie gaben sich selbst zuerst dem Herrn.» Sie betrachteten sich und alles, was sie besassen, als dem Herrn gehörend.
Die Korinther waren noch längst nicht so weit. Und wir? Titus wurde zu ihnen gesandt, um sie zu ermuntern, ihre Hände zum Geben zu öffnen. Sie waren in Glauben, Wort und Erkenntnis und in allem Fleiss überströmend. Aber bei der Ausübung praktischer Hilfeleistung haperte es bei ihnen. Nun bekamen sie die Gelegenheit, auch darin überströmend zu werden. Doch Paulus wollte sie zu nichts zwingen. Die Liebe sollte ihre Hände öffnen.
Ein Appell an die Korinther
Um die Herzen der Korinther zu erreichen, stellt Paulus ihnen das höchste Beispiel von Opferbereitschaft vor: unseren Herrn Jesus Christus! Er kam vom Himmel, dem Ort unendlicher Reichtümer, um in dieser Welt als armer Mensch zu leben. Schliesslich opferte Er sein Leben, damit wir durch seine tiefste Armut – Er wurde von Gott verlassen – reich würden. Kann man diese Gnade betrachten, ohne selbst gedrängt zu werden, den Notleidenden zu helfen?
Die Korinther hatten schon ein Jahr zuvor einen guten Vorsatz gefasst, ihn aber bis jetzt nicht in die Tat umgesetzt. Dazu wurden sie nun aufgefordert. Die Höhe ihrer Gabe sollte sich nach dem richten, was sie besassen. Der Herr überfordert niemand. Unsere wirtschaftliche Situation soll die Grösse unserer Gabe bestimmen (1. Korinther 16,2). Das Wichtigste aber ist unsere Bereitschaft oder Bereitwilligkeit.
Gott lässt zu, dass es nicht allen Gläubigen gleich gut geht. So haben die Reicheren unter ihnen Gelegenheit, den Bedürftigen zu helfen. Die Gleichheit wird in Römer 15,26.27 noch auf eine andere Art erklärt. Durch die Verbreitung des Evangeliums waren grosse geistliche Segnungen von Jerusalem aus zu den Nationen gekommen. So wurden die Gläubigen aus den Nationen gewissermassen Schuldner gegenüber den Heiligen in Jerusalem. Nun flossen materielle Gaben von den Gläubigen aus den Nationen – sozusagen als Kompensation – zu ihren verarmten Glaubensgeschwistern in Jerusalem zurück.
Titus und zwei weitere Brüder
In diesen Versen finden wir wichtige und bleibende Grundsätze für die Verwaltung der materiellen Gaben, die von den Gläubigen zusammengelegt werden. Es ist ein wichtiger Dienst, bei dem nie einer allein handeln sollte. Hier waren es zwei weitere Brüder, die zusammen mit Titus nach Korinth reisen sollten.
Wenn es um das Verwalten des materiellen Opfers der Gläubigen geht, dürfen die Versammlungen selbst bestimmen, wem sie eine solche Aufgabe übertragen wollen. Wichtig ist, dass diese Brüder das volle Vertrauen der Glaubensgeschwister haben. Hier heisst es von einem, dass er von den Versammlungen für diesen Dienst gewählt worden war (Vers 19; Apostelgeschichte 6,3.5). Vom anderen wird gesagt, dass er oft in vielen Stücken erprobt worden war und sich bewährt hatte. – Bei Brüdern, die einen Dienst zur geistlichen Auferbauung tun, ist es allein der Herr, der beruft (Epheser 4,11; 1. Korinther 12,28; Apostelgeschichte 13,2). Das können nicht die Menschen bestimmen.
Im Weiteren darf die Verwaltung der materiellen Gaben in keiner Weise Anlass zu Kritik von Seiten der Menschen geben. Paulus wollte sorgfältig alles vermeiden, was irgendwelches Misstrauen hätte hervorrufen können. Er wusste, dass es um die Herrlichkeit des Herrn ging. Kein Schatten sollte in dieser Hinsicht auf die Versammlung fallen. – Nachdem Paulus alle praktischen Punkte erwähnt hatte, lag es nun an den Korinthern, den Beweis ihrer Liebe zu erbringen.
Gott liebt fröhliche Geber
Im achten Kapitel nannte der Apostel die materielle Gabe der Gläubigen eine Gnade. Jetzt spricht er von der gleichen Sache und bezeichnet sie als Dienst. Beides trifft zu. Es ist ein Vorrecht – eben eine Gnade –, dass wir dem Herrn neben den Opfern des Lobes auch materielle Opfer bringen dürfen. Wenn wir aber an die Unterstützung der bedürftigen Gläubigen und der Diener des Herrn denken, denen diese materiellen Gaben zukommen sollen, dann sind diese Mittel und ihre Verwaltung ein Dienst.
Die Bereitschaft der Korinther, bedürftige Glaubensgeschwister zu unterstützen, hatte andere angespornt, es ebenso zu tun. Aber nun sorgte sich der Apostel um die Umsetzung ihrer Bereitschaft in die Tat. Er kannte seine geliebten Korinther und wusste, dass sie mit ihrem Mund eifriger waren als mit ihren Händen. Deshalb sandte er die drei Brüder voraus, um die Herzen der Korinther anzusprechen, damit sie ihre Hände öffneten. Trotz dieser Massnahme des Apostels wünschte er, dass es eine Gabe von Herzen und nichts Erzwungenes sei.
In den Versen 6 und 7 gebraucht der Apostel das Bild von Saat und Ernte. Wer sparsam sät, kann keine segensreiche Ernte erwarten. Das gilt nicht nur für die Ewigkeit. Sehr oft belohnt der Herr unsere Freigebigkeit in materieller Hinsicht schon in dieser Zeit mit reichem Segen. Der Herr sieht jedoch auch auf die Herzenseinstellung, mit der wir geben. Lasst uns mit fröhlichem Herzen freigebig sein!
Was das Geben bewirkt
Wenn wir fröhlichen Herzens freigebig sind, werden wir erfahren, dass wir nicht ärmer werden. Gott wird es uns reichlich vergelten, so dass wir «in allem, allezeit alle Genüge haben». Und lasst uns nicht vergessen, dass Er «dem Sämann Samen darreicht», d. h. das, was wir weitergeben dürfen, kommt von Ihm. Zudem gibt Er uns «Brot zur Speise», d. h. alles, was wir für unseren Unterhalt benötigen. Mit David können wir sagen: «Von dir kommt alles, und aus deiner Hand haben wir dir gegeben» (1. Chronika 29,14).
Die Verse 11-14 enthüllen uns die weitreichenden Resultate einer materiellen Gabe. Sie dient zunächst zur «Erfüllung des Mangels der Heiligen». Darüber hinaus wird Gott verherrlicht durch viele Danksagungen der Empfänger. In diesem Fall würden sich die Gläubigen in Jerusalem auch dankbar darüber freuen, dass das Evangelium, das von ihnen ausgegangen war, unter den Nationen solches bewirkt hatte. Sozusagen als Gegenleistung für das Empfangene antworten die Beschenkten mit ernster Fürbitte für die Geber. Ja, sie werden sich sogar danach sehnen, die ihnen unbekannten Glaubensgeschwister aus den Nationen kennen zu lernen. So dient eine materielle Gabe zu einer engeren Verbindung unter den Gläubigen.
Das Kapitel schliesst nicht mit unseren Gaben, sondern mit der unaussprechlichen Gabe Gottes an uns. Es ist sein geliebter Sohn, den Er einst für uns auf die Erde und ans Kreuz gegeben hat. In dieser Gabe sind alle anderen Gaben Gottes enthalten (Römer 8,32).
Geistlicher Kampf
In den Kapiteln 10 und 11 muss der Apostel gegen die Männer Stellung nehmen, die ihn verleumdeten und seinen Dienst zu untergraben suchten. Er zeigte den Korinthern, dass die falschen Propheten und Lehrer sie von Christus und vom rechten Weg abziehen wollten. Seine Ermahnung geschah in der Gesinnung des Herrn Jesus, in Sanftmut und Milde. Trotzdem trat er entschieden gegen das Verkehrte auf.
Einer der Angriffe lautete, der Apostel lebe nach der alten Natur. Das war eine Lüge. Er lebte zwar im Fleisch, d. h. in seinem menschlichen Körper. Aber er kämpfte nicht nach dem Fleisch, d. h. nicht nach den Grundsätzen der gefallenen Natur. Seine Waffen waren nicht menschliche Intelligenz und Selbstsicherheit. Seine göttliche Waffe war das Schwert des Geistes – Gottes Wort. Damit war er in der Lage, philosophische Ideengebilde der Menschen sowie Festungen menschlicher Weisheit zu zerstören. Sein Ziel war, die verwirrten Gläubigen wieder unter den Gehorsam gegenüber Christus und seinem Wort zu führen.
In den Versen 7-11 weist er auf seine Briefe hin, in denen er die ihm von Gott verliehene Autorität als Apostel benutzte. Deshalb waren sie «gewichtig und kräftig». Doch er gebrauchte diese Autorität nicht zur Zerstörung, sondern zur Auferbauung der Versammlung. Im Gegensatz zu seinen Briefen stand die Erscheinung seiner Person. Sie sei – sagt man – schwach und seine Rede verächtlich (Vers 10). Wie dem auch war, es änderte nichts an seiner von Gott gegebenen Autorität.
Sich selbst empfehlen?
Paulus und seine Mitarbeiter distanzierten sich von den falschen Arbeitern, die in Korinth auftraten. Diese redeten nur von sich. Sie machten sich selbst zum Vergleichsmassstab und empfahlen sich selbst. Eine solche Einstellung ist unverständig. Und doch trifft man unter den Gläubigen immer wieder solche, die von sich und ihren Qualitäten reden. Wenn jemand sich selbst empfiehlt, wird er vielleicht am Richterstuhl des Christus einmal erkennen müssen, dass der Herr ihn nicht empfohlen hat.
Ab Vers 13 haben wir die Seite Gottes und die Haltung des wahren Dieners des Herrn. Der Gott des Masses hat jedem seiner Knechte einen Wirkungskreis zugeordnet. Er bestimmt den Umfang unseres Dienstes. Kein Arbeiter des Herrn sollte über sein Mass und seinen Bereich hinausgehen.
Der Auftrag des Apostels Paulus war, das Evangelium den Nationen zu predigen, und zwar dort, wo es noch nicht bekannt war. So war er auch nach Korinth gekommen. Nun hoffte er, wenn der Glaube der Korinther wuchs, von ihnen aus weiterzugehen.
Im Gegensatz zu den wahren Dienern des Herrn betätigen sich falsche Arbeiter, die keinen Auftrag von Gott haben, immer auf fremden Arbeitsfeldern und rühmen sich über das, was andere gewirkt haben. Aber der Ruhm gehört nur dem Herrn, von dem alles kommt, was wir zum Dienst nötig haben. Seine Anerkennung – und nicht die der Menschen – ist ausschlaggebend.
Eifer und Bescheidenheit im Dienst
Für Paulus war es eine Torheit, von sich und seinem Dienst zu reden. Doch Gott wollte es und inspirierte ihn zu diesen Worten. Die Echtheit seines Apostelamts mit der dazu gehörenden Autorität musste gegenüber den falschen Aposteln klar ans Licht gestellt werden.
Doch es ging dem inspirierten Schreiber vor allem um die Korinther. Er hatte sie einst mit Christus im Himmel verbunden. Doch nun liefen sie Gefahr, durch Verführung ihre Zuneigungen zu ihrem himmlischen Bräutigam zu verlieren. Sie ertrugen es, vom Herrn Jesus abgezogen zu werden.
Paulus hatte sich im ersten Brief als den geringsten von allen Aposteln bezeichnet (1. Korinther 15,9). Doch er stand den ausgezeichnetsten unter ihnen in nichts nach. Weil er aber keine Unterstützung von den Korinthern annahm, versuchten die falschen Apostel ihn herabzuwürdigen. Um das Evangelium als etwas für die Menschen Kostenloses vorzustellen, nahm er nichts von den Korinthern an. Und sie? Unter dem Einfluss der falschen Apostel legten sie ihm diese Haltung als Mangel an Liebe zu ihnen aus!
Falsche Apostel
In den Versen 12-15 entlarvt der Apostel Paulus die falschen Arbeiter schonungslos. So wie Satan sich verstellen und als Engel des Lichts auftreten kann, so nahmen diese Menschen die Gestalt von Aposteln des Herrn an. Diese Taktik des Feindes ist für die Gläubigen sehr gefährlich. Wie leicht lassen wir uns durch eine gute Erscheinung oder schöne Reden verführen! Aber wird dabei die Lehre des Christus verkündigt?
Man spürt, wie es dem Apostel schwer fiel, von sich und seinem Dienst zu reden. Doch es musste sein, um die Korinther darüber aufzuklären, wie sehr sie von den falschen Arbeitern unterdrückt wurden. Er musste ihnen sagen: «Ihr ertragt es, wenn jemand euch knechtet …» Sie merkten es nicht einmal!
Leiden im Dienst
Diese Verführer hoben zwei Punkte besonders hervor:
- die natürliche Abstammung von Abraham oder die Zugehörigkeit zum irdischen Volk Gottes und
- die Grösse und Wichtigkeit als Diener von Christus.
Was antwortete Paulus darauf? Der Abstammung nach war er genauso ein Israelit wie sie. «Sind sie Hebräer? Ich auch. Sind sie Israeliten? Ich auch. Sind sie Abrahams Nachkommen? Ich auch.»
Als Diener von Christus stellte er nicht das vor, was er mit der Hilfe des Herrn geleistet hatte. Er zählte vielmehr all die vielfältigen Leiden auf, die er wie kein anderer Knecht des Herrn durchgemacht hatte. Wie sehr unterschied er sich von den bösen Arbeitern, die die Korinther betört hatten! Diese Leiden waren die Folge der Treue in seinem Dienst. In sich selbst war er ein schwaches Gefäss. Doch die Kraft des Herrn Jesus befähigte ihn, dies alles zu ertragen.
Auch wenn wir nicht so Vieles und so Schweres durchmachen müssen wie Paulus, sollte doch die Sorge um die Versammlungen – das Wohl unserer Glaubensgeschwister – auch auf unseren Herzen liegen und uns beschäftigen.
Im dritten Himmel
Der Apostel Paulus hatte Gesichte und Offenbarungen gehabt. Durch diese empfing er vom Herrn Mitteilungen, die er anderen weitergab. Auch darin unterschied er sich von den falschen Aposteln. Zudem hatte Gott ihm eine ganz persönliche Erfahrung geschenkt, von der er ab Vers 2 spricht. Durch diese Entrückung in den dritten Himmel, an den Ort des Segens (Paradies), stärkte der Herr seinen Knecht in seinem mühevollen und beschwerlichen Dienst.
Bei der Schilderung dieser Erfahrung redet er nicht direkt von sich, sondern von «einem Menschen in Christus». Er konnte nicht sagen, ob er sich bei dieser Entrückung in seinem Körper befunden hatte oder ausserhalb davon. Jedenfalls war er ohne irgendeine Behinderung durch die alte Natur an jenem Ort gewesen.
Alle diese Erlebnisse – er nennt es das Übermass der Offenbarungen – hätten ihn überheblich machen können. Das wollte Gott verhindern. Deshalb gab Er ihm einen Dorn für das Fleisch, den der Apostel aber als Hindernis für seinen Dienst empfand. Daher flehte er dreimal zum Herrn und bat um Erleichterung. Doch die göttliche Antwort lautete: «Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.» Paulus beugte sich darunter und nahm es an.
Nun wusste er, dass er alles in seinem Leben und Dienst nur der Kraft des Herrn zu verdanken hatte. Er konnte sagen: «Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.»
Paulus liebt die Korinther
Im Lauf seiner Verantwortung im Blick auf sein Apostelamt und seinen Dienst bezeichnet Paulus sich mehrmals als Tor oder als töricht (2. Korinther 11,1.16.17.21; 12,11). Es war ihm sehr zuwider, von sich zu reden. Statt dass die Korinther, die so viel von ihm empfangen hatten, ihn empfahlen, musste er sich vor ihnen verantworten und sich als Apostel legitimieren. Alles, was ein Apostel auszeichnete, konnte Paulus vorweisen.
Nur in einer Sache waren die Korinther gegenüber den anderen Versammlungen verkürzt worden: Um ihnen nicht zur Last zu fallen, hatte er keine Unterstützung für seinen Lebensunterhalt von ihnen angenommen. Es fällt uns schwer, so etwas als ein Unrecht zu betrachten! Demütig bat er: «Vergebt mir dieses Unrecht.»
Einen früheren Besuch bei den Korinthern hatte Paulus verschieben müssen (2. Korinther 1,15.16.23; 2,1). Jetzt war er das dritte Mal bereit, nach Korinth zu gehen. Wieder wollte er ihnen nicht zur Last fallen. Er erwartete keine Unterstützung von ihnen. Es ging ihm nur um sie selbst. «Ich suche nicht das Eure, sondern euch.» Er war ihr geistlicher Vater, sie waren seine Kinder. Wie Eltern sich für ihre Kinder aufopfern, wollte er sich und alles, was ihm zur Verfügung stand, für die Korinther hingeben. Je weniger sie ihn liebten, umso mehr liebte er sie. Musste eine solche Herzenshaltung nicht ihre Herzen bewegen?
Paulus appelliert an die Korinther
Die Mitarbeiter, die Paulus nach Korinth gesandt hatte, zeigten die gleiche selbstlose Haltung, wie sie beim Apostel sichtbar wurde. Weder er noch seine Abgesandten hatten je versucht, einen materiellen Vorteil von den Korinthern zu haben.
Paulus war genötigt gewesen, sich vor den Korinthern als Apostel zu verantworten. Ungern hatte er es getan. Doch er wusste, dass Gott es so wollte. Ja, es musste sein, um den falschen Aposteln entgegenzutreten. Bei seiner Verantwortung wollte Paulus sich nicht irgendwie rechtfertigen. Es ging ihm nur um den Dienst, den er vom Herrn empfangen hatte, und um die geistliche Auferbauung der Korinther.
Mit Sorge sah der Apostel seinem Besuch in Korinth entgegen. Was ihm zu schaffen machte, war der schlechte Zustand unter den Geschwistern. Er musste von Streit, Neid, Zorn, Zänkereien, Verleumdungen usw. reden. Alle diese ungerichteten Sünden würden für den Apostel Demütigung und Trauer bedeuten, wenn er nach Korinth kam. Aber nicht nur das. Dieses Böse würde ihn zwingen, mit Entschiedenheit dagegen aufzutreten. Die im ersten Brief erwähnten Sünden – Unreinheit, Hurerei, Ausschweifung – gab es in der Versammlung in Korinth immer noch, ohne dass die Fehlbaren darüber Buße taten. Sein Kommen konnte also nicht lauter Freude sein. Wie sehr belastete das sündige und unbußfertige Leben vieler in der Versammlung in Korinth den treuen Apostel!
Paulus will die Korinther besuchen
Zwei Briefe hatte der Apostel an die Versammlung in Korinth geschrieben. Darin hatte er manches Verkehrte unter den dortigen Christen aufzeigen müssen. Er gab ihnen Gelegenheit, das Böse Gott gemäss zu ordnen. Jetzt war er auf dem Weg, persönlich nach Korinth zu kommen. Dann würde er gegen die Fehlbaren, die ihre Sünden nicht einsahen, schonungslos vorgehen.
Die Korinther hatten den Dienst von Paulus in Frage gestellt. Doch ihr Glaube an den Herrn Jesus war der beste Beweis dafür, dass Christus durch den Apostel geredet und gewirkt hatte.
Werdet vollkommen!
Welch eine Selbstverleugnung sehen wir in den Worten der Verse 7-10! Treu folgte der grosse Apostel den Fussstapfen seines Meisters nach.
Die Worte «Vervollkommnung» und «werdet vollkommen» in den Versen 9 und 11 haben den Sinn von Zurechtbringung. Der Apostel wünschte, dass seine geliebten Korinther wieder zurechtgebracht würden und aufs Neue auf einen Weg der Gottesfurcht kämen. Die Ermahnungen, mit denen der Brief schliesst, spornen zu einem gottseligen Leben an, in dem das Fleisch nicht mehr zum Zug kommt, sondern in dem sich Christus und sein Wille entfalten. Der Gott der Liebe und des Friedens will jedem helfen, dies zu verwirklichen.
Der Segen der letzten Verse ist ein Wunsch für jede örtliche Versammlung. Sie soll ein Ort sein, wo Gnade herrscht, Liebe überfliesst und eine heilige Gemeinschaft in göttlichen Dingen gepflegt wird.
Einleitung
In 1. Mose 1 bis 11 werden drei wichtige Ereignisse beschrieben:
- Gott schuf die Welt. Er machte die Erde zum Wohnort der Menschen. Er schuf Adam und Eva. Im Glauben halten wir fest, dass Er der Schöpfer von Himmel und Erde ist (Heb 11,3).
- Der Mensch übertrat das Gebot Gottes und fiel in Sünde. Bis heute muss er die traurigen Folgen davon tragen. Seither steht auch die Schöpfung unter dem Fluch der Sünde (Röm 8,20-23).
- Die Flut kam als Gericht Gottes über die damalige Erde, weil die Bosheit des Menschen gross war. Danach machte Gott mit Noah und seiner Familie einen Neuanfang (Heb 11,7).
Buchtipp: Im Anfang
Licht, Wasser, Erde, Meer
Das erste Buch der Bibel ist das Buch der Anfänge. Wir finden darin alle Anfänge des Handelns Gottes mit der Welt und den Menschen. Es beginnt damit, dass der ewige Gott die Himmel und die Erde schuf. Der in Vers 1 erwähnte Anfang ist der Beginn des Universums. Wann dies war, wissen wir nicht.
Vers 2 deutet auf eine Katastrophe hin, denn Gott hat kein solches Chaos geschaffen (Jesaja 45,18). Der Grund für diese Verwüstung liegt vermutlich im Sturz Satans, der sich als ein Engelfürst über Gott erheben wollte und nach seinem Fall zum Widersacher Gottes wurde (Jesaja 14,12-14; 1. Timotheus 3,6 Fussnote).
Ab Vers 3 sehen wir, wie Gott zur Tat schritt und aus dem Chaos die jetzige Schöpfung machte. Am ersten Tag brachte Er durch ein Wort Licht in die Situation. Dann schied Er das Licht von der Finsternis.
Am zweiten Tag machte Gott eine Ausdehnung und schied damit die Wasser, die sich unterhalb der Ausdehnung befanden, von denen, die oberhalb der Ausdehnung waren. Wir sehen in diesem Handeln Gottes bereits am Anfang der Bibel zwei göttliche Grundsätze: Gott unterscheidet und trennt das Gute vom Bösen. In Übereinstimmung damit sollen die Glaubenden das Gute festhalten und sich von aller Art des Bösen fernhalten (1. Thessalonicher 5,21.22).
Am dritten Tag liess Gott auf der Erdkugel die Meere und das feste Land entstehen – wieder eine Unterscheidung! Dann rief Er durch sein Wort die Pflanzenwelt hervor: Gras, samenbringendes Kraut und fruchttragende Bäume.
Himmelslichter und Tiere
Am vierten Tag machte Gott Sonne, Mond und Sterne. Die inspirierte Mitteilung ist jedoch kein wissenschaftlicher Bericht der Astronomie. Sie beschreibt uns die Tatsachen so, wie ein Mensch sie mit seinen Augen von der Erde aus wahrnimmt. Wir unterscheiden den Tag von der Nacht. Die Sonne beherrscht den Tag, der Mond leuchtet in der Dunkelheit der Nacht. Dann sieht man auch die Sterne. Anhand der jeweiligen Position der Erde zur Sonne bestimmen wir die Jahreszeiten, Tage und Jahre.
Am fünften Schöpfungstag füllte Gott die Wasser mit Leben. Er machte alle im Wasser lebenden Wesen bis zu den grossen Seeungeheuern. Auf der Erde schuf Er alle Vögel, die sich sowohl auf dem Boden als auch in der Luft fortbewegen können. Von allem Anfang an sollte ein grosser Artenreichtum vorhanden sein (Vers 21).
Zu Beginn des sechsten Tages machte Er die Tiere und alle Lebewesen, die sich auf der Erde regen. In den Versen 24 und 25 fällt auf, wie oft der Ausdruck «nach ihrer bzw. seiner Art» vorkommt. Gott hat von Anfang an eine Vielfalt in der Pflanzen- und Tierwelt geschaffen. Die Arten haben sich nicht mit der Zeit entwickelt!
Wenn wir das, was wir bis jetzt gelesen haben, zusammenfassen, können wir sagen: Gott hat in seiner Weisheit einen für den Menschen in jeder Hinsicht geeigneten Wohnort geschaffen. Haben wir Gott schon dafür gedankt, dass wir auf einer so schönen Erde leben dürfen?
Die Erschaffung des Menschen
Als Letztes finden wir am sechsten Tag die Erschaffung des Menschen. Die Formulierung in Vers 26 «Lasst uns Menschen machen …» deutet auf die Dreieinheit der Gottheit hin, die jedoch im Alten Testament noch nicht offenbart war. Im Licht des Neuen Testaments zeigt dieser Vers, dass alle drei Personen der Gottheit (der Vater, der Sohn und der Heilige Geist) an der Erschaffung des Menschen beteiligt waren.
Einen weiteren wichtigen Punkt haben wir in Vers 27: Der Mensch nach Gottes Gedanken besteht aus Mann und Frau. Die Frau ist in Gottes Augen genauso wichtig wie der Mann, auch wenn Er den beiden in seiner Schöpfung nicht die gleiche Stellung gegeben hat.
Nachdem Gott die Menschen geschaffen hatte, segnete Er sie in dreifacher Hinsicht:
- Er machte sie fruchtbar.
- Er gab ihnen die Erde als Lebensraum.
- Er übertrug ihnen die Herrschaft über alle Lebewesen.
Gott sorgte auch für seine Geschöpfe, indem Er sowohl den Menschen als auch den Tieren ihre Nahrung gab. Dieses Wohlwollen Gottes uns gegenüber macht uns verantwortlich. Sind wir treue Verwalter von dem, was Er uns anvertraut hat? Danken wir Ihm regelmässig für alles Gute, das Er uns schenkt?
Schliesslich heisst es, dass alles, was Gott gemacht hatte, sehr gut war. Alles Geschaffene war ohne Makel, auch der Mensch. Aber Gott hatte den Menschen als verantwortliches Wesen geschaffen. Würde er dieser Verantwortung entsprechen?
Gottes Ruhe und der Garten Eden
Nach sechs Tagen war Gottes Schöpfung vollendet und alles war sehr gut. Am siebten Tag ruhte Er von all seinem Werk. Diesem siebten Tag gab Gott eine besondere Bedeutung: Er segnete und heiligte ihn. Der siebte Tag ist das Zeichen der Ruhe Gottes in der ersten Schöpfung (2. Mose 20,11). Diese Ruhe wird sich im Tausendjährigen Reich völlig erfüllen, wenn Gott auf der Grundlage des Erlösungswerks des Herrn Jesus mit seiner ersten Schöpfung zum Ziel kommen wird.
Ab Vers 4 haben wir eine detaillierte Beschreibung der Erschaffung des Menschen, die in Kapitel 1,27 ohne Einzelheiten erwähnt wird. Dort heisst es: «Gott schuf den Menschen.» Das war ein Akt seiner Schöpfermacht. Jetzt lesen wir in Vers 7: «Gott der Herr bildete den Menschen …» Dieser Bericht zeigt uns, wie weise Er im Einzelnen handelte. Dadurch, dass Gott den Odem des Lebens in die Nase des Menschen hauchte, kam er als einziges Lebewesen in eine Beziehung zu Gott.
In seiner Fürsorge für den Menschen pflanzte Gott selbst einen Garten mit herrlichen Bäumen. Er sorgte auch dafür, dass dieser Ort bewässert wurde (Vers 10). Der Strom, der von Eden ausging, teilte sich in vier Flüsse – ein Bild des vielfältigen Segens Gottes für uns Menschen auf der Erde. An diesem schönen Platz durfte sich der erste Mensch nun aufhalten. Weil Gott sein Geschöpf als ein verantwortliches Wesen gebildet hatte, gab es im Garten Eden nicht nur den Baum des Lebens, sondern auch den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen.
Eine Hilfe für den Menschen
Gott hatte den Menschen in seinem Bild geschaffen (1. Mose 1,27). Deshalb war Adam ein aktives Wesen, dem der Schöpfer eine Aufgabe übertragen konnte. Er bekam den Auftrag, den Garten zu bebauen und zu bewahren. Als Geschöpf hatte der Mensch auch eine Verantwortung gegenüber seinem Schöpfer: Er sollte die Autorität Gottes über sich anerkennen, indem er das Gebot befolgte und nicht vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen ass.
In den Versen 18-20 finden wir eine zweite Art von Tätigkeit, die Gott dem Menschen gab. Er durfte allen Tieren einen Namen geben. Das war im Gegensatz zur körperlichen Arbeit beim Bebauen des Gartens eine geistige Aktivität.
Dann wird berichtet, wie Gott Adam eine Hilfe machte, die ihm entsprach. Er bildete eine Frau. Dazu nahm Er eine von Adams Rippen. So war Eva ein Stück von ihm. Wir sehen aus 1. Mose 1,27, dass Mann und Frau zusammen den Menschen nach Gottes Gedanken bilden.
Als Gott dem ersten Menschen die Frau gab, die sozusagen von ihm war, verband Er die beiden miteinander in der Ehe. Das wird durch Vers 24 bestätigt. Die Verbindung eines Mannes mit seiner Frau in der Ehe ist also eine Gabe Gottes und nicht eine Idee der Menschen. Diese göttliche Einrichtung gilt heute noch. Gott hat nichts daran geändert.
Der 25. Vers unterstreicht die Tatsache, dass das erste Menschenpaar bis dahin in Unschuld lebte. Sie wussten nichts von Gut und Böse.
Der Sündenfall
Woher die Schlange kam und wer sich hinter diesem sprechenden Tier verbarg, wird an dieser Stelle nicht gesagt. Aber aus ihren Worten wird klar, dass wir es hier mit Satan, dem Widersacher Gottes, zu tun haben. Er wird in Offenbarung 12,9 die alte Schlange genannt. In Vers 1 verbreitete er fragend eine Lüge über Gott und in den Versen 4 und 5 machte er Ihn sogar zum Lügner, was überhaupt nicht stimmte (Johannes 8,44). Was passierte jetzt?
Eva liess sich in eine Diskussion mit der eingedrungenen Schlange ein. Die Folge war, dass in ihr die Lust der Augen, die Lust des Fleisches und der Hochmut des Lebens geweckt wurden (1. Johannes 2,16). Dies verleitete sie dazu, von der verbotenen Frucht zu essen. Auch Adam übertrat das einzige Gebot, das Gott gegeben hatte. So fiel der Mensch in Sünde.
«Da wurden ihnen beiden die Augen aufgetan.» Ihr Gewissen regte sich. Sie erkannten, dass sie etwas Böses getan hatten. Da versuchten sie ihre Nacktheit zuzudecken. Aber sie merkten, dass sie vor Gott nackt blieben. Deshalb versteckten sie sich vor Ihm.
Was tat Gott, nachdem sie gegen Ihn gesündigt hatten? Er ging seinem gefallenen Geschöpf nach. Zuerst rief Er: «Wo bist du?» Adam musste die Folge der Sünde bekennen und sagen: «Ich fürchtete mich … und ich versteckte mich.» Sobald der Mann auf seinen Ungehorsam angesprochen wurde, versuchte er die Schuld auf die Frau abzuschieben. Und Eva? Als Gott ihre Tat erwähnte, sagte sie: «Die Schlange betrog mich.»
Traurige Folgen und Gottes Gnade
In seinem gerechten Urteil wendet Gott sich zuerst an die Schlange. Ohne ihr eine Frage zu stellen, sagt Er, dass der Nachkomme der Frau ihr den Kopf zermalmen werde. Diese Worte weisen auf Christus hin, der durch seinen Tod den Teufel besiegt hat (Hebräer 2,14). Das «Zermalmen seiner Ferse» bedeutet, dass der Herr Jesus sterben musste, um diesen Sieg zu erringen.
Die Folgen des Sündenfalls treffen sowohl Adam und Eva als auch alle ihre Nachkommen. Für die Frauen sind Schwangerschaft und Geburt mit Mühsal und Schmerzen verbunden. Auch die Ehe ist betroffen (Vers 16b). Vers 17 zeigt, dass der Mann die Hauptverantwortung trägt. Deshalb sind die Folgen für ihn sehr weitreichend: Der Erdboden ist seinetwegen verflucht.
In Vers 20 sehen wir den Glauben Adams. Obwohl seit dem Sündenfall alle Menschen unter dem Urteil des Todes stehen, nennt er Eva nicht die Mutter aller Sterblichen, sondern bezeichnet sie im Glauben als die Mutter aller Lebenden. In Vers 21 bewundern wir die Gnade Gottes: Er macht Adam und seiner Frau Kleider aus Fell. Dazu müssen Tiere ihr Leben lassen, d. h. es ist ein Opfer nötig. So werden wir schon zu Beginn der Menschheitsgeschichte auf das Opfer des Herrn Jesus hingewiesen, das erforderlich war, um unser Sündenproblem zu lösen (Epheser 1,7; Hebräer 9,22; Jesaja 61,10).
Dann treibt Gott den Menschen aus dem Garten Eden hinaus. Wie schrecklich wäre es gewesen, wenn Adam als Sünder vom Baum des Lebens gegessen hätte! Er hätte ewig in diesem Zustand leben müssen.
Kain und Abel
Nun bekommen Adam und Eva die ersten Kinder: Kain und Abel. Der Jüngere wird ein Schafhirte, der Ältere ein Ackerbauer. Beide bringen Gott eine Opfergabe dar. Aber welch ein Unterschied zwischen den beiden! Kain bringt Gott das, was er durch seine Anstrengung vom verfluchten Erdboden geerntet hat. Abel tötet von seiner Herde das Beste (Erstlinge) und bringt Gott dieses Opfer. Damit bestätigt er, was er im Glauben aus dem Handeln Gottes mit seinen Eltern (1. Mose 3,21) erfasst hat: Jemand anders muss für mich sterben, damit ich zu Gott kommen kann. Dieses Opfer ist ein schöner Hinweis auf den Herrn Jesus, der für uns und unsere Sünden am Kreuz gestorben ist!
Kain meint, Gott mit dem zufriedenstellen zu können, was er mit seinem Einsatz erwirkt hat. Doch auf der Grundlage eigener Werke wird kein Mensch vor Gott gerechtfertigt (Römer 3,20). Gott kann Kains Opfergabe nicht annehmen. Leider ist dieser nicht bereit, seine Ansicht zu ändern. Vielmehr beginnt er seinen Bruder Abel zu hassen, obwohl dieser ihm nichts zuleide getan hat. Der Hass führt zu einer schlimmen Tat: Kain ermordet seinen Bruder!
Auch als der heilige Gott dem Brudermörder nachgeht und ihn zur Rede stellt, ändert sich dessen Haltung in keiner Weise. Er ist nur betrübt über die Strafe, die Gott über ihn verhängt. Aber wir sehen keine Buße im Herzen. Schliesslich kehrt Kain Gott ganz den Rücken, um im Land «Flucht» ohne Beziehung zu Gott zu leben. Wie traurig!
Die Nachkommen Kains
In den Versen 17-24 wird das Leben Kains und seiner Nachkommen beschrieben. In allem, was sie tun, ist Gott ausgeschaltet. Gleichzeitig unternehmen diese Menschen sehr viel, um das Leben auf der Erde – die durch die Sünde unter dem Fluch liegt – so sicher und so angenehm wie möglich zu gestalten. Wir finden in diesem Abschnitt alles, was bis heute die Welt kennzeichnet. Mit diesen Mitteln will die menschliche Gesellschaft ohne Gott auskommen und dabei das Leben geniessen.
Einerseits zeigen sich Hochmut, Ungehorsam und Auflehnung gegen Gott: Statt der Einehe wird die Polygamie eingeführt. Anderseits konzentriert sich alles auf das diesseitige Leben. Der irdische Besitz wird sehr wichtig. Es fehlt nicht an Kultur und Unterhaltung. Durch den Fortschritt der Technik gibt es manche Erleichterung bei der mühsamen Arbeit (1. Mose 3,17-19). Doch in dieser gottlosen Atmosphäre herrscht auch Gewalt. Ja, es scheint sogar, als sei sie ein Bestandteil dieser Welt (Verse 23.24).
Der dritte Sohn von Adam und Eva ist Seth. Sie betrachten ihn als Ersatz für Abel, den Kain ermordet hat. Seth gibt seinem Sohn den Namen Enos (= schwacher Mensch). Unter den Nachkommen Seths herrscht eine andere Einstellung als in der Familie Kains. Diese Menschen sind sich ihrer Schwachheit infolge des Sündenfalls bewusst. Sie suchen im Gebet Hilfe und Unterstützung bei Gott. Wir finden hier Glauben und Gottesfurcht – zwei Kennzeichen, die seit jeher das Merkmal derer sind, die auf Gott vertrauen.
Die Familie des Glaubens
Die Nachkommenschaft Adams über die Linie von Seth zeigt uns im Gegensatz zu Kain und seinen Nachkommen die Familie des Glaubens. Die zwei einleitenden Verse des Kapitels blenden auf den Ursprung zurück: auf die Erschaffung des Menschen durch Gott. Er machte Adam in seinem Gleichnis.
Doch Seth, der Sohn von Adam und Eva, war ein Kind von sündigen Eltern: ein Mensch im Gleichnis und Bild von Adam, nicht mehr von Gott. Seither ist die Sünde zu allen Nachkommen Adams durchgedrungen. Jeder Mensch, der geboren wird, hat die Erbsünde in sich (Römer 5,12). Als Folge davon müssen alle Menschen sterben. Das wird in diesem Kapitel bestätigt, denn es heisst wiederholt: «Und er starb.»
Die göttliche Beschreibung der Linie des Glaubens unterscheidet sich auffallend von der Beschreibung der menschlichen Gesellschaft, die ohne Gott lebt. Von den Glaubenden wird nichts Weltbewegendes berichtet wie z. B. Städtebau, Kunst oder technische Erfindungen. Es wird nur gesagt, dass sie für eine Zeit auf der Erde lebten, Familien hatten und dann starben.
Was hat das uns zu sagen? Diese Menschen sahen Gott nicht, aber sie glaubten an Ihn und beteten zu Ihm (1. Mose 4,26). Das prägte ihr Leben. Sie hatten normale menschliche Bedürfnisse, die sie mit der Erde verbanden. Aber sie wollten getrennt von allem leben, was im Widerspruch zu Gott stand (siehe Vers 22). Sie wussten auch, dass die Zeit ihres Lebens in Gottes Hand war (Psalm 31,16) und Er die Länge ihres Lebens bestimmte.
Henoch wandelte mit Gott
Von Henoch wird uns mehr berichtet als von den übrigen Menschen in diesem Kapitel. Weitere Einzelheiten über diesen gläubigen Mann finden wir in Hebräer 11,5.6 und Judas 14.15. Mit der Geburt von Methusalah gab es im Leben Henochs eine Wende. Denn von diesem Zeitpunkt an wandelte er mit Gott. Es scheint, dass der Geist Gottes damit auf die Bekehrung Henochs hindeutet.
Als Glaubender lebte Henoch nun Tag für Tag mit seinem Gott. Aus der Weissagung Henochs im Judas-Brief können wir entnehmen, dass die Menschen in seiner Umgebung immer gottloser wurden. Der treue Glaubensmann wollte in diesem Umfeld Gott gefallen (Hebräer 11,5). Zudem erkannte er in Gemeinschaft mit dem Herrn, dass der Allmächtige zu seiner Zeit mit Gericht eingreifen würde. Aber Henoch musste dies nicht mehr erleben. Bevor die Sintflut kam, von der wir in den nächsten Kapiteln lesen, entrückte Gott ihn zu sich in den Himmel.
Auch wir leben in einer gottlosen Welt, der das Gericht Gottes angekündigt ist. Doch bevor dieses Strafgericht eintrifft, wird der Herr Jesus alle, die an Ihn glauben, zu sich entrücken. So wird Er uns vor der Stunde der Versuchung bewahren, die über die Erde kommen wird (Offenbarung 3,10; 1. Thessalonicher 4,15-18; 1. Korinther 15,51-57).
Nach der Aussage von Lamech in Vers 29 muss das Leben damals recht schwer gewesen sein. Doch durch die Geburt seines Sohnes Noah wurde er getröstet. Nun hatte er einen Nachkommen, der ihm half, die Felder zu bebauen.
Noah lebt in einer bösen Welt
Die Söhne Gottes in Vers 2 sind Engel, die sich mit Menschen verbanden. Dadurch verliessen sie ihren Platz in der Schöpfungsordnung und sündigten gegen ihren Schöpfer. Das hatte einerseits ernste Konsequenzen für die Engel. Sie kamen in den Abgrund, wo sie gebunden sind und auf das endgültige Gericht warten (2. Petrus 2,4; Judas 6). Anderseits führte es zu äusserlich grossartigen Folgen für die Menschen: Es entstanden Riesen.
Doch wie sah es in den Herzen der Menschen aus, die sich damals stark vermehrten? «Der Herr sah, dass die Bosheit des Menschen gross war auf der Erde, und alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.»
Das Überhandnehmen des Bösen betrübte den Schöpfer tief. Darum kündigte Er das Gericht an. In seiner Langmut gab Er dem Menschen eine Frist von 120 Jahren. Dann würde Er alles, was Er geschaffen hatte, vertilgen. Alles?
Nein, nicht alle und nicht alles. Da war einer unter den vielen, der in den Augen des Herrn Gnade fand: Noah, ein gerechter und vollkommener Mann, der im Glauben mit Gott lebte. Vers 18 zeigt, dass auch seine ganze Familie gottesfürchtig war. Diese acht Personen wollte Gott bewahren. Aber das Gericht konnte nicht mehr zurückgehalten werden, denn die Menschheit war gewalttätig und völlig verdorben. Beachte die dreimalige Wiederholung des Wortes «verdorben» in den Versen 11 und 12! Gott musste also Noah und die Seinen durch die Wasserflut hindurch bewahren.
Noah baut die Arche
In Vers 13 sprach Gott mit Noah konkret über das, was Er mit der Erde im Sinn hatte. Er wollte alles Lebende durch eine gewaltige Wasserflut auslöschen: durch das Gericht der Sintflut. Dann gab Er Noah einen klaren Auftrag. Er musste eine 150 Meter lange, 25 Meter breite und 15 Meter hohe Arche bauen: ein dreistöckiges wasserdichtes Schiff, in dem er, seine Familie und mindestens ein Paar von jeder Tierart überleben konnten.
Das Schiff hatte ausser einer Lichtöffnung nach oben keine Fenster. An der Seite der Arche gab es eine Tür. Wer durch diese eintrat, war vor dem Gericht in Sicherheit. Da das Wasser die Erde eine längere Zeit bedecken würde, musste Noah in der Arche genügend Nahrungsvorräte für Menschen und Tiere unterbringen. Weil er mit Gott lebte, befolgte er die Anweisungen, die er bekommen hatte. Alles führte er so aus, wie der Herr es ihm geboten hatte.
Im ersten Buch Mose wird uns nicht mitgeteilt, wie die Mitmenschen Noahs auf den Bau dieses grossen Schiffes auf trockenem Land reagierten. Aber im Neuen Testament lesen wir, dass er ein Prediger der Gerechtigkeit war (2. Petrus 2,5). Bestimmt hatte er seine Mitmenschen vor dem kommenden Gericht gewarnt. Zudem war jeder Hammerschlag an diesem Schiff eine Mahnung an die Leute. Hebräer 11,7 erklärt weiter, dass Noah durch den Bau der Arche und durch seinen Glauben, der in diesem Werk zum Ausdruck kam, die Welt verurteilte. Leider war niemand da, der seine «Predigt» ernst nahm.
Die Wasserflut kommt
Nachdem die Arche fertiggestellt war, forderte Gott Noah auf, zusammen mit seiner Familie und den Tierpaaren von jeder Art in die Arche zu gehen. Sieben Tage später würde das Gericht losbrechen. Ähnlich wie in 1. Mose 6,22 heisst es in Vers 5: «Noah tat nach allem, was der Herr ihm geboten hatte.»
Noah musste die Tiere nicht zusammentreiben. Weil der Schöpfer-Gott in ihnen wirkte, kamen sie von selbst paarweise zu Noah in die Arche. Dann schloss der Herr selbst die Tür zu. Nun begann es zu regnen und die Wasser überfluteten die Erde.
Die Arche ist ein Bild vom Herrn Jesus und die Wasser der Flut reden vom Tod. Er hat das Gericht und den Tod – was wir verdient haben – auf sich genommen und für uns erduldet. Jeder Mensch, der an Ihn als seinen Retter glaubt, tritt sozusagen in die Arche ein. Dadurch ist er für immer vor dem göttlichen Gericht geschützt. Doch die Zeit der Gnade, in der ein Mensch durch den Glauben an den Heiland errettet werden kann, dauert nicht für immer. Der Moment kommt, an dem Gott selbst die Tür schliesst (Vers 16; Matthäus 25,10). Dann ist es für alle, die noch draussen stehen, für immer zu spät!
Prophetisch weisen Noah und seine Familie auf den treuen Überrest aus dem Volk Israel in der Zukunft hin. Im Gegensatz zu den Gläubigen der Gnadenzeit, die wie Henoch vor der kommenden Gerichtszeit entrückt werden, wird dieser Überrest in den Strafgerichten, die über die Erde hereinbrechen werden, bewahrt werden und ins Tausendjährige Reich eingehen.
In der Arche gerettet
Die Flut kam 40 Tage lang über die Erde. Das Wasser stieg 7,5 Meter über die höchsten Berge, so dass alle Lebewesen auf der Erde starben. «Alles starb, in dessen Nase ein Odem von Lebenshauch war, von allem, was auf dem Trockenen war.» Ein totales Gericht!
Die Zahl 40 kommt hier in der Bibel zum ersten Mal vor. Sie ist der Ausdruck der vollkommenen Erprobung des verantwortlichen Menschen. Wir finden diese Zahl auch an anderen Stellen:
- Mose war 40 Tage lang auf dem Berg Sinai.
- Das Volk Israel wanderte 40 Jahre durch die Wüste.
- Jesus wurde in der Wüste 40 Tage vom Teufel versucht.
Doch nur einer – unser Herr Jesus Christus – hat die Erprobung wirklich bestanden. Bei allen Übrigen kam bei der Prüfung das Versagen des verantwortlichen Menschen ans Licht.
«Nur Noah blieb übrig und was mit ihm in der Arche war.» So ist es mit uns Gläubigen. Wir haben das Gericht ebenso verdient wie die Ungläubigen. Doch der Herr Jesus, an den wir glauben, hat die ganze Strafe für uns getragen. Wir können frei ausgehen und möchten deshalb nicht mehr sündigen, sondern mit einem guten Gewissen für Gott leben. Das bezeugen wir in der christlichen Taufe, von der wir hier ein Bild haben (1. Petrus 3,20.21). Bei der Taufe werden wir ins Wasser getaucht. Aber wir müssen nicht unter Wasser bleiben und sterben, weil wir «in Christus» (= Arche) ins Wasser gelegt werden. Er hat durch seinen Tod die Strafe für unsere Sünden empfangen. Darum können wir nach dem Untertauchen sofort wieder herauskommen.
Das Wasser geht zurück
Als Noah und die Seinen in die Arche gingen und Gott hinter ihnen zuschloss, wussten sie nicht, wie lange die Flut dauern würde. Fünf Monate schwamm die Arche auf den Wassern, bis sie auf dem Gebirge Ararat strandete. Dann dauerte es nochmals zweieinhalb Monate, bis die Spitzen der Berge sichtbar wurden. Insgesamt verbrachten sie mehr als ein Jahr in der Arche (1. Mose 8,14; 7,10.11). Das war sicher eine lange Zeit, in der das Warten und das Vertrauen auf Gott geprüft wurden. Doch der erste Vers unseres Kapitels macht klar, dass Gott die Arche mit den Menschen und Tieren in ihr nie aus dem Auge verloren hatte.
Als die Wasser zurückgegangen waren, liess Noah zuerst den Raben hinaus, der über den Wassern hin- und herflog. Als er die Taube zum ersten Mal fliegen liess, kehrte sie zurück, weil sie keinen Ruheort gefunden hatte. Beim zweiten Mal brachte sie ein Olivenblatt mit und beim dritten Mal blieb sie endgültig weg. Der Rabe und die Taube stellen die beiden Naturen im erlösten Menschen dar. Der Rabe spricht von der alten Natur, die im Gläubigen nicht mehr die Oberhand haben sollte. Leider können wir aber noch fleischlich handeln. Dann wird der «Rabe» aktiv, der sich in einer schmutzigen und vom Tod geprägten Welt wohlfühlt.
Die Taube entspricht der neuen Natur und ihrer Aktivität. Sie findet auf der Erde und in dem, was vor Gott tot ist, keinen Ruheplatz. Das Olivenblatt im Schnabel der Taube weist auf die Frucht des Geistes hin. Sie entsteht, wenn die neue Natur im Gläubigen aktiv wird.
Noah verlässt die Arche
Als die Erde trocken war, durften alle, die in der Arche überlebt hatten, auf Gottes Anweisung das Schiff verlassen und ihr Leben auf der gereinigten Erde fortsetzen. Als Erstes baute Noah einen Altar. Da von den reinen Tieren und Vögeln je sieben Paare in der Arche überlebt hatten, konnte er nun von ihnen nehmen und dem Herrn Brandopfer opfern. Auf diese Weise brachte Noah Gott gegenüber seine tiefe Dankbarkeit für die wunderbare Rettung zum Ausdruck. Diese Opfertiere weisen auf Jesus Christus hin, der am Kreuz auf Golgatha als das wahre Brandopfer in den Tod gegangen ist. Auf der Grundlage dieses Opfers, durch das Gott völlig befriedigt und verherrlicht worden ist, können nun ehemals sündige Menschen mit Gott ins Reine kommen und Gemeinschaft mit Ihm haben.
Der Herr freute sich über dieses Opfer und nahm es an (Vers 21). Dann erklärte Er, dass Er nie mehr ein solch umfassendes Gericht über die Erde bringen werde. Obwohl sich das natürliche menschliche Herz nicht geändert hatte und sich auch nicht ändern wird, soll nie mehr eine totale Wasserflut die Erde verderben. Solange die erste Schöpfung bestehen bleibt, wird es Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht geben. Welch eine Gnade Gottes und welch ein Segen kommen doch in diesen Zusagen zum Ausdruck!
Dass die Sintflut gewaltige klimatische Veränderungen mit sich brachte, erkennt man aus der Tatsache, dass es seither Frost und Hitze, Sommer und Winter gibt. Vor der Flut scheint auf der Erde ein ausgeglichenes Klima geherrscht zu haben (1. Mose 2,6).
Der Regenboben
Nach der Sintflut begann eine neue Zeitperiode des Handelns Gottes mit den Menschen. Aus 1. Mose 1,29.30 wissen wir, dass die Nahrung der Menschen bis zur Flut aus Früchten und Kraut (Gemüse) bestand. Jetzt gab Gott ihnen auch das Fleisch von Tieren zur Speise. Nur das Blut durften sie nicht essen. Die Begründung dafür finden wir z. B. in 3. Mose 17,10-14. Diese Anordnung Gottes gilt auch für die Zeit der Gnade, in der wir leben (Apostelgeschichte 15,19.20.28.29).
Im Weiteren setzte Gott nach der Flut die Regierung des Menschen ein, um das Gute zu belohnen und das Böse einzudämmen und zu bestrafen. Bis heute haben die Regierungsgewalten diese Aufgabe (Römer 13,1-4).
Vers 7 macht klar, dass Noah und seine Söhne nun unter dem Segen Gottes standen, um die gereinigte Erde von neuem zu bevölkern. Gott machte zudem einen Bund mit ihnen und ihren Nachkommen. Doch es war kein Bündnis, das beiden Parteien Verpflichtungen auferlegte, sondern ein einseitiges Versprechen vonseiten Gottes: Nie mehr wird Er ein solches Gericht durch Wasser über die Erde bringen. Als Zeichen dieses Bundes setzte Gott den Regenbogen in die Wolken. Jedes Mal, wenn wir ihn sehen, können wir uns an diesen Bund Gottes mit uns Menschen erinnern.
Der Apostel Petrus teilt uns mit, dass es noch einmal ein umfassendes Gericht Gottes geben wird, aber dann durch Feuer (2. Petrus 3,7). Es wird das Ende der ersten Schöpfung sein. In der Folge wird Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde machen (2. Petrus 3,13; Offenbarung 21,1).
Noah betrinkt sich
Obwohl Noah ein Glaubensmann war und mit Gott lebte, hatte er wie jeder erlöste Mensch noch die böse Begierde in sich, die ihn zum Sündigen verleiten wollte. Wenn wir als Glaubende nicht wachsam sind und das von Gott empfangene neue Leben nicht fördern, kann es vorkommen, dass die alte Natur wieder zum Zug kommt. Dann handeln wir fleischlich und sündigen. Um Sünden in unserem Leben zu vermeiden, werden wir im Wort Gottes aufgefordert, entschieden gegen die Auswüchse der in uns wohnenden Sünde vorzugehen (Kolosser 3,5.8).
Noah liess es an der nötigen Vorsicht fehlen, trank zu viel vom Wein seines Weinbergs und verlor seine Selbstbeherrschung. Ham sah es und erzählte seinen Brüdern unverschämt von der Verfehlung seines Vaters. Sem und Japhet jedoch versuchten ihrem Vater zu helfen, indem sie sein Versagen zudeckten. Als Noah von seinem Rausch erwachte und hörte, was passiert war, segnete er Sem und Japhet, während Ham hören musste: «Verflucht sei Kanaan (ein Sohn Hams)! Ein Knecht der Knechte sei er seinen Brüdern!»
Interessant ist der Ausdruck in Vers 26, wo der Herr als der Gott Sems bezeichnet wird, während Er nie der Gott Japhets oder der Gott Hams genannt wird. Einen Grund dafür finden wir am Ende von Kapitel 11 und am Anfang von Kapitel 12. Dort sehen wir, dass Gott eine Familie hervorhebt, die von Sem abstammt. Es ist Tarah und seine Nachkommen. Mit Abram, einem Sohn Tarahs, wollte Gott sich als der Herr (Jahwe, der Ewigseiende) in besonderer Weise beschäftigen.
Sem, Ham und Japhet (1)
In der Zeit nach der Flut begannen sich die Nachkommen der Söhne Noahs auf der Erde auszubreiten. Die Japhetiten zogen nach Westen und Norden. Sie breiteten sich am stärksten aus.
Unter den Hamiten tritt ein Mann besonders hervor: Nimrod. Zweimal wird von ihm gesagt, dass er ein gewaltiger Jäger vor dem Herrn war. Einerseits erkennen wir daraus, dass die Menschen noch an Gott dachten. Anderseits legt der Name Nimrod (= sich empören) den Gedanken nahe, dass bei seinen Zügen und Städtebauten sehr viel Eigenwillen und Rebellion gegen Gott im Spiel war. Anstatt den Herrn zu fürchten, lehnte Er sich gegen Ihn auf.
«Der Anfang seines Reiches war Babel.» Der Name Babel oder Babylon zieht sich durch die ganze Bibel hindurch. Zuletzt wird in Offenbarung 18 der endgültige Fall Babylons beschrieben. Babylon ist dort der symbolische Ausdruck für das christliche Bekenntnis, in dem es keine Gläubigen mehr gibt und Christus völlig ausgeschaltet ist. Diese christuslose Christenheit gibt vor, die wahre Kirche zu sein. Doch es ist die falsche Kirche, die dem Herrn Jesus gegenüber höchst untreu geworden ist und schliesslich von Gott gerichtet wird.
Zwei weitere Namen unter den Nachkommen Hams finden wir später in der Bibel wieder: die Philister und die Kanaaniter. Die Philister bewohnten den Gazastreifen im Land Kanaan, das Gott später seinem Eigentumsvolk, den Israeliten, gab. Sie waren erbitterte Feinde Israels, bedrängten sie immer wieder und machten ihnen das Land streitig.
Sem, Ham und Japhet (2)
Sem, der mittlere Sohn Noahs (Vers 21), wird mit seiner Nachkommenschaft zuletzt erwähnt. Das hat seinen Grund. Gott will im weiteren biblischen Bericht vor allem mit den Nachkommen Sems fortfahren. Interessant ist die Bemerkung in Vers 25: «In seinen Tagen wurde die Erde geteilt.» Vielleicht finden wir hier einen Hinweis auf die Entstehung der Kontinente als Folge der Flut.
Obwohl die Sprachenverwirrung erst in Kapitel 11 beschrieben wird, heisst es in Kapitel 10 zusammenfassend, dass sich die Nachkommen der drei Söhne Noahs «nach ihren Sprachen, in ihren Ländern, nach ihren Nationen» verbreiteten (1. Mose 10,5.20.31). So entstanden mit der Zeit die verschiedenen Völker mit ihren eigenen Mentalitäten.
In der Apostelgeschichte gibt es eine interessante Verbindung zu diesem Kapitel am Anfang der Bibel. Hier heisst es, dass die Erde nach der Flut von den Familien der drei Söhne Noahs wieder bevölkert wurde. In der Apostelgeschichte sehen wir, wie sich nach dem Kreuzestod des Herrn Jesus das Evangelium nicht nur an die Juden, sondern an alle Völker der Erde richtete (Markus 16,15; Lukas 24,45-47). Die Kapitel 8 – 10 der Apostelgeschichte berichten uns, wie durch die Verkündigung der guten Botschaft drei verschiedene Männer zum Glauben an den Erlöser Jesus Christus kamen:
- der Kämmerer aus Äthiopien, ein Nachkomme Hams,
- Saulus von Tarsus, ein Nachkomme Sems, und
- der römische Hauptmann Kornelius, ein Nachkomme Japhets.
Wie gross ist Gottes Gnade!
Der Turmbau
Obwohl wir bereits in Kapitel 10 gesehen haben, wie sich die Nachkommen der Söhne Noahs über die Erde verteilten, wird erst jetzt gezeigt, wie es dazu kam. Nach der Flut lebten die Menschen zunächst zusammen. Sie redeten alle eine Sprache. Doch eine Beziehung zu Gott, ihrem Schöpfer, scheinen die meisten von ihnen nicht mehr gehabt zu haben.
Anstatt nach Gottes Anweisung die Erde zu füllen (1. Mose 9,1), wollten sie zusammenbleiben. Davon redet die Stadt, die sie planten. Sie rebellierten damit gegen Gottes Wort. Mit dem Turm, dessen Spitze an den Himmel reichen sollte, demonstrierten jene Menschen ihren Hochmut und ihre Ehrsucht. Heute verfolgen die Menschen andere grossartige Vorhaben. Doch sie beweisen damit nur, dass sie genauso hochmütig und ehrsüchtig sind wie ihre Vorfahren nach der Flut.
Gott antwortete auf die Auflehnung und Überheblichkeit seiner Geschöpfe mit dem Gericht der Sprachenverwirrung. Nun wurden die Menschen durch das Eingreifen Gottes tatsächlich über die ganze Erde zerstreut (Verse 4.9), so wie Er es von Anfang an gewollt hatte. Die Verständigungsschwierigkeiten zwischen Menschen verschiedener Sprachen sind heute noch Folgen jenes göttlichen Gerichts.
Wir lernen daraus, dass wir Menschen durch unseren Ungehorsam die Absicht Gottes nie durchkreuzen können. Er wird immer zu seinem Ziel kommen, wenn nötig durch Gericht. Dieser Grundsatz gilt auch für unser persönliches Leben.
Die Nachkommen Sems
Ab Vers 10 wird die Linie der Nachkommen von Sem über Peleg (1. Mose 10,25; 11,18) besonders erwähnt. Sie führt zu Tarah, dem Vater von Abraham, der hier noch Abram heisst.
Nach der Flut verfielen die Menschen in Überheblichkeit und Götzendienst. Durch den Bau eines himmelhohen Turmes versuchten sie, so hoch wie Gott zu werden. Anstatt sich Dem zu unterordnen, der ihnen die Herrschaft über die Erde anvertraut hatte, verneigten sie sich vor Götzen (Römer 1,22.23; Josua 24,2).
In seiner grenzenlosen Gnade gab Gott die Menschen jedoch nicht auf, obwohl sie sich von Ihm abgewandt hatten. Er wollte auf eine neue Weise mit ihnen handeln. Dazu ging Er mit einem einzelnen Menschen eine besondere Beziehung ein: Er rief Abram, den Sohn von Tarah, aus dem Götzendienst heraus und offenbarte sich ihm als der Allmächtige. Seine Beziehung zu ihm gründete sich auf göttliche Verheissungen, während Er keine Bedingungen an den Menschen stellte. Mit Abraham begann also die Heilszeit der Verheissungen.
Aus Vers 31 könnte man schliessen, Tarah habe die Initiative ergriffen, um aus Ur in Chaldäa nach Kanaan zu ziehen. Aber aus dem Neuen Testament wissen wir, dass Gott Abraham bereits in Mesopotamien erschienen war. Dort hatte Er ihm die Anweisung gegeben, sein Land und seine Verwandtschaft zu verlassen, um an einen Ort zu ziehen, den Er ihm zeigen wollte (Apostelgeschichte 7,2-4). Da Abram jedoch mit seiner Verwandtschaft auszog, kam er nur bis Haran.
Einleitung
Johannes zeigt uns, wie der ewige Sohn Gottes als Mensch auf die Erde kam, um Gott als Vater zu offenbaren. Seine Worte und seine Taten waren von Leben, Licht und Liebe geprägt. Doch die Welt lehnte Ihn ab und kreuzigte Ihn. Ist nun alles verloren? Nein! Wer persönlich an den Sohn Gottes glaubt, bekommt ewiges Leben und wird ein Kind Gottes.
Das Evangelium kann wie folgt eingeteilt werden:
- Kapitel 1 – 2: Einführung
- Kapitel 3 – 7: Leben
- Kapitel 8 – 12: Licht
- Kapitel 13 – 17: Liebe
- Kapitel 18 – 20: Tod und Auferstehung
- Kapitel 21: Schluss
Der ewige Sohn Gottes
Die Verse 1-3 gehen in die Ewigkeit zurück – als noch nichts geschaffen war – und stellen uns den Sohn Gottes als das «Wort» vor, d. h. als den Ausdruck dessen, was Gott ist. Er hat eine ewige, göttliche Existenz und unterscheidet sich in seiner Person von Gott, dem Vater, und Gott, dem Heiligen Geist. Ausserdem ist Er der Schöpfer von Himmel und Erde.
Im Gegensatz zu Adam, der sein Leben vom Schöpfer bekommen hat, besitzt der Sohn Gottes Leben in sich selbst. Dieses göttliche Leben offenbarte sich, als Er auf die Erde kam und unter Menschen lebte. Wie ein helles Licht strahlte es in die Dunkelheit der Gottlosigkeit und des moralischen Verderbens hinein.
Jeder, der mit dem Sohn Gottes in Kontakt kam, wurde ins göttliche Licht gestellt (Vers 9). Sein ganzes Leben mit all seinen Sünden wurde offenbar. Ein eindrückliches Beispiel dazu finden wir in Johannes 8,1-11. Dort beleuchtete der Herr Jesus das Leben einiger Schriftgelehrter und Pharisäer. Doch sie wichen dem Licht aus und verliessen Ihn. Obwohl Er von Gott zu ihnen gekommen war, nahmen sie Ihn nicht an. So wie Ihn damals die meisten Juden ablehnten, so wollen auch heute viele Menschen nichts von Ihm wissen.
Durch Gottes Gnade gibt es jedoch Einzelne, die das göttliche Urteil über ihr Leben anerkennen und an den Herrn Jesus glauben. Dadurch werden sie Kinder Gottes. Diesen Platz in der Familie Gottes bekommen sie nicht aufgrund ihrer natürlichen Abstammung oder ihrer eigenen Leistung, sondern durch die Neugeburt, die Gott in ihnen bewirkt.
Der Sohn Gottes wird Mensch
Vor 2000 Jahren wurde der ewige Sohn Gottes Mensch und lebte voller Gnade und Wahrheit unter uns:
- Er offenbarte die göttliche Gnade, die dem Sünder entgegenkommt und ihn retten will.
- Er stellte auch die göttliche Wahrheit vor, die klarmacht, dass wir gesündigt und das göttliche Gericht verdient haben.
Äusserlich war Jesus Christus keine beeindruckende Erscheinung (Jesaja 53,2). Aber der Glaubende sah in Ihm den eingeborenen Sohn des Vaters, wie Er von Ihm geliebt und geschätzt wird.
Johannes der Täufer kündigte das Kommen des Sohnes Gottes an und machte seine Majestät bekannt: Obwohl Jesus in Israel zeitlich nach Johannes auftrat, stand Er doch rangmässig über ihm, denn Er ist in seiner Existenz als Sohn Gottes ewig.
Das Gesetz stellte Forderungen an den Menschen, die keiner erfüllen konnte. Der Herr Jesus hingegen brachte uns die Gnade, aber nicht auf Kosten der Wahrheit. Er gab am Kreuz sein Leben, um allen Ansprüchen Gottes zu genügen und so die Wahrheit aufrechtzuerhalten. Auf dieser gerechten Grundlage kann die Gnade bis heute zu allen Menschen ausfliessen. Jeder, der das für ihn kostenlose Angebot zur Erlösung im Glauben annimmt, bekommt im Herrn Jesus das ganze Mass des göttlichen Segens: Gnade um Gnade (Vers 16).
Weil der Sohn Gottes im Schoss des Vaters ist und Ihn völlig kennt, war Er in der Lage, Gott in seiner Liebe zu offenbaren. Er ist Mensch geworden, damit wir in Ihm den Vater erkennen können (Johannes 14,9).
Eine Stimme in der Wüste
Nach der Einleitung über den Sohn Gottes (Verse 1-18) folgt nun der Bericht über das Zeugnis von Johannes dem Täufer. Als er seinen Dienst begann und die Menschen zur Buße aufrief, fragten sich die Juden von Jerusalem, wer er wohl sei. Darum sandten sie Priester und Leviten zu ihm. Obwohl Johannes nicht gern von sich selbst redete, gab er auf ihre Fragen eine klare Antwort:
- «Wer bist du?» – Er war nicht der Messias, der im Alten Testament angekündigt war und von vielen Juden erwartet wurde.
- «Bist du Elia?» – Nein, Johannes trat nicht als der Prophet Elia auf, der vor dem Tag des Herrn kommen wird (Maleachi 3,23).
- «Bist du der Prophet?» – Nein, dieser Prophet, den Mose angekündigt hatte (5. Mose 18,15), würde der Herr Jesus selbst sein.
Johannes war nur die Stimme eines Rufenden in der Wüste. Er kam als Bote Gottes, um im Herzen und Leben der Israeliten den Weg für den Sohn Gottes bereit zu machen. Das tat er auf zweierlei Weise:
- Er forderte alle auf, über ihr sündiges Leben Buße zu tun und zu Gott umzukehren (Matthäus 3,2).
- Die Menschen, die ihre Sünden bekannten, taufte er mit Wasser, um sie so von der ungläubigen Masse des Volkes abzusondern.
Das Verhalten von Johannes ist vorbildlich für jeden Diener des Herrn: Er hält nichts von sich selbst und stellt die Grösse und Herrlichkeit des Sohnes Gottes in den Mittelpunkt (Vers 27).
Siehe, das Lamm Gottes!
Dieser Abschnitt enthält das Zeugnis von Johannes über den Herrn Jesus. Zuerst erklärt er seinen Zuhörern: «Siehe, das Lamm Gottes …» Mit dieser Aussage macht er klar, dass Jesus Christus das Opferlamm ist, das Gott selbst gibt, um das Problem der Sünde zu lösen. Darum fährt Johannes fort: «… das die Sünde der Welt wegnimmt.» Der Heiland hat durch seinen Opfertod am Kreuz Gott in Bezug auf die Sünde unendlich und für immer verherrlicht. Als Folge davon wird die Sünde mit all ihren Konsequenzen einmal aus dem Weltall weggetan werden.
Die Worte in Vers 30 decken sich inhaltlich mit Vers 15: Johannes kam als Vorläufer des Herrn zeitlich vor Ihm. Aber Christus steht rangmässig höher als Johannes, denn Er ist der Sohn Gottes. Obwohl das Lamm Gottes für die ganze Welt gekommen war, sollte das Zeugnis über Ihn in Israel abgelegt werden, das bis zu diesem Zeitpunkt im Handeln Gottes eine Vorzugsstellung unter den Völkern einnahm.
Johannes der Täufer war Augenzeuge, als der Geist Gottes wie eine Taube aus dem Himmel herniederkam und auf Jesus Christus blieb. Dieses eindrucksvolle Ereignis nach seiner Taufe bestätigte einerseits seine wahre, aber sündlose Menschheit. Anderseits bewies es, dass Er Gottes Sohn ist. An diese doppelte Tatsache knüpfte Johannes ein weiteres Zeugnis an: Jesus Christus würde mit Heiligem Geist taufen. Das geschah nach seiner Himmelfahrt, als Er an Pfingsten die «Verheissung des Heiligen Geistes vom Vater» empfing und auf die Glaubenden ausgoss (Apostelgeschichte 2,33).
Wo hältst du dich auf?
Diese Verse beschreiben die Wirkung, die das Zeugnis von Johannes am nächsten Tag auf zwei Menschen hatte. Wieder blickte er auf Jesus und sprach: «Siehe, das Lamm Gottes!» Das veranlasste die beiden Jünger, dem Herrn Jesus nachzufolgen. Sie wollten Den, der Johannes so viel bedeutete, persönlich kennen lernen.
Als Jesus sie nachfolgen sah, prüfte Er sie mit einer Frage: «Was sucht ihr?» Strebten sie nach Ehre und Anerkennung? Oder wollten sie einfach in seiner Nähe sein? Ihre Gegenfrage offenbarte ihre Einstellung: «Lehrer, wo hältst du dich auf?» Sie unterstellten sich seiner Autorität und suchten die Gemeinschaft mit Ihm.
Das gilt auch für uns. Dem Herrn Jesus zu gehorchen und seine Gemeinschaft zu geniessen ist das, was uns in seiner Nachfolge glücklich macht. Deshalb sagt Er uns das Gleiche wie den beiden Jüngern: «Kommt und seht!» Nur durch persönliche Erfahrung im Alltag lernen wir den Segen wirklicher Jüngerschaft kennen.
Für Andreas war dieser Tag mit Jesus Christus so eindrucksvoll, dass er sofort seinen Bruder aufsuchte und ihm erklärte: «Wir haben den Messias gefunden.» Was konnte er Besseres tun, als Simon zum Heiland zu führen? Dieser empfing ihn mit folgenden Worten:
- «Du bist Simon.» Damit erklärte Er diesem spontanen und lebhaften Menschen, dass Er sein ganzes Leben mit allem, was bisher schief gelaufen war, kannte.
- «Du wirst Kephas heissen.» Diese Aussage zeugt von der Macht des Sohnes Gottes, glaubende Menschen zum Guten zu verändern, um sie zu sammeln und reich zu segnen.
Philippus und Nathanael
Wir haben in den Versen 35-42 gesehen, wie der Sohn Gottes zum Sammelpunkt der Glaubenden wird. Jener Abschnitt spricht prophetisch von der Gnadenzeit, in der Menschen gesammelt werden, um Steine am Haus Gottes zu sein. Petrus ist ein deutliches Beispiel davon.
In den Versen 43-51 beginnt der Herr, Menschen in seine Nachfolge zu rufen. Auch dieser Abschnitt hat eine prophetische Bedeutung: In der Zukunft wird ein glaubender Überrest aus Israel zusammengebracht, der Jesus als Messias anerkennen wird. Nathanael ist ein eindrücklicher Vertreter dieses Überrests.
Jesus spricht zu Philippus: «Folge mir nach!» Damit sondert Er ihn von der Welt ab und führt ihn auf den Glaubensweg, den er mit Ihm gehen kann. Bis heute erfährt jeder Jünger, der diesen Weg in der Nachfolge des Herrn geht, die Schmach der Welt und die Freude in der Gemeinschaft mit Gott.
Philippus möchte auch Nathanael für Jesus Christus gewinnen. Als dieser seine Zweifel äussert, diskutiert er nicht mit ihm, sondern sagt einfach: «Komm und sieh!» Er fordert Nathanael auf, sich selbst Klarheit zu verschaffen. Der Sohn Gottes empfängt ihn mit den Worten: «Wahrhaftig ein Israelit, in dem kein Trug ist.» Damit anerkennt Er seine Gottesfurcht und Aufrichtigkeit. Als Er in Vers 48 seine Allwissenheit offenbart, glaubt Nathanael, dass Jesus der König Israels ist (Psalm 2,6.7). Da teilt ihm der Herr eine grössere Herrlichkeit seiner Person mit: Er ist der Sohn des Menschen, der einmal über das Universum regieren wird (Psalm 8,5-7).
Die Hochzeit in Kana
Mit der Hochzeit von Kana kommt das prophetische Bild zum Höhepunkt: Im Tausendjährigen Reich wird Christus seinem erlösten Volk bleibende Freude schenken.
Die Anwesenheit von Maria, der Mutter Jesu, weist auf das natürliche Verhältnis hin, das der Herr durch Geburt zu seinem irdischen Volk hat. Aber aufgrund dieser Beziehung gibt es für Israel keinen Segen, weil es Ihn als Messias verworfen hat. Darum spricht Er zu seiner Mutter: «Was habe ich mit dir zu schaffen, Frau?» Dennoch hat dieses Volk eine herrliche Zukunft vor sich: Als Auferstandener wird Christus eine neue Beziehung zu Israel eingehen und es reich segnen.
So wie der Wein während der Feier ausging, geht jede irdische Freude einmal zu Ende. Doch der Herr Jesus will uns dauerhafte Freude geben. Darum fordert Er uns auf: «Füllt die Wasserkrüge mit Wasser!» Das Wasser spricht vom Wort Gottes in seiner reinigenden Kraft (Epheser 5,26). Es macht uns auf Verkehrtes im Leben aufmerksam, damit wir es in Ordnung bringen. Als Folge davon erleben wir echte und bleibende Freude in der Gemeinschaft mit Jesus Christus.
Der erste Wein war von weniger guter Qualität als der zweite (Vers 10). So ist auch die Freude, die wir uns selbst verschaffen, geringer als die Freude, die der Herr Jesus uns schenkt.
Der Sohn Gottes tat dieses Zeichen in Galiläa, wo die einfachen Menschen des Volkes wohnten. Sie waren empfänglicher für seine Gnade als die Juden in Jerusalem. Darum offenbarte Er vor allem ihnen die Herrlichkeit seiner Person.
Die Tempelreinigung
Mit der Tempelreinigung bezeugte der Herr seine Autorität. Als Sohn Gottes hatte Er das Recht, in seinem Haus für Ordnung zu sorgen. Gleichzeitig weist diese Handlung in die Zukunft: Bei seinem Kommen in Herrlichkeit wird Christus den Tempel durch Gericht reinigen (Maleachi 3,1.2).
Die Verkäufer und Wechsler hatten das Haus des Herrn zu einem Ort gemacht, wo man Geld verdienen konnte. Sie nutzten den Bedarf an Opfertieren und Wechselgeld aus, um sich zu bereichern. – Wie traurig, dass es auch heute Menschen gibt, die aus dem christlichen Glauben ein einträgliches Geschäft machen!
Der Herr Jesus entfernte alles, was den Tempel verunreinigte und nicht in die Gegenwart Gottes passte. Mit Eifer setzte Er sich im Haus Gottes für die Aufrechterhaltung seiner Heiligkeit ein. – Genauso sollten wir in der Versammlung (Gemeinde) besorgt sein, dass alles der göttlichen Heiligkeit entspricht.
Mit der Frage in Vers 18 forderten die Juden von Jesus Christus einen Beweis für das Recht der Tempelreinigung. Darauf teilte Er ihnen zweierlei mit:
- Sein menschlicher Körper war der wahre Tempel, in dem Gott wohnte (Kolosser 1,19).
- Nach seinem Kreuzestod würde Er auferstehen und damit beweisen, dass Er Gottes Sohn ist (Römer 1,4).
Die Menschen in Vers 23 glaubten aus verstandesmässiger Überzeugung, dass Jesus durch Wunder mächtig wirkte. Aber die Frage ihrer Sünden und ihrer Beziehung zu Gott blieb unberührt, weil in ihren Herzen kein Werk der Buße und Umkehr stattfand.
Die Neugeburt
Nikodemus war überzeugt, dass die Botschaft, die der Herr Jesus verkündete, ihre Quelle in Gott hatte. Zudem waren in seinem Herzen echte, unbefriedigte Bedürfnisse vorhanden. Deshalb suchte er Ihn auf. Er tat es bei Nacht, weil er spürte, dass er bei diesem Schritt die Welt gegen sich hatte.
Der Herr ging nicht auf seine wohlformulierten Worte ein, sondern sprach direkt das Kernproblem des Menschen an. Er ist in seinem Zustand vor Gott verloren und kann nicht verbessert werden. Darum muss er von neuem geboren werden, um wirklich und bleibend ins Reich Gottes zu kommen (Verse 3.5).
Weil Nikodemus in seinen Überlegungen innerhalb der Grenzen des natürlichen Menschen blieb, schien es ihm unmöglich, dass jemand von neuem geboren werden kann. Da wurde der Sohn Gottes in seiner Belehrung deutlicher: Der Heilige Geist wendet das reinigende Wasser des Wortes Gottes auf den glaubenden Menschen an und schenkt ihm neues, göttliches Leben. Die Neugeburt ist also ein Werk Gottes.
In Vers 6 stellt der Herr zwei Tatsachen vor: Einerseits ist jeder Mensch von seiner Geburt an ein Sünder. Daran kann er nichts ändern. Anderseits besitzt jeder Glaubende durch die Neugeburt eine neue, göttliche Natur. – In Vers 8 benutzt Er das Beispiel des Windes, um das Wirken des Geistes Gottes zu erklären. Wie man den Wind nicht sehen kann, so ist das Werk der Neugeburt in einem Menschen nicht wahrnehmbar. Aber so wie das Sausen des Windes gehört wird, macht sich auch das neue Leben im Glaubenden bemerkbar.
Das ewige Leben
Als Lehrer Israels hätte Nikodemus die Mitteilungen über die Neugeburt verstehen können, denn diese Wahrheit wird schon im Alten Testament erwähnt (Hesekiel 36,24-29) und ist in ihrem Charakter irdisch (Vers 12a).
Ab Vers 11 geht es um eine himmlische Botschaft. Kein Mensch ist in den Himmel hinaufgestiegen und wieder herabgekommen, um auf der Erde von dem zu reden, was im Himmel ist. Nur der Sohn Gottes, der als Mensch auf die Erde gekommen ist, kann uns das Himmlische mitteilen: Es ist das ewige Leben, das Gott in der Zeit der Gnade jedem schenkt, der an seinen Sohn Jesus Christus glaubt. Diese himmlische Wahrheit war im Alten Testament nicht bekannt.
Damit der Mensch das ewige Leben bekommen kann, muss das Problem der Sünde Gott gemäss gelöst werden. Darum spricht der Herr Jesus nun von seinem Tod am Kreuz:
- Die Verse 14 und 15 zeigen die Seite des Menschen: Der heilige und gerechte Gott forderte ein Opfer für die Sünde. Der Mensch Jesus Christus musste am Kreuz das Werk der Erlösung vollbringen, um die Sünde wegzutun.
- Vers 16 stellt uns die Seite Gottes vor: In seiner unergründlichen Liebe zu allen Menschen gab Gott seinen einzigen und einzigartigen Sohn für sündige Menschen in den Tod.
Die Auswirkungen seines Opfers sind gewaltig: Wer an Ihn glaubt, hat kein Strafgericht mehr zu befürchten, sondern kommt in eine glückliche Beziehung zu Gott.
Rettung oder Gericht
Obwohl die Menschen Gott verunehrt und beleidigt hatten, sandte Er seinen Sohn nicht als Richter, sondern als Retter zu ihnen. Warum? Weil Gott Liebe ist. Doch es werden nicht alle automatisch vor dem kommenden Gericht gerettet. Nur die, die an den Herrn Jesus glauben, werden von der Strafe freigesprochen.
Vers 19 zeigt, was Gott den ungläubigen Menschen einmal zur Last legen wird: Der Sohn Gottes ist als das Licht in die Welt gekommen und hat ihnen gezeigt, dass Gott sie liebt und ihnen in Jesus Christus seine rettende Gnade anbietet. Doch sie haben seine Liebe nicht gewollt und ein sündiges Leben im Dunkeln einer geordneten Beziehung zu Ihm vorgezogen.
Die Verse 20 und 21 stellen einen doppelten Grundsatz vor:
- Der Ungläubige, der das Böse tut, fürchtet sich vor der Gegenwart Gottes, weil er nicht will, dass seine Sünden ans Licht kommen.
- Der Gläubige, der ein gutes Gewissen hat, kommt freimütig zu Gott und freut sich, im Licht seiner Gegenwart zu leben.
Ab Vers 22 sehen wir, wie die Aufgabe von Johannes dem Täufer zu Ende ging und der Herr Jesus im Begriff stand, in Israel öffentlich in Erscheinung zu treten. Bis jetzt hatte sein eigentlicher Dienst noch nicht begonnen, denn Johannes war noch nicht ins Gefängnis geworfen worden. Weil sowohl Jesus als auch Johannes am Jordan tauften, musste nun die Frage geklärt werden, in welcher Beziehung sie zueinander standen. Die Antwort finden wir in den Versen 27-30.
Er muss wachsen, ich aber abnehmen
Die Jünger des Johannes hatten Mühe, dass immer mehr Menschen zu Jesus gingen, um sich von seinen Jüngern taufen zu lassen. Wie ging Johannes der Täufer damit um? Er freute sich darüber, weil er nur von Christus erfüllt war! Seine Worte zeigen einerseits seine Herzensdemut und anderseits den stellungsmässigen Unterschied zwischen dem Herrn und ihm.
Johannes wusste, dass er seinen Dienst als ein Geschenk von Gott bekommen hatte (Vers 27). Das machte ihn demütig. Es war sein Auftrag, als Vorläufer und Wegbereiter des Messias in Israel zu wirken. Als Freund des Bräutigams freute er sich, dass der Herr Jesus im Zentrum stand und die Menschen seiner Verkündigung zuhörten. Johannes war sich zweierlei bewusst:
- Christus musste in seinem Dienst und in seinem Einfluss unter den Menschen zunehmen.
- Sein Vorläufer hingegen musste langsam vom Schauplatz verschwinden und in den Hintergrund treten.
Der Sohn Gottes kam von oben, d. h. aus dem Himmel. Er stand weit über allen und verkündete eine himmlische Botschaft. Johannes der Täufer war ein Mensch von der Erde wie wir. Sein Dienst beschränkte sich auf das Irdische (Buße, Taufe, praktische Gerechtigkeit).
Die Verse 35 und 36 führen eine weitere Wahrheit über den Herrn Jesus ein. Er war nicht nur ein Gesandter vom Himmel mit einer göttlichen Botschaft, sondern der ewige Sohn Gottes, der vom Vater geliebt wird. Weil der Vater alles in seine Hände gegeben hat, kann der Mensch nur durch den Glauben an Jesus Christus ewiges Leben bekommen.
Am Brunnen zu Sichar
Der Herr Jesus verliess Judäa, weil Ihn die Eifersucht und Ablehnung der Juden wegtrieb. Auf dem Weg nach Galiläa musste Er durch Samaria ziehen. Das war der göttliche Auftrag, den Er gehorsam und gern ausführte. Die Menschen aus Samaria hatten eine gemischte Lebensführung. Ursprünglich gehörten sie nicht zu Israel, hatten sich aber mit diesem Volk vermischt. So dienten sie zum einen fremden Göttern. Zum anderen standen sie in einer äusseren Beziehung zum lebendigen Gott und beteten Ihn auf dem Berg Gerisim an. Aus diesem Grund verachteten die Juden die Samariter und pflegten im Allgemeinen keinen Umgang mit ihnen.
Am Brunnen ruhte sich Jesus Christus ein wenig aus, während seine Jünger in der Stadt etwas zu essen kauften. Wie empfand Er als wahrer, sündloser Mensch, was es bedeutet, Hunger und Durst zu haben oder müde zu sein! Dennoch war Er jederzeit bereit, den Menschen zu helfen und ihnen die göttliche Gnade vorzustellen.
Als eine Frau zur Quelle kam, um Wasser zu schöpfen, bat Er sie demütig: «Gib mir zu trinken!» Weil Er kein Schöpfgefäss besass, war Er auf ihre Hilfe angewiesen, um seinen Durst zu stillen. Gleichzeitig wollte der Heiland mit dieser Bitte das Herz der sündigen Frau erreichen, um ihr Vertrauen zu gewinnen.
Sie war sehr erstaunt, dass Er sich als Jude herabliess, mit ihr zu reden, obwohl sie eine Samariterin war und einen schlechten Lebenswandel führte. Ihre Verwunderung zeigt, dass sie ihr Herz dem Sohn Gottes nicht verschloss, sondern bereit war, Ihm zuzuhören.
Das lebendige Wasser
Zuerst weckte der Heiland das Interesse der Frau für die göttliche Gnade. Gott hatte ein Geschenk für sie bereit, das Er ihr durch seinen Sohn Jesus Christus geben wollte. Es ist das «lebendige Wasser» – ein Sinnbild des ewigen Lebens, wie es durch die Kraft des Heiligen Geistes genossen wird.
Die Gedanken der Frau gingen nicht über die Mühe des irdischen Lebens hinaus. Immer wieder musste sie zum Brunnen gehen, um Wasser zu schöpfen. Da machte ihr der Herr Jesus klar, dass alles, was die Erde und die Welt dem Menschen bietet, keine echte Befriedigung gibt. Der Durst nach wahrer Lebenserfüllung bleibt bestehen. Aber der Sohn Gottes bietet ein «Wasser» an, das diesen Durst für immer stillt. Er schenkt jedem, der an Ihn glaubt, ewiges Leben, das sich durch den Heiligen Geist entfaltet. Diese Energie des neuen Lebens ist wie ein aufsteigender starker Wasserstrahl, der uns in eine glückliche Gemeinschaft mit Gott bringt. Diese Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn – die wir jetzt und bald ewig im Vaterhaus geniessen – gibt uns einen echten Lebenssinn und eine tiefe Freude.
Die Frau verlangte nach diesem Wasser, weil sie das alte, sündige Leben mit seinem Elend und seiner Mühe satt hatte. Da sprach der Heiland ihr Gewissen an: «Geh hin, rufe deinen Mann und komm hierher!» Da gab sie zur Antwort: «Ich habe keinen Mann.» Dieses Bekenntnis war aufrichtig, aber nicht vollständig, so dass der Herr es einerseits anerkannte und anderseits ergänzte. Als Er die Wahrheit völlig ans Licht brachte, stand die Frau dazu und bekehrte sich zu Gott.
Wahrhaftige Anbeter
Als die Frau erkennt, dass Jesus ein Prophet Gottes ist, stellt sie Ihm eine Frage, die sie schon lange beschäftigt: Welches ist der richtige Ort der Anbetung? Ist es der Berg Gerisim, wo menschliche Ideen den Gottesdienst prägen? Oder ist es der Tempel in Jerusalem, den Gott als Ort der Anbetung bestimmt hat?
In seiner Antwort macht der Herr Jesus klar, dass durch sein Kommen eine neue Zeit angebrochen ist, in der Gott entsprechend seiner Offenbarung im Sohn als Vater angebetet wird. Wahrhaftige Anbeter sind Menschen, die an Jesus Christus glauben, ewiges Leben besitzen und den Heiligen Geist in sich haben. Aus dieser neuen Stellung heraus können sie den Vater in Geist und Wahrheit anbeten. Christliche Anbetung ist freiwillig (Vers 23), erfordert jedoch Abhängigkeit und Gehorsam (Vers 24), damit dem Wunsch des Vaters in der richtigen Weise entsprochen wird.
Die Frau versteht nicht viel von dem, was der Herr über Anbetung sagt. Aber sie lernt Ihn als den angekündigten Messias kennen. Ab Vers 28 werden die Ergebnisse ihres Glaubens an Jesus Christus sichtbar:
- Sie lässt den Wasserkrug stehen und geht weg in die Stadt. Weil ihre inneren Bedürfnisse bei Christus gestillt worden sind, ist ihr Herz nicht mehr auf das Irdische fixiert.
- Sie erzählt den Leuten vom Herrn Jesus, der alles über ihr Leben weiss. Schlicht und einfach lädt sie ihre Mitmenschen ein, zum Heiland zu kommen. Mit dem Hinweis «Dieser ist doch nicht etwa der Christus?» weckt sie das Interesse für Ihn.
Säen und ernten
In diesen Versen möchte der Herr Jesus die Gedanken der Jünger vom Natürlichen zum Geistlichen lenken.
- Als sie Ihn baten, von dem zu essen, was sie eingekauft hatten, sprach Er von seiner geistlichen Speise. Es war sein tiefes Verlangen, den Willen und das Werk Gottes zu tun. Von der Krippe bis zu seiner Himmelfahrt erfüllte Er mit Freude den Auftrag seines Vaters. Ihm zu gehorchen und unter den Menschen in Gnade zu wirken, das war es, was sein Herz befriedigte und sättigte.
- Die Jünger wussten, dass es noch vier Monate bis zur Getreideernte dauerte. Doch nun sollten sie ihre Augen auf die geistliche Ernte richten. Dieses Getreide war schon reif, denn es gab viele Menschen, die wie die Frau von Sichar ein Verlangen nach Vergebung und ewigem Leben hatten. Sie sollten die Botschaft der göttlichen Gnade hören, um gerettet zu werden.
Die Erntearbeit spricht hier also von der Verkündigung und Verbreitung des Evangeliums, damit Menschen sich bekehren und als Frucht zum ewigen Leben gesammelt werden. Weil diese Aufgabe grossen Einsatz erfordert und auf manche Ablehnung stösst, stellt der Herr einen Lohn in Aussicht.
Die Jünger traten in eine Arbeit ein, die andere schon begonnen hatten. Die Propheten im Alten Testament hatten das Wort gesät und den Messias angekündigt. Auch Johannes der Täufer hatte in Israel gewirkt und die Menschen zur Buße aufgefordert. Auf diese Aussaat folgte nun die Arbeit der Apostel. In der Zeit der Gnade brachten sie eine grosse Ernte für Gott ein.
Der Heiland der Welt
Die Frau, die sich am Brunnen bekehrt hatte, legte ein kraftvolles Zeugnis von Jesus Christus ab. Die Veränderung in ihrem Leben unterstrich ihre Worte, so dass viele in der Stadt an Ihn glaubten. – Genauso möchte der Herr Jesus uns gebrauchen, um Menschen zum rettenden Glauben zu führen.
Die Samariter baten den Heiland, bei ihnen zu bleiben. Weil sie an Ihn glaubten, wünschten sie Ihn in ihrer Nähe zu haben. – Das ist ein Kennzeichen des neuen Lebens: Jungbekehrte haben den Wunsch, den Herrn Jesus in ihr ganzes Leben aufzunehmen und Gemeinschaft mit Ihm zu haben.
Die Menschen aus Sichar hörten die Botschaft des Sohnes Gottes und kamen zur Überzeugung, dass Er der Heiland der Welt ist. – So wichtig es ist, den Menschen von Jesus Christus zu erzählen, noch wichtiger ist es, dass Gottes Wort ihre Gewissen und Herzen anspricht. Der Glaube soll sich nicht auf menschliche Worte abstützen, sondern seine Grundlage in dem finden, was Gott gesagt hat.
Jesus ist bis heute der Heiland der Welt (1. Johannes 4,14). In seiner unendlichen Gnade will Er alle Menschen erretten. Weil Er am Kreuz sein Leben als Lösegeld für alle gegeben hat, kann jeder zu Ihm kommen und durch den Glauben an Ihn gerettet werden.
Zwei Tage später zog der Herr Jesus nach Galiläa weiter. Die Menschen aus dieser Gegend unterschieden sich von den Samaritern. Sie nahmen den Herrn wegen der Wunder auf, die Er in Jerusalem getan hatte. Tiefer ging ihr Glaube nicht.
Der Sohn des königlichen Beamten
Der Sohn eines königlichen Beamten aus Kapernaum war todkrank. Da scheute der Vater keine Mühe und reiste nach Kana, um beim Heiland Hilfe zu suchen. Weil er glaubte, dass Jesus Christus Wunder tun und Kranke heilen konnte, bat er Ihn, nach Kapernaum zu kommen und seinen Sohn gesund zu machen. Nun wurde sein Glaube zweimal auf die Probe gestellt:
- Zuerst prüfte der Herr die Echtheit des Glaubens (Vers 48). Handelte der Beamte aus einer echten Not heraus oder wollte er in seinem Haus ein sensationelles Wunder erleben? Seine Antwort offenbarte die tiefe Sorge um seinen kranken Sohn und den Glauben an die Person des Herrn Jesus.
- Dann kam die zweite Prüfung: Wie reagierte er, als Jesus Christus erklärte: «Geh hin, dein Sohn lebt!» Glaubte er dem Wort des Sohnes Gottes? Ja, er ging nach Hause, weil er überzeugt war, dass der Heiland sein Wort wahr machen und den Sohn heilen würde.
Auf dem Heimweg kamen ihm seine Knechte mit der guten Nachricht entgegen, dass es dem Knaben besser gehe. In dem Moment, als der Sohn Gottes gesprochen und der Vater geglaubt hatte, hatte das Fieber den Kranken verlassen. So wurde dieser Mann vom Glauben an Zeichen und Wunder zum Glauben an Gottes Wort geführt. Ausserdem wirkte sich diese Erfahrung mit dem Herrn Jesus positiv auf die ganze Familie aus: Sie glaubten alle an Ihn (Vers 53). Folglich erkennen wir hier, wie Gott in dieser Familie durch die erlebte Schwierigkeit den Glauben vertieft und ausdehnt. Auch bei uns verfolgt Er in familiären Nöten das gleiche Ziel.
Der Kranke am Teich Bethesda
Der Sohn Gottes ging nach Jerusalem, um mitten im toten System des Judentums, das seine Feste ohne Gott feierte, seine lebendig machende Kraft zu entfalten.
Die Säulenhallen am Teich Bethesda offenbarten zweierlei:
- Den schlechten geistlichen Zustand des Volkes, denn es gab dort viele kranke Menschen (2. Mose 15,26).
- Die Gnade Gottes, die trotz des Versagens Israels ab und zu durch einen Engel einzelne Kranke heilte.
Jesus traf dort einen Menschen, der schon 38 Jahre krank war. Er konnte selbst nicht schnell genug in den Teich steigen, und es war niemand da, der ihm dabei half. Auf die Frage des Herrn bekannte er sein eigenes Unvermögen und seine falsche Hoffnung auf menschliche Hilfe.
Dieser Mann stellt den natürlichen Menschen in seinem sündigen Zustand dar. Durch die Sünde in ihm ist er unfähig, die Gebote Gottes zu halten. Ausserdem kann er nichts zu seiner Erlösung beitragen. Alles hängt von Gott ab. Sobald der Mensch zu dieser Einsicht kommt, ist er bereit, die Hilfe des Heilands anzunehmen.
«Steh auf, nimm dein Bett auf und geh umher!» In diesen Worten liegt göttliche Macht zur Heilung. So wurde der Kranke augenblicklich gesund. Er besass nun die Kraft, selbst zu gehen. Mühelos trug er das Bett, auf dem er vorher schwach und krank gelegen hatte.
Diese Veränderung findet im übertragenen Sinn auch bei einem Menschen statt, der sich bekehrt. Vorher war es ihm unmöglich, Gott zu gefallen. Nun kann er in der Kraft des Heiligen Geistes für Gott leben.
Die Juden widerstehen Jesus
Die Juden ärgerten sich, dass der Geheilte am Sabbat sein Bett trug. Aus religiöser Pflichterfüllung pochten sie auf die Einhaltung des Sabbatgebots, anstatt sich über die Heilung dieses Mannes zu freuen, der so viele Jahre krank gewesen war. Sofort suchten sie nach dem «Schuldigen», der den Sabbat gebrochen hatte. Wie hart waren doch ihre Herzen!
In Israel war eine Krankheit oft die unmittelbare Konsequenz einer Sünde, da die Juden unter der direkten göttlichen Regierung standen. Nun hatte Jesus Christus in Macht und Gnade den Kranken geheilt und ihm diese Folge weggenommen. Als Er im Tempel wieder mit ihm zusammentraf, forderte Er den Geheilten jedoch auf, nicht mehr zu sündigen.
Sobald die Juden erfuhren, dass Jesus den Kranken am Sabbat gesund gemacht hatte, wollten sie Ihn töten. Warum? Weil der Sabbat das ganze jüdische System repräsentierte. Wer das Sabbatgebot antastete, stellte das ganze Judentum infrage.
Seitdem die Sünde in die Welt gekommen war, konnte Gott bei den Menschen nicht mehr ruhen. Daran änderte auch das Halten des Sabbats nichts. Darum erklärte der Sohn Gottes: «Mein Vater wirkt bis jetzt, und ich wirke.» Da wegen der Sünde keine Ruhe möglich war, wirkte Gott in Gnade. Mit dieser schönen Antwort reagierte der Herr auf den Angriff der Juden. Sie verstanden sofort, was Er sagte. Doch in ihrem Unglauben wollten sie Ihn nicht als Sohn Gottes anerkennen. Stattdessen bezeichneten sie Ihn als Gotteslästerer und suchten Ihn deswegen zu töten.
Der Sohn macht lebendig
In diesem Kapitel werden uns zwei wichtige Tatsachen über die Person des Herrn Jesus vorgestellt:
- Er ist der Sohn Gottes. Als solcher hat Er die gleiche Ehre und die gleiche Macht wie der Vater. Er steht auf der gleichen Stufe wie der Vater und ist völlig eins mit Ihm (Vers 17).
- Der Sohn Gottes ist Mensch geworden. In seinem Leben auf der Erde – als Gott und Mensch in einer Person – hat Er eine Stellung der Unterordnung unter den Vater eingenommen (Vers 19).
Deshalb handelte Jesus Christus immer in Abhängigkeit vom Vater und in Übereinstimmung mit Ihm. Gleichzeitig bestand zwischen dem Vater im Himmel und dem Sohn auf der Erde eine vollkommene Beziehung der Liebe.
Im Auftrag des Vaters würde der Sohn nicht nur Kranke heilen, sondern auch glaubenden Menschen ewiges Leben geben. Das zweite Werk ist grösser als das erste, weil es sich auf die Ewigkeit auswirkt.
In den Versen 21 und 22 gibt der Herr zwei Beweise seiner göttlichen Rechte:
- Er gibt Leben, wem Er will, d. h. unabhängig von irgendwelchen Vorzügen, die ein Mensch zu haben meint.
- Der Vater hat dem Sohn das Gericht übergeben, damit Er als Mensch die Ungläubigen richte.
In Vers 24 zeigt Er uns, wie wir zu denen gehören können, die ewiges Leben bekommen und nicht gerichtet werden: Wenn wir seine Worte annehmen und an Gott, den Vater, glauben, der seinen Sohn zu uns gesandt hat, kommen wir aus unserem toten Zustand heraus und beginnen mit Jesus Christus das wirkliche Leben.
Die Stimme des Sohnes Gottes
Die «Stunde» in Vers 25 ist die Stunde der Gnade. Sie umfasst sowohl die Zeit, in der Jesus auf der Erde wirkte, als auch die Zeit, in der Er im Himmel ist und durch den Heiligen Geist auf der Erde ein Werk tut.
In dieser Stunde macht der Sohn lebendig! Er richtet eine Botschaft an die Menschen, die in ihren Sünden tot sind. Wer auf seine Stimme hört und an Ihn glaubt, wird leben, d. h. er bekommt ewiges Leben. Diese Macht, glaubenden Menschen Leben zu geben, hat der Vater dem Mensch gewordenen Sohn übertragen. Die Tatsache, dass Jesus Christus Tote auferweckte, beweist deutlich seine Macht über Leben und Tod.
Der Vater hat dem Sohn, der Mensch geworden ist, auch die Autorität übertragen, Gericht zu halten. Es wird also ein Mensch sein, der die ungläubigen Menschen richten wird (Apostelgeschichte 17,31).
Die «Stunde» in Vers 28 ist die Stunde des Gerichts, in der der Sohn Gottes alle Gestorbenen auferwecken wird. Sie findet in zwei Phasen statt:
- Die Auferstehung des Lebens betrifft alle, die das einzig Gute getan haben, das ein natürlicher Mensch tun kann: Sie haben an den Herrn Jesus geglaubt und werden deshalb nicht gerichtet, sondern zum Leben auferweckt werden.
- Die Auferstehung des Gerichts erstreckt sich auf alle, die das Böse verübt haben. Weil sie nicht an den Sohn Gottes geglaubt und Ihn nicht geehrt haben, werden sie für ihre Sünden eine ewige Strafe erleiden.
Das Gericht, das der Herr Jesus vollstrecken wird, stimmt völlig mit dem Willen des Vaters überein.
Ein vierfaches Zeugnis über Gottes Sohn
In diesem Abschnitt werden uns vier Zeugnisse über Jesus Christus, den Sohn Gottes, vorgestellt:
- Als die Juden ihre Diener zu Johannes dem Täufer sandten, verkündigte er ihnen die Wahrheit über Christus. Deutlich hob er die Würde Dessen hervor, der nach ihm kam. Ausserdem bezeugte er, dass Jesus der Sohn Gottes ist (Johannes 1,27.34). Johannes war eine Lampe, die helles Licht auf den Herrn warf.
- Die Werke, die Jesus Christus im Auftrag seines Vaters tat, offenbarten Gottes Macht und Gnade. Klar bezeugten sie seine Herkunft: Er war der Sohn Gottes, den der Vater in die Welt gesandt hatte.
- Der Vater selbst legte ein Zeugnis über seinen Sohn ab. Nach der Taufe des Herrn Jesus öffnete Er den Himmel und erklärte vor allen: «Dieser ist mein geliebter Sohn» (Matthäus 3,17). Später ertönte nochmals seine Stimme aus dem Himmel, als es um die Verherrlichung seines Vaternamens ging (Johannes 12,28).
- Die Juden erforschten die Schriften des Alten Testaments, um ewiges Leben zu finden. Doch sie lasen das Wort Gottes im Unglauben. Darum erkannten sie nicht, wie es auf den Herrn Jesus hinwies. Wie viele Prophezeiungen über Christus haben sich doch in seinem Leben eindeutig erfüllt!
Dieses vierfache Zeugnis über die Herrlichkeit des Herrn Jesus machte den Unglauben der Juden unentschuldbar. Ganz bewusst weigerten sie sich, zum Sohn Gottes zu kommen, um von Ihm Leben zu empfangen.
Unglaube und Ehre bei Menschen
Der Sohn Gottes ist nicht in die Welt gekommen, um von den Menschen geehrt zu werden, sondern um den Vater zu offenbaren. Alle, die Ihn ablehnten, verschlossen sich der Liebe Gottes, die der Sohn kundtat. Sie verharrten im Unglauben und stellten sich gegen Gott.
Jesus Christus war im Namen des Vaters, d. h. als Vertreter des Vaters zu seinem Volk gekommen. Doch die Juden nahmen Ihn nicht an, weil sie Feinde Gottes waren. Sie wollten den Gesandten des Vaters nicht.
In der Zukunft wird der Antichrist in seinem eigenen Namen zu ihnen kommen und sich selbst als Gott verehren lassen. Ihn werden die Juden aufnehmen, weil ihnen die Ehre und Anerkennung des Menschen wichtig ist.
In Vers 44 stellt der Herr einen Grundsatz vor: Wer nur die Anerkennung von Menschen im Auge hat und sich nicht unter Gottes Autorität beugt, nimmt die Wahrheit nicht im Glauben an, weil er durch sie verurteilt wird. Nur Buße und Beugung vor Gott öffnen dem Menschen die Tür zur glaubensvollen Annahme der Wahrheit (2. Timotheus 2,25).
Mose hatte einen Propheten angekündigt, auf den die Israeliten hören sollten (5. Mose 18,15). Nun war dieser Prophet – Jesus Christus, der Sohn Gottes – da und sprach zu den Juden. Doch sie hörten nicht auf Ihn und glaubten nicht an Ihn. Darum wurden sie von Mose, auf den sie sich so gern beriefen, verurteilt.
In Vers 47 unterstreicht der Herr die Wichtigkeit des geschriebenen Wortes Gottes. Darauf soll sich unser Glaube stützen.
Die Speisung der Fünftausend
In diesem Kapitel befindet sich der Herr Jesus in Galiläa. Viele Menschen suchen aus Neugier seine Nähe, weil sie seine Wunderheilungen miterlebt haben. Als Er die grosse Volksmenge kommen sieht, stellt Er Philippus eine Prüffrage: «Woher sollen wir Brote kaufen, damit diese essen?»
Sowohl die Antwort von Philippus als auch die Bemerkung von Andreas machen klar, dass die Bedürfnisse viel grösser als die menschlichen Möglichkeiten sind: Das Geld reicht bei weitem nicht aus, um genügend Brote zu kaufen! Und wie soll diese zahlreiche Menge mit fünf Gerstenbroten und zwei Fischen satt werden?
Nachdem die Jünger ihr Unvermögen eingestanden haben, beginnt der Herr zu handeln:
- «Lasst die Leute sich lagern.» Bevor Er Nahrung austeilt, sollen die Menschen zur Ruhe kommen.
- «Jesus nun nahm die Brote.» Er benutzt das Wenige, das Ihm der Knabe zur Verfügung stellt. Welche Gnade!
- «Als er gedankt hatte …» Jesus dankt für das Essen, denn es kommt von Gott, der ein Erhalter aller Menschen ist.
- «… teilte er sie denen aus, die da lagerten.» Obwohl der Herr die fünf Brote des Knaben gebraucht, ist Er doch der Gebende und Austeilende.
- «Sammelt die übrig gebliebenen Brocken, damit nichts verdirbt.» Der Herr ist grosszügig und gibt so viel, wie sie wollen. Aber Er ist nicht verschwenderisch, darum sollen die Reste eingesammelt werden.
Diese einzelnen Punkte lassen sich gut auf das Austeilen von geistlicher Nahrung übertragen.
Jesus auf dem Berg und auf dem See
Durch die Speisung der Volksmenge offenbart sich der Herr Jesus als der verheissene Messias, der in Psalm 132,15 sagt: «Seine Speise will ich reichlich segnen, seine Armen mit Brot sättigen.» In der Folge anerkennt Ihn das Volk als den Propheten und will Ihn zum König machen. Doch Jesus nimmt das Königtum nicht aus der Hand der Menschen an, sondern wartet auf den Zeitpunkt, an dem Gott Ihn als König in Zion einsetzen wird. Darum zieht Er sich auf den Berg zurück – ein Bild davon, dass Er nach seinem Kreuzestod für sein irdisches Volk als Priester im Himmel verborgen ist.
Seine Jünger repräsentieren den gläubigen Überrest Israels, der auf der Erde bedrängt wird, während Christus im Himmel ist:
- Die Dunkelheit auf dem See spricht von der Abwesenheit des Herrn und von der fehlenden Erkenntnis des Volkes Israel.
- Der Wind und die Wellen illustrieren die Drangsal, die der treue Überrest durchmachen wird.
In dieser Bedrängnis werden die gläubigen Juden geläutert, damit sie für ihren Messias bereit sind. Wenn Er am Ende der Drangsalszeit zu ihnen kommt, werden sie sich fürchten, weil sie Ihn zuerst nicht als Den erkennen, der zu ihrer Errettung am Kreuz gestorben ist.
Nachdem der Herr ins Schiff gestiegen ist, kommen sie ans Land. So wird es auch dem Überrest ergehen: Wenn Christus kommt und sich mit diesen Treuen vereint, wird für Israel die Bedrängnis zu Ende sein und eine herrliche Segenszeit anbrechen.
Die wahre Speise
Am nächsten Tag suchen die Menschen den Herrn Jesus. Sie haben die Jünger allein abfahren sehen. Deshalb vermuten sie, dass Er noch dort ist, wo sie von Ihm zu essen bekommen haben. Doch sie finden Ihn nicht. So fahren sie auch auf die andere Seite des Sees und kommen nach Kapernaum.
Es ist gut, die Nähe des Herrn Jesus aufzusuchen. Aber welche Motive leiten uns dabei? Streben wir nach Anerkennung? Suchen wir die Sensation? Oder wünschen wir sein Wort zu hören und seine Gemeinschaft zu geniessen?
Der Herr deckt die Beweggründe dieser Menschen sofort auf: Sie sind zu Ihm gekommen, weil sie ohne Arbeit und Mühe genug zu essen wünschen. Es geht ihnen nur um die Befriedigung der natürlichen Bedürfnisse.
«Wirkt nicht für die Speise, die vergeht.» Wir sollen unsere Energie nicht nur dafür verwenden, genug zu essen und zu trinken zu haben.
«Wirkt für die Speise, die bleibt ins ewige Leben.» Viel besser ist es, sich nach dem auszustrecken, was uns bleibende Befriedigung und ewigen Segen gibt. Beim Herrn Jesus können wir beides finden.
Die Juden wollen gern etwas tun, um Gottes Anerkennung und ewiges Leben zu bekommen. Da gibt ihnen der Herr zu verstehen: Wenn ihr wirklich ein Werk tun möchtet, das Gottes Zustimmung findet, dann glaubt an Mich! Gott verlangt vom Menschen nur eins: Dass er an Jesus Christus glaubt, den Er als Erlöser und Geber des ewigen Lebens in die Welt gesandt hat.
Das Brot aus dem Himmel
Die Juden fordern ein Zeichen, um sehen und glauben zu können. Doch der Herr tut kein Wunder, sondern erklärt ihnen, dass Er selbst das Zeichen der göttlichen Gnade ist. Als das Brot Gottes ist Er aus dem Himmel herabgekommen, um allen Menschen ewiges Leben anzubieten. Bis heute lädt Er jeden persönlich ein:
- «Wer zu mir kommt, wird nicht hungern.» Zu Ihm kommen heisst zu Ihm beten und Ihn glaubensvoll als Den annehmen, der alle unsere Probleme lösen und unsere Bedürfnisse stillen kann.
- «Wer an mich glaubt, wird niemals dürsten.» An Ihn glauben bedeutet, Ihn so ins Herz und Leben aufzunehmen, wie Er uns im Wort Gottes vorgestellt wird. Nur Er kann unseren Durst nach echtem, ewigem Leben stillen.
Der Mensch in seiner Selbstgerechtigkeit schlägt dieses Angebot des Heilands aus (Vers 36). Nur Gott kann diesen Widerstand überwinden. Darum wird in Vers 37 das Wirken des Vaters erwähnt, der die Menschen zu Jesus Christus führt. – In Vers 38 stellt der Herr sein Lebensziel vor: Als demütiger und gehorsamer Knecht wollte Er immer den Willen des Vaters tun. Er dachte nicht an sich, sondern erfüllte treu das, was der Vater Ihm auftrug.
Die Verse 39 und 40 zeigen, was der Wille des Vaters beinhaltet: Einerseits wird keiner, der im Glauben zu Jesus Christus kommt, verloren gehen. Anderseits bekommt jeder, der an den Herrn Jesus glaubt, ewiges Leben. Beide Aspekte haben eine Wirkung, die über den Tod hinausgeht, deshalb werden beide mit der Auferweckung verbunden.
Nicht murren, sondern glauben
Die Juden haben das, was der Herr Jesus gesagt hat, verstanden, aber sie glauben Ihm nicht. Ihre murrenden Worte zeugen von zweierlei:
- Sie sind beleidigt, dass ein Sohn von armen und unbedeutenden Eltern der von Gott gesandte Christus sein soll.
- Wegen ihres Unglaubens können sie seine himmlische Herkunft und seine irdische Familienbeziehung nicht zusammenbringen.
Ab Vers 43 geht der Herr auf ihren Unglauben ein. Er erklärt ihnen, dass kein Mensch das Angebot der Gnade Gottes in Jesus Christus annimmt, wenn der Vater nicht wirkt und die Herzen zum Heiland zieht. Mit dem Zitat aus Jesaja 54 unterstreicht Er diesen Gedanken und zeigt einen Grundsatz auf: Jede Erkenntnis, die ein Mensch besitzen kann, kommt von Gott. Das wird im Tausendjährigen Reich für alle sichtbar werden. In der Zeit der Gnade lässt der Vater den Menschen das Evangelium über seinen Sohn verkünden. Wer diese Botschaft hört und aufnimmt, kommt zum Herrn Jesus und sieht in Ihm Gott.
Nur der Sohn Gottes, der im Schoss des Vaters ist, hat Ihn gesehen (Vers 46). Doch welche Gnade: Er ist Mensch geworden, um uns den Vater zu offenbaren. So können wir im Sohn den Vater erkennen (Johannes 14,9). Darum hängt alles davon ab, ob wir an Jesus Christus, den Sohn Gottes, glauben (Vers 47). Durch den Glauben an Ihn empfangen wir ewiges Leben und kommen in eine glückliche Beziehung zum Vater (Johannes 1,12).
Ewiges Leben und Gemeinschaft
Der Herr Jesus wiederholt die Worte von Vers 35: «Ich bin das Brot des Lebens.» Mit einem Gegensatz macht Er deutlich, was diese Aussage bedeutet:
- Das Manna kam von Gott aus dem Himmel auf die Erde. Obwohl die Israeliten in der Wüste davon assen, starben sie irgendwann, denn das Manna konnte kein ewiges Leben geben.
- Christus ist als das Brot des Lebens auch von Gott aus dem Himmel auf die Erde gekommen. Wer von diesem Brot isst, indem er Jesus Christus glaubensvoll in sein Herz aufnimmt, bekommt ewiges Leben. Dadurch besitzt er eine Perspektive über den Tod hinaus.
In Vers 51 finden wir zwei wichtige Glaubenstatsachen: Das Herabkommen aus dem Himmel spricht von der Menschwerdung des Sohnes Gottes, und das Fleisch, das er geben wird, vom Opfertod des Herrn Jesus. Weil die Juden den Sinn seiner Worte nicht verstehen, wird Jesus Christus in Vers 53 etwas deutlicher. «Sein Fleisch essen» und «sein Blut trinken» bedeuten nichts anderes, als persönlich daran zu glauben, dass der Tod des Herrn Jesus die Grundlage meiner Errettung ist.
Ab Vers 54 geht es nicht mehr um einen einmaligen Akt des Glaubens, sondern um eine fortdauernde Handlung: Menschen, die durch den Glauben an Jesus Christus ewiges Leben besitzen, beschäftigen sich gern mit seinem Opfertod. Dadurch werden sie geistlich genährt und haben Gemeinschaft mit Ihm. So wie der Herr auf der Erde in ständiger Verbindung zum Vater gelebt hat, sollen sie ihre Glaubensbeziehung zu Christus pflegen. Dadurch entfaltet sich ihr neues Leben.
Herr, zu wem sollen wir gehen?
Jetzt sind es nicht die Juden, sondern viele von seinen Jüngern, die sich über die Worte des Herrn Jesus ärgern. Sie sind Ihm wegen der Zeichen nachgefolgt (Johannes 2,23), aber nun offenbaren sie ihren wahren Zustand: Sie glauben nicht wirklich an Jesus Christus.
An ihrem Beispiel wird deutlich, dass der natürliche Mensch, der im Fleisch ist, Gott nicht gefallen und die Worte des Herrn Jesus nicht erfassen kann. In seinem Innern muss ein Werk des Heiligen Geistes geschehen, damit er ewiges Leben bekommt. Aus diesem Grund erklärt der Herr in Vers 63: «Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt nichts.»
Vers 64 stellt die Verantwortung des Menschen vor, an Jesus Christus zu glauben. In Vers 65 ist vom gnädigen Wirken des Vaters die Rede, ohne das kein Mensch zum Heiland kommt. Beides ist hundertprozentig wahr.
Nachdem die Menschen, die nur für eine Zeit an Christus geglaubt haben (Lukas 8,13), weggegangen sind, prüft der Herr die zwölf Jünger: «Wollt ihr etwa auch weggehen?» Petrus, der immer schnell redet, gibt eine herrliche Antwort: «Herr, zu wem sollen wir gehen?» Für ihn gibt es keine Alternative, als Jesus Christus nachzufolgen, denn er hat zweierlei erfahren:
- Das Wort des Herrn verleiht ewiges Leben und ist geistliche Nahrung für den inneren Menschen.
- Die Gemeinschaft mit dem Sohn des lebendigen Gottes erfüllt das Herz der Glaubenden mit bleibender Freude.
Der Herr hat zwölf Jünger erwählt, elf besitzen göttliches Leben, Judas Iskariot jedoch nicht.
Meine Zeit ist noch nicht da
Der Herr Jesus hält sich in Galiläa auf, weil Ihn die Menschen aus Judäa töten wollen. Das bevorstehende Laubhüttenfest wird das «Fest der Juden» genannt, weil es zu einer religiösen Feier ohne Gott verkommen ist.
Der Vorschlag seiner Brüder offenbart ihre weltliche Einstellung. Sie raten Jesus, am Fest öffentlich aufzutreten, um noch bekannter und geehrter zu werden. In ihrem Unglauben verstehen sie nicht, dass es Ihm nur um die Ehre Gottes und die Errettung der Menschen geht. Sie haben auch kein Verständnis für seine demütige und gehorsame Gesinnung.
In seiner Antwort zeigt der Herr den Unterschied zwischen sich und seinen Brüdern auf:
- Seine Zeit, als König verehrt zu werden, ist noch nicht da, weil die Welt Ihn ablehnt. Sie hasst Ihn aufgrund seines Verhaltens und seiner Worte, denn Er lebt getrennt von der Welt und verurteilt ihre Werke.
- Die Zeit der Brüder, zum Fest zu gehen und dort Ehre und Vergnügen zu suchen, ist hingegen da, weil sie zur Welt gehören. Aus diesem Grund müssen sie auch nicht mit dem Hass der Welt rechnen, denn sie liebt das Ihre.
Jesus bleibt solange in Galiläa, bis Gott Ihm aufträgt, im Verborgenen zum Fest hinaufzugehen. Nie lässt Er sich durch weltliche oder egoistische Motive leiten, sondern handelt immer in Abhängigkeit vom Vater.
Das Gemurmel unter den Leuten macht klar, dass es in der Welt verschiedene Meinungen über Jesus Christus gibt. Doch solange kein Glaube vorhanden ist, fehlt es an einer Überzeugung.
Ablehnung seiner Lehre und seiner Werke
Als Jesus im Tempel lehrt, fragen sich die Juden: Wie kann Er so überzeugend predigen, obwohl Er kein Gelehrter ist? In seiner Antwort zeigt der Herr, worin sich seine Lehre von der Unterweisung der Schriftgelehrten unterscheidet:
- Er stellt nicht menschliche Gedanken oder eigene Überlegungen vor, sondern bringt eine Botschaft von Gott, dem Vater, der Ihn gesandt hat (Vers 16).
- Wenn Christus lehrt, sucht Er nicht persönliche Anerkennung, sondern die Ehre seines Vaters (Vers 18). Dieses Motiv weist Ihn als wahr und gerecht aus.
Dazwischen macht Vers 17 klar, dass nicht Intelligenz oder Gelehrsamkeit, sondern Demut und Gehorsam nötig sind, um die Lehre des Herrn zu verstehen und die göttliche Quelle seiner Mitteilung zu erkennen.
In Vers 20 beschimpfen Ihn die Menschen aufs Heftigste, indem sie behaupten: «Du hast einen Dämon.» Doch Jesus geht nicht auf diese Lästerung ein, sondern legt ihnen den Sachverhalt nochmals vor:
- Der Grund für ihre Verwunderung, die bereits in Ablehnung und Hass übergegangen ist, liegt darin, dass Er am Sabbat jemand geheilt hat.
- Obwohl sie selbst am Sabbat eine Beschneidung vollziehen, um das Gesetz zu halten, zürnen sie dem Herrn, wenn Er am Sabbat heilt. Das ist nicht gerecht.
Ab Vers 25 hören wir die Argumente und Überlegungen der Bewohner von Jerusalem. Ihre Worte offenbaren ihren Unglauben und ihre Unwissenheit. Weil ihre Herzen durch die Sünde und die Religiosität hart geworden sind, erkennen sie nicht, dass Jesus der Christus ist.
Ablehnung der Person des Herrn Jesus
Aufgrund der Wunder, die Jesus getan hat, wissen die Juden genau, dass Er von Gott gekommen ist (Johannes 3,2). Er ist nicht eigenmächtig, sondern im Auftrag des Vaters in Israel aufgetreten. Obwohl die Juden religiös sind, haben sie keine Beziehung zum lebendigen und wahren Gott. Darum kennen sie Ihn nicht. Der Herr Jesus hingegen steht als der Sohn des Vaters in einer ewigen Beziehung zu Ihm.
Die Juden offenbaren sich als Feinde Gottes, weil sie seinen Gesandten ablehnen. Doch sie können noch nicht Hand an den Sohn Gottes legen, weil die Stunde seines Kreuzestodes noch nicht gekommen ist. Die Volksmenge ist verwirrt und unwissend. Diese Menschen lehnen Christus nicht ab, sind aber unentschlossen. Einige glauben an Ihn, andere stellen nur Fragen. Als sie sich Jesus Christus zuneigen, will die religiöse Führerschaft eingreifen und Ihn verhaften.
Diese Massnahme nimmt der Herr zum Anlass, um ihnen mitzuteilen, dass Er nicht mehr lange als Gesandter des Vaters und als Zeuge Gottes bei ihnen sein werde. Sobald sein Auftrag auf der Erde beendet ist, wird Er in den Himmel zurückkehren. Weil die Juden Ihn als Messias ablehnen, verlässt Er sie. Damit wird das Judentum auf die Seite gestellt und der verheissene Segen für das Volk Israel und die Erde zeitlich hinausgeschoben.
Der religiöse Stolz und der Widerstand gegen Gott hindern die Juden daran, das zu verstehen, was Jesus sagt. Sie ziehen nur menschliche Vernunftschlüsse, die keine befriedigende Antwort geben.
Der letzte Tag des Festes
Der letzte grosse Tag des Laubhüttenfests ist der achte Tag, der auf einen Neuanfang hinweist (3. Mose 23,36). An diesem Tag kündigt der Herr Jesus den Menschen einen Segen an, der völlig ausserhalb des Judentums liegt.
Wer zu Ihm kommt und an Ihn glaubt, dessen Lebensdurst wird gestillt. Er bekommt ewiges Leben und den Heiligen Geist, der das neue Leben zur Entfaltung bringt. Dadurch kann der Glaubende für andere ein Segen sein. Unter der Wirkung des Geistes fliessen aus seinem Leben Ströme lebendigen Wassers, so dass die Menschen durch ihn mit der Liebe und Gnade Gottes in Berührung kommen.
Vers 39 macht klar, dass nur die Glaubenden den Heiligen Geist bekommen, und zwar erst nachdem der Herr Jesus als Mensch im Himmel verherrlicht ist. Genauso geschah es auch: Zehn Tage nach seiner Himmelfahrt kam der Geist Gottes auf die Erde, um in den Erlösten zu wohnen (Apostelgeschichte 2,1-4).
Die Verse 40-44 beschreiben, welche Reaktion die Worte des Herrn bei den Zuhörern hervorruft. Obwohl kein echter Glaube sichtbar wird, erkennen wir, dass die Herzen ergriffen sind:
- Einige kommen zum Schluss: «Dieser ist wahrhaftig der Prophet.» Damit haben sie recht. Doch sind sie auch bereit, auf Ihn zu hören?
- Andere sagen: «Dieser ist der Christus.» Obwohl ihre Feststellung stimmt, fragt sich, ob sie auch seine Autorität anerkennen.
Fragen und Erörterungen führen zu einer Spaltung in der Volksmenge, aber nicht zum Glauben an Christus.
Niemals hat ein Mensch so geredet
Dieser Abschnitt beschreibt die Einstellung von drei Personengruppen zu Jesus Christus:
- Die Diener der Hohenpriester sind von den Worten des Herrn Jesus stark ergriffen. Darum können sie Ihn nicht festnehmen. Stattdessen legen sie ein schönes Zeugnis über Ihn ab: «Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch.» Sie haben persönlich erfahren, wie seine Worte voll Gnade und Wahrheit sind.
- Die Hohenpriester und Pharisäer sind die erbitterten Feinde des Herrn. Sie haben kein offenes Ohr für seine Mitteilungen und wollen nicht an Ihn glauben. Um die Wirkung seiner Worte bei den Dienern zu untergraben, betonen sie den Standpunkt der Gelehrten und bezweifeln die Urteilsfähigkeit der einfachen Leute.
- Nikodemus wagt nicht, offen Stellung für Christus zu nehmen. Dennoch legt er ein Wort für Ihn ein. Er weist darauf hin, dass man nach dem Gesetz einen Menschen zuerst anhört und sein Handeln prüft, bevor man ein Urteil über ihn fällt. Schon mit diesem schwachen Einwand zieht er die Verachtung seiner Ratskollegen auf sich.
Die Reaktion der Hohenpriester und Pharisäer offenbart erstens ihren Widerstand gegen alle, die sich auf die Seite von Jesus Christus stellen, zweitens ihre Verachtung für das einfache Volk, das in Galiläa wohnt, und drittens ihre Unwissenheit über die Propheten in Israel, denn Jona war ein Prophet aus dem Gebiet von Galiläa (2. Könige 14,25). So prallen die Mitteilung der Diener und der Einwand von Nikodemus an ihren verhärteten Gewissen ab.
Die Ehebrecherin
Als der Fremde vom Himmel übernachtet Jesus ausserhalb von Jerusalem. Am Morgen kommt Er wieder in den Tempel, um den Menschen seine himmlische Botschaft zu verkünden. Da kommen die Schriftgelehrten und Pharisäer zu Ihm. Sie benutzen das Gesetz, um eine schuldige Frau zu verurteilen und dem Herrn eine Falle zu stellen. Für sie gibt es nur zwei mögliche Antworten:
- Wenn Jesus die Frau nach dem göttlichen Gebot verurteilt, ist Er nicht der Heiland.
- Wenn Er die Frau gehen lässt, verachtet und verwirft Er das Gesetz.
Zuerst bückt sich der Herr nieder und schreibt mit dem Finger auf die Erde. Er wartet mit seiner Antwort, um ihnen Zeit zu geben, über ihr böses Vorgehen nachzudenken. Schliesslich erklärt Er ihnen: «Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie.» Damit stellt Er alle Anwesenden ins Licht des Wortes Gottes, das die Herzen erforscht, jede Heuchelei und Bosheit offenbart und allen Menschen klarmacht, dass sie gesündigt haben.
Die Ankläger werden im Gewissen getroffen. Doch sie weichen dem göttlichen Licht aus und verlassen die Gegenwart des Sohnes Gottes, um ihren frommen Schein vor den Menschen zu wahren. Jeder ist nur noch für sich selbst und seine eigene Ehre besorgt. So gehen sie einer nach dem anderen hinaus.
Der Herr Jesus ist der Einzige, der die moralische Voraussetzung hat, die Frau zu verurteilen. Doch Er tut es nicht, weil Er mehr als das Gesetz offenbart: Er zeigt göttliche Gnade und göttliche Wahrheit!
Ich bin das Licht der Welt
Der Mensch gewordene Sohn Gottes ist das Licht der Welt, das alles göttlich beurteilt, so dass keine Frage mehr offen bleibt. Wer sich seinem Urteil stellt, seine Gnade annimmt und Ihm nachfolgt, befindet sich im Licht der Gegenwart Gottes und bekommt ewiges Leben.
In Vers 14 geht der Herr auf den Angriff der Pharisäer von Vers 13 ein: Weil Er der Sohn Gottes ist, kann Er von sich selbst zeugen und sich als das Licht der Welt bezeichnen. Denn es ist völlig klar: Wenn Gott spricht, sagt Er immer die Wahrheit und offenbart etwas von sich selbst.
In den Versen 15 und 16 bezieht sich der Herr auf die Begebenheit mit der Ehebrecherin am Anfang des Kapitels: Die Schriftgelehrten haben nach ihrem eigenen Gutdünken gerichtet und das Gesetz eigenmächtig auf die Situation angewandt. Der Sohn Gottes hingegen ist nicht gekommen, um zu richten. Wenn Er wegen ihres Unglaubens dennoch ein Urteil ausspricht, ist es wahr, d. h. in Übereinstimmung mit den Gedanken des Vaters.
In den Versen 17 und 18 spricht der Herr Jesus nochmals über sein Zeugnis. Weil es durch das Zeugnis seines Vaters bestätigt wird, entspricht es den Anforderungen des Gesetzes und verpflichtet die Juden, es anzunehmen. Doch sie wollen nicht an Ihn glauben. Weil sie innerlich weit von Gott entfernt sind, erkennen sie nicht, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist, den der Vater als Mensch auf die Erde gesandt hat. Als Folge davon erkennen sie auch den Vater nicht.
Alles ist in der Hand des Sohnes Gottes. Darum können Ihm die ungläubigen Juden noch nichts antun.
Der Sohn und der Vater
Zwischen dem Herrn Jesus und den ungläubigen Juden gibt es keine Gemeinsamkeit und keine Verbindung mehr. Weil sie Ihn als Messias verwerfen, kündigt Er seine Rückkehr zum Vater an. Dorthin können sie Ihm nicht folgen, weil sie weder an Ihn noch an seinen Vater glauben.
Die Juden zeigen in ihrer Gesinnung und in ihrem Verhalten ihre moralische Beziehung zum Teufel (Vers 44) und ihre Zugehörigkeit zur Welt. Im Gegensatz zu ihnen steht Jesus Christus mit dem Himmel in Verbindung und gehört nicht zur gottlosen Welt.
Weil die Juden nicht an Ihn glauben wollen, fragen sie Ihn: «Wer bist du?» Seine Antwort stellt einen wichtigen Grundsatz ans Licht: Seine Person und seine Worte sind völlig übereinstimmend. Er verkündet eine Botschaft von Gott und ist zugleich auch Gott.
Als der Gesandte des Vaters redet Jesus Christus nur das, was Dieser Ihm aufgetragen hat. So vollkommen ist seine Abhängigkeit als Mensch von Gott! Wegen ihres Unglaubens verstehen die Juden nicht, dass Er von Gott, dem Vater, zu ihnen spricht. Erst wenn der Sohn des Menschen durch ihre Bosheit am Kreuz hängen wird, werden sie erkennen (nicht glauben), dass Er wirklich im Auftrag des Vaters gehandelt und gepredigt hat. Doch dann wird es zu spät sein, weil sie Ihn verworfen und gekreuzigt haben.
Wenn diese religiösen Menschen Jesus Christus auch ablehnen, so ist doch sein Vater bei Ihm und anerkennt sein vollkommenes Verhalten. Alles, was der Herr tut, findet die volle Zustimmung des Vaters!
Der Sohn macht frei
In den Versen 31 und 32 geht es um die Wirkung eines echten Glaubens: Der Mensch nimmt das Wort des Sohnes Gottes bereitwillig auf und lässt die Wahrheit auf Herz und Gewissen wirken. Dadurch anerkennt er die Autorität des Herrn. Das hat zwei positive Folgen für ihn:
- Durch die vorbehaltlose Aufnahme des Wortes Gottes und den Wunsch, es zu verwirklichen, bekommt er Verständnis über die göttliche Wahrheit.
- Weil er die Wahrheit über seinen sündigen Zustand akzeptiert und seine Zuflucht zum Heiland nimmt, wird er von der Sklaverei der Sünde befreit.
Darauf behaupten die ungläubigen Juden, sie seien nie jemandes Knechte gewesen. In ihrem religiösen Stolz vergessen sie die traurige Geschichte ihres Volkes und ihre aktuelle politische Situation. Sie leben unter der Herrschaft Roms.
In seiner Antwort geht der Herr sofort zum Kern der Sache: «Jeder, der die Sünde tut, ist der Sünde Knecht.» Das ist der Zustand jedes Menschen, der die erlösende Macht des Sohnes Gottes noch nicht erfahren hat. Da hilft auch das Gesetz nichts.
Die Juden sind Knechte im Haus. Sie befinden sich äusserlich nahe bei Gott. Wenn sie jedoch nicht an den Sohn Gottes glauben, der sie von der Sünde und dem Gesetz befreien kann, werden sie nicht im Haus bleiben, sondern fortgeschickt werden. Jesus Christus ist der Sohn, der zum Haus gehört, weil Er als Sohn immer in Gottes Nähe ist. Aufgrund seines Erlösungswerks kann Er Menschen, die Sklaven der Sünde sind, frei machen und sie in eine geordnete Beziehung zu Gott bringen.
Der Teufel – ein Mörder und Lügner
Die Juden sind stolz, dass sie Nachkommen Abrahams sind. Doch sie offenbaren ganz andere Merkmale als ihr Vorfahre. Darum sind sie nicht seine echten Kinder. Abraham hat die Wahrheit im Glauben angenommen. Sie hingegen weisen die göttliche Wahrheit im Herrn Jesus entschieden zurück. Ihre Ablehnung gegen Gott geht so weit, dass sie Christus töten wollen. Ihre Mordabsichten offenbaren, dass der Teufel ihr geistlicher Vater ist. Sie sind von ihm inspiriert.
In ihrem religiösen Stolz verletzt, greifen die Juden den Herrn mit bösen und unwahren Worten an. Sie verlästern das Wunder, dass Er von einer Jungfrau geboren worden ist, und bestehen auf ihrer äusseren Beziehung zu Gott. Weil sie Christus verwerfen, den der Vater zu ihnen gesandt hat, liefern sie einen klaren Beweis, dass sie weder an Gott glauben noch Ihn lieben.
In Vers 44 weist der Herr auf die beiden Hauptmerkmale des Teufels hin: Er ist ein Menschenmörder und ein Lügner. Die ungläubigen Juden offenbaren genau diese beiden Kennzeichen: Sie wollen Jesus Christus töten (Vers 40) und leugnen ihren wahren Zustand (Vers 33). Dadurch zeigen sie klar, dass sie Kinder des Teufels sind. Unter seinem Einfluss entfalten sie seine Begierden und tun seine Werke.
Diese Juden haben keine echte Glaubensbeziehung zu Gott. Darum lehnen sie die Worte Gottes ab, die Jesus Christus zu ihnen redet. Wer jedoch neues Leben besitzt, liest gern in der Bibel und hört bereitwillig der Verkündigung des Wortes zu.
Der Sohn Gottes ist grösser als Abraham
Der Widerstand der Juden gegen die Worte des Herrn nimmt zu. Sie greifen Ihn direkt an und behaupten, Er sei ein Samariter und habe einen Dämon. Damit sprechen sie Ihm seine Volkszugehörigkeit zu Israel und seine himmlische Herkunft ab. Was für eine freche und schreckliche Äusserung!
Jesus weist diese Behauptung mit einem Satz zurück und unterstreicht im weiteren Verlauf des Gesprächs drei wichtige Tatsachen:
- Die Tragweite seiner Worte: Weil Er Gottes Wort redet, ist es für alle entscheidend, ob sie Ihm glauben oder nicht. Wer sein Wort aufnimmt und es im Glauben festhält, bekommt ewiges Leben. Der leibliche Tod ist für ihn nur das Tor zum ewigen Glück (Vers 51).
- Seine Beziehung zum Vater: Als der eingeborene Sohn ist Er im Schoss des Vaters und wird von Ihm geliebt. Diese Beziehung zum Vater und diese Kenntnis vom Vater will der Herr Jesus nicht leugnen, auch wenn Er dadurch von den ungläubigen Juden gehasst wird (Vers 55).
- Sein Vorrang vor Abraham: Gott hat Abraham die Verheissung gegeben, dass in seinem Nachkommen einmal alle Nationen der Erde gesegnet werden (1. Mose 22,18). Das ist eine direkte Voraussage auf Jesus Christus. Abraham hat sich auf den Tag gefreut, an dem Christus diese hohe Stellung auf der Erde einnehmen und allen Menschen Segen bringen wird (Vers 56). Es gibt jedoch eine Herrlichkeit, die den Herrn Jesus über Abraham stellt: Als der ewige Sohn Gottes hatte Er schon existiert, bevor Abraham geboren wurde.
Der Herr heilt den Blindgeborenen
In Kapitel 8 haben die Juden die Worte des Herrn abgelehnt. In Kapitel 9 weisen sie nun seine Werke ab.
Als Jesus mit seinen Jüngern an einem Blindgeborenen vorübergeht, wollen sie wissen, was die Ursache seiner Blindheit ist: «Wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde?» Sie sind der Meinung, dass diese schwere Behinderung eine Strafe für Sünden sein muss. Der Herr weist solche falschen Überlegungen – die auch heute tief im Menschen verwurzelt sind – sofort zurück: «Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern, sondern damit die Werke Gottes an ihm offenbart würden.»
Das Elend dieses blinden Mannes widerspiegelt ausnahmslos die Situation aller Menschen. Sie sind geistlich blind und können weder ihren eigenen Zustand noch die Herrlichkeit Gottes erkennen. So nimmt der Sohn Gottes den schlimmen Zustand dieses Blindgeborenen zum Anlass, um durch ein Werk der Gnade zu zeigen, dass Er der Gesandte des Vaters und das Licht der Welt ist. Wer an Ihn glaubt, nimmt das göttliche Licht an, wird sehend und bekommt ewiges Leben.
Bei den Nachbarn löst die Heilung des Blinden eine Diskussion aus. Ist das nicht eine gut bekannte Reaktion der Menschen, die eine Veränderung im Leben von Jungbekehrten feststellen, aber selbst nicht an den Herrn Jesus glauben?
Der Geheilte legt ein schlichtes Zeugnis von dem ab, was der Heiland an ihm getan hat. Er weiss noch nicht viel über Jesus Christus, aber er schreibt Ihm seine Heilung vollständig zu.
Der Widerstand der Pharisäer
Die Nachbarn bringen den Geheilten zu den Pharisäern. Nun steht er als starker Beweis der göttlichen Macht und Gnade, die in Jesus Christus wirken, vor diesen religiösen Menschen. Doch sie wollen dieses Werk nicht anerkennen, weil sie den Herrn Jesus als ihren Messias ablehnen. Darum erklären sie von Ihm: «Dieser Mensch ist nicht von Gott, denn er hält den Sabbat nicht.» Mit dieser Behauptung kommen sie jedoch nicht weit. Die Heilung eines Blindgeborenen ist ein eindrucksvolles Wunder, das kein sündiger Mensch vollbringen kann.
Als Verwirrung und Zwiespalt unter den Juden entsteht, befragen sie wieder den Geheilten. Sie suchen mit allen Mitteln, das göttliche Wunder auf ein menschliches Niveau herabzuziehen. Es gelingt ihnen nicht. Der Blinde erklärt: «Er ist ein Prophet.» Damit bezeugt er, dass dieses Zeichen einen göttlichen Ursprung hat.
In Vers 18 gehen die Gegner der Wahrheit noch einen Schritt weiter: Sie glauben nicht, dass der Mann wirklich blind geboren worden ist. Diese Meinung hält aber den Tatsachen nicht stand, denn die Eltern müssen bestätigen: «Wir wissen, dass dieser unser Sohn ist und dass er blind geboren wurde.» Mehr wagen sie nicht zu sagen, denn sie fürchten sich vor den Sanktionen der religiösen Führerschaft.
Wie deutlich treten Hass und Widerstand der Juden gegen Christus zutage! Sie schliessen jeden, der sich zum Herrn Jesus bekennt, aus der Synagoge aus. Damit entlarven sie sich als Werkzeuge des Feindes Gottes.
Das Zeugnis des Blindgeborenen
Mitten im Trommelfeuer der Befragungen leuchtet das schlichte Zeugnis des geheilten Blinden auf. Während er mutig seinen Heiland vor den ungläubigen Juden bezeugt, wächst seine Glaubensüberzeugung ständig.
Zuerst bestätigt er einfach: «Eins weiss ich, dass ich blind war und jetzt sehe.» Unbeirrt hält er an seiner Heilung fest. Später merkt er, dass bei den Juden etwas nicht stimmt. Warum befragen sie ihn mehrmals über die Heilung? Wollen sie etwa auch Jünger des Herrn Jesus werden?
In Vers 30 drückt der Geheilte sein Erstaunen über die Schwierigkeiten der ungläubigen Juden aus. Eigentlich ist doch alles ganz einfach. Für ihn steht zweierlei fest:
- Gott muss die Quelle dieser Heilung sein, denn noch nie hat ein Mensch die Augen eines Blindgeborenen aufgetan.
- Gott wirkt solche Zeichen nur durch Menschen, die gottesfürchtig leben und seinen Willen tun.
Beides trifft auf Jesus Christus zu, der dieses Wunder aus der Gemeinschaft mit Gott gewirkt hat.
Die Juden sind über diese offenen und wahren Worte empört, weil ihr Unglaube dadurch blossgestellt wird. In ihrem Widerstand gegen das göttliche Licht kommen sie genau zu dem verkehrten Schluss, den der Herr am Anfang des Kapitels zurückgewiesen hat: «Du bist ganz in Sünden geboren, und du lehrst uns?» Dann setzen sie dem Gespräch ein Ende und spielen ihre religiöse Macht aus, indem sie den Mann hinauswerfen.
Glaubst du an den Sohn Gottes?
In den Versen 35-38 trifft der Hinausgeworfene (der geheilte Blinde) mit dem Verworfenen (dem Heiland) zusammen. Beide haben wegen ihres mutigen Zeugnisses für Gott den Hass und die Ablehnung der religiösen Welt erfahren.
Ausserhalb des Judentums führt der Hirte sein Schaf in die Gemeinschaft mit sich. Er offenbart sich dem Geheilten als Sohn Gottes und zeigt ihm so seine Grösse und Herrlichkeit:
- Er ist der Anziehungspunkt der Erlösten, die sich gern seiner Autorität unterstellen.
- Er gibt dem Glaubensleben das richtige Ziel und den wirklichen Inhalt.
- Seine Person ist würdig, Ehre und Anbetung zu bekommen.
Der Mann versteht die Tragweite dieser Offenbarung sofort. Er bleibt beim Sohn Gottes und betet Ihn an.
Das Kommen des Herrn Jesus in die Welt bedeutet für die einen Gnade und für die anderen Gericht:
- Die Nichtsehenden sind solche, die demütig ihren verlorenen Zustand anerkennen und an den Sohn Gottes glauben. Ihnen schenkt Er Licht, damit sie seine Herrlichkeit erkennen. Sie empfangen die Gnade, die durch sein Kommen erschienen ist.
- Die Sehenden sind religiöse Menschen, die sich auf ihre Bibelkenntnis etwas einbilden, aber ihre eigene Verdorbenheit nicht wahrnehmen wollen. Wenn sie den Sohn Gottes ablehnen, werden sie noch mehr verblendet. In diesem Sinn hat sein Kommen für sie Gericht zur Folge.
Der Hirte geht durch die Tür ein
Der Herr Jesus spricht hier in einem Gleichnis: Der Hof der Schafe ist der Bereich der jüdischen Nation. Die Mauer spricht von den Verordnungen des Gesetzes, die das Volk Israel von den Nationen unterschieden und trennten. Die Tür zu diesem Schafhof stellt den rechtmässigen Eingang des verheissenen Messias dar. Räuber sind Menschen, die einen unberechtigten Anspruch erhoben, Hirten und Führer in Israel zu sein.
Jesus Christus ging als rechtmässiger Hirte durch die Tür in den Schafhof hinein. Er erfüllte die Voraussagen des Alten Testaments über den Messias und trat nach Gottes Willen durch die Tür zu seinem Volk ein. Die Schafe hörten seine Stimme, als Er in den Städten und Dörfern Israels predigte. Zu den Menschen, die seine Botschaft annahmen und an Ihn glaubten, ging Er eine persönliche Beziehung ein: Er rief sie mit Namen (Jesaja 43,1). Das Volk lehnte Ihn im Allgemeinen ab und kam dadurch unter das Gerichtsurteil Gottes. Als Folge davon führte der Hirte die Glaubenden aus dem Judentum heraus. Diese Tatsache wird in Lukas 24,50 angedeutet, als Er nach seiner Auferstehung die Jünger aus Jerusalem nach Bethanien hinausführte.
Nun geht der Hirte vor seinen Schafen her, um sie auf dem Glaubensweg zu führen und sie vor den Gefahren der Welt zu beschützen. Im tiefen Vertrauen auf seine Liebe und Macht folgen Ihm die Schafe. Weil sie Ihn kennen, wie Er in Gnade und Wahrheit zu ihnen spricht, wenden sie sich von jeder fremden Stimme ab. Je besser sie im Wort Gottes unterrichtet sind, desto klarer können sie ungute Einflüsse erkennen und ablehnen.
Ich bin die Tür! Ich bin der gute Hirte!
Der Sohn Gottes besass die Autorität, glaubende Menschen aus dem Judentum – das einst von Gott gegeben war – herauszuführen. Darum erklärt Er in Vers 7: «Ich bin die Tür der Schafe.» In Vers 9 sagt Jesus Christus nochmals: «Ich bin die Tür.» Hier ist Er das Mittel, um die Glaubenden in den christlichen Bereich einzuführen. Jeder Mensch, der an Ihn glaubt, geht durch diese Tür und bekommt drei Geschenke:
- Die christliche Errettung: Er ist vor der ewigen Strafe in Sicherheit, wird auf seinem Lebensweg bewahrt und erreicht bestimmt das himmlische Ziel.
- Die christliche Freiheit: Der Erlöste lebt nicht unter dem gesetzlichen Joch, sondern in der Freiheit der Gegenwart des Hirten.
- Die christliche Nahrung: Der Glaubende bekommt beim Hirten aus dem Wort Gottes eine reichhaltige Nahrung zum Wachstum und zur Freude.
In den Versen 10 und 11 wird der gute Hirte dem Dieb gegenübergestellt. Der Dieb nimmt, was ihm nicht gehört, um es zu verderben. Der gute Hirte hingegen gibt seinen Schafen, was sie nicht verdient haben, und lässt dafür sein Leben.
Die Verse 12-15 zeigen den Gegensatz zwischen dem guten Hirten und einem Mietling, der für Geld die Schafe hütet. Dem Mietling gehören die Schafe nicht. Darum flieht er, wenn Gefahr droht, und kümmert sich nicht um das Wohl der Herde. Ganz anders der gute Hirte: Ihm gehören die Schafe. Er liebt und kennt sie alle persönlich. Weil Er sein Leben für sie gelassen hat, schützt Er seine Schafe vor Gefahren.
Sein Tod und seine Auferstehung
Die Schafe, die der Hirte aus dem Hof herausführt, sind die Glaubenden aus dem Volk Israel. Doch der Herr besitzt noch andere Schafe, die nicht aus diesem Hof sind: die Erlösten aus den Nationen, die keinen Bezug zum Judentum haben. Auch diese Menschen folgen dem Ruf des Heilands und werden in den christlichen Segen eingeführt. Sie bilden mit den Glaubenden aus den Juden eine Herde, die Versammlung Gottes. Der Herr Jesus ist der Mittelpunkt der Erlösten. Seine Person hält das himmlische Volk Gottes zusammen.
In den Versen 17 und 18 spricht Er über seinen Tod am Kreuz. Wir erkennen drei Schwerpunkte:
- Jesus Christus gab sein Leben freiwillig in den Tod, um seinen Vater zu ehren und seine Schafe zu erretten. Diese freiwillige Hingabe war für den Vater ein weiterer Grund, Ihn zu lieben.
- Der Sohn Gottes liess sein Leben in eigener Machtvollkommenheit. Weil Er Macht über Leben und Tod besass, ist Er nach drei Tagen selbst aus den Toten auferstanden.
- Sein Tod am Kreuz zeigte seinen vollkommenen Gehorsam gegenüber dem Vater, der Ihm den Auftrag gegeben hat, das Erlösungswerk zu erfüllen.
Die Verse 19-21 lassen die Verlegenheit der Juden erkennen. Einerseits sagt ihnen die Vernunft: «Diese Reden sind nicht die eines Besessenen; kann etwa ein Dämon der Blinden Augen auftun?» Anderseits sind ihre starken Vorurteile gegen den Herrn Jesus ein zu grosses Hindernis, um seine Botschaft bereitwillig anzunehmen und an Ihn zu glauben.
Meine Schafe
Das Fest der Tempelweihe ist nicht von Gott im Gesetz angeordnet, sondern von den Juden eingeführt worden. An diesem Fest stellen sie den Herrn Jesus zur Rede und wollen endlich wissen, ob Er der Christus ist. Wir erkennen darin ihren hartnäckigen Unglauben. Hat Er ihnen nicht durch seine Worte und seine Werke deutlich gezeigt, dass Er im Auftrag seines Vaters zu ihnen gekommen ist? Weil sie nicht an Ihn glauben wollen, gehören sie nicht zu seinen Schafen.
In Vers 27 stellt der Herr drei Eigenschaften der Glaubenden vor, die im Gegensatz zum Verhalten der ungläubigen Juden stehen:
- «Meine Schafe hören meine Stimme.» Sie nehmen seine Worte bereitwillig auf.
- «Ich kenne sie.» Zwischen dem guten Hirten und seinen Schafen besteht eine persönliche Beziehung.
- «Sie folgen mir.» Die Schafe überlassen dem Herrn die Führung ihres Lebens und gehorchen Ihm.
Vers 28 beschreibt den Segen und die Sicherheit, die alle Erlösten besitzen. Der Herr Jesus gibt ihnen ewiges Leben, damit sie jetzt und in der Zukunft Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn haben können. Gleichzeitig sichert Er ihnen zu, dass sie für Zeit und Ewigkeit in seiner Hand geborgen sind. – Die Glaubenden können auch mit der Fürsorge des Vaters rechnen. Er ist grösser und mächtiger als alles. Darum gibt es niemand, der die Schafe des guten Hirten aus der Hand des Vaters rauben kann. Ausserdem besteht zwischen dem Vater und dem Sohn sowohl im Denken als auch im Handeln eine vollkommene Übereinstimmung.
Ich bin Gottes Sohn
Aus Vers 30 erkennen die Zuhörer sofort, dass sich Jesus Christus auf die gleiche Stufe mit Gott, dem Vater, stellt. Doch die Juden wollen Ihn nicht als Sohn Gottes anerkennen. Darum legen sie seine Worte als Lästerung aus und heben Steine auf, um Ihn zu töten.
Der Herr hat viele gute Werke getan. Sie zeigen nicht nur seine Güte und sein Erbarmen gegenüber Menschen, die unter den Folgen der Sünde leiden. Sie beweisen auch, dass Er der Mensch gewordene Sohn Gottes ist. Die Juden übergehen jedoch bewusst diesen deutlichen Beweis seiner Gottheit und beschuldigen Ihn der Lästerung.
Trotz ihrer Feindschaft nimmt der Herr nochmals das Gespräch mit ihnen auf. Er zeigt ihnen aus dem Alten Testament, dass in der Bibel Männer mit einer besonderen Stellung im Volk Israel «Götter» genannt werden. Wie viel mehr hat Er das Recht, als Sohn Gottes anerkannt zu werden, da Er in der Ewigkeit vom Vater dazu bestimmt worden ist, in die Welt zu kommen! Seine Sendung besiegelt also, dass Er der ewige Sohn Gottes ist. Zudem zeugen seine Werke, die nur einen göttlichen Ursprung haben können, von der ewigen Beziehung zwischen dem Vater und dem Sohn.
Als sie Jesus verhaften wollen, entfernt Er sich auf die andere Seite des Jordan. Die Menschen, die Ihn dort aufsuchen, bezeugen, dass Johannes der Täufer die Wahrheit über Christus gesagt hat. Damit wird seine Gottessohnschaft nochmals bestätigt (Johannes 1,34). Obwohl Ihn die religiöse Führungsschicht in Israel ablehnt, glauben viele an Ihn (Johannes 7,31; 8,30).
Lazarus wird krank und stirbt
Die Krankheit von Lazarus ist für ihn und seine Schwestern eine schwere Prüfung. Wie gut, dass sie mit ihrer Not zu Jesus Christus gehen! Die Botschaft, die sie Ihm in Vers 3 ausrichten lassen, zeugt von ihrem Glauben an seine Liebe und Macht.
Die Verse 4-6 beschreiben eine dreifache Reaktion des Herrn Jesus:
- Er weist auf das Ziel dieser Prüfung hin: Es ist nicht der Tod, sondern die Verherrlichung Gottes.
- Weil Er alle drei Geschwister von Bethanien liebt, bewegt Ihn die Not, die sie getroffen hat.
- Dennoch geht Er nicht sofort zu ihnen, denn Er handelt nur, wenn der Vater Ihm einen Auftrag gibt.
Als Jesus sich nach zwei Tagen aufmacht, um nach Bethanien zu gehen, wollen Ihn die Jünger aus Furcht vor den Juden davon abhalten. Doch Er erklärt ihnen: Wer den Willen Gottes tut, der geht seinen Lebensweg am hellen Tag. Er lebt im Licht Gottes und braucht sich vor den Gefahren nicht zu fürchten.
In Vers 11 betrachtet der Herr den Tod von Lazarus aus göttlicher Sicht. In seinen Augen ist der Gestorbene nur eingeschlafen oder entschlafen. Als die Jünger seine Aussage falsch verstehen, stellt Er ihnen die menschliche Sicht vor: «Lazarus ist gestorben.»
Die Auferweckung von Lazarus hat auch im Blick auf die Jünger ein Ziel. Sie sollen erkennen und glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist, der Macht über den geistlichen und leiblichen Tod hat. Thomas zeigt trotz seiner Furcht vor den Feinden des Herrn, dass er Ihn liebt und Ihm folgen will.
Ich bin die Auferstehung und das Leben!
Als Jesus nach Bethanien kommt, liegt Lazarus schon vier Tage in der Gruft. Damit ist sein Tod völlig bestätigt. Die vielen Juden, die zu Martha und Maria gekommen sind, sollen Zeugen der Auferstehungsmacht des Sohnes Gottes sein. Martha geht sofort zum Herrn. Ihre Worte in Vers 21 offenbaren ihren Glauben an seine Macht zur Heilung von Kranken und vielleicht einen leisen Vorwurf, warum Er nicht früher gekommen ist. Sie erkennt in Jesus den Messias, dem Gott alle Bitten erfüllt. Sie glaubt auch an eine allgemeine Auferstehung in der Zukunft (Daniel 12,13). Doch vor ihr steht der Sohn Gottes, der von sich sagen kann:
- «Ich bin die Auferstehung.» Er kann Menschen, die moralisch tot sind, aber an Ihn glauben, geistlich auferwecken. Er versetzt sie von der Stellung der Sünder in die Stellung der Erlösten (Epheser 2,6). Ausserdem besitzt Er die Macht, die entschlafenen Glaubenden bei der Entrückung aus dem Tod aufzuerwecken (1. Thessalonicher 4,16).
- «Ich bin das Leben.» Der Sohn Gottes kann Menschen, die an Ihn glauben, durch die Neugeburt geistlich lebendig machen (Epheser 2,5). Zudem wird Er den Körper der Glaubenden, die bei seinem Kommen zur Entrückung auf der Erde leben, mit göttlicher Macht verwandeln, so dass sie nie mehr sterben können (1. Korinther 15,52.53).
Martha kann die Worte des Herrn nicht fassen, dennoch hält sie im Glauben an Ihm fest. Sie spürt, dass ihre Schwester den Herrn Jesus besser verstehen wird. Darum erklärt sie ihr: «Der Lehrer ist da und ruft dich.»
Jesus vergoss Tränen
Maria steht schnell auf und geht zu ihrem Herrn. Ihr Herz zieht sie zu Ihm, denn die Trauer lastet schwer auf ihrer Seele. Sie fällt Ihm zu Füssen und unterordnet sich so seinem Handeln, ohne es zu verstehen. Wie ihre Schwester leidet sie unter der Last des Todes und kennt die Hoffnung der Auferstehung nicht. Darum ist sie in ihrer Not völlig ratlos. Aber sie nimmt demütig den Platz zu den Füssen des Herrn Jesus ein und schüttet Ihm vertrauensvoll ihr Herz aus: «Herr, wenn du hier gewesen wärest, so wäre mein Bruder nicht gestorben.»
Als Jesus sieht, welches Leid der Tod in diese Familie gebracht hat, seufzt Er tief im Geist. Er sieht das Elend, das die Sünde und der Tod unter diesen Menschen angerichtet hat. Seine Tränen bezeugen sein tiefes Mitgefühl für die geprüften und trauernden Schwestern.
Christus lebt jetzt im Himmel. Doch sein Herz hat sich nicht verändert. Auch heute empfindet Er mit, wenn Glaubende am Grab eines geliebten Angehörigen dem Tod als Folge der Sünde gegenüberstehen. Wie bewegt es Ihn, dass Menschen, die Ihm angehören, krank werden und sterben!
Die Reaktion der Juden in Vers 37 macht Folgendes deutlich: Die Menschen glaubten damals, dass Jesus durch die Heilung der Krankheit vor der Macht des Todes retten konnte. Aber sie wussten nicht, dass es Ihm auch möglich war, durch die Auferweckung eines Gestorbenen aus der Macht des Todes zu retten.
Lazarus, komm heraus!
Als Jesus zur Gruft kommt, sagt Er: «Nehmt den Stein weg!» Damit will Er klarmachen, dass Er für diese Not eine Lösung hat. Nun kann Martha ihren Unglauben nicht verbergen. Der Tod ist wirklich eingetreten und die Verwesung hat bereits begonnen. Wer kann jetzt noch helfen? Die Antwort des Herrn in Vers 40 geht sehr weit: Der Glaube sieht in der menschlichen Unmöglichkeit eine besondere Gelegenheit zur Entfaltung der Herrlichkeit Gottes!
Als abhängiger Mensch hebt Jesus seine Augen empor und betet zum Vater. Er kann im Voraus für die Erhörung danken, denn seine Bitte entspricht vollkommen dem Willen Gottes und hat nur die Verherrlichung des Vaters zum Ziel. Dann offenbart der Sohn Gottes seine Macht über den Tod. Mit Autorität ruft Er: «Lazarus, komm heraus!» Da wird der Verstorbene lebendig und verlässt die Gruft.
Wir erkennen hier die klare Illustration einer geistlichen Wahrheit: Menschen, die geistlich tot sind, bekommen durch die Neugeburt ewiges Leben. Das ist ein Werk göttlicher Macht an allen, die an den Herrn Jesus glauben. Der Mensch kann nichts dazu beitragen.
Die Aufforderung «Macht ihn los und lasst ihn gehen!» hat auch eine geistliche Bedeutung. Der Herr möchte, dass wir jungbekehrten Menschen helfen, die schlechten Gewohnheiten des alten Lebens abzulegen und in der Kraft des Geistes zur Ehre Gottes zu leben. Wie wichtig ist da eine einfache Unterweisung im Wort Gottes, damit Christen, die am Anfang des Glaubensweges stehen, geistliche Fortschritte machen können.
Warum Jesus sterben muss
Nachdem die Nachricht von der Auferweckung des Lazarus die Ohren der Pharisäer erreicht hat, versammelt sich das Synedrium zur Beratung. Obwohl ein klarer Beweis von der göttlichen Macht des Herrn Jesus vorliegt, bleiben ihre Herzen und Gewissen unberührt. Sie verharren in ihrer Feindschaft und denken nur an ihre nationale Wichtigkeit. Sie fürchten, dass die Demonstration einer solchen Macht die Römer auf den Plan rufen wird.
Der Hohepriester Kajaphas ist der Meinung, dass der Tod Jesu das Problem einer Bedrohung von Seiten der römischen Besatzungsmacht lösen wird. Er will den Herrn, der durch seine Zeichen die Gunst des Volkes auf sich zieht, mit allen Mitteln beseitigen. Seine Worte, die eine Prophezeiung darstellen, haben jedoch aus göttlicher Sicht eine andere Bedeutung: Der Mensch Jesus Christus muss für das Volk Israel sterben, damit diese Nation nicht völlig vernichtet wird, sondern in einem gläubigen Überrest eine herrliche Zukunft hat.
Der Evangelist Johannes fügt hinzu, dass der Tod des Herrn Jesus noch eine andere Wirkung hat: Auf der Grundlage seines Erlösungswerks sind die Kinder Gottes an Pfingsten in eins versammelt worden. Seither bilden sie gemeinsam die Versammlung des lebendigen Gottes.
Weil die jüdische Führerschaft die feste Absicht hat, Jesus zu töten, kann Er nicht mehr öffentlich auftreten. Er zieht sich zurück, bis seine Stunde kommt, an der Er am Kreuz als das wahre Passahlamm sein Leben lässt. Inzwischen reisen viele Juden für das Passahfest nach Jerusalem.
Maria salbt den Sohn Gottes
Der Herr kam sechs Tage vor dem Passah nach Bethanien. Das Abendessen, das Ihm dort bereitet wurde, spricht bildlich vom Zusammenkommen als Versammlung. Die Geschwister zeigen drei Merkmale, die die Glaubenden prägen sollen, wenn sie im Namen des Herrn versammelt sind:
- Bei Lazarus, der mit Jesus zu Tisch liegt, finden wir das Bewusstsein der Gemeinschaft.
- Martha ist in ihrer dienenden Gesinnung für die Anwesenden besorgt.
- Als Maria die Füsse des Sohnes Gottes salbt, offenbart sie den Geist der Anbetung.
Weil Maria dem Wort des Herrn zugehört hat, handelt sie jetzt mit bemerkenswerter Einsicht und voller Hingabe an Ihn. Sie nimmt ein sehr kostbares Salböl und salbt die Füsse Jesu rechtzeitig zu seinem Begräbnis.
Wir erkennen ausserdem einen grossen Kontrast: In dem Mass, wie sich der Hass der Juden steigert, nimmt die Liebe von Maria zu ihrem Herrn zu. Als die Feindschaft immer deutlicher zutage tritt, zeigt sie Ihm ihre Zuneigung mit dieser Salbung.
Judas Iskariot, der seine habsüchtige Einstellung kaum verbergen kann, spricht von Verschwendung. Doch das ist nicht wahr! Bedenken wir: Nichts, was für den Herrn Jesus getan wird, ist Vergeudung!
Weil sich eine grosse Volksmenge für die Auferweckung des Lazarus interessiert, wollen die Hohenpriester auch ihn töten, um den Beweis der göttlichen Allmacht des Herrn aus dem Weg zu schaffen.
Der Herr zieht in Jerusalem ein
Das grosse Wunder der Auferweckung von Lazarus beschäftigt die Leute immer noch. Als sie hören, dass Jesus nach Jerusalem komme, gehen sie Ihm entgegen, um Ihn als König von Israel zu begrüssen.
In den ersten drei Evangelien wird vor allem beschrieben, was die Jünger bei seinem Einzug in Jerusalem tun. Bei Johannes hingegen steht mehr die Volksmenge im Vordergrund, die dem Herrn zuruft: «Hosanna! Gepriesen sei, der da kommt im Namen des Herrn, der König Israels!» Trotz der Verwerfung seines Sohnes sorgt Gott dafür, dass Er unter zwei Titeln öffentlich bestätigt wird:
- Die Auferweckung des Lazarus hat Ihn klar als Sohn Gottes bezeugt. Dieses Zeugnis wird von der Volksmenge verbreitet (Vers 17).
- Durch den königlichen Einzug in Jerusalem soll Er als Sohn Davids anerkannt werden. Wieder ist es die Volksmenge, die Ihm diese Ehre gibt (Verse 12.13).
Es erfüllt sich die Prophezeiung aus Sacharja 9,9, wobei die Aussage über die Rettung Israels weggelassen wird. Diese Befreiung kann zu diesem Zeitpunkt nicht Wirklichkeit werden, weil der Retter abgelehnt wird.
Damals fehlte den Jüngern das Verständnis, die Voraussage des Propheten mit dem aktuellen Ereignis in Verbindung zu bringen. Erst als Christus im Himmel verherrlicht war und der Geist Gottes in den Glaubenden auf der Erde wohnte, erkannten sie den Zusammenhang. Ist dies nicht ein deutliches Beispiel dafür, dass sie den Heiligen Geist brauchten, um das Wort Gottes zu verstehen (Johannes 14,26; 16,13)?
Wir möchten Jesus sehen
Einige Griechen, die zum Fest nach Jerusalem gekommen sind, wenden sich mit der Bitte an Philippus: «Herr, wir möchten Jesus sehen.» Nun ist es seine Aufgabe, diese Menschen zum Herrn zu führen. Doch er tut es nicht allein, sondern schaltet seinen Mitjünger Andreas ein, der bereits Erfahrungen in diesem Dienst gemacht hat (Johannes 1,42). Gemeinsam bringen sie die Griechen zum Herrn Jesus.
Die Griechen möchten die Herrlichkeit des Messias sehen, der gerade als bejubelter König in Jerusalem eingezogen ist. Doch Jesus stellt sich ihnen in der Herrlichkeit als Sohn des Menschen vor. Das hat zwei Gründe:
- Erstens wird Er bald als König Israels definitiv verworfen und gekreuzigt werden.
- Zweitens haben die Griechen kein Anrecht auf die Verheissungen des Volkes Israel.
Der Herr spricht von seinem Tod, der die Grundlage einer neuen Ordnung ist. Er muss als das Weizenkorn in die Erde fallen und sterben, damit Er nicht allein bleibt, sondern sich mit erlösten Menschen verbinden kann. Nach seiner Auferstehung nennt Er die Glaubenden seine Brüder. Sie werden in der Zukunft als Miterben an seiner Herrlichkeit teilhaben.
Ein Jünger, der dem Herrn Jesus nachfolgen will, muss bereit sein, sein irdisches Leben für Christus und für eine herrliche Zukunft mit Ihm aufzugeben (Vers 25). Als Ansporn sichert ihm der Herr einen Platz im Haus des Vaters zu: «Wo ich bin, da wird auch mein Diener sein» (siehe Johannes 14,3).
Glaubt an das Licht!
In Vers 27 hat der Herr Jesus die schweren Leiden seines Sühnungstodes gedanklich vor sich. Seine Seele ist erschüttert, wenn Er an das göttliche Gericht denkt, das Ihn treffen wird. Obwohl Er diese Leiden im Voraus tief empfindet, ist Er bereit, sein Leben zu opfern. Sein höchster Beweggrund, der Ihn auch jetzt leitet, ist die Verherrlichung des Vaters.
Der Vater hat seinen Namen verherrlicht, als der Sohn Gottes Lazarus auferweckt hat. Bei der Auferweckung des Herrn Jesus wird der Vater nochmals seine Herrlichkeit entfalten (Römer 6,4).
Die Stimme des Vaters aus dem Himmel ist für die Menschen, die den Herrn Jesus umgeben, ein fassbares Zeichen der Gnade Gottes. Dadurch können sie erkennen, dass Christus der Gesandte des Vaters ist. – Ab Vers 31 spricht Er über seinen Kreuzestod:
- Weil die Welt mit seiner Verwerfung Gott und seine Gnade ablehnte, wurde sie endgültig verurteilt. Seither steht sie unter dem göttlichen Gerichtsurteil.
- Am Kreuz wurde der Teufel besiegt. Seine Macht ist nun gebrochen. Bald wird er gerichtet werden.
- Der gekreuzigte Heiland ist für alle Menschen, die gerettet werden möchten, der Anziehungspunkt. Bei Ihm finden sie Vergebung der Sünden.
Als seine Zuhörer meinen, der Messias werde für immer auf der Erde bleiben, warnt der Herr sie: Noch eine kleine Zeit bin Ich als das Licht bei euch. Das ist für sie die Gelegenheit, an Ihn zu glauben. Wenn sie Ihn ablehnen, wird es in ihrem Leben dunkel.
Die Juden verhärten sich
Dieser Abschnitt ist wie eine Zusammenfassung der Situation in Israel kurz vor der Kreuzigung des Herrn Jesus.
Die meisten Menschen glaubten nicht an Ihn, obwohl Er durch viele Wunderwerke bezeugt hatte, dass Er der Messias und der Sohn Gottes ist. Es erfüllte sich die Prophezeiung von Jesaja, der einst zwei Fragen stellte:
- «Wer hat unserer Verkündigung geglaubt?» Im Allgemeinen nahmen die Menschen in Israel das Wort des Herrn Jesus nicht an.
- «Wem ist der Arm des Herrn offenbart worden?» Die Masse des Volkes lehnte auch seine Werke ab, die ein Beweis seiner göttlichen Macht waren.
Weil sie die göttliche Gnade in Jesus Christus von Anfang an verwarfen, kam der Moment, wo sie nicht mehr glauben konnten. Diese Verblendung und Verhärtung war ein Gericht Gottes, das Jesaja ebenfalls angekündigt hatte. – Genauso ist es auch heute: Wenn Menschen das Evangelium immer wieder bewusst ablehnen, verhärtet sich ihr Herz zunehmend gegenüber der Botschaft der Gnade.
Es gab zwar einige in Israel, die an den Herrn Jesus glaubten. Doch sie waren nicht bereit, die Schmach der religiösen Welt auf sich zu nehmen. Deshalb bekannten sie sich nicht zu Ihm. Sie wollten lieber von den Menschen geehrt werden, als Gottes Anerkennung zu besitzen. – Wie steht es da mit uns? Bekennen wir uns im Alltag zu unserem Herrn oder sind wir aus Furcht vor dem Spott der Menschen nur verborgene Jünger?
Am Sohn Gottes entscheidet sich alles
In diesen Versen richtet der Herr Jesus einen letzten öffentlichen Appell an die Menschen. Zuerst zeigt Er ihnen nochmals klar das Verhältnis, das zwischen Ihm und dem Vater besteht:
- Wer an Jesus Christus, den Sohn Gottes glaubt, glaubt auch an Gott, den Vater, der Ihn gesandt hat.
- Wer Jesus Christus sieht, sieht auch Gott, den Vater, den der Sohn Gottes offenbart hat.
Beides ist nur möglich, weil zwischen dem Vater und dem Sohn eine ewige Beziehung und eine vollkommene Übereinstimmung besteht.
Der Herr Jesus ist als das Licht in die Welt gekommen, um alle, die an Ihn glauben, aus der moralischen Finsternis eines Lebens ohne Gott in das wunderbare Licht der göttlichen Gegenwart zu bringen (1. Petrus 2,9). Obwohl dieses Licht in die Herzen leuchtet und alles offenbart, ist der Heiland nicht gekommen, um zu richten, sondern um zu erretten (Joh 3,17). Das Licht soll die Menschen von ihrer Schuld überführen, damit sie bereit sind, Jesus Christus als Erlöser anzunehmen.
Ab Vers 48 macht der Herr deutlich, wie ernst es ist, wenn Menschen Ihm bewusst den Rücken kehren:
- Das Wort, das sie vom Heiland gehört haben, wird sie einmal verurteilen. Weil sie in ihrem Leben das Evangelium der rettenden Gnade bewusst ablehnen, wird diese Botschaft gegen sie zeugen.
- Wer Jesus Christus verwirft, lehnt auch Gott, den Vater, ab, der Ihn zu den Menschen gesandt hat. Ohne den Heiland gibt es keinen Weg zum Vaterherzen Gottes.
Buchtipp: Abschiedsworte des Herrn Jesus
Einleitung
Das Buch Daniel zeigt, dass mit dem babylonischen Weltreich die Zeiten der Nationen begonnen haben (Lukas 21,24). Es hat zwei Teile:
Daniel 1 – 6: Diese geschichtlichen Kapitel beschreiben das Leben Daniels und seiner drei Freunde im babylonischen Exil. Sie stellen uns die Herrschaft der Nationen in ihrer moralischen Entwicklung vor Augen.
Daniel 7 – 12: In diesen prophetischen Kapiteln empfängt Daniel Mitteilungen über die Machthaber der Nationen. Er erfährt, wie sie politisch vorgehen und ihre Herrschaft ausüben. Es wird ihm auch gezeigt, wie sich diese Regenten gegenüber denen verhalten, die Gott dienen.
In Babel auf die Probe gestellt
Der Prophet Daniel befasst sich in seinem Buch mit den Zeiten der Nationen (Lukas 21,24). Sie begannen, nachdem Gott seine Beziehung zu seinem irdischen Volk Israel abgebrochen und dieses aufgehört hatte, eine selbstständige Nation zu sein. Bis zum Kommen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit, um seine Regierung hier anzutreten, hat Gott die Herrschaft über die Erde in die Hand der Nationen gelegt. In den Visionen des Propheten Daniel geht es um die vier Weltreiche: Babylon, Medo-Persien, Griechenland und Rom. In den geschichtlichen Kapiteln 2 – 6 haben wir den Charakter dieser Weltreiche, und die Kapitel 7 – 12 zeigen uns ihre prophetische Geschichte.
Die ersten zwei Verse deuten das göttliche Gericht an, das durch Nebukadnezar, den König von Babel, über das von Gott abgefallene Zwei-Stämme-Reich Juda gekommen war. Als Folge der Eroberung Jerusalems kamen viele junge Menschen aus der Oberschicht Judas in die Gefangenschaft nach Babel. Der heidnische König wollte von der Elite der von ihm besiegten Völker für sein Reich profitieren. Darum kamen auch viele junge begabte Männer aus den vornehmen Familien Israels zur Ausbildung an den Hof des babylonischen Königs. Unter ihnen befanden sich vier gottesfürchtige Jünglinge, deren Namen Gott in seinem Wort festgehalten hat. Der Chef der Hofbeamten gab ihnen neue Namen: Beltsazar, Sadrach, Mesach und Abednego. In ihnen kam der Name des wahren Gottes (Elohim, Jahwe) nicht mehr vor, wie in ihren ursprünglichen hebräischen Namen (Daniel, Hananja, Misael, Asarja).
Ein Entschluss des Glaubens
Auch wenn die Welt die Namen dieser vier jungen Männer aus Juda änderte und den Namen Gottes daraus verbannte, konnte sie ihnen doch die Gottesfurcht nicht aus dem Herzen nehmen. Daniel erkannte die Gefahr der Welt. Die Tafelkost des Königs enthielt auch Fleisch von Tieren, die Gott in seinem Wort für Israel als unrein bezeichnet hatte, und Götzenopferfleisch. Sie hätten gegen Gottes Wort gehandelt und sich verunreinigt, wenn sie davon gegessen hätten. Doch Daniel wollte seinem Gott treu bleiben und sich von aller Art des Bösen, das ihn umgab und mit dem er konfrontiert wurde, absondern.
In aller Demut legte er sein Problem dem Obersten der Hofbeamten vor und bat ihn, ihn vom Zwang, sich verunreinigen zu müssen, zu befreien. Gott bekannte sich zu dieser Treue. Doch der Chefbeamte hatte Bedenken und wollte seinen Kopf nicht riskieren. Nun versuchten die vier einen neuen Anlauf. Dieses Mal sprachen sie mit ihrem direkten Vorgesetzten. Wieder fragten sie in aller Demut. Im Vorschlag, den sie ihm machten, zeigte sich ihr Gottvertrauen. Sie glaubten, dass Gott ihnen beistehen würde. Nach dem zehntägigen Test war Gottes Antwort mehr als deutlich: Die vier sahen besser aus als die anderen.
Die Merkmale dieser vier gottesfürchtigen jungen Männer waren:
- Gehorsam gegenüber dem geschriebenen Wort Gottes;
- Vertrauen auf Gott und
- entschiedene Absonderung vom Bösen.
Sind sie nicht ein anspornendes Beispiel für uns alle?
Gott bekennt sich zur Treue
Wie Gott diesen vier treuen Gläubigen half, eine chaldäische Ausbildung zu durchlaufen, ohne innerlich Schaden zu nehmen, verschweigt die Bibel. Doch der 17. Vers ist richtungsweisend, wenn es dort heisst: «Ihnen gab Gott Kenntnis und Einsicht in aller Schrift und Weisheit.» Auf diese Weise ehrte Er die, die Ihn ehrten (1. Samuel 2,30).
Die Frage der Verunreinigung in der Welt und als Folge davon die Absonderung vom Bösen war nicht eine einmalige Sache. Die Verse 8-16 beschreiben vielmehr die Gesinnung, in der die vier jungen Männer ihren Weg mit Gott gingen, auch in der Verbannung und am Hof Nebukadnezars. Niemals hätte es sonst nach dreijähriger Ausbildungszeit ein solches Resultat, wie es in Vers 20 beschrieben ist, geben können. Gott bekannte sich ganz offensichtlich zu ihnen.
Und was will der 21. Vers aussagen? Zur Zeit des persischen Königs Kores, der die Juden nach 70-jähriger Gefangenschaft in ihr Land zurückkehren liess (Esra 1), musste Daniel etwa 90 Jahre alt gewesen sein. Er ist ein Gläubiger, der seinem Gott von seiner Jugend an bis ins hohe Alter treu geblieben und treu nachgefolgt ist. Welch ein Mut machendes Beispiel!
Die Geschichte des Lebens Daniels zeigt, dass Gott für die Seinen in dieser Welt in jedem Fall einen gangbaren Weg hat. Prüfungen werden nicht ausbleiben, aber Gott wird durchhelfen und Gnade für unsere Schwachheit und Barmherzigkeit in jeder Situation schenken.
Der Traum Nebukadnezars
Während den Zeiten der Nationen, die damals begannen, aber bis heute noch andauern, hat Gott sich sozusagen in den Himmel zurückgezogen. Er greift in dieser Zeit nicht direkt ins Geschehen der Völker ein. Er hat die Herrschaft der Verantwortung der Menschen übergeben und handelt nur indirekt durch seine Vorsehung.
In unserem Kapitel tut Er es durch Träume. Er will König Nebukadnezar etwas zeigen. Doch der heidnische Herrscher ruft zuerst seine Wahrsager, Sterndeuter und Magier zusammen und versucht, von ihnen eine Antwort zu bekommen.
In jener Zeit umgaben sich die Weltherrscher oft mit einem Heer von Beratern, die Verbindung zur unsichtbaren Geisterwelt hatten. Der Okkultismus war ein Mittel, durch das sie herauszufinden suchten, was die nächste Zukunft bringen würde, um dann entsprechende Entscheidungen zu treffen. Dass diese Herrscher aber den Leuten nicht immer trauten, wird aus diesem Kapitel ersichtlich. Um zu mehr Sicherheit zu kommen, verlangte der König von seinen Beratern menschlich Unmögliches: Sie sollten ihm sagen, was er geträumt hatte, und den Traum deuten.
Interessant ist die Aussage von Vers 11. Die Wahrsagepriester, Sterndeuter und Chaldäer mussten dem König sagen: «Was du verlangst, können nur die Götter anzeigen, deren Wohnung nicht bei den Menschen ist.» Auch wenn diese Heiden nicht an den wahren Gott glaubten, wurde durch ihre Feststellung doch klar, dass, wenn es eine Antwort geben sollte, sie nur von göttlicher Seite her kommen konnte.
Gott antwortet auf das Gebet
In seinem Zorn befahl der König, die Weisen von Babel, die seine Forderung nicht erfüllen konnten, umzubringen. Auch Daniel und seine Genossen hätten sterben müssen. Wie reagierte er darauf?
Zunächst sehen wir, dass er völlig ruhig blieb und nach dem Grund des strengen Befehls fragte. Ja, wer auf den Herrn vertraut, wird nicht ängstlich eilen (Jesaja 28,16). Nachdem Daniel den ganzen Sachverhalt vernommen hatte, bat er um eine Frist, und sein Glaube fügte hinzu: «um dem König die Deutung anzuzeigen.» Welch ein Vertrauen hatte er in seinen Gott! Das Dritte, was wir bei Daniel und seinen Genossen finden, ist das ernsthafte Gebet zum Gott des Himmels. Gemeinsam brachten sie das Problem vor Ihn und erbaten seine Barmherzigkeit für die schwierige Situation. Damit drückten sie ihre Abhängigkeit von Gott aus. Sie erwarteten alles nur von Ihm.
Als Gott auf ihr Flehen antwortete, dankte und lobpries Daniel zuerst aus ganzem Herzen. Weisheit gab es bei den Weisen Babels, Macht beim König, aber Weisheit und Macht liegen allein bei Gott. Die weiteren Worte Daniels zeigen, dass Gott ihm nicht nur den Traum gezeigt, sondern auch die Deutung gegeben hatte. Er hatte Daniel kundgetan, was die vier Männer zusammen von Gott erbeten hatten.
Vers 21 macht deutlich, dass Gott, obwohl Er jetzt der Gott des Himmels genannt wird, alle Geschicke der Erde in seiner Hand hat. Nichts läuft Ihm aus dem Ruder. Welch ein Trost für uns Glaubende!
Daniel teilt den Traum mit
Nachdem Daniel seinen Gott für die gnädige Antwort auf das Flehen der vier Männer gepriesen hatte, teilte er Arioch mit, er sei bereit, dem König den Traum und die Deutung anzuzeigen. Nun handelte der Beamte schnell – es ging ja um Leben und Tod der Weisen von Babel – und führte Daniel vor Nebukadnezar.
Welch schöne Antwort gab der Mann Gottes auf die Frage des Königs! Er stellte zunächst klar, dass dieser etwas menschlich Unmögliches verlangt hatte. Dann gab er Gott im Himmel, dem einzig wahren Gott, alle Ehre und begann als Sprachrohr dieses Gottes zu reden. Die Haltung Daniels bezeugt, dass wahre Erkenntnis in den Wegen Gottes immer von echter Demut begleitet ist.
Was der König träumte, folgte auf seine Gedanken im Blick auf die Zukunft. Wie sollte es nach ihm weitergehen? Nun zeigte Gott durch das Standbild in seinem Traum, was nach ihm bis in die ferne Zukunft geschehen würde: Er gab ihm ein umfassendes Bild der «Zeiten der Nationen».
Das Standbild setzte sich aus fünf Teilen zusammen, wobei der fünfte Teil mit dem vierten zusammenhing, indem das Eisen sowohl in den Schenkeln als auch in den Füssen vorkam.
- Teil 1: das Haupt von Gold;
- Teil 2: die Brust und die Arme aus Silber;
- Teil 3: der Bauch und die Lenden aus Kupfer;
- Teil 4: die Schenkel aus Eisen;
- Teil 5: die Füsse teils aus Eisen und teils aus Ton.
Das Ganze wurde schliesslich von einem Stein, der sich ohne direkte Einwirkung losgerissen hatte, völlig zerstört. Der Stein selbst aber wurde zu einem grossen Berg, der die Erde füllte.
Daniel deutet den Traum
Aus der Deutung des Traums wird klar, dass es sich bei den Teilen des Bildes um aufeinanderfolgende Weltreiche handelt. Nebukadnezar stellte als das Haupt von Gold das babylonische Reich dar. Er hatte seine Macht und Autorität direkt vom Gott des Himmels bekommen.
Die Brust und die Arme von Silber wiesen auf das medisch-persische Weltreich hin, das auf das babylonische folgte. Das zweite Reich fand sein Ende, als es dem griechischen Reich unter Alexander dem Grossen Platz machen musste. Die Schenkel aus Eisen repräsentieren das Römische Reich. Weil Babylon die von Gott eingesetzte Macht war, wird sie durch Gold dargestellt. Das Eisen hingegen deutet auf die kriegsgewohnten römischen Legionen hin, die jeden Widerstand überwanden und bei der Eroberung der damaligen Welt von Sieg zu Sieg eilten. Die Füsse, die teils aus Eisen und teils aus Ton waren, beziehen sich ebenfalls auf das vierte Reich. Im Römischen Reich zeigte sich mit der Zeit ein schwächendes Element. Es ist der demokratische Einfluss, der sich aber mit der absoluten Monarchie nicht vereinbaren lässt.
Das von Gott aufgerichtete Reich (Vers 44) ist das tausendjährige Friedensreich des Herrn Jesus Christus. Er wurde in der Zeit des Römischen Reiches geboren (Lukas 2). Bald wird Er in Macht und Herrlichkeit als König der Könige wiederkommen und jede menschliche Macht beseitigen, selbst aber ewig bestehen.
Überwältigt von der göttlichen Mitteilung durch Daniel, beförderte der König ihn und seine drei Freunde zu hohen Posten im Reich.
Das Standbild
In Daniel 2,47 hatte Nebukadnezar vom Gott Daniels, dem wahren Gott, gesagt: «In Wahrheit, euer Gott ist der Gott der Götter und der Herr der Könige.» Nun machte er ein 30 Meter hohes goldenes Standbild und verlangte von allen seinen hohen Beamten in seinem ganzen Reich, dass sie vor seinem Bild niederfielen und es anbeteten. Ein goldenes Götzenbild statt Gott im Himmel anzubeten: Welch eine Glaubensprüfung für die gottesfürchtigen jüdischen Männer unter diesen Beamten! Würden sie ihrem Gott treu bleiben?
Mit der Aufrichtung dieses goldenen Bildes und der verlangten Anbetung verfolgte Nebukadnezar ein wichtiges Ziel. Er wollte die politische Einheit seines Reiches durch eine Einheitsreligion sichern. Diese war denkbar einfach und für die Menschen aller Sprachen verständlich. Ein grossartiges Bild, beeindruckend für die Augen; Musik, die dem Ohr gefiel, und ein einziger Akt des Niederfallens: Eine solche Religion stellte keine Ansprüche. Sie verlangte kein Geld und erhob keine Fragen über Sünden, die das Gewissen beunruhigten. Zudem übte die angedrohte Strafe genügend Druck aus, sodass keiner sich weigerte, diese Einheitsreligion anzunehmen. «Darum … fielen alle Völker, Völkerschaften und Sprachen nieder und beteten das goldene Bild an.»
In der Zukunft wird sich etwas Ähnliches abspielen. Der Antichrist wird bei Todesstrafe von den Menschen verlangen, das Götzenbild, das den Herrscher des Römischen Reiches darstellen wird, anzubeten (Offenbarung 13,12-17).
Die Freunde Daniels bleiben Gott treu
Interessanterweise wird Daniel in diesem Kapitel nicht erwähnt. In den Kapiteln 1 und 2 sahen wir einerseits, wie die vier zu Beginn des Buches erwähnten gottesfürchtigen Männer aus Juda in ihrer Gesinnung und in ihrem Verhalten die gleiche Treue zeigten. Anderseits aber scheint Daniel der Anführer der vier gewesen zu sein. Oft redete er im Namen aller. In diesem Kapitel zeigt sich, dass die Genossen von Daniel ebenso mutig und treu auf Gott vertrauten wie er. In Vers 28 preist Nebukadnezar sogar den «Gott Sadrachs, Mesachs und Abednegos».
Mit seinem Befehl überschritt der Absolutherrscher seine Kompetenz. Er griff in die Rechte ein, die Gott allein zustehen. Anbetung gehört nur Gott und sonst niemand. «Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen» (Lukas 4,8). Für Sadrach, Mesach und Abednego war jetzt der Moment gekommen, wo sie, obwohl sie die königliche Autorität Nebukadnezars anerkannten und sich ihr unterwarfen, Gott mehr gehorchen mussten als Menschen (Apostelgeschichte 5,29).
Sie wurden umgehend angezeigt und vor den König gestellt. Dieser war entschlossen, jede Rebellion im Keim zu ersticken und meinte dabei, er könnte es mit jedem Gott aufnehmen. Bekamen es die Männer nun mit der Angst zu tun? Überhaupt nicht! Furchtlos bekannten sie sich zu ihrem Gott, der sie in jedem Fall aus der Hand Nebukadnezars retten würde. Sie wussten zwar noch nicht wie, aber sie waren in jedem Fall nicht gewillt, das goldene Bild anzubeten.
Gott bewahrt sie vor dem Tod
Nebukadnezar war ein Absolutherrscher. Menschlich gesehen ist daher sein Grimm über die drei Männer verständlich, die es wagten, ihm zu widerstehen. Doch er hatte seine Kompetenz überschritten und musste die entsprechenden Erfahrungen machen: Die stärksten Männer seines Heeres starben, als sie die drei gottesfürchtigen Freunde gebunden in den überheissen Ofen warfen!
Und jene drei? Sie hatten sich nicht vor denen gefürchtet, die nur den Körper töten, aber nichts Weiteres tun können (Lukas 12,4). Nun durften sie als Antwort auf ihr Gottvertrauen die Gemeinschaft des Herrn mitten im Feuer geniessen (Jesaja 43,2). Es wurde wahr, was in Hebräer 11,33.34 steht: «Die durch Glauben … des Feuers Kraft auslöschten.» Der Herr bewahrte sie nicht vor der angedrohten Strafe, aber Er war bei ihnen im Feuerofen und schränkte die Kraft des Feuers derart ein, dass nur ihre Fesseln verbrannten.
Schnell änderte sich die Wut des Königs in Erschrecken, als er sah, dass die Männer nicht verbrannten und sich ein vierter, der einem Sohn der Götter glich, zu ihnen gesellt hatte. In der Folge schlug die Treue dieser Männer zur Ehre Gottes aus. Zunächst anerkannte der König ihre wahre Stellung: Knechte des höchsten Gottes. Dann mussten alle, die vorher vor dem goldenen Standbild niedergefallen waren, die Allmacht dieses Gottes bezeugen (Vers 27). Schliesslich wurde der Gott Sadrachs, Mesachs und Abednegos gepriesen. Niemand durfte sich in Zukunft gegen Ihn äussern.
Nebukadnezar hat wieder einen Traum
Es schien, als hätten die wunderbaren Wege Gottes das stolze Herz Nebukadnezars erreicht und gebrochen (Daniel 3,29). Doch es war nicht so. Schon bald zeigte sich wieder die Überhebung des Menschen. Alles, was Gott ihm gegeben hatte, nährte nur seinen Stolz. Nun musste der Allmächtige persönlich mit ihm reden. Von seinen Erfahrungen berichtete der König Nebukadnezar im Nachhinein.
Gott sandte ihm einen zweiten Traum, den niemand deuten konnte, obwohl er ihn den Weisen Babels mitteilte. Wieder wurde Daniel vor den König gebracht. Würde er eine befriedigende Antwort geben können?
Obwohl Nebukadnezar in heidnischer Weise redet, anerkennt er doch die besondere Beziehung, die Daniel zu Gott hat. Dann erzählt der König den Traum, indem er zuerst die Vision des Baumes beschreibt, dann vom Beschluss des Himmels, ihn umzuhauen, spricht und zuletzt die Ursache für das Umhauen erwähnt.
Das Thema dieses Traums und die Erfüllung seiner Deutung behandelt ein wichtiges Merkmal der Zeiten der Nationen: die Selbstüberhebung des Menschen. Durch das, was Gott ihm verliehen hat, erhöht er sich nur und befriedigt seinen Stolz. Er vergisst, dass Gott die Oberherrschaft hat, und schaltet Ihn sogar aus seinem Denken aus. Doch dadurch wird der Mensch wie ein Tier, das kein Verständnis für Gott hat und ohne bewusste Beziehung zu Ihm lebt.
Der Traum erfüllt sich
Das Entsetzen Daniels ist begreiflich, denn er erkannte in diesem Traum, was Nebukadnezar bevorstand. In der Bibel wird der Baum oft als Symbol für eine irdische Macht gebraucht (z. B. Hesekiel 31,3; Assyrien = eine Zeder; Matthäus 13,32, was die bekennende Christenheit in der Welt geworden ist: ein Baum). Dieser im Traum beschriebene Baum war der grosse und mächtige König Nebukadnezar (Vers 19).
Der Himmel hatte über ihn ein zeitlich begrenztes Gericht angeordnet, um ihn zur Einsicht zu bringen. Er sollte erkennen, dass es einen Höheren über ihm gab und dass er unter der Herrschaft des Himmels stand. Das Gericht bestand im Verlust der Vernunft. Der König würde sich nicht mehr wie ein Mensch, sondern wie ein Tier benehmen. Von den Menschen ausgestossen, würde er bei den Tieren des Feldes wohnen und deren Nahrung teilen.
Die persönliche Warnung Daniels an den König hat auch eine prophetische Bedeutung. In den Zeiten der Nationen wird zwar die Mehrheit der Menschen wie Tiere stets zur Erde blicken, d. h. in ihrem Verhalten nicht auf die Stimme des Gewissens hören und keine bewusste Beziehung zu Gott kennen. Aber Gott wird sich auch in dieser Periode ein treues Zeugnis durch gottesfürchtige Menschen aufrechterhalten. Sie werden sich durch Abhängigkeit von Ihm und Weisheit vor den Menschen (Daniel 2), durch Hingabe an Gott (Daniel 3) und als treue Zeugen für Ihn (Daniel 4) auszeichnen. – Sehen die Menschen, dass wir als Glaubende zu ihnen gehören?
Belsazar verhöhnt den lebendigen Gott
Dieses Kapitel berichtet uns über ein grosses Festmahl, das wohl kurz vor der Eroberung Babels durch die Meder stattgefunden hat (Daniel 5,30). König Belsazar, ein Nachkomme Nebukadnezars, liess sich während des Festes dazu hinreissen, die aus dem Tempel Gottes in Jerusalem erbeuteten goldenen und silbernen Gefässe holen zu lassen. Dann tranken der König und alle Geladenen daraus und rühmten ihre Götter. Das war offenbare Gottlosigkeit – ein weiteres Merkmal der Zeiten der Nationen.
Da griff Gott auf der Stelle ein – nicht durch ein unmittelbares Gericht, sondern mit einer überaus ernsten Botschaft, die die Finger einer Menschenhand an die Wand des Festsaals schrieben. Auch wenn der König den Sinn dieser Worte nicht verstand, erkannte er doch sofort, dass sie eine Botschaft des Gottes waren, den er herausgefordert und verhöhnt hatte. Schlagartig war aus dem stolzen König ein zitternder Sünder geworden. Seine Angst erhöhte sich noch, als die herbeigerufenen Weisen die Schrift weder lesen noch deuten konnten. Da nützte auch das verlockendste Angebot nichts (Vers 7).
Die Königin-Mutter hörte von der panischen Angst und der Bestürzung, die sich im Haus des Gelages breitgemacht hatten. Sie erinnerte Belsazar an Daniel, der zur Zeit Nebukadnezars verschiedene unlösbare Fragen und Probleme gelöst hatte. Sie war überzeugt, dass er auch diese geheimnisvolle Schrift deuten konnte. Doch Belsazar hatte sich bis dahin so wenig um Daniel gekümmert wie um den höchsten Gott.
Belsazar muss sterben
Nun trat Daniel als ein dem König unbekannter Mann vor Belsazar. Das Angebot des Königs lautete: grosse Ehrungen, wenn er die Schrift deuten könne. Wie reagierte Daniel darauf? Dieser gottesfürchtige Mann war sich bewusst, dass er jetzt, anders als früher bei Nebukadnezar, vor einem übermütigen, trotzigen Feind Gottes stand. Entschieden wies er die angebotenen Geschenke zurück, erinnerte aber den König, wie Gott den stolzen Nebukadnezar gestürzt und gedemütigt hatte. Er sollte erkennen, wer der Höchste war. Belsazar war über das alles hinweggegangen und hatte sich über den Herrn des Himmels erhoben. Wie gross war seine Verantwortung!
Die Botschaft, die Gott diesem gottlosen König gesandt hatte, lautete: Gezählt, gezählt, gewogen und zerteilt. Die Tage Belsazars und die seines Königtums waren gezählt. Er selbst war auf der göttlichen Waage gewogen und zu leicht befunden worden. Das babylonische Reich würde zerteilt und den Medern und Persern gegeben werden.
Diese Worte waren die letzte feierliche Warnung Gottes vor dem Gericht, eine Warnung aber, die das Gericht ankündigte und keine Zeit mehr zur Busse liess. Belsazar hatte die ernste Warnung aus der Geschichte Nebukadnezars unbeachtet gelassen. So blieb kein Heilmittel für ihn übrig. Seine Stunde war gekommen (Vers 30). Das Gericht über Babel wurde vollzogen.
Das Verbot des Königs
Im ersten Kapitel sahen wir die Gefahren der Welt, denen Daniel als gottesfürchtiger junger Mann ausgesetzt war. In diesem Kapitel liegt die Betonung auf der Feindschaft der Welt, die der treue Gläubige zu spüren bekommt. – Als Darius, der Meder, regierte, war Daniel nicht mehr der jüngste. Aber obwohl er ein erfahrener alter Mann war, übte er seine beruflichen Aufgaben nicht in eigener Kraft, gestützt auf seine menschlichen Fähigkeiten, aus, sondern in der Kraft Gottes. Die Welt schätzte seine Arbeit und beförderte ihn. So nahm er auch im medisch-persischen Reich eine hohe Position in der Verwaltung ein. Doch da regte sich der Neid der anderen. Diese wollten den treuen, gottesfürchtigen Mann zu Fall bringen. Aber sie fanden keinen Anklagegrund auf beruflicher Ebene. Welch ein Zeugnis vor den Ungläubigen!
Nun diente ihnen sein Gehorsam gegenüber Gott dazu, ihre bösen Absichten auszuführen. Damit stellten sie ihm ein weiteres gutes Zeugnis aus. Der junge Mann, der sich damals im Herzen vorgenommen hatte, Gott treu zu bleiben, besass als alter Mann die gleiche Gesinnung. Er trug die gleiche Furcht Gottes im Herzen.
Wie gingen die bösen Neider gegen Daniel vor? Sie erwirkten einen Erlass, an den auch der König, der ihn unterzeichnete, gebunden war. Dieser Erlass war
- gottlos, indem ein Mensch an Gottes Stelle gesetzt wurde;
- böse, indem ein treuer Mann aufgrund seines Gehorsams zu Gott beseitigt werden sollte, und
- schmeichlerisch gegenüber Darius.
Daniel bleibt treu
Nach dem Erlass des Königs änderte Daniel seine Gewohnheit, dreimal täglich vor offenem Fenster zu beten, nicht. Warum unternahm er nichts? Alle seine Bemühungen – entweder rechtlich gegen seine Feinde vorzugehen oder den Bedrohungen auf irgendeine Weise auszuweichen – hätten ihm den inneren Frieden geraubt. So stützte er sich mit einer Gottesfurcht, die stärker war als die Angst vor dem Tod, im vollen Vertrauen auf Gott und betete wie bis dahin. Sein Gebet stützte sich auf die Verheissung in 1. Könige 8,46-53.
Die Rechnung seiner Feinde ging auf. Nun hatten sie einen legalen Anklagegrund gegen Daniel vor dem König. Da wurde Darius klar, in welche Falle er getappt war. Doch es gab kein Zurück mehr. Sehen wir hier nicht etwas von der Unerbittlichkeit der Sünde? Wer sie tut, ist ihr Sklave (Johannes 8,34).
Darius ist nicht der Einzige, der eine Tat oder eine Aussage bedauerte, ja, bereute, als er die Folgen erkannte (Herodes, Markus 6,26; Judas Iskariot, Matthäus 27,1-5). Doch ein Zurück gibt es nie. Die Folgen der Sünde bleiben. Darius musste schliesslich den Befehl geben, Daniel in die Löwengrube zu werfen. Er war dem Gesetz verpflichtet. Rettung konnte es nur noch vonseiten des Gottes geben, dem Daniel diente.
Erinnert uns dies nicht an das Wirken von Gottes Gnade für uns? Nach seinen gerechten Forderungen hätte Gott uns alle verdammen müssen (Römer 3,20). Aber weil ein anderer – unser Herr Jesus Christus – allen Forderungen Gottes entsprochen und unsere Schuld bezahlt hat, konnte Er uns Gnade erweisen.
Daniel wird bewahrt
Wohl wegen seines belasteten Gewissens konnte König Darius in jener Nacht nicht schlafen. Morgens früh eilte er zur Löwengrube und rief mit trauriger Stimme nach Daniel, den er Knecht des lebendigen Gottes nannte. Sein Chefbeamter war tatsächlich noch am Leben!
Daniel sagte, die Löwen hätten ihn nicht verletzt, weil er sich keiner Schuld vor Gott und vor dem König bewusst war. Der 24. Vers gibt als Grund für seine Unversehrtheit sein Gottvertrauen an. Auch wenn Gott nicht immer so spektakulär eingreift, wie Er es hier und z. B. in Apostelgeschichte 12 tat – jeweils zu Beginn einer neuen Zeitperiode –, gilt der Grundsatz: Wer Gott fürchtet, Ihm die erste Priorität gibt und auf Ihn vertraut, den lässt Er nicht im Stich.
Beachten wir, wie Daniel dem König ohne Groll antwortete. Zuerst gab er Gott die Ehre und redete von dem, was Er gewirkt hatte. Erst dann sprach er von seiner Unschuld. – Die Feinde Daniels aber und damit auch die Feinde des allmächtigen Gottes wurden vom Gericht ereilt. Sie stürzten in die Grube, die sie für Daniel «gegraben» hatten. Siehe Psalm 9,16.17!
Schliesslich gab Darius Befehl, dass man «sich vor dem Gott Daniels fürchte; denn er ist der lebendige Gott und besteht ewig, und sein Reich wird nie zerstört werden, und …» Die durch das Gericht hervorgebrachte Wirkung erstreckt sich hier viel weiter als in den früheren Ereignissen (siehe z. B. Daniel 3,28.29; 4,34). Zugleich sehen wir, dass Darius sowohl Daniels Frömmigkeit achtete als auch seinen Gott ehrte, denn er nennt den lebendigen Gott den Gott Daniels.
Vier Weltreiche
Nach dem geschichtlichen Teil, in dem wir etwas vom Charakter der Weltreiche während den «Zeiten der Nationen» sahen, kommen wir zum prophetischen Teil des Buches. Anhand verschiedener Visionen wird nun die Geschichte der Weltreiche gezeigt.
Im ersten Traumgesicht sah Daniel vier Tiere aus dem grossen Meer (ein Bild des Völkermeers) aufsteigen. Nach der Erklärung in Vers 17 stellen diese vier Tiere vier Weltreiche dar. Der Löwe mit den Adlerflügeln weist auf das babylonische Reich unter Nebukadnezar hin. Der Bär spricht vom medisch-persischen Reich. Der Leopard ist ein Bild des griechischen Reiches unter Alexander dem Grossen. Das vierte Tier war ein besonderes. Es bildet das Römische Reich vor. Die vier Tiere entsprechen den vier bzw. fünf Teilen des Standbildes im Traum Nebukadnezars (Daniel 2).
Vergleicht man die Beschreibung des vierten Tieres mit der des Tieres aus dem Meer in Offenbarung 13,1-8 und Offenbarung 17,7.8, erkennt man Ähnlichkeiten. Das Römische Reich hat also nicht nur historische Bedeutung wie die ersten drei erwähnten Reiche, sondern auch eine zukünftige Seite. Diese steht in der Prophetie der Bibel im Vordergrund.
Die Verse 9-12 reden vom göttlichen Gericht, das über dieses letzte Reich kommen wird. Davon berichtet uns die Offenbarung. In Offenbarung 1 wird der Herr Jesus als der Richter beschrieben. Symbole wie weisses Haar und Feuerflamme finden wir dort und hier. Offenbarung 19 berichtet uns von seinem Kommen im Gericht, um jede Rebellion gegen Ihn auszumerzen.
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Der Sohn des Menschen
Die Verse 13 und 14 reden vom heute noch zukünftigen Reich unseres Herrn Jesus Christus. Er ist der Sohn des Menschen, der mit den Wolken des Himmels kommen wird, um seine Herrschaft im Tausendjährigen Reich anzutreten, sobald das Gericht über das vierte Reich ausgeführt ist. Der Inhalt dieser Verse entspricht den Aussagen von Daniel 2,44.
Ab Vers 15 bekommt Daniel auf seine Bitte hin eine göttliche Erklärung seiner Visionen. Die vier Tiere weisen auf die vier grossen Weltreiche hin. Aber es geht Gott bei der Prophetie immer um die Seinen, um sein Volk und das schliessliche Friedensreich unter der Herrschaft seines Christus.
Auf die Bitte Daniels wird ihm das vierte Weltreich – es ist das Römische – näher erklärt. Die Beschreibung der Grausamkeit und Härte, mit der die römischen Heere die damalige Welt eroberten, trifft auf das geschichtliche Römische Reich zu. Sobald von zehn Hörnern oder Königen die Rede ist und von dem einen besonderen Horn, geht es um die Zukunft, vor allem um den zukünftigen Herrscher des wiedererstehenden Römischen Reiches. Die Abschnitte in Offenbarung 13,1-8 und Offenbarung 17,7-14 sollte man zu den vorliegenden Versen in Daniel 7 lesen. Dann wird man die Übereinstimmung erkennen. Der andere König entspricht jenem zukünftigen Herrscher. Er wird
- Worte gegen den Höchsten reden (Offenbarung 13,6);
- die Gläubigen jener Zeit verfolgen (Offenbarung 13,7);
- Zeiten und Gesetze (der Juden) ändern und
- während dreieinhalb Jahren die Oberhand haben (Offenbarung 13,5).
Der Widder und der Ziegenbock
Im dritten Jahr der Regierung Belsazars hatte der Prophet Daniel eine weitere Vision. Wieder sah er Tiere, aber dieses Mal keine Raubtiere, sondern zuerst einen Schafbock, dann einen Ziegenbock. Wieder sind wir nicht auf menschliche Fantasie oder Überlegungen angewiesen. Wir haben in den Versen 20 und 21 die göttliche Erklärung für diese beiden Tiere.
Der Widder mit den beiden Hörnern sind die Könige von Medien und Persien. Das höhere Horn, das zuletzt emporstieg, sind die Perser, die schliesslich die Führung übernahmen. – Der Ziegenbock, der von Westen her kam und den Widder überrannte, ist Alexander der Grosse, der König von Griechenland. In den Versen 5-7 werden uns die Merkmale dieses Feldherrn und seines Siegeszuges beschrieben: Schnelligkeit und vollständiger Sieg über die Perser.
Als Daniel diese Gesichte sah, bestand das babylonische Reich noch. Doch Gott zeigte ihm, was darauf folgen würde. Wir können diese Prophetie lesen und dürfen staunen, wie genau sie sich erfüllt hat, sowohl im Blick auf das persische als auch auf das griechische Weltreich. Das stärkt unser Vertrauen in alles, was Gott sonst noch vorausgesagt hat. Es wird sich ebenso genau erfüllen. Welch eine Sicherheit!
Bemerkenswert ist, dass im Urtext ab Kapitel 8 wieder die hebräische Sprache verwendet wird, während von Kapitel 2,4 – 7,28 das Aramäische verwendet wurde (Fussnote zu Daniel 2,4). Der Geist gebraucht das Hebräische, weil sich die Gesichte und Offenbarungen ab Kapitel 8 speziell auf das Volk Israel beziehen.
Das grosse Horn zerbricht
Als der Ziegenbock stark geworden war, zerbrach das grosse Horn. Alexander der Grosse starb ganz plötzlich auf der Höhe seiner Macht. Seine vier Generäle teilten sein Reich unter sich auf. Sie werden in Vers 8 durch vier ansehnliche, aber doch kleinere Hörner dargestellt.
Unter Seleukos, einem dieser vier Generäle, entstand das Königreich der Seleukiden im Norden Israels. Darin profilierte sich ein besonderer König, den die Bibel als ein «kleines Horn» bezeichnet. Dieses Horn fand eine erste Erfüllung in der geschichtlichen Figur von Antiochus Epiphanes IV., unter dem die Juden schwer zu leiden hatten. Sie werden hier das «Heer des Himmels» genannt, weil die Juden damals das einzige Volk auf der Erde waren, das in Verbindung mit Gott stand und für das Er sich interessierte.
Obwohl die Verse 10-14 in Antiochus eine Erfüllung fanden, weisen die Aussagen darin vor allem auf eine heute noch zukünftige Zeit hin. Dann wird dieses kleine Horn in Form des Königs des Nordens, wie er in anderen Schriftstellen genannt wird, auftreten. Diese Person erhebt sich gegen Christus, den «Fürsten des Heeres». Sie unterbindet den jüdischen Gottesdienst und zerstört das Heiligtum Gottes. Der Herr wird dies «um des Frevels willen» zulassen, d. h. weil sein Volk von Ihm abgefallen ist (Vers 12). Aber diese Züchtigung wird nur eine gewisse, von Gott bestimmte Zeit dauern. Auf die Frage über die Länge jenes Gerichts lautet die göttliche Antwort: 2300 Tage (ungefähr sechs Jahre). «Dann wird das Heiligtum gerechtfertigt werden.»
Die Deutung der Vision
Daniel wurde vom Anblick des Engelfürsten Gabriel überwältigt. Betäubt sank er auf sein Angesicht. Doch der Engel war gekommen, um ihm die Vision zu erklären, und zwar mit dem Ziel, ihm mitzuteilen, was in der letzten Zeit des Zorns geschehen würde, «denn es geht auf die bestimmte Zeit des Endes».
Zunächst spricht der Engel von dem, was unmittelbar auf das babylonische Reich folgte: das medisch-persische und das griechische unter Alexander dem Grossen. Dann werden der frühe Tod Alexanders des Grossen und die Vierteilung seines Reiches angekündigt. Wie bereits früher erwähnt, weist der König frechen Angesichts auf Antiochus Epiphanes IV. hin, der schlimm gegen die Juden vorging. Dies alles ist Geschichte.
Damit ist die Bedeutung der Verse aber nicht erschöpft. Vers 23 spricht vom Ende, «wenn die Frevler (oder Abtrünnigen) das Mass voll gemacht haben». In einer heute noch zukünftigen Zeit werden die Juden unter der Führung des Antichristen in ärgsten Götzendienst verfallen. Dann wird Gott einen Feind von aussen gegen sie erwecken. Dieser König in Vers 23 – an anderer Stelle als König des Nordens oder als Assyrer bezeichnet – wird das Volk der Heiligen verderben. Er wird sich sogar gegen Christus – den Fürsten der Fürsten – auflehnen. Doch sein Gericht wird ohne Menschenhand direkt vom Himmel aus erfolgen. – Als Daniel diese Mitteilung bekam, lag alles noch in ferner Zukunft. Heute stehen wir kurz vor dieser Endzeit. Darum sollte Johannes im Gegensatz zu Daniel seine Weissagungen nicht verschliessen (V. 26; Offenbarung 22,10).
Daniel demütigt sich vor Gott
Daniel war ein Mann, dem das Schicksal des Volkes Israel sehr am Herzen lag. Das erkennen wir schon daran, wie sehr ihn die göttlichen Mitteilungen über die Zukunft und besonders über die Zukunft Israels beschäftigten. In diesem Kapitel finden wir ihn wegen all den Sünden seines Volkes und ihren Folgen in ernstem Gebet vor Gott.
Sein Interesse am irdischen Volk Gottes liess ihn auch die Schriften erforschen. Da fand er im Propheten Jeremia, dass Gott die Zeit der Gefangenschaft der Juden auf 70 Jahre begrenzt hatte. Dann wollte Er eine Wiederherstellung schenken. Diese Zeit war nun beinahe verstrichen.
Durch das intensive Lesen der damals vorhandenen Schriften des Alten Testaments erkannte Daniel auch, wie sehr das Volk Israel seinen Gott verunehrt und wie schwer es sich gegen Ihn versündigt hatte. Das beugte ihn tief nieder. Darum wandte er sich im Gebet mit einem rückhaltlosen Bekenntnis der Schuld an Gott. Dabei schloss er sich keineswegs aus, obwohl er zu den Wenigen gehörte, die sogar in der Gefangenschaft Gott treu geblieben waren. Er betete: «Wir haben gesündigt und verkehrt und gottlos gehandelt.» Dabei beschönigte oder rechtfertigte er nichts. Aber er klammerte sich an die Erbarmungen und Vergebung Gottes.
Wie viel können wir von Daniel lernen! Um uns her sehen wir viel Versagen im christlichen Zeugnis für den Herrn. Beugen wir uns in echter, tief empfundener Mitschuld darunter?
Daniel bittet um Gnade
Daniel erkannte aus den Schriften, wie gerecht Gott gegenüber seinem Volk gehandelt hatte. Im Gesetz Moses war angekündigt, was die Folgen des Abweichens von Ihm und des Ungehorsams gegenüber seinen Anweisungen sein würden. Gott war seinem Wort treu geblieben. Israel hatte es nicht anders verdient.
Nach dem schonungslosen Bekenntnis der Sünden und Fehltritte des Volkes Gottes – wobei er sich völlig einschloss – appellierte Daniel an die Liebe und Barmherzigkeit des Herrn. Er erinnerte Ihn an sein mächtiges Wirken, als Er Israel aus Ägypten herausgeführt hatte. Wie sehr wurde da sein Name geehrt! Aber jetzt waren Jerusalem und das Volk allen zum Hohn geworden. Warum? «Wegen unseren Sünden und den Ungerechtigkeiten unserer Väter», sagte der Prophet.
Dann fuhr er fort, den Herrn um Erbarmen anzuflehen. Dabei verfolgte er überhaupt keine persönlichen Interessen. Es ging ihm nur um Gott und seine Sache, um die Stadt Jerusalem, den heiligen Berg, das verwüstete Heiligtum und das Volk Gottes. Alles brachte er in Beziehung zu Gott selbst. Er erinnerte Ihn an die Ehre seines Namens, die auf dem Spiel stand. Er bat Gott «um des Herrn willen», aber auch «um deiner vielen Erbarmungen willen». Auf dieser Grundlage, und nicht auf der Basis irgendwelcher Vorzüge oder Gerechtigkeiten, flehte er: «Herr, höre! Herr, vergib! Herr, merke auf und handle; zögere nicht!»
Die 70 Jahrwochen
Daniel hatte sein Gebet noch nicht beendet, als Gott schon seinen Engel zu ihm sandte. Ja, Er versteht die Seinen, bevor sie ihre Anliegen in Worte vor Ihm ausdrücken. Und niemals wird Gott das Flehen von einem seiner Treuen und Vielgeliebten unbeantwortet lassen.
Der Prophet hatte das Wort Gottes untersucht. Nun wollte Gott ihm Verständnis darüber geben. Doch es geht Ihm nicht um die Rückkehr der Juden aus Babel, sondern um die endgültige Befreiung seines Volkes am Ende der Zeit und die Einführung des Friedensreiches unter der Herrschaft des Messias.
Der Zeitablauf wird wie folgt dargestellt: 69 Jahrwochen (1 Jahrwoche = 7 Jahre; vgl. 3. Mose 25,8) werden vom Wiederaufbau Jerusalems unter Nehemia bis zum Kommen des Messias vergehen. Doch Dieser wird weggetan und nichts haben, d. h. Christus wurde gekreuzigt. Da Israel seinen Messias verworfen hat, wurde die Erfüllung der 70. Jahrwoche hinausgeschoben. Gott unterbrach den Zeitablauf mit seinem irdischen Volk durch die Einschaltung der heute noch dauernden Zeit der Gnade. Darüber wird im Propheten Daniel nichts gesagt.
Die Verse 26b und 27 handeln von den Ereignissen der 70. Jahrwoche. Diese wird erst nach der Entrückung der Versammlung anbrechen. In jener Endzeit wird es einen Bund zwischen den Juden unter der Herrschaft des Antichristen mit dem Herrscher des wiedererstehenden Römischen Reiches geben. Von diesem «Miteinander» ist auch in Offenbarung 13 die Rede, wo es eine Verbindung zwischen den beiden «Tieren» gibt.
Die Vision am Tigris
Die letzten drei Kapitel bilden einen in sich abgeschlossenen Teil des Buches Daniel. Wir finden darin die prophetische Sicht über die Geschichte der Juden, besonders die des gottesfürchtigen Überrests. Die Mitteilung beginnt mit der Zeit der Perserkönige und reicht bis zur endgültigen Befreiung unter der Herrschaft von Jesus Christus, was heute noch zukünftig ist. Das Ganze würde «eine grosse Mühsal» für sein Volk sein. Daniel wusste, dass Gott die Menschen aus Israel wegen ihren Sünden heimsuchen musste, und das demütigte ihn tief. Darüber trauerte er.
Nach drei Wochen hatte er eine Vision. Er sah einen furchterregenden Mann, den die Begleiter Daniels zwar nicht sahen, dessen Gegenwart sie aber spürten, so dass ein grosser Schrecken auf sie fiel. War es ein Engel oder der Herr der Herrlichkeit selbst? Die ganze Beschreibung scheint darauf hinzudeuten, dass es der Herr war, der mit seinem treuen Diener verkehren wollte.
Daniel war damals ein alter Mann. Er war sein ganzes Leben lang treu auf den Wegen Gottes geblieben. Aber als er so mit der Nähe des Herrn der Herrlichkeit konfrontiert wurde und seine Majestät sah, da verliessen ihn seine Kräfte. In diesem Zustand war er wirklich nicht in der Lage, göttliche Mitteilungen aufzunehmen. Doch der Herr war zugegen, um ihn aufzurichten und zu stärken. Er durfte sogar die Berührung einer gnädigen Hand erfahren (Vers 10; vergleiche Offenbarung 1,17).
Ein Engel stärkt Daniel
Gestärkt durch die Hand, die ihn liebevoll angerührt hatte – und getröstet durch die ermunternden Worte, die er vernommen hatte –, erhob sich Daniel. Nun durfte er hören, dass Gott ihn am Tag der Demütigung erhört hatte. Warum dauerte es drei Wochen, bis die Antwort Gottes den Propheten erreichte?
Wenn wir in den Versen 5 und 6 eine Beschreibung des Herrn selbst erkannt haben, dann spricht jetzt ab Vers 10 eine andere Person. Es ist ein von Gott zu Daniel gesandter Engel (Vers 11). Diesem widerstand der Fürst des Königreichs Persien drei Wochen lang und hinderte ihn, Daniel die Antwort Gottes sofort zu übermitteln.
Diese Verse lassen uns einen Blick hinter die Kulissen werfen. Sie zeigen uns, dass Konflikte auf der Erde, die wir verfolgen können, eigentlich die Folgen von dem sind, was in der unsichtbaren Welt vor sich geht. In diesem Fall haben Engelfürsten mit den bösen Mächten gekämpft, die den weltlichen Herrscher Persiens zu beeinflussen suchten. Die Werkzeuge des Feindes suchen die Boten Gottes aufzuhalten. Aber Gott ist mächtiger als Satan. Das ist unser Trost.
Wie schön sind die Bemühungen der Engel, Daniel aufzurichten und zu stärken, damit er in der Lage ist, Gottes Mitteilung über die Zukunft Israels aufzunehmen. Zum Verständnis der Gedanken Gottes und um Fortschritte in der Erkenntnis seines Wortes zu machen, genügt es nicht, errettet zu sein und das Leben zu haben. Das Herz muss wirklich den Frieden Gottes geniessen und vertrauensvoll in Jesus ruhen.
Vom persischen zum griechische Reich
In Kapitel 11 fährt der gleiche Engel weiter, der schon in Kapitel 10 mit Daniel geredet hatte. Zunächst geht es kurz um den Niedergang des persischen Weltreiches. Der vierte König in Vers 2 ist in der Geschichte als Xerxes I. bekannt. Sein Feldzug gegen Griechenland endete mit einer Niederlage.
Der tapfere König in Vers 3 ist Alexander der Grosse, der die Perser besiegte und das griechische Weltreich aufbaute. Durch seinen frühen Tod wurde es aber unter seine Generäle in vier Teilreiche aufgeteilt. Da es Gott in der Bibel nicht um Geschichtsschreibung, sondern um sein irdisches Volk Israel geht, werden ab Vers 5 nur die zwei Teilreiche weiterverfolgt, die nördlich und südlich des Landes Israel lagen (der König des Nordens und der König des Südens).
Der erste König des Südens war Ptolemäus. Er herrschte über Ägypten. Der erste König des Nordens hiess Seleukos I. Das Hauptland seines Reiches war Syrien. Die Verse 5-9 beschreiben die Machtkämpfe zwischen diesen beiden Königreichen. Das Land Israel, wo die aus Babel zurückgekehrten Juden wohnten, lag zwischen diesen Machtblöcken. Die Auseinandersetzungen zwischen den Ptolemäern (Süden) und den Seleukiden (Norden) brachten dem jüdischen Volk unsägliche Leiden und Nöte.
Die in diesen Versen erwähnten Einzelheiten erfüllten sich wörtlich. Die menschlichen Geschichtsbücher bestätigen dies.
Ägypten und Syrien
Jede Niederlage des einen oder anderen Machthabers führte nur zu einem neuen Krieg unter dem nächsten Herrscher. Aber alle diese Konflikte konnten keine stabilen Verhältnisse herbeiführen. Das «Land der Zierde» (Vers 16) wurde daher immer wieder von fremden Heeren durchzogen und überschwemmt. Welch eine Not für seine Bewohner!
In Vers 14 heisst es sogar, dass sich Juden (Gewalttätige deines Volkes) in die Auseinandersetzung einmischten. Sie schlossen sich denen an, die gegen den König des Südens vorgingen, und meinten damit, das Gesicht (die Voraussagen) erfüllen zu können. Doch sie täuschten sich und kamen zu Fall. Gott wollte nicht, dass sich sein Volk mit den Nationen verbündete.
Die Menschen versuchten ihre ehrgeizigen, politischen Ziele nicht nur durch Kriege, sondern auch durch das Knüpfen verwandtschaftlicher Verbindungen zu erreichen (Verse 6.17).
Die Verse 18-20 beschreiben den Niedergang des Reichs des Königs des Nordens, als die Römer immer mehr nach Osten vorrückten. Der Feldherr in Vers 18 ist der Anführer der siegreichen römischen Armee. Er besiegte den Seleukidenkönig und machte dessen Land zu einer römischen Provinz. Der nachfolgende Herrscher in jenem Gebiet (Syrien) war kein selbstständiger König mehr, sondern nur noch ein «Eintreiber der Abgaben» für Rom.
Antiochus IV. Epiphanes
Nach dem Tod des «Eintreibers der Abgaben» würde ein «Verachteter» aufstehen. Obwohl dieser Mann in der weltlichen Geschichtsschreibung nicht sehr bekannt ist, beschreibt ihn der Heilige Geist in unseren Versen ausführlich. Es ist Antiochus Epiphanes IV., der sich nicht nur mit Gewalt, sondern mit Schmeicheleien des Königtums bemächtigte. Die Geschichte dieses Regenten wird uns hier deshalb so genau mitgeteilt, weil sie eng mit dem Volk Israel verbunden ist.
In Vers 22 wird ein «Fürst des Bundes» – also ein Jude – erwähnt. Doch Antiochus handelte mit Trug gegen die Juden, die sich früher mit denen verbunden hatten, die gegen den König des Südens zogen (Vers 14). Er bedrückte und quälte sie auf schlimmste Art und Weise.
Nach der Einnahme des Landes Israel zog er in einen neuen Krieg gegen den König des Südens (Ägypten). Die Pläne reden von den betrügerischen Anschlägen, mit denen jeder den anderen zu überlisten suchte (Verse 25.27). Der König des Nordens kehrte mit grosser Beute in sein Land zurück. Aber in seinem Herzen hatte er sich vorgenommen, weder die Abmachung mit dem König des Südens noch den Bund mit den Juden zu halten.
Alle diese prophezeiten Ereignisse haben sich tatsächlich abgespielt. Man kann sie in den Geschichtsbüchern nachlesen. Für uns ist dies ein weiterer Beweis für die Genauigkeit der Bibel. Es ermuntert uns, dem Wort Gottes unser völliges Vertrauen zu schenken.
Ein verlorener Feldzug
Die Schiffe von Kittim stellen die römische Flotte dar. Durch ihre Ankunft wurde der letzte geplante Angriff des Königs des Nordens gegen Süden verhindert. Zur Rückkehr gezwungen, liess Antiochus seine Wut über die durchkreuzten Pläne an den Juden aus.
Die Verse 31-35 beschreiben vor allem das, was die Juden in jener Zeit durchmachen mussten. Die Bücher der Makkabäer schildern die Gräuel jener schrecklichen Zeit. Jeder Gottesdienst wurde im Land abgeschafft. Bei Todesstrafe war es verboten, dem wahren Gott zu opfern oder den Sabbat zu feiern. Im Tempel wurde ein Götzenbild aufgestellt, wobei die Juden gezwungen wurden, es anzubeten.
Jene schreckliche Zeit weist vorbildlich auf die noch zukünftige Drangsalszeit hin. Die Juden werden dann unter der Führung des Antichristen ebenfalls zum Götzendienst verleitet werden.
In jener vergangenen Zeit gab es unter dem Volk solche, «die ihren Gott kennen». Sie unterwiesen viele über die Gedanken und Wege Gottes. Doch sie wurden verfolgt und erlitten den Märtyrertod.
Auch in der kommenden Drangsalszeit wird es einen gottesfürchtigen Überrest der Juden geben. Sie werden an Gott und seinen Gedanken festhalten und dem Antichristen nicht folgen. Viele werden als Märtyrer sterben. Aber in der höchsten Not wird der Herr Jesus in Herrlichkeit erscheinen und die Treuen befreien.
Der Antichrist und der König des Nordens
Die Schlussworte in Vers 35 deuten an, dass ab Vers 36 über Ereignisse berichtet wird, die heute noch zukünftig sind. Das wird auch durch die Ausdrücke «bis der Zorn vollendet ist» und «zur Zeit des Endes» ersichtlich (Verse 36.40).
Der «König» in den Versen 36-39 ist eine Persönlichkeit, die vom König des Südens und dem König des Nordens unterschieden wird. Es ist der im Neuen Testament beschriebene Antichrist – ein Jude, der sich aber über alles erhebt und sich selbst als Gott verehren lässt (vergleiche 2. Thessalonicher 2,3-10).
Neben dem Antichristen, dem inneren Feind Gottes und des treuen Überrests der Juden, reden die Verse 40-45 von den äusseren Feinden Israels. Vor allem wird der mächtige König des Nordens Israel angreifen, nachdem es bereits in seinem Land wohnen wird. Aber mitten in seinen Erfolgen wird er durch Gerüchte von Osten und Norden erschreckt und auf seiner Rückkehr von Ägypten im «Land der Zierde» direkt von Gott gerichtet werden. Eine ausführliche Beschreibung dieses Gerichts finden wir in Hesekiel 39,1-7.
Die Aussagen der Verse 36-45 zeigen deutlich, was das irdische Volk Gottes in der Zukunft zu erwarten hat. Das Volk der Juden hat den wahren Messias verworfen und gekreuzigt. In der Zukunft wird die Mehrzahl von ihnen den annehmen, der in seinem eigenen Namen kommen wird (Johannes 5,43).
Die Endzeit
Die in ihrer Schrecklichkeit und Schwere einmalige Zeit der Drangsal ist jene Periode, die dem Kommen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit unmittelbar vorausgeht. Sie wird dreieinhalb Jahre dauern. Aber mit ihrem Abschluss werden die Nöte der Juden und ihre Zerstreuung in alle Welt als Folge der züchtigenden Wege Gottes mit seinem irdischen Volk ihr Ende
finden.
Wieder wird der Engelfürst Michael erwähnt. Er steht in einer besonders engen Beziehung zum irdischen Volk Gottes. Welch eine Ermunterung für die dann lebenden gottesfürchtigen Juden, die den treuen Überrest bilden! Sie dürfen wissen, dass einer hinter der Szene steht, «der für die Kinder seines Volkes steht» (Offenbarung 12,7-17).
In Vers 2 wird das Bild der Auferstehung gebraucht, um den nationalen Wiederaufbau Israels als selbstständiges Volk zu beschreiben. Die Masse des Volkes wird aber im Unglauben verharren. Doch die wahrhaft gläubigen Juden werden leuchten und in der Drangsalszeit ein Zeugnis für Gott und Christus sein, dem viele folgen werden.
Daniel musste zu seiner Zeit die Prophetie versiegeln, während für uns Christen die Worte der Weissagung nicht mehr verschlossen sind (Offenbarung 22,10.16). Durch den Heiligen Geist haben wir das volle Licht der Prophetie, das uns in dieser dunklen Welt den Weg weist (2. Petrus 1,19). An uns aber liegt es, diese Teile der Bibel unter Gebet zu durchforschen, um Gottes Gedanken besser kennenzulernen.
Die Wiederherstellung Israels
Nun ist nochmals von dem in Leinen gekleideten Mann die Rede, den Daniel schon in Daniel 10,5 sah, und der auf den Herrn der Herrlichkeit hinweist. Ihm wird die Frage über die Länge des Zeitabschnitts des Endes gestellt. Die Antwort ist klar: Eine Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit, was dreieinhalb Jahren entspricht. Diese Zeitangabe findet sich in der Offenbarung wieder und gibt die Dauer der grossen Drangsalszeit an (Offenbarung 12,14.6). Nach ihrem Ablauf wird Gott mit seinem irdischen Volk zum Ziel gekommen sein.
Auf die Frage: «Was wird das Ende (oder der Ausgang) davon sein?», bekommt Daniel keine konkrete Antwort. Wir wissen, dass diese Gerichtszeit zur Herrlichkeit und zum Segen des Tausendjährigen Reiches führen wird. Daniels Aufgabe aber war, nur über die Gerichte zu weissagen. Darum wird ihm nichts über die Herrlichkeit der Herrschaft des Herrn Jesus offenbart und mitgeteilt. Aber eines darf er wissen: Er wird auferstehen und seinen Platz im himmlischen Teil jenes Reiches haben (Vers 13).
Die Zahlen 1290 und 1335 Tage gehen über die Zeit von dreieinhalb Jahren (1260 Tage) hinaus. Sie deuten vielleicht an, dass nach dem Gericht über den Antichristen (nach 1260 Tagen) noch eine gewisse Zeit verstreichen wird, bis ganz Israel gesammelt sein wird. Erst nach einer zusätzlichen Frist wird dem Volk Gottes der volle Segen des Tausendjährigen Reiches zuteil werden.
Vorbereitungen
Nun waren es nur noch wenige Tage bis zum Passahfest, an dem der Herr Jesus als das wahre Passahlamm am Kreuz sterben sollte.
Judas, der so lange in der Nähe des Heilands gelebt, aber nie wirklich an Ihn geglaubt hatte wie die anderen (Johannes 6,67-71), wurde nun zum Verräter seines Meisters. Was war das Motiv für diese niederträchtige Tat? Habsucht! Anmerkung: Weil Judas sein Herz gegenüber dem Herrn Jesus verschloss, es aber der Liebe zum Geld öffnete, war es für Satan leicht, ihn für seine Zwecke zu benutzen. Der Teufel fuhr aber erst beim Passahmahl wirklich in ihn (Johannes 13,27).
Obwohl der Herr wusste, was Ihm in Kürze bevorstand, blieb Er ruhig und voll Frieden. Er sandte zwei Jünger voraus, damit sie alles für das letzte Passah vorbereiteten. Noch einmal zeigt sich seine göttliche Majestät, obwohl Er der verworfene Erlöser war, der nichts besass. Die Jünger mussten jenem Hausherrn nur sagen: «Der Lehrer sagt dir: Wo ist das Gastzimmer, wo ich mit meinen Jüngern das Passah essen kann?»
Sicher hatte dieser Mann eine persönliche Beziehung zum Herrn Jesus. Er musste einer der Gottesfürchtigen in Jerusalem gewesen sein, die bereit waren, dem Herrn mit dem, was er hatte, zu dienen (vergleiche Lukas 8,3). So durfte er Dem ein Gastzimmer zur Verfügung stellen, der auf dieser Erde keinen Ruhort hatte, «wo er sein Haupt hinlegen konnte» (Lukas 9,58).
Jerusalem zur Zeit des Neuen Testaments
Passah und Brotbrechen
Nun war die Stunde des Passahmahls gekommen. Der Herr sprach wie jemand, der von seiner Familie Abschied nehmen wollte, bevor Er sie verliess. Welch eine Zuneigung kommt in seinen Worten zu seinen Jüngern zum Ausdruck! Vers 16 macht aber deutlich, dass mit diesem Passah die menschlichen Beziehungen zwischen Christus und seinem irdischen Volk endeten. Durch seine Leiden und sein Sterben erfüllte sich das, wovon das Passah ein Vorbild war. Mit dem Kelch des Passahs, aus dem Er selbst nicht trank, zeigte Er, dass sein Tag der Freude mit Israel noch in der Zukunft lag. Zuerst musste Er sterben und damit die Grundlage für eine neue Beziehung zu Israel legen.
In diesem Evangelium erkennt man klar den Unterschied zwischen dem Passah und dem Mahl des Herrn, das Er in den Versen 19 und 20 einsetzte. Es ist sein Gedächtnismahl, das uns jedes Mal an das erinnert, was unser Erlöser für uns getan hat. Ja, Er hat uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben (Epheser 5,2). Möchten wir Ihm eine Antwort auf seine grosse Liebe geben und seinem Wunsch nachkommen: «Dies tut zu meinem Gedächtnis.»
Was für ein Schmerz für Ihn, dass Er nun den Verräter blossstellen und dessen schreckliches Ende ankündigen musste! Wie sehr erschraken die Jünger! Ängstlich fragten sie sich, wer es wohl sei. Einer unter ihnen wusste es, doch er schwieg. Für ihn gab es kein Zurück mehr!
Ermahnungen und Warnungen
Der Meister war auf dem Weg zum Platz tiefster Erniedrigung: zum Kreuz. Wie beschwert muss sein Herz gewesen sein, wenn Er einerseits an den Verräter dachte und anderseits an all das Schwere, das Ihn erwartete. Und die Jünger? Sie stritten sich in diesen Augenblicken darüber, wer unter ihnen für den Grössten zu halten sei. Und wieder zeigt sich die Gnade des Herrn. Er dachte nicht an sich und seine Not, sondern versuchte sie von ihren törichten Gedanken abzubringen, indem Er ihnen zeigte, was wahre Grösse vor Gott ist. Dabei stellte Er sich selbst als leuchtendes Vorbild echter Demut vor.
Anstatt ihnen einen Vorwurf zu machen und ihre schreckliche Selbstsucht anzuprangern, versuchte Er sie in seiner Gnade zurechtzubringen. Er sagte ihnen: «Ihr aber seid es, die mit mir ausgeharrt haben.» Dafür verhiess Er ihnen einen besonderen Segen. Wie viel können wir von unserem Herrn lernen, wenn es darum geht, anderen in Gnade zu begegnen.
Aber dann hatte der Herr noch eine Warnung an Petrus. Er sollte aus Erfahrung lernen, dass das Fleisch nichts nützt. Wir haben in uns keine Kraft, ein gottesfürchtiges Leben zu führen und in den Versuchungen standhaft zu bleiben. Wenn wir dies nicht mit Gott lernen, müssen wir es im Verkehr mit dem Feind lernen.
Der Herr betete für Petrus, damit er im Glauben nicht Schiffbruch erlitt. Aber die bitteren Erfahrungen mit seiner eigenen Natur konnte Er ihm nicht ersparen. Denn Petrus war nicht bereit, sich warnen zu lassen. Zu sehr war er von seiner Liebe zum Herrn überzeugt.
Im Garten Gethsemane
Bis dahin hatte der Herr als Messias für die Seinen gesorgt. Nun zeigten sich völlig veränderte Umstände. Mit der Kreuzigung würde seine Verwerfung ihren Höhepunkt erreichen. Jetzt galt es, einem verworfenen und von der Erde abwesenden Herrn nachzufolgen. Dazu brauchte es Glauben. Doch die Jünger scheinen die Worte des Herrn nicht erfasst zu haben.
In Kapitel 4,13 lasen wir, dass der Teufel für eine Zeit vom Herrn wich. Hier im Garten Gethsemane, als Christus im Gebet vor seinem Vater war, tauchte der Widersacher wieder auf. Die ganze Schwere des Kelches des Zornes Gottes über die Sünde stand hier vor der Seele des Heilands. Da versuchte Satan Ihn in eine Angst zu treiben, in der Er unterliegen sollte. Und der Herr? Als der Heilige und Sündlose konnte Er niemals wünschen, zur Sünde gemacht zu werden. Wenn es aber keinen anderen Weg gab, als zum Sündenträger und für uns zur Sünde gemacht zu werden, dann war Er dazu bereit. In seinem Gehorsam und in seiner Hingabe an seinen Gott und Vater wollte Er nichts anderes als dessen Willen erfüllen.
Dieses Evangelium betont die Menschheit unseres Erlösers. Darum wird der Engel, der vom Himmel kam und Ihn stärkte, nur hier erwähnt. Wie schwer dieser Kampf war, den der Mensch Jesus Christus im Gebet ausfocht, zeigen auch die Worte: «Sein Schweiss wurde wie grosse Blutstropfen, die auf die Erde herabfielen.» Doch Er stand als Sieger auf, um den Weg nach Golgatha zu gehen.
Judas verrät seinen Meister
Zweimal hatte der Herr seine elf Jünger aufgefordert: «Betet, damit ihr nicht in Versuchung kommt.» Dadurch wären sie bereit gewesen, in der nun plötzlich eintretenden Prüfung standhaft zu bleiben.
Welch ein Gegensatz zwischen dem Herrn und seinem Jünger Petrus! Der Heiland war in ringendem Kampf vor Gott gewesen. Nun stand Er ruhig und gefasst vor den Menschen, die Ihn verhaften wollten. Die Jünger aber wurden unruhig und verwirrt. Ohne eine Antwort auf die Frage: «Sollen wir mit dem Schwert dreinschlagen?» abzuwarten, schlug Petrus den Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das rechte Ohr ab. Das war nutzloser, fleischlicher Eifer für seinen Herrn. Dieser aber heilte in seiner Gnade den Verwundeten.
Doch die Stunde seines Dienstes in Gnade und Liebe gegenüber seinem Volk war vorüber. Jetzt folgte eine andere Stunde. Es war die Stunde seiner Feinde, die Ihn tödlich hassten, und die Gewalt der Finsternis. Hinter den Menschen, die gegen Ihn gekommen waren, stand Satan.
Bevor die Menge Ihn festnahm, hatte der Herr noch ein Wort an ihre Herzen und Gewissen. War Er ein gefährlicher Räuber, dass sie mit einer solchen Bewaffnung gegen Ihn antraten? Täglich hatte Er vor ihren Augen im Tempel gelehrt und gewirkt. Ihn vor den Augen des Volkes gefangen zu nehmen, hatten sie sich nicht getraut. Anderseits hätten sie nicht Hand an Ihn legen können, bevor seine Stunde gekommen war (Johannes 7,30; 8,20).
Petrus verleugnet seinen Herrn
Nachdem der Herr Jesus als Verhafteter weggeführt worden war, galt es für Petrus ernst. Hatte er nicht erklärt: «Herr, mit dir bin ich bereit, auch ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.»? Er folgte seinem Herrn von weitem. Im Garten Gethsemane hatte er geschlafen statt gebetet. Jetzt versuchte er aus eigener Kraft, dem Herrn zu folgen und Ihm seine Liebe zu beweisen. Das musste schief gehen.
Im Hof des hohenpriesterlichen Hauses hatten sie ein Feuer angezündet, und Petrus setzte sich mitten unter die Feinde seines Meisters. Dann erfolgte der Angriff Satans. Zuerst erklärte die Magd, dann die beiden Diener, dass sie ihn als Anhänger des Nazareners erkannten. Derart in die Enge getrieben und wohl aus Angst um sein eigenes Leben verleugnete er seinen Herrn mit zunehmendem Nachdruck. Beim Krähen des Hahns wandte der Herr sich um und blickte Petrus an. Da wurde dem armen Jünger die ganze Schrecklichkeit seiner Sünde bewusst. Er war tief gefallen, wie Jesus es ihm vorausgesagt hatte. Mit Tränen bitterer Reue verliess er diesen gefährlichen Ort.
Sind wir besser als Petrus? Nein. Unser Fleisch ist genauso trügerisch wie das von Petrus. Deshalb müssen wir die Orte meiden, wo wir kein Zeugnis für unseren Heiland sein können (vergleiche Psalm 1,1). Sich am Kohlenfeuer der Welt zu wärmen, kann für jeden von uns gefährlich werden. Und vergessen wir nicht: Gott hat uns nicht versprochen, uns auf einem eigenwilligen Weg zu bewahren.
Jesus vor dem Synedrium
Die Führerschaft der Juden liess sich bis zum Morgen Zeit, um ihren Gefangenen vor die höchste jüdische Instanz, das Synedrium, zu führen. In der Zwischenzeit überliessen sie Ihn ihren Untergebenen, die Ihn nach ihrem Gutdünken verspotteten und verschmähten.
Der Herr Jesus wusste, dass seine Verurteilung beschlossene Sache war – noch bevor die Gerichtsverhandlung begann. Darum gab Er ihnen auf ihre Frage, ob Er der Christus sei, keine direkte Antwort. Hatte Er sich ihnen nicht genügend oft als Messias (Christus) vorgestellt? Doch sie hatten Ihn klar verworfen. Nun zeigte Er sich ihnen als Sohn des Menschen, dem der Ehrenplatz zur Rechten der Macht Gottes gehört. Aus seinen Worten zogen die Richter den Schluss: «Du bist also der Sohn Gottes?» Er bejahte es.
Vers 71 deckt die grosse Sünde jener verantwortlichen Führer auf. Im Unglauben lehnten sie Ihn als Den ab, der Er war. Sie meinten, genügend Grund zu haben, Ihn zu verurteilen. Für sie war Er ein Gotteslästerer. Welch eine Schuld luden sie auf sich, als sie Ihn wegen seines Bekenntnisses, der Christus, der Sohn des Menschen und der Sohn Gottes zu sein, zum Tod verurteilten!
Unzählige Male hatte Er ihnen die Wahrheit seiner Worte bewiesen. Zuletzt im Garten Gethsemane, wo Er das Ohr des Knechtes geheilt hatte. Doch ihre Herzen und Gewissen waren völlig verhärtet.
Jesus vor Pilatus und Herodes
Da die Juden unter römischer Besatzung lebten, war es ihnen nicht erlaubt, ein endgültiges Gerichtsurteil zu fällen. Darum führten sie Jesus zu Pilatus, dem römischen Statthalter und obersten Richter.
Die Juden formulierten ihre Anklage so, dass sie den Argwohn des Römers wecken musste. Sie sprachen von Verführung einer Nation, was zu einem Aufruhr im Römischen Reich hätte führen können. Sie unterschoben dem Herrn, was Er gerade nicht gesagt hatte: dem Kaiser keine Steuern zu zahlen. Das wäre offene Rebellion gegen die bestehende Ordnung gewesen. Schliesslich erwähnten sie, Er sei König. Das wäre ja eine Konkurrenz zum Kaiser gewesen. Doch Pilatus fand keine Schuld an diesem Menschen.
Als er hörte, dass Jesus aus Galiläa war, sandte er Ihn zu Herodes, der damals gerade in Jerusalem weilte. Dieser hätte Ihn schon seit langem gern gesehen. Doch der Herr Jesus hat nie die Neugier der Menschen befriedigt. Es ging Ihm immer um ihre Herzen und Gewissen.
Als Herodes sein Ziel nicht erreichte, überschüttete er den Gefangenen mit Hohn und Spott und sandte Ihn zu Pilatus zurück. Herodes und Pilatus, obwohl sonst neidisch aufeinander und in Feindschaft gegeneinander, wurden Freunde, als es darum ging, Christus zu verwerfen. Was ist das für eine trübe Freundschaft, die zwei Menschen in der Ablehnung und Verachtung des Sohnes Gottes verbindet! – Die treibende Kraft des bösen Willens aber lag bei den Juden. Sie waren überall mit ihren Anklagen zugegen (Verse 2.5.10).
Jesus wird zum Kreuzestod verurteilt
Nun lag der Fall wieder bei Pilatus. Als Richter versuchte er der Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen. Sein Urteil und das von Herodes lauteten übereinstimmend: schuldlos, nichts, das ein Todesurteil gerechtfertigt hätte. Um dem Volk ein Stück weit entgegenzukommen, wollte er den Angeklagten züchtigen – obwohl kein Grund dafür vorlag – und Ihn dann freilassen. Nun machte ihm eine bestehende Tradition, der er entsprechen musste, einen Strich durch die Rechnung: die Freilassung eines Gefangenen zum jüdischen Passahfest. Die ganze Menge forderte den Tod von Jesus Christus, aber die Freilassung des gefangenen Mörders und Aufrührers Barabbas.
Pilatus gab nicht so schnell auf. Ein zweites und ein drittes Mal versuchte er die Leute von der Unschuld Jesu zu überzeugen und von seinem Willen, Ihn freizulassen. Doch er hatte keine Chance. Hinter den schreienden Menschen stand Satan, der den Sohn Gottes zu beseitigen suchte.
Schliesslich gab der Richter nach. Er liess den Aufrührer und Mörder Barabbas frei und übergab Jesus dem Willen des Volkes. So machte sich der verantwortliche Richter, der gleichzeitig der Vertreter der Nationen darstellt, am Tod von Jesus Christus schuldig. Er hatte den Gerechten nicht beschützt und ein ungerechtes Urteil über Ihn ausgesprochen. Doch der Mensch ohne Gott hat in der Gegenwart des Bösen keine Kraft, das Gute zu tun. Das ist auch heute noch so.
Jesus wird gekreuzigt
Warum richtete der Herr so ernste Worte an die wehklagenden Frauen, die Ihn auf dem Weg zur Richtstätte begleiteten? Er sah, dass es natürliche Gefühle waren, kein echter Glaube an Ihn, die diese Frauen zu Tränen rührten. Er musste ihnen zeigen, dass man von Mitleid gerührt sein kann und doch unter das Gericht als Folge seiner Verwerfung und seines Todes fallen kann. Das grüne Holz war Er, der seine ganze Kraft für Gott einsetzte. Er wurde von den Menschen verworfen. Das dürre Holz stellt das ungläubige Volk dar, das ohne Leben und Frucht für Gott war und schliesslich von Ihm verworfen wurde.
Die Menschen kreuzigten den Herrn Jesus zwischen zwei Übeltätern, als ob Er der schlimmste gewesen wäre. Er aber bat für die, die Ihn so grausam behandelten. Gott erhörte diese Bitte seines Sohnes und gab dem Volk noch eine Gnadenfrist. In seiner Predigt in Apostelgeschichte 3 sagte Petrus zu den Juden: «Jetzt, Brüder, ich weiss, dass ihr in Unwissenheit gehandelt habt … So tut nun Buße und bekehrt euch.»
Ein Verbrecher wird gerettet
Kaum war der Heiland gekreuzigt, meinten seine Feinde, ihr Ziel sicher erreicht zu haben. Nun ergoss sich ihr Spott und ihre Verachtung über den «Mann der Schmerzen». Wie sehr haben sie mit ihren bösen Worten seine heilige Seele verletzt! Doch Er war der Christus, der Auserwählte Gottes und der König der Juden. Die ganze Welt konnte es lesen, auch wenn sie es nicht glaubten.
Nicht nur die Zuschauer verspotteten den Heiland, auch einer der gehängten Übeltäter lästerte Ihn. In jedem nicht erneuerten Herzen gibt es einen instinktiven Widerstand gegen Jesus Christus (Römer 3,10-12).
Der andere Verbrecher, der kurz zuvor selbst gespottet hatte (Markus 15,32), sah die Sache plötzlich ganz anders. Er erkannte sich und den in der Mitte Gekreuzigten im Licht Gottes. Er selbst hing zu Recht am Kreuz. Das war die Strafe für seine bösen Taten. Aber «Dieser» war sündlos. Das Einzige, was dieser gehängte Mann tun konnte, tat er: Er bekannte, dass Jesus Christus Herr ist, und glaubte im Herzen an Ihn (vergleiche Römer 10,9). Dann setzte er sein Vertrauen auf den Erlöser und empfing mehr, als er zu bitten wagte. Noch am gleichen Tag, wenn sowohl der Herr als auch er gestorben sein würden – nicht erst wenn Christus in Herrlichkeit wiederkommt –, durfte er mit Ihm vereint im Paradies sein.
Jesus stirbt
Lukas betont die Ergebnisse des Erlösungswerks. Das Werk selbst fand im Dunkeln statt. Aber dann leuchtete das Licht der Gnade durch die Finsternis. Der Vorhang zum Allerheiligsten riss mitten entzwei und der Weg zu Gott war offen. Alles war vollbracht. Darum übergab Jesus seinen Geist in die Hände des Vaters.
So etwas hatte dieser römische Hauptmann noch nie erlebt. Er verherrlichte Gott und anerkannte: «Wahrhaftig, dieser Mensch war gerecht!» Was dachten die Menschen, die sich an die Brust schlugen? Sie ahnten wohl nichts Gutes. Jene aber, deren Herz für den Herrn schlug, standen voll Furcht von fern.
Ein würdiges Begräbnis
Nach dem Tod seines Sohnes liess Gott nicht zu, dass irgendein Ungläubiger Hand an Ihn legte. Auch wenn die Feinde des Herrn sein Grab bei Gottlosen bestimmten, sorgte Gott dafür, dass Er in seinem Tod bei einem Reichen war (Jesaja 53,9). Dieser Reiche war Joseph von Arimathia, ein Ratsherr, der sich gegen die Verurteilung des Herrn Jesus eingesetzt hatte. Seine soziale Stellung erlaubte es ihm, bei Pilatus vorzusprechen und um den Leib Jesu zu bitten. Seiner Bitte wurde entsprochen. Und so konnte er den Erlöser würdig begraben, und zwar in einer Felsengruft, in der noch nie ein Toter gelegen hatte.
Das erfolgte am Freitagabend. Dann brach der Sabbat an. Die Frauen, die dem Herrn Jesus von Galiläa nachgefolgt waren (Lukas 8,2), und beim Kreuz von fern zugesehen hatten, nahmen an der Grablegung ihres Heilands teil. Sie sahen alles und wollten nach dem Sabbat zurückkommen, um seinen Leib zum Begräbnis zu salben. – Wo waren die Jünger? Wir finden sie weder beim Kreuz – ausser Johannes (Johannes 19,26) – noch bei der Grablegung. Aber welch eine Hingabe offenbaren diese Frauen!
Mit dem Tod des Herrn Jesus ging die Phase der Erprobung des Menschen durch Gott zu Ende. Der Mensch hatte sich als ein hoffnungslos verlorener Sünder erwiesen. Hoffnung gibt es für ihn nur aufgrund des Todes und der Auferstehung des Sohnes Gottes. Das Angebot der Gnade lautet nicht: «Tu dies oder das», sondern: «Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden.»
Der Herr Jesus ist auferstanden
Das Herz dieser Frauen brannte wirklich für ihren Herrn. Wie sehr Gott diese Hingabe wertschätzte, zeigt sich darin, dass Er die Namen dieser Frauen in seinem ewigen Wort festgehalten hat (Vers 10). Und so liefen sie, sobald der Sabbat vorbei war, ganz in der Frühe des ersten Tages der Woche, zur Gruft. Doch das Grab war leer! Ihre Verlegenheit in Vers 4 zeigt, dass sie sich in keiner Weise an die Worte Jesu erinnerten. Mehr als einmal hatte Er zu ihnen von seiner Kreuzigung und seiner Auferstehung gesprochen (Lukas 9,22.44; 18,32.33).
Zwei Engel als dienstbare Geister für die Glaubenden halfen ihnen weiter. Sie fragten: «Was sucht ihr den Lebendigen unter den Toten?» Er war auferstanden, gemäss dem Wort, das Er ihnen früher mitgeteilt hatte. Nun erinnerten sich die Frauen wieder daran.
Unverzüglich kehrten sie mit der Botschaft über seine Auferstehung zu den Elfen zurück. Doch sie lösten damit keine Freude aus. Die Reaktion der Jünger war: «Sie glaubten ihnen nicht.» Waren sie wirklich so träge im Begreifen?
Petrus wollte sich selbst vom Tatbestand überzeugen. Er fand es so, wie die Frauen gesagt hatten. Doch die Verwunderung blieb. Er kam in seinen Gedanken nicht weiter. Kurz darauf aber erschien ihm der Herr persönlich (Vers 34). Er liebte seinen Jünger trotz allem Vorgefallenen und wollte ihn wieder zurechtbringen.
Auf dem Weg nach Emmaus
Diese Geschichte gibt uns nochmals ein sehr schönes Bild von der Gnade des Herrn, wie sie sich besonders in diesem Evangelium zeigt. Zwei niedergeschlagene Jünger verlassen Jerusalem, den Ort des Segens, weil alle ihre Hoffnungen zerstört sind. Sie haben viel miteinander zu reden. Da nähert sich ein Unbekannter und fragt sie nach ihrem Gesprächsthema.
Nun bleiben sie stehen und beginnen zu erzählen. Und der Herr? Er hört zu, ohne die zwei zu unterbrechen. Ihre Worte zeigen, dass ihre Hoffnungen rein irdischer Natur waren. Es ging ihnen in erster Linie um ihr Volk, und erst in zweiter Linie um Ihn, den Erlöser. Ihre Worte offenbaren aber auch Unglauben. Obwohl Er ihnen seine Auferstehung vorausgesagt hatte, glaubten sie nicht recht daran.
Dann beginnt Er, der den beiden immer noch unbekannt ist, zu reden. Er kann ihnen einen Vorwurf des Unverstands, der Trägheit ihrer Herzen und des Unglaubens an die alttestamentlichen Prophezeiungen nicht ersparen. Aber dann – welch grosse Gnade – beginnt Er ihnen die Schriften zu öffnen. Und wer ist ein Lehrer wie Er? (Hiob 36,22). Er zeigte ihnen auch all jene Stellen, die von den Leiden des Christus reden, und erklärte ihnen, dass der Weg zur Herrlichkeit, auf die ihre ganze Hoffnung gerichtet war, durch Leiden führte. Das Kreuz war ein Muss auf dem Weg unseres Heilands. – Welch eine herrliche Stunde, als der Herr ihnen das Alte Testament erklärte und sie auf all die Stellen hinwies, die Ihn betrafen! Das war die beste Medizin für ihre beschwerten Herzen.
Die Augen werden aufgetan
Auch wenn die beiden Jünger zunächst stehen blieben, als der Unbekannte sich nach ihrem Problem erkundigte (Lukas 24,17), scheinen sie doch zusammen weitergegangen zu sein. Jedenfalls erreichten sie, während sie dem Fremden zuhörten, wie Er ihnen die Stellen über den Messias im Alten Testament erklärte, ihr Ziel. Als der Fremde weiterziehen wollte, nötigten sie Ihn, bei ihnen zu bleiben. Der Herr drängt sich niemand auf. Aber wenn wir Ihn einladen, in unser Herz, in unser Leben und in unser Haus einzukehren, wird Er bleiben. Aber beachten wir Vers 30. Wenn wir Ihn in unser Leben einladen, wird Er die Führung übernehmen. Und das ist gut so.
Bei der gemeinsamen Mahlzeit, als Er die Rolle des Hausherrn übernahm, erkannten sie Ihn am Brechen des Brotes. Vermutlich sahen sie dabei die Wundmale von den Nägeln des Kreuzes in seinen Händen. Dann verschwand Er vor ihnen. Nun begriffen sie, warum ihnen auf dem Weg das Herz warm geworden war, als sie mehr und mehr Verständnis über viele Stellen des Alten Testaments bekamen. Sofort machten sie sich auf den Weg nach Jerusalem zurück zu den anderen Jüngern. Oh, sie hatten ihnen ganz Wichtiges mitzuteilen. Bei den Elfen angekommen, hörten sie zuerst, was diese erlebt hatten: Der auferstandene Herr war seinem gefallenen Jünger Petrus persönlich erschienen. Bei jener höchst privaten Unterredung kam er innerlich wieder in Ordnung mit seinem Meister, den er verleugnet hatte. Dann aber erzählten die beiden Emmaus-Jünger ihre Erlebnisse. Welch eine Freude für alle!
Der Herr kommt in die Mitte der Seinen
Und dann trat Der, dessen Herzen alle bewegten, der das besondere Gesprächsthema der versammelten Jünger war, höchstpersönlich in ihre Mitte. Trotz seinem Friedensgruss erschraken sie. War Er es tatsächlich, oder war es nur ein Geist? Wie viel Geduld hatte der Herr mit den Seinen, auch nach seiner Auferstehung! Ja, bis heute erträgt Er uns, die wir oft so schwer von Begriff sind, mit grosser Geduld.
Er machte damals den Jüngern deutlich, dass Er leiblich auferstanden war. Er hatte wirklich einen Auferstehungsleib, der zwar nicht mehr an die Gesetze der ersten Schöpfung gebunden war. Doch indem Er vor ihnen ass, verdeutlichte Er seine Worte, sodass es allen klar sein sollte: Christus ist als Mensch auferstanden. Er lebt als Mensch.
Der Auftrag und die Himmelfahrt
Da Jesus Christus im Begriff stand, sie zu verlassen und in den Himmel zurückzukehren, sandte Er sie als seine Zeugen in die ganze Welt. Ihre Verkündigung sollte bei der Stadt beginnen, die Ihn gekreuzigt hatte. Welch eine Gnade! Dann aber sollten sie weitergehen zu allen Nationen. Das Evangelium ist eine frohe Botschaft für alle Menschen. Keiner ist da ausgeschlossen. Um diesen Dienst tun zu können, würde Er ihnen den Heiligen Geist, diese Kraft aus der Höhe, senden.
Dann verliess der Herr mit segnenden Händen die Erde. Bis heute hat Er sie noch nicht zurückgezogen. Im Himmel verwendet Er sich für die Seinen, die hier auf der Erde leben. Haben wir nicht wie die Jünger damals Grund, unseren Glaubensweg mit Freuden zu gehen?
David wird zum König gesalbt
Einleitung
Nachdem Gott Saul als König verworfen hatte, ging Samuel in seinem Auftrag nach Bethlehem und salbte dort David zum König. Doch es vergingen noch Jahre, bis David auf den Thron kam.
David besiegte den Riesen Goliath, was dem ganzen Volk zugute kam. Da wurde König Saul eifersüchtig auf David und wollte ihn töten. So musste David viele Jahre vor Saul fliehen.
David ging als Gläubiger durch Höhen und Tiefen. Manchmal handelte er im Vertrauen auf Gott, manchmal wählte er einen eigen Weg. Wie gut, dass Gott ihn immer wieder zurechtbrachte!
Saul offenbarte einen abgrundtiefen Hass gegen David. Er konnte zwar fromm reden, hatte aber keine Glaubensbeziehung zu Gott. Im Kampf gegen die Philister nahm er sich das Leben.
David wird zum König gesalbt
Samuel trauerte so lang um Saul, dass der Herr schliesslich eingreifen und den Propheten aufrütteln musste. Gott bleibt beim Versagen des Menschen nicht stehen, auch wenn es heisst, dass es Ihn reute, Saul zum König gemacht zu haben. Er gibt Samuel einen neuen Auftrag. Mit seinem Horn voll Öl (was von Bestand spricht) soll er einen der Söhne Isais zum König salben. In seiner Gnade kommt Gott dem ängstlichen Propheten und seinen Einwänden entgegen. Die Salbung des neuen Königs soll anlässlich eines Opferfestes erfolgen, sodass kein Verdacht auf Samuel fallen kann.
In Vers 7 wird uns mitgeteilt, was Samuel dachte, als er den Erstgeborenen Isais sah. Er hatte immer noch das äussere Bild Sauls vor Augen. Aber Gott beurteilt die Menschen nach anderen Kriterien als wir. Er sieht auf das Herz. Später sagte Petrus zum Römer Kornelius: «In Wahrheit begreife ich, dass Gott die Person nicht ansieht, sondern dass in jeder Nation, wer ihn fürchtet und Gerechtigkeit wirkt (d. h. gläubig ist), ihm angenehm ist» (Apostelgeschichte 10,34.35).
Sieben Söhne Isais kamen vor Samuel, aber keinen von ihnen hatte der Herr erwählt. David, den jüngsten, hatte man gar nicht zum Opferfest geholt. Er war mit den Schafen und Ziegen noch auf der Weide. Aber gerade ihn hatte Gott ausersehen. Er war der Mann nach seinem Herzen. – Wir finden bei David viele Hinweise auf den Herrn Jesus, z. B. als den Hirten, als den Gesalbten des Herrn, aber auch als den, auf den der Geist Gottes kam und blieb (Johannes 1,33).
David hält sich am Königshof auf
Zur Zeit, als der Geist des Herrn über David kam, wich Er von Saul. Das war die Folge der Verwerfung durch Gott (1. Samuel 15,23). Was aber noch schlimmer war, finden wir im zweiten Teil von Vers 14: «Ein böser Geist von dem Herrn ängstigte ihn.» Die Beamten des Königs hatten Mitleid mit ihm und suchten einen Weg, um ihm Erleichterung zu verschaffen.
Durch Gottes Vorsehung kam der frisch gesalbte König in die Nähe des amtierenden Königs, den Gott aber verworfen hatte. David musste damals noch sehr jung gewesen sein. Und doch hatte er ein aussergewöhnlich schönes Zeugnis von den Menschen (Vers 18). Das Wichtigste aber war, dass es von ihm heisst: «Der Herr ist mit ihm.» Auch darin glich er unserem Herrn Jesus (Apostelgeschichte 10,38).
David kam zum König und wurde am Königshof behalten. Seine Bemühung, dem geängstigten König mit Lautenspiel zu helfen, zeigte Wirkung. «Saul fand Erleichterung», aber keine Heilung. Dazu hätte sein Gewissen in Übung kommen, und er hätte Buße tun müssen.
Gleicht er nicht manchen Leuten, die heute in der Bibel Trost suchen und durch manche Ermunterung des Wortes Gottes auch eine momentane Erleichterung erfahren? Aber sie sind nicht bereit, sich ins Licht Gottes zu stellen, sein Urteil über sich zu akzeptieren und an den Erlöser zu glauben. Daher finden sie keinen bleibenden inneren Frieden.
Goliath verhöhnt Israel
Bereits in Kapitel 14,52 haben wir gelesen, dass der Kampf gegen die Philister heftig war und während der ganzen Regierungszeit Sauls andauerte. So kam es zu Beginn unseres Kapitels zu einem erneuten militärischen Konflikt, und zwar im Stammesgebiet von Juda. Die zwei Heere standen sich auf zwei benachbarten Bergen gegenüber. Dazwischen lag das Tal.
Dieses Mal sollte die Entscheidung nicht in einer Schlacht der beiden Heere fallen, sondern in einem Zweikampf. Die Philister stellten den Riesen Goliath als ihren Mann. Nun sollten die Israeliten auch einen bestimmen, der den Zweikampf mit Goliath aufnahm. Der Ausgang des Kampfes sollte über das Los der beiden Völker entscheiden. Die Verhöhnung der Soldaten Sauls zeigt, wie siegessicher Goliath sich fühlte. Es ist offensichtlich, dass weder Saul noch irgendeiner seiner Soldaten es mit diesem Riesen aufnehmen konnten. Die Hilfe musste von Gottes Seite kommen, der durch die Verhöhnung des Heeres Israels ebenfalls verhöhnt wurde, denn es ging um sein Volk.
Beim Lesen der Beschreibung Goliaths und seiner Bewaffnung denken wir an die Macht Satans. Er ist der Widersacher Gottes und der Feind der Menschen. Seitdem Adam und Eva auf seine Verführung gehört haben und in Sünde gefallen sind, übt Satan seine Macht über die Menschen aus. Durch die Macht des Todes hält er sie in Furcht und Knechtschaft (Vers 11; Hebräer 2,14.15).
David kommt ins Heerlager
Durch den Ausbruch des Krieges wurde der Lautenspieler des Königs nicht mehr am Hof gebraucht. So kehrte David nach Hause zurück und hütete aufs Neue die Schafe seines Vaters. Seine drei ältesten Brüder aber waren mit Saul in den Kampf gezogen. Sie erlebten Tag für Tag die Verhöhnung durch Goliath. Wie sehr musste die Moral der Truppe darunter gelitten haben.
Nun sandte Isai seinen jüngsten Sohn ins Terebinthental, um Nachricht von seinen Söhnen zu bekommen. Wir werden unwillkürlich an den Herrn Jesus, den Sohn Gottes, erinnert, der vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen war (Johannes 16,28).
David war ein Hirte, dem die Herde am Herzen lag. Es wird ausdrücklich gesagt, dass er sie einem Hüter überliess. Als er zum Heerlager kam, wurde der junge, gottesfürchtige Hirte Zeuge eines Auftritts von Goliath. Was er zu hören bekam, rief seinen Unwillen hervor. Entrüstet fragte er: «Wer ist dieser Philister, dieser Unbeschnittene, dass er die Schlachtreihen des lebendigen Gottes verhöhnt?» Die Belohnung, die König Saul dem versprach, der es mit Goliath aufnehmen würde, beeindruckte ihn nicht. Und von seinem ältesten Bruder liess er sich nicht einschüchtern. Es ging ihm nur um die Ehre Gottes, die derart in den Schmutz gezogen wurde. Darum konnte er nicht schweigen.
David ist hier ein schwaches Vorausbild auf den Herrn Jesus, der in Psalm 69,10 prophetisch zu Gott sagte: «Die Schmähungen derer, die dich schmähen, sind auf mich gefallen.»
David will gegen Goliath kämpfen
Die mutigen Worte Davids kamen auch Saul zu Ohren. So musste der junge Mann vor den König kommen, der ihn vermutlich nicht mehr erkannte. Mutig und voll Gottvertrauen sagte David: «Dein Knecht will gehen und mit diesem Philister kämpfen.» Die menschlich weise Antwort Sauls vermochte David nicht abzuhalten, denn «das Törichte Gottes ist weiser als die Menschen» (1. Korinther 1,25). Er berichtete von früher gemachten Erfahrungen mit seinem Gott und vertraute, dass Er ihm auch jetzt helfen und ihn aus der Hand Goliaths erretten werde.
Nun war der König bereit, ihn in den Kampf ziehen zu lassen. Aber wenigstens seine eigene Rüstung wollte er ihm mitgeben. Doch David zog sie wieder aus. Er sagte: «Ich kann nicht darin gehen, denn ich habe es nie versucht.» Seine Waffe bestand aus fünf glatten Steinen und seiner Schleuder.
Wir finden in diesen Versen drei Arten von Waffenrüstungen. Die erste ist die Ausrüstung Goliaths. Sie ist ein Bild von der Macht Satans. Die zweite Waffenrüstung ist die von Saul. Sie symbolisiert die Bemühungen der alten Natur. Alles, was wir aus eigener Kraft und Weisheit tun wollen, gehört zu dieser Waffenrüstung.
Die Bewaffnung Davids schliesslich spricht von den Hilfsquellen des Glaubens. Dazu gehört das geschriebene Wort Gottes, das in Epheser 6,17 als das Schwert des Geistes bezeichnet wird. Es ist das einzige, mit dem wir Satan siegreich widerstehen können (Jakobus 4,7; 1. Petrus 5,9).
David geht dem Riesen entgegen
Nun gingen die zwei ungleichen Kämpfer aufeinander zu. Goliath hatte noch den Schildträger bei sich. Und David? Er trat dem Riesen auch nicht allein, sondern mit Gott entgegen (Verse 37.45). Der Philister hatte nur tiefe Verachtung und Flüche für den jungen Mann übrig. David aber schwieg zunächst. Doch dann gab er eine Antwort, die von Gottvertrauen zeugte.
Die Worte der beiden Gegner offenbaren ihren Herzenszustand. Während der eine nur Spott und Verachtung äusserte und sich sogar beleidigt zeigte, dass David ihm in dieser Aufmachung entgegentrat, liess sich der andere weder vom Riesen und seiner Bewaffnung noch von seinen Worten beeindrucken. Wir bewundern die Ruhe und Zuversicht, die David ausstrahlte. Sie waren das Ergebnis einer bewusst gelebten Gemeinschaft mit seinem Gott. Als Folge davon war er überzeugt, dass Gott ihm an diesem Tag den Sieg schenken würde.
In Vers 45 spricht David als Vertreter des einzig wahren Gottes. Er handelte sozusagen in seinem Auftrag und kämpfte für die Ehre des Herrn. Darum suchte er nichts für sich. Die Ehre gehörte nur Gott: «Die ganze Erde soll erkennen, dass Israel einen Gott hat …, denn des Herrn ist der Kampf.»
Nun zeigte sich, wie wahr die Worte der Knechte Sauls waren: «Er ist ein tapferer Held und ein Kriegsmann» (1. Samuel 16,18). Aber David focht nicht für sich, sondern er «kämpfte die Kriege des Herrn» (1. Samuel 25,28).
David besiegt Goliath
Wie sich die beiden Gegner näher kamen, liess David dem Philister gar keine Zeit, die Initiative zu ergreifen. Er eilte dem Riesen entgegen, lud einen Stein in die Schleuder und schleuderte mit hoher Treffsicherheit. Der Stein traf den Philister an seiner Stirn, und zwar derart hart, dass er in seine Stirn drang.
In Vers 50 lesen wir Gottes Kommentar über diesen kurzen, aber entscheidenden Kampf: «So war David mit der Schleuder und mit dem Stein stärker als der Philister, und er schlug den Philister und tötete ihn.» – Die endgültige Niederlage Goliaths besiegelte David damit, dass er ihn mit dessen eigenem Schwert enthauptete. Darin weist er auf einen Grösseren hin – auf unseren Erlöser, von dem es in Hebräer 2,14 heisst, dass «er durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel». Diesen Sieg errang unser Heiland am Kreuz.
Nun flohen die Philister, was ein Bild der Niederlage der Welt ist. Unser Herr hat am Kreuz nicht nur den Tod und den Teufel besiegt, sondern auch die Welt überwunden. – Interessant ist die Erwähnung von Jerusalem in Vers 54, das damals noch gar nicht Hauptstadt von Israel war. Das wurde diese Stadt erst unter König David (2. Samuel 5,6-9).
Weder König Saul noch sein Oberbefehlshaber Abner kannten David. Er musste sich als Lautenspieler am Hof sehr diskret verhalten haben. Zudem hatten diese Führer in Israel keine wirkliche Beziehung zum Sieger. Es gab auch nie eine. Weder Saul noch Abner teilten den Glauben Davids.
Buchtipp: David und sein Leben im Glauben
Jonathan liebt und verehrt David
Während Saul und Abner durch ihre Unwissenheit zeigten, dass sie keine Beziehung zu David hatten – ihnen fehlte sein Glaube –, verband sich die Seele des Kronprinzen Jonathan mit der Seele Davids. Zwischen ihnen gab es eine «Verwandtschaft»: So wie David bei der Begegnung mit Goliath Mut und Gottvertrauen bewiesen hat, so hatten Jonathan und sein Waffenträger in Kapitel 14 Mut und Gottvertrauen gezeigt, als sie zu zweit die Philister angriffen. Auch ihnen schenkte Gott einen Sieg.
Jonathan bewies David seine Freundesliebe, indem er ihm sein Oberkleid, seinen Waffenrock, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel schenkte. So dürfen wir als Glaubende unserem Erlöser und Herrn alles, was wir haben und sind, zur Verfügung stellen und Ihm damit ein wenig unsere Liebe und Dankbarkeit zeigen. Durch sein Verhalten gewann David auch die Anerkennung der Knechte Sauls. Später heisst es sogar: «Ganz Israel und Juda hatten David lieb» (Vers 16).
Und die Reaktion Sauls? Die Frauen empfingen die zurückkehrenden Sieger singend mit den Worten: «Saul hat seine Tausende erschlagen und David seine Zehntausende.» Darüber ergrimmte der König sehr, obwohl die Aussage stimmte. Neid machte sich im Herzen Sauls breit, der später zu tödlichem Hass wurde (Vers 11). Der Mann, den er in Vers 2 bei sich behalten wollte und in Vers 5 beförderte, wurde plötzlich zu seinem Gegenspieler. Erinnerte er sich vielleicht an die Worte Samuels in Kapitel 15,28? War David dieser Nächste, der besser war als er?
Saul wirft den Speer gegen David
Durch den Neid, den Saul in seinem Herzen aufkommen liess, öffnete er sich dem bösen Geist von Gott erst recht. So verwundert es uns nicht, dass er am Tag nach der triumphalen Rückkehr eine ganz schlimme Zeit hatte. Anstatt dass das Lautenspiel Davids ihm Erleichterung brachte, wuchs der innere Widerstand gegen ihn, sodass er in seinem Hass den Speer nach ihm warf. Zweimal konnte David dem Tod ausweichen. Er durfte erfahren, dass der Herr auch jetzt mit ihm war.
Von Saul aber heisst es, dass er sich vor David fürchtete und sich vor ihm scheute. Er merkte, dass er es mit dem, zu dem der Herr sich offenkundig bekannte, nicht aufnehmen konnte. Also entfernte er ihn aus seiner Gegenwart. Er gab ihm einen Posten in der Armee. Das war der Beginn der Verfolgung Davids durch Saul. Wie viel Schweres lag noch vor dem Mann, der Goliath besiegt und den Gott zum König über sein Volk bestimmt hatte!
Ging es unserem Herrn anders? In seinem ganzen Leben hat Er den Widerspruch vonseiten der Sünder erduldet, der darin endete, dass man Ihn kreuzigte. Aber gerade am Kreuz hat unser Heiland einen Sieg errungen, der unvergleichlich grösser und weitreichender ist als der Sieg Davids über Goliath.
Der vom König gehasste und abgeschobene Mann gewann immer mehr das Herz seiner Landsleute. So wurde die Grundlage für seine spätere Annahme als König gelegt (Vers 16; 2. Samuel 5,2).
David heiratet Michal
Saul gab den Gedanken, David endgültig zu beseitigen, nicht auf. Wenn es ihm nicht gelang, seinen Gegenspieler an die Wand zu spiessen, gab es vielleicht die Möglichkeit, dass er im Kampf mit den Feinden Israels fiel. Indem Saul ihm seine Tochter Merab versprach, wollte er David zu diesen lebensgefährlichen Unternehmungen animieren. Doch der Plan Sauls misslang.
Michal, die andere Tochter Sauls, liebte David wirklich. Doch es war nur eine natürliche Liebe, mehr nicht. Im Herzen Michals wohnte leider nicht der Glaube, der das Herz und das Leben Davids bestimmte.
Saul aber benutzte die Liebe zwischen seiner Tochter und David, um einen weiteren Versuch zu machen, diesen Mann durch die Hand der Philister zu töten. David tat mehr, als was Saul verlangte – und blieb am Leben! Nun musste der König sein Wort halten und David seine Tochter Michal zur Frau geben. Es wurde keine glückliche Ehe, obwohl es zweimal heisst, dass Michal David liebte. Michal und David trafen sich nur auf menschlicher Ebene. Weil Michal ungläubig blieb, gab es geistlich keine Beziehung zwischen den beiden (2. Samuel 6,16.20-23).
Nun war der Bruch zwischen Saul und David besiegelt. «Saul war Davids Feind alle Tage.» Aber der Herr bekannte sich zu dem vom König Gehassten und Verachteten. Er gab ihm besonderes Gelingen in seinen militärischen Aktionen. «David hatte mehr Gelingen als alle Knechte Sauls, und sein Name wurde sehr geachtet.»
Saul will David töten
Nun informiert Saul die Menschen, die ihm am nächsten stehen, über seinen Plan, David zu töten. Er macht seinen Hass gegen den Sohn Isais publik. Aber diese Verschärfung der Lage Davids bringt die Echtheit der Freundschaft Jonathans ans Licht. Er erweist sich als ein Freund, «der zu aller Zeit liebt und der als Bruder für die Bedrängnis geboren wird» (Sprüche 17,17). Einerseits warnt er seinen Freund und anderseits versucht er, seinen Vater umzustimmen. Wie geht er vor?
Er stellt ihm seine böse Absicht als Sünde vor. Dann spricht er von der Nützlichkeit der Taten Davids und versucht, sein Herz zu erreichen, indem er ihn daran erinnert, wie er sich über diesen Mann und seine Heldentat gefreut hat. Zuletzt appelliert er an das Gewissen seines Vaters.
Wie reagiert Saul? Er hört auf Jonathan und beteuert mit einem Schwur, dass er David nicht töten wolle. Doch wo bleibt die Buße, die Einsicht und das Bekenntnis, dass er David gegenüber falsch gehandelt hat? Sein Gewissen ist wohl berührt, aber an seiner Haltung ändert sich nichts. Das ist die Tragik im Leben Sauls: Es kam bei ihm nie zu einer echten Umkehr.
Wohl bringt Jonathan seinen Freund wieder zu Saul, aber die Lage ist nur äusserlich wieder wie früher. Ohne aufrichtige Buße bleibt die Wurzel des Hasses gegen David im Herzen Sauls bestehen – um früher oder später wieder hervorzubrechen.
David muss fliehen
Wie lange diese äusserlich entspannte Lage gedauert hat, wissen wir nicht. Doch es kam der Moment, da der böse Geist vom Herrn erneut über Saul kam. David versuchte ihm durch das Lautenspiel Linderung zu verschaffen. Doch Saul warf erneut den Speer gegen David, der nur durch eine schnelle Reaktion der todbringenden Waffe ausweichen und dann fliehen konnte.
Wir denken an unseren Herrn, der oft Hass für seine Liebe erntete (Psalm 109,4.5). Denken wir nur an das, was Er in der Synagoge von Nazareth erlebte! Obwohl die Menschen sich über seine Worte der Gnade verwunderten, wurden sie so wütend auf Ihn, dass sie Ihn umbringen wollten (Lukas 4,22.28.29).
Michal, die Frau Davids, erkannte den Ernst der Lage und riet ihm, sofort zu fliehen. Ein menschlich weiser Rat, der sicher ihrer natürlichen Liebe zu David entsprang! Aber als ungläubige Frau wusste sie nichts von Gottvertrauen. Aus der Erzählung, wie sie ihren Mann vor dem Zugriff ihres Vaters geschützt hat – durch eine raffinierte List, verbunden mit Lüge –, erfahren wir, dass sie sogar einen Hausgötzen besass. Wie traurig: Im Haus des gottesfürchtigen David gab es einen Teraphim!
Als Michal von ihrem Vater zur Rede gestellt wurde, redete sie sich mit einer Notlüge heraus. Aber denken wir daran: In den Augen Gottes ist auch eine sogenannte Notlüge eine Lüge und damit eine Sünde, die Er verabscheut.
David bei Samuel
Wohin sollte David fliehen? Er suchte den Propheten Samuel auf. Ein junger gläubiger Mann, der in Not war, suchte den Rat und die Hilfe eines alten, erfahrenen Mannes Gottes! Welch ein nachahmenswertes Beispiel! Für eine Zeit konnte der Flüchtling bei Samuel bleiben.
Sobald jedoch Saul erfuhr, wo David sich aufhielt, versuchte er, ihn zu verhaften. Dazu schickte er Boten – vermutlich Soldaten – nach Najot bei Rama. Es scheint, dass David und Samuel nichts von den bösen Plänen Sauls wussten. Sie befanden sich also in einer lebensgefährlichen Lage.
Nun zeigte sich, was für einen wunderbaren Gott die Seinen haben. Er ist der Allmächtige, dem alles zu Gebote steht. Nie kommt Er in Verlegenheit. In diesem Fall benutzte Er die Macht seines Geistes, um seinen Knecht David vor dem Zugriff Sauls zu schützen.
Sobald die Abgesandten Sauls in die Nähe der Versammlung der Propheten in Najot kamen, wurden sie so vom Heiligen Geist erfasst, dass sie weissagen mussten und den Auftrag des Königs nicht ausführen konnten. Saul machte drei Versuche, um David habhaft zu werden. Alle misslangen. Schliesslich macht er sich selbst auf den Weg, um die Sache persönlich in die Hand zu nehmen. Doch auch er musste sich der Macht des Geistes beugen. Diese zeitweilige Beherrschung durch den Geist änderte das Herz Sauls aber nicht. Er blieb der gottlose Mann, wie die Menschen ihn kannten (vergleiche Vers 24 mit Kapitel 10,12).
David und Jonathan treffen sich
Durch das mächtige Eingreifen Gottes zum Schutz von David bekam dieser die Möglichkeit, von Najot zu fliehen und so der Verhaftung durch Saul zu entgehen. In seiner Not und Bedrängnis suchte er Jonathan, seinen Freund, aufs Neue auf. Aus dem Gespräch, das die beiden miteinander hatten, erkennt man, dass David einen wesentlich klareren Blick für den Ernst der Lage hatte als Jonathan. Die enge Verbindung zu seinem ungläubigen Vater trübte sein Unterscheidungsvermögen. Auch unser geistliches Urteilsvermögen wird in dem Mass getrübt werden, wie wir uns unnötigerweise mit der Welt verbinden.
Die Worte Davids zeigen, wie gross die Angst seines Herzens war. Er sah tatsächlich den Tod vor sich. Aber die Angst ist kein guter Ratgeber. Sie vertuscht die Wahrheit mit einer Notlüge (Vers 6). Sie fängt an, die Liebe des Freundes in Frage zu stellen (Vers 8). Sie sorgt sich darüber, wie sie die nötigen Nachrichten erhalten kann (Vers 10).
Auch wenn David als ein Verfolgter ein Vorausbild auf unseren Herrn ist, der von den Führern der Juden gehasst und verfolgt wurde, so ist dieses Bild doch mangelhaft. Nie hat unser Herr sich durch eine Unwahrheit aus einer gefährlichen Situation herausgeredet. Als man Ihn fragte: «Wer bist du?», antwortete Er: «Durchaus das, was ich auch zu euch rede.» Seine Worte stellten Ihn als Den dar, der Er war: die Wahrheit. Und in Psalm 17,3 sagt Er prophetisch: «Mein Gedanke geht nicht weiter als mein Mund.»
Jonathan will David helfen
Um vor irgendwelchen ungebetenen Lauschern geschützt zu sein, setzten die beiden Freunde ihr Gespräch auf dem Feld draussen fort. Es scheint, dass nun auch Jonathan wusste, wie ernst die Sache stand.
In einer gewissen Vorahnung dessen, was über Saul und seine Familie kommen würde, schloss Jonathan einen neuen Bund mit David. Gegenüber dem ersten (1. Samuel 18,3) ging dieser weiter und umfasste auch die Nachkommen der beiden Freunde. Die spätere Geschichte zeigt, dass David sich an diesen Bund gehalten hat. Wie viel Güte und Gnade erwies er später Mephiboseth, dem körperlich behinderten Sohn Jonathans! Er bekam einen festen Platz an der königlichen Tafel (2. Samuel 9).
Die Freundesliebe zwischen Jonathan und David war tief. Aber Jonathan erkannte nie, dass mehr nötig gewesen wäre, als seine Liebe zu beteuern. Er hätte die Verwerfung und das Leben als Flüchtling mit David teilen sollen. Doch er blieb bei seinem Vater und kam schliesslich mit ihm ums Leben (1. Samuel 31,2.6).
Nach dem Gespräch schlug Jonathan seinem Freund ein Zeichen vor, mit dem er ihn, der sich versteckt halten sollte, über die Lage am Hof benachrichtigen konnte. Das Schiessen der Pfeile zu Übungszwecken konnte keinen Verdacht erregen. Niemand würde dahinter etwas Besonderes vermuten.
Wie die Lage auch ausgehen würde, sie wollten sich an die Abmachungen halten. Das war ihr Ernst vor Gott, der alles beurteilt.
Jonathan setzt sich für David ein
Das Bankett am Königshof anlässlich des Neumondes fand ohne David statt. Als sein Platz leer blieb, dachte Saul: «Er ist nicht rein.» Aber waren sein Herz und seine Gedanken rein? Die Haltung Sauls lässt uns an die Juden denken, die den Tod von Jesus forderten und damit sein Blut auf sich nehmen wollten, aber nicht ins Prätorium hineingingen, um sich nicht zu verunreinigen (Johannes 18,28). Welch eine Heuchelei!
Als David am zweiten Tag immer noch nicht erschien, fragte Saul seinen Sohn Jonathan über den Verbleib des Sohnes Isais. Auf die Antwort Jonathans reagierte Saul mit schrecklichen Schimpfwörtern gegen ihn und seine Mutter. Schliesslich warf er den Speer nach ihm, wie er ihn wiederholt gegen David geschleudert hatte.
Jonathan übernahm die Verantwortung für seinen Freund und versuchte, seinen Vater vom geplanten Mord abzuhalten, indem er fragte: «Warum soll er getötet werden? Was hat er getan?» Er musste einsehen, dass sein Bemühen nichts nützte. Zutiefst verletzt – nicht persönlich, sondern wegen den Schmähworten seines Vaters über seinen Freund – stand er auf und verliess die königliche Tafel. Die Haltung Jonathans erinnert an Nikodemus und Joseph von Arimathia, die sich gegenüber den Feinden des Herrn für Ihn einsetzten – auch ohne Erfolg (Johannes 7,50; Lukas 23,51).
So wie Saul den Speer sowohl gegen David als auch gegen Jonathan warf, so richtet sich der Hass Satans und der Welt sowohl gegen Christus als auch gegen die Christen (Johannes 15,18-20).
David nimmt Abschied von Jonathan
Am nächsten Morgen ging Jonathan aufs Feld hinaus, um mit dem verabredeten Zeichen David über den Stand der Dinge zu informieren. Entsprechend der Abmachung schoss er den Pfeil über den Knaben hinaus. Als David Jonathan sagen hörte: «Der Pfeil ist ja jenseits von dir!», wusste er, dass sein Schicksal vonseiten Sauls besiegelt war.
Nachdem Jonathan den Knaben mit den Waffen in die Stadt zurückgesandt hatte, konnten sich die Freunde ungestört treffen und aussprechen. Die Trauer war gross. Wir verstehen die übermässige Not Davids. Wie würde sein Leben nach der eindeutigen Todesdrohung des Königs weiter verlaufen?
Interessanterweise bat David seinen Freund nicht, mit ihm zu gehen. Das Neue Testament lehrt uns, dass Jüngerschaft und Nachfolge des Herrn Jesus nichts Erzwungenes sind (Lukas 9,57-62). Der Herr Jesus wünscht, dass wir Ihm nachfolgen, aber Er zwingt uns nicht dazu. Jonathan zeigt gewisse Ähnlichkeit mit dem reichen Jüngling, der den Herrn Jesus betrübt verliess, weil er nicht bereit war, Ihm kompromisslos nachzufolgen (Markus 10,21.22).
David beim Priester Ahimelech
Als David ins Unbekannte fortzog, kehrte Jonathan in die Stadt zurück. Ihm fehlte die Glaubenskraft, um sein Leben mit dem Verworfenen zu teilen. Oder dachte er, auf dem Weg des Kompromisses zum Ziel zu kommen: dass David König würde und er der Zweite nach ihm sein konnte? (1. Samuel 23,17).
Nun musste David lernen, als mittelloser Flüchtling zu leben. Das war kein einfacher Weg. Der Erste, bei dem er Hilfe suchte, war der Priester Ahimelech. Um seine Lage nicht zu verraten, nahm er es wieder nicht genau mit der Wahrheit. Wir wollen David nicht verurteilen, denn wohl keiner von uns befindet sich in einer derart gefährlichen Lage. Doch wir wollen aus dieser göttlichen Mitteilung lernen, es mit der Wahrheit genau zu nehmen und wirklich in die Fussstapfen unseres Herrn zu treten, in dessen Mund kein Trug gefunden wurde (1. Petrus 2,21-23).
Der Priester gab David schliesslich die Schaubrote, die eigentlich für die Priester bestimmt waren, und das Schwert Goliaths. Sowohl das Brot als auch das Schwert sind ein Bild des Wortes Gottes. Nun war David für den Augenblick gut versorgt.
Als der Herr Jesus als Mensch hier lebte und von den Führern der Juden immer wieder angegriffen wurde, zitierte er einmal diese Begebenheit aus dem Leben Davids (Lukas 6,1-5). Er zeigte damit seinen Gegnern, wie paradox es war, die Sabbatgebote (und andere) peinlich genau einzuhalten und gleichzeitig den Herrn des Sabbats, den Gesetzgeber, zu verwerfen. Die Zeit Jesu in den Evangelien glich der Lage, in der sich David damals befand: Der König nach den Gedanken Gottes wurde nicht anerkannt, sondern mit tödlichem Hass verfolgt.
David bei Achis in Gat
Am Schluss des gestrigen Abschnitts haben wir gelesen, dass der nächste Ort, wohin David vor Saul floh, das Land der Philister war. Er kam zu Achis, dem König von Gat. Das war keine Glaubenstat, sondern eine Reaktion seines Kleinglaubens. Die Flucht in das Land der Feinde brachte ihn in grosse innere und äussere Nöte.
David hoffte, wie später Petrus, von der Welt unentdeckt zu bleiben. Es gelang beiden nicht. Als die Philister David erkannten, erinnerten sie sich sofort an seinen Sieg über Goliath. Nun war er auch in Gat seines Lebens nicht mehr sicher. Aus Angst vor dem Tod verstellte er seinen Verstand und benahm sich wie ein Wahnsinniger. Und Petrus? Um sein Leben zu retten, verleugnete er seinen Herrn und Meister (Johannes 18,15-18).
Was für Ängste und Nöte David in jener Zeit durchmachte, beschreibt er in den Psalmen 34 und 56, die er damals gedichtet hat. Vor allem Psalm 34 zeigt zudem, wie David in seiner Notsituation innerlich wieder zurechtgekommen ist und die Rettung des Herrn erfahren durfte. Er konnte Gat unbeschadet verlassen. Wie gross ist doch die Gnade und Barmherzigkeit unseres Herrn! Er stellte auch seinen Jünger Petrus ganz wieder her. Einem David anvertraute Gott später sein Volk. Er sollte es weiden wie ein Hirt (Psalm 78,70.71). Und dem Apostel Petrus anvertraute der Herr seine Schafe und seine Lämmer (Johannes 21,15-17).
David in der Höhle Adullam
Nach der Rückkehr ins Land Israel durfte David die Ermunterung durch seine Familie erfahren. Alle, auch seine Brüder, die ihm früher unfreundlich begegneten, kamen zu ihm. Sowohl Neid als auch Verachtung waren verschwunden. Durch ihr Kommen zeigte die Familie, dass sie verstand, dass David zu Unrecht von Saul verfolgt wurde. Besorgt um seine vermutlich alten Eltern suchte er in Moab einen sicheren Aufenthaltsort für sie. In der Zukunft wird der treue Überrest ebenfalls in Moab Unterschlupf finden (Vers 3; Jesaja 16,4).
David in der Höhle Adullam ist ein schönes Vorausbild auf unseren Herrn, der, obwohl von seinem Volk verworfen, alle Mühseligen und Beladenen zu sich ruft (Matthäus 11,28). Als wir in Buße und Glauben mit unseren Sünden zum Heiland kamen, glichen wir da nicht denen, die sich damals zu David versammelten? Und gerade einige von diesen Männern wurden zu seinen Helden (z. B. 2. Samuel 23,13-17).
Gad, der Prophet, ist hier der Träger des Wortes und Zeugnisses Gottes. Er weist David an, ins Land Juda zu gehen, und David gehorcht dem Wort von Gott. Dann wird er entdeckt und Saul zeigt durch seine Worte, welch einen völlig unbegründeten Hass er gegen David hegte und wie er glaubte, alle hätten sich gegen ihn verschworen. Nun tritt Doeg, der Edomiter, als feiger Verräter auf. Er hatte sich also nicht mit aufrichtigen Absichten vor dem Herrn zurückgezogen aufgehalten (1. Samuel 21,8). Dieser böse Verdacht veranlasste David, Psalm 52 zu dichten.
Saul rächt sich an den Priestern
Nun wurde der Priester Ahimelech mit seiner ganzen Familie vor den König zitiert. Auf die Vorwürfe Sauls antwortete der Mann, der sich keiner Schuld bewusst war, freimütig. Dabei stellte er David ein gutes Zeugnis aus, verschwieg jedoch die Unwahrheit, die er vorgebracht hatte (1. Samuel 21,3).
Doch die Wut und der Hass Sauls waren so gross, dass er dem Priester Verschwörung unterschob und dafür das Todesurteil über ihn und seine Familie fällte. Wie schrecklich! Sogar die Soldaten des Königs weigerten sich, ein derart ungerechtes Urteil zu vollziehen.
Der Verräter Doeg aber hatte keine Skrupel, 85 Priester zu ermorden und die ganze Stadt der Priester zu schlagen. Männer, Frauen, Kinder, Säuglinge, Tiere – alle fielen dem Schwert zum Opfer. Einerseits erfüllte sich damit die göttliche Prophezeiung über die Familie Elis (1. Samuel 2,31-33); aber anderseits war dieser Edomiter für diese Tat hundertprozentig verantwortlich. Gott wird ihn einmal dafür zur Rechenschaft ziehen.
Ein einziger Priester entkam dem Massaker: Abjathar. Wohin floh er? Zu David! Welch ein Trost müssen die Worte Davids für Abjathar gewesen sein! Dabei ist David nur ein schwacher Hinweis auf unseren Herrn, bei dem jeder, der im Vertrauen zu Ihm kommt, für ewig in Sicherheit ist (Johannes 10,28). Jeder Glaubende ist beim Herrn Jesus wirklich wohl bewahrt.
David aber empfand seine Mitschuld am Tod der Priesterfamilie zutiefst.
David rettet Kehila
Es muss in Israel manche gegeben haben, die in ihrem Herzen David bereits als König anerkannten, denn in Vers 1 heisst es, dass man David und nicht Saul vom Überfall der Philister berichtete. Wie nachahmenswert ist die Abhängigkeit Davids von seinem Gott! Zuerst fragte er den Herrn, ob er in den Kampf ziehen sollte. Als seine Männer Bedenken äusserten, fragte er den Herrn nochmals, um wirklich sicher zu sein, dass er sich auf Gottes Weg befand.
Wenn wir im Blick auf eine Entscheidung nicht ganz sicher sind, dann dürfen wir den Herrn weiter um Klarheit bitten. Es ist wichtig, dass wir als Kinder Gottes den Weg im Leben gehen, den Er uns weist. Der Herr kann nur mit uns sein, wenn wir auf seinem Weg bleiben.
Mit der klaren Zusage des Herrn zog David in den Kampf und besiegte die Philister. Aber was noch wichtiger war, finden wir am Schluss von Vers 5: «So rettete David die Bewohner von Kehila.» Erwies er sich da nicht als wahrer Hirte seines Volkes, der zum Wohl seiner Herde dem Feind, der zerstören und verderben wollte, mutig entgegentrat? (1. Samuel 17,34.35; Psalm 78,70-72).
Die Erwähnung des Ephods, das der Priester Abjathar mitbrachte, weist wohl auf das Ephod des Hohenpriesters mit dem Brustschild hin, in das die Urim und Tummim gelegt wurden (2 Mose 28,30). Diese spielten bei Fragen nach Gottes Willen eine wichtige Rolle (4. Mose 27,21).
David flieht in die Wüste Siph
Nach dem Sieg Davids über die Philister erfährt Saul, dass David in Kehila ist. Er meint, Gott habe ihn verworfen und ihn in seine Hand gegeben. Aber Gott ändert seine Meinung nie. Er steht immer zu dem, was Er einmal gesagt hat. Sein Wort durch Samuel in Kapitel 15,26-28 galt immer noch.
Was soll David tun? In aller Unterwürfigkeit fragt er den Herrn, und dieser offenbart ihm die unloyale Haltung der Bewohner von Kehila. So verlassen David und seine Männer die Stadt, bevor Saul sie belagern kann, und suchen auf den Bergfestungen in der Wüste ein neues Versteck. Gott lässt nicht zu, dass David in die Hand Sauls fällt.
Wie anders war es bei unserem Herrn. Als Judas Iskariot Ihn verriet, ging Er seinen Häschern entgegen und liess sich verhaften, obwohl Er die Möglichkeit gehabt hätte, sich zu wehren (Johannes 18,3-6.12; Matthäus 26,53).
Als David realisiert, dass er nirgends vor Saul sicher ist, kommt sein Freund Jonathan zu ihm in den Wald, um ihn zu ermuntern. Wie? Indem er die Hand seines bedrängten Freundes in Gott stärkt. – So dürfen auch wir Mitgläubigen, die in Not sind, eine Hilfe sein, indem wir sie auf den Herrn Jesus hinweisen und ihr Gottvertrauen zu stärken suchen.
So ermunternd diese Begebenheit mit Jonathan für David auch war, so traurig endet sie, und zwar mit den Worten: «Jonathan ging in sein Haus.» Er war nicht bereit, das Los Davids mit ihm zu teilen.
David in der Wüste Maon
Nicht nur die Bewohner von Kehila, auch die Siphiter hielten zu Saul und verrieten David, der sich in ihrem Gebiet aufhielt. Ihre schmeichelnden Worte an Saul erinnern an das Verhalten von Judas Iskariot gegenüber den Führern der Juden (Markus 14,10.11).
Und Saul? Dieser ungläubige, aber religiöse Mann segnet diese Verräter im Namen des Herrn! Sein Herz voller Hass freut sich in der Hoffnung, sein Ziel – den Tod Davids – zu erreichen.
Vermutlich hörte David von der erneuten Nachstellung Sauls erst, als dieser mit seinen Soldaten bereits in der Nähe war. Er versuchte sich in den Felsen zu verstecken. Es scheint, dass für eine Flucht an einen anderen Ort keine Zeit mehr blieb. Nun wurde es ganz kritisch: Als David ängstlich bemüht war, Saul zu entgehen, wurden er und seine Männer von den Soldaten Sauls umzingelt. Jetzt blieb David wirklich nur noch der Ausweg nach oben.
Wir lesen nicht, dass David besonders gebetet hätte, aber frühere Verse zeigen sein Leben mit Gott. Nun griff der Herr selbst ein. Durch die Nachricht von einem erneuten Einfall der Philister musste Saul die Verfolgung Davids für den Moment aufgeben. Der Herr hatte sichtbar eingegriffen, um David zu retten (Verse 14.27). Der Name, den man jenem Ort gab, lässt uns an Psalm 124,7 denken: «Unsere Seele ist entkommen wie ein Vogel aus der Schlinge der Vogelfänger; die Schlinge ist zerrissen, und wir sind entkommen.»
David verschont den König
Nachdem David durch das gnädige Eingreifen Gottes der Verfolgung durch Saul für den Augenblick entgehen konnte, suchte er sich mit seinen Männern auf den Bergfestungen von En-Gedi zu verstecken. Aber auch dort blieb er nicht verborgen und wurde an Saul verraten. So zog der König, sobald es die Umstände erlaubten, aufs Neue los. Zusammen mit 3000 auserlesenen Männern versuchte er David zu verhaften.
Als er auf dem Weg an einer Höhle vorbeikam, ging er ein Stück weit hinein, um seine Füsse zu bedecken. Ganz hinten in dieser Höhle aber sassen David und seine Männer. Diese betrachteten die Gelegenheit sofort als günstigen Augenblick für David, um sich an seinem Feind zu rächen. Wie sehr wurde da die Gesinnung Davids auf die Probe gestellt! Was für innere Nöte er dabei hatte, aber auch zu welcher Ruhe er in seinem Gott fand, das zeigt uns Psalm 57, den er zu jener Zeit gedichtet hat. So schnitt er dem schlafenden König einfach einen Zipfel des Oberkleides ab. Sogar dies tat er nur mit Herzklopfen. Wie zart reagierte das Gewissen Davids!
Seinen Männern aber wehrte er, Hand an den König zu legen. Solange Gott diesen Mann am Leben liess, war er für ihn der Gesalbte des Herrn, d. h. der regierende König. Auf keinen Fall wollte er Gott vorgreifen und sein Schicksal selbst in die Hand nehmen. Er wusste, dass Gott ihn zum König über sein Volk bestimmt hatte. Doch der Zeitpunkt seines Regierungsantritts lag ganz in Gottes Hand.
David bezeugt seine Unschuld
Kaum war Saul weiter gezogen, da verliess auch David die Höhle. Dann rief er hinter dem König her und versuchte Sauls Herz und Gewissen zu erreichen. Zuerst bewies er ihm, dass er ihn hätte töten können, und erklärte ihm, warum er es nicht getan hatte. Der abgeschnittene Zipfel des königlichen Oberkleides sollte der Beweis dafür sein, dass er nichts Böses gegen den König im Schild führte. Es gab keinen Grund für die Verfolgung Davids durch Saul.
Mit den weiteren Worten legte er die ganze Sache in die Hand Gottes. «Der Herr richte zwischen mir und dir.» In seinem ersten Brief stellt der Apostel Petrus den Herrn Jesus in seinem Leben als Mensch auf dieser Erde als nachahmenswertes Beispiel für uns vor. Dabei schreibt er unter anderem von ihm: «Der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich dem übergab, der gerecht richtet» (1. Petrus 2,23). Darin glich David seinem Herrn.
Mit den Vergleichen in Vers 15 wollte David in aller Demut sagen: Ich bin ja nichts. – Von unserem Heiland heisst es, dass Er sich selbst zu nichts machte (Philipper 2,7). Und von sich sagte Er: «Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig» (Matthäus 11,29).
Zum Schluss legte David noch einmal die ganze Angelegenheit in die Hand Gottes. Hätten diese Worte Saul nicht zu Herz und Gewissen gehen sollen? Wenn Gott die Rechtssache Davids in die Hand nahm, musste Er dann nicht Sauls unbegründeten Hass bestrafen?
Saul zeigt eine oberflächliche Reue
Die ergreifenden Worte Davids liessen die Emotionen Sauls hochgehen. Er weinte und bekannte: «Du bist gerechter als ich.» Die ganze Reaktion Sauls macht den Anschein einer echten Bekehrung: Tränen, Bekenntnis, Selbstgericht, Anerkennung der Gerechtigkeit Davids und ein Ja zu Gottes Aussagen im Blick auf das Königtum. Er wünschte für David sogar das Gute vom Herrn. Doch die weitere Geschichte zeigt, dass es bei Saul nicht zu einer definitiven inneren Umkehr gekommen war. Zu einer solchen gehören die Buße zu Gott und der rettende Glaube (Apostelgeschichte 20,21). Saul fehlte der Glaube, und darum blieb bei ihm auf die Länge gesehen alles beim Alten.
David war weise genug, den schönen Worten Sauls nicht zu vertrauen. Wohl versprach er ihm, dessen Nachkommen nicht auszurotten. Aber er zog es doch vor, auf der Bergfestung zu bleiben, als Saul in sein Haus zurückkehrte.
Was können wir für uns aus dieser Geschichte lernen? Dem Herrn sei Dank, werden wir als gläubige Christen in unseren Ländern äusserlich nicht verfolgt. Aber vergessen wir nicht: Die Welt um uns her hasst den Herrn Jesus. Lassen wir uns von ihrem Schein und ihren schönen Worten nicht betören und verführen. Nur wenn wir uns nahe beim Herrn aufhalten und die Waffenrüstung Gottes tragen (Epheser 6,10-18), sind wir sicher und geschützt.
David bittet Nabal um Nahrung
Der Tod Samuels markiert den Auftakt zur letzten Periode des traurigen Lebens von Saul. Das Volk empfand den grossen Verlust und klagte um Samuel. Ein grosser Prophet und ein Mann der Fürbitte, den Jeremia auf eine Stufe mit Mose stellt (Jeremia 15,1), war verstummt.
Zu jener Zeit hielt sich David in der Wüste Paran vor Saul verborgen. Doch wovon sollten er und die Männer, die bei ihm waren, leben? Nun dachte er an Nabal, dessen Herden sie während längerer Zeit bewacht hatten. Ob dieser reiche Viehzüchter ihnen vielleicht etwas von seinem Überfluss abgab?
Wer war dieser Nabal? Er war ein Kalebiter. Doch er hatte nur die Energie, aber nicht den Glauben seines Vorfahren. Kaleb hatte seine Fähigkeiten in den Dienst Gottes und seines Volkes gestellt, während Nabal seine Energie nur für sich einsetzte. «Der Mann aber war hart und boshaft in seinen Handlungen.» So beschreibt ihn der Geist Gottes.
Aus der harten Antwort an die Abgesandten Davids können wir weiter entnehmen, dass Nabal seinen Reichtum nur sich selbst zuschrieb. Da war kein Gedanke an Gott, von dem doch alles kam. Diese Selbstsucht machte ihn hart, sodass er anderen gegenüber keinerlei Barmherzigkeit zeigte.
Möge dieses abschreckende Beispiel uns anspornen, die Aufforderung aus Lukas 6,36 mehr auszuleben: «Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.»
Abigail reitet David entgegen
Die Reaktion Davids auf die harte Antwort Nabals ist menschlich verständlich. Vielleicht hätten wir ähnlich reagiert. Aber – so müssen wir fragen – ist das der gleiche David, der kurz vorher so grosszügig und barmherzig mit seinem Feind umgegangen war und ihn am Leben gelassen hatte? War eine solche Veränderung im Herzen Davids vorgegangen?
Die Antwort lautet: David hatte als gläubiger Mann nicht nur das neue Leben von Gott in sich, sondern auch noch die alte Natur – eine Tatsache, die von jedem gläubigen Christen ebenso wahr ist. In diesem Moment war es nicht das Gottvertrauen, sondern die alte Natur in David, die sein Handeln bestimmte. Wir wollen uns merken, was das Neue Testament dazu sagt: «Rächt nicht euch selbst, Geliebte», und: «Eines Mannes Zorn wirkt nicht Gottes Gerechtigkeit» (Römer 12,19; Jakobus 1,20).
Als Abigail von der Reaktion ihres Mannes auf die Anfrage Davids hörte, handelte sie sofort. Sie «eilte», um «durch eine Gabe im Verborgenen den Zorn abzuwenden» (Sprüche 21,14). Ohne ihrem Mann etwas zu sagen, machte sie sich mit Lebensmitteln für 600 Mann auf den Weg, David entgegen.
In Vers 20 wird das Zusammentreffen von Abigail mit David erwähnt. Aber in Vers 21 wird nochmals die innere Einstellung Davids beschrieben, um zu zeigen, dass Abigail einem fest entschlossenen Mann begegnete. Nun musste sie mit Weisheit handeln, die sie nur vom Herrn bekommen konnte, um das Unglück noch abzuwenden.
Abigail hält David von der Rache ab
Der Geist Gottes berichtet ausführlich über das Verhalten und die Worte Abigails, als sie David begegnete. Er zeigt uns damit, was für eine gottesfürchtige und weise Frau sie war.
Ihre Haltung und ihre Worte bewiesen ihre Demut (Verse 23.24). Sie wusste, was für ein Mensch ihr Ehemann Nabal war. Sie beschönigte nichts von seinem Verhalten. Und welche Weisheit offenbarte sie, indem sie die Schuld auf sich nahm, ohne sich zu rechtfertigen (Verse 24.28). Sie anerkannte David als Herrn, der die Kriege des Herrn kämpfte. 13-mal nennt sie ihn in diesen Versen «Herr». Aber sie glaubte auch an seine zukünftige Stellung als Fürst über Israel. Trotzdem hiess sie das Böse, das er vorhatte, nicht gut. Mit Worten, die Davids Gedanken auf den Herrn lenken mussten, sprach sie das geplante Blutvergiessen an (Verse 26.31). Sie sagte sogar: «Der Herr hat dich verhindert, in Blutschuld zu kommen.» Aber sie war das Werkzeug in der Hand Gottes.
Die Worte Abigails erreichten das Herz und das Gewissen Davids. Er sah ein, dass er auf einem verkehrten Weg war und im Begriff stand, fleischlich zu handeln. Er dankte dem Herrn, dass Er ihn durch diese weise Frau vor einer grossen Sünde bewahrt hatte.
Der Frieden, den er früher Nabal und seinem Haus gewünscht hatte (Vers 6), der aber mit bösen Worten zurückgewiesen worden war, kam auf Abigail. Wie sehr hatte sie diesen Frieden nötig für ihr schweres Leben mit einem Mann, wie Nabal einer war!
Nabal stirbt, Abigail wird Davids Frau
Abigail verhielt sich auch ihrem Mann gegenüber weise. Als sie zurückkam, hielt dieser ein Festmahl wie ein Königsmahl, wobei er dem Alkohol übermässig zusprach. Den gesalbten, aber verworfenen König hatte er abgewiesen. Selbst aber wollte er wie ein König leben.
Erst als er seinen Rausch ausgeschlafen hatte, berichtete ihm seine Frau, welche Gefahr ihm gedroht hatte. Welch ein Schock für Nabal! Einen ähnlichen Schock hatte König Belsazar, als während eines ausgelassenen Festes eine Hand erschien und das Urteil Gottes über ihn an die Wand schrieb (Daniel 5,5.6). In beiden Fällen folgte kurz darauf der Tod. Wie gut, dass David verhindert worden war, Gott vorzugreifen! Nun konnte er den Herrn dafür preisen, dass Er seinen Rechtsstreit geführt hatte.
Als David nach dem Tod Nabals um Abigail warb und sie seine Frau wurde, kommen weitere schöne Charakterzüge dieser Frau zum Vorschein. Die reiche Gutsherrin war bereit, den Platz einer Dienerin einzunehmen. Welch eine Demut! Zudem erwähnt das Wort, dass sie sich schnell aufmachte, um zu David zu kommen und seine Frau zu werden. Sie wartete nicht, bis David offiziell König wurde, um seine Frau zu werden. Sie war bereit, sein Leben als Verfolgter mit ihm zu teilen.
Abigail ist ein schönes Bild der Glaubenden in der jetzigen Zeitperiode, die zusammen die Versammlung Gottes bilden. Wir Glaubende bekennen uns zum Herrn Jesus, der heute noch verworfen ist. Doch wir werden dereinst seine Herrlichkeit mit Ihm teilen.
David verschont Saul zum zweiten Mal
Schon einmal hatten die Siphiter David an Saul verraten (1. Samuel 23,19). Nun tun sie es ein zweites Mal. Entgegen aller schönen Worte, die der König gegenüber David geäussert hatte, zog er erneut mit einer Spezialeinheit von 3000 Mann in die Wüste Siph, um David zu suchen und wenn möglich zu verhaften.
Als David sicher war, dass Saul ihm aufs Neue nachstellte, ergriff er die Initiative und schlich in die Nähe Sauls und seiner Soldaten. Dann suchte er einen mutigen Gefährten, der mit ihm ins Lager Sauls eindringen wollte. Abisai, sein Neffe, war bereit, ihm zu folgen. Welch eine Kühnheit des Glaubens zeigte sich bei diesen zwei Männern! – Wer heute dem Herrn Jesus in allen Umständen treu nachfolgen will, braucht auch einen kühnen Glauben. Doch Gott will ihn jedem entschiedenen Jünger des Herrn Jesus schenken.
Ohne entdeckt zu werden, gelangten die zwei mutigen Männer bis zu Saul, der, umgeben von seinen Soldaten, in der Wagenburg schlief. Abisai hätte den König am liebsten auf der Stelle getötet. Er meinte, es sei die Gelegenheit für David. Aber dieser antwortete in Gnade: «Töte ihn nicht!» Aufgrund der Erfahrung, die er soeben mit Nabal gemacht hatte, konnte er Saul dem Herrn überlassen. Er würde ihn zu seiner Zeit schlagen. Aber als Beweis seiner eigenen Unschuld nahm er den Speer und den Wasserkrug Sauls mit.
Zum Schutz von David und Abisai hatte Gott selbst einen tiefen Schlaf auf Saul und sein Heer fallen lassen. So antwortete Er auf die Kühnheit des Glaubens.
David spricht zum letzten Mal mit Saul
Nachdem David genügend Abstand zwischen sich und Saul mit seinen Soldaten hat, ruft er Abner, dem Heerführer Sauls, zu und wirft ihm vor, den König nicht genügend geschützt zu haben. Abner weiss nicht, wer so ruft, aber Saul erkennt die Stimme Davids.
Nun wendet sich der Verfolgte erneut an das Herz und Gewissen von Saul. Es gab überhaupt keinen Grund für den Hass Sauls. David zeigt seinem Feind, welche Folge die ständige Verfolgung hat: Er wird aus dem Erbteil des Herrn vertrieben. Wohin? Zu Menschen, die Götzen dienen. Oder er sieht den Tod vor sich. Doch auch im Tod möchte er nicht von Gott getrennt sein. So spricht der Glaube. Aber wie stark ist dieser nach der langen Zeit der Verfolgung noch? Die Antwort gibt uns Kapitel 27,1.
Ein weiteres Mal bekennt Saul: «Ich habe gesündigt», ohne der Buße würdige Frucht zu zeigen. Es bleibt bei einem leeren Bekenntnis und mündlichen Beteuerungen. Doch David traut der Sache nicht. Er lässt den Speer und den Krug holen und übergibt die Sache dem Herrn. Dieser wird jedem seine Gerechtigkeit und seine Treue vergelten.
David hat an jenem Tag das Leben Sauls geschont. Für sein eigenes Leben stützte er sich nicht auf die Aussagen Sauls, sondern auf den Herrn. «Er möge mich erretten aus aller Bedrängnis» (vergleiche Psalm 62,2.6). Wie wertlos ist die Segnung Sauls in Vers 25! Früher hatte er mit ähnlichen Worten jene gesegnet, die David verrieten (1. Samuel 23,21)!
David flieht zu den Philistern
Die dauernde Verfolgung und die ständigen Gefahren machten David schliesslich mutlos. Unglaube erfüllte sein Herz, sodass er den Entschluss fasste, zu den Philistern zu fliehen. Wie schade! Ist David nicht ein Bild von uns? Wie leicht ermatten wir, wenn eine Prüfung lang andauert oder eine Situation ausweglos scheint! Doch wir erleiden einen grossen Verlust, wenn wir Gott aus der Schule laufen. Das lernen wir aus der Geschichte Davids. Wir wollen sie zu Herzen nehmen!
Nun gab Saul die Verfolgung Davids auf (Vers 4). Doch die Zeit, die David in Feindesland zubrachte, war für Gott verloren. Wie hätte er auf einem solchen Weg Gemeinschaft mit dem Herrn haben können? Das war unmöglich.
Um sich mit den Philistern zu arrangieren und damit kein Verdacht auf ihn fiel, musste er zu Lügen und Unehrlichkeit greifen. Der zweite Teil von Vers 11 illustriert uns die Vorsicht des Fleisches. Aber in Jeremia 17,5 heisst es: «Verflucht ist der Mann, der auf den Menschen vertraut und Fleisch zu seinem Arm macht und dessen Herz von dem Herrn weicht!» Wie ernst!
Durch sein unehrliches Verhalten betrachteten ihn die Philister als Verräter seines eigenen Volkes. Achis meinte sogar, er hätte David zum Knecht für immer – anstatt dass David der Knecht des Herrn gewesen wäre.
Für uns wollen wir den wichtigen Schluss ziehen: Auf einem Weg der Kompromisse mit der Welt kann der Gläubige weder ein Zeuge für den Herrn sein noch einen Dienst für Gott tun – eine verlorene Zeit!
Saul fürchtet sich vor den Philistern
Ein neuer Krieg bahnt sich zwischen den Philistern und Israel an. David steht auf der Seite der Feinde des Volkes Gottes und wird mit in den Konflikt hineingezogen. Daran hat er wohl nicht gedacht, als er vor Saul zu den Philistern floh. Er gibt Achis eine doppelsinnige Antwort, die dieser als Zusage versteht. Daraufhin befördert er David zum Kommandanten seiner Leibgarde. War er für eine solche Aufgabe gesalbt worden?
Davids Erfahrungen zeigen uns, wohin wir kommen können, wenn wir uns als Glaubende mit der Welt verbinden, anstatt uns von ihr zu trennen.
In Vers 3 wechselt die göttliche Berichterstattung den Schauplatz. Wir erfahren nun, wie es Saul in dieser neuen Bedrohung durch die Philister erging. Zunächst wird an den Tod Samuels und an die Trauer Israels über diesen Verlust erinnert. Wie nötig hätte das Volk den Propheten und seine Fürbitte jetzt gehabt! Weiter wird erwähnt, dass Saul alle Totenbeschwörer und Wahrsager aus dem Land entfernt hatte. Damit hatte er eine Anweisung des Gesetzes ausgeführt (5. Mose 18,10-14). Aber dieses richtige Verhalten stellte kein Gegengewicht zu seinem Ungehorsam gegenüber Gott dar. Die Klammer von Vers 3 ist eigentlich die Einleitung zu dem, was nun folgt.
Als Erstes versucht ein angstvoller, zitternder Saul den Herrn um Rat zu fragen. Doch Gott antwortet ihm nicht mehr. Er war von dem ungehorsamen König gewichen, weil dieser wie einst Esau «keinen Raum zur Buße» gefunden hatte (Hebräer 12,17), obwohl er mehrmals die Möglichkeit dazu gehabt hatte.
Saul sucht eine Wahrsagerin auf
Als Saul merkte, dass Gott ihm auf keine Weise mehr antwortete, wandte er sich an den Teufel und begab sich in den Bereich der Mächte der Finsternis. Durch seine Verkleidung konnte er die Wahrsagerin täuschen. Und durch einen Schwur, bei dem er den Namen des Herrn missbrauchte, konnte er sie dazu bewegen, ihm zu Diensten zu sein. Aber Gott konnte er nicht täuschen.
Bis jetzt hatte diese Frau Kontakt zur Dämonenwelt. Auf ihren Wunsch und den ihrer Kunden verstellte sich der gerufene Dämon jeweils und nahm die Gestalt der gewünschten, bereits gestorbenen Person an. Aber dieses Mal war es anders. Nicht der Dämon in Gestalt von Samuel kam, sondern Samuel selbst. Das war durch den Herrn bewirkt worden, der allein die Schlüssel des Todes und des Hades hat (Offenbarung 1,18). Nun kam der Betrug Sauls ans Licht.
Aus dem Mund Samuels musste Saul noch einmal Gottes Urteil vernehmen und den Grund, warum Gott so mit ihm handelte. Schliesslich sagte ihm Samuel, wie die Schlacht mit den Philistern ausgehen würde und dass er und seine Söhne am nächsten Tag fallen würden.
Da im Alten Testament noch nicht offenbart war, dass es im Totenreich zwei Orte gibt, sagte Samuel: «Morgen wirst du bei mir sein», d. h. im Totenreich. Aus dem Neuen Testament wissen wir, dass der Geist und die Seele derer, die im Glauben sterben, im Paradies sind, während die im Unglauben Gestorbenen am Ort der Qual sind (Lukas 16,19-31; 23,43).
Saul isst und geht nachts davon
Was Saul zu hören bekam, warf ihn zu Boden. Nun war keine Kraft mehr in ihm. Unwillkürlich denken wir an einen anderen Saul, den Gott auch zu Boden geworfen hatte: Saulus von Tarsus. Aber wie gewaltig gross ist der Unterschied zwischen den beiden!
König Saul stand schliesslich auf und ass das Mahl, das die Wahrsagerin ihm und seinen Begleitern zubereitete. Dann ging er in jener Nacht fort – in den Tod, in die ewige Finsternis. Saul, der erste König in Israel, starb «in seiner Sünde». Er hatte treulos gegen Gott gehandelt. Er war gegenüber dem Wort von Gott ungehorsam gewesen, als er den Auftrag bekam, Amalek auszurotten. Und am Ende seines Lebens offenbarte er ein völliges Abfallen von Gott, als er eine Totenbeschwörerin aufsuchte (1. Chronika 10,13.14). Welch ein tragisches Bild!
Und dann der Gegensatz dazu: Saulus von Tarsus. Als der Herr ihn zu Boden warf, erkannte er sich im Licht Gottes, tat Buße und fand Frieden mit Gott. Obwohl er nach diesem Ereignis noch drei Tage blind war, stand er doch als ein anderer Mensch auf.
Als der Herr den Jünger Ananias zu Saulus sandte, charakterisierte er ihn mit den Worten: «Siehe, er betet.» Aus dem «Lästerer und Verfolger und Gewalttäter» (1. Timotheus 1,13) war ein Beter geworden, der später ein besonderes Werkzeug in der Hand des Herrn Jesus wurde.
Die Philister lehnen David ab
Während Saul sich mit den Mächten der Finsternis einliess, bereiteten sich die Philister zum Krieg gegen Israel vor. Beim Defilee vor dem Kampf waren auch David und seine Männer dabei. Wird David so weit gehen und gegen sein eigenes Volk kämpfen? Nein! Gott lässt es nicht zum Schlimmsten kommen.
Die Fürsten der Philister stellen sich gegen Achis, der David als ein von Israel Abgefallener in Schutz nehmen will. Sie werden zornig über Achis und fordern klar: «Schicke den Mann zurück.» Sie wollen das Risiko nicht eingehen, dass er ih
Einleitung
An Pfingsten kam der Heilige Geist auf die Erde, um in den Gläubigen zu wohnen. Mit seinem Kommen wurde die Versammlung gebildet, die aus allen Erlösten der Gnadenzeit besteht. Nun verkündigten die Apostel die Botschaft vom Kreuz und bezeugten die Auferstehung des Herrn Jesus. Viele Menschen nahmen das Evangelium im Glauben an. Aber die jüdische Führungsschicht in Jerusalem widerstand den Verkündigern der guten Botschaft und verfolgte die Jünger des Herrn. Ihre Feindschaft führte aber nur zur weiteren Ausbreitung des Evangeliums.
Die Apostelgeschichte kann wie folgt eingeteilt werden:
Kapitel 1
Die Himmelfahrt des Herrn Jesus
Kapitel 2-12
Der Dienst von Petrus mit den Elfen
Kapitel 13 – 28
Der Dienst von Paulus mit Mitarbeitern
Der Auferstandene bei den Jüngern
Die Apostelgeschichte ist der zweite Bericht, den der inspirierte Schreiber Lukas einem Mann mit Namen Theophilus sandte. Im ersten, dem Lukas-Evangelium, schildert er das Leben und den Dienst des Menschen Jesus Christus, der zugleich der Sohn Gottes ist. Jetzt geht es um die Apostel des Herrn und ihr Wirken.
Vers 1 fasst den Inhalt des Lukas-Evangeliums zusammen. Jener Bericht erzählt das in allem Gott wohlgefällige Leben unseres Erlösers und was Er die Menschen gelehrt hat. Er endet mit der Himmelfahrt des Herrn (Vers 2; Lukas 24,50.51).
Bevor Er in den Himmel zurückkehrte, gab Er seinen Aposteln bestimmte Anweisungen. Sie sollten in Jerusalem bleiben, bis der Heilige Geist – die Verheissung des Vaters – auf sie kommen würde. Nur in der Kraft des Geistes Gottes waren sie in der Lage, Zeugen für ihren Herrn und Heiland zu sein (Vers 8).
Um ein wirkungsvolles Zeugnis von einem auferstandenen Christus ablegen zu können, brauchten sie nicht nur den Heiligen Geist, sondern auch die Gewissheit, dass ihr Herr wirklich auferstanden war. Darum hat Er sich nach seinen Leiden während 40 Tagen «in vielen sicheren Kennzeichen lebend dargestellt». Es gibt absolut keine Zweifel darüber, dass Jesus Christus auferstanden ist und jetzt als Mensch im Himmel lebt (siehe auch 1. Korinther 15,4-8).
Das Reich Gottes ist der Bereich, wo Menschen sich Ihm unterwerfen und das tun, was Er möchte. Heute trägt es einen verborgenen Charakter. Im Tausendjährigen Reich wird es öffentlich sichtbar sein.